Perry Rhodan 680: Strafplanet der Eroberer - H.G. Francis - E-Book

Perry Rhodan 680: Strafplanet der Eroberer E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Sie waren berühmte Wissenschaftler - jetzt sind sie Sklaven auf der Gefängniswelt Auf den Menschheitswelten schreibt man Mitte April des Jahres 3460. Das Solare Imperium existiert jedoch nicht mehr als politische Konstellation seit dem Tage, da Terra und Luna, mit dem größten Teil der Solarier "an Bord", die Flucht durch den Sol-Transmitter antraten. Terra und Luna rematerialisierten nicht, wie der Große Plan es vorsah, im Archi-Tritrans-System, sondern sie schossen weit über ihr Ziel hinaus. Der Planet und sein Trabant landeten in einem völlig fremden Kosmos, mitten im "Mahlstrom der Sterne". Kaum war jedoch der ärgste Schock ob des Fehlsprungs überstanden, da wurden bereits die ersten Erkundungsflüge unternommen. Die Welt der Feuerflieger wurde entdeckt, das Rieseninsekt in der Maske des Göttervaters Zeus nahm Kontakt mit den Menschen auf, und eine weitere Macht im Mahlstrom trat in Erscheinung. Nach der Schilderung der ersten Abenteuer, die die Solarier im unbekannten Kosmos zu bestehen hatten, wechseln wir nun die Szene. Wir kehren zurück zur heimatlichen Milchstraße und beleuchten schlaglichtartig die Lage der Menschen, die in Leticrons Gewalt oder der der Laren sind. Schauplatz des Geschehens ist der Planet Watsteyn, der STRAFPLANET DER EROBERER ...

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Nr. 680

Strafplanet der Eroberer

Sie waren berühmte Wissenschaftler – jetzt sind sie Sklaven auf der Gefängniswelt

von H. G. FRANCIS

Auf den Menschheitswelten schreibt man Mitte April des Jahres 3460. Das Solare Imperium existiert jedoch nicht mehr als politische Konstellation seit dem Tage, da Terra und Luna, mit dem größten Teil der Solarier »an Bord«, die Flucht durch den Sol-Transmitter antraten.

Terra und Luna rematerialisierten nicht, wie der Große Plan es vorsah, im Archi-Tritrans-System, sondern sie schossen weit über ihr Ziel hinaus. Der Planet und sein Trabant landeten in einem völlig fremden Kosmos, mitten im »Mahlstrom der Sterne«.

Kaum war jedoch der ärgste Schock ob des Fehlsprungs überstanden, da wurden bereits die ersten Erkundungsflüge unternommen.

Die Welt der Feuerflieger wurde entdeckt, das Rieseninsekt in der Maske des Göttervaters Zeus nahm Kontakt mit den Menschen auf, und eine weitere Macht im Mahlstrom trat in Erscheinung.

Nach der Schilderung der ersten Abenteuer, die die Solarier im unbekannten Kosmos zu bestehen hatten, wechseln wir nun die Szene. Wir kehren zurück zur heimatlichen Milchstraße und beleuchten schlaglichtartig die Lage der Menschen, die in Leticrons Gewalt oder der der Laren sind.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Lordadmiral führt den Kampf um die Galaxis fort.

Ronald Tekener – Der USO-Spezialist erhält einen Befreiungsauftrag.

Roger Geiswank und Honish Lop – Ronald Tekeners Assistenten.

Goarn Den Thelnbourg und Esto Conschex – Zwei Wissenschaftler in der Gefangenschaft Leticrons.

Krehan Dunnandeier – Gouverneur eines Strafplaneten.

Anton

1.

10. April 3460.

»Sie kommen.«

Die Worte Akter tan Hars schreckten uns alle auf. In dieser Nacht hatte jeder einen leichten Schlaf, obwohl wir den ganzen vergangenen Tag über härter denn je zuvor gearbeitet hatten. Vielleicht hatten wir aber bereits einen Grad von Erschöpfung erreicht, an dem ein wirklich tiefer Schlaf nicht mehr möglich ist.

Die stampfenden Schritte der Kampfroboter ließen die leichte Plastikkuppel in ihren Grundfesten erzittern. Ich blickte mich um. Alle Männer lagen flach auf ihren Betten und taten, als ob sie schliefen. Ich lachte leise, obwohl auch ich Angst hatte.

»Da liegen Sie nun, die elitären Geister der Menschheit, und zittern vor ein paar Blechheinis«, sagte ich zu Esto Conschex hinüber.

»Halt's Maul, Pferdegesicht«, rief mir Akter tan Har mit gedämpfter Stimme zu. Er richtete sich leicht auf und blickte mich an. Ich fand, wenn ein Mann so hässlich war wie er, dann sollte er mit Vergleichen vorsichtig sein. Akter tan Har war ein Bolither, und ein Mann, der eigentlich unsere Hochachtung verdiente. Bolith war ein kleiner, ziemlich unwichtiger Planet, der zum Bereich der Zentralgalaktischen Union gehörte, die unter der Führung der Kalfaktoren stand. Diese waren mittlerweile mit wehenden Fahnen zu Leticron, unserem Peiniger, übergelaufen. Akter tan Har jedoch nicht. Von ihm hieß es, er habe einem Überschweren eine Ohrfeige versetzt, um ihm klarzumachen, wie gering er ihn einschätzte. Er hätte ebensogut gegen eine Betonmauer hauen können. Jedenfalls trug er seine rechte Hand seitdem im Stützverband.

Ich verzichtete auf eine passende Antwort. Hätte ich ihm etwa sagen sollen, dass ich davon überzeugt war, dass er aus dem Liebesverhältnis eines entfernt humanoiden Wesens mit einer terranischen Bulldogge hervorgegangen war?

Die Schritte kamen näher. Bokk An fing zu schluchzen an. Wir alle hatten Angst, aber keiner zeigte es so unbeherrscht wie er. Ich war versucht, ihm meine Meinung zu sagen, als es still wurde. Da wusste ich, dass die Roboter vor unserer Tür standen. Sie wollten jemanden von uns. Ich blickte Esto Conschex an. Er kaute auf den Lippen und hielt die Augen geschlossen. Sein breites Gesicht wirkte schlaff. Er hatte bereits einige »Verhöre« hinter sich. Ich hatte ihn schon einige Male gefragt, was dabei passiert war, aber er hatte sich ausgeschwiegen. Jetzt sah ich, wie er zusammenzuckte, als das Eingangsschott laut knirschend zur Seite glitt.

Wen von uns meinten sie?

Bokk An? Nein, ihn bestimmt nicht. Der Marsianer war ein Feigling. Akter tan Har? Möglich. Dieser Mann war für Krehan Dunnandeier besonders ärgerlich. Ich ahnte, dass der »Gouverneur« sich ihn noch vornehmen würde. Esto Conschex? Dr. Dr. Conschex, Hypertransit-Mathematiker wie ich, dazu Abstrakt-Mathelogiker, mein engster Mitarbeiter in der Forschungs- und Direktionsetage von Galactic-Elex-Positronics, und Transmitterexperte. Oder gar mich, Professor Dr. Goarn Den Thelnbourg, Hypertransit-Mathematiker und führender Spezialist für Großtransmitter?

Natürlich fürchtete ich mich vor einem nächtlichen Verhör ebenso wie die anderen. Zugleich aber fragte ich mich, weshalb der Gouverneur mich schon solange missachtet hatte. Die Erde war aus dem Solsystem verschwunden. Für mich war längst klar, dass Leticron, der Überschwere, erkannt hatte, auf welche Weise das geschehen war. Hatte er die Erde schon wiedergefunden? Ich konnte es mir nicht vorstellen. Dennoch fragte ich mich voller Zweifel, warum sich dieser »Erste Hetran der Milchstraße« nicht Männer wie mich holten. Ich war an den Arbeiten nicht beteiligt gewesen, weil ich für die private Industrie gearbeitet hatte. Dennoch wäre ich ohne weiteres in der Lage gewesen, Leticron darüber aufzuklären, was Rhodan mit der Erde angestellt hatte. Aber ich würde es ihm nicht sagen.

Die Roboter betraten den Schlafraum.

Ich schloss die Augen und versuchte, mich zu entspannen. Ich hoffte, dass der Kelch an mir vorübergehen würde. Wie kam ich überhaupt darauf, dass Leticron mich schonen würde, nur weil ich einer der bedeutendsten Transmitterexperten des Solaren Imperiums war? Vielleicht hatte er längst einen anderen Mann gefunden, der mit ihm zusammenarbeitete?

»Sie da. Aufstehen.«

Die rollende Stimme des Roboters schreckte mich auf. Ich öffnete die Augen. Meinte er mich?

Die Kampfmaschine stand vor dem Lager Akter tan Hars. Der Bolither klammerte sich mit seinen Händen an die weichen Polster.

»Nein«, sagte er stammelnd. »Nein – ich komme nicht.«

Zwei Roboter gingen um das Bett herum. Ihre stählernen Klauen packten seine Arme und rissen sie hoch. Har schrie gellend auf. Ich fürchtete, dass die Automaten ihm die Knochen zermalmten. Der Bolither trat mit den Füßen nach ihnen. Er warf sich wild hin und her und versuchte immer wieder, ihrem grausamen Griff zu entkommen.

»So helft mir doch«, brüllte er uns zu.

Wir lagen wie gelähmt auf unseren Betten und rührten uns nicht. Wir wussten, dass wir nichts gegen die Roboter ausrichten konnten, jedenfalls in dieser Situation nicht. Esto Conschex und ich hatten bereits einen Plan entwickelt, wie wir die Maschinen auf lange Sicht in unserem Sinne umprogrammieren konnten, aber vorläufig waren wir machtlos.

Ich hätte mir die Ohren zuhalten mögen. Die Angstschreie des Bolithers peinigten mich. Ich war froh, als endlich das Türschott zufiel – und ich hasste mich dafür. Ich wünschte, ich hätte etwas für Akter tan Har tun können. Und ich spürte Erleichterung darüber, dass sie nicht mich oder Conschex geholt hatten. Die wenigen Tage der Gefangenschaft auf Watsteyn hatten mich bereits verändert. Sie hatten die moralischen Grundfesten erschüttert, auf denen ich bisher so sicher stehen zu können glaubte.

Was wird aus Menschen, die zusehen, wenn andere gequält werden, weil sie meinen, doch nichts tun zu können?

»So geht das nicht weiter«, sagte ich leise zu Conschex. »Wir müssen etwas unternehmen.«

»Was wollen Sie tun?«, fragte er verbittert. »Wollen Sie eine Revolte anzetteln?«

»Warum nicht?«

»Seien Sie nicht naiv. Dunnandeier ist ein Gefangenenpsychologe erster Klasse. Er wird mit einer Revolte fertig, bevor wir uns überhaupt formiert haben.«

»Dann müssen wir abhauen.«

»Wohin denn? In den Busch? Die Echsen fressen Sie noch am ersten Tag auf. Nein, Professor, wir haben einen Fehler gemacht und uns selbst in die Falle manövriert. Nun ist es zu spät.«

Wie recht er hatte.

Wir hatten die Wahl gehabt. Wir hätten ohne weiteres von Titan zur Erde fliegen können. Mit der Erde hätten wir in die Galaxis hinausfliehen können. Statt dessen hatten wir es vorgezogen, uns in der Forschungsstation auf dem Saturnmond gefangen nehmen zu lassen und uns der »Versklavung« durch die Horden Leticrons zu unterwerfen. Welche Narren wir doch gewesen waren. Wir hatten uns eingebildet, so etwas wie »Agenten hinter der Linie« sein zu können und sozusagen aus Feindesland heraus für Rhodan arbeiten zu können.

Nun saßen wir in der Patsche.

»Vielleicht können wir irgendwo eine Hyperfunkstation besetzen und einen Funkspruch an Rhodan absetzen.«

Esto Conschex lächelte ironisch.

»Ich gratuliere Ihnen«, sagte er. »Wissen Sie denn, wo Rhodan ist? Und meinen Sie nicht, dass er vielleicht etwas anderes zu tun hat, als sich um zwei Leute Gedanken zu machen, die den Dienst in der Solaren Flotte quittierten, um in der Industrie viel Geld zu verdienen?«

»Sie haben recht, Esto«, entgegnete ich seufzend. »Solange Wadder Krermein mit seinem Team für Rhodan arbeitet, braucht er uns nicht.«

Wie hätte ich ahnen können, dass dieses Team längst auseinandergebrochen war!

»Ruhe«, kreischte Bokk An. »Könnt ihr nicht endlich ruhig sein?«

Der Marsianer saß auf seinem Bett und blickte mit flackernden Augen zu uns herüber.

Wir schwiegen. Dabei beugten wir uns jedoch nicht der Forderung Bokk Ans. Sie war uns gleichgültig, aber es gab nichts mehr zu sagen.

*

»He, du«, rief Biran Kompagie.

Ich blieb stehen und blickte auf ihn herab.

»Hallo, Kleiner«, sagte ich.

Er ergrünte vor Wut. Viele Überschwere sind stolz auf ihre fast quadratische Figur. Biran Kompagie schien in dieser Hinsicht einige Komplexe zu haben. Der Assistent des Gouverneurs trat auf mich zu, riss die Lederpeitsche hoch und schlug sie mir quer über die Brust. Der Angriff erfolgte so schnell, dass ich nicht mehr ausweichen konnte. Schmerzgepeinigt stürzte ich zu Boden. Dennoch brachte ich es fertig, mein Gesicht so zu verzerren, dass er glaubte, mich lachen zu sehen. Das steigerte seinen Zorn noch mehr.

Wiederum hob er die Peitsche.

»Das ist typisch für euch Überschwere«, sagte ich mit gepresster Stimme. »Ihr macht alles mit Gewalt.«

»Das hast du richtig erkannt, Terraner«, erwiderte er und betonte das letzte Wort so, als sei »Terraner« ein Schimpfwort.

Ich erhob mich vorsichtig.

»Unter zivilisierten Menschen heißt es, dass die Gewalt dort beginnt, wo der Geist aufhört. Das scheint bei euch recht früh der Fall zu sein.«

Er verfärbte sich noch mehr. Abermals sauste die Peitsche herab, aber dieses Mal war ich auf der Hut. Das Leder zischte an mir vorbei. Es klatschte auf den staubtrockenen Boden, fuhr sofort wieder hoch und streifte mich an der Schulter. Ich glaubte im ersten Moment, der Assistent des Gouverneurs habe mir den Arm abgetrennt. Vor meinen Augen begann es zu flimmern, und ich musste den nächsten Hieb hinnehmen, ohne mich wehren zu können. Ich brach zusammen und fiel auf die Knie.

»Das heldenhafte Verhalten der Überschweren habe ich schon immer verehrt«, stammelte ich keuchend. »Wusstest du das noch nicht, Dicker?«

Ich packte einen dornigen Ast, wich der Peitsche aus und hielt ihn hoch. Das Leder wickelte sich in rasendem Tempo um das Holz. Ich ließ es los. Da Biran Kompagie im gleichen Augenblick an der Peitsche zerrte, flog es ihm mitten ins Gesicht. Die Dornen gruben zwei tiefe Wunden in seine Wange.

Ich lachte, obwohl mir eher zum Heulen zumute war. Der Überschwere raste. Er schleuderte die Peitsche zur Seite und ging mit ausgestreckten Armen auf mich zu. Seine Finger krümmten sich zu einem Würgegriff. Ich wich Schritt für Schritt zurück. Bestürzt merkte ich, dass ich den Bogen überspannt hatte.

In dieser Sekunde verließ Akter tan Har die Kuppel der Lagerverwaltung. Er kam allein. Noch nicht einmal ein Roboter begleitete ihn. Er sah Biran Kompagie und begann sofort zu schreien. Wie von Sinnen warf er sich zwischen uns und trommelte mit den Fäusten auf den Boden. Ich konnte nicht verstehen, was über seine Lippen kam. Das war auch nicht wichtig. Auf jeden Fall lenkte er den Überschweren ab. Kompagie blickte ihn verwirrt an. Dann schleuderte er ihn mit einem Fußtritt zur Seite. Das Geschrei des Bolithers steigerte sich noch. Akter tan Har sprang auf und stürzte sich erneut vor dem Assistenten des Gouverneurs in den Staub.

»Gnade«, sagte er wimmernd. »Gnade, hoher Herr!«

Ich begriff überhaupt nichts mehr. Was war mit ihm geschehen? Der Bolither war alles andere als ein Feigling, aber die zwei Stunden, die er bei den Überschweren verbracht hatte, hatten seine Persönlichkeit offenbar vernichtet.

Ich hatte nur noch Augen für den Bolither, der mir stets ein humorvoller Gesprächspartner gewesen war. Er hatte genau gewusst, wer ich war. Doch das hatte ihn nicht daran gehindert, mich von Anfang an »Pferdegesicht« zu nennen. Fraglos porträtierte er mich mit diesem einen Wort besser, als es jeder Trivideograph hätte tun können. Mir hätte diese Haltung imponiert, und ich hatte sie akzeptiert.

Mir graute jetzt. Mit welchen Mitteln hatten die Wächter von Watsteyn tan Har vernichtet?

Die Schläge, die mir noch immer von Biran Kompagie drohten, waren zu einer fast läppischen Gefahr geworden. Damit konnte er meinem Körper Schmerzen zufügen. Meine Persönlichkeit aber konnte er nicht erreichen.

Was aber würde mit mir geschehen, wenn man mich zu einem »Verhör« holte, wie Akter tan Har es durchgemacht hatte?

Kompagie wandte sich mir wieder zu. Er grinste mich an, und seine Augen funkelten tückisch.

»Du hättest es verdient, dass ich dich windelweich schlage«, sagte er mit rauer Stimme. »Aber das werde ich nicht tun. Ich habe etwas Besseres für dich.«

Er versetzte Akter tan Har erneut einen Fußtritt, so dass der Bolither bis in die Dornenbüsche flog. Ich sah, dass er sich Arme und Gesicht aufriss. Wunden entstanden, die tagelang eitern würden. Er würde Mühe haben, die Insekten daran zu hindern, ihre Eier darin abzulegen. Nichts scheuten wir mehr, als Verletzungen durch die giftigen Dornen der Heybrischbüsche.

»Komm her, Bolither«, befahl Biran Kompagie hart.

Akter tan Har gehorchte. Er kroch heran. Unmittelbar vor dem Überschweren blieb er erschöpft liegen.

»Küss mir die Füße, Bolither.«

Biran Kompagie sah mich an. Ich verstand sehr wohl, was er damit erreichen wollte, dass er den Bolither in dieser Weise demütigte.

»Du kannst es dir aussuchen«, sagte er zynisch. »Ich habe keinen Einfluss mehr auf dein zukünftiges Schicksal. Du bestimmst es ganz allein. Wenn du das Bedürfnis hast, mir morgen ebenfalls die Stiefel zu lecken, dann werde ich mich deinen Wünschen nicht entgegenstellen.«

Ich ließ diese Worte über mich ergehen, ohne ihm zu zeigen, wie es in mir aussah. Ich wusste, dass ich die Drohung ernstzunehmen hatte. Und ich verabscheute ihn, wie ich niemals zuvor einen Menschen verabscheut hatte. Er hob die Peitsche und ließ sie erneut über meine Schulter sausen. Rasender Schmerz durchzuckte mich, aber ich beherrschte mich. Ich schaffte es, so zu tun, als hätte ich nichts gespürt.

»An die Arbeit«, schrie der Überschwere. Er war enttäuscht darüber, dass ich nicht erneut unter dem Hieb zusammengebrochen war. Ich sah es ihm an. Gehorsam wandte ich mich um und ging zu den anderen Gefangenen hinüber, die in etwa fünfzig Meter Entfernung von uns standen und alles beobachtet hatten. Jetzt knieten sie sich wieder hin und setzten ihre Arbeit mit den primitiven Werkzeugen fort, die sie erhalten hatten. Der Gouverneur wünschte, hier ein Landefeld für die großen Walzenraumer der Überschweren entstehen zu sehen. Natürlich war es völlig sinnlos, uns damit zu beauftragen. Da uns lediglich einige Beile und Hacken zur Verfügung standen, würden wir Monate brauchen, bis ein genügend großer Raum freigeschlagen war. Die Heybrischbüsche zu roden, war eine mörderische Arbeit, die mit Hilfe einiger Desintegratorstrahler oder auch nur eines Buschfeuers innerhalb einer Stunde erledigt gewesen wäre. Darum aber ging es dem Gouverneur nicht. Er wollte uns arbeiten sehen. Und wir sollten leiden.

Esto Conschex reichte mir das Beil, das er für mich mitgenommen hatte. Ich blickte zur Kuppel zurück. Akter tan Har kroch wie ein Tier über den Boden auf uns zu. Biran Kompagie ging grinsend hinter ihm her. Er amüsierte sich über die panische Angst des Gefangenen.

Conschex griff nach meinem Arm.

»Wir werden so tun, als ob wir nichts sehen«, sagte er.

»Sind wir schon soweit?«, fragte ich bitter.

»Wenn Sie nicht morgen schon so sein wollen wie tan Har, dann müssen Sie sich beugen.«

Ich nickte. Ich wusste, dass er recht hatte. Aber ich wusste auch, dass ich das nicht lange durchhalten konnte. Früher oder später würde ich Amok laufen, wenn es so weiterging.

Die rote Sonne brannte heiß vom violett verfärbten Himmel herab. Ich kniete nieder und hieb voller Zorn auf die stacheligen Äste eines Heybrischbusches ein, sorgfältig darauf bedacht, mir die Hände dabei nicht aufzureißen.

»Sie könnten uns wenigstens Handschuhe geben«, murmelte Conschex.

Ich antwortete nicht. Kompagie und tan Har hatten uns erreicht. Der Bolither griff mit bloßen Händen nach den Büschen und versuchte, sie aus dem Boden zu reißen. Natürlich zerfetzte er sich die Haut dabei. Der Überschwere warf ihm verächtlich ein Beil vor die Füße. Er nahm es auf, flüsterte mit kraftloser Stimme einige Dankesworte, und setzte seine Arbeit fort.

Die Hänge des Tales wurden von den gelb und rot blühenden Büschen überwuchert. Ihre Wurzeln gruben sich tief in den Boden. Überall stiegen junge Triebe von den Seitenwurzeln auf. Sie lugten als messerscharfe Stacheln aus dem Boden hervor. Nur zu leicht konnten wir uns die Knie daran aufschneiden, wenn wir nicht aufpassten.