Perry Rhodan 29: Der Zeitagent (Silberband) - Clark Darlton - E-Book

Perry Rhodan 29: Der Zeitagent (Silberband) E-Book

Clark Darlton

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Beschreibung

Es ist eine unglaubliche Reise: Durch einen Zeit-Transmitter wird das terranische Flaggschiff, die CREST III, um rund 50.000 Jahre in die Vergangenheit versetzt. In dieser Epoche erschüttert der große galaktische Krieg zwischen den Lemurern und den Halutern die gesamte Milchstraße - und es besteht kaum Hoffnung auf eine Rückkehr in die Gegenwart. Um wieder in die eigene Zeit reisen zu können, müssen Perry Rhodan und seine Begleiter die Erde ansteuern. 50.000 Jahre in der Vergangenheit ist der Heimatplanet der Menschheit eine von gewaltigen Eismassen überzogene Welt, auf der die Überlebenden des Krieges ein erbärmliches Dasein fristen, ständig auf der Flucht vor grauenerregenden Mutanten. Doch dann interessieren sich auch die Meister der Insel, jene nach wie vor geheimnisvollen Herrscher der Galaxis Andromeda, für die Terraner. Auf der Erde der Vergangenheit wirkt der Zeitagent, und er nimmt den Kampf gegen die Zeitreisenden auf: Es ist zugleich ein erbitterter Kampf um die Zukunft des Solaren Imperiums ...

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Veröffentlichungsjahr: 2011

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Nr. 29

Der Zeitagent

Es ist eine unglaubliche Reise: Durch einen Zeittransmitter wird das terranische Flaggschiff, die CREST III, um rund 50.000 Jahre in die Vergangenheit versetzt. In dieser Epoche erschüttert der große galaktische Krieg zwischen den Lemurern und den Halutern die gesamte Milchstraße – und es besteht kaum Hoffnung auf eine Rückkehr in die Gegenwart.

Um wieder in die eigene Zeit reisen zu können, müssen Perry Rhodan und seine Begleiter die Erde ansteuern. 50.000 Jahre in der Vergangenheit ist der Heimatplanet der Menschheit eine von gewaltigen Eismassen überzogene Welt, auf der die Überlebenden des Krieges ein erbärmliches Dasein fristen, ständig auf der Flucht vor grauenerregenden Mutanten.

Einleitung

Das große Spiel mit der Zeit geht weiter. Nach wie vor stecken Perry Rhodan und seine Gefährten tief in der Vergangenheit, die ihre Rätsel längst preisgegeben hat. Nun geht es darum, mit diesem neuen Wissen fertig zu werden und den Weg zurück in die Realzeit zu finden. Dieser Weg ist lang und steinig, und so handelt dieses Buch auch in erster Linie von den Abenteuern, die die Versprengten zu bestehen haben – auch auf der Erde der letzten großen Eiszeit. Es ist ein Buch, bei dem die Aktion im Vordergrund steht, nicht die großen Fortschritte im Kampf gegen die Meister der Insel – damit geht es im nächsten Band weiter.

Der eine oder andere Leser mag sich auch fragen, weshalb der Titel »Der Zeitagent« lautet, wo doch Frasbur nur eine relativ untergeordnete Rolle spielt. Hier ist ein Beispiel dafür, dass bei der konkreten Ausarbeitung der Perry Rhodan-Bücher und einem streng verflochtenen Handlungsbogen am Ende einiges plötzlich ganz anders aussehen kann als bei der Vorplanung, die jeweils etwa ein Jahr vor Bearbeitungsbeginn für drei Bände gemacht wird. Frasbur sollte eigentlich das zentrale Thema des Buches sein, was aus redaktionstechnischen Gründen dann doch nicht so realisierbar war.

Die diesem Band zugrunde liegenden Originalromane sind: Stoßtrupp in Raum und Zeit und Jagd auf den Zeitagenten von Clark Darlton; Ultimatum an Unbekannt von K. H. Scheer; Die Welt der Körperlosen und Flaggschiff in Not von H. G. Ewers; Unter den Gletschern von Nevada und Zwischen Feuer und Eis von William Voltz.

Mein Dank gilt – wie stets – Franz Dolenc und den vielen Perry Rhodan-Lesern, die nicht mit Anregungen und konstruktiver Kritik sparten und somit wertvolle Hilfe beim Zustandekommen dieses Bandes leisteten.

Zeittafel

1971 – Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST den Mond und trifft auf die Arkoniden Thora und Crest.

1972 – Mit Hilfe arkonidischer Technik Aufbau der Dritten Macht und Einigung der Menschheit.

1976 – Das Geisteswesen ES gewährt Perry Rhodan die relative Unsterblichkeit.

1984 – Galaktische Großmächte versuchen, die Menschheit zu unterwerfen.

2040 – Das Solare Imperium ist entstanden. Der unsterbliche Arkonide Atlan taucht auf.

2102 – Entdeckung der Akonen im Blauen System.

2103 – Perry Rhodan erhält von ES einen Zellaktivator.

2114 – Bündnis mit den Posbi-Robotern nach Kampf um die Hundertsonnenwelt.

2326 – ES verstreut 25 Zellaktivatoren in der Galaxis.

2327 – Terraner entdecken das Zweite Imperium der Blues.

2328 – Sieg über die Blues und Friedensvertrag zwischen den galaktischen Imperien.

2400 – Entdeckung der Transmitterstraße nach Andromeda und Kampf gegen die Maahks. Perry Rhodan hört erstmals von den geheimnisvollen Herren Andromedas, den Meistern der Insel (MdI).

2401 – Die Invasion der Milchstraße durch die Maahks wird mit Hilfe der Parasprinter abgewehrt.

2402 – Terranischer Vorstoß in den Andromeda vorgelagerten Betanebel. Neutralisierung der Kontrollstation Modul, der letzten Bastion der MdI in Andro-Beta.

2404

Prolog

Seit jenem Tag im Jahr 2400, an dem Icho Tolots vage Hinweise zur Entdeckung des galaktischen Sonnentransmitters aus sechs blauen Riesensternen führten, ist vieles geschehen. Von ungeheuren Gewalten ins Nichts zwischen den Galaxien geschleudert, mussten Perry Rhodan und seine Begleiter mit der CREST II in den Fallensystemen der Unbekannten um ihr Leben kämpfen, die von ihren Hilfsvölkern geheimnisvoll »Meister der Insel« (MdI) genannt werden.

Genaueres weiß selbst Grek-1, der nach einem gescheiterten Invasionsversuch der Milchstraße zu den Terranern übergelaufene Geheimdienstchef der Maahks, nicht über die Beherrscher Andromedas auszusagen. Die Maahks, wasserstoffatmende Intelligenzen und vor 10.000 Jahren von den Arkoniden aus der Milchstraße vertrieben, leben als unfreiwilliges Hilfsvolk der Meister der Insel im Zwergnebel Andro-Alpha.

Greks Hinweisen ist es zu verdanken, dass die Terraner im Jahr 2402 in einem weiteren intergalaktischen Transmittersystem Fuß gefasst haben. Von dort aus dringt Perry Rhodan in den zweiten Andromeda vorgelagerten Zwergnebel Andro-Beta ein, um mehr über die Pläne des Gegners zu erfahren. Die Terraner erleben phantastische Abenteuer mit den planetengroßen Mobys, nach deren Aktivierung durch Hyperimpulse in der Sterneninsel das Chaos ausbricht und fast alle Welten der Twonoser vernichtet werden, die als Wächtervolk der MdI fungieren.

Es gelingt, den Hypersender zum Schweigen zu bringen. Die Moby-Gefahr ist gebannt, Perry Rhodan macht den Planeten Gleam zum terranischen Stützpunkt in Andro-Beta.

Mit der Vernichtung des Andro-Beta-Sonnentransmitters durch die Meister der Insel ist den Beherrschern Andromedas der direkte Zugriff auf die Zwerggalaxis abgeschnitten.

Im Jahr 2404 erfolgt mit dem neuen Flaggschiff CREST III der terranische Vorstoß nach Andromeda, wo inzwischen heftige Auseinandersetzungen zwischen den rebellierenden Maahks und den Hilfsvölkern der MdI im Gange sind. Als wichtigen Verbündeten gewinnt Perry Rhodan den Kosmischen Ingenieur Kalak, einen der letzten aus dem uralten und von den Meistern der Insel fast völlig ausgerotteten Volk der Paddler.

Ein Schock erwartet die Terraner, als sie den »Sektorenwächtern« begegnen: Die Tefroder als bisher wichtigstes Hilfsvolk der MdI sind auch in ihrer Kultur so absolut menschenähnlich, dass Rhodan nicht an einen Zufall glauben kann. Der zweite Schock ist die Erkenntnis, dass viele tefrodische Raumschiffsbesatzungen aus Duplos bestehen, die bei einem Versagen durch Hypersignale getötet werden können.

Die Antwort auf die Frage, wann und wie die Herrscher Andromedas auf die Operationen der Terraner in ihrem unmittelbaren Herrschaftsbereich reagieren werden, lässt nicht lange auf sich warten: In die Zeitfalle Vario gelockt, wird die CREST zeitlich um rund 50.000 Jahre in die Vergangenheit und räumlich in die Heimatgalaxis zurückversetzt, wo zu dieser Zeit ein Vernichtungskrieg zwischen Lemurern und Halutern tobt. Die Niederlage der Lemurer ist bereits besiegelt. Um den Vernichtungskommandos der Haluter zu entkommen, fliehen die Überlebenden durch die zu diesem Zweck errichteten Sonnentransmitter in großem Maßstab in die Andromedagalaxis. Zum zweiten Mal wird Perry Rhodans Weltbild erschüttert, als er erkennen muss, dass die Lemurer ihr Sternenreich von der Erde aus beherrschen, die in dieser Zeit Lemur heißt. Sie sind die Vorfahren aller humanoiden Völker der Galaxis und der Tefroder, die aus den nach Andromeda Geflüchteten hervorgehen.

1.

Oberstleutnant Stef Huberts, Erster Offizier der zweitausendfünfhundert Meter durchmessenden GENERAL DERINGHOUSE, war ein großer, schlanker Mann, der meist kühl und überlegt handelte. Er hielt sich in seiner Kabine auf und beschäftigte sich in Gedanken mit den Ereignissen der letzten Tage.

Reginald Bull hatte mit einer großen Flotte Vario angegriffen, nachdem Major Henderson, der mit seiner KC-41 das Verschwinden der CREST III beobachtet und danach die terranischen Einheiten auf KA-preiswert informiert hatte, und Bull durch ein Kurierschiff auf Gleam alarmiert worden waren. Doch mitten im Angriff waren überraschend die Woolver-Zwillinge aufgetaucht und hatten Bull veranlasst, seine Flotte aus dem Big-Blue-System zurückzuziehen.

Seither war eine Woche vergangen. Man schrieb Ende Mai 2404. Die DERINGHOUSE befand sich zehntausend Lichtjahre vom Zentrum Andromedas entfernt, an der Grenze der verbotenen Zone, und umkreiste eine namenlose Sonne.

Die Informationen, die Rakal und Tronar Woolver zu liefern hatten, waren allgemein mit großer Bestürzung aufgenommen worden. Die Wellensprinter hatten unermüdlich sämtliche Fragen beantwortet und jede Einzelheit ausführlich dargelegt. Man war nun über die Ereignisse, die sich vor über 50.000 Jahren abgespielt hatten, genauestens informiert.

Huberts schüttelte sich unwillkürlich, als seine Gedanken an diesem Punkt angelangt waren.

Die Lemurer, die Stammväter der Akonen, Arkoniden, Aras, Springer und Antis, befanden sich in einem schrecklichen Existenzkampf gegen die Haluter. Als einziger Ausweg stand ihnen die Flucht nach Andromeda offen.

Auf der anderen Seite standen die geheimnisvollen Meister der Insel, die in den Lemurern offensichtlich nichts anderes sahen als Schablonenmaterial für ihre Duplos. Regnal-Orton war einer von ihnen gewesen. Sein Aussehen entsprach jenem der Lemurer oder Tefroder – und er hatte einen Zellaktivator besessen! Regnal-Orton war gestorben, und sein Aktivator hatte sich kurz darauf selbst zerstört. Das Rätsel um die MdI war durch diese Begebenheit nicht kleiner geworden. Im Gegenteil. Man wusste nicht, welchen Schluss man daraus ziehen sollte. Die Organisation der MdI, ihre zahlenmäßige Stärke war, wie so vieles andere auch, nach wie vor unbekannt. Auch die Frage, ob alle MdI Zellaktivatorträger waren, ließ sich nicht eindeutig beantworten, obwohl Vermutungen in diese Richtung angestellt wurden. Ein weiteres Rätsel war auch die Herkunft ihrer Aktivatoren. Regnal-Ortons Gerät hatte sich geringfügig von den bekannten Aktivatoren, die von ES stammten, unterschieden. Ob dies jedoch als Indiz dafür zu werten war, dass ES im Fall der MdI-Aktivatoren nicht seine »Hände« im Spiel hatte, war Gegenstand unzähliger Spekulationen gewesen, die aber alle im Sande verlaufen waren. Das einzige greifbare Ergebnis war, dass die MdI offensichtlich von Lemurern oder Tefrodern abstammten.

Huberts seufzte. Irgendwann, so sagte er sich, werden auch diese Rätsel eine Lösung erfahren. Vorerst galt es jedoch, der CREST Hilfe zukommen zu lassen und Rhodan über die Situation in der Realzeit zu unterrichten.

Huberts war über die Planung nicht in allen Einzelheiten informiert. Er wusste aber, dass die fünfhundert Meter durchmessende HELPA, unter dem Kommando von Oberst Fracer Matenbac, die vor wenigen Minuten am Standort der DERINGHOUSE eingetroffen war, mit dieser Planung unmittelbar im Zusammenhang stand.

Der schrille Summton des Interkoms riss Huberts aus den Gedanken. Er zuckte zusammen, fasste sich aber schnell und aktivierte die Verbindung. Auf dem Bildschirm erschien Oberst Masser und teilte ihm mit, dass er in die Offiziersmesse kommen sollte, um bei der entscheidenden Einsatzbesprechung anwesend zu sein.

»Bin schon unterwegs, Sir.«

Er wollte schon ausschalten, da sagte Masser noch:

»Kommen Sie nicht wieder mit geöffnetem Hemdkragen, Huberts.«

»Wird geschlossen sein, Sir.«

Er schaltete endgültig ab und überprüfte den Sitz der Uniform. Es stimmte alles. Selbst die schwarzen Stiefel waren blank geputzt und das Energiemagazin des Handstrahlers im Gürtel frisch nachgefüllt.

Er verließ seine Kabine und machte sich auf den Weg zur Offiziersmesse. Reginald Bull würde dort noch einmal die letzten Einzelheiten des Plans erläutern und die Meinung aller Beteiligten dazu hören wollen.

Gerade wollte Stef Huberts vom Haupteingang abbiegen und die Tür zur Messe öffnen, da hörte er eine feine, helle Stimme sagen:

»Sir, würden Sie die unendliche Güte besitzen, Ihre Gehwerkzeuge dort zu belassen, wo sie sich jetzt augenblicklich befinden?«

Huberts blieb stehen und rührte sich nicht mehr. Die Stimme war aus dem Nichts gekommen, und es war auch niemand zu sehen. Seine Hand, die sich bereits dem Türknopf genähert hatte, sank wieder herab.

»Wie, bitte?«, fragte er verblüfft. »Gehwerkzeuge?«

»Ich meinte Ihre Füße, Sir. Öffnen Sie die Tür, aber bleiben Sie stehen und lassen Sie mich vorgehen.«

Die Stimme kam von unten.

Stef Huberts sah also nach unten.

Was er erblickte, verschlug ihm für einige Sekunden die Sprache, aber dann schaltete er blitzschnell. Er nahm Haltung an und salutierte.

»Bitte um Verzeihung, General Danger! Fast hätte ich Sie übersehen.«

»Das wäre ja auch kein Wunder«, erwiderte Generalmajor Lemy Danger großmütig und gab den Gruß zurück. »Ich danke Ihnen für Ihre Umsicht, Sir ...«

»Oberstleutnant Stef Huberts, Herr General. Erster Offizier der DERINGHOUSE. Ich freue mich, Sie kennenzulernen.«

Das meinte Huberts wirklich ehrlich. Er hatte schon viel von dem fast sagenhaften Spezialagenten der USO gehört und die Erzählungen über seine unglaublichen Heldentaten stets mit Skepsis aufgenommen. Aber das alles war es weniger, was ihn so in Erstaunen versetzte. Es war vielmehr die Größe des Siganesen.

Lemy Danger war ein Mensch, aber er war nur zweiundzwanzig Zentimeter und zwei Millimeter groß. Unter normalen Schwereverhältnissen wog er ganze achthundertfünfzig Gramm, aber er konnte Gewichte bis zu fünf Kilogramm mit Leichtigkeit in die Höhe stemmen. Das hatte ihm auf seiner Welt einen Meistertitel eingebracht, auf den er sehr stolz war. Lemy war einhundertsiebzig Jahre alt, aber seine Lebenserwartung betrug fast neunhundert. Er war also noch ein Jüngling.

»Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, versicherte er höflich, obwohl er rangmäßig weit über dem Ersten Offizier stand. »Würden Sie nun bitte die Tür öffnen? Wir kommen sonst zu spät. Der Chef kann sehr ungemütlich werden.«

Huberts beugte sich vor und öffnete die Tür.

Lemy Danger spazierte über die Schwelle und betrat die Messe.

An dem hufeisenförmigen Tisch saßen die führenden Männer des geplanten Unternehmens. Neben Bull hatte Oberst Fracer Matenbac Platz genommen, ein kleiner, blonder Mann mit Anlagen zur Korpulenz. Als er Lemy erblickte, sprang er auf und rief:

»Da ist er ja endlich! Wir hatten schon angenommen, Lemy, jemand hätte Sie versehentlich irgendwo eingesperrt.«

Lemy Danger blieb unbeeindruckt. Er ging bis zur Mitte des Raumes, blieb stehen und salutierte lässig.

»Meine Herren Terraner«, sagte er und verbeugte sich leicht in Richtung der versammelten Offiziere und Mutanten. »Es freut mich, Ihnen behilflich sein zu dürfen. Nicht verzagen, Lemy fragen.«

Matenbac schluckte heftig und sank auf den Stuhl zurück, dessen Polster sich sofort seinen runden Körperformen anpassten. Neben ihm grinste Bull flüchtig, dann klopfte er auf die Tischplatte.

»Ich schlage vor, Lemy, Sie nehmen hier oben Platz, damit Sie nicht zwischen die Füße geraten.«

»Sollten Sie auf meine geringe Körpergröße anspielen«, erwiderte Lemy feierlich, »so muss ich Sie davon in Kenntnis setzen, Sir, dass alles relativ ist. In meinen Augen sind Sie es, die von der Norm abweichen. Besonders Sie, Mr. Bull. Selbst in den Augen der Terraner gelten Sie als ... nun, sagen wir mal: beleibt. Für mich sind Sie ein Koloss.« Er räusperte sich. »Würde jemand die Freundlichkeit besitzen, mich auf den Tisch zu heben?«

Stef Huberts, der Lemy gefolgt war, bückte sich schnell und hielt dem Zwerg die flachen Hände hin. Lemy nahm das Angebot mit einem dankbaren Nicken an, trat auf die Hände und hielt sich an den Armen fest.

Sekunden später stand er vor Bull auf der Tischplatte.

Rondo Masser, der Kommandant der GENERAL DERINGHOUSE, schob ihm die Zigarrenkiste hin.

»Nehmen Sie Platz, General Danger. Achten Sie auf die Silberverzierungen der Dose, damit Sie sich nicht die Hose zerreißen.«

Lemy ignorierte die Warnung und setzte sich. Er sah Bull an.

»Von mir aus können Sie anfangen, Sir.«

Auch Huberts hatte inzwischen Platz genommen.

Reginald Bull begann.

»Sie alle kennen die Lage. Die Informationen der Woolver-Zwillinge waren aufschlussreich. Inzwischen wurden die Sicherheitsmaßnahmen im Schrotschuss-System und auf Gleam verstärkt. Die dort stationierten Einheiten befinden sich in erhöhter Alarmbereitschaft, um etwaige Angriffe der Tefroder abzuwehren. Lediglich KA-preiswert ist derzeit noch relativ ungefährdet, da die Position der Paddlerplattform den MdI unbekannt ist. Obwohl die MdI nun von unserer Präsenz in ihrem Machtbereich Kenntnis haben und daher gegen unsere Stützpunkte vorgehen könnten, glaube ich, dass vorerst noch keine primäre Gefahr besteht, da die tefrodischen Flotten zu sehr mit der Offensive der Maahks beschäftigt sind. Unsere Aufgabe ist es nun, Rhodan zu unterrichten. Er muss wissen, dass wir auf die potentielle Gefahr vorbereitet sind. Dadurch gewinnt er Zeit, den Versuch zu unternehmen, mit der CREST in die Jetztzeit zurückzukehren. Dass das möglich ist, haben die Woolvers bewiesen. Für die CREST wird auch ein Weg gefunden werden.

Wie wir wissen, befindet sie sich auf einer Kreisbahn um die rote Riesensonne Redpoint, mehr als zweieinhalbtausend Lichtjahre von Kahalo entfernt. Dort wartet Rhodan, bis er eine Nachricht von uns erhält. Um das zu bewerkstelligen, müssen wir die Zeitfalle der Meister abermals bemühen. Wir müssen sie praktisch übertölpeln. Niemand darf auch nur ahnen, dass wir freiwillig in die Falle gehen. Oberst Matenbac, würden Sie so freundlich sein und uns schildern, wie weit Sie meine Anordnungen bisher durchführen konnten ...?«

Fracer Matenbac faltete die Hände, als wolle er sie daran hindern, allzu lebhafte Bewegungen beim Sprechen durchzuführen.

»An Bord der HELPA haben wir die HELLTIGER nach Ihren Vorschlägen verändert, Sir. Aufgeschweißte Stahlteile geben dem kleinen Schiff das Aussehen eines Trümmerstücks. So getarnt sollte es Lemy gelingen, auch den aufmerksamsten Beobachter zu täuschen.« Er sah sich forschend um. »Ich weiß nicht, ob alle Anwesenden wissen, was es mit der HELLTIGER auf sich hat.«

»Einige Erklärungen wären wohl angebracht«, meinte Bull.

Matenbac nickte.

»Es handelt sich bei der HELLTIGER um ein Spezialraumschiff, das nur von General Danger geflogen werden kann. Es ist nur drei Meter lang und hat einen Durchmesser von dreiviertel Metern. Dieses einzigartige Kleinstraumschiff besitzt einen Überlichtantrieb. Der auf Siga erbaute Mikro-Kalup hat eine Reichweite von zweihundertfünfzigtausend Lichtjahren. Die starr eingebaute Transformkanone, deren Abstrahlkegel aus der Bugspitze des Schiffes herausragt, ist in der Lage, Geschosse mit einer Energieentwicklung von einer Gigatonne abzufeuern. Im Lagerraum der HELLTIGER befindet sich die Spezialausrüstung General Dangers. Eine zweite Spezialausrüstung füllt einen Beutel von Tornistergröße. Es handelt sich um die Reserve, die von Tako Kakuta getragen werden soll, damit Danger bei Verlust der HELLTIGER darauf zurückgreifen kann.«

Auf dem Tisch klapperte etwas. Es war die Zigarrenkiste Massers. Lemy war aufgesprungen. Seine Augen funkelten zornig.

»Die HELLTIGER, verehrter Herr Oberst, wird nicht verlorengehen, wenn ich mir die Bemerkung gestatten darf. Sie ist für Ihre Begriffe viel zu klein, um getroffen werden zu können. Außerdem unterschätzen Sie bitte nicht die Kampfkraft. Nicht umsonst habe ich das Schiff auf den Namen ›Höllentiger‹ taufen lassen.«

Matenbac lehnte sich vor und schaute Lemy durchdringend an.

»Ich habe nur eine vage Möglichkeit erwähnt, mehr nicht. Wir müssen bei diesem Einsatz mit allen Eventualitäten rechnen. Auch damit, dass die HELLTIGER vernichtet wird. Tut mir leid, General, aber wir sind Realisten. Wären wir es nicht, stünde es schlecht um uns.«

Lemy setzte sich. Er betrachtete die dicht vor ihm auf dem Tisch ruhenden Hände Matenbacs so, als wolle er am liebsten hineinbeißen.

Matenbac fuhr fort:

»An Bord der HELPA sind zwei Beiboote vom Typ Korvette. Bei der R-10 handelt es sich um ein vollautomatisch gelenktes Robotschiff, das notfalls auch von zwei erfahrenen Piloten gesteuert werden kann. Die zweite Korvette wurde äußerlich vollkommen verändert, so dass sie wie ein Flottentransporter der Tefroder aussieht. Da die Tefroder mit den Maahks im Krieg liegen, wird sie zweifellos von den Methanatmern bei Ortung sofort angegriffen werden und verfolgt. Das ist der Sinn der Tarnung. Die TALLA wird nach Vario flüchten.«

»Da war noch etwas«, begann Bull, wurde aber sofort von dem Abwehrchef unterbrochen:

»Ich weiß. Die Bezeichnung ›TALLA‹ ist ein Trick. Es handelt sich um einen tefrodischen Namen. An Bord sind die Leichen von vierunddreißig Tefrodern, die wir aus treibenden Wracks bargen. Captain Arnulf Kapenski und fünf andere Abwehroffiziere werden die TALLA an einen Kampfverband der Maahks heransteuern und mit drei an Bord befindlichen Moskitojägern flüchten, sobald die Maahks das Feuer eröffnet haben. Alles andere erfolgt dann automatisch, denn die Navigationsautomatik der TALLA enthält falsche Informationen über den Zeitfallenplaneten Vario. Den Maahks werden, wenn sie die TALLA entern, gefälschte Daten in die Hände fallen, die sie dazu veranlassen müssen, Vario anzugreifen. Diese Informationen enthalten neben den echten Positionsdaten Varios auch Hinweise auf eine angebliche neuartige Vernichtungswaffe, die auf Vario produziert werden soll und den Krieg schlagartig zugunsten der Tefroder beenden würde, wenn sie einmal zum Einsatz käme. Wenn die Maahks darauf hereinfallen, werden sie Vario angreifen. Wir rechnen damit, dass die Tefroder den Zeittransmitter aktivieren werden, um die Maahkschiffe in die Vergangenheit zu schleudern und sie auf diese Art loszuwerden. Dadurch wird es uns möglich sein, unbemerkt in das Zeitfeld einzudringen und die Vergangenheit zu erreichen. Das ist der ganze Sinn des Täuschungsmanövers.«

Abermals erhob sich Lemy Danger zu seiner vollen Größe von zweiundzwanzig Zentimetern.

»Wenn ich richtig verstanden habe, sollen die Zwillinge, Tako und ich in die Vergangenheit reisen. Kann das nicht zu Komplikationen führen?

Die Gesetze der Zeit sind noch zu wenig erforscht. Wir wissen nicht einmal genau, wie die Zeitfalle Vario funktioniert.«

Reginald Bull warf ihm einen forschenden Blick zu, dann meinte er langsam:

»Aus dem Bericht der Woolvers wissen wir, dass die Zeitverschiebung mit Hilfe der Erzeugung eines absoluten Nullfeldes erfolgt. Es handelt sich um einen Zeitwandler. Die Krümmungslinien der sechsten Dimension und der differierenden Zeitebenen werden einfach durchbrochen. Eine Veränderung der Bezugsnachweise erfolgt dabei nicht.«

»Aha«, machte der Siganese und nickte, ohne das Gesicht zu verziehen. »Das klingt ja sehr einleuchtend.«

Bull grinste kurz.

»Unter Bezugsachse verstehen wir eine physikalisch und biologisch gleichartige Zeitebene. Außerdem wissen wir, dass die Zeitversetzung nicht nur auf der gegebenen Bezugsachse stattfindet, sondern auch handlungskonstant bleibt. Wenn wir also in die Zeitfalle geraten, so werden wir immer und in jedem Fall um genau zweiundfünfzigtausenddreihundertzweiundneunzig Jahre in die Vergangenheit geschleudert. Das ist wichtig, denn so kann es niemals zu unvorhergesehenen Zeitverschiebungen kommen. Es ist uns klar, dass diese Zeitmaschine von der Größe eines ganzen Planeten unvorstellbare Energien verschlingt. Sie werden von der blauen Riesensonne geliefert.

Das zu versetzende Objekt wird vom Zeittransmitter erfasst und in die Vergangenheit versetzt. Danach wird das Objekt mit Hilfe eines Situationstransmitters zum Andromedasechseck abgestrahlt. Von dort aus erfolgt die Transmission zum Mittelpunkt der Milchstraße, über zwokommazwo Millionen Lichtjahre hinweg. Das Sonnensechseck sorgt für eine Weiterleitung zum Planeten Kahalo, uns allen ja durch seine Pyramidenstation bekannt. Über Kahalo erfolgt die endgültige Rematerialisation.«

»Danke«, sagte Lemy höflich. »Jetzt habe ich alles verstanden und somit keine weiteren Fragen mehr. Von mir aus kann's losgehen.«

»Nicht so hastig«, warnte Reginald Bull. »Unsere Vorbereitungen sind noch nicht abgeschlossen. An Bord der HELPA ist die TALLA; an ihr wird noch gearbeitet. Das Robotschiff R-10 dürfte einsatzbereit sein. Die HELLTIGER wurde bereits derart installiert, dass sie die R-10 jederzeit verlassen und mit Höchstbeschleunigung verschwinden kann. Captain Kapenski und seine Leute wissen Bescheid. Trotzdem – in gewissem Sinne stimme ich General Danger zu: Es kann losgehen. Bis wir in die Nähe Varios gelangen, können gut zwei oder drei Tage vergehen. Vielleicht mehr. Zeit genug also, die Vorbereitungen abzuschließen.«

Die GENERAL DERINGHOUSE nahm Fahrt auf.

Zusammen mit der HELPA verließ das Ultraschiff den Schutz der gelben Sonne und drang in die verbotene Zone des Andromedanebels ein. Hier waren es die Tefroder, die im Auftrag der Meister der Insel die Wächter spielten. Sie verhinderten, dass fremde Schiffe in die verbotene Zone eindrangen. Die Gefahr einer Entdeckung erhöhte sich also schlagartig.

Allerdings wirkte es sich günstig aus, dass die im Sternnebel Andro-Alpha beheimateten Maahks sich zur Großoffensive gegen die Tefroder entschlossen hatten und mit riesigen Flotten angriffen. Die gewaltigen Raumschlachten verminderten die Aufmerksamkeit der Tefroder, denn für sie ging es nun um die nackte Existenz. Die Meister halfen ihnen nicht.

Gemeinsam gingen die DERINGHOUSE und HELPA in den Linearraum, um Tausende von Lichtjahren vorzustoßen. Dann kehrten sie ebenso gemeinsam in den Normalraum zurück, um sich zu orientieren und Ortungen aufzunehmen. Immer wieder erschienen auf den Bildschirmen die Schiffe der Tefroder, aber oft genug auch riesige Kampfverbände der Maahks. Meist war der Überraschungsvorteil auf Seiten der Tefroder, die ihre Situationstransmitter dazu benutzten, plötzlich an den unmöglichsten Stellen zu materialisieren. Wie hungrige Wölfe fielen sie dann über die Maahks her.

Während des Fluges wurden die letzten Vorbereitungen zum Risikoeinsatz getroffen. Captain Kapenski und seine fünf Männer gingen schon an Bord der TALLA, die noch im Hangar der HELPA stand. Die R-10 wurde startklar gemacht. Sie hatte keine Besatzung, nur die Passagiere Tako Kakuta, Rakal und Tronar Woolver – und Lemy Danger mit seinem »Höllentiger«.

Tako war Teleporter. Die Zwillinge waren so genannte Wellensprinter, die sich selbst mit Hilfe eines einfachen Funkstrahls entmaterialisieren und fortbewegen konnten. Im Notfall benutzten sie sogar den Energiestrahl eines Schiffes. Lemy Danger – nun, Lemy war eben Lemy. Sein gewaltiger Vorteil lag in seiner Winzigkeit.

Zwei Tage nach dem Abflug meldeten die Orter einen großen Verband angreifender Maahkschiffe.

Es war soweit.

Sergeant Malaguti, Spezialist der Abwehr wie auch die anderen fünf Männer auf der TALLA, sah sich angewidert nach allen Seiten um.

»Leichen an Bord eines Schiffes gefallen mir ganz und gar nicht«, sagte er mit Bestimmtheit. »Obwohl ich genau weiß, dass Tote nicht beißen.«

»Du bist eben abergläubisch«, sagte sein Freund Cozzini, ebenfalls Sergeant. »Es ist doch egal, ob wir vierunddreißig tote Tefroder an Bord haben oder nicht. Hauptsache ist, die Maahks fallen auf den Trick herein.«

»Wenn sie die Leichen untersuchen, werden sie feststellen, dass sie schon einige Tage Leichen sind.«

»Sie können von einem früheren Angriff stammen, Bruderherz. Ich würde mir an deiner Stelle nicht soviel Sorgen machen. Warten wir's doch ab.«

Sie standen in der Zentrale und hatten die Bildschirme eingeschaltet. Viel war nicht zu sehen, nur das Innere des großen Hangars, in dem die TALLA auf den Einsatz wartete.

Captain Kapenski betrat den Raum. Er räusperte sich.

»Wohl Langeweile, was? Draußen tobt die größte Raumschlacht, und ihr habt Langeweile.«

»Raumschlachten sind langweilig«, sagte Malaguti indigniert. »Außerdem sieht man von hier aus nichts.«

»Wir werden bald mehr sehen«, tröstete Kapenski etwas spöttisch. »In wenigen Minuten werden wir ausgeschleust. Dann beginnt unser großer Auftritt. Malaguti, Sie bleiben bei mir. Cozzini, Sie gehen zu den anderen. Die Moskitos müssen startbereit sein, sobald wir den ersten Treffer erhalten haben. Alles klar?«

Cozzini ging zur Tür.

»Habe ich auch noch nicht erlebt – sich freiwillig einen Volltreffer verpassen zu lassen! Aber muss ja wohl sein. Hoffentlich schießen sie uns nicht gleich so zusammen, dass wir nicht mehr davonkommen.«

»Wir brauchen etwas Glück«, sagte Kapenski trocken.

Er nahm hinter den Kontrollen der Korvette Platz und wartete auf das Einsatzkommando. Malaguti setzte sich neben ihn, aber man sah ihm an, dass er jetzt lieber im kleinen Hangar mit den Moskitojägern gewesen wäre.

»Ausschleusmanöver!«

Die HELPA und die DERINGHOUSE standen knapp zwei Lichtstunden von den kämpfenden Verbänden entfernt. Dank des heillosen Durcheinanders waren sie bis jetzt nicht geortet worden.

Die TALLA verließ ihr Mutterschiff und nahm sofort höchste Beschleunigung auf. In direktem Flug stieß sie auf die in Einzelkämpfe verwickelten Schiffe der Tefroder und Maahks zu und entfernte sich dann wieder. Der Trick hatte Erfolg. Ein großes Schiff der Maahks setzte zur Verfolgung an.

Da Kapenski es nicht für ratsam hielt, sich mitten in den feindlichen Flotten abschießen zu lassen, floh er mit geringer Geschwindigkeit in entgegengesetzter Richtung. Der Maahk-Raumer folgte, wie erwartet.

Kapenski schaltete die Automatik ein. Die TALLA flog auf geradem Kurs mit unveränderter Geschwindigkeit weiter. Sie musste den Eindruck erwecken, als sei etwas mit der Navigationsanlage nicht in Ordnung, außerdem schien der schützende Energieschirm ausgefallen zu sein – eine leichte Beute für den Verfolger.

Bald waren alle sechs Männer im Hangar versammelt. Um das Ausschleusmanöver möglichst schnell bewerkstelligen zu können, kletterten sie in die kleinen und überlichtschnellen Moskitos und schlossen die Luken. Im Hangar wurde die Luft abgesaugt. Nun genügte ein Knopfdruck Kapenskis, um die großen Luken der TALLA zu öffnen.

Das Warten begann. Das Warten auf den ersten Treffer.

Das schwarze Schiff der Maahks war nahe genug herangekommen, und es eröffnete mit allen seinen Geschützen das Feuer auf den vermeintlichen Truppentransporter der Tefroder. Man glaubte, ein leichtes Spiel zu haben, und verzichtete daher auf den Einsatz der Konverterkanonen – und man hatte es auch. Das Feuer wurde nicht erwidert. Ein Energiebündel zersprengte die hervorstehende Beobachtungskuppel. Die durchsichtigen Wände zerbarsten, und mit der explosionsartig herausströmenden Luft kamen auch einige Leichen mit. Das wirkte so echt, dass die Maahks nur noch einmal schossen. Sie mussten annehmen, ein Wrack vor sich zu haben. Vielleicht barg es Geheimnisse, die aufzudecken sich lohnen würde.

Der zweite Treffer vernichtete einige Wulsttriebwerke.

Gleichzeitig ergriffen Kapenski und seine Leute mit den drei Jägern die Flucht.

Sie schossen aus der weit geöffneten Luke der TALLA und funkten dabei in Tefroda ihre Hilferufe hinaus. Damit wurden bei den Maahks alle noch bestehenden Zweifel beseitigt. Ehe die schwarze Riesenwalze zur Verfolgung ansetzen konnte, waren die drei Moskitos im All untergetaucht.

Zurück blieb nur die TALLA.

Ein Wrack mit einer toten Besatzung.

Mit toten Tefrodern.

An Bord der DERINGHOUSE und der HELPA beobachtete man gespannt die Ereignisse draußen im Weltall. Man sah, wie die TALLA von einem Maahkschiff verfolgt und beschossen wurde. Kurz darauf blitzten auf den Ortungsschirmen drei kleine Punkte auf – die ausgeschleusten Moskito-Jets. Danach vergingen einige bange Minuten, in denen die Frage gestellt wurde, ob auch der weitere Verlauf des Planes klappen würde.

Dann schien es, als ob tatsächlich alles wie erhofft ablaufen würde.

Ein Enterkommando der Maahks drang in die TALLA ein. Zwei Stunden vergingen, bis die Methanatmer schließlich wieder zum Vorschein kamen und zum wartenden Walzenraumer zurückkehrten.

Reginald Bull wartete noch, bis das Maahkschiff Fahrt aufnahm und im Linearraum verschwand. Dann ließ er die drei Moskito-Jets einschleusen. Schließlich nahmen die DERINGHOUSE und die HELPA ebenfalls Fahrt auf und verschwanden im Linearraum – in Richtung Vario.

2.

Die ersten fünftausend Lichtjahre wurden im Linearraum zurückgelegt, dann kehrte man in den Einsteinraum zurück, noch weitere fünftausend Lichtjahre vom Mittelpunkt des Andromedanebels entfernt. Mit einfacher Lichtgeschwindigkeit und gelegentlichen Linearflügen arbeitete man sich weiter vor, wobei beide Schiffe ständige Gefechtsbereitschaft hielten.

Immer wieder wurden Verbände der Tefroder geortet, die sich angreifenden Maahks stellten.

Reginald Bull war nach der Ruhepause in die Kommandozentrale der DERINGHOUSE zurückgekehrt. Oberst Rondo Masser hatte Dienst als Kommandant, während Stef Huberts sich ausruhte. Die ständige Gefechtsbereitschaft stellte hohe Anforderungen an die Mannschaft.

»Zwei Tage sind bald verstrichen, Oberst. Wann, glauben Sie, werden die Maahks reagieren?«

»Bald, Sir. Die Neuigkeit von dem angeblichen Industrieplaneten ist verlockend genug, sofort einen Angriff auf ihn zu starten. Sie werden einen größeren Verband zusammenziehen und Vario anfliegen. Daran kann kein Zweifel bestehen. Wichtig ist nur, dass wir dann in der Nähe sind.«

»Darum habe ich die R-10 auch übernommen. Die HELPA soll mehr im Hintergrund bleiben, wenn wir das Robotschiff starten. Uns greift so schnell niemand an. Wie weit ist es noch bis Vario?«

Oberst Masser sah auf die Skalen der Kontrolltafel.

»Zweitausenddreihundert Lichtjahre. Die Entfernung verringert sich ständig. In zwei Minuten erfolgt ein Linearflug über tausend Lichtjahre.«

Bull studierte die Sternkarten.

»Wir nehmen am besten den roten Stern hier. Entfernung von Vario vier Lichtmonate. Lässt sich mit den Ortern alles gut überwachen. Sobald die Maahks angreifen, sind wir zur Stelle. Gehen Sie bei der Sonne in Orterschutz, aber nicht zu weit. Wir dürfen nicht blind werden.

Ich habe noch eine letzte Besprechung mit den drei Mutanten und Lemy Danger. Wenn Sie mich brauchen, ich bin im Hangar bei der R-10.«

Die Korvette R-10 war startbereit.

Rakal und Tronar Woolver hatten noch einmal alles inspiziert und besonders die Energiezuleitungen überprüft.

Tako Kakuta kümmerte sich um die medizinische Einrichtung und sorgte dafür, dass die Injektionsrationen bereitlagen. Sie würden den Transitionsschock weitgehend neutralisieren. Dazu besaß die R-10 auch 5-D-Schockabsorber.

General Lemy Danger aber, zweiundzwanzig Zentimeter groß, spazierte vor dem Schirm im Hangar auf und ab, die Hände auf dem Rücken verschränkt, und achtete darauf, dass er niemand in die Quere kam.

Als er Reginald Bull sah, kletterte er auf eine Kiste und machte sich durch Winken bemerkbar.

»Wir sind bereit«, rief er, so laut er konnte.

Bull bemerkte ihn und blieb vor der Kiste stehen.

»Wo stecken die anderen?«

Lemy hielt sich die Ohren zu.

»Nicht so laut, wenn ich bitten darf. Sie haben eine Stimme, Sir, die einem glatt die Trommelfelle zerschmettert.«

»O ja, ich vergaß.« Bully flüsterte nur noch, und Lemy nahm beruhigt die Hände von den Ohren. »Die anderen sind im Schiff?«

»Sie befolgen meine Anweisungen, Sir. Alles wird zur Vorsicht noch einmal überprüft.«

»Das beruhigt mich, General. Wie fühlen Sie sich? Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass man eine Zeitreise in die Vergangenheit unternimmt. Dazu noch fünfzigtausend Jahre.«

»Danke, ausgezeichnet. Freue mich darauf. Endlich eine Gelegenheit, dass sich die HELLTIGER bewähren kann. Ich natürlich auch.«

Bull grinste und hielt einen vorübereilenden Techniker an.

»Holen Sie die drei Mutanten aus der R-10. Ich möchte mit ihnen sprechen.«

Der Techniker verschwand in dem kleinen Schiff.

»Es ist also soweit?«, erkundigte sich Lemy erfreut.

»Wir gelangen in zwei Stunden in unmittelbare Nähe von Vario. Dann kann jeden Augenblick der Einsatzbefehl erfolgen. Sobald die Maahks angreifen, ist der Moment gekommen.« Bull schüttelte sich. »Nichts für mich, wenn ich ehrlich sein soll. Aber wenn Sie durchkommen, grüßen Sie Perry Rhodan von mir, General. Sagen Sie ihm, in der Zukunft sei alles in Ordnung.«

Die Woolver-Zwillinge und Tako kletterten aus der R-10 und kamen herbei. Tako setzte sich auf die Kiste und nahm Lemy auf den Schoß. Rakal und Tronar grüßten höflich.

Reginald Bull sagte:

»Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass wir gleich in den Linearraum tauchen und uns bis an Vario heranschieben werden. Wir gehen vier Lichtmonate von der Zeitfalle entfernt in Orterschutz und warten ab. Sie müssen sich von jetzt ab in der R-10 aufhalten und dürfen das Schiff nicht mehr verlassen. Sie stehen durch Interkom ständig mit mir in der Kommandozentrale in Verbindung. So erhalten Sie auch Ihren Einsatzbefehl. Alles andere wird an Ihnen liegen, Sie handeln völlig selbständig.« Er sah sie der Reihe nach an. »Noch Fragen?«

Niemand hatte eine.

»Gut also«, sagte Bull. »Dann dürfte alles klar sein. Sie kennen Ihre Mission. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Finden Sie Rhodan in der Vergangenheit und sorgen Sie dafür, dass er den Weg in die Gegenwart findet.«

Er gab ihnen einzeln die Hand. Zu Lemy beugte er sich hinab und flüsterte:

»Wenn Sie Rhodan grüßen, vergessen Sie bitte nicht, auch meinem Freund Gucky einen Gruß zu bestellen.«

Drei Stunden später umkreisten die DERINGHOUSE und die HELPA den namenlosen Stern, vier Lichtmonate von dem blauen Überriesen entfernt, der von Vario als einzigem Planeten umlaufen wurde.

Die Ortergeräte arbeiteten auf Hochtouren. Der Raum um Vario stand unter ständiger Beobachtung.

Die Maahks griffen so plötzlich mit dreitausend Schiffen an, dass selbst die wartenden Tefroder überrascht waren. Sie hatten jedoch eine Streitmacht zusammengezogen, die jeden Durchbruchsversuch vereiteln konnte. Die Flotte der dreitausend hatte kaum eine Chance.

Dennoch – so hoffte man – würden die Tefroder die Gefahr ernst genug nehmen und die Zeitfalle aktivieren, um Schäden auf Vario durch durchbrechende Maahks zu verhindern.

Während die HELPA in der alten Position verblieb, verließ die DERINGHOUSE ihre Kreisbahn und entfernte sich von der grünen Schutzzone. Im Hangar wartete die R-10 auf den Startbefehl. Tronar und Rakal saßen in der Zentrale hinter der Steuerung. Obwohl die Korvette ein vollrobotisiertes Raumschiff war, konnte während der nun folgenden Minuten auf die Handbedienung nicht verzichtet werden. Sie hatten sich den jeweiligen Gegebenheiten innerhalb Sekunden anzupassen.

Alle trugen sie die neuen Spezialkampfanzüge. Die atomaren Regeneratoren in den Rückentornistern waren siganesische Meisterwerke. Die im Anzug untergebrachten Nahrungs- und Wasserkonzentrate reichten für drei Monate; der Luftvorrat war praktisch unbegrenzt, da er ständig erneuert wurde. Selbstverständlich verfügten die Anzüge über hochwertige Individualschutzschirme, Deflektoranlagen, Antigravprojektoren und waren flugfähig.

Tako Kakuta war ebenfalls in der Zentrale. Der Funk blieb eingeschaltet, so dass sie ständig mit Lemy Danger in Verbindung standen, der in seiner HELLTIGER saß. Der winzige »Kreuzer« lag startbereit vor der ausgeschnittenen Ladeluke der R-10. Ein Druck auf einen Kontrollknopf würde genügen, und das Schiff würde wie ein Torpedo aus seinem Versteck hervorbrechen und mit unvorstellbarer Beschleunigung davonjagen.

Rakal sah auf den Bildschirm. Er erkannte den leeren Hangar der DERINGHOUSE und die geöffnete Ausflugluke. Auf einem anderen Bildschirm war das Gesicht von Reginald Bull zu sehen. Er lächelte Rakal ermunternd zu.

Auf dem dritten Schirm schließlich war Oberst Matenbac zu erkennen.

»Wir nähern uns jetzt der Kampfzone«, sagte er, um die in der R-10 Eingeschlossenen zu informieren. »Bis jetzt hat man uns nicht bemerkt. Wir werden nicht näher herangehen, um uns nicht zu verraten. Sind Sie bereit?«

Rakal nickte.

»Wir warten, Sir.«

»Gut. Dann wünschen wir alle Ihnen viel Glück.«

Die R-10 glitt schwerelos aus dem riesigen Hangar und entfernte sich dann schnell von der DERINGHOUSE. Gleichzeitig flammte der grüne Schirm auf, der das Schiff völlig von der Außenwelt abschloss, ohne ihm und der Mannschaft die Sicht zu nehmen. Rakal orientierte sich. Die rote Sonne stand weit hinten, fast vier Lichtmonate entfernt. Unmittelbar rechts vorn in Flugrichtung flammte der blaue Überriese, das Muttergestirn Varios. Vario selbst war ein heller Lichtpunkt genau in Flugrichtung.

Tefroder und Maahks lieferten sich eine erbitterte Raumschlacht. Rakal schüttelte den Kopf. Wie Tronar und Tako war er der Meinung, dass alle diese verschwendeten Energien einem besseren Zweck dienen könnten. Wer immer da auch starb, es waren intelligente Lebewesen, ob sie nun wie Menschen aussahen oder nicht.

Mit Bedauern entsann er sich, dass diese Schlacht das Werk terranischer Taktik war. Sie war durch einen Trick herbeigeführt worden, um vier Menschen den Sturz in die Vergangenheit zu ermöglichen. Vielleicht hätte sie früher oder später ohnehin stattgefunden, auch ohne die Vermittlung der Terraner, aber das Schuldgefühl in Rakal blieb.

Niemand achtete auf die R-10, die sich langsam an das Geschehen heranschob.

Die Tefroder griffen mit unvorstellbarer Wucht an, ohne auf die eigenen Verluste zu achten. Sie rissen Lücken in die Reihen der Maahks, stießen hinein und verbreiteten dort im Verband des Gegners grenzenlose Vernichtung. Kleine Sonnen blitzten auf und erloschen wieder. Dort, wo sie entstanden, gab es danach keine Schiffe mehr.

»Bald werden sie uns entdecken«, flüsterte Tronar beunruhigt. »Wir können nicht ewig hier warten.«

»Wir müssen. Wenn wir allein in Richtung Vario weiterfliegen, fallen wir erst recht auf. Warten wir, bis einige der Maahks ausbrechen und versuchen, Vario anzugreifen. Erst zu diesem Zeitpunkt wird der Zeittransmitter aktiviert werden, um die Angreifer – und uns – einzufangen.«

Fast sah es so aus, als würde keinem einzigen Schiff der Maahks der Durchbruch gelingen, aber dann sonderten sich plötzlich sieben der schwarzen Walzen ab und beschleunigten mit höchsten Werten. Sie rasten in Richtung Vario davon, ohne sich um etwaige Verfolger zu kümmern. Die Kommandanten mussten den Befehl erhalten haben, sich zu opfern und dabei Vario zu vernichten.

Rakal wusste, dass er diese wahrscheinlich einzige Chance nicht verpassen durfte.

Er flog hinter den sieben Schiffen her, hielt aber genügend Abstand, um Feindberührung zu vermeiden.

Vario wurde schnell größer.

Diesmal war seine gesamte Oberfläche scheinbar von riesigen Waldflächen bedeckt, nur durch gelegentliche Höhenzüge unterbrochen. Rakal wusste, dass das eine Täuschung war, ein Teil der Falle. Und die Maahks mussten annehmen, dass unter der Waldtarnung die gesuchten Angriffsziele lagen, die Industriewerke und Waffenfabriken.

Aber noch ehe sie ihre Bomben abwerfen konnten, trat die Zeitfalle erwartungsgemäß in Aktion.

Als erstes veränderte Vario den Anblick seiner Oberfläche. Die Wälder und Gebirge verschwanden und machten der toten Wüste Platz. Dann flammten zwei ultrablau schimmernde Energiebahnen auf – jede von ihnen fünfhundert Kilometer dick – und vereinigten sich mit dem blauen Überriesen, der Sonne. Die Bahnen zapften die benötigte Energie für die beabsichtigte Zeitversetzung direkt von dem Stern ab.

Die Maahkschiffe zögerten. Noch ahnten sie nicht, was ihnen bevorstand.

Rakal und seine Freunde wussten es.

Sekunden später floss die Sonnenenergie in die Maschinenanlagen unter der Oberfläche Varios. Der Traktorstrahl glomm auf und erfasste die acht Schiffe. Unaufhaltsam zog er sie auf den Planeten zu und hüllte sie gleichzeitig in ein Energiefeld. Wenn die Maahks jetzt ihre Robotbomben losschickten, würden sie sich selbst damit vernichten.

Sie verzichteten darauf.

»Es ist soweit«, sagte Rakal. »Tako, bereiten Sie die Injektionen vor. Später ist vielleicht keine Gelegenheit mehr dazu.«

»Alles fertig«, erklärte der Japaner.

»Lemy?«

»Ja, Rakal?«

»Beunruhigen Sie sich nicht. Sie können alles beobachten, was geschieht, vielleicht noch besser als wir auf den Bildschirmen. Wenn Sie längere Zeit nichts von uns hören, so denken Sie sich nichts dabei. Haben Sie die Injektion ebenfalls vorbereitet?«

»Die Spritze liegt griffbereit neben mir.«

»Warten Sie aber ab, bis das Kommando dazu kommt, sonst hat sie im entscheidenden Augenblick ihre Wirkung verloren. Wir wissen nicht, wie lange der Vorgang der Versetzung diesmal dauert. Es können Stunden sein.«

»Alles klar, Rakal. Ich warte ab. Was immer auch geschieht.«

»Gut, Lemy. Dann passen Sie jetzt auf. Das erleben Sie nur einmal, was jetzt kommt.«

Etwa tausend Meter über der Oberfläche von Vario hielt die Energieblase mit den acht Schiffen an. Dicht über dem Horizont flammte der Riesenstern Big Blue. Seine Leuchtkraft schien stärker geworden zu sein, aber es waren nur die beiden Energiebahnen, die sich auf dem Weg zu ihm vereinigten.

Dann, von einer Sekunde zu anderen, lief die Szene rund um die Betrachter in der R-10 wie ein rückwärtsspulender Film ab.

Der Sturz in die Vergangenheit hatte begonnen ...

Rakal, Tronar und Tako überwachten die Bildschirme, auf denen sich farbige Muster zu formen begannen und allmählich Gestalt annahmen. Mit vielfach überhöhter Geschwindigkeit rasten draußen außerhalb des Schiffes die Geschehnisse vorbei – rückwärts.

Die kaum erkennbare Oberfläche von Vario bewegte sich wie das stürmische Wasser eines Meeres, wie Schatten landeten und starteten riesige Raumflotten. Die Konstellationen am Himmel verschoben sich deutlich sichtbar und veränderten sich.

Rakal schaltete den Robotpiloten ein und stand auf.

»Wir müssen uns auf die Transitionen vorbereiten«, sagte er. »Sie erfolgen in schneller Folge, sobald wir die Vergangenheit erreicht haben. Ohne die Injektionen sind wir verloren. Wir legen uns am besten auf die Andruckliegen; von dort aus lassen sich auch die Bildschirme gut beobachten. Wenn wir über Kahalo herauskommen, werden wir sofort handeln müssen. Die Lemurer werden rücksichtslos angreifen.«

Wortlos legten sich Tronar und Tako hin, nachdem der Japaner die Injektionen verabreicht hatte. Auch Lemy in seiner HELLTIGER gab sich die Spritze.

Noch war auf den Bildschirmen keine Veränderung zu sehen. Noch immer raste die Zeit vorbei, und die R-10 stürzte mit den sieben Maahkschiffen immer weiter in die Vergangenheit hinein. Sicher wussten die Maahks nicht, was mit ihnen geschah, aber Rhodan und seinen Leuten war es ja auch nicht besser ergangen.

Dann wurden die Bewegungen langsamer, und die Bilder gewannen allmählich an Schärfe.

»Gleich ist es soweit«, erklärte Rakal und entspannte sich. »Jeden Augenblick muss nun der Vario-Situationstransmitter erscheinen.«

Sie brauchten nicht lange zu warten.

Über Vario erschien am Himmel ein rötlich schimmernder Ring von etwa einer Million Kilometer Durchmesser. Die R-10 und die sieben Schiffe der Maahks wurden gleichzeitig von einer gewaltigen Schubkraft abgestoßen und rasten auf den Ring zu.

Die Injektionen begannen zu wirken. Rakal, Tronar, Tako und Lemy Danger fielen in tiefe Narkose. Ihre Sinne waren ausgeschaltet. Sie sahen nicht mehr, wie die R-10 in den Transmitterring hineinraste und entmaterialisiert wurde. Da die Injektionen so dosiert waren, dass erst nach der abschließenden Rematerialisierung über Kahalo die Narkose aufgehoben wurde, sahen sie auch nicht, wie die R-10 nach der Wiederverstofflichung im Zentrum Andromedas auf die sechs blauen Riesensonnen zuflog, um kurz darauf, mitsamt den sieben Maahkschiffen, vom Transmissionsfeld des Androsechsecks erfasst und in die Milchstraße abgestrahlt zu werden, wo sie vom galaktischen Sonnensechseck sofort nach Kahalo weitertransportiert wurden und im Ballungsfeld der sechs Pyramiden rematerialisierten.

Die Wirkung der Injektionen ließ nach. Benommen fuhr Rakal auf. Neben ihm begannen sich seine Begleiter zu rühren. Rakal sprang von der Liege.

Mit einem Satz war er hinter den Kontrollen. Er hatte die lemurische Abfangflotte erkannt, die sich mit aufblitzenden Geschützen auf den erwarteten Gegner stürzte.

Der grüne HÜ-Schutzschirm verhinderte den sofortigen Abschuss der R-10.

Sie begannen, das Feuer der Lemurer zu erwidern. An ihrer Seite kämpften die ratlosen Maahks ihren letzten Kampf.

Auf den Bildschirmen waren die schemenhaften Umrisse ihrer sieben Schiffe zu sehen. Die Besatzungen waren vermutlich zum größten Teil nicht mehr am Leben. Der Transmitterschock über die ungeheure Entfernung von 2,2 Millionen Lichtjahren dürfte die Maahks völlig überrascht haben. Falls sie Absorbervorrichtungen besaßen, war es fraglich, ob sie diese rechtzeitig aktivieren konnten.

3.

Die Flotte des lemurischen Admirals Hakhat bestand aus kugelförmigen Schlachtraumern mit einem Höchstdurchmesser von eintausendachthundert Metern. Frasbur hatte ihm mitgeteilt, dass es einigen Schiffen eines feindlichen, fremden Volkes gelungen sei, in den Transmitter einzudringen. Sie müssten jeden Augenblick über Kahalo rematerialisieren.

Der Befehl lautete, sie zu vernichten.

Admiral Hakhat gab seine Anordnungen.

Von allen Seiten kamen die Verbände herbei und bezogen ihre Stellungen. Die Abwehrlinie staffelte sich bis zu einer Tiefe von zehn Lichtjahren.

Frasbur hatte keine genaue Zahl genannt. Es konnten nur fünf, aber es konnten auch fünfhundert Schiffe sein, die man erwartete.

Es waren acht.

Sie erschienen, wie vorausgesagt, über den sechs Pyramiden des Planeten Kahalo.

Hakhat befahl den Angriff.

Die sieben schwarzen Raumschiffe wurden eine leichte Beute der Lemurer. Innerhalb weniger Minuten wurden sie vernichtet.

Nur das achte Schiff, ein Kugelraumer mit lächerlichem Durchmesser von sechzig Metern, entkam. Wenigstens vorerst.

Kein Wunder, denn noch saß Rakal Woolver hinter den Kontrollen.

Der Mutant hatte den massiven Angriff erwartet. Er beschleunigte mit irrsinnigen Werten und durchbrach die Front der Lemurer. Unaufhörlich feuerten die Bordgeschütze auf jedes sich nähernde Objekt.

Bisher war alles nach Plan gelaufen. Nun kam es darauf an, das Unternehmen erfolgreich abzuschließen. Der Plan sah vor, dass die Woolver-Zwillinge und Tako Kakuta unbemerkt nach Kahalo gelangen sollten und Lemy Danger mit seiner HELLTIGER Redpoint anflog. Die R-10, so stand von Anfang an fest, würde dem Angriff der Lemurer zum Opfer fallen. Auf diese Weise würde niemand Verdacht schöpfen. Sowohl Hakhat als auch Frasbur mussten zu der Ansicht gelangen, dass alle Eindringlinge den Tod gefunden hatten. Nur so war gewährleistet, dass Frasbur in Sicherheit gewiegt wurde, so dass es Kakuta und den beiden Wellensprintern erleichtert wurde, an ihn heranzukommen.

Die Mutanten waren bereit. Kakuta starrte angestrengt auf den Panoramabildschirm, wo ein kleiner Ausschnitt der Planetenoberfläche zu erkennen war. Er schien sich einen geeigneten Rematerialisierungspunkt auszusuchen.

Rakal wollte soeben den Hypersender des Schiffes aktivieren, um mit seinem Bruder auf einem Funkstrahl nach Kahalo zu gelangen, als plötzlich ein schwerer Schlag die R-10 erschütterte und die drei Menschen aus dem Gleichgewicht brachte.

Tako fuhr herum und blickte auf die Kontrollen. Der grüne Schutzschirm war unter der Belastung von Dutzenden Strahlenschüssen zusammengebrochen.

Im Wulstring explodierten einige der Triebwerke.

»Springen!«, brüllte Tronar und nahm seinen Bruder bei der Hand. »Ein Energiestrahl – egal, was es ist. Sonst sind wir verloren!«

Tako hatte es einfacher.

Er benötigte kein Hilfsmittel. Er teleportierte in der gleichen Sekunde, in der die R-10 endgültig detonierte.

Dann waren sie alle – Rakal, Tronar und Tako – spurlos verschwunden.

Einem taumelnden Metallsplitter gleich wurde die HELLTIGER aus der Luke gerissen und in den Raum geschleudert.

Als Lemy das Bewusstsein wiedererlangte, trieb er unbeachtet zwischen den riesigen Schiffen der Lemurer hindurch den Sternen entgegen.

Es war sein Glück, dass man die HELLTIGER als Trümmerstück getarnt hatte.

4.

Als das Schiff explodierte, teleportierte Tako Kakuta blind. Da er einen Spezialkampfanzug trug, war das kein Risiko. Er materialisierte mitten im Raum, viele Lichtsekunden von den Schiffen der Lemurer entfernt.

Unter ihm schwebte Kahalo, der Justierungsplanet. Unter den Pyramiden war die Memohalle, in der sich der Zeitagent Frasbur verborgen hielt.

Tako ließ sich einfach fallen.

Die Schwerkraft des Planeten zog ihn an, und der Teleporter stürzte immer schneller. Er war ein winziger Punkt in der Unendlichkeit und kaum zu orten.

Ihm blieben einige Minuten, sich Gedanken um seine Freunde zu machen. Die Zwillinge würden sich auch in Sicherheit gebracht haben, was aber war mit Lemy geschehen?

Hoffentlich war er bereits auf dem Weg zur CREST.

Und Rhodan würde bald Hilfe entsenden.

Aus den Augenwinkeln heraus sah Tako ein Aufblitzen. Mehrere Schiffe der Lemurer kamen in eng gestaffelter Formation auf ihn zu, schwenkten dann aber ab und gingen in eine Landebahn um den Planeten. Tako fiel weiter.

Das Problem war, Rakal und Tronar wiederzufinden. Die Zwillinge mussten den erstbesten Impuls dazu benutzt haben, sich in Sicherheit zu bringen. Vielleicht einen Funkstrahl, vielleicht aber auch das Energiebündel eines Strahlgeschützes. Es war vereinbart, dass man sich auf Kahalo traf, vielleicht irgendwo in der Memohalle, die genug Verstecke bot und ja auch nicht nur aus einem einzigen Raum bestand.

Als Tako die obersten Schichten der Atmosphäre erreichte, schaltete er den Individualschirm ein, um vor der Reibungshitze geschützt zu sein. Er ließ sich noch immer fallen und beobachtete dabei das, was unter ihm lag.

Die sechs Pyramiden waren deutlich zu erkennen. Sie erzeugten das Materialisationsfeld über dem Planeten. In ihm verstofflichten sich alle Gegenstände, die vom Sonnensechseck hierher abgestrahlt wurden.

Und unter den Pyramiden lag die Memohalle.

Auf dem Raumfeld herrschte ungewöhnlicher Betrieb. Schwere Lastenfahrzeuge rollten auf den Transportbahnen zu den Schiffen und versorgten sie mit Nachschubgütern. Abseits standen die Kampfgeschwader der Lemurer und warteten auf ihren Einsatzbefehl. Es war klar ersichtlich, dass Hakhat fest entschlossen war, Kahalo gegen jeden Angriff zu verteidigen. Wenn Kahalo verlorenging, wurde den Lemurern die letzte Rückzugsmöglichkeit abgeschnitten.

Im letzten Augenblick teleportierte Tako in das etwa zwanzig Kilometer von den Pyramiden entfernte Gebirge und rematerialisierte auf einem der Gipfel. Er sah die Stadt in der Ebene vor sich liegen und erkannte den schimmernden Widerschein Tausender von Raumschiffen auf dem Landefeld. In der Luft zogen die Geschwader dahin, aber ihre Orter registrierten Tako nicht, denn er hatte den Schutzschirm längst abgeschaltet. Seine Ausstrahlung hätte ihn verraten. Aber das Risiko würde er auch dann eingehen, wenn er das Flugaggregat oder den Deflektor einschaltete, der ihn unsichtbar machte.

Eine Staffel kleiner Jäger raste in geringer Höhe über das Gebirge dahin. Tako duckte sich unwillkürlich, obwohl er nicht damit rechnete, gesehen zu werden. Sie verschwanden in Richtung der Stadt.

Tako schaltete den Minikom ein und versuchte, dem Helmlautsprecher einen Ton zu entlocken. Aber alles blieb still. Wenn die Zwillinge irgendwo auf diesem Planeten waren, musste er sie empfangen können. Es war natürlich möglich, dass sie in ihrer augenblicklichen Lage keinen noch so kurzen Funkverkehr wagen konnten. Es gab empfindliche Geräte, die auch die geringfügigste Ausstrahlung sofort registrierten und orteten.

Tako blieb keine andere Wahl, als hier im Gebirge zu warten und den Minikom auf Empfang zu halten.

Das bedeutete kein Risiko. Außerdem würde er sofort Verbindung mit den Zwillingen aufnehmen können, wenn sie sich meldeten.

Tako untersuchte seine nähere Umgebung und fand in einem steilen Felshang, der Stadt zugewandt, eine kleine Höhle. Sie war nicht gerade sehr geräumig, bot aber Schutz gegen Sicht von oben. Er rollte einen Stein in die Mitte und ließ sich darauf nieder. Im Augenblick fühlte er sich verhältnismäßig sicher, aber die Sorge um die Zwillinge und vor allen Dingen um Lemy ließ ihn nicht zur Ruhe kommen.

Aber er konnte jetzt nichts tun.

Aus den Vorratstaschen kramte er Konzentrate und Wassertabletten hervor und stillte seinen ärgsten Hunger. Dann rollte er den Stein mehr zur Felswand hin und machte es sich zum Schlafen bequem. Da es kühl wurde, schaltete er die Heizung seines Anzuges ein. Den Empfänger des Minikoms schaltete er auf größte Lautstärke. Wenn einer der Zwillinge sich auf der vereinbarten Welle meldete, würde das unüberhörbar sein.

Sekundenbruchteile bevor die R-10 explodierte, hatten sich Rakal und Tronar Woolver in das Energiebündel des letzten Strahlschusses ihres Schiffes eingefädelt und waren mitten im Weltraum materialisiert. Danach hatten sie sich vorsichtig nach Kahalo herangetastet. Ihre Helmminikoms waren ständig auf Empfang geschaltet und suchten die verschiedenen, von den Lemurern verwendeten Frequenzen ab. Es dauerte eine geraume Zeit, bis sie glaubten, eine geeignete Funkstation auf dem Planeten ausfindig gemacht zu haben, von der sie hofften, dass sie dort unbemerkt eindringen konnten.

Schließlich war es soweit. Sie justierten ihre Funkgeräte, aktivierten die Sender und fädelten sich in die von ihnen ausgehenden Funkwellen ein.

Sie materialisierten in einem kleinen Raum. Als ihre Sinne wieder arbeiteten, blickten sie sich um. Außer ihnen hielt sich niemand in dem Raum auf. Offensichtlich handelte es sich um eine vollautomatisch arbeitende Sende- und Empfangsanlage.

»Da wären wir«, sagte Rakal erleichtert, nachdem sie ihre Helme geöffnet hatten. »Fragt sich nur, wie lange es uns gelingt, unentdeckt zu bleiben.«

Sie untersuchten flüchtig den kleinen Raum, konnten jedoch nichts entdecken, was ihnen gefährlich werden konnte.

»Wo mag nur Tako stecken?«, fragte Rakal nach einigen Minuten nachdenklich.

»Warum versuchen wir nicht, mit den Minikoms Verbindung mit ihm aufzunehmen?«, bemerkte Tronar.

Rakal nickte. »Aber wir müssen dabei vorsichtig sein. Wenn wir zu lange herumfunken, werden wir schnell entdeckt.«

Tronar zuckte die Achseln.

»Dieses Risiko müssen wir eingehen. Schließlich können wir nicht ewig hier bleiben. Wir müssen handeln – und das ziemlich rasch.«

Rakal wusste, dass sein Bruder recht hatte, deshalb aktivierte er seinen Helmsender und begann auf der mit Tako vereinbarten Frequenz zu funken. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann meldete sich der Teleporter.

»Himmel, seid ihr laut! Dabei habe ich so schön geschlafen.«

»Wo stecken Sie denn?«

»Keine Ahnung. Und Sie?«

»Im Gebirge, etwa zwanzig Kilometer vor der Stadt. Habe eine Höhle gefunden. Bisschen kalt, aber sonst ganz gemütlich. Von hier aus können wir gut operieren, denke ich.«

»Gut, wir kommen zu Ihnen. Schalten Sie bloß nicht ab!«

»Werde mich hüten. Sonst würdet ihr ja in der Luft hängen.«

Tako wartete, dann hörte er plötzlich hinter sich ein Geräusch. Er drehte sich um und sah Rakal und Tronar, aus seinem Funkgerät materialisiert.

»Glücklich vereint«, sagte Tako. »Bis auf Lemy«, fügte er sorgenvoll hinzu.

»Lemy wird schon auf dem Weg zur CREST sein«, beruhigte ihn Rakal. »Ich glaube, wir können nun daran denken, mit der Durchführung unseres Auftrags zu beginnen. Wir sollen den Zeitagenten Frasbur fangen und notfalls unschädlich machen.«

»Gut. Und wenn wir ihn gefangen haben«, sagte Tako Kakuta, »bringen wir ihn hier in die Höhle und warten ab, was weiter geschieht.«

»Das einfachste wird sein, wenn Sie mit uns in die Memohalle teleportieren«, meinte Rakal Woolver. »Von unserem letzten Aufenthalt auf Kahalo wissen wir, dass Frasbur eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen errichtet hatte, mit denen wir unliebsame Bekanntschaft gemacht haben. Wir wissen nicht, wie es jetzt um diese Sicherheitseinrichtungen bestellt ist. Möglicherweise existieren sie noch immer. Dennoch müssen wir das Wagnis eingehen.«

»Wir haben keine Zeit zu verlieren«, sagte der Teleporter. »Niemand von uns weiß, wann Lemy die CREST erreicht. Das kann in wenigen Stunden sein, kann aber auch Tage dauern. Und niemand von uns weiß, wann Rhodan uns Unterstützung schickt.«

Die Zwillinge nickten. Sie stellten den notwendigen Körperkontakt zu Kakuta her.

Tako konzentrierte sich auf die zwanzig Kilometer entfernten Pyramiden, ehe sein Blick zu der Stelle ging, an der die Memohalle sein musste. Es bestand keine Gefahr, selbst wenn er sich verschätzte und im Gestein materialisierte. Er würde mit seinen beiden Kameraden einfach an den Ausgangspunkt der Teleportation zurückgeschleudert werden. Ein wenig schmerzhaft, aber ungefährlich.

Dann sprang er.

Sie hatten Glück. Sie verstofflichten dicht unter der Decke einer weiten und dämmerigen Halle und fielen lediglich drei Meter in die Tiefe. Tronar ließ los und überschlug sich. Sofort aber war er wieder auf den Beinen und sah sich blitzschnell nach allen Seiten um. Er konnte nur das feststellen, was die anderen auch schon bemerkt hatten.

Die Halle war leer.

Aber es war jene Halle, die ihm und Rakal als Memohalle bekannt war.

Sämtliche Geräte waren abmontiert und fortgebracht worden. Nichts war geblieben, außer den kahlen Wänden und einigen verborgenen Beleuchtungskörpern. Die Spuren des plötzlichen Aufbruchs waren nicht beseitigt worden. Auf dem Boden lagen zerbrochene Ersatzteile herum. Ein beschädigter Sessel stand in einer Ecke.

»Da kommen wir zu spät«, konstatierte Tako enttäuscht. »Frasbur ist geflohen. Wie sollen wir ihn wiederfinden?«

Tronar ging in der Halle umher und fand die Tür. Sie ließ sich öffnen. Dahinter lag ein weiterer Raum, ebenfalls leer und verlassen.

Die gesamte Memohalle existierte nur noch als Fragment.

Takos Einschätzung entsprach der Wahrheit – und doch ahnten die drei Mutanten noch nicht, dass sie nur einen Teil dieser Wahrheit erkannt hatten und soeben in eine Falle des Zeitagenten getappt waren.

Frasbur hatte neue Anweisungen erhalten und daraufhin die Memohalle geräumt. Des weiteren hatte er die bisher gebräuchliche Strategie gegenüber terranischen Mutanten grundlegend geändert. Von den bisher verwendeten Fallensystemen, die sich letztlich als unwirksam erwiesen hatten, war nichts mehr übriggeblieben. Er hatte neue Methoden ersonnen. Er wusste inzwischen, dass jene beiden, die ihm damals entwischt waren, noch lebten. Dies hatte ihn zwar überrascht, denn er hatte damit gerechnet, dass der Meister, auf dessen Schiff sie geflohen waren, sie liquidieren würde. Aber er hatte keine Fragen gestellt. Er wusste nur, dass die beiden Mutanten dem Maghan entkommen waren und möglicherweise irgendwann zurückkehren würden.

Frasbur hatte sich darauf vorbereitet und eine neue Falle errichtet, aus der es kein Entkommen gab. Er brauchte nur noch zu warten, bis diese Falle zuschnappte.

Lemy Dangers Bericht näherte sich seinem Ende.

»Der Rest ist schnell erzählt. Nachdem es Tronar und Rakal gelungen war, von hier aus nach Andromeda und in die Zukunft zu gelangen, musste es den umgekehrten Weg auch geben. Also ließen wir uns freiwillig von der Zeitfalle Vario im Andromedanebel einfangen und in die Vergangenheit schleudern. Über Kahalo verloren wir uns, aber ich bin sicher, dass die Wellensprinter und Tako wohlbehalten dort angelangt sind. Vielleicht haben sie sogar Frasbur schon gefangen und warten nur darauf, abgeholt zu werden.«

Der Bericht des Siganesen war aufschlussreich gewesen und hatte Perry Rhodan und seine Freunde beruhigt. Reginald Bull hatte die Situation in der Realzeit im Griff. Die Nachricht vom Tod eines Meisters der Insel hingegen hatte nachhaltigen Eindruck hinterlassen und zu wilden Spekulationen geführt, die aber allesamt keine befriedigende Lösung boten.

Generalmajor Lemy Danger stand vor Perry Rhodan auf dem Tisch. Er trug seinen Einsatzanzug und hatte nur den kleinen Helm geöffnet. Niemand hatte ihn dazu bewegen können, eine bequemere Kleidung anzulegen.

Neben Rhodan saß der Riese Melbar Kasom, Lemys spezieller Freund. Er stammte vom Planeten Ertrus im Kreit-System und war ebenfalls ein umweltangepasster Terraner. Da auf Ertrus eine Schwerkraft von 3,4 Gravos herrschte, wog Kasom an die sechzehn Zentner und war ein Gigant, gegen den der ohnehin kleine Lemy wie eine Mücke wirkte.

Neben Kasom hockte Gucky mit verschränkten Beinen auf dem Stuhl und machte ein undurchdringliches Gesicht. Das Getue um den Zwerg Lemy ging ihm allmählich auf die Nerven. Der wurde ja seiner Meinung nach behandelt, als habe er die CREST bereits eigenhändig in die Gegenwart zurückgeholt. Dabei lag das Schwierigste ja noch vor ihnen. Dabei würden sie ihn, Gucky, schon noch brauchen!

Noch weitere Offiziere und leitende Persönlichkeiten waren anwesend, aber sie spielten in den folgenden Ereignissen keine besondere Rolle. Nur Major Redhorse, der Chef des Landungskommandos, sollte nicht unerwähnt bleiben. Er war es, der später mit von der Partie war. Redhorse war indianischer Abstammung, hatte blauschimmerndes Haar, war einsneunzig groß und galt als Draufgänger.

»Na, da gehen wir doch los!«, piepste Gucky und klopfte mit der Faust auf den Tisch. »Wenn die auf uns warten – worauf warten dann wir?«

Rhodan sah ihn ernst an.

»Wir warten nicht lange, Kleiner. Die Zwillinge und Tako sind in großer Gefahr, glaube ich. Wir wollen nicht vergessen, dass Frasbur nicht unterschätzt werden darf. Er ist ein Tefroder der Realzeit. Er kehrte auf Befehl der Meister in die Vergangenheit zurück, um die Geschehnisse hier nach ihrem Willen zu beeinflussen. Er weiß, dass wir uns nicht geschlagen geben. Er wird seine Vorbereitungen getroffen haben, und ich kann nur hoffen, dass die drei Mutanten daran denken, wenn sie ihn angreifen.«

»Es bedarf hoffentlich keiner Erwähnung«, sagte Lemy Danger mit seiner hellen Stimme, »dass ich bei dem Einsatz dabei bin. Schließlich kenne ich die Lage am besten.«

»Ich komme natürlich ebenfalls mit!«, schrillte Gucky.

Lemy grinste.

»Ich habe nichts dagegen, wenn Rhodan auch einverstanden ist.« Er sah Perry Rhodan an. »Richtig?«

Kasom und Redhorse hoben ihre Hände.

»Wir melden uns freiwillig.«

Perry Rhodan hatte sich zurückgelehnt und nicht in die Debatte eingegriffen. Er beugte sich wieder vor und gab Lemys Blick zurück.