Perry Rhodan 2030: Radio Freies Ertrus - Robert Feldhoff - E-Book

Perry Rhodan 2030: Radio Freies Ertrus E-Book

Robert Feldhoff

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Beschreibung

Am Tag danach - ein Planet gibt sich nicht geschlagen Der Aufbruch der Terraner in das Universum begann mit der Mondlandung Perry Rhodans und dem ersten Kontakt zu den Arkoniden. Letztlich war es arkonidische Technik, die den Menschen bei ihren ersten Vorstößen in das All half, und jahrtausendelang waren Terraner und Arkoniden gute Nachbarn, ja oft genug sogar Freunde. Doch das scheint sich derzeit endgültig ins Gegenteil zu verkehren. Nachdem die Truppen des Kristallimperiums im September des Jahres 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung den Planeten Ertrus handstreichartig besetzt und die komplette selbständige Kreit-Koalition annektiert haben, steht die Milchstraße kurz vor dem Ausbruch eines galaktischen Krieges. Die Liga Freier Terraner und das Kristallimperium belauern sich als erbitterte Feinde. Auf der Schwerkraftwelt Ertrus ist Perry Rhodan verschollen, viele glauben sogar, daß der unsterbliche Terraner längst tot sei. Und Reginald Bull, Rhodans ältester Freund seit den Tagen der Mondlandung, muß mit sich ringen, um den Arkoniden nicht den Krieg zu erklären. Dabei haben die Ertruser noch lange nicht aufgegeben. In der unwirtlichen Natur ihres Planeten leisten die umweltangepaßten Riesen einen zähen Widerstand. Dazu hilft ihnen sogar vergleichsweise primitive Technik wie das RADIO FREIES ERTRUS...

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Nr. 2030

Radio Freies Ertrus

Am Tag danach – ein Planet gibt sich nicht geschlagen

von Robert Feldhoff

Der Aufbruch der Terraner in das Universum begann mit der Mondlandung Perry Rhodans und dem ersten Kontakt zu den Arkoniden. Letztlich war es arkonidische Technik, die den Menschen bei ihren ersten Vorstößen in das All half, und jahrtausendelang waren Terraner und Arkoniden gute Nachbarn, ja oft genug sogar Freunde. Doch das scheint sich derzeit endgültig ins Gegenteil zu verkehren.

Nachdem die Truppen des Kristallimperiums im September des Jahres 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung den Planeten Ertrus handstreichartig besetzt und die komplette selbständige Kreit-Koalition annektiert haben, steht die Milchstraße kurz vor dem Ausbruch eines galaktischen Krieges. Die Liga Freier Terraner und das Kristallimperium belauern sich als erbitterte Feinde.

Auf der Schwerkraftwelt Ertrus ist Perry Rhodan verschollen, viele glauben sogar, dass der unsterbliche Terraner längst tot sei. Und Reginald Bull, Rhodans ältester Freund seit den Tagen der Mondlandung, muss mit sich ringen, um den Arkoniden nicht den Krieg zu erklären.

Dabei haben die Ertruser noch lange nicht aufgegeben. In der unwirtlichen Natur ihres Planeten leisten die umweltangepassten Riesen einen zähen Widerstand. Dazu hilft ihnen sogar vergleichsweise primitive Technik wie das RADIO FREIES ERTRUS …

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner muss auf der Extremwelt Ertrus überleben.

Rock Mozun – Der Emotionaut wird zum Begleiter auf Gedeih und Verderb.

Kraschyn – Der Mascant bekommt eine unwillkommene Verstärkung.

Eden Arukitch – Der alte Händler fühlt sich für seine Welt verantwortlich.

Forman da Ricce – Der neue Tato setzt auf neue Methoden.

Kim Tasmaene

1.

Radio Freies Ertrus

Miral Jameiko wiegt 878 Kilogramm. Das ist Übergewicht.

Seine Schultern sind zwei Meter fünfzehn breit und hängen herab, als er vor die Kamera des Reporters tritt.

Er hat in seinem Leben niemals vorher öffentlich gesprochen. Um ein bisschen eindrucksvoller zu wirken, hätte er vor der Kamera gern die silberne Jacke seines Ältesten getragen, die er ihm zum dreißigsten Geburtstag geschenkt hat. Damals musste er ein Vierteljahr das Tabaksgeld sparen, um die Jacke kaufen zu können.

Aber er ist alt geworden, und mit den Ringen an seiner Hüfte sieht er in der Jacke wie eine fette Kugel aus.

Er will das Ansehen seines Ältesten in dieser lächerlich wirkenden Weise nicht beschmutzen. Seine Söhne leben nicht mehr, denn sie waren Soldaten in der Untergrundarmee des Präsidenten Tam Sorayto.

Der Reporter schaut ihn an, und der alte Ertruser nickt.

Miral Jameiko hat sich den einen Satz gut überlegt, den er sagen wird.

Die Erbitterung in seinem Herzen frisst ihn auf, ein irrsinnig machender Hass, der ihn in den Buckligen Reiter hinausgetrieben hätte, wäre er fünfzig Jahre jünger gewesen. Miral Jameiko flüstert, als er wie ein Mann sprechen will; ein Belag lässt seine Stimme heiser klingen wie die eines Kranken; doch er betet, dass man seine Worte da draußen verstehen kann:

2.

Perry Rhodan presste seine Fäuste zusammen und schlug sie in den Magen des niedergebeugten Mannes.

Alle Kraft, die er besaß, legte er in den zweihändigen Stoß, der einen Menschen umgeworfen, möglicherweise verwundet hätte.

Der zwei Meter fünfzig große Mann reagierte nicht auf den Angriff. Sein Magen fühlte sich an wie Felsgestein, und Rhodan hätte sich ohne die Strukturhandschuhe seines Schutzanzugs die Fäuste gebrochen.

Er war nicht sicher, ob er den verlöschenden Geist des Riesen noch einmal zurückholen konnte. Vielleicht wollte der Mann auch gar nicht zurück. Vielleicht wollte er dort bleiben, wo er nun war, in einem geträumten Parallel-Universum, in dem der Mord an Sorayto und seiner Armee niemals stattgefunden hatte.

Mit aller Kraft, die er besaß, vermochte Rhodan den niedergebeugten Monolithen nicht um einen Zentimeter zu bewegen – denn der Mann war ein Ertruser, und diese Welt war Ertrus. Eine Gestalt wie die des gebeugten Mannes, unter normalen Umständen sechzehn Zentner schwer, wog bei 3,4 Gravos 2700 Kilogramm.

Rhodan machte sich klar, dass er ohne Rock Mozun und seine Gruppe auf sich allein gestellt war.

»Mozun!«, brüllte er den Ertruser an. »Ich befehle dir aufzustehen!«

Perry Rhodan stellte sich eine Sekunde lang vor, der Lichtblitz über der fernen Stadt habe Mozun geblendet und in Stein verwandelt wie ein Blick ins Antlitz einer Medusa von einem fernen Stern.

»Rock Mozun! Komm auf, verflucht! – Wir können hier nicht bleiben! Sie werden uns bald jagen, wenn wir nicht …«

Arkonidische Truppen hatten Ertrus geschlagen, und der gegnerische Mascant, ein hochgestellter Flottenführer, hatte eine Armee der umweltangepassten Riesen soeben ausgelöscht.

Die Hauptstadt Baretus existierte nicht mehr.

Im Umkreis von 56 Kilometern war Staub, quellendes pulverisiertes Chaos. Ein Teil gehörte den Leichen: Präsident Tam Sorayto und seine Untergrundarmee, in Asche verwandelt mit der Stadt, die sie gegen die Invasoren von Arkon verteidigen wollten.

»Rock Mozun!«

Perry Rhodan spürte, wie er die Nerven verlor. Es dauerte nur einen Atemzug lang, und es war seiner nicht würdig.

Es gab keine Argumente, die Rhodan in diesem Augenblick anführen konnte. Der unbesiegbare Ertruser, der vor seinen Augen in die Knie gesunken war, dachte nicht mehr nach, er fühlte nur noch. Logische Worte erreichten nicht mehr seinen Geist.

Rhodan machte sich klar, dass er den Ertruser auf eine andere Weise beeindrucken musste, wollte er den Zustand absoluter Starre brechen.

»Mozun! Muss ich dir ins Gesicht spucken, bevor du mich anhörst?«

In die geisterhafte Stille, die über dem Gebirge des Buckligen Reiters lag, klang ein Laut wie das Brechen eines Steins.

Der Riesenschädel mit den millimeterkurz geschorenen Sichelkämmen ruckte in zeitlupenhaften Intervallen empor.

Rhodan wich unwillkürlich zurück, als er in die Augen des Ertrusers blickte.

Das Wesen, das hinter den Augen in Mozuns Schädel erwacht war, lebte nicht, sondern es war untot, ein Monstrum mit dem Aussehen eines umweltangepassten Riesen.

Die Brauen kamen weiter hoch, als es möglich sein sollte, die Pupillen waren starr von dem Blick ins Feuer, denn Mozun hatte nicht wie Rhodan einen Schutzhelm getragen, als es geschah. Mozun hatte ungeschützt aus der Gebirgshöhe des Buckligen Reiters in den Blitz der Explosion geschaut.

Einen Moment lang empfand Rhodan Angst, der Ertruser könnte erblindet sein.

Doch Mozun folgte seinen rückwärts gewandten Bewegungen mit dem scharfen Blick eines Raubvogels.

Zentimeterweise wich der Terraner vor dem Zorn des Ertrusers zurück, wie vor einem verwundeten Riesenwolf, den er nicht reizen durfte, und Rhodan erkannte, dass er zu weit gegangen war.

Er war nicht sicher, ob Mozun seine Handlungen noch kontrollierte.

»Mozun …«, flüsterte er beschwörend, »es ist vorbei. Wir sind am Leben. Wir müssen hier weg, bevor die Arkoniden erneut auf Ertrus landen.«

Hilfesuchend warf er einen Blick in die Runde. Die Emotionauten, die mit Rhodan den Untergang der MELBAR KASOM überstanden hatten, zeigten sich wie ihr Anführer Rock Mozun in Statuen transformiert.

Perry Rhodan stieß mit dem Rücken gegen einen Fels. Er gab sich einen Ruck, hörte zu flüchten auf und blickte dem Ertruser gerade ins Gesicht.

Mozun kam mit der Geschmeidigkeit eines Raubtiers auf die Beine.

Zweidreiviertel Tonnen Muskulatur – Mozun brachte sein Gesicht nahe vor Rhodans Gesicht, und er flüsterte: »Du wirst mich niemals anspucken, Perry Rhodan.«

»Nein«, hörte Rhodan sich schnell antworten. »Ich werde dich niemals anspucken.«

»Was auch geschieht …«

»Was auch geschieht. Ich werde stets deine Würde achten.«

»Dann ist es …« Rock Mozun brach mit erstickter Stimme ab.

Die Gestalt sank im Stehen in sich zusammen, und in das instinktgeleitete Raubtier von eben noch kehrte die Seele zurück. Rhodan hätte ihm die Hand auf die Schulter gelegt, obwohl es vielleicht noch gefährlich war, doch der Ertruser war zu groß für ihn.

Vom Himmel herab erschütterte ein fernes Grollen den Buckligen Reiter.

Die beiden Männer, so unterschiedlich wie ein Riese und ein Zwerg, fuhren herum und spähten über den Felsengrat nach Süden.

Die Zentralstadt Baretus war wie mit einem Zirkel aus der Schöpfung des Planeten Ertrus herausgetrennt, eine Wüste aus grauem Staub, an derselben Stelle, an der Rhodan gestern noch eine pulsierende Metropole erblickt hatte. Dahinter dehnte sich das grenzenlose Areal des Raumhafens aus. Die Schlachtschiffe der Arkoniden senkten sich wie eine Wolke aus ihrem stationären Orbit Richtung Oberfläche. Über dem Raumhafen und dem ehemaligen Stadtgebiet waren sie zuerst zu sehen, dann überall.

Mascant Kraschyn, Befehlshaber der Vierten Arkonidischen Imperiumsflotte, der das Massaker von Baretus zu verantworten hatte, nahm den Planeten zum zweiten Mal in Besitz.

Titanenhafte Kugelschatten verdunkelten den malvenfarbenen Himmel über dem Gebirge. Rhodan konnte die Sonne Kreit nicht mehr erkennen. Jedes einzelne Schiff repräsentierte eine Militärmacht, die man vom Boden aus nicht besiegen konnte. Ein Bienenvolk aus scheinbar winzigen Raumfahrzeugen ergoss sich aus den geöffneten Luken der Kugelriesen, während diese noch niedersanken; Zehntausende schwerstbewaffnete Kampfgleiter verteilten sich im Gefolge zahlloser 100-Meter-Kreuzer über die Region.

Diesmal würden die Ertruser nicht mehr die Kraft besitzen, sich zu wehren.

»Wir müssen von hier fort«, drängte Rhodan mit heiserer Stimme. »Sie werden diesen Teil des Gebirges bald absuchen. Der Großraum Baretus ist zu gefährlich.«

Rock Mozun straffte sich. Der furchterregend massive Körper stand mit einem Mal so hoch aufgerichtet und stolz, wie es Perry Rhodan zuletzt als Kind gesehen hatte auf den damals schon vergilbten Fotos nordamerikanischer Indianer.

»Es sieht jetzt so aus, als hätte Ertrus verloren. Es gibt nichts mehr, womit wir jetzt noch kämpfen könnten. Ich weiß, dass du das glaubst, Perry Rhodan, aber das ist nicht richtig.«

3.

Mascant Kraschyn thronte auf dem Strategensessel seines Flaggschiffs, des 1500-Meter-Raumers AUMOKJON, und er spielte mit herrschaftlich vorgerecktem Kinn seiner Zentralebesatzung vor, wie es war, ein Sieger zu sein. Er trug eine bronzefarbene Rüstung, die ihn so breit wie ein Naat erscheinen ließ.

Das hagere Gesicht und die weiße Haut, fast so weiß wie das Haar, zeigten an, was unter der Hülle steckte: ein schmal gebauter Mann mit einem Geist, der auf höchstem Niveau seine Arbeit verrichtete.

Kraschyn war jedoch zu klug, sich einem kleingeistigen Triumph hinzugeben. Das feine Lächeln, das er zur Schau trug, gehörte zur Fassade: Kraschyn war sich darüber im Klaren, dass dieser Sieg für ihn persönlich das Todesurteil bedeuten konnte.

Die arkonidische Invasionsarmee bestand aus Millionen Soldaten, doch die Person, für die jetzt eine erhöhte Lebensgefahr bestand, war ironischerweise er, der Kommandant.

Ertrus hatte sich gegen ihn erhoben – und Kraschyn, Flottenführer im Rang eines Mascanten, hatte Ertrus dafür niedergeworfen. Die Armee des Präsidenten Sorayto existierte nicht mehr.

Sein Blick wanderte verstohlen zur Funkzentrale. Er wollte nicht, dass seine Leute den Blick bemerkten.

Der Dreisonnenträger, höchster nicht-adliger Würdenträger des Kristallimperiums, gestand sich ein, dass seine Unruhe in Wahrheit Furcht bedeutete.

Das klassisch grandiose Panorama, über die Hologalerie seines Superschlachtschiffes AUMOKJON abgebildet, hätte ihn stattdessen mit Triumph erfüllen sollen.

Ertrus war eine wunderbare, aber auch eine von Extremen geprägte Welt.

Die Schwerkraft auf dem Planeten betrug 3,4 Gravos, Kraschyn hätte dort unten dreihundert Kilogramm gewogen. Seine an zwei Meter reichende, hagere Gestalt wäre unter ertrusischen Verhältnissen geknickt wie der Stiel einer Trockenblume. Spätestens der Aufprall auf dem Boden hätte sein Genick und seinen Schädel gebrochen.

Die Ertruser hingegen hielten ihrem wilden Planeten stand. Sie hatten sich Ertrus nicht untertan gemacht, aber sie hatten sich mit ihrer Heimat arrangiert.

Kraschyn konnte nichts dagegen tun, dass er die Riesen von Ertrus bewunderte.

Im Norden der ehemaligen Stadt Baretus erhob sich mit Gipfeln bis zu dreitausend Meter der Bucklige Reiter, ein beeindruckend schroffes, geologisch junges Gebirge.

Im Westen erstreckte sich tausend Kilometer weit das Vulkanland Mattun Gor. Kraschyn sah über dem Inferno einen undurchdringlichen Kegel aus Rauch stehen, schwefelfarben, mit glosenden Einsprengseln, die den kilometerhohen Auswurf von Glut aus dem Inneren des Planeten anzeigten.

Im Mattun Gor hätten selbst die Riesen von Ertrus nicht Fuß fassen dürfen, wäre es nach den Gesetzmäßigkeiten arkonidischer Logik gegangen. Doch Kraschyns Daten wiesen aus, dass Mattun Gor einem ausgesucht resistenten Schlag von Ertrusern als Heimat diente. Die Volksgruppe der Mattunis wurde selbst unter ihresgleichen als »sonderbar« angesehen, und Kraschyn hoffte, dass er niemals von Angesicht zu Angesicht einem Vertreter dieser Leute begegnen musste.

Der Mascant zog im Geist eine diagonale Trennlinie durch das Panorama des Kontinents. Alles was im Norden und im Westen lag, würde ihm noch Sorge bereiten – während die übrigen Gebiete sowie die anderen vier Kontinente leicht zu kontrollieren waren.

Die gelbe Wüste im Osten bestand aus goldgelbem Sand und wirkte vollständig plan, so wie eine Landschaft einer Hochschwerkraftwelt sich nach Kraschyns Meinung zu präsentieren hatte.

Im großen Süden befand sich der kontinentale Raumhafen. Ertrus war ein klassischer Unterversorger. Blieb der Nachschub vom Weltraum her aus, musste ein Drittel der ertrusischen Bevölkerung auf mittlere Sicht verhungern.

Kraschyn hegte die Absicht, sich diesen Umstand zunutze zu machen.

Die Analyse, die der Geheimdienst Tu-Ra-Cel des Imperators im Vorfeld erstellt hatte, wies den übersteigerten Nahrungsbedarf der Ertruser als wichtige Achillesferse aus. Im Invasionsplan der 4. Imperiumsflotte stellte der Süden deshalb ein wichtiges militärisches Ziel dar.

Nahe am Rand der pulverisierten Hauptstadt sank die AUMOKJON nieder, am nördlichen Rand des Hafengebietes. Ringsum sicherten Superschlachtschiffe und Kreuzer die Szenerie gegen einen potentiellen Vergeltungsschlag.

»Mascant!« Kraschyn schreckte auf, doch wer ihn gerufen hatte, war nicht zu sehen.

Er fixierte vom Strategensessel aus die Besatzung der Funkzentrale. Offiziere knieten nieder und legten die Fingerspitzen über die Augen, ein respektvolles Murmeln drang durch die riesenhafte Zentrale der AUMOKJON bis an die Ohren des Dreisonnenträgers.

Eine der knienden Gestalten sprang plötzlich auf.

Die Ordonnanz kam herbeigeeilt, ein arkonidischer Elitesoldat, und baute sich mit bleichem Gesicht und tränenden Augen, der arkonidischen Spielart von Erregung, vor dem Strategensessel auf.

Kraschyn legte mit einer Sensorberührung einen Stummschirm um das Podest. Niemand konnte mehr hören, was rings um den Sessel gesprochen wurde.

Er blickte scheinbar gelangweilt die Ordonnanz an, obwohl er eine präzise Vorstellung besaß, was er zu erwarten hatte.

Mit allen Anzeichen höchster Unruhe wartete der Soldat, bis er angesprochen wurde – aber er sagte von sich aus keinen Ton.

Von einem Elitesoldaten erwartete Kraschyn, dass er in jeder Situation die Nerven behielt. »Was gibt es, Orbton?«, erlöste er den Mann.

»Eine Botschaft aus dem Kristallpalast, Mascant!«, sprudelte es aus der Ordonnanz hervor. »Der Begam wünscht Euch zu sprechen!«

Innerlich zuckte Kraschyn zusammen. Da war es schon, sein Problem.

Kraschyn schickte die Ordonnanz mit einer Geste fort. Der Begam – ein Ausdruck, mit dem der militärische Rang des Imperators bezeichnet wurde.

In Gedanken wappnete sich Kraschyn. Imperator Bostich galt als Mann schneller Entschlüsse, und man hatte häufiger als nur einmal erlebt, dass Männer nach einem Gespräch mit dem Imperator ihren letzten Gang zum Gerichtsplaneten Celkar antraten.

Kraschyn erhob sich von seinem Sessel, er spreizte die Beine und presste seine rechte Faust an die linke Brustseite. Dann nahm er das Gespräch an.

Vor seinen Augen baute sich als Hologramm eine straff wirkende Gestalt auf, in weißer Paradeuniform mit purpurfarbenem Cape. Um den Hals des Mannes drapierte sich eine Kette aus Howalgoniumschliff, die wahrscheinlich wertvoller war als ein Kreuzer der Imperiumsflotte. In den tiefliegenden roten Augen meinte Kraschyn ein zornerfülltes Glimmen zu erkennen, aber er hütete sich, den Imperator mit übertriebener Neugierde etwa zu mustern.

»Mein Leben für Arkon, Euer Erhabenheit!«

Im kantigen Gesicht des Imperators zuckte kein Muskel.

Bostich ließ seinen Mascanten ebenso warten, wie es Kraschyn zuvor mit der Ordonnanz praktiziert hatte.

»Es könnte durchaus geschehen«, begann Bostich schließlich mit hörbar beherrschter Stimme, »dass Arkon dein Leben verlangt, Mascant …«

Bostich schürzte eine Sekunde lang die Lippen, sein Blick irrte wie suchend zur Seite ab, dann explodierte er: »Wie kommst du dazu, von meiner eigenen Person abgesegnete Pläne unbefugt abzuändern? Ertrus sollte übernommen werden, nicht vernichtet! Baretus war als wichtiges Verwaltungszentrum des Imperiums auf Ertrus vorgesehen. Das Kristallimperium benötigt funktionierende Industrieplaneten! Soll Arkon das Kreit-System etwa die nächsten hundert Jahre militärisch besetzen?«

Das Hologramm des Imperators schien sich eine Sekunde lang auf Kraschyn stürzen zu wollen.

Gaumarol da Bostich, als Imperator nun Bostich I. genannt, war der mächtigste Mann der Galaxis, mächtiger als Perry Rhodan, und der Beherrscher einer Raumflotte, die noch Hunderttausende Schlachtschiffe zählte. Aber auch Bostich benötigte qualifizierte Führungsoffiziere.

Gaumarol da Bostich I. hatte ihn gefördert und erst in seine gehobene Position lanciert. Kraschyn hatte sich immer als besonderen Günstling des Imperators betrachtet, und er hoffte, dass der Imperator seine Förderung nicht vergaß.

Er spürte das salzige Sekret der Erregung auch in seinen Augenwinkeln, und er hoffte, dass Bostich es als Symbol seiner Unterwürfigkeit anerkennen würde.

»Hast du überhaupt eine Ahnung, Mascant, wie ein Imperium funktioniert?«, hörte er Bostich in einem beschwörenden Tonfall flüstern. Kraschyn fühlte sich über Zehntausende Lichtjahre Distanz von dem Blick des Imperators gebannt. »Es war deine Aufgabe, die ertrusische Flotte zu vernichten, diese Aufgabe hast du erfüllt. Aber wer, Mascant Kraschyn, befahl dir, in dieser Stadt Hunderttausende Märtyrer hinzurichten? Mit einer Bombe gegen Einzelkämpfer? – Wie sollen jemals Untertanen des Kristallimperiums aus den Ertrusern werden, wenn du ihnen nicht die Möglichkeit lässt, sich mit einem Rest von Stolz zu unterwerfen?«

Bostich schwieg abrupt. Der Imperator presste seine Lippen zusammen, und Kraschyn begriff, dass jetzt er sprechen durfte.

Der Mascant versuchte die Nerven zu behalten. Er musste mit derselben Besonnenheit agieren, die er auch seinen Orbtonen abverlangte. Das war alles. Celkar oder nicht, seine Aussicht auf die Zukunft entschied sich in Sekunden.