Perry Rhodan 1219: Der blockierte Mutant - H.G. Francis - E-Book

Perry Rhodan 1219: Der blockierte Mutant E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Verloren im Land Mhuthan - ein Psienerget kämpft um sein Ich Der Kampf um die Kommandogewalt über die Endlose Armada ist längst zugunsten Perry Rhodans entschieden. Inzwischen schreibt man auf Terra Frühjahr 428 NGZ, und Kazzenkatt, der Lenker des Dekalogs, hat, als er versuchte, das Chronofossil Andro-Beta zu pervertieren, eine schwere Schlappe erlitten, denn er musste sein Eingreifen mit dem Verlust des Elements der Zeit bezahlen. Aber Kazzenkatt gibt sich nicht so leicht geschlagen. Der Zeroträumer wird erneut aktiv - und scheitert wiederum. Das besagt aber nicht, dass der Dekalog schon alle Trümpfe ausgespielt hätte. Das Geschehen auf BRÜTER weist eher auf das Gegenteil hin, denn schließlich geraten sogar Kosmokraten, die ins Allerheiligste des Gegners eindringen, in äußerste Bedrängnis. Doch wir wollen den Schauplatz wechseln und uns mit dem weiteren Schicksal der Kundschafter der Kosmokraten befassen. Nach der Rettung Starsens, der gigantischen Metropole im Reich der Tiefe, sind Atlan, Jen Salik und Lethos-Terakdschan, die drei Ritter der Tiefe, ins Herrschaftsgebiet von Mhuthan, dem Grauen Lord, eingedrungen. Während der Arkonide und der Terraner an Lord Mhuthan heranzukommen versuchen, widmet sich Lethos-Terakdschan nicht ohne Grund dem jungen Abaker Bonsin - denn er ist DER BLOCKIERTE MUTANT ...

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Nr. 1219

Der blockierte Mutant

Verloren im Land Mhuthan – ein Psinerget kämpft um sein Ich

von H. G. Francis

Der Kampf um die Kommandogewalt über die Endlose Armada ist längst zugunsten Perry Rhodans entschieden. Inzwischen schreibt man auf Terra Frühjahr 428 NGZ, und Kazzenkatt, der Lenker des Dekalogs, hat, als er versuchte, das Chronofossil Andro-Beta zu pervertieren, eine schwere Schlappe erlitten, denn er musste sein Eingreifen mit dem Verlust des Elements der Zeit bezahlen.

Aber Kazzenkatt gibt sich nicht so leicht geschlagen. Der Zeroträumer wird erneut aktiv – und scheitert wiederum. Das besagt aber nicht, dass der Dekalog schon alle Trümpfe ausgespielt hätte. Das Geschehen auf BRÜTER weist eher auf das Gegenteil hin, denn schließlich geraten sogar Kosmokraten, die ins Allerheiligste des Gegners eindringen, in äußerste Bedrängnis.

Doch wir wollen den Schauplatz wechseln und uns mit dem weiteren Schicksal der Kundschafter der Kosmokraten befassen.

Nach der Rettung Starsens, der gigantischen Metropole im Reich der Tiefe, sind Atlan, Jen Salik und Lethos-Terakdschan, die drei Ritter der Tiefe, ins Herrschaftsgebiet von Mhuthan, dem Grauen Lord, eingedrungen.

Die Hauptpersonen des Romans

Bonsin – Ein blockierter Mutant.

Lethos-Terakdschan – Bonsins Freund und Mentor.

Ferril und Deggla – Manifestationen aus Bonsins Erinnerungen.

Atlan, Jen Salik und Domo Sokrat – Sie sollen sich bewähren.

Mhuthan

1.

Sie kamen am Horizont herauf wie aufgehende Sonnen. Fünf spitze, schimmernde Gebilde, umgeben von Staubwolken und Lärm.

Lethos-Terakdschan wurde durch die Freudenschreie Bonsins aufmerksam. Der junge Abaker, den er wegen seines Temperaments »Twirl« nannte, war außer sich vor Freude. Er stieß seine vier Arme in die Luft und tanzte auf dem Quaderstein herum, auf dem er vorher acht Stunden lang gekauert hatte, ohne ein Wort zu sagen.

Die Borsten seiner Brauen standen steil in die Höhe, und die Füße der hinteren, verkümmerten Laufbeine schlugen klatschend gegeneinander.

Lethos-Terakdschan stellte verwundert fest, dass Twirl dabei war, seine Depressionen zu überwinden. Sie hatten ihn geplagt, seit es in Dovhans Kuppelstation zu einem explosiven Ausbruch seiner parapsychologischen Fähigkeiten gekommen war. Dieser Ausbruch war für Twirl mindestens ebenso überraschend gewesen, wie für alle anderen. Keiner hatte geahnt, dass er über diese umfassenden Psi-Fähigkeiten verfügte.

War Twirl vor seiner eigenen Macht erschrocken, und hatte er nun Angst vor sich selbst? Wenn es so war, dann ließ er sich zumindest jetzt davon nichts anmerken. Er war so fröhlich und ausgelassen, wie nur jemand sein kann, der überhaupt keine Sorgen hat.

Er blies die Backen auf, schloss ein Auge, blinzelte Lethos-Terakdschan mit dem anderen an, und begann dann zu singen.

Lethos entfernte sich einige Schritte von ihm, weil der Gesang gar nur für völlig abgestumpfte Ohren erträglich war.

Twirl verstummte.

»Was ist mit dir?«, fragte er.

»Nichts weiter«, erwiderte Lethos-Terakdschan. »Ich wollte nur nicht, dass mir die Haare ausfallen.«

Twirl grinste.

»Du willst damit behaupten, dass ich unmusikalisch bin?«

»Sagen wir es mal so: Ich habe schon schönere Stimmen gehört.«

»Du nimmst es mit der Wahrheit nicht so genau, wie? Außerdem bist du zu alt. Deine Ohren sind vorprogrammiert. Sie sind nicht offen für die neue Dynamik.«

»Du solltest lieber singen, Twirl. Das lässt sich besser ertragen als dieser Unsinn.«

Bonsin ließ sich auf den Fels sinken. Er blickte flüchtig zu den Zelten hinüber, die sich ihnen langsam näherten. Er stellte fest, dass sie noch mehrere Kilometer von ihnen entfernt waren, und dass sie daher noch Zeit hatten, sich miteinander über das anstehende Thema zu unterhalten.

»Fast alle großen Künstler sind von den Kritikern ihrer Zeit zerrissen worden«, setzte er Lethos ernsthaft auseinander. »Die wirklich großen Werke der Musik sind oft erst Jahrhunderte später verstanden worden.«

»Und dir ergeht es ebenso, meinst du?«

»Ich brauche dich nur anzusehen, und mir ist klar, dass ich ein musikalisches Genie bin.« Er schloss die Augen und sang eine kleine Melodie. Er war sichtlich bemüht, seine Stimme so scheußlich wie möglich klingen zu lassen. Er öffnete kurz das rechte Auge, sah, dass Lethos gepeinigt das Gesicht verzog, und schmetterte sein Liedchen nun aus voller Kehle heraus, bis ihm die Stimme versagte. Mittlerweile waren die schimmernden Zelte bis auf etwa zweihundert Meter herangekommen. Verwundert stellte Lethos fest, dass sie auf Luftkissen schwebten, also über eine wahrhaft altertümliche Technik verfügten.

»Hast du eine Ahnung, was das ist?«, fragte er.

»Dreggas«, antwortete Bonsin gleichmütig. »Echsenwesen.«

Er ließ die Schlappohren hängen und blickte melancholisch zu den Zelten hinüber.

Das musste ja kommen, dachte Lethos-Terakdschan. Eben noch himmelhoch jauchzend, jetzt zu Tode betrübt. Wahrscheinlich ist ihm gerade eingefallen, was er bei Meister Dovhan angerichtet hat.

Das vorderste der Zelte öffnete sich, und ein echsenähnliches Wesen kam heraus. Es lief auf vier stämmigen Beinen, die von schlaffen Hautlappen überdeckt wurden. Von dem gedrungenen Rumpf aus wölbte sich der Oberkörper wie ein Schwanenhals nach oben. Darüber schwebte ein kleiner Kopf, der eher an den einer Ente, als an den eines Reptils erinnerte. Er wurde fast vollständig eingefasst von dem Gitterwerk eines mächtigen Drahtgestells, das an seiner Vorderseite zwei dicke Gläser hielt. An den beiden Seiten des etwa zwei Meter langen Halses flatterten – jeweils im Abstand von ungefähr dreißig Zentimetern – vier gelbe Hautflügel. Die beiden kurzen Ärmchen kreuzte das Wesen vor der vorgewölbten Brust, die mit farbig schillernden Schuppen bedeckt war.

Das reptilähnliche Wesen, das an seinen vier Füßen blaue Schaftstiefel trug, trabte auf Lethos-Terakdschan und Twirl-Bonsin zu. Als es noch etwa zwanzig Meter von ihnen entfernt war, stieß es mit einem Fuß gegen einen Stein, stolperte, streckte erschreckt die Arme aus, senkte den Kopf bis fast zum Boden herab und stürzte dicht vor dem Mann mit der smaragdgrünen Haut und den bernsteingelben Augen auf den Boden. Es rappelte sich rasch wieder auf, rückte mit einer Hand das leicht verrutschte Drahtgestell auf dem Kopf zurecht, wandte sich einem meterhohen Stein zu und verneigte sich.

»Guten Tag«, sagte es mit näselnder Stimme zu dem Stein, wobei es Bonsin und Lethos-Terakdschan den Rücken zudrehte. »Es freut mich, endlich jemanden zu treffen, mit dem man reden kann. Mein Name ist Deggla. Ich bin der Hochimperator des edlen Volkes der Dreggas.«

Dabei streckte es seine Hand zum Gruß aus.

Lethos-Terakdschan räusperte sich.

»Ich nehme an, du wolltest mit uns sprechen«, sagte er.

»Wie? Was? Wer redet da?«, fragte Deggla und drehte sich erstaunt herum. Er rückte das Drahtgestell auf seinem Kopf erneut zurecht und nickte einem Mauerrest neben Lethos zu. »Natürlich. Entschuldige, Fremder. Mit dir werde ich auch noch reden – wenn du an der Reihe bist. Solange musst du noch Geduld haben.«

»Außer Bonsin und mir ist niemand hier, Deggla.«

»Ach so? Ja? Wirklich. Nun, ja, ich bin etwas kurzsichtig.«

»Das merkt man«, lachte Bonsin-Twirl. Er warf der Echse einen kleinen Stein gegen die Nase. »Hier bin ich.«

Deggla streckte ihm den Kopf entgegen, bis er fast die Nase des Abakers berührte. Seine hornigen Lippen verzogen sich zu einem säuerlichen Lächeln.

»Ach so. Ja. Jetzt sehe ich dich. Du bist ... Aber du kommst mir doch bekannt vor.«

»Ich bin Bonsin, werde aber auch Sir Twirl genannt«, erwiderte der Junge. »Du bist aber verdammt kurzsichtig. Fast blind.«

»Es geht, Sir Twirl«, seufzte die Echse. »Natürlich könnte es besser mit meinen Augen sein, aber ich kann durchaus noch sehen, wenn jemand einen Stein nach mir wirft.«

»Was führt euch hierher?«, fragte Lethos-Terakdschan rasch, um dem Gespräch die aufkommende Schärfe zu nehmen.

Deggla zuckte zusammen und reckte den Kopf in die Höhe. Er drehte und wendete ihn hin und her, entdeckte Lethos aber erst, als dieser ihn anstieß.

»Hier bin ich.«

»Warum versteckst du dich vor mir, Fremder?«, fragte Deggla indigniert.

»Oh, das hatte ich nicht vor«, beteuerte Lethos. »Ganz im Gegenteil.«

Deggla räusperte sich. Er neigte den Kopf weit nach unten, bis er auf der gleichen Höhe mit dem Terakdschans war, und musterte ihn eingehend.

»Ich möchte euch gern zum Essen einladen«, verkündete er dann. »Ihr seht so aus, als könntet ihr eine gute Mahlzeit vertragen.«

»Genau das«, rief Twirl begeistert. »Mir hängt der Magen schon zwischen den Füßen.«

Er sprang auf einen anderen Stein und streckte die Arme in die Höhe. Seine Augen blitzten vor Freude.

»Was gibt es denn bei euch?«

Deggla nannte eine Reihe von Speisen, von denen Lethos nie zuvor gehört hatte, die Bonsin aber in Begeisterung versetzten.

»Bis gleich also«, schloss das Echsenwesen. »Wir erwarten euch in unserem Zelt.«

»Wozu sollen wir warten?«, fragte Lethos. »Wir kommen mit.«

Deggla hob den Kopf so heftig, dass ihm das Brillengestell von der Nase rutschte.

Deggla blieb erschrocken stehen. Missbilligend blickte er Lethos an, als habe dieser etwas Unanständiges gesagt. Er holte tief Luft, setzte zu einem Verweis an, schüttelte dann jedoch resignierend den Kopf, murmelte etwas über den Verfall der Sitten und fragte dann mit erhobener Stimme:

»Ihr werdet unsere vornehmen Gesetze doch nicht verletzen wollen? Erst müsst ihr das Ritual der Reinigung hinter euch bringen. Danach seid ihr uns willkommen.«

Damit drehte er sich um und trabte zu den Zelten zurück – nicht ohne einige Male zu stolpern.

»Der hat sie doch nicht alle«, schnappte Twirl wütend. »Reinigungsritual. Hände und Füße waschen. Womöglich auch noch die Ohren. Ich will lieber verhungern, als mir den natürlichen Säuremantel meiner Haut durch so was Dummes wie Waschen zu zerstören.«

Lethos-Terakdschan lächelte besänftigend.

»Wir warten ein paar Minuten. Dann gehen wir zum Zelt und sagen, dass wir dem Ritual Genüge getan haben. Einverstanden?«

»Was bleibt mir denn anderes?«

Twirl hockte sich in den Staub, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte missmutig vor sich hin. Lethos fürchtete bereits, dass er wieder in Depressionen verfallen würde, aber der junge Abaker erholte sich schnell. Nach etwa zehn Minuten sprang er auf und erklärte, dass er unmittelbar vom Hungertod bedroht sei und nicht mehr länger warten wolle.

Deggla erwartete sie am Eingang des Zeltes, das etwa zwanzig Meter hoch war, und am Boden einen Durchmesser von annähernd sechzig Metern hatte. Er putzte sich seine Brille umständlich mit einem Tuch und riss die Augen dabei weit auf. Dennoch bemerkte er seine Besucher nicht, obwohl sie unmittelbar vor ihm standen. Erst als Twirl einen schrillen Pfiff ausstieß, erschien ein herablassendes Lächeln auf seinen hornigen Lippen, und er zwinkerte mit einem Auge.

»Mein junger Freund, es ist ganz unnötig, dass du mich auf dich aufmerksam machst«, erklärte er. »Ich habe dich längst gesehen. Außerdem steht es dir als Jugendlichem nicht an, mich in dieser oder irgendeiner anderen Weise auf dich aufmerksam zu machen. Von Erziehung scheinst du noch nichts gehört zu haben.«

»Nein. Das hat mein Vater auch gesagt. Er meinte immer, ich sei auf dem Rücken einer Rakete durch das Kinderzimmer gezischt, was auch immer er damit sagen wollte.«

»Und das hat dich nicht nachdenklich gemacht?«

»Natürlich. Seitdem frage ich mich immer wieder, wie groß mein Kinderzimmer eigentlich war.«

Lethos-Terakdschan hatte Mühe, ernst zu bleiben. Deggla stutzte, legte den Kopf zur Seite und horchte. Er schien zu glauben, dass er sich verhört hatte. Doch Twirl tat ihm nicht den Gefallen, seine Antwort zu wiederholen.

»Du hast etwas von Essen gesagt«, erinnerte er ihn statt dessen an seine Einladung. »Inzwischen haben wir uns gewaschen. Dabei habe ich entdeckt, dass ich gar keine schwarzen Füße habe, sondern noch die Socken vom letzten Winter trage.«

»Mein lieber Freund, ich werde dafür sorgen, dass meine Sklaven dich auf Sauberkeit untersuchen und notfalls jeglichen Schmutz von deinem Körper entfernen.«

»Bloß das nicht«, rief Twirl hastig. »Ich habe ja nur einen Witz gemacht. Mit den Socken, also das war gar nicht so.«

»Das dachte ich mir«, entgegnete Deggla, drehte sich um und eilte ihnen voraus.

»Die Socken trage ich nämlich nicht erst seit einem, sondern seit zwei Jahren«, fügte der junge Abaker leise hinzu.

»Sieh dich vor, Kleiner«, warnte ihn Lethos. »Wir wollen diese Leute nicht verärgern, bevor wir satt sind.«

»Mir passt aber nicht, wie der mit mir redet«, gab Twirl zurück.

»Ärgere dich nicht über ihn.«

»Tu ich aber. Dem zeige ich noch, was ich von ihm halte.«

Lethos-Terakdschan zwar ahnte Schlimmes, sagte jedoch nichts. Er war froh, dass Twirl aus sich herauskam. Der junge Abaker war ein ungewöhnlicher Mutant, der noch große Entwicklungsmöglichkeiten hatte. Darüber hinaus aber war er auch völlig unempfindlich gegen den Tiefeneinfluss. Dieser schien allerdings den echsenartigen Dreggas auch nicht viel anhaben zu können, denn im Zelt herrschten keineswegs nur graue Farben vor. Lethos hatte das Gefühl, in eine andere Welt einzutreten, eine Welt, in der schreiende Farben Trumpf waren.

Das Zelt des »Imperators« war nicht in Einzelräume aufgeteilt, sondern enthielt Dutzende von unterschiedlich hohen Wohn- und Erlebnisebenen, die völlig offen waren, so dass jeder sie von allen Seiten her einsehen konnte. Auf ihnen hielten sich etwa fünfzig Dreggas auf. Die meisten waren mit künstlerischen Arbeiten beschäftigt. Einige malten, formten Statuen oder schnitzten, andere befassten sich mit fremdartigen Musikinstrumenten oder tanzten. Zahllose Geräusche erfüllten das Zelt. Rote, schlanke Säulen, die zwischen den Wohnebenen standen, dienten offenbar als positronische Schallschlucker, so dass kein Zeltbewohner übermäßig von anderen durch Lärm belästigt wurde.

Auf einer Erlebnisebene in halber Höhe war eine lange Tafel vorbereitet. Dort saßen einige wohlbeleibte Dreggas und warteten ungeduldig darauf, dass aufgetischt wurde. Doch so schnell war Deggla nicht bereit, ihren Hunger zu stillen. Er führte seine Gäste an die Tafel und begann mit einer Rede, die ebenso langweilig wie überflüssig, so selbstherrlich wie unverständlich war. Lethos-Terakdschan bemühte sich anfangs wirklich darum, zu erfassen, um was es dem Dregga eigentlich ging. Es gelang ihm nicht. Er wollte sich an Twirl wenden, um ihm einige Fragen zu stellen. Doch der Abaker war verschwunden!

Beunruhigt sah Lethos sich um, und plötzlich tauchte Bonsin wieder neben ihm auf und grinste ihn fröhlich an.

»Wo warst du?«, flüsterte Lethos. Er hätte die Gedanken des Abakers lesen können, doch das wollte er nicht. Bonsin hätte es zweifellos bemerkt und möglicherweise sehr ablehnend darauf reagiert. Darauf aber wollte er es nicht ankommen lassen.

»Hier und da«, antwortete Twirl und gluckste vergnügt.

Einige jugendliche Dreggas kamen und stellten Gebäck auf den Tisch. Twirl beugte sich zu den Füßen eines der Jungen hinunter und schlang blitzschnell einen Bindfaden um seinen Fuß.

»Was soll das, Twirl?«, wisperte Lethos. »Lass den Unsinn. Du wirst alles verderben.«

Der Abaker kicherte hinter der vorgehaltenen Hand, durch die noch immer der Faden lief. Lethos wusste nun, dass das eine Ende am Bein eines Dreggas befestigt war. Wohin aber lief das andere Ende?

»Die Suppe«, rief eine korpulente Frau, die neben Twirl saß. »Ah, wie das duftet.«

Der jugendliche Dregga, der die Suppenschüssel hereintrug, blieb neben Deggla stehen, der nun endlich seine Rede beendete. Neugierig senkte der Imperator seinen Kopf bis an die Suppenschüssel heran und wedelte sich zugleich den Duft der Suppe mit einer Hand zu.

»Köstlich«, rief er. »Es ist, wie ich verkündet habe, meine Freunde. In keinem Zelt ist die Küche so gut wie bei mir. Serviere, mein Sohn.«

Der junge Dregga näherte sich dem Tisch. Im gleichen Moment zog Twirl den Faden straff.

Für die Echsenwesen am Tisch sah es aus, als habe Deggla dem Jungen neben sich ein Bein gestellt, denn dieser riss plötzlich die Augen auf, stürzte nach vorn, ließ die Suppenschüssel los und ruderte verzweifelt mit den Armen, um irgendwo Halt zu finden. Die Schüssel stürzte krachend auf den Tisch, und ihr dampfend heißer Inhalt ergoss sich über die Gäste – bis hin zu Twirl, der allerdings hinter dem Rücken der schwergewichtigen Dregga-Frau Deckung suchte.

In dem allgemeinen Tumult, der nun ausbrach, schlüpfte Bonsin durch die Reihen der Dreggas, zerschnitt den Bindfaden und ließ die Teilstücke unter einem Sitzmöbel verschwinden. Dann kehrte er an seinen Platz zurück und setzte eine Unschuldsmiene auf.

»Ich sollte dir die Ohren lang ziehen«, flüsterte Lethos.