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Das Kristallimperium macht mobil - Bostich setzt seine Flotten in Marsch Die Milchstraße des Jahres 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung - das entspricht dem Jahr 4890 alter Zeit - scheint am Vorabend eines großen galaktischen Krieges zu stehen. Zwei ehemals verbündete Mächte belauern sich, und es ist offenbar nur eine Frage der Zeit, bis das Kristallimperium der Arkoniden zum Großangriff auf die Liga Freier Terraner ansetzt. In den letzten Monaten besetzten die Arkoniden den Hayok-Sternenarchipel und das kleine Imperium der Topsider in direkter Nähe Terras, es kam sogar zu einem gescheiterten Angriff auf Olymp. Zuletzt jedoch konnte vor allem die Neue USO dem Kristallimperium einige Nadelstiche versetzen und unter anderem den von Arkoniden entführten Reginald Bull befreien. Dank dieser Agenteneinsätze wissen die Terraner und ihre Freunde, daß die Arkoniden derzeit einige Pläne auf einmal schmieden. So steht ein Umzug des Flottenzentralkommandos bevor, eine Entscheidung, deren Auswirkungen bislang niemand abschätzen kann. Ebenso bereiten sich die Arkoniden seit einiger Zeit auf eine größere militärische Aktion vor, die sie als "Operation Stiller Riese" bezeichnen. Die GILGAMESCH, das ehemalige Flaggschiff der Zellaktivatorträger um Perry Rhodan, war dafür eigentlich als wichtiges Element ausersehen. Im Zuge einer Kommandoaktion konnte sie über Arkon gesprengt werden. Dennoch starten die Arkoniden nun ihre OPERATION STILLER RIESE...
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Nr. 2028
Operation Stiller Riese
Das Kristallimperium macht mobil – Bostich setzt seine Flotten in Marsch
von Rainer Castor
Die Milchstraße des Jahres 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 4890 alter Zeit – scheint am Vorabend eines großen galaktischen Krieges zu stehen. Zwei ehemals verbündete Mächte belauern sich, und es ist offenbar nur eine Frage der Zeit, bis das Kristallimperium der Arkoniden zum Großangriff auf die Liga Freier Terraner ansetzt.
In den letzten Monaten besetzten die Arkoniden den Hayok-Sternenarchipel und das kleine Imperium der Topsider in direkter Nähe Terras, es kam sogar zu einem gescheiterten Angriff auf Olymp. Zuletzt jedoch konnte vor allem die Neue USO dem Kristallimperium einige Nadelstiche versetzen und unter anderem den von Arkoniden entführten Reginald Bull befreien.
Dank dieser Agenteneinsätze wissen die Terraner und ihre Freunde, dass die Arkoniden derzeit einige Pläne auf einmal schmieden. So steht ein Umzug des Flottenzentralkommandos bevor, eine Entscheidung, deren Auswirkungen bislang niemand abschätzen kann. Ebenso bereiten sich die Arkoniden seit einiger Zeit auf eine größere militärische Aktion vor, die sie als »Operation Stiller Riese« bezeichnen.
Die GILGAMESCH, das ehemalige Flaggschiff der Zellaktivatorträger um Perry Rhodan, war dafür eigentlich als wichtiges Element ausersehen. Im Zuge einer Kommandoaktion konnte sie über Arkon gesprengt werden. Dennoch starten die Arkoniden nun ihre OPERATION STILLER RIESE …
Perry Rhodan – Der Terranische Resident geht auf Staatsbesuch in die Kreit-Koalition.
Kraschyn – Der Mascant des Kristallimperiums schickt seine Flotten in den Einsatz.
Tam Sorayto – Der Präsident von Ertrus stellt sich dem übermächtig wirkenden Gegner.
Hastur Dentropp – Ein Ertruser wird Zeuge einer großen Schlacht.
Joffu Krimas
Sanftes Vibrieren durchzieht die Luft. Ein kaum hörbares, dumpfes Summen, das aus sämtlichen plastbeschichteten Begrenzungsflächen des Korridors zu dringen scheint.
Geschulten Raumfahrern wird nachgesagt, dass sie feinste Nuancen dieser permanenten Kulisse einzuordnen vermögen: Innenklimatisierung, anspringende und zurückfahrende Aggregate, von Projektoren hochgespannte Kraftfelder und wummernde Energieströme in drahtlosen Isolations-Feldleitern.
Vereinzelt übertönt hochfrequentes Pfeifen das Summen und Vibrieren, manchmal durchbrochen von energetischem Knistern, tiefem Brummen oder dumpfen Schlägen zuschnappender Schotten. Mitunter ertönen gar Geräusche, die die ganze Schiffszelle durchziehen, einem zarten Ächzen gleichend, und die Besatzung glaubt fast, quasi den Atem ihres Raumschiffes zu spüren.
Es ist eine abgeschottete Welt inmitten des lebensfeindlichen Vakuums, eine eigenständige Ökosphäre, die Luft, Wärme und Licht sicherstellt und Geschöpfen das Vordringen in Bereiche ermöglicht, die unendlich weit von ihrem natürlichen Lebensraum entfernt sind.
*
Schattenlose Helligkeit, von Lumineszenzplatten der Decke gespeist, breitete sich zehn Meter vor und hinter der langsam gehenden Gestalt eines Mannes aus und wanderte mit ihm, von den Wärme- und Bewegungssensoren exakt gesteuert. Die Korridorbereiche dahinter waren vom düsteren Rotlicht der Notbeleuchtungskörper erfüllt – aus betriebsökonomischen Gründen wurden nur jene Sektoren dauerhaft erhellt, in denen sich permanent Besatzungsmitglieder aufhielten.
Lautlos öffnete sich ein Schwingschott, kaum dass die ID-Card des Mannes abgetastet war. Der Durchgang zu einer kleiner Leitstelle ermöglichte den Blick auf einige Schaltpulte und Terminals. Flimmernde Displays zeigten als Flussschema die wichtigsten Betriebsparameter von Reaktoren und ihren Peripherieaggregaten.
Nachdem das Schott sich geschlossen hatte, sank der Mann seufzend in einen hochlehnigen Sessel. Kurzes Zittern befiel die Hände, eher er entschlossen Programmsequenzen aufrief; dick mäanderten Venen auf den behaarten Handrücken. Finger huschten über die berührungsempfindlichen, farblich abgesetzten Abschnitte.
Der Mann betrachtete die dargestellten Daten, ihren Wechsel als Folge der neuen Eingaben, prüfte mit Kontrollalgorithmen die beabsichtigte Wirkung und nickte wiederholt. Für einen Wimpernschlag schien sich das summende Grundgeräusch des Raumschiffes zu verändern, fast so, als stocke dem mechanischen Innenleben der Atem.
Unwillig schüttelte der Mann den Kopf. Seine Sinne waren überreizt. Nur er wusste an Bord, an welchem Vorhaben er arbeitete – und es war natürlich kompletter Blödsinn, dem Schiff so etwas wie ein »Leben« beimessen zu wollen, gar eine Reaktion auf das, was er Schritt um Schritt vorbereitete.
Er speicherte die Eingaben ab und lehnte sich zurück. Das Zittern seiner Hände verstärkte sich. Er schloss die Augen, atmete tief ein und aus, doch tief in seinem Inneren machte sich Spannung breit, die jede seiner Fasern, seiner Nerven bis kurz vor das Reißen beanspruchte.
Bald!, dachte er. Bald ist es vorbei!
Das Warten wurde für ihn zur Qual. Denn es war das Warten auf den Tod. Er wusste sogar, wann ihn der Tod ereilen würde. Ebenso sicher war, dass er selbst ihn herbeiführen würde. Und er würde als Verräter sterben …
Das war sein furchtbares Geheimnis, Quell unausgesetzter Seelenpein, die an ihm zehrte und fraß und sein Innerstes zersetzte wie STOG-Säure – jene Substanz, die weder vor Terkonitstahl noch vor Gold oder anderen als unangreifbar geltenden Metallen haltmachte.
Verräter, Verräter!, hämmerte es fast unablässig hinter seiner Stirn. Äußerlich dagegen war dem Mann nicht das geringste anzusehen. Niemand ahnte, was in seinem Inneren vor sich ging, welche Verzweiflung ihn beherrschte; nicht einmal seine Frau oder die Kinder wussten davon. Seine Maske war perfekt – weil ihm keine andere Wahl blieb.
Joffu Krimas, 39 Jahre alt, Terraner, seit zwölf Jahren glücklich verheiratet und Vater von zwei Töchtern im Alter von sieben und neun, war ein erstklassiger Techniker, eine bestens ausgebildete Fachkraft des Hochenergie-Bereichs. Ob moderne Hypertrop-Zapfer und Gravitrafspeicher, die robusten Nug-Schwarzschild-Kraftwerke oder die meist für den Notfall vorhandenen Fusionsreaktoren – er beherrschte alle Aggregate perfekt, kannte ihre Funktionsprinzipien und die Detailaspekte.
Krimas' Arbeitsplatz war seit kurzem das Raumschiff RAATRANK, ein moderner Neubau der Liga-Flotte. Zurückhaltend und kompetent versah er seinen Dienst, war bei den Kollegen beliebt. Auch sie würden sterben, durch ihn, durch seine Hand. Er hatte keine andere Wahl. Wenn der Tag kam, würde nichts und niemand Joffu Krimas aufhalten, und außer einem Feuerball blieb dann von der RAATRANK nichts zurück. Expandierendes Plasma, das sich im Vakuum verlor; brodelnde Atome, Ionen und Elektronen.
Joffu Krimas, der Verräter, dachte an seine Töchter, glaubte, ihr helles Lachen zu hören, ihren Duft zu riechen, ihre Wärme zu spüren, wenn sie sich an ihn kuschelten. Und immer wieder hatte er die grauenvolle Vision, ihre Haut von säftelnden Geschwüren übersät zu sehen, fiebrigen Glanz in ihren Augen, die Münder zu stummen Verzweiflungs- und Schmerzensschreien geöffnet. Exakt eine Woche dauerte es, bis diese Wirkung einsetzte – sofern das »Medikament« nicht regelmäßig verabreicht wurde, das den Ausbruch verhinderte.
Beides entstammte irgendeiner geheimen Giftküche der kristallimperialistischen Geheimdienste; der Verursacher der fürchterlichen Krankheit ebenso wie das Gegenmittel, ohne das Joffu Krimas' Töchter zu qualvollem Siechtum und Tod verurteilt waren.
Zunächst hatte der Mann es nicht glauben wollen, als ihn das erste Päckchen mit der sich zwei Minuten nach dem Öffnen selbst vernichtenden Botschaft erreichte. Er hatte das Ganze als ziemlich geschmacklosen schlechten Scherz abgetan – bis die Mädchen die ersten Symptome zeigten, über Juckreiz am ganzen Leib klagten und rotfleckige Hautverfärbungen bekommen hatten.
Die zweite Botschaft war in deutlich drohenderem Ton abgefasst gewesen. Die beigelegten dreidimensionalen Bilder zeigten in brutaler Eindeutigkeit, was mit dem Opfern geschah. War die Krankheit erst ausgebrochen, verblieben maximal acht Stunden, um sie mit dem »Medikament« wieder zurückzudrängen. Wurde dieses Limit überschritten, gab es keine Rettung mehr.
In seiner Angst um die Kinder hatte Joffu Krimas seinen Töchtern ohne Zögern die Pillen zu schlucken gegeben. Fast augenblicklich stellte sich eine Besserung ein, nach einer Stunde waren sämtliche Symptome abgeklungen gewesen.
Aber das Leiden, die Qual und die Seelenpein hatten ihren Anfang genommen.
Fortan kamen die Päckchen regelmäßig, verbunden mit der dringlichen Warnung, niemanden zu informieren oder einen Arzt zu kontaktieren, da sonst die Lieferung ausbleiben würde. Und es gab den zynischen Hinweis, dass auf die Schnelle ohnehin kein Gegenmittel als Ersatz hergestellt werden könne. Wenn Krimas nicht sämtliche Anweisungen bis ins Detail befolge, bedeute dies das unwiderrufliche Ende seiner Töchter.
Nur kurz hatte der Hochenergie-Techniker mit dem Gedanken gespielt, sich den Dienststellen oder dem Terranischen Liga-Dienst zu offenbaren. Doch dann standen ihm die 3-D-Bilder wieder vor Augen, und er hielt sich an die Bedingungen der Erpressung. Wenn seine Kinder überleben sollten, musste er sämtliche Forderungen erfüllen; er hatte keine andere Wahl, obwohl er sich den Kopf zermarterte und in der anfänglichen Ungewissheit fast wahnsinnig wurde.
Man ließ sich Zeit, trieb ihn in immer tiefere Verzweiflung. Erst als er die Nachricht von der Versetzung zur RAATRANK erhielt, wurden die Unbekannten konkret. Er erhielt detaillierte Anweisungen, bekam einen Termin genannt, wusste fortan, was er zu tun hatte.
Verbunden damit war die Zusicherung, dass nach seinem Tod die Kinder ein Gegenmittel erhalten würden, welches die Krankheit endgültig beseitigte. Garantien gab es selbstverständlich nicht – wie auch? Joffu Krimas war jedoch nicht bereit, es darauf ankommen zu lassen, denn dann wären seine Kleinen ganz sicher zum Tode verurteilt gewesen.
Wie er es auch drehte und wendete – sie hatten ihn in der Hand, nutzten die bedingungslose Liebe eines Vaters schamlos aus, machten ihn zum Verräter und Mörder. Nach außen hin entwickelte der Mann eine undurchdringliche Maske, in ihm brodelte ein Vulkan. Er würde tun, was man ihm befohlen hatte. Eine Ahnung sagte ihm, dass er überdies nicht der einzige sein würde, den die Celistas auf diese Weise zum willfährigen »Mitarbeiter« machten. Es war kein Trost.
Joffu Krimas – der Verräter!, hämmerte es in seinen Schläfen. Fast sehnte er den Stichtag herbei. Er ertrug den Gedanken nicht länger, zum Verräter und Mörder werden zu müssen.
Liga Freier Terraner
1.
Eingehüllt vom wesenlosen Wogen jener Erscheinungen, die außerhalb der Grenzschicht des Kompensationsfeldes bizarre optische Effekte erzeugen, rast ein fast drei Kilometer langer und ungefüger Körper mit einem Überlicht-Faktor von nur einer Million dem Zielstern entgegen. Er befindet sich in der geschlossenen normaluniversellen Enklave, die ihrerseits Teil des nur rechnerisch exakt bestimmbaren Halbraums ist, und legt alle 31,53 Sekunden die Distanz von einem Lichtjahr zurück.
Das Frachtfloß besteht im Prinzip nur aus einem Gittergestell, in das Hunderte Großcontainer und die plattformähnliche Antriebseinheit mit der zentral gelegenen Kommando- und Wohnkugel eingeklinkt sind. Während die Kugel einen Durchmesser von gerade dreißig Metern erreicht, sind in der angeflanschten Plattform von siebzig Metern Länge Sublicht- und Lineartriebwerk mit ihren Peripherie- und Reaktoranlagen zusammengefasst.
Der Kompensationskonverter als statische Komponente ist hierbei ein mäßig verkleideter Block von Zylinderform, fünfzehn Meter hoch und dreißig Meter im Durchmesser groß. Je fünf Richtung Bug und Heck weisende, vergleichsweise primitive, aber robuste Impulstriebwerke als dynamische Komponente vermitteln mit grellen Ausströmungen den notwendigen Schub.
Beim Durchdringen des Kompensationsfeldes werden die im Normalbetrieb auf annähernd Lichtgeschwindigkeit hochbeschleunigten Impulse strukturverformt und gleichen sich dem metastabilen Halbraumniveau an, so dass sie vielmillionenfache Überlichtgeschwindigkeit erreichen.
Mit dem Zusammenfallen des Kompensationsfeldes wird der lineare Flug im Halbraum abrupt beendet. Der Frachter gewinnt, aus einer verschwommenen Leuchterscheinung hervorbrechend, im vierdimensionalen Raum-Zeit-Gefüge seine Stofflichkeit zurück.
*
Frachtfloß BARETUS' STOLZ
26. September 1303 NGZ, 04.24 Uhr
Fürchterliches Ächzen und Krachen erklang, nachdem die BARETUS' STOLZ wieder Bestandteil des Standarduniversums geworden war. Heftige Vibrationen durchzogen die Kommandozelle, während die dröhnend hochfahrenden Impulstriebwerke sich dem unweigerlich auftretenden »Bremsdruck« entgegenstemmten, den die fortwährenden Detonationen im augenblicklich hochgespannten Prallschirm erzeugten.
Sogar bei einem Rücksturz mit nur noch 46 Prozent der Lichtgeschwindigkeit setzte die interstellare Mikromaterie mit ihren Wasserstoffatomen und -molekülen und winzigen Staubpartikeln eine beachtliche kinetische Energie pro Quadratzentimeter Schirmfläche frei. Ohne zusätzlichen Schub verringerte sich somit die Geschwindigkeit mitunter rapide; abgesehen davon, dass für das nächste Linearmanöver ohnehin eine weitere Beschleunigungsphase erforderlich war.
Hastur »Trucker« Dentropp wuchtete den fast quadratischen Körper im seiner Statur angepassten Spezialsessel herum und starrte, leise fluchend, auf die Anzeigen von Ortung und Tastung. Fast zweieinhalb Lichtstunden Kursabweichung!
»Diese altersschwache Klapperkiste wird mir noch mal unter dem Hintern auseinanderbrechen, ganz bestimmt«, knurrte der 158 Jahre alte Ertruser, eingehüllt vom Schein der roten Alarm-Drehlichter an der Decke, und kratzte sich die handtellergroße Tonsur.
Die übrigen Haare, knapp fingerlang und violett gefärbt, standen ihm zu Berge. Unter schrillen Warnsignalen meldete die Tastung die Annäherung eines kosmischen Boliden von annähernd vier Metern Durchmesser. Als der Brocken ins Schirmfeld einschlug und in einer grellen Explosion zu Energie zerstob, fuhr ein heftiger Ruck durch den riesigen Schiffsleib.
»Keine Gefahr!«, plärrte die Vocoderstimme des eigenwillig programmierten biopositronischen Hauptrechners durch die akustischen Kollisionswarnungen.
»Schnauze!« Genervt schaltete Hastur den Alarm aus, schielte zum Ortungsdisplay hinüber und atmete erleichtert durch. Im Umkreis etlicher Lichtminuten wurden keine weiteren größeren Brocken angemessen. Sonderlich Verlass war zwar nicht auf die Geräte, da ihre Messempfindlichkeit nur Körper bis zu einer Größe von maximal einem Meter erfasste – und das auch nur in einem Umkreis von einer halben Lichtstunde –, aber diesmal schien Hastur den angezeigten Ergebnissen trauen zu können.
»Klapperkiste!«, ächzte er nochmals.
»Keine Beleidigungen«, antwortete der Rechner und schaffte es sogar, sehr indigniert zu klingen. »Du weißt doch, wie zartbesaitet meine biologische Komponente ist. Außerdem …«
»Schon gut, vergiss es.« Hastur grinste und machte sich daran, die notwendige Kurskorrektur zu programmieren. Ziel war das Kreit-System in nur noch siebzehn Lichtjahren Entfernung. Wie viele andere auch war »Trucker« ein selbständiger Unternehmer. Die BARETUS' STOLZ gehörte ihm und war, obwohl mit mehr als 140 Jahren auf dem Gittergestellbuckel schon recht betagt, ein robustes Arbeitstier. Das allerdings seine Macken hat!
Nach dem Ende der Monos-Diktatur hatte man auf Ertrus aus der Not eine Tugend gemacht: Weil die meisten Raumer als Schrott auf dem Raumschiffsfriedhof Assih-Barang vor sich hin gammelten, der gravierende Engpass an interstellaren Transportkapazitäten jedoch schnellstens überwunden werden musste, waren die einfachst ausgestatteten Fracht- und Handelsflöße konstruiert und gebaut worden.
Ganz bewusst hatte man damals auf Aggregate zurückgegriffen, die eher am unteren Rand des Technologielevels rangierten. Ziel war eine möglichst große Frachtkapazität gewesen, die zuverlässig ans Ziel gebracht wurde. Preiswerte und ein wenig altmodische Impuls- und Lineartriebwerke waren ebenso bewährt wie die biopositronische Steuer- und Kontrolleinrichtung.
Mit Blick auf die verschärfte KorraVir-Gefahr könnte heutzutage mein Rechner mit Howalgonium aufgewogen werden, dachte Hastur und streichelte fast zärtlich das Pult – bei ihm als Umweltangepasstem, der von einer 3,4-Gravo-Welt stammte, glich das eher einem Knuff, den ein Swoon als mörderisch bezeichnet hätte.
Eine nicht einmal ihm klar verständliche Hassliebe verband ihn mit seinem Frachter, für nichts in der Galaxis hätte er tauschen mögen. Die Flöße waren vergleichsweise billig gewesen. Staatliche Bürgschaften und verbilligte Kredite hatten überdies den »Planetenhopsern«, auf die die meisten anderen Raumfahrer mit einer Mischung aus Mitleid und Bewunderung herabsahen, die Einstiegsinvestition erleichtert.
Ausschlaggebend für die Ertruser war, dass die Extremwelt angesichts des immensen Nahrungsbedarfs seiner insgesamt 810 Millionen Bewohner nur zu etwa achtzig Prozent als Selbstversorger eingestuft wurde. Der Rest musste importiert werden, und hierzu dienten unter anderem die reichlich primitiven, im Übrigen jedoch zuverlässigen Flöße.
Truckers Blick fiel auf eine Messingplakette an der Wand, deren Aufschrift ein Text war, welcher dem Mann vor vielen Jahren beim Stöbern im GALORSNet als Teil eines längeren Berichts unter die Augen gekommen war. Die Beschreibung hatte ihm derart gut gefallen, dass Hastur die Plakette gravieren ließ. Am 17. April 2422 A.D. hatte der Arkonide Atlan, damals noch Lordadmiral der Alten USO, ausgesagt:
Eine scherzhafte, dennoch zutreffende Beschreibung huschte mir durch den Kopf: Man nehme zwei Hektoliter-Bierfässer, stelle darauf ein großes Kellerei-Weinfass und kröne das Ganze mit einem 50-Zentimeter-Ballon, der mit einer Irokesenlocke verziert ist. Das Ergebnis war ein fast quadratischer Koloss; zweieinhalb Meter groß, mehr als zwei Meter in den Schultern breit, bei einem Brustumfang von viereinhalb Metern und einem Gewicht von sechzehn Zentnern. Kein Wunder, dass solche Geschöpfe einen immensen Nahrungsbedarf zur Aufrechterhaltung ihres Metabolismus hatten – das hatte mit der vielzitierten »Gefräßigkeit eines Ertrusers« herzlich wenig zu tun.