Pola - Daniela Dröscher - E-Book

Pola E-Book

Daniela Dröscher

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Beschreibung

Eine fabelhafte Lügnerin, eine Frau, die alles hatte: Männer, Juwelen, Häuser, Ruhm - und für Letzteres bereit war, alles andere zu opfern. Es ist die Geschichte von Pola Negri, einem der ersten Stars des jungen Kinos, deren Leben aus mehr Trug und Schein bestand, als dass eine klassische Biografie darin die Wahrheit finden könnte. Pola fährt kurz vor Weihnachten 1934 in einem Viehwagen Richtung New York. Dort wartet das Schiff, das sie zurück nach Deutschland bringen wird. Sie hofft auf ihr Comeback, doch ihre meisterhaft erschwindelte Lebensgeschichte beginnt sich unter den neuen Machthabern zu rächen und bald wird sie von dem Gerücht erdrückt, wer sich nachts einsam ihre Filme anschaut ... Der Aufbruch in die Moderne ist auch eine weibliche Geschichte, strahlende Stars wie Pola werden zu Idolen, verehrt wie einst Madonnenbilder, und ihre Freizügigkeit setzte die überkommene Ordnung außer Kraft. Dass Pola Negri am Ende selbst nicht mehr wusste, was Wahrheit, was Lüge, was Gerücht war, nutzt Daniela Dröscher mit viel Witz, Fantasie und Eigensinn. Pola ist mehr als der Roman über eine der schillerndsten Figuren des Stummfilms, über die Geliebte Charlie Chaplins und Rudolph Valentinos, es ist die Geschichte einer modernen Frau, die für ihre Karriere zu weit ging und an ihrem Glück immer zielsicher vorbei.

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»Never look down on your audience«

Iggy pop

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Berlin Verlag erschienenen Buchausgabe

1. Auflage 2012

ISBN 978-3-8270-7594-9

© 2012 Bloomsbury Verlag GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Nina Rothfos und Patrick Gabler, Hamburg

Umschlagfoto: »The Wildcat-Dellfina as Pola Negri« aus dem Projekt

»Selfportraits of others« London, 2001 von © Dellfina & Dellacroix

Datenkonvertierung: Greiner & Reichel, Köln

»Never look down on your audience«

Iggy Pop

1

ES WAR DER TAG, an dem Pola Negris Karriere zu Ende ging. Langsam rollte der Cadillac den Sunset Boulevard hinab. Neben Pola saß ein Mädchen. Ihr Lidschatten und Make-up waren zu Rinnsalen zerflossen, die Kleine hatte ununterbrochen geweint. Nun, kurz vor der Ecke Crescent Heights, waren die Tränen versiegt, das Mädchen schlief.

Dichter Nebel hing über der dunklen Fahrbahn, und erst als Pola auf die Einfahrt zusteuerte, merkte sie, dass vor dem Anwesen die cremeweiße Limousine von Mercedes de Acosta quer über den Gehweg ragte. Die Drehbuchschreiberin war bekannt für drei Dinge: für die Rollen, die sie der Garbo auf den Leib schrieb, ihre feurige Liebe zu Frauen und für die Angewohnheit, ihren Wagen einfach dort abzustellen, wo es ihr gerade gefiel.

Das abrupte Abbremsen riss das Mädchen aus dem Schlaf, Pola selbst war überrascht von der Heftigkeit, mit der ihr Wagen reagierte. Mit aufgerissenen Augen schaute die Kleine geradeaus. Pola klemmte sich eilig die Tasche unter den Arm. Beim Aussteigen stieß sie sich heftig die Stirn am Türrahmen. Fluchend stöckelte sie in die Nacht hinaus. Das zitternde Bündel an ihrem Arm tat ihr leid. Pola hatte das aufgelöste Geschöpf in einem Dineraufgegabelt. Sie hatte nach dem Gespräch mit ihrem Agenten nur kurz Halt machen wollen, um sich mit einem Banana Flip zu stärken, als plötzlich ein Mädchen auf sie zugestürzt war.

Nancy Robbins war ein stupsnasiges, sommersprossiges und außerordentlich frühreifes Kind von etwa zwölf Jahren, das in den Schulferien aus New York angereist kam, um seine Patentante, die Schauspielerlegende Alla Nazimova, zu besuchen. Die Nazimova wiederum war eng mit Mercedes de Acosta befreundet, und es kam vor, dass die beiden bei ihren Touren durch die Stadt die kleine Nancy einfach irgendwo vergaßen. Nancy tat so, als ob es sie nicht weiter kümmerte. So kess sie sich nach außen gebärdete, so zartbesaitet war sie, wenn sie nur lange genug verloren über einem Eisbecher gesessen und Rotz und Wasser in ihre Streusel geheult hatte.

An der Limousine vorbei zwängte Pola sich durch ein Tor, das auf das weitläufige Anwesen mit dem Haupthaus und etwa fünfundzwanzig kleineren Bungalows führte. Über dem Eingang prangte ein großes Holzschild »Garden of Allah«. Ein Dienstmädchen ließ sie ein. In der Mitte des kreisrunden Salons döste, ganz ohne Leine oder Käfig, ein Leopard. Als das Tier die Besucher bemerkte, schickte es ein leises Knurren zu ihnen herüber, starrte dann aber weiter trübselig vor sich hin. Mit den Schauspielerinnen der Stadt teilte die Großkatze das Schicksal, dass man sie gleich nach ihrer Ankunft in Hollywood zum Zahnarzt verfrachtet hatte: So, wie man angehenden Filmdiven sämtliche Backen- und Weisheitszähne zog, damit ihre Gesichter schmal und hohlwangig wirkten, waren dem Raubtier sämtliche Krallen und Reißzähne entfernt worden.

»Nancy, endlich«, rief Alla. Sie erhob sich aus dem malachitgrünen Fauteuil und umschlang das Kind mit dramatischer Geste.

»Sie war kurz davor, per Anhalter nach Hause zu fahren.« Wie immer, wenn Pola in Aufregung geriet, feuerte ihr polnischer Akzent dabei scharf gegen das Amerikanische. In Kombination mit ihrer dunklen, verrauchten Stimme klang sie wie ein empfindsamer Mafioso. »Ihr könnt das Kind doch nicht einfach in der Nacht zurücklassen.«

Seelenruhig kam Mercedes de Acosta auf sie zugeschlendert.

»Nancy ist dreizehn«, sagte sie. »Die halbe Stunde Fußweg hat noch niemandem geschadet.«

»Warte, ich hole dir einen Eisbeutel«, sagte Alla mit Blick auf Polas Stirn. Die Kleine zog sie mit sich, um ihr einen Klaps auf den Po zu geben. »Geh und wasch dir die Farbe aus dem Gesicht.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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