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Deutsch lernen mit mörderischen Kurzgeschichten Sie lesen gerne Krimis und möchten etwas für Ihr Deutsch tun? Mit diesen Kurzkrimis wird die deutsche Sprache zu einem spannenden und unterhaltsamen Erlebnis. Die verwendete Sprache passt genau zu Ihrem Lernniveau, so dass Ihnen das Lesen leicht fällt und Ihnen gleichzeitig viel Neues beibringt. Schwierigere Wörter sind in den Fußnoten erklärt. Für Anfänger (A1) und Wiedereinsteiger (A2).
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Seitenzahl: 150
Mörderische Kurzkrimis zum Deutschlernen
von Emily Slocum
PONS GmbHStuttgart
PONS
GESTERN AM RHEIN
Mörderische Kurzkrimis zum Deutschlernen
von Emily Slocum
Alle in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
1.Auflage 2016
© PONS GmbH, Stuttgart 2016 Alle Rechte vorbehalten
www.pons.de
E-Mail: [email protected]
Projektleitung: Francesca Giamboni
Autorin: Emily Slocum Redaktion: Christine Breslauer Covergestaltung: Anne Helbich, Stuttgart Logoentwurf: Erwin Poell, Heidelberg Logoüberarbeitung: Sabine Redlin, Ludwigsburg Bildquelle Umschlag: Akte: Thinkstock/RTimages; Leiche: Shutterstock/Irina No. Layout: PONS GmbH, Stuttgart
ISBN: 978-3-12-050101-5
Sie lesen gerne Krimis und möchten etwas für Ihr Deutsch tun? Mit diesen Kurzkrimis wird die deutsche Sprache zu einem spannenden und unterhaltsamen Erlebnis. Die verwendete Sprache passt genau zu Ihrem Lernniveau, so dass Ihnen das Lesen leicht fällt und Ihnen gleichzeitig viel Neues beibringt.
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Emily Maude Mary Slocum, Jahrgang 1987, ist Autorin, Theaterautorin und Lehrerin für Englisch. Sie wurde in Basel geboren und lebte dort bis 2006. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Köln und schreibt an ihrem ersten Roman.
Es ist vier Uhr morgens, als Elise Meyer die Polizei in Münster anruft. Sie sagt, dass ihr Mann tot im Garten liegt.
„Sind Sie sicher? Haben Sie schon einen Arzt geholt?“
Frau Meyer weint: „Nein, nein. Ich habe schon selbst versucht, meinen Mann wiederzubeleben1. Ich bin Krankenschwester.“
Eine halbe Stunde später klingelt es an Frau Meyers Tür. Zwei Polizisten stehen vor ihr – ein Mann und eine Frau.
„Guten Morgen. Mein Name ist Hensen und das hier ist meine Partnerin Jahnke.“ Frau Meyer lässt sie herein. Auch ein Rechtsmediziner2 und ein Krankenwagen sind angekommen.
„Wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen. Das hier ist Herr Weiler, der Rechtsmediziner.“
Herr Weiler kommt ins Haus.
„Bitte ziehen Sie die Schuhe aus“, sagt Frau Meyer und zeigt auf die Hausschuhe im Flur. Dann geht sie ins Wohnzimmer und lässt die drei stehen. Hensen und Jahnke sehen sich irritiert3 an.
„Sie steht bestimmt noch unter Schock“, sagt Weiler.
Er zieht seine Schuhe aus. Hensen und Jahnke tun dasselbe. Als sie das Wohnzimmer betreten, können sie die Leiche sehen. Herr Meyer liegt auf dem Rücken auf der Terrasse. Die Glasscheibe der Terrassentür ist kaputt.
„Das ist letzte Woche passiert. Wir konnten den Schaden noch nicht reparieren, weil wir noch nicht wissen, ob die Versicherung4 die Reparatur und die neue Scheibe bezahlt“, erklärt Frau Meyer.
„Wie ist das passiert?“, fragt Hensen und nimmt seinen Notizblock aus der Tasche. Frau Meyer antwortet nicht, sondern sieht Weiler hinterher. Weiler zieht sich Handschuhe an und geht hinaus auf die Terrasse zu der Leiche. Frau Meyer dreht sich weg.
„Man sollte meinen, dass ich so etwas als Krankenschwester sehen kann. Aber er ist – er war – mein Mann. Vielleicht kann ich deshalb nicht …“
„Frau Meyer, wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen. Möchten Sie sich lieber setzen?“
„Nein, es geht schon, danke“, antwortet sie leise. Dann hebt sie plötzlich den Kopf. „Aber wo bleiben meine Manieren5! Entschuldigen Sie! Möchten Sie etwas trinken? Ich wollte mir gerade einen Tee machen, als ich …“, aber sie kann nicht mehr weiter reden.
„Nein, danke. Wir möchten nichts“, sagt Jahnke und holt auch ihren Notizblock hervor. „Ihr Anruf ist um 4.03 bei uns eingegangen. Wann genau haben Sie Ihren Mann gefunden?“
Frau Meyer denkt einen Moment nach. „Ich glaube, es war um 3 Uhr morgens. Auf meinem Wecker war es 2.55, als ich wach wurde. Ich konnte nicht mehr einschlafen und wollte mir einen Tee machen. Als ich dann ins Wohnzimmer gegangen bin, habe ich ihn gesehen. Ich dachte erst, ich sehe nicht recht, aber dann wurde mir klar: Das ist Thomas. Und er ist tot.“
„Woher wussten Sie, dass er tot war?“
Frau Meyer wird laut. „Das weiß man einfach!“
Hensen und Jahnke schauen sich kurz an.
„Was ist dann passiert?“
„Ich bin zu ihm hin, habe nach seinem Puls6 gesucht. Aber er hatte keinen mehr.“
„Haben Sie versucht, ihn wiederzubeleben?“
„Ja, aber nach einigen Minuten wusste ich, dass ich nichts mehr machen kann.“
„Wie viele Minuten lang haben Sie ihn wiederbelebt?“
„Ich weiß es nicht mehr“, sagt sie gereizt7. „Vielleicht fünf, sechs Minuten lang.“
„Hat er genauso dagelegen wie jetzt?“
„Wie meinen Sie das?“
„Haben Sie ihn umgedreht, um ihn wiederzubeleben, oder hat er genauso wie jetzt auf dem Rücken gelegen?“
Frau Meyer schaut durch das Terrassenfenster. Weiler schreibt gerade etwas.
„Ich musste ihn umdrehen. Er hat mit dem Kopf zur Seite auf dem Bauch gelegen.“
Weiler kommt wieder herein und gibt Jahnke seinen Bericht. Sie liest ihn und reicht ihn dann Hensen, der auch darüber schaut8.
„Ihr Mann wird gleich zur Obduktion9 gebracht“, informiert Herr Weiler Frau Meyer. Sie nickt mit dem Kopf.
„Wissen Sie, woran er gestorben ist?“, fragt sie dann noch.
„Das kann ich noch nicht sagen. Wir müssen die Leiche genauer untersuchen und das kann eine Weile10 dauern“, antwortet Weiler. „Auf Wiedersehen, Frau Meyer“.
„Auf Wiedersehen“, sagt sie, aber begleitet ihn nicht zur Tür.
Hensen und Jahnke gehen hinaus zu der Leiche. Die Augen des Toten sind offen, sein Mund ist leicht geöffnet. In dem Bericht von Weiler steht, dass es ein natürlicher Tod oder eine Vergiftung11 sein kann.
Frau Meyer steht hinter den beiden Polizisten und weint.
„Hatte Ihr Mann körperliche Beschwerden12? War er herzkrank?“
„Nein“, antwortet Frau Meyer und putzt sich die Nase. „Er war gesund. Er ist jeden Tag mit dem Fahrrad ins Büro gefahren. Letzte Woche ist er noch zum Arzt gegangen. Er war kerngesund13.“
„Gibt es jemanden, der Ihrem Mann Schaden zufügen14 wollte? Einen wütenden Kollegen vielleicht?“
„Nein, er war Steuerberater15. Jeder mochte ihn – außer natürlich …“, sagt sie und überlegt wieder einen Moment.
„Außer wer?“, fragt Hensen.
„Nein. Das ist nicht möglich. Ich glaube nicht, dass die so etwas tun. Nein. Das geht zu weit“, sagt Frau Meyer zu sich selbst.
„Wen meinen Sie mit die?“, fragt Jahnke.
Frau Meyer kommt zu sich. „Lehmanns. Unsere Nachbarn. Mareike und Max Lehmann. Sie wohnen direkt neben uns“, erklärt sie und zeigt auf das Haus rechts neben ihrem. Hensen und Jahnke schauen in die Richtung. Die Lichter sind aus.
„Wieso sollten Ihre Nachbarn Ihren Mann umbringen?“
Frau Meyer schaut die beiden Polizisten an.
„Weil die beiden irre sind! Das sind Verrückte! Erst Freddie, dann Suzy und jetzt Thomas!“, schreit Frau Meyer.
„Frau Meyer, bitte beruhigen Sie sich. Wer sind Freddie und Suzy?“
„Sie müssen etwas tun!“
„Wir können nichts machen, wenn wir nichts Genaues wissen. Also, Frau Meyer, sagen Sie uns bitte, wer Freddie und Suzy sind.“
„Das waren unsere Katzen. Sie waren unser Ein und Alles16.“ Frau Meyer holt einen Bilderrahmen mit einem Foto von den Katzen.
„Sie haben sie vergiftet. Das Gift in ihren Körpern war genau das gleiche Gift, das Herr Lehmann für seinen Garten benutzt. Wir hatten Beweise, aber niemand wollte uns helfen“, sagt sie zitternd.
„Frau Meyer, Sie müssen sich beruhigen. Es ist doch noch gar nicht sicher, dass Ihr Mann ermordet wurde. Es war vielleicht ein natürlicher Tod. Also lassen Sie uns erst einmal abwarten.“
Frau Meyer packt Jahnke an den Armen. „Sie müssen mir helfen! Solche Leute sind gefährlich! Was ist, wenn ich das nächste Opfer bin?“, schreit sie.
„Wir werden mit Ihren Nachbarn reden und uns dann wieder bei Ihnen melden. Für heute haben Sie genug durchgemacht17. Versuchen Sie sich zu beruhigen. Sollen wir jemanden für Sie anrufen, der bei Ihnen bleiben kann?“
Frau Meyer nimmt ihre Hände von Jahnke und setzt sich in einen Sessel. Sie schaut auf den Boden. „Nein, es geht schon. Ich komme allein zurecht18.“
Hensen und Jahnke verabschieden sich. Frau Meyer reagiert nicht. Als die Polizisten fast bei der Tür sind, dreht sich Hensen um: „Frau Meyer, Sie haben uns nicht gesagt, was mit der Glasscheibe passiert ist.“
Frau Meyer schaut zu Hensen und sucht nach den richtigen Worten.
„Ich weiß es nicht mehr“, sagt sie und schaut wieder auf den Boden.
Hensen und Jahnke bleiben draußen vor dem Haus stehen und sehen den Krankenwagen wegfahren. „Da stimmt doch was nicht“, sagt Jahnke.
„Ja, da hast du recht. Ich glaube nicht, dass sie uns die ganze Wahrheit über ihren Mann gesagt hat.“
„Klingeln wir doch bei den Lehmanns. Mal schauen, was sie sagen.“
Sie gehen hinüber zu dem Nachbarhaus und klingeln drei Mal. Beim dritten Mal geht ein Licht in der oberen Etage an.
Herr Lehmann macht die Tür auf, er sieht überrascht aus.
„Um Himmels willen!19“, sagt er ganz aufgeregt. „Was ist denn passiert? Geht es Jessica gut?“
„Sind Sie Herr Lehmann?“
„Ja, das bin ich. Bitte sagen Sie, was passiert ist? Geht es meiner Tochter gut?“
„Herr Lehmann, mein Name ist Hensen und das ist Frau Jahnke. Wir sind nicht wegen Ihrer Tochter hier. Wir kommen gerade von Frau Meyer. Ihr Mann ist gestorben.“
„Thomas ist tot?“ Herr Lehmann ist schockiert. „Kommen Sie doch rein“. Eine Frau in einem Morgenmantel kommt die Treppe herunter. „Das ist meine Frau Mareike. Unsere Tochter Jessica ist gerade im Schullandheim20.“
Frau Lehmann sieht erschrocken zu den Polizisten und stellt sich neben ihren Mann.
„Was ist denn passiert?“, fragt sie ihn.
„Das sind Herr Hensen und Frau Jahnke von der Polizei. Es geht um Thomas. Er ist gestorben.“ Frau Lehmann sieht auch sehr schockiert aus. Ihre Augen füllen sich mit Tränen.
„Was? Wann? Wie ist denn das passiert?“
„Wir wissen leider noch nichts Genaueres. Frau Meyer meinte, dass Sie sich nicht gut verstanden haben. Ist das richtig?“, fragt Hensen.
Frau Lehmann kann nicht reden, sie muss sich setzen.
„Wir haben jahrelang versucht, mit den beiden auszukommen21. Wir waren freundlich und haben sogar ein paar Mal miteinander zu Abend gegessen. Doch dann sind ihre Katzen gestorben – besser gesagt22 die Katzen von Elise Meyer. Diese Tiere waren ihr Ein und Alles. Sie konnte keine Kinder bekommen. Freddie und Suzy waren wie Kinder für sie“, erklärt Herr Lehmann.
„Frau Meyer meinte, dass Sie die Katzen absichtlich mit Gift getötet haben. Stimmt das?“
„Natürlich nicht! So etwas würde ich niemals tun. Es war ein Unfall. Ich habe vergessen, die Flasche in die Garage zurückzustellen. Die Flasche war nicht richtig verschlossen. Dann sind die beiden Katzen nachts in unseren Garten gegangen und haben die Flasche umgeworfen und sich damit bekleckert23. Wahrscheinlich haben sie das Gift geschluckt, während sie sich geputzt haben. Anders kann ich es mir nicht erklären. Elise hat uns sofort die Schuld gegeben. Sie wollte mir einfach nicht glauben. Dann hat der Krieg angefangen.“
„Krieg? Was meinen Sie mit Krieg?“, fragt Jahnke.
„Unser Nachbarschaftskrieg. Der dauert jetzt schon zwei Jahre. Es ist verrückt. Elise ist verrückt! Sie hat unseren Baum angezündet. Ich hatte den Baum gepflanzt, als Jessica geboren wurde. Können Sie sich das vorstellen? Dann haben wir versucht, mit ihnen zu reden, aber Elise hat gesagt, sie ist es nicht gewesen. Thomas hat nie viel zu dem Thema gesagt. Er war ein sehr ruhiger Mensch und wollte keine Probleme. Aber Elise nicht. In den zwei Jahren hat sie unseren Baum abgebrannt, unsere Fahrräder zerstört, unseren Hund Gina vergiftet und unsere Tochter belästigt24. Jessica hat sogar Angst, aus dem Haus zu gehen. Sie fürchtet, dass Frau Meyer auf sie wartet und sie ärgert. Was für ein Mensch tut so etwas?“
„Ein sehr verzweifelter25 Mensch“, sagt Frau Lehmann.
„Frau Lehmann, geht es Ihnen gut? Sie sehen sehr blass aus.“
Frau Lehmann sieht zu den Polizisten und ihrem Mann und beginnt zu weinen. Sie hält sich die Hände vor das Gesicht.
„Das ist alles meine Schuld!“, sagt sie und weint noch mehr.
„Wovon sprichst du, Mareike?“, fragt Herr Lehmann seine Frau. „Wir sind hier die Opfer!“
Hensen geht zu Frau Lehmann und versucht sie zu beruhigen. Jahnke redet mit Herrn Lehmann weiter.
„Wissen Sie, was mit der Terrassentürscheibe der Meyers passiert ist?“
„Ja, das tue ich. Thomas und Elise haben sich vor einer Woche laut gestritten. Wir konnten nicht verstehen, worum es geht, aber wir haben die Scheibe zerbrechen hören. Vielleicht hat einer der beiden etwas Schweres gegen die Scheibe geworfen. Wir wollten schon die Polizei rufen, aber dann wurde es plötzlich still. Es hat seither keinen Streit mehr gegeben, aber wir haben die beiden noch nie so laut streiten hören. Das ist nicht ihre Art. Da ist sicher etwas sehr Schlimmes passiert.“
Während Jahnke sich Notizen macht, redet Hensen mit Frau Lehmann.
„Sie sehen sehr traurig aus. Gibt es vielleicht etwas, das Sie uns sagen möchten?“
Frau Lehmann sieht Hensen an. „Ich kann nicht“, sagt sie und schaut zu ihrem Mann.
„Möchten Sie vielleicht mit mir unter vier Augen reden26? Ist Ihnen das lieber?“ Frau Lehmann nickt, führt Hensen ins Arbeitszimmer und macht die Tür zu. „Sie dürfen das nicht meinem Mann erzählen. Sie müssen mir versprechen, dass Sie es nicht meinem Mann erzählen“, sagt Frau Lehmann.
„Alles, was Sie uns zu diesem Fall27 erzählen können, ist wichtig. Es kann uns sehr helfen, den Fall zu klären.“
Frau Lehman überlegt und beginnt dann vorsichtig zu erzählen.
„Es hat letzten Herbst angefangen. Ich wollte es erst gar nicht, aber dann habe ich mich doch mit ihm eingelassen28.“
„Mit Herrn Meyer? Sie hatten eine Affäre?“
„Ja. So kann man das nennen. Ich wollte es beenden, aber Thomas nicht. Er wollte sogar alles seiner Frau erzählen, damit er und ich zusammen sein können. Ich wollte aber meinen Mann nicht verlassen und habe ihn gebeten, nichts zu erzählen. Ich liebe meinen Mann …“
„Meinen Sie, bei dem Streit der Meyers von letzter Woche ging es um die Affäre?“
„Ich weiß es nicht. Ich habe seit unserem letzten Gespräch nichts mehr von Thomas gehört. Er wurde sehr still und hat mich nicht einmal mehr auf der Straße gegrüßt.“ Frau Lehmann schaut ängstlich zu Hensen.
„Bin ich jetzt eine Verdächtige29?“
„Wir müssen Sie und Ihren Mann auf die Polizeiwache mitnehmen, damit Sie eine vollständige Aussage30 machen können. Es ist vielleicht besser, wenn Sie sich etwas anziehen.“
Frau Lehmann sieht auf ihren Morgenmantel und nickt mit dem Kopf. Hensen geht wieder zu Jahnke, die immer noch Notizen macht. Herr Lehmann redet immer noch.
„Darf ich Sie kurz sprechen, Jahnke?“ Hensen nimmt Jahnke beiseite31 und erzählt ihr von der Affäre zwischen Herrn Meyer und Frau Lehmann.
„Denkst du, sie hat etwas mit Meyers Tod zu tun?“, fragt ihn Jahnke.
„Nein, eher nicht. Wenn aber Herr Lehmann von der Affäre erfahren hat, dann hat er vielleicht etwas damit zu tun.“
Sie nehmen die Lehmanns mit auf die Polizeiwache, damit sie ihre Aussagen machen können. Danach warten sie auf das Ergebnis von Rechtsmediziner Weiler. Dieser ruft um 6.15 Uhr an und sagt, dass es sich um eine Vergiftung handelt. „Es ist definitiv Mord. Jemand hat Tabak in Wasser aufgelöst32 und ihm gegeben. Es reicht der Tabak einer Zigarette in Wasser aufgelöst, um jemanden zu vergiften.“
„Wir müssen auch Frau Meyer hierher holen, damit sie ihre Aussage machen kann“, sagt Hensen zu Jahnke, nachdem er aufgelegt hat. Er ruft bei Frau Meyer an, aber sie geht nicht ans Telefon.
„Da müssen wir wohl wieder hinfahren“, sagt Jahnke und reicht Hensen einen Kaffee.
„Das ist heute meine neunte Tasse“, sagt er lächelnd zu Jahnke.
„Und das hier“, sagt sie, „ist meine zehnte.“
Jahnke und Hensen machen sich auf den Weg und fahren zurück zum Haus der Meyers. Als sie dort ankommen, sehen sie, dass die Haustür nicht geschlossen ist.
„Denkst du, Frau Meyer hat vergessen, die Tür zuzumachen?“, fragt Jahnke.
„Nein. So etwas vergisst sie nicht.“
Jahnke und Hensen gehen vorsichtig in das Haus hinein.
„Frau Meyer? Hier sind Hensen und Jahnke – die Polizisten von heute Morgen. Wir kommen jetzt rein. Hören Sie mich, Frau Meyer?“, ruft Jahnke, aber es kommt keine Antwort. Als die beiden Polizisten ins Wohnzimmer treten, sehen sie Frau Meyers Leiche. Sie liegt auf dem Boden. Neben ihr liegen zwei leere Packungen Tabletten und ein Abschiedsbrief.
Jahnke schaut sich die Tablettenschachteln an.
„Das sind Beruhigungstabletten und Schlafmittel. Sie hat alle geschluckt.“
Hensen nimmt den Brief und liest ihn laut vor: „Es tut mir sehr leid, was ich getan habe. Ich habe meinen Mann vergiftet, weil ich letzte Woche erfahren habe, dass er eine Affäre mit Mareike Lehmann hatte. Das war zu viel für mich. Ich dachte, der Schmerz wird vorbeigehen, wenn er tot ist. Aber jetzt weiß ich, dass es nicht so ist. Also will auch ich nicht weiterleben. Es tut mir sehr leid.“
Die vier Freunde Andrea, Simon, Marlene und Richard sitzen in Richards Auto vor einem Haus etwas außerhalb von Berlin. In dem Haus findet eine wilde Party statt. Alle außer Richard sind betrunken. Er holt seine Freunde von der Party ab, weil sie kein Geld für ein Taxi nach Hause haben. Sie wohnen alle in Berlin-Mitte.
„Wir wollen weiter feiern!“, sagt Marlene und nimmt einen Schluck aus ihrer Bierflasche. Andrea und Simon sind auch noch nicht bereit, nach Hause zu fahren.
„Die Nacht ist noch jung und der Spaß hat doch gerade erst begonnen!“, sagt Simon und klopft Richard auf die Schulter.