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Das Intelligenz-Suchkommando auf dem Trainingsplaneten - die erste Bewährungsprobe beginnt Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man Anfang April des Jahres 3442. Für Perry Rhodan und die von der galaxisweiten Verdummung nicht oder nicht mehr betroffenen Terraner - ihre Schar, obwohl inzwischen auf mehrere Tausende angewachsen, ist im Vergleich zu den vielen Milliarden Betroffenen verschwindend gering - bietet sich eine Fülle von wichtigen Aufgaben, die sich wegen akuten Mangels an qualifizierten Kräften kaum bewältigen lassen. Sie suchen nach Mitteln und Wegen, den Schwarm auf seinem unheilvollen Vordringen in die Galaxis aufzuhalten; sie versuchen, die Not auf der Erde und anderen besiedelten Welten zu lindern; sie kümmern sich um das "Heimliche Imperium", dessen Existenz in gewisser Weise eine zusätzliche Bedrohung darzustellen scheint; und sie versuchen, alle noch nicht erfassten intelligenten Kräfte der Galaxis zu mobilisieren. Die letztere Aufgabe wird sabotiert durch DIE ALTE VON USTRAC ...
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Nr. 532
Die Alte von USTRAC
Das Intelligenz-Suchkommando auf den Trainingsplaneten – die erste Bewährungsprobe beginnt
von KURT MAHR
Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man Anfang April des Jahres 3442.
Für Perry Rhodan und die von der galaxisweiten Verdummung nicht oder nicht mehr betroffenen Terraner – ihre Schar, obwohl inzwischen auf mehrere Tausende angewachsen, ist im Vergleich zu den vielen Milliarden Betroffenen verschwindend gering – bietet sich eine Fülle von wichtigen Aufgaben, die sich wegen akuten Mangels an qualifizierten Kräften kaum bewältigen lassen.
Sie suchen nach Mitteln und Wegen, den Schwarm auf seinem unheilvollen Vordringen in die Galaxis aufzuhalten; sie versuchen, die Not auf der Erde und anderen besiedelten Welten zu lindern; sie kümmern sich um das »Heimliche Imperium«, dessen Existenz in gewisser Weise eine zusätzliche Bedrohung darzustellen scheint; und sie versuchen, alle noch nicht erfassten intelligenten Kräfte der Galaxis zu mobilisieren.
Die Hauptpersonen des Romans
Cheborparczete Faynybret – Leiter des neugegründeten Intelligenz-Suchkommandos.
Orin Ellsmere – Faynybrets Adjutant.
Robert C. Hollingsworth und King Pollack – Major Ellsmeres Mitarbeiter.
Frociwen MynCahit – Chef des USO-Trainingsplaneten USTRAC.
Major Bannerman
1.
Eine Begegnung mit Beelzebub ist nicht jedermanns Sache.
Als Vern Lanier, Spezialist Erster Klasse, die zwei Meter hohe, haarige Gestalt mit Hörnern und rotglühenden Augen unter der Lichtbrücke des Transmitterausgangs hervortreten sah, schoss er von seinem Sitz hinter dem Schaltpult kerzengerade in die Höhe. Stotternd sprudelten ihm die Worte aus dem Mund: »Wer ... wer s-sind Sie ...?!«
Die gehörnte Gestalt hob den rechten Arm zu einer Geste des Friedens, die Vern Lanier jedoch völlig missverstand. Die Nerven gingen mit ihm durch. Mit einem halb erstickten Schrei warf er sich herum und rannte davon. Er war auf eine Antwort nicht mehr neugierig. Nur fort wollte er – so weit fort wie möglich! Mit einem mächtigen Satz schwang er sich auf eines der Laufbänder, die von der Transmitterzentrale zum Hauptquartier führten. Der Sprung war schlecht berechnet. Lanier verlor den Halt, stürzte vornüber und kam auf allen vieren zu liegen. Blitzschnell warf er sich herum und rollte auf das nächstschnellere Band. Er hob den Kopf und warf einen vorsichtigen Blick in Richtung des Transmitters. Der Gehörnte stand immer noch vor der Lichtbrücke. Er hatte die Arme in die Seite gestemmt, den Kopf in den Nacken geworfen und lachte.
Ein teuflisches, meckerndes Lachen, das Vern Lanier das Blut in den Adern gefrieren ließ. Er barg den Kopf unter den Armen und glitt, auf dem Bauch liegend, in die schützende Dunkelheit des Laufbandtunnels.
Der Gehörnte ließ seiner Heiterkeit freien Lauf. Er war es gewöhnt, auf solche Weise empfangen zu werden. Aus einer Tasche auf der linken Seite seiner Montur schob sich die Gestalt eines winzigen, humanoiden Wesens. Erst machte es sich auf der Taschenklappe bequem und sah amüsiert dem rasch entschwindenden Transmitterwärter nach.
»Ich bin gespannt, welche Geschichte er seinen Leuten erzählen wird«, sagte der Kleine.
»Die übliche, Mortom«, amüsierte sich der Gehörnte. »Die Leute entwickeln nicht sonderlich viel Phantasie, wenn es sich um mich dreht.«
Er wandte sich um, als es unter der Lichtbrücke von neuem lebendig zu werden begann. Er nickte zufrieden, als er seinen Adjutanten Orin Ellsmere unter den ersten materialisieren sah. Ellsmere übernahm sofort die Organisation der Eintreffenden. Die Transmitterhalle war groß genug, um sie alle zu fassen. Ellsmere dirigierte sie nach rechts in die Nähe des Tunneleingangs, durch den die breite Straße der Laufbänder verschwand. Vierhundert Männer und Frauen, die Elite der menschlichen Intelligenz, auf einer Mission, von der der Fortbestand aller galaktischen Zivilisationen abhängen mochte.
Der Gehörnte schritt inzwischen auf das Hauptschaltpult zu, das Vern Lanier so schmählich im Stich gelassen hatte. Aus den drei großen Nasenöffnungen über seinem Mund schossen schlanke, bewegliche, zungenähnliche Gebilde, jedes am vorderen Ende mit zierlichen, tentakelartigen Greiffasern versehen. Als Ellsmere das vereinbarte Zeichen gab, ergriffen die Zungen drei Knöpfe und drehten sie, bis die Serie der Hauptkontrollleuchten erlosch. Das helle Summen, das bislang die Halle erfüllt hatte, erstarb. Der Transportvorgang war abgeschlossen, der Transmitter desaktiviert.
Orin Ellsmere kam auf den Gehörnten zu.
»Alle vollzählig, CheF«, meldete er. »Es gab keine Zwischenfälle. Ich schlage vor, wir bewegen uns unverzüglich weiter in Richtung Hauptquartier.«
Ellsmere war Terraner, etwa einen Meter achtzig groß und kräftig gebaut. Trotzdem wirkte er neben dem Mann, den er CheF genannt hatte, fast zierlich. Der Gehörnte wandte den Kopf in Richtung des Bandtunnels und schien eine Weile zu lauschen.
»Ich möchte vorsichtig vorgehen«, antwortete er auf den Vorschlag des Adjutanten. »Wir kennen die Verhältnisse auf USTRAC nicht, und wenn alle so reagieren wie der Mann, der dieses Schaltpult bediente, dann könnten wir durch allzu rasches Vorgehen zusätzliche Schwierigkeiten erzeugen.«
Orin Ellsmere grinste ein wenig respektlos. Er kannte seinen Vorgesetzten und wusste, dass es ihm von Zeit zu Zeit Vergnügen bereitete, seine Erscheinung auf Menschen terranischer Herkunft so wirken zu lassen, wie seine Vorfahren vor mehr als zweitausend Jahren bei gelegentlichen Landungen auf der Erde auf die Menschen des Mittelalters gewirkt hatten.
»Im Dienste der interstellaren Diplomatie«, erbot sich Ellsmere, »stelle ich mich zur Verfügung, den ersten Kontakt mit den Hiesigen herzustellen. Ich werde ihnen normal genug erscheinen.«
Der CheF hob warnend die Hand. Aus der linken Hälfte des Bandtunnels, in der die ankommenden Bänder untergebracht waren, ertönten Geräusche.
»Ich glaube, wir brauchen uns nicht zu bemühen«, wies der Gehörnte Ellsmeres Angebot zurück. »Man kommt schon, um nach uns zu sehen.«
*
Nach Luft schnappend, vor Angst halb von Sinnen, stürmte Vern Lanier ins erste Büro am Ende der Bandstraße. Hinter einem Schalttisch erhob sich verwundert ein junger Leutnant.
»Was ist mit Ihnen los, Mann?«
»Der Teufel!«, gurgelte Lanier. »Der Satan höchstpersönlich ...«
Der Leutnant lächelte verächtlich.
»Hauchen Sie mich mal an!«
Lanier protestierte.
»Aber ich habe ihn wirklich ...«
Eine Tür öffnete sich zischend. Unter der Öffnung stand ein Mann mit den Rangabzeichen eines Admirals. Er war eine beeindruckende Gestalt – kleiner als die meisten seiner Untergebenen, aber ebenso breit, wie er hoch war. Frociwen MynCahit, Oberbefehlshaber auf der Trainingswelt USTRAC der United Stars Organisation.
»Was hat der Mann?«, dröhnte MynCahits mächtige Stimme.
Der Leutnant stand stramm.
»Er hat angeblich den Teufel gesehen, Sir.«
»Wo?«
»U-unter dem Trans-transmitter, Sir«, sprudelte Lanier hervor. »Er war ...«
»War die Sendung ordnungsgemäß angekündigt?«, unterbrach ihn der Admiral.
»Seit achtzehn Uhr Ortszeit, Sir«, antwortete der Leutnant. »Von Quinto-Center. Höchste Kommandopriorität.«
»Wer kommt?«
»Unbekannt, Sir. Identifizierung wird durch die Ankommenden übermittelt.«
MynCahit hatte die langen Arme auf dem Rücken verschränkt. Merkwürdig lächelnd musterte er Vern Lanier. Der Mann war vor wenigen Wochen noch ebenso dumm gewesen wie die meisten Bewohner von USTRAC. Aber als jener merkwürdige Einfluss sich bemerkbar zu machen begann, der die teuflische Hülle der Dummheit in erster Linie von den Geistern der Wesen terranischer Herkunft zu streifen schien, da war Lanier unter denjenigen gewesen, deren Genesungsprozess am schnellsten vorwärtsschritt. Erst vor zwei Tagen hatte er sich einem Intelligenztest unterzogen und war fähig befunden worden, die Aufgaben eines Spezialisten Sechster Klasse wahrzunehmen. Deswegen hatte man ihn zur Transmitterwache eingeteilt.
Anscheinend, überlegte sich der Admiral, existierte immer noch latente Verdummung. Oder der Mann hatte im Dienst getrunken. Er wandte sich an den Leutnant.
»Ich will die Ankömmlinge sehen.«
Der Leutnant trat hinter seinen Tisch zurück und schickte sich an, ein paar Schalter zu betätigen. MynCahit winkte ab.
»Nicht auf dem Bildschirm. In Wirklichkeit! Übergeben Sie Ihren Posten und beschaffen Sie drei Mann Wache.«
Die drei Mann und des Leutnants Ablösung waren wenige Augenblicke später zur Stelle. MynCahit und seine Begleiter schwangen sich auf die Laufbandstraße. Minuten später glitten sie in der Transmitterhalle durch die Öffnung des Bandtunnels. Der Admiral überflog mit einem Blick die Szene. Die Gestalt, die Vern Lanier so in Schrecken versetzt hatte, überragte alle andern um Haupteslänge. MynCahit machte seinem Spezialisten keinen Vorwurf mehr. Der Fremde sah wirklich aus wie der Teufel in Person.
Der Admiral trat auf ihn zu. Der Fremde trug keinerlei Rangabzeichen an seiner Montur, infolgedessen hielt MynCahit einen Gruß nicht für notwendig.
»Wer sind Sie?«, fragte er.
»Cheborparczete Faynybret«, antwortete der Gehörnte mit heller Stimme.
»In wessen Auftrag?«
»Im Auftrag des Großadministrators.«
MynCahit ließ sich die Überraschung nicht anmerken.
»Ich nehme an, Sie können das beweisen.«
Der CheF winkte Ellsmere zu sich. Ellsmere trug die Rangabzeichen eines Majors. Er grüßte stramm, und der Admiral sah sich gezwungen, den Gruß zu erwidern. Ellsmere öffnete eine Tasche seiner Montur und brachte ein schmales, biegsames Plättchen aus violettleuchtendem Plastikmaterial zum Vorschein. Er reichte es MynCahit. Die violette Farbe bedeutete höchsten Vorrang und höchste Geheimhaltungsstufe. MynCahit begann zu glauben, dass der Gehörnte in der Tat in Perry Rhodans Auftrag handelte.
Etwas höflicher fuhr er mit der Befragung fort: »Was bringt Sie hierher?«
»Ich habe die Aufgabe, diese vierhundert Leute und alles, was sich an verwendbaren Intelligenzen auf USTRAC befindet, einem intensiven Trainingsprogramm zu unterziehen und zu Elitemannschaften für die Bedienung von Raumschiffen auszubilden.«
Unter den buschigen Brauen kniff Frociwen MynCahit die Augen zu drohenden Schlitzen zusammen.
»Sie und ich«, dröhnte seine Stimme, »werden uns am besten gleich von Anfang über eines klar. Wenn der Großadministrator Sie schickt, sind Sie hier willkommen. Sie sind ebenso eingeladen, sich der Einrichtungen dieser Welt zu bedienen, so dass Sie Ihren Auftrag ausführen können. Mit Ihren vierhundert Leuten können Sie tun und lassen, was Sie wollen. Aber das, was Sie so großspurig ›alle verwendbaren Intelligenzen auf USTRAC‹ nennen, das lassen Sie am besten in Ruhe. Hier bin ich der Kommandant, und bis jetzt hat noch niemand mich abgesetzt!«
Er wandte sich ab und schritt wieder auf den Tunnel zu. Bevor er auf das Band trat, wandte er noch einmal den mächtigen Schädel und sagte über die Schulter: »Kommen Sie bei Gelegenheit in mein Büro, und ich lasse Ihnen Quartiere anweisen!«
Da wusste der CheF, dass er, bevor er mit seinem eigentlichen Auftrag beginnen konnte, erst Frociwen MynCahit in die Knie zwingen musste.
2.
Die Legitimation des Gehörnten erwies sich als einwandfrei. MynCahit hatte den vierhundert Neuankömmlingen inzwischen Quartiere im Wohngebiet in unmittelbarer Nähe des Hauptquartiers anweisen lassen.
Der Admiral schickte seinen Adjutanten, Major Bannerman, um mit Cheborparczete Faynybret die Einzelheiten seines Auftrags zu besprechen. Der CheF jedoch kannte sich im Protokoll aus und weigerte sich, den Major zu empfangen. Statt dessen schickte er seinerseits seinen Adjutanten zum Verhandeln. Das Gespräch zwischen Ellsmere und Bannerman entwickelte sich zunächst so feindselig, als seien anstelle der Adjutanten die beiden Befehlshaber selbst die Teilnehmer an der Konferenz.
»Sie sind über die Anlagen auf USTRAC informiert?«, erkundigte sich Bannerman förmlich.
»Ausreichend«, nickte Ellsmere. »Wir wissen, dass der Planet seit geraumer Zeit für die Spezialausbildung von Agenten der United Stars Organisation benutzt wird. Zu diesem Zweck hat man Ausbildungssektoren geschaffen, in denen jedes Klima, jede denkbare Umwelt und jede Einsatzbedingung überzeugend imitiert werden können.«
»Nicht imitiert«, verbesserte Bannerman. »Dargestellt.«
»Also schön, dargestellt.«
»Jeder Sektor, wie Sie ihn bezeichnen, besteht zunächst aus einer energetischen Blase, die jeden Austausch zwischen dem Inhalt der Blase und der Außenwelt verhindert. Die Blasen variieren in der Größe, jedoch gibt es keine, die weniger als fünfzig Kilometer Durchmesser hätte. Die meisten sind fünfzehn oder mehr Kilometer hoch, so dass außer der Oberfläche der fremden Welt auch noch ein gehöriges Stück Luftraum dargestellt werden kann.«
»Ich wusste das«, erwiderte Ellsmere schneidend, »und bin gebührend beeindruckt.«
Ellsmere und Bannerman waren annähernd im gleichen Alter. Bannerman war kleiner als Ellsmere, dafür kräftiger gebaut. Ellsmere war blond, Bannerman dagegen schwarzbraun. Beide waren auf der Erde geboren. Bannerman war ein Major der USO, Ellsmere hatte, bevor die Verdummungskatastrophe über die Galaxis hereinbrach, auf einem Raumschiff der Solaren Flotte gedient.
»Das sollten Sie sein«, nahm Bannerman den Faden ungerührt auf. »Was hier geschaffen wurde, ist einmalig in der Galaxis. USTRAC ist von Natur aus erdähnlich – ein bisschen wärmer und ein wenig dichter, woher die größere Schwerkraft rührt. Aber auf der Oberfläche dieser Welt sind die Umweltbedingungen von mindestens einem Tausend anderer Planeten so maßstabgerecht nachgebildet worden, dass jemand, der sich einen Eindruck von der Umwelt dieser Welten vermitteln wollte, sich Jahre mühevollen Reisens ersparen könnte, indem er sich einfach hier umsähe.«
Ellsmere nickte gelangweilt.
»Zur Steuerung dieses unglaublich komplizierten Aufbaus wurde eine Rechenmaschine gebaut, die in der Galaxis kaum ihresgleichen hat«, fuhr Bannerman fort. Er war der temperamentvollere von beiden, und Ellsmeres unverhohlener Snobismus begann an seiner Geduld zu zehren.
»Ich weiß auch das«, nickte Ellsmere. »Die Haupthyperinpotronik.«
Bannerman kratzte sich am Kopf.
»Ja, so heißt sie wohl in der Außenwelt. Wir nennen sie ASAC.«
»ASAC?«
»Absolute Simulation of Alien Conditions.«
»Aha.«
»Sie werden den Rechner bei Ihrem Trainingsprogramm brauchen.«
»Wahrscheinlich«, gab Ellsmere zu.
»Da sollten Sie froh sein, dass jemand ihn für Sie instand gesetzt hat.«
Ellsmere war ein wenig verwirrt.
»Ja, natürlich. War er denn außer Betrieb?«
Bannerman lachte spöttisch. Endlich hatte er die Oberhand.
»Mann Gottes – haben Sie jemals von der Verdummungskatastrophe gehört?«
Ellsmere hielt es für unter seiner Würde, diese Frage zu beantworten.
»Jede Inpotronik«, fuhr Bannerman fort, »ist ein Gemisch aus Positronik und Organik. Als der Verdummungseffekt sich zum ersten Mal bemerkbar machte, schnappte der organische Teil von ASAC über.« Er überlegte eine Sekunde, ob er Ellsmere die fürchterlichen Tage schildern sollte, die auf das Überschnappen des Riesencomputers folgten, entschied sich jedoch dagegen, weil er nicht glaubte, dass die Schilderung den erwünschten Eindruck erzielen würde. »USTRAC wäre jetzt wahrscheinlich eine öde Welt, wenn nicht Admiral MynCahit rechtzeitig eingegriffen hätte.«
»Aha«, machte Ellsmere. »Er griff ein. Wie?«
»Er drang in den Rechner ein und trennte die Organik vom Rest der Anlage.«
Ellsmere war beeindruckt. Er fand es schwer, seine gelangweilte Miene zu wahren.
»Das ist interessant«, versetzte er trocken.
Bannerman geriet in Wut.
»Natürlich ist es interessant«, stieß er hervor. »Schließlich hat es dem Imperium eine Welt gerettet, deren Einrichtung mehrere Billionen Solar verschlungen hat. MynCahit hat sein Leben gewagt, um den Rechner wieder in Ordnung zu bringen, und plötzlich kommt da so ein dahergelaufener Ziegenbock von Podunk oder sonstwoher ...«
»Ich nehme an, Sie sprechen über meinen Vorgesetzten«, unterbrach Ellsmere ihn kalt, »und ich muss mich gegen Ihre Ausdrucksweise verwahren.«
Bannerman sah ein, dass er zu weit gegangen war.
»Ich ziehe die Bemerkung zurück«, sagte er.
Ellsmere schwieg eine Zeit lang. Dann sagte er: »Podunk, Buxtehude und Honolulu werden gerne als Ersatzausdrücke für ›weiß Gott wo‹ gebraucht. Über Buxtehude und Honolulu weiß mittlerweile jedermann Bescheid. Aber wussten Sie, dass es auch Podunk in Wirklichkeit gibt?«
Bannerman sah überrascht auf. Nach seiner Entgleisung hatte er jetzt den Todesstoß erwartet, statt dessen wechselte sein Gegner das Thema.
»Nicht wirklich«, antwortete er vorsichtig. »Es gibt einen Fluss namens Podunk. Ich bin ganz in der Nähe geboren.«
Ellsmere strahlte plötzlich übers ganze Gesicht.
»Wirklich? Welche Stadt?«
»Windsor«, antwortete Bannerman.
Ellsmere sprang auf und schlug ihm auf die Schulter.
»Ich bin aus Rockville! Was halten Sie davon?«
Bannerman war begeistert. Sie schüttelten einander die Hände.
»Wer hätte das gedacht«, amüsierte sich Ellsmere. »Da gondelt man Tausende von Lichtjahren durch eine Galaxis, und wen trifft man? Ein Mann aus dem Nachbardorf. Windsor, Rockville, ganze dreißig Kilometer, wie?«
»Achtundzwanzig«, erwiderte Bannerman trocken.
Sie ließen ihrer Begeisterung eine Zeit lang freien Lauf, bevor sie zur Tagesordnung zurückkehrten. Bannerman musterte sein Gegenüber mit pfiffigem Blick.
»Als ein Connecticut-Yankee zum andern«, sondierte er vorsichtig, »könnten wir diese Affäre vielleicht ohne protokollarisch erzwungene Feindseligkeit durchführen?«
»Das versteht sich von selbst!«, stimmte Ellsmere bei. »Mein Ziegenbock und Ihr Quadratadmiral mögen einander in den Haaren liegen, das geht uns aber nichts an.«
*
Am Ende der Besprechung kehrte Orin Ellsmere in sein Büro zurück. Seine Arbeitsräume lagen unmittelbar neben denen seines Vorgesetzten in einem flachen Gebäude, das im westlichen Flügel Geschäftsräume und im östlichen Wohnquartiere enthielt. Ellsmeres engste Mitarbeiter, Leutnant Robert C. Hollingsworth, gewöhnlich Bob oder Holli genannt, und Sergeant King Pollack, teilten sich gemeinsam ein geräumiges Büro, das an Ellsmeres Arbeitsraum angrenzte und das er durchqueren musste, wenn er zu seinem Schreibtisch wollte.
Pollack lehnte mit rotem, mürrischem Gesicht in einem Gliedersessel, während Holli im Begriff war, den Raum zu dekorieren. Er war soeben dabei, ein Pin-up-Photo an die Wand gegenüber seinem Schreibtisch zu heften. Das Bild zeigte eine sparsam bekleidete Frau, deren dunkle Hautfarbe im Einklang mit der für irdische Begriffe fast unnatürlich kräftigen Ausbildung weiblicher Merkmale auf Abstammung von einer der Wega-Welten hinwies.
Ellsmeres Eintritt störte den Leutnant nicht im geringsten. Er trat von seiner Montage zurück und begutachtete sie, die Hände in die Seite gestützt. Er seufzte.
»So was müsste es hier geben«, bemerkte er tiefsinnig, »dann wäre das Leben vielleicht auszuhalten.«
Pollack schnaufte verächtlich.
»Nach fünf Tagen hätten Sie es satt, und ich müsste mich nach einem neuen Bild umsehen.«
Holli trat in gutgespielter Entrüstung auf Ellsmere zu.
»Herr Major, gib mir eine andere Ordonnanz!«, flehte er. »Dieser Mensch ist unerträglich. Ich kann kein einziges Wort sagen, ohne dass er nicht seinen Senf dazu gibt.«
»Das liegt daran, dass Ihre Worte eine Ergänzung brauchen, um sinnvoll zu sein«, meinte Pollack.