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Pfanne ohne e. Kolumnen aus 25 Jahren. Fast alle haben etwas Lokalkolorit, beschreiben das bunte Leben im Limmattal - und schauen doch immer über den Talrand hinaus. Viele der Geschichten sind tatsächlich passiert, andere sind frei erfunden. Oder etwa doch nicht? Lustigerweise beginnt die vorliegende Sammlung von Texten im Hier und Jetzt und geht zurück in eine Zeit, wo Mobiltelefone noch mehr als ein Kilogramm wogen und wo das Internet noch Neuland war für uns alle.
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Seitenzahl: 486
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Pfannen fertig
Jans, der kanns
Schwarzweiss – wer weiss
Ist Grösse doch relevant?
Bedeutet Wahlgang Walfang?
Bares ist Rares
Stau, schau, wer?
Der nächtliche Ladenhüter
Bei den Türen den Dreh raus
Thomas hat euch lieb
Die fröhliche Bahn
Spitze Lippen nützen nichts
Da ist der Wurm nicht drin
Verzichte ganz auf den Ententanz
Ich steht am Schluss
Stinkkäse auf der Krim
Sie und er oder es
Zürich hat sexe Leute
Sprich mit dem Hasen
Erinnerung an meine Hausbank
Bezaubernde Zaubereien
Gebt mir nicht die Kugel!
Werbung zum knicken
Wir Engel von früher
Schlupfmützen und Hasskappen
Die Limmat und die Talbahn
Bitte schonend anhalten
Aussen pfui, innen nix
Spinne auf Besuch
Wohin mit der Ehre?
Unterhosen beweisen es
Tschau und Sali zäme
Kulturelle Eignung an und für sich
Feine Beine und richtig lästig
Ich glaub, mich streift ein Tram
Was heisst bloss Katorrrs?
Schlaue machen mobil
Nur Bier ist lieb
Lach mal, bitte!
Grosse Augen auf den Strassen
Wo sind die Ritzenschieber?
Furzende Kühe sind unbeliebt
Eine Welt voller Ranzen
Vorbilder an der Ampel
Ein Gespenst geht um in Europa
Booster, we have a problem
Dietikon grüsst Peking
Altgriechisch für Mechaniker
Dietikon lächelt
Sag mir, wo die Chips sind
Ein Samichlaus mit Biss
Viel Lust auf Freiheit
Saugen, bis es Blasen gibt
Geigerweg und Trompetermeile
Das Steuer bezahlen
Erinnerung an Masséna
Fällt der Reissack um
Zweimal Samstag, bitte!
Nichts Arges bei der Arge
Die Stimme aus Zürich
Der Sommer macht die Schwalbe
Oden an den Buchsbaum
Solche Tage wie diese
Bald gehts ring
Total antigenial
Avoir le cafard
Schöne, miese Bildqualität
Die Strasse der Aggressiven
Löcher der Welt, vereinigt euch!
E tummi Schnurre ha
Offizieller Autoraub
Masken anstatt Mond
Mehr feiern, bitte!
Blas es nochmals, Mann!
Enten aus St. Erpelsburg
Fassstatt Fasnacht
Freche Viecher überall
Olympiaanstatt Hüftgold
Auf den Hund gekommen
Keine Kinder unter Strom
Bunker für das Stadtzentrum
Unser Wald braucht WiFi
Am Tag schafft der Freund
Hirn-, aber nicht stromlos
Neues vom Maskenland
Ist Links das neue rechts?
Rotweisse Träume
D’Stimm vo Züri
Ein Satellit, der Deinen Namen trägt
In der Theorie verschwört, ey!
Osterchlausi und Nikohasi
Das Wort des Jahres
Zurück ins Hamsterrad
Ein Börsianer im Zoo
Elvis lebt!
Der Traumberuf mit dem «M»
Unser WEF ist besser
Die 5. Jahreszeit
Jooo, ä güeds Nois!
Pack dich, Geschenk!
Grosser Chlaus in kleinem Zimmer
Fridays for free!
Alles wird gut, Fredy!
Wie das Klima wandelt
Meditieren am Löwenplatz
Viel Bewegung auf der Limmat
Energiebilanz Schlierefäscht
Hab ich Sie schon mal gesehen?
Wenn Not bedürftig wird
Eiserne Esel am Berg
Verbotene Rakete und Rackete
Der Hund, diese Sau
Hätte bloss die Fahrradkätte
Waren es singende Rösser?
Notvorrat im vollen Bart
Der Frühling ist mir schnupfe
Da lupfte es ihm den Hut
Die Freiheit der Anderssitzenden
Ist Spreitenbach das neue Hameln?
Oh, wir alten Lateiner
Woher die Worte kommen
Ein Knasti auf Schleuderkurs
Macht nichts!
Seien Sie vorsichtig mit Haustieren
Erinnern Sie sich?
Lucia macht Licht
Wir erleben nussige Zeiten
Dietikon bimmelt zweimal
Was ist mit der maskulinen Femina?
Die Knopflosen kommen!
Es stürmt jetzt aus dem Osten
Ein klasse Treffen
Dümmer, als der Polizei erlaubt
Dümmer, als die Polizei erlaubt
Ich glaub, bei mir spuckts!
Weiche von mir, Karton!
Kleine Nummer, grosser Mann
Der Terminator zügelt
So ein Bleuzinn, diese Lecktüre
Triumph am Engadiner
Ewig lächeln die Kandidaten
Oliver Hardy hat Geburtstag
Leise rieselt der Drohn
Ich glaub, mein Schwein pfeift
Leisten Sie sich einen Ferrari!
Und ewig grüsst der Sprayer
Voll in Fahrt
Sekunden gespart
Ein Tag zum Küssen
Den Autotross, den ich genoss
Die Deckel sind böse
Kommentieren aus der Hüfte
Zwei auf der ganzen Welt
Die Dietiker Manneskrafttüftler
Wählt Stadthalter zum Statthalter!
Ich mach hier nur meinen Job!
Wenn Etrusker im Schlick grasen
Wie der Plastik auf den Sack geht
Rettet die Topflappen!
Translaund andere Toren
Ey, voll der Mond!
D’Mönsche gönd go brönsche
Die Orakel zu Dietikon
Bedingungslos bedingen
Ist die Bachelorette etwa eine Bachlin?
Abhilfe schaffen, Hilfe abschaffen?
Löcher bauen - geht das überhaupt?
Hüftgold am SchmuDo
Wo Blüttler in die Schuepissen
Ein Wort zum Jahr
Über die Qualität von Menschen
Cloudia, ich lieb dich nicht
Die Steine der Anstösser
Machts die Linke mit der Rechten?
Zürcher sind die Besten
Das Leid von den Glocken
Der Samichlaus am Heitersberg
Da Vinci - rare oder medium?
Aufrichtige Blicke ins Dietiker Zentrum
Does size matter?
Auf die falsche Hexe gesetzt
Ich lehre euch das Fixleintuch
Kein Jahr der Rotznasen
Die Skifahrer sind los
Mehr Stress, Madame Etoile!
Der graue Typ in der Stadt
Ihr Knaben, lasst euch küssen!
Ich machte es mit mir selbst
Wohl ein Wille, aber kein Weg
Hühnerhaut auf den Fersen
Die wahre Pein des Isegrim
Wenn der Fussball hustet
Mortadella war es gar nicht Wurst
Reiss ihm gleich den Kopf ab
Massen wandern ein und aus
Die Irren kehren zurück
Wo man Grossmütter kauft
Was für eine lustige Zeit
Mein Geschenk an Dich
Gut geteilt ist halb gebrochen
Sind Verpackungen atombombensicher?
Es geschah an einem Donnerstag
Er bringt uns die Erlösung
Mit dem Büsi auf dem Berg
Ein heisser Kuss im Niderfeld
Nichtstun auf französisch
Der Agent in der Säugass
Entschuldigen Sie mein Eindringen
Das Wetter ist uns Wurst
Glücklich schaut, wer staut
Töricht ist des Lenzen Lyrik
Vom Finanzhai gefressen
Eroberung am Valentinstag
Wann kommen die Narren?
Von Kotzmorgen und Mettensäuen
Finger weg vom FCZ
Gratulationen zur Wahl
Wir versorgen Sie mit Botschaften
Und ewig grüsst der Schüttelfrosch
Ist ein Konzert etwas wert?
Gefahren beim Aufräumen
An heimischen Wassern
Im Zug von Donezk nach Charkiv
Lustige Vögel und ein lahmer Adler
Wer hat Angst vor dem bösen Wald?
Wann platzt dem Böögg der Kragen?
Fruchtfliegen beim Sex erwischt
SSDBR wird garantiert ein Hit
Gefrorene Leitungen sparen Wasser
Szenen aus der Säugass
Nein, Dietikon ohne L
Als man noch Spaghetti fuhr
Allerhand Tand im Brockiland
Bahnhofsdekoration am Sonntagmorgen
Das Capitol ist Dietiker Kapital
Keine Pille für den Mann
Schlieren lachts uns vor
Gehet hin und kaufet Geld
Sind alles Sportmuffel hier?
Musiker und Sänger – alles Pfeifensäcke
Ich lehre Euch die
Die Begegnung mit Howie
Osterhasi versus Nikolausi
Schön ruhig ist es doch hier
Wilde Massenhatz im Engadin
Lisbethlis Enkelin kommt
LimmiLeaks bringts an den Tag
Vorsatz-Lösung gefunden
Neues aus dem Knast
Mit dem Nashorn an der Limmat
Klaviertruppen im Reppischtal
Don’t miss the Miss
Ein heisser Furz im Kasten
Laute Waggons statt elegante Loopings
Camping im Limmattal
George Clooney kommt
Voller Sound in der Industrie
Es wiehert der Amtsschimmel
Bahn brechen - ist der Zug am Zug?
Mit warmen Ohren Rindfleisch essen
Millennium: Ein Theater in 3 Akten
Schmutzli Small Talk
Memoiren eines Randsteins
Euch grüsst die Sonne
Ganz von den Socken
Gedanken zum Weltuntergang
Speichert und vermehret euch
NATEL der Weise
Türfalle, Nutzen, Hoffnung
Wenn die weisse Fläche nach Buchstaben lechzt und sich die Worte nur mühsam aneinander reihen, entsteht vielleicht eine Kolumne. Und wenn die Sätze fast von selbst in die Tastatur rutschen, entsteht – vielleicht auch eine Kolumne. Hauptsache, der Text ist irgendwann fertig, pfannenfertig.
Kolumnen schreiben ist wie Erdnüsse essen: Wenn man mal damit angefangen hat, möchte man nicht mehr aufhören. Ich hatte bisher das Glück, die leichten, luftigen, meist amüsanten, manchmal satirischen oder auch mal bissigen Texte publizieren zu dürfen, zumeist in der Lokalzeitung.
Darum haben fast alle Kolumnen etwas Lokalkolorit, beschreiben das bunte Leben im Limmattal – und schauen doch immer über den Talrand hinaus. Viele der Geschichten sind tatsächlich passiert, andere sind frei erfunden. Oder etwa doch nicht?
Lustigerweise beginnt die vorliegende Sammlung von Kolumnen über 25 Jahre im Hier und Jetzt und geht zurück in eine Zeit, wo Mobiltelefone noch mehr als ein Kilogramm wogen und wo das Internet noch Neuland war für uns alle.
Viel Spass auf dieser Zeitreise und bleibt amüsiert!
Thomas Pfann
Ganz ehrlich – ich war schon recht nervös am Dienstagabend. Schliesslich heisst es offiziell «In den Bundesrat gewählt werden kann jede stimmberechtigte Schweizerin und jeder stimmberechtigte Schweizer. Eine vorgängige Kandidatur ist ebenso wenig erforderlich wie eine Mitgliedschaft im Parlament.» Also: Ich habe nicht kandidiert und mir dennoch eine Resthoffnung bewahrt, in Bersets Fussstapfen zu treten. Immerhin könnte ich seine Pianokünste innerhalb des Gremiums weiterpflegen. Etwas Dummes gesagt habe ich auch nicht, höchstens geschrieben vielleicht, und so gut französisch sprechen, wie die Fraktionschefin der Grünen, Aline Trede, könnt ich sicher auch bald.
Schon seit Tagen fragen wir uns: Folgt der «Nacht der langen Messer» (Eine absolut unrühmliche Bezeichnung, die in der finsteren Nazizeit gründet…) ein Tag der langen Gesichter? Mögen die Parlierenden Überraschungen und wählen eine Person, die auf keinem Billet steht? Macht Beat das Rennen - jans klar - oder es wird doch ein Schreibtisch Bundesrat? Bis um 12.08 Uhr wussten wirs nicht und haben höchstens geahnt, dass ein Basler Leckerli gewinnt, vor dem Züri-Tirggel und der Bündner Nusstorte.
Gewiss hat bei allen die Rezeptur gestimmt und es wären alle durchaus geniessbar gewesen. Ich persönlich finde es schade, das Zürich nicht vertreten ist im Bundesrat. Irgendwie würde es ja schon Sinn machen, jemanden aus dem bevölkerungsreichsten Kanton in der Regierung zu wissen. Aber Basel Stadt ist auch ganz ok, vor allem jetzt, wo der FCB schon lange weit hinter dem FCZ platziert ist. Oooléééé, Olé, Olé, Olé! Und weil uns im kommenden März eine weitere Ständeratswahl erspart bleibt - mit den Millionen von lächelnden Wahlplakaten.
Was lernen wir aus der gestrigen Bundesratswahl? Zum ersten, dass Politik bei uns trotz all den Ränkespielchen und dem Gezänke zwischen den Parteien doch erstaunlich locker, kollegial und stets mit Respekt und einer Prise Humor über die Bühne geht. Davon könnten sich die meisten Länder der Welt mal eine ganz grosse Scheibe abschneiden. Und zum zweiten, dass tatsächlich alle Schweizerinnen und Schweizer intakte Wahlchancen haben. Denn bestimmt stand Ihr oder mein Name auf einem der Wahlzettel unter «Verschiedene».
Dezember 2023
Am 13. Dezember finden die Bundesratswahlen statt. Den Sitz des zurückgetretenen Bundesrats Alain Bersets gewinnt der Basler Beat Jans.
Unter all den Tieren am liebsten ist mir der Schabrackentapir. Dieses schwarzweisse, schweinähnliche Geschöpf haust im Dschungel von Malaysia. Dort unterwegs, im dichten Gehölz, umgeben von vielem Gefleuch und Geschmeiss und verschwitzt waren wir - und sahen keinen Schabrackentapir. Doch abends vor dem Hotelbungalow, wer frass da den Maulbeerbusch voller Gier? Der Schabrackentapir!
Die Frage ist nun berechtigt, was das Geschwafel soll über den Unpaarhufer, von dem Wikipedia berichtet, zu seinen Kommunikationsmitteln gehörten «Pfeifund Jaulgeräusche, zwei verschiedene Quiektöne und zwei Laute, die an ein Rülpsen beziehungsweise Glucksen erinnern.» Nun, diesbezüglich tut es der Schabrackentapir einigen Mitmenschen gleich, die versuchen, ein Lied zu singen. Ich zähle mich durchaus zu ihnen, denn viel kann man von mir verlangen - Oden schmettern gehört nicht dazu. Es gibt auch Leute in der Wirtschaft oder im Sport, die sich ähnlich äussern – vor allem dann, wenn es nicht so läuft, wie sie es sich wünschen. Oft sind da die Voten keine Zier, genau wie beim Schabrackentapir.
Eindrücklich ist aber das einfache Muster des ollen Schabracken, das ihm von der Natur auf den Pelz gebrannt wurde. Mittendrin weiss und rundherum doch ganz schwarz. So etwas finden wir nicht nur beim Tapir, sondern je länger je mehr bei Staatsmannen verschiedener Länder auf dieser Welt. Deren weisse Westen sind längst nicht so weiss, wie sie es uns weismachen wollen. Sie verstecken sich schon gar nicht mehr, sondern treten öffentlich auf. Wie jüngst der höchste Ungare in Zürich, wo es bei seinem Besuch köppeldick von rechts her gluckste. Oder wenn der Rechtspopulist Geert aus dem Tulpenland quiekt. Für ihn ist alles Schwarze ein rotes Tuch ist und nur das Weisse zählt. Drei Farben, die schon einmal hoch im Kurs standen, damals, Ende der 30er…
Schwarz-Weiss-Denken etabliert sich im Schnellzugtempo. Vielen Wählenden rund um den Globus ist die Lust auf Grautöne leider vergangen. Sie bevorzugen ein klares Schwarz, ein klares Weiss, nichts zwischendurch, zack, zack, keine Kompromisse. Ob das jemals gut gehen wird?
Die Natur hält sich da raus und verteilt die Farben, wie es ihr passt - ohne Hintergedanken. Und darum lob ich mir den Schabrackentapir.
November 2023
Auf der Welt befinden sich rechtsgerichtete Politiker im Aufwind. In zahlreichen Ländern gewinnen Populisten mit ultrakonservativem Gedankengut Wahlen und lassen sich feiern.
Oft trudeln E-Mails ein mit spannendem Inhalt. Klar, auf jeden Link drücken darf man natürlich nicht, die Betrüger hocken in fast jeder Nachricht. Doch lesen kann man sie schon ab und zu und sich amüsieren. Schon mehrere Male wurde ich zum Beispiel von einem namibischen Prinzen zum Alleinerbe erkoren und aufgefordert, sein ehrlich ergaunertes Vermögen von mehreren Millionen Dollar zu übernehmen. Er bräuchte dazu nur meine Kontonummer und ein paar Infos zur Person – und schon lache mein Portemonnaie. Tja, also, brauchen könnte mans ja schon…
Meine «neue Freund» Ratila schrieb vor ein paar Wochen, dass sie die «Inbetriebnahme der Freundschaft gut fand» mit den Worten: «Ja, Ich sah Ihre E-Mail-ID an und nachdem sie durch sie habe ich beschlossen, in Kontakt zu treten mit Ihnen, wenn wir ein geworden gute Freunde durch das Senden einer Nachricht für das wissen unsere selbst gut. Und auch ich schicke Ihnen mein Foto für Sie zu wissen, wer ich bin ok. Ich werde mich freien von Sie zu huren!» Nicht zu unrecht haben zwei humoristisch gestimmte Autoren sogar ein Buch mit diesem letzte Satz als Titel herausgegeben – eine Sammlung über die lustigsten Spam-Mails.
Die Flut der Nachrichten ist heutzutage aber auch dermassen gross. Stetig blinkts, popts auf, pushts ins Hirn. Manchmal klappts mit dem Informationsfluss aber nur halbwegs. Ein paar Worte huschen vor den Augen hinüber – und schon sind sie weg.
Irgendetwas ist im Gedächtnis hängen geblieben. Bloss, was? Kürzlich löschte ich eine solche E-Mail, bevor ich die Überschrift richtig gelesen hatte und die Erinnerung daran machte mich stutzig: Hat da im Kanton Zürich tatsächlich jemand das Referendum ergriffen gegen die Penisverlängerung? Gibt es generell Probleme mit den Längen im Kanton? Müssen wir uns Sorgen machen im direkten Vergleich mit den Nachbarn, sogar mit dem Aargau? Hat Zürich plötzlich zu wenig Potenzial – und jemand will, dass dies so bleibt?
Das Mail war weg, Google musste ran. Die Suche nach dem Penisverlängerungsreferendum zeigte kein Ergebnis. Ich fand aber einen Verein, der sich gegen die Pistenverlängerung beim Flughafen Kloten wehrt. Das wird es wohl gewesen sein.
November 2023
Wer den Wal hat, hat die Qual. So wars auf jeden Fall beim Propheten Jona, der im Walfischbauch auf Gottes Wege zurückgefunden haben soll. Das sagt die Legende, wir wissen es nicht genau. Was wir aber wissen, ist, dass auf der Fassade des Restaurants Hecht in Dietikon steht: «Dem Jona hats nicht wohl getan, im Walfisch wars ihm schlecht. Drum nimm den Ratschlag an, komm lieber in den Hecht.» In den Hecht könnte er jetzt grad nicht, weil der nach einem Küchenbrand teilweise abgefackelt wurde und geschlossen ist. Zudem trägt der «Hecht» schon lange andere Namen und wer weiss – vielleicht würds dem Jona auch im Hecht schlecht.
Quälen tun wir uns auch seit Wochen - mit dem Wählen. Vor gut zwei Wochen durfte man noch in zahlreiche freundliche Gesichter gucken auf den Plakaten, jetzt ist das Angebot massiv ausgedünnt. Gerade mal 15 Ständeräte schweizweit wollen einen Sitz in Bern ergattern, was per Definition ja schon ein Paradoxon ist. Würden sie stehen, hätten in der kleinen Kammer mehr Ratende Platz, man könnten immer alle Kandidaten wählen. Stünden sie dann im Kreis und hielten sich alle an den Händen, hätten wir auch das ewige Dilemma mit dem Rechts oder Links gelöst.
Es war mir übrigens auch nie ganz klar, warum die Parlamente im Bundeshaus dermassen fragil und instabil gebaut sind. Wie kann es sein, dass wenn man in Zürich entweder Liste 1 oder Liste 2 einwirft, der ganze Nationalrat ins Rutschen kommt? Wäre das nicht eher ein Problem, das Statikerinnen und Baufachmännner zu lösen haben, anstatt eins für Politologinnen und Wahlbeobachter?
Dann gibts am Abend jedes Wahlwochenendes die Elefantenrunde. Nur: Elefanten mögen sich auch nach Jahren noch an Lebewesen und Dinge erinnern, denen sie einst begegnet sind und die sie gesagt haben. Bei den Parteipräsidierenden scheint die Erinnerungs-Halbwertszeit von Gesagtem und Versprochenem jeweils deutlich kürzer zu sein. Und dann wird jedes Mal die Panaschierkönigin oder der König bestimmt – als ob ein richtiges Bier nicht viel besser wäre!
Aber so will es unser Politsystem nun mal und lässt uns keine Wahl der Qual: Die Qual der Wahl in gut zwei Wochen lässt uns Zürchern darum wenig Spielraum und das macht die Entscheidung nicht leichter. Hatte es Jona mit der Qual im Wal vielleicht doch einfacher?
November 2023
Der zweite Wahlgang für den 2. Zürcher Sitz im Ständerat steht bevor.
Früher verwendete ich Bargeld hauptsächlich dafür, wofür es geschaffen wurde – zum bezahlen in der Bar. Einmal bin ich sogar eingeschlafen an der Theke, weil der Barmann so lange brauchte, um das Wechselgeld zu sammeln. Nach zwei Stunden Schlaf des Gezechten erwachte ich mit dem Kopf auf dem Tresen, das Münz lag neben meinem angetrunkenen Drink. Kein Witz, ist tatsächlich so passiert, an der Fasnacht in Geroldswil!
Nun aber ergab sich viele Jahre später eine neue Situation mit Barem. Längst hatte man sich ans berappen mit Franken auf der Bankkarte gewöhnt. In einem Laden im Limmatfeld, der nicht zu den orangen Riesen gehört, stand ich in der Schlange. Ganz vorne versuchte ein fremdsprachiger Zahler die Rechnung für sein Hab und Gut zu begleichen. Um was es bei der Diskussion mit der Kassiererin ging, verstand ich nicht. Klar war, dass der Expat oder Reisende die Nerven verlor, seine Produkte energisch auf die Seite schob und wütend aus dem Laden stürmte.
Die Frau vor mir kaufte eine Riesenladung ein, so dass ich noch immer weit hinten stand. Am Schluss lag ihr Berg von Sachen hinter dem Kassenscanner, die Dame zückte eine 200er-Note (hab ich schon lange nicht mehr gesehen…), bezahlte und machte sich ans Einpacken. Jetzt ich. Alles aufs Band, an der Kasse vorbei, kostet 43 Franken 80. Easy, Karte ans Gerät halten – fertig. Geht nicht. Nochmals – geht nicht. Den Magnetlesestreifen durchschlurpfen – nichts. Nervöse Blicke zur Kassiererin. «Versuchen Sie es nochmals - manchmal spinnts.» Randrücken, durchziehen, reinstecken - alles erfolglos. «Ja, heute spinnts. Sie müssen bar bezahlen.»
Tja, gute Frau, mögen hätt ich schon wollen, aber können hab ich nicht gekonnt. Denn mit physischem Geld bezahlen kann nur, wer auch solches hat. «Wie sollen wirs machen?», fragte ich genervt. «Gehen Sie über die Strasse Richtung Limmattower, dort gibts einen Bancomaten», sagte sie ruhig und erledigte den nächsten Kunden.
Mit wüsten Sprüchen auf der Zunge verliess auch ich den Laden, überquerte den Platz und die Strasse, ging den Säulengang entlang bis zum Geldkasten - und traf wieder auf den Fremdsprachigen von vorhin. Beide schimpften wir über die Technik. «You know, normaly I use cash only to get drunk in a bar», lachte er sarkastisch.«Yes, I know», sagte ich und nickte.
Oktober 2023
Wir hatten mal ein Auto, das sprang nur an, wenn der Motor ganz kalt oder ganz heiss war. Lauwarm liess sich die Karre nicht starten - eine halbstündige Pause war einem garantiert. Wir planten die Fahrten also immer so, dass es nur ganz kurze Stopps gab oder dann ganz lange. Der Hersteller konnte nicht helfen, dafür unser geniale Hausgaragist: Er baute einen Schalter ein, damit man mit dem Motorventilator kühlen konnte. Mit diesem Trick dauerte der Zwangsstopp nur noch 15 Minuten. Das war mitten im Feierabendverkehr immer noch ärgerlich, aber es half.
Ausser damals, als ich für den Service beim Automech einparkieren wollte. Halbwegs auf dem Trottoir stehend hantierte ich falsch und die Kiste stellte ab. Mist! Ausgerechnet an der meistbefahrenen Strasse in der Dietiker Industrie. Warnblinker raus und fleissig Motor kühlen!
Die Autos fuhren weiterhin ungehindert an mir vorbei. Bis ein Polizeiauto hinter mir hielt. Ein Beamter stieg aus und fragte mürrisch, was los sei. Ich erklärte schwitzend, dass ich gerade in die Garage einparken wollte, der Motor abgestellt habe und sich nun nicht starten liess. «Sie müssen hier weg, Sie blockieren die Strasse”, sagte er. Auf diese Idee sei ich auch schon gekommen, murrte ich verärgert. «Stellen Sie sich vor, ich arbeite daran, aber es geht grad nicht», sagte ich sarkastisch. Der Polizist war
«not amused» und verlangte nun der Reihe nach meine Papiere, durchsuchte das Wageninnere und nahm es sehr genau.
Inzwischen hatte sich ein riesiger Stau gebildet, denn der Polizeiwagen stand im Gegensatz zu mir mitten auf der Strasse. Sogar der Linienbus musste warten. Bald begann ein Hupkonzert und ich sah einige wütende Lenker, die uns verschiedene Finger zeigten.
Irgendwann kam der Kollege des Polizisten und schlug vor, dass sie vielleicht lieber weiterfahren sollten. «Ja, das schlage ich auch vor», sagte ich genervt. Ich hätte Ihnen gar nichts vorzuschlagen. Sie seien schliesslich die Polizei und ... In diese Moment hornte ein Lastwagen laut wie ein Dampfschiff und die Situation eskalierte. Die Uniformierten hüpften erschrocken in ihr Auto und machten sich davon.
Inzwischen hatte der Motor genug Zeit, sich abzukühlen und er schnurrte wie ein Kätzchen. Bald darauf haben wir aber doch ein anderes Auto gekauft.
Oktober 2023
Wer von Euch ohne Billy-Erfahrung ist, werfe als Erster einen Schraubenzieher. Fast haargenau vor 50 Jahren - am 6. September 1973 - eroberte IKEA erstmals ausserskandinavisches Gelände: Ingvar Kamprad betrat Spreitenbacher Boden. Ein kleiner Schritt für ihn, ein grossen Schritt für Wohnzimmer und Schlafgemach. Die Schweiz galt als Massstab für weitere Filialen des Möbelgiganten. Sollte es bei den Eidgenossen funktionieren, würde die Welt dem nordischen Einrichtungshaus zu Füssen liegen.
Alter Schwede, diese Strategie ist jetzt aber so was von aufgegangen! Und trotz anfänglicher Skepsis und einigen Jähzornanfällen beim heimischen Montieren lassen sich sehr viele Menschen mindestens einmal in ihrem Leben vom blaugelben Skandinavier vermöbeln.
So gut die Bittergurkas, Moppes und Sköldpaddas sein mögen - der Gang durch den Laden ist nicht jeder Manns Sache. Frauen tun sich nach meinen Erfahrungen etwas leichter beim Durchdringen des Ausstellungslabyrinths. Ich bin immer froh, wenn ich die Kassen in Sichtweite habe, dann ist es bald geschafft.
Bei den Schlafzimmerausstellungen jedoch verweile ich zuweilen länger. Zahlreiche Doppelbetten und Schlafsofakombinationen inmitten schöngestalteter Interieurs laden mich ein, ins frisch gemachte Bett zu steigen, unter die flauschige Decke zu schlüpfen und ein wohlverdientes Nickerchen zu machen. Ach kommt, gebt es zu: Ihr alle habt schon mit dem Gedanken gespielt, in der Möbelausstellung zu schlafen! Das wär doch eine coole Sache!
Ich habs getan, allerdings nicht in Spreitenbach. In Schlieren gab es in den 80er-Jahren direkt an der Zürcherstrasse ein Möbelgeschäft. Der Filialleiter - ein guter Freund - lud einmal an einem Wochenende zur grossen Party im Keller des Gebäudes. Zwei Nächte lang haben wir im Untergrund heftig gefeiert. In der zweiten Nacht wurde mir der Schlafsack etwas zu eng. Da erinnert ich mich an die schöne Bettenabteilung oben im Laden, nahm morgens um 4 Uhr meine Flasche Bier, stellte sie auf das Nachttischli, kroch unter die Bettdecke und schlief sehr bequem.
Am Sonntag um 11 Uhr zeigte ein kleiner Junge mit dem Finger auf mich und die ganze Familie vor dem Schaufenster staunte: Solche authentische Ausstellungen hatten sie beim Schweden dann doch noch nie gesehen.
September 2023
Wir Limmattaler suchen doch immer etwas, das uns aussergewöhnlich macht. Aber glauben Sie mir: Es gibt im ganzen Universum keine einzige Region, die genau gleich aussieht, wie unsere. Das ist doch speziell genug, oder? Und obendrauf hat jede Gemeinde eine USP, die im Marketing so beliebte Abkürzung für Unique Selling Proposition. So, wie es der Dietiker Stapi kürzlich formuliert hat: Das Limmattal ist mit seinen Gemeinden wie eine Perlenkette – einzelne Schmuckstücke aneinandergereiht.
Man sieht die Sehenswürdigkeiten nicht immer auf den ersten Blick. Aber in Dietikon schon, wenn man im Zentrum unterwegs ist. Es befinden sich technische Unikate direkt vor der Nase. Denn was viele nicht wissen: In der Dietiker Stadtmitte gibt es eine wohl schweizweit einzigartige Dichte von Drehtüren. Solche Einrichtungen trifft man sonst nur in teuren Luxushotels oder man kennt sie aus alten Filmkomödien mit Buster Keaton oder den Marx Brothers.
Unsere Drehtüren sind aber viel lustiger und es ist äusserst eindrücklich, wie sich die modernen Eingänge in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt haben. Nämlich gar nicht. Amüsant sind die Schwenkporten insbesondere, weil sie oft unvermittelt stehen bleiben und die Passanten am Glas ihre Nase breit drücken. Wer dann versucht, eine der Türflügeln auf ihrem Schneckengang zu beschleunigen, wird mit halber Schildkrötengeschwindigkeit bestraft. Oder das Karussellportal bleibt komplett stehen und der Techniker muss kommen. Vermutlich müssen sie diesen aus dem Altersheim herbestellen, so alt sind die Dinger.
Verifizierten Drehtürenbeobachtern zeigt sich die Konstellation in Dietikon sehr aufschlussreich. Anhand des hohen Defektheitsgrades der Türen lässt sich die durchschnittliche Passantenfrequenz durch die Einkaufszenterli eruieren. Auf der Nord-Süd- Achse sind demnach sehr viele Menschen unterwegs, darum ist vor allem das Nordportal am meisten kaputt. Südseitig an der Zentralstrasse sind die Missfunktionen nicht so arg, weil es dort zwei Drehtüren hat. Besondere Freude macht die Drehtüre Richtung Denner, sie funktioniert überhaupt nicht mehr.
">Mit Spannung gucken wir nun auf die Schiebetüren, die sich auch schon recht marode präsentieren und bestimmt bald den Geist aufgeben. Das wird ein Spass!
September 2023
Letzte Woche hat Visionär Thomas Sevcik mögliche Pläne fürs Limmattal präsentiert. Der Vordenker für provinzielle Entwicklungsgebiete verpackt seine Planungskonstrukte gerne als Narrativ, abgeleitet vom lateinischen «narrare» – erzählen. Am Begriff Narrativ hab ich persönlich den Narren gefressen - ich dachte immer, es handle sich um eine närrische Darbietung. Tja, der Laie halt in seiner Dümme…
In den Gazetten haben sie zahlreiche Punkte aus der Erzählung zitiert. Sevcik macht sich darin Gedanken über die Zukunft des Limmattals. Der Erzähler setzt hier bewusst keine Schranken und lässt den Ideen freien Lauf. Denken ohne Leitplanken. Eine löbliche Absicht - das können wir hier schon brauchen.
Aber mir sind Thomas’ Visionen zu spröde: Eine Hochschule fürs Limmattal? Da gehts wieder nur um Bildung. Vorwärts ihr Eliten, die Wirtschaft ruft! Schulbank drücken, Gruppenarbeiten machen, für den Bachelor büffeln… gähn. Hirnen im Limmat-S beim Kloster Wettingen, wo Sevcik eine Denkfabrik vorschwebt, die über unsere Zukunft nachdenkt? Anstrengend. Brainstormiges Forschen und Testen rund ums Kantonsspital Baden? Sehr kopflastig, das alles.
Da fehlt mir der Spassfaktor, lassen Sie mich mal ran: Wir haben keinen See im Limmattal. Also baggern wir einen Teil von Spreitenbach und Dietikon weg, füllen die Grube mit Limmatwasser und bieten Segelund Surfkurse an. Dann bauen wir einen Hafen mit Flussanschluss und rostigen Kränen und agieren künftig als pulsierende Hafenstadt inklusive Fischmarkt. Dazu mussten wir früher immer ans Meer fahren! Entlang der Limmattalbahn gibts eine einzige Kulturmeile, wo sich nur Beizen, Konzertbühnen und Theaterhäuser befinden. So eine Strasse fände ich gar kein Lapsus, ehrlich! Und Schlieren machen wir platt und erstellen ein Fussballstadion - Zürich bringst ja doch nicht fertig. Die Leute, die das alles bauen, könnten an der neuen, narrativen Limmat-Riviera im Naturschutzgebiet wohnen. Weil da die Mieten günstig sind.
Einzig die Stadtzürcher täten mir bei dem Szenario etwas leid: Sie verlören in jedem Fall ihre Agglomeration. Dabei definiert doch erste eine einfältige, zersiedelte Agglo die echte, urbane Weltstadt. Ihr armen Limmatstädter, da hat euch der Thomas aber gar nicht lieb!
August 2023
Ich glaub mein Schwein pfeift! Unglaublich, aber höre ich doch tatsächlich noch die hohen Töne, sei es am Konzert oder beim Zahnarzt. Nach über vier Jahrzehnten Musikerleben eine erfreuliche Tatsache. Denn auf der Bühne können die Monitorboxen brutal laut brüllen. Das ist zwar super zum Spielen, weil man sich gut hört - am Ende des Gigs rauscht es aber gehörig im Gehörgang. Auch als Zuhörer lärmts oft gewaltig aus den Boxen. Und klar, man kann sich Papierfetzen in die Ohren stopfen, aber dann gehen eben die feinen Töne flöten - und das ist auch bei hartem Sound jammerschade.
Meine Lauscher nehmen also hohe Frequenzen war. Das stelle ich auch fest, wenn ich mit der Limmattalbahn durchs Tal kreuze. Immer liegt da so ein Wimmern in der Luft. Doch, ich bin mir sicher! Sowohl neben der Bahn als auch drinnen. Wer am Bahnhof Dietikon wartet, kann die Probe aufs Exempel machen: Kurvt der Bremgartner Dschungelexpress um den Bären, liegt ein laues Rauschen in der Luft. Kommt jedoch die LTB um die Ecke, hört man das hohe Klirren schon, bevor die Ikeaoder Shoppi-Tivoli-Kompositionen ins Auge fahren. Die Limmattalbahn ist eben eine fröhliche Bahn, sie pfeift den ganzen Tag lang.
Steigt man in den Wagen und zwängt sich in einen der engen Sitze - für Langbeiner ist der Fahrspass nur halb so gross - vernimmt man schon bald das sonore Zirpen des Trams. Es ist lustig anzuhören, wie das Sirren manchmal laut, dann wieder leiser erklingt und sich je nach Tempo in ein dünnes Wispern verwandelt. Für die Passagiere ist der hochfrequenzige Dauerton eine willkommene Abwechslung zum Alltagslärm - oder Ansporn für mehr Fitness, in dem man dem fahrenden Tinitus entflieht und die Strecke zu Fuss unter die Räder nimmt.
Aber wie wirkt sich das Dauerflirren auf die Tramführerinnen oder Zuglenker aus, nach einem langen Tag zwischen Killwangen und Altstetten? Hören sie noch etwas im oberen Tonbereich oder ist bei ihnen nach Feierabend nur noch Drum’n’Bass angesagt? Von Tramantriebsteuerungstechnik versteh ich persönlich wenig, bin aber überzeugt, dass andere Fahrzeuge vielleicht rumpeln und quietschen - hohe Töne spucken sie nicht. Aber bei der LTB bin ich sicher, meine Bahn pfeift!
August 2023
Schon mein Leben lang kämpfe ich mit meinem Namen. Pfann versteht einfach niemand, nicht mal die Leute im Restaurant – und die müsstens doch wissen, wo sie den ganzen Tag mit Pfannen zu tun haben. Letzthin wollte ich in einer Beiz telefonisch einen Tisch reservieren. Nach einigen Fehlversuchen, nannte ich meine Universalformulierung «Pfann, wie Pfanne ohne e».
Normalerweise klappt das gut, in diesem Fall nicht. «Pawi, Pawe, o neee?», ist das Ihr Name? Der Mann am Telefon tönte ungeduldig. Es war laut im Restaurant. «Pfann, wie Pfanne ohne e», rief ich nochmals. «Wa wie, wann e komme?», wiederholte er. «Um 19 Uhr», sagte ich. «19 Uhr, ok. Und welcher Name?» «P. f. a. n. n.», buchstabierte ich genervt in den Hörer, beendete das Gespräch und entschied, am Nachmittag nochmals anzurufen, wenns ruhiger war in der Beiz.
Und tatsächlich: zwei Sunden später meldete sich die selbe Männerstimme und bestätigte die Reservation. Ich war glücklich, dankte und legte beruhigt auf, auch wenn mich das «Adie Herr Pahh» hätte stutzig machen sollen. Mit den Namen ist es ja so eine Sache. Wer einfach Müller, Meier oder von mir aus Horacek heisst, setzt vielleicht noch einen Mittelnamen dazwischen, um sich etwas Respekt zu verschaffen. Hans P. Brösmeli zum Beispiel. Was auch immer hinter den abgekürzten Mittelnamen steckt - es tönt eindrucksvoll. Es gab eine Zeit, da war diese Wichtigtuerei auf jeder Visitenkarte zu finden.
Um 19 Uhr betraten wir das Restaurant. «Grüezi, haben Sie reserviert?», fragte mich die Kellnerin. «Ja», sagte ich, «auf Pfann». Die Frau starrte ins Tablet und sagte, es gäbe keine Reservation für «Van». Ich blieb cool, spitzte die Lippen und formulierte ein astreines «Pfann». Linguistiker hätten ihre wahre Freude daran gehabt. «Nein, nichts».
Ich bat um einen Blick auf die Reservationsliste. Die unmöglichsten Namen waren zu finden, aber Pfann stand nirgendwo. Die Frau winkte schon ab: „Tut mir leid, alles besetzt.» Schliesslich entdeckte ich einen Hahn W. Pannone. «Da, das ist es», rief ich und wir stürmten Richtung Tisch. Beim Bestellen überlegte ich, was das W. in meinem neuen Namen bedeuten könnte: Wahnsinn? Wohltäter? Wurstzipfel? Wonneproppen? Ich weiss es nicht, habe mich aber entschiedene, künftige Reservationen nur noch mit dem Vornamen zu tätigen.
Juli 2023
Ich weiss nicht, wie Sie es halten mit den Grünflächen rund um die Häuser in der Stadt. Mir fällt da etwas besonders auf, wenn ich vom Balkon in die Umgebung schaue, sollte mir nicht grad eine dieser hundert Tauben die Sicht versperren, nachdem mich die Flugbiester schon frühmorgens um neun geweckt haben. Ich guck also rum und entdecke viel Grün. Sehr viel Grün, unheimlich viel Grün - auf dem Boden und auch als organischer Zaun zumeist ist es stinkender Buchsbaum.
Grün finden Sie gut, gell! Grün ist die Natur, grün ist gesund, grün ist natürlich. Aber so ist es nicht ganz, denn statt Blumenwiesen wächst hier meist schnöder Rasen und grünt banal vor sich hin. Kein Blümlein, kein Bienlein, kein Würmchen - nichts. Höchstens eben diese gefühlt tausend Tauben, denen es sowieso egal ist, über welchen Grund sie flattern. Hauptsache sie finden einen Grund zum gurren.
Vor 10 Jahren hat die Stadt informiert, dass sie die Biodiversität fördern will. 2013 hat der Dietiker Stadtrat dazu extra den «Leitfaden zur Förderung der Biodiversität in der Stadt Dietikon.» verabschiedet. Schon vergessen? Darin steht die Forderung nach mehr natürlicher Vielfalt statt gartenbautechnischer Einfalt. Mehr Gefleuch statt Gefluche, wenn die Facility-Männer mit ihren Laubbläsern den Hauseingängen und Garageneinfahrten einen blasen. Zugegeben, das ist eher im Herbst ein Thema, ich schreib dann wieder eine Kolumne drüber, versprochen.
Aber im hier und jetzt ist es ein Jammer, wie um fast alle Häuser kurzgestutzter Rasen ödet und sich von der braunen Seite zeigt, kaum regnets mal nicht jeden Tag unerbittlich. Mit der Magerwiese würde das weniger passieren, darüber sind sich Fachleute einig. Denn auf der Blumenwiese wächst das, was dem Wetter trotzt und sich durchsetzen kann. Und das Argument, die Kinder würden auf dem glattrasierten Rasen spielen, greift auch nicht mehr so richtig. Die Kids hocken viel eher im Schatten und gucken aufs Handy oder fräsen mit ihren Elektromonster herum.
Also, ihr Liegenschaftsverwalter, Hüslibesitzer und Hobbygärtner, macht euch auf, nehmt Hacke und Schaufel, pflügt um, verteilt Samen und nahrhaften Rindenmulch und verwandelt die Ödnisse in Paradiese! Denn wisset: Wer Rinde sät, wird Wurm ernten
Juni 2023
Enten im Teich sind immer ganz viel lustig. Zur Zeit jedoch sind viele der Watscheltiere morgens auf dem Sportplatz Hätschen unterwegs. Sie trainieren für die herbstliche Balz und machen schon mal ihr Terrain klar. Überall flattern Erpel und Ente - was mich an einen dunklen Moment in der Musikgeschichte erinnert.
Vor genau 50 Jahren eroberte ein aussergewöhnlicher Song die Schweizer Hitparade. Ich kann mich nur knapp daran erinnern, als das Lied zum ersten Mal aus dem Radio plärrte. Danach lief es aber immer und immer wieder. Kein Fest mehr ohne den tonalen Kalauer. Ich wollt, ich könnt ihn vergessen – allein, es gelingt mir nicht: Der Ententanz oder Vogeltanz. «Chip, chip...» hiess die Komposition des Schweizer Musiklehrers Werner Thomas. 1973 machte sie der belgische Produzent Louis Julien van Rijmenant weltbekannt. Gab es jemals einen nervigeren Hit, der so penetrant in die Ohren biss? Kaum. Und es kam noch arger. Denn zur einfachen Melodie tanzten alle mit, fuchtelten mit den Armen und benahmen sich wie kleine Kinder. Üble Sache, Maloney!
Für uns als Bluesmen wars schlimm, dass so eine Einfältigkeit derart Erfolg hatte. Den Ententanz gibt es heute in mehreren Hunderten Versionen, er war in zig Ländern in den Charts und wurde über 40 Millionen mal verkauft! Hätten wir das mit einer unserer Kompositionen geschafft, müsste ich heute keine wohl Kolumnen schreiben... Item. Auf jeden Fall waren wir froh, konnten wir vom Ententanz flüchten. 1988 tourten wir nämlich mit der Band durch Neuseeland und Australien und spielten dort Blues und Boogie Woogie, während man hier schlief. Voll cool – ein Jahr lang heisse Gigs und Partys!
Aber, es gab auch in Downunder Tiefpunkte. In Picton, ganz im Norden der Südinsel, spielten wir in einem Pub. Alles paletti, ein fetter Abend – bis sich eine beleibte Dame zur niedrigen Bühne vorkämpfte, uns mit grossen Augen anstarrte und wie irr mit den Armen wedelte. Ich ahnte Böses und schaute mich krampfhaft nach zwei netten Herren in weissen Kitteln um, die die Verrückte behutsam auf die Seite genommen hätten. Leider nein! Stattdessen stand die Frau bald neben mir und brüllte mir mit feuchter Bierstimme ins Ohr. «Do you play the birddance?»
Juni 2023
Übers lange Wochenende waren wir mit dem Camper zelten in der Nähe von Bern. Auf dem Platz gab es viele Leute, die meisten sprachen ein breites Berndeutsch. Auf die Gefahr hin, hier und jetzt keine neuen Freunde zu gewinnen, sag ichs offen und ehrlich: Mir geht der Berner Dialekt manchmal auf den Sack. Vor allem dann, wenn jemand langatmig und vom Hundertsten ins Tausendste über eine Sache doziert. «Jiuhhhh, weiiisch, i ha auuä scho s Gfüüüu, s’ Zäutä isch gäng aubä immer uhüüüne sträng. I ha scho ghirnet, ob ig aubä söu s’ Zäut verchouffä u när sonä Bös choufä. So nä Cämper, weisch. Dä schönntmer dä ou i Ruä eis nähhhh.» So was fassen wir Zürcher in wenigen Worten zusammen. «Mer chömend, stelled de Bus ane und nämed es Bier». Geht doch!
Viele sagen, Zürcher hätten eine schnelle und freche «Zürischnurre”. Aber sorry, wer schnell denkt, spricht halt auch schnell. Auch heisst es immer, Zürcher seien schnöslig und arrogant. Nur weil hier alles zackiger geht, als anderswo? Zum Beispiel in Bern: «Sachte, sachte, numme nid gschprängt, gäu...» Nur weil hier buntbesockte Hippster mit ihren Fixies rücksichtslos übers Trottoir flitzen und dabei ständig ins Handy gaffen?
Nur weil sich zwischen Sihl und Limmat alle für die weltbesten und nettesten Autofahrenden halten? Von ungefähr kommt das ja nicht, denn schliesslich steht ZH auf dem Nummernschild, und das steht für zuvorkommend, höflich. Wenn das jetzt nicht klar ist, gits eis a d Schn... Tsüri also immer zoberscht, Tsüri immer zerscht? Nein, nein, niemand hat in Zürich die Absicht, sich nach vorne zu stellen. Darum steht bei Zürich das «ich» auch am Schluss.
Von allen Schweizer Dialekten sei der zürcherische der am besten verständliche, sagte mir kürzlich eine Schülerin im Deutschunterricht. Sie hatte eine Reise in die Bundeshauptstadt gemacht und fragte irgendwann nach dem Weg. Sie verstand bei der Erklärung eines Einheimischen nur Bahnhof: «Jiuuuuhh, da müesst er (sie war alleine…) hiä ungedürä, dä hurti ar Mattä verbii, när göid er zrügg uf d’ Houptgass u dä ueche bis zum Zytglogge. Dä sytt ihr auä scho gäng dört.» Zum Glück musste sie tatsächlich zum Bahnhof – zurück nach Zürich.
Juni 2023
Stinkender Käse, der Eurovision Song Contest ESC und die ukrainische Halbinsel Krim gehören für mich unweigerlich zusammen. Und: Nichts ist so, wie es einmal war.
2004 gewann Ruslana mit «Wild Dances» den ESC für die Ukraine. Weil die Megashow 2005 in Kiew stattfand, brauchte ich für meinen zweiten Sprachaufenthalt auf der malerischen Krim am Schwarzen Meer kein Visum mehr, die Einreise war frei. Wie das Leben so spielt, lernte ich in Jalta meine geliebte Ehefrau kennen und besuchte den Kurort nun im Halbjahrestakt. Für die Familie und Freunde brachte ich immer echten Appenzeller Käse mit. Der Geruch nach würzigen Kräutern und einem Hauch alter Socken war auf Tauris gänzlich unbekannt, die meisten liebten ihn aber heiss.
Alles in allem habe ich wohl fast ein Jahr an diesem bezaubernden Ort verbracht – bis dann der russische Sturmbandführer mit seinen Vasallen einfiel und die Insel annektierte. Vorbei wars mit dem leichten Sein an der Küste von Jalta, nun herrschte der Diktator. Zu Besuch waren wir zwar noch immer regelmässig, doch jetzt braucht man wieder ein Visum. Danke nach Moskau, du Depp! Inzwischen ist aus dem glatzköpfigen Dummkopf ein Kriegstreiber geworden.
Auf der Krim waren wir wegen Corona und wegen des Tubels seither nicht mehr. Kein Schlendrian mehr an der Promenade, keine lauen Sommernächte am der Schwarzmeerufer, keine rezente Mitbringsel – eine traurige Katastrophe.
Kommt dazu, dass es auch bei uns im Laden kaum mehr Stinkkäse gibt. Alles ist mild. Was ist los Leute? Mögt ihr keinen Käse, bei dem sich beim Geruch die Fussnägel nach oben biegen und es einem schwindlig wird? Der normale Appenzeller von früher muffelt nur noch wie ein Schatten seiner selbst. Den rezenten gibts zwar noch, aber man muss ihn suchen im Regal. Es ist einfach nichts mehr, wie es war…
Auch der ESC nicht, nur hat sich der zum Besseren entwickelt. Ich weiss, immer wenn dieser Anlass über die Bühne geht, sind plötzlich alle Musikexperten oder Meisterkomponistinnen und wissen es besser. Wie bei der Fussball-WM, wo alle zu Nationaltrainer mutieren. Aber es ist längst nicht alles schlecht an diesem Wettbewerb. Und im Vergleich mit 2004 und den damals oft recht handgestrickten Darbietungen ist das Niveau gehörig gestiegen. Das lässt hoffen, auch für die Krim und den Käse.
Mai 2023
Als Redaktor muss man oft Texte schreiben und dazu einen Titel, der den Artikel in wenigen Worten zusammenfasst. Die Wahl der Vokabeln ist wichtig - und aufgrund der eingeschränkten Platzverhältnisse nicht einfach. Dieses Problem kennen wir zum Beispiel bei Amtsformularen: Schreiben Sie ihren Vorund Nachnamen in Druckschrift in die vorgegebenen Felder. Heisst jemand «Jeanlouis-Herbert Abgottgsponn-Supersaxo», hat er ein Problem…
Dieser Herkulesaufgabe stellen sich Journis täglich. Kürzlich träumte ich von einem Auftrag, in einer Broschüre über die Biodiversität im urbanen Siedlungsraum zu schreiben. Es ging um die Fragen, welche Ruderalflächen sinnvoll sind, damit sowohl Flora als auch Fauna sich entwickeln können. Ich lieferte einen tiefgründigen Beitrag mit der Erkenntnis, dass es viel Einsatz braucht, damit sich die Natur erhalten kann. Und es braucht Fachleute, die diese Prozesse in Gang halten: Gärtnerinnen und Gärtner.
Meine Titelvorschläge lauteten dementsprechend: Gärtnerinnen und Gärtner helfen der Natur auf die Sprünge. Oder: Gärtnerinnen und Gärtner fördern die Biodiversität. Oder: Gärtnerinnen und Gärtner pflanzen urban. Doch keiner der Titel passte ins vorgesehene Layout. Und der Grafiker war gnadenlos. 30 Zeichen. Schriftgrösse und volle Laufweite waren in Stein gemeisselt.
Ich brachte neue Ideen: Gärtnerinnen helfen der Natur. Hier wehrte sich das Lektorat. Die reine feminine Form entspräche nicht dem Zeitgeist. Klar, dass «Gärtner» noch weniger passte. Also wählte ich «Gärtnernde helfen der Natur” und lieferte als Alternative «Gartende helfen der Natur». Nun empörte sich der Duden und verurteilte die unseriösen Wortschöpfungen. Neue Variante: «Gartenbauende helfen der Natur». Jetzt monierte der Verband der Gartenbauerinnen und Gartenbauer: Gartenbauerinnen und Gartenbauer hälfen der Natur nicht nur, sie schüfen sie. Meinen neuen Vorschlag: «Die Natur kommt in die Stadt» lehnte der Auftraggeber ab. In den Titel gehörten Personen, auf jeden Fall!
Nun ging die Diskussion zur Genderfrage erst richtig los und der Titel lautete schliesslich. «Gründäumige Stadtleute säen an». Ich staunte und wollte wissen, wie der Beitrag im allgemeinen ankomme. Aber den hatte noch niemand gelesen.
Mai 2023
Für Ausserheimische sind unsere Ortsbezeichnungen und Ausdrücke manchmal höchst unverständlich. So fuhren wir einmal mit dem Zug ins Tessin, als uns ein englisches Ehepaar fragte, wo es zum «Stuus» gehe. Sie würden dort ihren Urlaub verbringen. Wir schauten uns fragend an und überlegten scharf. Was für ein Schtuss und wie kann man dort Ferien machen? Die Reisenden zeigten einen Prospekt: Aha, der Stoos war gemeint. Ein andermal sass ich in der S12 wenige Meter vor dem Bahnhof Dietikon und jemand fragte mich mit ebenfalls englischem Akzent, wie die nächste Station heisse. Killwangen. Da verzog er sein Gesicht und fragte. Kill Wangen, are you serious?
Letzten Montag am Bahnhof Stadelhofen erkundigten sich Touristen aus Fernost in gebrochenem Englisch nach dem Weg Richtung Bellevue. Dort gäbe es sexe Leute. Ja, sagte ich, Secheläuten, ein traditionelles Fest, mit vielen Menschen – seltsam gewandet und am Abend selten nüchtern. Warum das Fest mit Sex zu tun habe, wunderte sich einer der Gäste. Geduldig versuchte ich zu erklären, dass es sich nicht um eine Frivolität sondern um ein Glockengeläut um sechs Uhr handelte. Wobei das eine das andere nicht a priori ausschliessen tät. (Das sagte ich nur in Gedanken...)
Wir gingen hinauf zum Stadelhofenplatz, überall gabs Zoufter in Livree - die Asiaten waren begeistert. Also erklärte ich das mit dem Festumzug mit Blumen, Bratwurst, Marschmusik, Ross und Wagen und dass Frauen in den Männerklubs noch meist nur geduldet seien. Ob das Sechseläuten etwas zu tun habe mit Karneval, fragten sie. Ich winkte ab, bestätigte aber, dass wir das Zürcher Frühlingsfest gerne auch als Bonzenfasnacht bezeichneten.
Bonzen verstanden die Reisenden aus dem Reich der Mitte natürlich nicht, genauso wenig die Bööggverbrennung. Das Spektakel machte ihnen gewaltig Eindruck, wenn auch nicht den besten. Einen weissen Mann verbrennen auf dem Scheiterhaufen? Um wen es sich denn handle bei diesem Böögg. Ich schaffte es nicht, das Wort Böögg korrekt zu vermitteln, konnte die Leute aber beschwichtigen, in dem ich die Symbolik des Frühlingsanfangs erklärte.
Als es dann heftig zu knallen begann, schauten mich die Touristen befremdet an, verabschiedeten sich die eilig und verschwanden im Asia-Restaurant gleich beim Bahnhof.
April 2023
Zürich feiert wieder einmal Sechseläuten.
Jetzt verführen sie uns wieder, die süssen Langohren. Zu Tausenden sitzen sie da und erwarten ihr Schicksal. Und wie immer sind Ostern der Schoggihasen Tod und des Ranzen ein paar Kilo dazu. Wir Dietikenden sind ja eigentliche Schokoladespezialisten mit einer weltweit berühmten Confiseriemanufaktur in der Stadt. Da geht man gern mal auf ein Sprüngli vorbei und deckt sich mit feinen Pralinen, Truffes und anderen Leckereien ein.
Nun wird aus der braunen, weissen oder schwarzen Schleckermasse nicht nur Meister Lampe und Konsorten geformt. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Schokoschuhe, schokoladene Ledersäcke zum Tschutten, Violinen oder Cellos aus Milchschokolade, ein Kochherd für die Puppenstube aus Schoggi. Sogar essbares Werkzeug hab ich schon entdeckt. Hier empfiehlt es sich, die Schoko-Zange und den Kakao-Schraubenzieher erst im Tiefkühler zu lagern, um dann sehr schnell mit ihnen zu arbeiten, bevor sie sich in der Hand verflüssigen.
Bauwerke und Skulpturen gibt es auch. Den Pariser Eiffelturm haben sie aus «Chocolate de Belgica» gefertigt, den nackten David von Michelangelo aus Crémant-Tafelschoggi. Selbst vor frivolen Darstellungen erotischer Figuren machen die Confiseure und Schokoladiers nicht halt. Kaum vorzustellen, welche Freude diejenigen erwartet, die sich ein solch gutes Stück mit dem auf der Zunge zergehen lassen... Und am schönsten ist ja der Moment, kurz bevor man dem Genuss frönt. Wenn man das begehrte Teil wenige Zentimeter vor sich hat und der Augenblick der süssen Verschlingung kurz bevor steht.
Diesen Spass haben auch viele Smartphone-Nutzerinnen und Nutzer schon lange vor Ostern, seit Jahren schon, entdeckt. Früher hielt man sich beim Telefonieren das Gerät ans Ohr und sprach ins Mikrofon, das am unteren Ende des Handys angebracht ist. Diese Technik ist komplett out. Heute schalten hippe Mobile-User den Lautsprecher ein, halten das Smartphone waagrecht vor sich hin und sprechen laut, weil die Person am anderen Ende sonst nichts hört. Der Vorteil: Wir hören auch alles mit.
Die auf diese Art Fernsprechenden – und es sind viele - schauen genauso aus, wie wenn sie lustvoll in eine Tafel Schokolade beissen möchten, dieser aber zuerst noch gut zureden. Schade gibts noch keine Schoggihasen zum Telefonieren.
April 2023
Bereits als kleiner Junge hatte ich meine Bank des Vertrauens. Eine echte Hausbank - stabil, zuverlässig, komfortabel - weil nicht weit weg von zu Hause - und sie hat mich immer gerne aufgenommen. Viele meiner Schuhlgspändli kannten sie, jung und alt traf sich bei ihr – eine echte Bank fürs Volk eben. Ihre Farbe war grün und sie galt als ein solides Gebilde. Ich kann mich gut erinnern, dass ich mich dort immer gerne aufgehalten habe und auch stets gut aufgenommen wurde. Von ihr wurde ich nie im Stich gelassen. In jeder Situation und bei Regen und Wind und selbst im Winter - den gab es damals noch - stand sie da wie ein Fels in der Brandung. Riesig war sie nicht - gerade richtig für uns alle. Als mir die Bank noch nahe stand, nahm ich oft mein Büchlein mit zu ihr. Darin stand zwar nicht viel - wertvoll war es trotzdem.
Doch eines Tages kam die schreckliche Nachricht: Die Bank war weg! Also, es gab sie schon noch, aber sie gehörte nun jemand anderem. Vorerst blieb sogar das Grün, bis dann jemand den Drang hatte, der Bank ein neues Aussehen zu verleihen. Modernisieren, neues Image, neue Auflage, offen sein für neue Besucher. Nach und nach wurde sie von unsympathischen Ärschen besetzt.
Das war nicht mehr meine Bank und ich ging nur noch ungern hin. Irgendwie fühlte man sich nicht mehr willkommen, obwohl es noch immer erlaubt war, die Bank zu besuchen. Aber die Lust dazu fehlte und irgendwie spürte ich: Der Platz auf der Bank ist jetzt für andere reserviert – nicht mehr für Leute wie du und ich.
Auch ihre Umgebung veränderte sich mit den Jahren: Neue Nachbarschaft, neue Typen, die man nicht kannte, neue Sprache, neue Spielregeln. Das Fundament der Bank wurde schlecht gepflegt, je länger je mehr vermoderte der Untergrund und die einst so festen Standbeine standen zwar noch eisern da, doch tief in der Basis, da faulte es gehörig.
Seither bin ich nie mehr zur dieser Bank gegangen, ihren früheren Kredit bei mir hatte sie sehr bald verspielt. Zudem vergrösserte sich mein Aktionsradius laufend und ich entdeckte zahlreiche Bänke, die an viel interessanteren Orten standen, als die alte Gartenbank hinter dem Haus. Die hat die Gebäudeverwaltung übrigens jetzt entsorgt. Nur auf alten Fotos ist sie noch zu sehen, die gemütliche grüne Bank.
März 2023
Die Credit Suisse ist am Ende und wird von der UBS übernommen.
Wenn wunderts? Mich. Und zwar so fest, dass ich mir noch am Abend, in der Nacht und sogar beim Zmorgenkaffee den Kopf zerbrochen habe, wie es dieser Typ bloss gemacht hat. Zugegeben – vermutlich gehöre ich nicht zu denjenigen, die mit einem Nobelpreis in Physik, Chemie oder Literatur rechnen können. Trotzdem kann ich hier diese Zeilen schreiben und hab mein Bier noch immer selbst bezahlt...
Aber sorry, Sie wissen ja nicht, um was es geht. Die Kurzfassung: Am letzten Sonntag durfte ich an einem unterhaltsamen Brunch Klavier spielen. Die Gästen hörten aufmerksam zu und genossen einen entspannten Sonntagmittag. Richtig spannend machte es aber ein Zauberer mit seinem Programm. Mit durchaus einfachen Mitteln und wenig technischem Aufwand. Spielkarten, Einmachglas, Papiersack, Schnur und einer kleine Schatulle auf dem Tischchen.
Ich hab während meiner Karriere als Musiker schon sehr, sehr, sehr viele Zauberer gesehen. An zig Shows, Varietéabenden, Hochzeiten, Geburtstagen, Jubiläen und wo weiss ich, bewunderte ich ausnahmslos diese beeindruckende Fertigkeit in Händen und Fingern. Keine zersägten Jungfrauen, keine schwebende Jünglinge, keine verschwundene Tiger – sondern einfach nur Herzbuben oder Asse, die zuerst gezogen werden, im Kartenstapel verschwinden und plötzlich in der Jackentasche eines Zuschauers wieder auftauchen.
Eine Banknote, von einer Zuschauerin persönlich beschriftet, geht in der zur Faust geballten Hand des Magiers quasi «verloren” und kommt zum Vorschein in einer verschlossenen Schachtel mit vier ebenfalls verschweissten Suppenbeuteln. Das gibts doch einfach gar nicht! Aber ich schwörs, der Typ am Sonntag hat genau das gemacht! Du Pflaume, das ist doch klar, der macht einen Trick und schon ist der Bluff komplett, erklärt man mir. Selber Pflaume, sag ich. Natürlich trickst er, aber wie, zum Geier? Das Nötli war zuerst in des Zauberers Hand und dann plötzlich in der ollen Schachtel. Und die Besitzerin hat sogar den richtigen Suppenbeutel gewählt, ihn selbst geöffnet und das Geld entnommen! Erklär mir das, du Superpflaume!
Der Mann ist ein echter Zauberer, ehrlich! Schön wär jetzt noch, wenn er aus einem «Lappen» gleich Hunderte machen könnte. Ich hoffe er arbeitet an diesem tollen Zaubertrick und lädt mich dann mal zu einer privaten Vorstellung ein.
März 2023
Mag sich noch jemand erinnern an diese unangenehme Störung unseres Alltags in den vergangenen zwei Jahren? Wie hiess es doch schon wieder? Corolla, Jona… Covidschtutz nomal, ich habs schon fast vergessen. Dabei hat uns die Pandemie lebensbedrohlich in Atem gehalten - alle wünschten sich, es handelte sich nur um ein paar Wochen Zuhausebleiben.
Leider hat die Seuche viele Opfer gefordert und sie zeigt nach den gröbsten Auswüchsen noch immer ihre Wirkung. Man kann nur hoffen, dass wir aus der ganzen Geschichte wenigsten einige positive Erfahrungen gewonnen haben. Ein paar kleine, aber umso wichtigere Solidaritätsgedanken, die wir nach der Krankheit nicht vergessen sollten.
Corona auch nicht vergessen hat mein Geschmackssinn. Zugegeben: Einige Aroma-Nuancen haben mein Riecher und der Gaumen schon vorher nicht wahrgenommen. Es gab und gibt immer wieder Menschen, die behaupten, H2O schmecke nach irgendetwas. Unser Dietiker Wasser sei sogar besonders gut! Dies kann ich wohl bestätigen, indem ich die hohe Qualität mit all den Mineralsstoffen und Elementen nachlesen kann - und vor allem kommts mehr oder weniger gratis aus dem Hahn. Aber hier von Geschmack reden? Ich glaube eher, dass viele Wasserschmöcker sich vorstellen, an einem dieser schönen Orte zu sein, wo das tolle Wässerchen herkommt und nun glauben, es hätte auch ein besonderes Aroma.
Aber zurück zu den Geschmacksverstauchungen: Ich hab Ruccola früher immer sehr gemocht, als Salat oder auf der Pizza. Jetzt wünsch ich das Kraut ins Pfefferland, kanns nicht mehr riechen und draufbeissen schon gar nicht. Pfefferminze? Als gepresstes Bonbon gehts grad noch, aber als Amuse Bouche auf der Glacekugel ein absoluter Genusskiller.
Am schlimmsten war neulich die Erfahrung mit einigen der besten Pralinen der Welt. Diese runden, in rotes Papier gewickelten, mit feiner Cremefüllung versetzten Kugeln. Ich konnte sie früher Kiloweise futtern, meine Waage kanns bestätigen. Aber jetzt fühlt sich der Schokoball an, wie wenn man ein rostiges Treppengeländer ablecken würde - metallisch, fad und mit einem bittersauren Abgang. Ich könnt heulen. Ausser die Waage. Sie hat Freude daran. Insofern - danke Corona!
Februar 2023
Es ist eine schwierige Zeit, Januar, Februar... Immer trüb draussen, regnerisch, kaum Schnee. Die Lawinengefahr an der Hasenbergostflanke ist gering. Und dann das Januarloch. Kein Wunder hängen jetzt wieder überall geknickte Menschen rum, vor allem an den Hägen. Oder heisst es Hagen? Nicht der Typ aus der Nibelungensage - den Plural der schweizerischen Bezeichnung von Umfriedung meine ich. Dort sind derzeit die Anwärtenden für den Kantonsund Regierungsrat aufgehängt. Aber zu wenig fest, darum werden die Plakatkartons oft mutwillig nach unten geknickt und die Personen drauf auch.
Es sind Männer und Frauen aller Parteien, die während ihrer dadurch geknickten Wahlkarriere lächelnd auf den Boden schauen anstatt in die Augen der Wählerschaft. Dafür können sie nichts. Schuld an zu wenig Rückgrat ist in diesen Fällen immer irgendein Vandale, den ich hier aufs schärfste verurteile. So geht Demokratie nicht, du destruktiver Typ! Oder Type!
Moment. Stimmt «die Type» als feminine Form von Typ? Der Duden benennt den Typ als: «Männliche Person, zu der eine irgendwie persönlich geartete Beziehung besteht oder hergestellt wird.» Zu Type sagt er jedoch: «Einer Drucktype ähnliches, kleines Teil einer Schreibmaschine, das beim Drücken der entsprechenden Taste auf das Farbband und das dahinter eingespannte Papier schlägt.» Das hat mit einer Frau nichts zu tun – und der Erklärungsversuch wird mit einem Beispiel noch schlimmer:«Sie gehört zu dem Typ Frau, der gerne Sport treibt.» Sie gehört zu einer männlichen Person Frau, die gerne Sport treibt? Versteh ihn manchmal nicht, den Duden.
Umso mehr versteh ich die Kandidierenden, dass sie trotz der Gefahr einzuknicken freundlich vom Zaun gucken. Plakatwerbung ist auffällig und der ganzen Öffentlichkeit zugänglich. Pech haben diejenige, denen weniger gleichgesinnte Hag-Laufmeter zur Verfügung stehen. Es lohnt sich eben, früh genug umfangreiche Liegenschaften zu kaufen…
Aber es stehen ja auch andere Werbekanäle offen, zum Beispiel das Sitze-Buhlen mit bedruckten Zetteln. Dass diese Variante durchaus Erfolg hat, zeigt die offizielle Wahlflyeraktion in Geroldswil. Anstatt nur an der Umzäunung rumzuhängen, haben sich dort einige Typen und Typinnen exklusiv per Postbote präsentiert. Clever gemacht, soviel Publicity gibts sonst nicht gratis!
Februar 2023
Beim Überqueren der geschäftigen Ringstrasse in Schlieren fuhr mir einer dieser Elektroscooter-Lümmel über den rechten Schuh. Mein Fuss war flach wie ein Flunder und das war kein Wunder: Der elektrische Strassenpanzer auf zwei Rädern wog bestimmt mehrere Hundert Kilo. Meine Latsche war kaputt, der Flegel floh, ich schimpfte ihm hinterher. Kapuziger Rotzlöffel! Elendiger Rowdy, übler Burschen, mieser Wichtigtuer! So was hatte es in meiner Jugend nicht gegeben. Wir waren stets artig und lieb, hielten uns immer an die Vorgaben. Die Unschulden vom Land quasi.
Ärger mit der Polizei? Nie und nimmer! Brav wie Lämmer bewegten wir uns auf den Strassen. Darum erhielten wir meist nur Komplimente von der Polizei. Für frisierte Töffli zum Beispiel oder wenn wir mit einem freakigen Auto nächtens unterwegs waren – in gutem Zustand. Und immer angegurtet. Nur einmal nahmen mir Polizeibeamte mein Auto auf der Stelle weg. Auf der Autobahn bei Oensingen. Wegen angeblicher Gefährdung des Strassenverkehrs... Ein Kollege musste mich abholen kommen. Was solls – so ein Missgeschick passiert doch jedem mal im Leben.
Aber die Bullen waren nicht immer böse, wahrscheinlich weil wir fast immer alles richtig machten. Wie damals, als ich nach der Fasnachts-Uslumpete in Urdorf ein paar Kollegen besuchte, die im Weiniger Wald ein Festchen machten. Es war so kalt und dunkel, dass ich beschloss, mit dem Auto hinzufahren. Wieso am Waldrand stoppen, es gab doch einen Waldweg bis zur Hütte? Fahrverbotstafeln gabs wohl auch, aber was sollte mir so eine Tafel schon sagen um diese Zeit.