Perry Rhodan 2472: TRAICOON 0096 - Michael Marcus Thurner - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2472: TRAICOON 0096 E-Book und Hörbuch

Michael Marcus-Thurner

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Beschreibung

Der Duale Kapitän unter Druck - und die Mikro-Bestien im Einsatz Die Lage für Perry Rhodan und die Menschheit ist verzweifelt: Eine gigantische Raumflotte, die Terminale Kolonne TRAITOR, hat die Milchstraße besetzt. Sie wirkt im Auftrag der Chaotarchen, und ihr Ziel ist kompromisslose Ausbeutung. Die Milchstraße mit all ihren Sonnen und Planeten soll als Ressource genutzt werden, um die Existenz einer Negasphäre abzusichern. Dieses kosmische Gebilde entsteht in der nahen Galaxis Hangay - ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden. Mit verzweifelten Aktionen gelingt es den Menschen auf Terra und den Planeten des Sonnensystems, dem Zugriff der Terminalen Kolonne standzuhalten. Sie verschanzen sich hinter dem TERRANOVA-Schirm und versuchen, die Terminale Kolonne zumindest zu stören. Die Chancen für einen Sieg über die Mächte des Chaos werden zweifellos steigen, wenn es Perry Rhodan gelingt, seine Dokumentation einer erfolgreichen Retroversion nach Terra zu bringen. Nun geht es an die Umsetzung weiterführender Pläne. In einen davon ist Roi Danton verwickelt - und TRAICOON 0096...

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Zeit:3 Std. 17 min

Sprecher:Gregor Höppner
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Nr. 2472

TRAICOON 0096

Der Duale Kapitän unter Druck – und die Mikro-Bestien im Einsatz

Michael Marcus Thurner

Die Lage für Perry Rhodan und die Menschheit ist verzweifelt: Eine gigantische Raumflotte, die Terminale Kolonne TRAITOR, hat die Milchstraße besetzt. Sie wirkt im Auftrag der Chaotarchen, und ihr Ziel ist kompromisslose Ausbeutung.

Die Milchstraße mit all ihren Sonnen und Planeten soll als Ressource genutzt werden, um die Existenz einer Negasphäre abzusichern. Dieses kosmische Gebilde entsteht in der nahen Galaxis Hangay – ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.

Mit verzweifelten Aktionen gelingt es den Menschen auf Terra und den Planeten des Sonnensystems, dem Zugriff der Terminalen Kolonne standzuhalten. Sie verschanzen sich hinter dem TERRANOVA-Schirm und versuchen, die Terminale Kolonne zumindest zu stören.

Die Chancen für einen Sieg über die Mächte des Chaos werden zweifellos steigen, wenn es Perry Rhodan gelingt, seine Dokumentation einer erfolgreichen Retroversion nach Terra zu bringen. Nun geht es an die Umsetzung weiterführender Pläne. In einen davon ist Roi Danton verwickelt – und TRAICOON 0096 …

Die Hauptpersonen des Romans

Roi Danton – Perry Rhodans Sohn tarnt sein Schiff und begibt sich auf die Jagd.

Zerberoff – Der Duale Kapitän wird über eine merkwürdige Ortung informiert.

Senego Trainz – Der Anführer der Mikro-Bestien fordert mehr Trainingszeiten für seine Leute.

Rinka Porol – Die Mikro-Bestie begreift sich als weiblich.

Awoko –

1.

Roi Danton

Es stank.

Es roch nach geschmolzenem Plastik, nach verschmortem Kabelwerk, nach heiß glühendem Stahl, nach durchgebrannten Positronik-Chips, nach der Duftschwadron.

Die winzigen Kunstgeschöpfe irrten, nahezu unsichtbar, durch die Räumlichkeiten des Traitanks. Mit ihren Geruchsrezeptoren nahmen sie selbst kleinste Duftspuren auf, lagerten sie auf ihren Analysekarten ab und zerlegten sie in ihre chemischen Bestandteile.

Sobald sie ihre Arbeit erledigt hatten, riefen sie die wesentlich schwerfälligeren Olfodrohnen herbei. Diese hatten Wirkstoffe jeglicher Art in ihren kugelrunden Körpern abgelagert und gaben sie auf Befehl der Duftschwadron frei; nach wenigen Augenblicken eines ätzenden, sinnbetäubenden Durcheinanders neutralisierten die Olfodrohnen jenen Gestank, den die Mikro-Bestien während einer ihrer Einsatzübungen hinterlassen hatten.

Roi kümmerte sich nicht weiter um das Chaos, das rings um ihn herrschte. Binnen kurzer Zeit würde dieser Teil des Traitanks 1.199.188 wieder in seinen ursprünglichen Zustand rückversetzt worden sein. So, dass selbst die penibelste Kontrolle der Räumlichkeiten keinerlei Hinweise auf ungewöhnliche Kampf- und Übungstätigkeiten geben würde.

Roi nickte Senego Trainz zu und ließ die Trainingshalle hinter sich. Er hielt die tiefschwarze Schachtel fest umklammert und kümmerte sich nicht um fragende Blicke der Mikro-Bestien. Wissen war in der Milchstraße zum gefährlichen Gut geworden. Roi wollte seine Mitarbeiter nicht gefährden, er wollte die Mission nicht gefährden.

Er betrat die terranische Ausweichzentrale und setzte sich in den provisorischen Kommandantensitz, der durch Druckpolster exakt auf die anatomischen Verhältnisse eines Terraners zugeschnitten war.

»Es ist so weit«, sagte er leise zu Goran Frownie, dem ranghöchsten Offizier an Bord. »Hast du die Mannschaftsmitglieder alle eingesammelt?«

Der Mann wirkte, als hätte er ein Stück Holz verschluckt. »Ja, Sir!«

Wieso bellte der Mann bloß derart? Hatte ihn nie jemand darauf aufmerksam gemacht, wie das auf andere wirkte? Oder kam es Roi nur so vor?

»Ist jedermann auf diese Mission vorbereitet worden? Haben die Psychologen Einzelgespräche geführt? Ich möchte niemanden an Bord haben, der die Belastungen unserer Mission nicht erträgt.«

»Ja, Sir!«

Schon wieder … Seltsam, dass er es ausgerechnet in dieser Situation bemerkte. Und wie sehr es ihn störte.

»Habt ihr die zusätzlichen Waren verladen und gesichert?«

»Ja, Sir!«

Ob Frownie wohl auch andere Antworten zur Bestätigung auf Lager hatte?

»Wurden unsere Masken ausgebessert und den Umständen angepasst?«

»Ja, Sir!«

Roi schloss kurz die Augen. Aussichtslos …

Der Unsterbliche wandte sich dem zweiten Vertrauensmann dieser Mission zu. »Ero – sieh zu, dass wir diese Schüssel auf Kurs bekommen. Wir nehmen MOTRANS-1.«

»Alles klar.«

Roi grinste. Na bitte! Es gab andere Optionen zu antworten.

Major Ero Ustinoth konzentrierte sich auf die Schaltpaneele vor sich und verständigte sich mit den anderen Terranern der Zentrale. Gemeinsam lösten sie das Schiff aus dem stationären Orbit, den sie wenige tausend Kilometer oberhalb der Mondoberfläche eingenommen hatten.

Der Traitank steuerte auf die Mobile Transmitter-Plattform zu, deren Aktivierungsfeld soeben rot aufleuchtete. Im Inneren des Rings bot sich der Blick in eine violette, heftig wabernde Tiefe, die ins Nirgendwo zu führen schien.

Der Traitank beschleunigte vorsichtig, ließ sich ins Innere des 500 Kilometer durchmessenden Rings ziehen. Der Funkverkehr intensivierte sich, von mehreren Seiten kamen präzise Anweisungen der Lotsendienste herein. Das Einfädeln in MOTRANS-1 gehörte zu einer der diffizilsten Aufgaben im Umfeld der belagerten Erde.

Abrupt endete alles. Das Schiff wurde verschluckt, in den Halbraumtunnel gerissen. Roi hielt sich instinktiv an der Kante seines Arbeitspaneels fest. Die Oberfläche war rau und viel zu dick und ganz … anders.

Mit einem Mal überkam den Unsterblichen Angst. Sie befanden sich an Bord eines fremden, fremdartigen Raumers, dessen Geheimnisse sie längst nicht alle entschlüsselt hatten. Das Vabanquespiel, das sie betrieben, barg so viele Risiken, dass er nicht darüber nachdenken wollte. Andererseits … es bestand die Chance, die Terminale Kolonne mithilfe des Traitanks zu schädigen.

Messgeräte zeigten die Öffnung der Strukturlücke im TERRANOVA-Schirm an, andere gaben Informationen über die hypothetischen Geschwindigkeiten, die sie entlang der Transmitterstrecke erreichten. Der Überlichtfaktor betrug knapp unter einer Million.

Roi entspannte sich. Alles war in Ordnung. MOTRANS-1 funktionierte, wie nicht anders zu erwarten gewesen war. Auf sie warteten zehn Stunden Untätigkeit, bis sie mehr als 1000 Lichtjahre von der Erde entfernt ins Weltall ausgespuckt werden würden.

Er musste die Zeit nutzen. Kräfte sammeln, sich auf seine Mission konzentrieren und fokussieren. Er würde alle Energie benötigen, sobald ihre Mission in die entscheidende Phase trat.

Roi nickte Goran sowie Ero zu, packte die Schatulle erneut unter seinen Arm und verließ die Kommandozentrale.

2.

Rinka Porol

Sie schlug einen Haken, raste an den Holo-Hindernissen vorbei, warf sich in den Graben, der von einer Schussgarbe herrührte. Links von ihr blitzte es auf.

Ein Lichtreflex, wie der des Erfassungsfeldvisiers eines Scharfschützen!

Sie wälzte sich beiseite, hob kurz den Kopf und erfasste die Umgebung, suchte nach dem Gegner, zog sich rasch wieder zurück.

Mehrere Magmaströme umfassten eine Landinsel, durch die sich hordenweise behäbige Ätztaranteln schleppten. Spießandroiden beschäftigten sich damit, alte Bausubstanz auszubessern und zu erneuern.

Rinka hatte den Gegner in dieser albtraumähnlichen Umgebung ausgemacht: Sein Gesicht war narbenzerfressen. Hautlappen hingen von den Wangen; sie tasteten wie suchend umher.

Rinka Porol hatte niemals zuvor ein derartiges Lebewesen gesehen.

Aus dem Bauch des Söldners ragte ein implantierter Waffenlauf; mit unglaublich schnellen Handgriffen stopfte er Munitionsmagazine in sein Maul.

Eine lebende Kampfmaschine, dachte Rinka Porol. Eine Züchtung wie … wie wir.

Rinka Porol ging in die Knie und überdachte die Möglichkeiten, die ihr zur Gegenwehr zur Verfügung standen. Sie lugte neuerlich über die Kante ihrer Deckung. Augenblicklich fuhr eine lohende Feuergarbe über sie hinweg. Sie meinte, die Hitze des Geschützfeuers trotz Schutzanzugs zu fühlen.

Von dieser Stelle aus gab es kein Entkommen. Rinkas Gegner besaß durch seine überhöhte Position eine weitaus bessere Sicht als sie. Sobald sie die Deckung verließ, hatte er die Mikro-Bestie im Visier; und es bestand kein Zweifel, dass er feuern würde, ohne zu zögern.

Was tun?

Rinka Porol kroch die schmale Gesteinsnarbe entlang. An beiden Enden des Grabens hatte der Terkonitstahl gekocht und war dann wieder abgekühlt. Die erstarrten Reste zeigten bizarre Formen, an denen sie unmöglich vorbeikam, ohne den gegnerischen Schützen auf ihren exakten Standort aufmerksam zu machen.

Eine Minute blieb ihr – vielleicht; dann würden weitere Gegner heranrücken und das Versteck gezielt unter Feuer nehmen. So lange, bis der Schutzschirm zusammenbrach, sie im Inneren ihres Schutzanzugs kochte und schlussendlich Bestandteil einer weiteren, von der Hitze geformten Skulptur werden würde.

Sie stellte ihre Impulswaffe auf Punktfeuer. Schob den Kopf so hoch wie möglich aus dem Versteck. Konzentrierte sich, fokussierte auf das einzig mögliche Ziel, das sie gefahrlos anvisieren konnte: den Arm eines Spießandroiden, der auf einem Hügel weit hinter ihrem Gegner stand und soeben ein Wehr erneuerte, das die Magmaströme steuerte.

Ihr Ziel, ein Fingerglied des künstlichen Wesens, war mindestens 150 Meter entfernt und knapp so groß wie eine Kopfschuppe – und es bewegte sich ruckartig.

Rinka Porol atmete tief ein, hielt die Luft an, wartete so lange, bis der Druck in ihrem Leib unerträglich zu werden schien, und löste dann den Schuss aus.

Treffer!

Der Finger des Spießandroiden zuckte. Die rostbesetzte Hand fuhr zusammen, ließ das schwere Wehreisen fallen. Das Metall plumpste in den Magmastrom, leitete das flüssige Feuer in neue Bahnen. Es staute sich in einem natürlich entstandenen Becken, sammelte scheinbar seinen Zorn, seine Energie, und spritzte dann in einem meterhohen Schwall über jene erhöhte Fläche, in der Rinkas Gegner auf eine Bewegung von ihr lauerte …

»Aus! Ausausaus!«, tönte das mächtige Organ Senego Trainz’ durch die Übungshalle.

Die virtuelle Umgebung machte dem öden Grau eines nackten Raumes Platz, durch den sich mehr als 40 ihrer Artgenossen tummelten und individuellen Simulationen unterlagen.

Senego Trainz kam herangestürmt. Seine Reißzähne klapperten aggressiv aufeinander, die Brustarme drehten sich wie Ventilatorenflügel.

»Was war es diesmal?«, fuhr er Rinka Porol an. »Warum triffst du punktgenau, aber jedes Mal das falsche Zielobjekt? Du bist krank, eindeutig krank! Ausschussware …«

Er hielt inne, sichtbar erschrocken über seine eigenen Worte.

»Wir sind Ausschussware«, sagte Rinka Porol leise, »und Legasthenie ist keine Krankheit.«

Die Terraner hatten ihr gesagt, woran sie litt. Warum sie von den Kolonnen-Anatomen als lebensunwert angesehen worden war. Rinka hatte einen scheinbar unbedeutenden neurologischen Schaden, der visuelle Stimuli in ihren Hirnstrommustern falsch – seitenverkehrt – darstellte und sie links mit rechts oder rechts mit links verwechseln ließ. Immer wieder. Vor allem dann, wenn ihr keine Zeit zum Überlegen blieb.

»Hör zu, Rinka«, sagte Senego Trainz leise. »Du bist mein bester Scharfschütze. Du besitzt großartige Begabungen. Ruhe, Konzentration und das Gefühl für den richtigen Augenblick. Du vereinst seltene Eigenschaften in dir, die das Team dringend benötigt.«

Er hielt kurz inne, als müsste er sich seine nächsten Worte genau überlegen. »Du hast eine Fehlerquote von zehn Prozent. Du wirst bis zur Ankunft am Zielort weiter trainieren, mit möglichst kurzen Pausen. Bis die Mechanismen sitzen, bis du deine Anfälligkeit im Griff hast. Erst kurz nach der Ankunft bekommst du einige Stunden Schlaf, sodass du ausgeruht bist, wenn es darauf ankommt.«

»Du willst mich also doch einsetzen?«

»Ich brauche dich, Rinka.« Senegos blutrote Augen starrten sie unverwandt an. »Und ich vertraue dir.«

*

Senego war der geborene Anführer. Er stachelte sie tagtäglich zu Höchstleistungen an, er gab ihnen Ziele und Perspektiven. Seine Trainingsmethoden folgten einem ausgetüftelten Plan, um die Fähigkeiten der Mikro-Bestien zu verbessern, um ihren Ehrgeiz weiter anzutreiben. Immer wieder wurden sie daran erinnert, was sie waren, woher sie kamen – und was ihre Aufgabe in diesem galaxienumspannenden Konflikt sein würde.

Die Mikro-Bestien agierten auf der richtigen Seite, so viel stand fest. Sie arbeiteten mit den Terranern zusammen, der treibenden Kraft des Widerstands gegen die Terminale Kolonne.

Rinka Porol holte Atem und nahm Nahrung zu sich. Wohlschmeckenden Gemüsebrei, vermengt mit Marzipansirup. Dazu mehrere Fingerhutbecher dringend benötigter Nährflüssigkeit. Sie lief heiß, so sehr setzte ihr das Training zu. Aber noch waren sie und die anderen nicht am Höhepunkt ihres Leistungsvermögens angelangt. Sie mussten perfekt werden, wollten sie das leisten, wofür sie sich verpflichtet hatten.

Rinka ließ den Brei auf ihrer Zunge zergehen und genoss das Recht, daran zu denken, dass er gut schmeckte. Es gab so viel zu lernen, so viel aufzuholen in diesem neuen Leben. Alles zeigte sich bunt, aufregend, mehrdimensional, mehrseitig. Gut und Böse waren ebenso Alternativen, zwischen denen sie zu wählen hatte, wie Schwarz und Weiß, wie Liebe und Hass.

Rinka Porol griff nach dem Schreibgerät, das sie in einer ganschkarischen Mannschaftskabine des Traitanks gefunden hatte. Mit ungelenken Bewegungen aktivierte sie die Schreibseite und fuhr versuchshalber mit dem Ionenstift darüber. Zeichen erschienen, verwandelten ihre Gedanken und Empfindungen in Worte.

Dies alles war neu für sie, und es war aufregend. Es erweiterte ihren Horizont, so wie auch der Umstand, dass sie für sich selbst die Entscheidung getroffen hatte, sich als »weiblich« zu sehen.

Lipica Atabinmek, die terranische Oberleutnantin, auch diesmal wieder mit auf der Reise, hatte ihr in vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet – und zwar alle drei. Trotz Rinkas Eingeschlechtlichkeit, trotz ihrer Unfruchtbarkeit fühlte sie eine seltsame Unwucht in sich.

Sie empfand sich als Frau. Nun ja – zumindest ein wenig. Möglicherweise hing auch diese ungewöhnliche Selbstsicht mit ihrer neurologischen Schädigung zusammen; wer wusste schon, welche Experimente die Kolonnen-Anatomen einstmals mit ihr angestellt hatten …

Hastig aß sie fertig. Schließlich hatte sie sich einer ganz bestimmten Aufgabe verschrieben.

Die Armee der Mikro-Bestien war etwas Einzigartiges. Und sie würde diese Einzigartigkeit dokumentieren. Wenn ihr Abenteuer, das sich »Leben« nannte, irgendwann ein Ende fand, sollte etwas von ihr zurückbleiben. Ein Stück Herzblut. Gedanken eines Geschöpfes, dem man einstmals das Recht auf Leben abgesprochen hatte – und das auf wundersame Weise errettet worden war.

3.

Roi Danton

»Es ist genug!«, rief Roi. Er schwebte hoch zu Senego Trainz, der in seinem variablen Prüfstand an der Decke der Zentralen Trainingshalle klebte. Der Unsterbliche ließ die Holoprojektoren und die Systemlogistiken der Trainingshalle desaktivieren.

Avatare zerstoben, Kampfszenarien vergingen im Nichts, Simulationsmannschaften wurden von den Übungsrechnern aufgelöst.

Ein Blick auf das Multifunktionsarmband zeigte Roi, dass der Energieaufwand im Traitank augenblicklich um mehr als 15 Prozent zurückging.

»Was soll das?«, grollte Senego Trainz und schwebte zu ihm auf Augenhöhe. »Meine Leute müssen lernen, lernen, lernen! Du erwartest von uns im Einsatz Höchstleistungen, bist aber nicht bereit, uns die notwendigen Trainingszeiten zuzugestehen.«

»Wir müssen zu einem Kompromiss finden«, entgegnete Roi. Bemüht rang er nach Worten. Die Mikro-Bestien reagierten auf bestimmte Schlüsselwörter äußerst empfindlich. »So groß der Traitank auch sein mag – ihr kommt den TLD-Leuten immer wieder in die Quere. Sei es der Energiebedarf, den ihr für eure Rechnersimulationen benötigt, oder dass ein paar deiner Leute kurzerhand beschließen, in der gemeinsamen Kantine einen Faustkampf unter realitätsnahen Bedingungen zu beginnen. Wir Terraner benötigen dringend Ruhe, um uns auf die bevorstehenden Aufgaben vorbereiten zu können. In den Labors wird Filigranarbeit geleistet, die Maskenbildner brauchen ruhige Hände, die Entscheidungen, die minütlich in der Kommandozentrale getroffen werden, verlangen eiserne Nerven.«

Roi deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Senego Trainz. Mit der Hand hätte er das klein gewachsene Geschöpf packen können wie eine Puppe. »Ihr habt bislang ausgezeichnete Arbeit geleistet. Aber du und deine Freunde müsst auch lernen, Respekt für andere zu empfinden.«

»Das tun wir«, sagte Senego bestimmt. »Du bist uns stets ein Vorbild.« Er deutete auf sein Chronometer. »Die Zeit läuft ab, Roi Danton, und ich bin mit der Leistungsbereitschaft meiner Leute noch nicht zufrieden. Sie müssen für jeden Ernstfall bereit sein. Neben der herkömmlichen Einsatzhärte benötigen sie das Gefühl für Improvisation, für Eigeninitiative. Dies sind Dinge, die nicht natürlich wachsen. Wir müssen sie in harten Übungseinheiten herausarbeiten.«

Roi blickte in diese winzigen, tiefroten Augen, und er empfand einen Hauch jener kreatürlichen Angst, die jedermann packte, der erstmals einem Haluter gegenüberstand.

»Ich bitte dich«, drängte Senego Trainz, »lass uns weitermachen! Erklär deinen Leuten, um was es uns geht. Wir betrachten uns als Teil eines größeren Teams, und wir sind stolz darauf, in diesen Einsatz gehen zu dürfen, gleichberechtigt mit den besten terranischen Agenten. Diese Anerkennung ist uns wichtig, Roi. Aber glaub mir: Jede Übungseinheit, die man uns wegnimmt, verringert unsere Chancen im Einsatz.«

Roi atmete tief durch. Er hatte sich die wütend vorgetragenen Argumente von Ero Ustinoth angehört, dem wiederum Dutzende Klagen seiner Untergebenen zugetragen worden waren. Die Terraner benötigten Ruhe – ebenso dringend, wie Senego Trainz’ Mikro-Bestien auf weitere Trainingseinheiten angewiesen waren.