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Calisthenics, das Street-Workout mit dem eigenen Körpergewicht, ist perfekt für den Muskelaufbau und die Steigerung der allgemeinen Fitness. Bodyweight-Training-Experte Paul Wade, seit Erscheinen seines Bestsellers Trainieren wie im Knast bekannt für seine unkonventionellen, progressiven Methoden, hebt Calisthenics auf ein neues Power-Level. Wenn auch du das ganze Paket willst, also schnell, stark, belastbar und agil sein willst, ist sein Konzept genau das Richtige für dich. Mit explosiven Sprüngen, Power-Push-ups, Kip-ups, Vorwärts- und Rückwärtsrotationen sowie dynamischen Schwüngen kannst du deine Calisthenics-Fertigkeiten ultimativ weiterentwickeln. Über zehn Stufen wirst du vom Anfänger zum Master und steigerst dich von einfachen Übungen zu Suicide Jumps, Frontflips und Muscle-ups. Wade zeigt, wie du das Training richtig planst, Einheiten und Wiederholungen effektiv einsetzt und dich von Progression zu Progression weiterentwickelst – bis du dein Ziel erreicht hast: maximale Muskelkraft, Beweglichkeit und Schnelligkeit!
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PAUL »COACH« WADE
POWERCALISTHENCS
Das Bodyweight-Training für maximale Muskelkraft,Beweglichkeit und Schnelligkeit
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Für Fragen und Anregungen:
1. Auflage 2018
© 2018 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2015 bei Dragon Door Publications unter dem Titel Explosive Calisthenics.© 2015 Paul »Coach« Wade. All rights reserved.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Übersetzung: Markus Hederer
Redaktion: Karin Leonhart für bookwise medienproduktion GmbH, München
Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer
Umschlagabbildungen: Al Kavadlo, Danny Kavadlo, Grace Kavadlo, Adrienne Harvey, Michael Polito und George Pruitt
Layout: Maria Wittek
Satz: BUCHFLINK Rüdiger Wagner, Nördlingen, für bookwise medienproduktion GmbH, München
Druck: Firmengruppe APPL, aprinta Druck, Wemding
ISBN Print 978-3-7423-0512-1
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-0058-1
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0057-4
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PAUL »COACH« WADE
POWERCALISTHENCS
Das Bodyweight-Trainingfür maximale Muskelkraft,Beweglichkeit undSchnelligkeit
riva
INHALT
Vorwort von John Du Cane
TEIL I: SCHNELLKRAFT, SCHNELLIGKEIT, AGILITÄT
1: EINSCHALTEN! Schnelligkeit tut not
2: EXPLOSIVES TRAINING: Fünf Prinzipien
3: WIE DU DIESES BUCH BENUTZT: Kernkonzepte und Antworten
TEIL II: DIE EXPLOSIVE SIX
4: POWER JUMPS: Kraftvolle Sprünge
5: POWER PUSH-UPS: Maximalkraft wird Schnellkraft
6: KIP-UPS: Kung-Fu-Körperschnelligkeit
7: DER FRONTFLIP: Blitzschnelle Bewegungsfertigkeiten
8: DER BACKFLIP: Ultimative Agilität
9: DER MUSCLE-UP: Optimale Explosivkraft
TEIL III: TRAININGSPLANUNG: THEORIE UND TAKTIK
10: FORTSCHRITTE ERZIELEN: Das PARC-Prinzip
11: SCHNELLKRAFT UND FERTIGKEIT: Methodenlehre des Zwillingstrainings
12: SCHNELLKRAFTTRAINING: Dreierregel und Sechserregel
13: FERTIGKEITSTRAINING: Time Surfing und Konsolidierungstraining
14: BEISPIELPROGRAMME: Muster für Trainingseinheiten
BONUSMATERIAL
BONUSTEIL 1: Schnelligkeitstraining für Könner: »Coach« Wades Top-Ten-Tricks und -Hacks
BONUSTEIL 2: Tierisches Agilitätstraining
DIE EXPLOSIVE SIX: ALLE PROGRESSIONSTABELLEN
Die Models
Bildnachweis
Dank
HAFTUNGSAUSSCHLUSS
Fitness und Körperkraft sind ohne Gesundheit vollkommen bedeutungslos. Mit dem korrekten Training sollten sich die drei Qualitäten wie von selbst gemeinsam weiterentwickeln. In diesem Buch wird wiederholt die Wichtigkeit sicheren Trainings betont, doch jeder Mensch ist anders. Trainiere also vorsichtig und auf eigenes Risiko. Diese Warnung gilt umso mehr bei Schnellkrafttraining und Übungen mit hoher Geschwindigkeit. Du bist für deinen Körper selbst verantwortlich - pass gut auf ihn auf! Und vergiss nicht, dass du vor dem Einstieg ins Training einen Arzt konsultieren solltest. Sei vorsichtig!
Dieses Buch dient der Unterhaltung. Es ist keine Biografie. Namen, Geschichten und Lebensumstände der hier erwähnten Personen wurden entweder teilweise oder ganz geändert. Ungeachtet dessen gelten alle in diesem Band aufgeführten Übungsprinzipien - Techniken, Methoden und theoretische Grundlagen - uneingeschränkt. Nutze sie und werde der oder die Beste.
Für John Du Cane, den größten Fitnessinnovator aller Zeiten
VORWORT
Die größten Fitnessautoren packen dich am Handgelenk - und ziehen dich mit einem Ruck in eine neue Welt des Sich-selbst-Übertreffens. Sie beflügeln dich, deine selbst auferlegten körperlichen Grenzen zu überschreiten und athletisch hoch hinauszuwollen. Diese Autoren öffnen dir neue Perspektiven und erlauben dir, von Großem zu träumen.
Diese außerordentlichen Autoren zwingen dich, aus der Schar der Verlierer auszubrechen -um Anführer zu werden, Überlebender und Gewinner im Spiel des Lebens. Aber sie fordern dich nicht nur heraus. Sie geben dir die Mittel, die Geheimnisse, die Wissenschaft, die Weisheit, die Blaupausen, die bewährten Methoden und die Progressionen, die Erfolg unausweichlich machen - wenn du deinen Teil stetiger, sorgfältiger und gekonnter Anwendung beiträgst.
Jeder Einzelne der Autoren verfügt über seine eigene mächtige, beseelte, intuitive Stimme. Sie sind Ausdruckskünstler. Sie schwingen tief greifend auf ihrer eigenen Wellenlänge. Man kann die bedingungslose Wahrheit ihrer Botschaft in jedem Satz fühlen.
Und nun, traurig, aber wahr: Ich brauche nicht mal alle zehn Finger, um alle Fitnessautoren aufzuzählen, die mich je bewegt haben. Und ich wette, du auch nicht. Solche Autoren sind so selten wie ikonische Athleten, wie die Michael Jordans ihrer Zunft.
Und wenn Gott mir alle Finger, außer dem rechten Zeigefinger, abhacken und mich dann auffordern würde, auf den besten zeitgenössischen Fitnessautor zu zeigen? Dann würde ich, ohne eine Sekunde zu zögern, auf Paul Wade deuten.
Ich bin stolz darauf, in der Welt der Fitnessautoren wahre Könner zu erkennen. Aber als ich im September 2008 zum ersten Mal ein Auge auf Pauls Trainieren wie im Knast warf, haute es mich um. An jeder Stelle sprang einem Größe entgegen. Vor mir lag ein Werk, das die Fitnesslandschaft gewaltig ändern konnte - und es hielt sein Versprechen. Mittlerweile ein legendärer internationaler Bestseller, kann Trainieren wie im Knast von sich behaupten, der große Impulsgeber für das Wiedererstarken von Körpergewichtstraining gewesen zu sein.
Und nachdem Trainieren wie im Knast 2 Pauls Stellung als herausragende Autorität in Sachen Körpergewichtsübungen zementiert hat, gibt es für mich keinen Zweifel, dass sein neues Meisterwerk Power Calisthenics wieder einmal alle Rekorde brechen wird.
Was macht Power Calisthenics so aufregend - und letztlich so grundlegend? Alles gründet auf den Gesetzen nackten Überlebens. Aber nicht nur die Stärksten kommen durch. Nein, viel mehr gilt: »Nur die Stärksten, Flinksten, Gewandtesten, Schnellkräftigsten und Explosivsten überleben.« Um in der Gruppe ein Anführer, Dominator und Überlebender zu sein, brauchst du das ganze Paket.
Traditionelle Kampfkünste haben schon immer von der Notwendigkeit des Trainings des gesamten Pakets gewusst - mit explosiver Schnellkraft an oberster Stelle. Dazu kommt die Belastbarkeit: Gelenke, Bänder, Muskeln, Organe und das Nervensystem sind für Hochleistung bereit.
Und auch das müssen wirklich große Athleten sein: agil von Beginn an, rasend schnell, explosiv schnellkräftig, übermenschlich stark, von unglaublichem Willen...
Wie wird man überragend als Kampfkünstler, als Athlet - oder in fast allem? In erster Linie durch Herausbilden der Fundamente und Grundlagen. Man wird überragend, indem man die Fertigkeiten trainiert, die notwendig sind, um die Bewegungen zu vollziehen. Niemand wird gut durch halbherziges Anwenden oder spezielle »Tipps«, die einen auf magische Weise in ein Monster verwandeln. Hör auf zu träumen!
Schau auf das Wort »Fertigkeit«. Die Grundlagen werden durch das Herausbilden von Schnellkraft und Schnelligkeit gelegt. Aber Power Calisthenics zeigt meisterhaft die Fertigkeitsübungen, die man braucht, um schwierigere Bewegungen zu schaffen. Deshalb: Power Calisthenics ist gedacht für die Uberlebenden und Gewinner im Spiel des Lebens. Power Calisthenics ist für die, die das komplette Paket repräsentieren wollen: schnellkräftig, explosiv, stark, agil, flink und widerstandsfähig.
Aber - Gütesiegel wahrer Größe - Power Calisthenics schickt dir nicht nur den Traum des ganzen Pakets, sondern es liefert dir die komplette Blaupause, jedes Detail und jede Progression, die du möglicherweise willst und brauchst, um deinen Traum zu verwirklichen. Du, das komplette Paket - alles liegt bereit, Schritt für Schritt.
Ich bewundere Paul Wades Brillanz, die Weisheit, die absolute Machbarkeit, die unwiderstehliche Verbindlichkeit - die Klarheit. Es gibt das sich hartnäckig haltende Gerücht, ich wäre Paul Wade und hätte heimlich Trainieren wie im Knast geschrieben und hätte eine verlogene Marketingmasche ausgeheckt, um es zu verkaufen. Sehr lustig! Ach, wenn ich selbst nur so brillant sein könnte! Mir ist bewusst, wie viele Hunderttausend Menschen auf der ganzen Welt als Ergebnis der beiden ersten Bände von Paul Wades Trainieren wie im Knast mittlerweile stärker und gesünder sind. Es ist ein tolles Gefühl, und ich bin vor allem stolz, dass ich dazu beitragen durfte, seine Botschaft zu verbreiten.
Und für alle, die den Mut, den Willen und die Tapferkeit haben weiterzumachen, kommt die nächste Etappe: Power Calisthenics: die Chance, nicht nur stark und gesund zu sein, sondern das Gesamtpaket zu erwerben. Wenn du magst, hier ist es...
John Du Cane, Inhaber undCEO von Dragon Door Publications
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Schnelligkeit tut not
Wichtiges zuerst: Wer zur Hölle bin ich, dass ich dir beibringe, wie du mit dem eigenen Körpergewicht unglaubliche Schnellkraft und Schnelligkeit aufbaust?
Berechtigte Frage. Mein Name ist Paul Wade, und es ist womöglich sinnvoller, dir zu sagen, was ich nicht bin: Ich bin kein zertifizierter Personal Trainer, ich bin kein berühmter Spitzenathlet, und ich bin mit verdammter Sicherheit kein Wissenschaftler mit einer Million Doktortiteln, der eine Arbeit über neuronale Übertragung und den Zusammenhang mit plyometrischer Überlastung geschrieben hat. (Wow! Jetzt hab ich mich selbst beeindruckt. Aber nur ein bisschen.)
Ich respektiere all die Leute, die ich gerade erwähnt habe. Jeder verfügt über ein Spezialwissen, das in den meisten Fällen meinem überlegen ist. Wenn du Bücher von solchen Frauen und Männern kaufen willst - es gibt viele davon. Meine Ausbildung war anders. Was ich über Körpergewichtstraining gelernt habe, geschah während fast 20 Jahren obsessiven Trainings in US-Institutionen wie San Quentin, LSP (Louisiana State Penitentiary, »das Alcatraz des Südens«) und USP Marion (United States Penitentiary Marion, Illinois). Wenn du dich mit Gefängnissen auskennst, wird dir die Aufzählung merkwürdig vorkommen. Der Grund: Ursprünglich wurde ich wegen Drogenbesitzes und dem Vorsatz ihrer Herstellung eingesperrt, später wegen Drogenhandels über Staatsgrenzen, ein Bundesdelikt.
Kraft-Calisthenics hat in US-Strafanstalten eine lange Tradition. Diese körnigen alten Fotos stammen aus einem Artikel mit der Überschrift »Training in San Quentin«, der 1939 in einer Ausgabe des Health & Strength Magazine erschienen ist. Oben links und rechts zeigen Insassen Teamübungen, der Aufklapper unten präsentiert den Gefängnis-Calisthenics-Club. Der muskulöse Athlet ganz rechts war und ist der »Vater« moderner Calisthenics. Jung und bartlos, aber unverwechselbar: mein Mentor, der große Joe Hartigan.
Jetzt höre ich mit den Gefängnisgeschichten wieder auf. Meine Bücher sind kein Versuch, Gefängnisse als tolle Gladiatorenschulen hinzustellen, das sind sie wirklich nicht. Und an mir ist nichts Gangstamäßiges. In manchen Kreisen allerdings sind US-Gefängnisse immer noch wichtige Wissensquellen für Körpergewichtstraining, denn die Zellenathleten verfügen über nur wenige Hilfsmittel. (Dies galt vor allem für die ältere Generation der Insassen.)
Mein wichtigster Lebensinhalt bestand in den vergangenen zehn Jahren darin, so viel nützliches Wissen wie möglich für alle Athleten dieser Welt zu verbreiten, die sich dafür interessieren. Jenseits des Schreibens ziehe ich es vor, anonym zu bleiben - aus verständlichen Gründen, wie ich finde. Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen und meine Fehler rückgängig machen. Aber ich kann versuchen, aus den dunklen Jahren etwas Gutes weiterzugeben.
Fazit: Wenn du Anweisungen von einem offiziell zertifizierten Experten erwartest, der dir jede Aminosäure nennen kann, und jede neue wissenschaftliche Studie über Training liest (und auch verstehst!), dann hast du dich für das falsche Buch entschieden. Aber ich hoffe, du bleibst noch ein paar Seiten dabei - ich würde dich gern kennenlernen!
Außerdem: Wer weiß? Mit ein bisschen Glück kann ich dir sogar ein, zwei Sachen beibringen, die die zertifizierten Jungs noch gar nicht kennen.
Dieses Handbuch konzentriert sich auf drei wichtige athletische Fähigkeiten:
In diesem Kapitel erkläre ich dir diese drei Fähigkeiten mithilfe von Arbeitsdefinitionen. Es gibt natürlich auch andere gültige Definitionen. Ich stelle hier die vor, die ich mit meinen Athleten benutze. Sie sind direkt, leicht verständlich und ziemlich einfach.
Der Begriff Schnellkraft (englisch: Power) verwirrt Athleten oft, weil er oftmals fälschlicherweise als Synonym für Kraft verwendet wird. Tatsächlich fehlt es vielen großen, starken Männern - ironisch Powerhouses genannt - im Vergleich zu kleineren Athleten an Schnellkraft. Schnellkraft ist eine Mischung aus Kraft und Schnelligkeit.
Dass Maximalkraft keine Schnellkraft verlangt, klingt ein bisschen verrückt, aber es stimmt. In ihrer Reinform braucht Maximalkraft null Schnelligkeit. Stell dir einen Mann vor, der einen Wagen hält, damit sein Kind nach einem Unfall darunter hervorkriechen kann: Er braucht extrem viel Kraft, aber keine Schnellkraft - denn ohne Bewegung keine Schnelligkeit.
Kraftmensch Warren Lincoln Travis baute eine Maschine, mit der er große Gewichte auf dem Rücken tragen konnte: den Back Lift. Er schaffte damit 1970 kg! Unglaubliche Maximal-, aber keine Schnellkraft - er bewegte sich nicht.
Maximalkraft ohne Schnellkraft gibt es auch im Körpergewichtstraining. Sowohl die oben gezeigte Technik als auch die auf der gegenüberliegenden Seite unten verlangt viel Maximalkraft (vom Gleichgewicht ganz zu schweigen), aber da es sich um statische Haltungen handelt, keine Geschwindigkeit und damit keine Schnellkraft.
Nun stellen wir uns einen Kung-Fu-Meister vor, der eine Backfist so blitzartig schlägt, dass er damit die Flamme einer Kerze löscht, die fast einen Meter entfernt ist. Hier spielt Schnelligkeit eine sehr große, aber dafür Maximalkraft (und damit auch Schnellkraft) so gut wie keine Rolle, denn der Arm »arbeitet« ohne Widerstand.
Eine erhebliche Last wie den eigenen Körper zu bewegen erfordert sofortige Schnellkraft!
Echte Schnellkraft liegt irgendwo in der Mitte. Sie speist sich aus der Summe von Geschwindigkeit und Maximalkraft. Je größer der Widerstand, desto mehr Maximalkraft und weniger Geschwindigkeit und umgekehrt. Diesen Mittelweg zu echter Schnellkraft begeht man weder durch das Absolvieren von Übungen mit geringem Widerstand (wie Schlagen oder Treten) noch durch den Versuch, große Hanteln zu stemmen, sondern durch schnelles Bewegen des eigenen Körper(gewicht)s, wie es Akrobaten oder Parkourläufer tun. Das ist Schnellkraft in der Athletik.
Lass mich etwas sagen, das sich vielleicht komisch anhört: Reine Schnelligkeit interessiert mich eigentlich gar nicht. Was meine ich mit »reiner Schnelligkeit«? Olympia-Coach Al Murray gibt darauf eine Antwort:
Manche sprechen von Schnelligkeit und vom schnellsten Athleten der Welt, aber das kann oft falsch sein. Zu behaupten, jemand wäre schnell, weil er in Rekordzeit viele Meilen zurücklegt, führt in die Irre, denn es handelt sich um Ausdauer. Aber wenn jemand über sehr kurze Distanz sehr schnell ist oder im Vollziehen einer Einzelaktion, wie Schlagen, Treten, Springen oder Richtungswechsel, ist das für mich Schnelligkeit.
Al Murray, M.S.R.G., Modern Weight-Training (1963)
Manche Trainingsbücher treiben diese Idee zu weit. Sie konzentrieren sich sehr auf reine Schnelligkeitstricks wie Münzenwerfen und Fangen oder einen Rechenschieber zu fassen, den ein anderer Athlet hat fallen lassen. Leider ist solche reine Schnellkraft nutzlos, da wir lediglich in Ausnahmesituationen nur eine Extremität oder einen Körperteil bewegen müssen. Unser Körper bewegt sich meistens als Ganzes. Deswegen interessiert mich funktionelle Schnelligkeit viel mehr: den ganzen Körper so schnell bewegen, wie es seine anatomische Struktur erlaubt.
Dieses Buch bringt dir bei, wie du deinen ganzen Körper blitzschnell bewegst. Im Sport oder im wahren Leben reicht es nicht, nur ein Körperteil zu verlagern, egal, wie schnell du das auch kannst. Stell dir nur mal vor:
einen Soldaten, der sich vor dem Kugelhagel duckt,über ein Hindernis zu springen,einen Kämpfer, der einem heranstürmenden Gegner ausweicht,schnell über ein Mauer zu klettern, um einer Gefahr zu entgehen,sich in der Luft zu drehen, um sicher zu landen.Das sind Beispiele für Schnelligkeit, in denen der ganze Körper bewegt wird und weshalb wir uns darauf konzentrieren, das in den Übungen nachzuvollziehen. (Schnelligkeit und Schnellkraft überlappen sich hier: Den ganzen Körper schnell zu bewegen erfordert wegen der Körpermasse Schnellkraft.)
»Matrix«-Style! Handschnelligkeit allein ist nutzlos, nur Fußgeschwindigkeit auch. Im echten Leben - Kampf, Sport oder Überlebenssituation - bewegst du deinen ganzen Körper schnell, oder du hast keine Chance!
Ein Problem des Trends zur Plyometrie: Die Übungen bauen Schnellkraft auf, aber nicht Agilität. Ein Athlet kann sehr schnellkräftig sein, aber dennoch wenig agil. Schnellkräftige Athleten können schnell in eine Richtung explodieren, aber ihnen fehlt die Fähigkeit, bei hoher Geschwindigkeit die Richtung zu wechseln. Immer wenn es um mehrere Richtungen oder Geschwindigkeiten geht, ist Agilität im Spiel. (In diesem Sinn entspricht Agilität komplexer Schnellkraft, im Gegensatz zu einfacher Schnellkraft, die in eine Richtung wirkt.)
Nehmen wir einen Rückwärtssalto als Beispiel. Ein Athlet kann über große vertikale Sprungkraft (Schnellkraft) verfügen, aber vollkommen unfähig für einen Rückwärtssalto (Schnellkraft + Agilität) sein. Warum? Weil ihm die Fähigkeit fehlt, die Richtung zu wechseln und die notwendigen Muskelgruppen ins Spiel zu bringen, die mit Gleichgewicht, Schnelligkeit und Präzision die Fertigkeit vollenden (was sich auf Kip-ups bis hin zu Muscle-ups übertragen lässt).
Dieses Buch enthält Übungen, die dich auf ein hohes Agilitätsniveau führen. Schnellkraft kann man sich einfach aneignen - ähnlich wie Maximalkraft -, Agilität sollte aber wie eine Fertigkeit trainiert werden. Teil III erklärt den Unterschied und vermittelt die verschiedenen Trainingsmethoden, die du für optimale Schnellkraft und Agilität brauchst.
Schnellkraft kann man einfach in eine Richtung ausdrücken - wie bei einem Vertikalsprung.
Agilität ist komplexer und erfordert wechselnde Geschwindigkeit -wie bei einem Kip-up. (Die Pfeile zeigen die Richtungen der Kräfte.)
In diesem Buch beziehe ich mich zuweilen auf eine vierte Qualität: Reflexe. Oft verwenden Laien und Athleten den Begriff falsch. Meistens geht es um die Fähigkeit, defensiv auf einen äußeren Reiz wie ein sich näherndes Objekt zu reagieren, wie einem Schlag auszuweichen oder einen Pfeil in der Luft zu fangen. Das ist aber nicht ganz richtig. Reflexe sind viel grundlegender: Es handelt sich um automatische Bewegungen als Antwort auf einen relevanten Reiz.
Stell dir vor, du verfehlst auf einer Treppe eine Stufe. Ob du stürzt oder dein Bein sich und damit den Körper automatisch stabilisiert, hängt von der Qualität deiner Reflexe ab. Reflexe sind schneller als das Gehirn, denn sie finden »nur« zwischen Rückenmark und den Muskeln statt. Wenn etwas so schnell geschieht, dass das Gehirn nicht darauf reagieren kann, übernehmen die Reflexe, woraufhin das Nervensystem mithilfe Tausender Berechnungen und Anpassungen versucht, den Körper zu sichern, meistens erfolgreich.
Wenn das alles schon nach einem Fehltritt passiert, wie hart müssen die Reflexe erst arbeiten, damit deine Arme während eines Handstandüberschlags richtig agieren oder du nach einem Salto sicher landest?
Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn du in Sachen Schnellkraft, Schnelligkeit und Agilität Spitze sein willst, musst du deine Reflexe auf denselben Stand bringen. Das kommt automatisch mit dem Üben. Wenn du willentlich mit ballistischen Schnellkraftbewegungen anfängst, müssen auch jede Menge unwillkürliche Prozesse ablaufen, Vorgänge, die schneller sind, als das Bewusstsein mitbekommt. Wenn du einen explosiven Push-up, Flip oder Kip-up absolvierst, musst du in Bruchteilen von Sekunden nachsteuern und landen. Tatsächlich trainierst du deine Reflexe, damit sie es für dich übernehmen. Obwohl viele deiner Reflexe angeboren sind (natürliche oder unbedingte Reflexe genannt), können wir unser Nervensystem auch darauf trainieren, auf unterschiedliche Situationen effizienter zu reagieren. Das nennt man bedingte Reflexe.
Was nehmen wir davon mit? Wenn du mithilfe der Übungen dieses Buches richtig trainierst, werden sich deine Reflexe automatisch bis auf Schwarzgurt-Niveau steigern. Und du musst dafür nicht einen einzigen Pfeil fangen, Ninja-Boy!
Die meisten Fitnessstudio-Athleten bauen Maximalkraft auf, aber wahre Athletik - und jugendlich frische Bewegungen - bleibt für sie immer außer Reichweite, weil es ihnen nicht gelingt, die drei wichtigsten explosiven Qualitäten zu entwickeln: Schnellkraft, funktionelle Schnelligkeit und Agilität. (Deine Reflexe sind auch entscheidend; sie sind sozusagen die Summe des Aufbaus der drei Hauptfähigkeiten.)
Wenn du den Anweisungen dieses Buches folgst, kannst du all diese Fähigkeiten aufbauen, und zwar schneller und effizienter als das Entwickeln von Maximalkraft. Jeder, der sich schnell bewegen kann, ist auch in der Lage, fantastische Schnellkraftwerte zu erreichen - die Art explosiver Schnellkraft, die die meisten Leute nur bei wilden Tieren oder in Superhelden-Comics erleben. Mit modernen Methoden allein ist es aber nicht getan. Du musst die unfunktionellen Maximalkraftübungen bleiben lassen, die dir Trainer im Fitnessstudio beibringen. Und du musst zurück zu den Hardcore-Basics und es richtig anpacken. Was bedeutet »richtig«?
Das kommt als Nächstes.
2
Fünf Prinzipien
Als ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, informierte ich mich, wie Athleten explosive Schnellkraft und Maximalkraft trainieren. Was ich gesehen habe, war, ehrlich gesagt, ein Fiasko. Viele traditionelle Calisthenics-Methoden, beispiels-weise aus den Kampfkünsten, die jahrhundertelang zum Aufbau von Schnellkraft und Agilität genutzt worden waren, waren auf der Strecke geblieben. Stattdessen verwendeten die Leute Gimmicks wie Kegel, elastische Bänder und andere Hilfsmittel.
Was die Angelegenheit noch schlimmer macht, ist der Umstand, dass nur ein winziger Prozentsatz an Explosivität per se arbeitet. Und die Athleten, die auf Schnelligkeit, Schnellkraft und Agilität trainieren, tun es als Nebeneffekt, weil es Fähigkeiten sind, die für eine bestimmte Sportart gebraucht werden. Traurigerweise trainieren die meisten Leute, die ins Fitnessstudio gehen, weder Schnelligkeit noch Schnellkraft! Man hat ihnen beigebracht, ihr Training rund um Bodybuildingbewegungen aufzubauen, die mit externen Gewichten und Maschinen absolviert werden. Und weil diese Bewegungen langsam und mit isolierten Muskeln oder Muskelgruppen ausgeführt werden, gewöhnen sie eben den Muskeln und dem Nervensystem ab, sich schnell oder ganzheitlich zu bewegen. Ja, das meiste Training im Studio macht die Leute langsamer. Wenn du darüber nachdenkst, wirst du mir recht geben.
In Verbindung mit der immer mehr um sich greifenden Fettsucht gibt es keinen Zweifel: Moderne US-Amerikaner sind die Langsamsten und am wenigsten Agilen unserer Spezies seit Menschengedenken.
Das muss aber nicht so sein. Du kannst deinem Körper beibringen, der blitzschnelle, explosive und akrobatische Superjäger zu sein, der in deinen Genen steckt. In diesem Buch stelle ich dir ein System zum Aufbau von Schnelligkeit, Schnellkraft und Agilität vor. Wegen meines persönlichen Hintergrunds basiert das System auf einer Handvoll unschlagbarer Prinzipien.
Verwende Körpergewicht!Sei Spartaner!Nutze Ganzkörpertraining!Konzentriere dich auf wenige Übungen!Sei progressiv!Lass uns die fünf Prinzipien kurz betrachten.
Warum sind reine, traditionelle Körpergewichtsmethoden so wichtig? Im Gegensatz zu möglichen Annahmen lege ich keinen gesteigerten Wert darauf, weil ich die meiste Zeit meiner Trainingskarriere in einer Zelle ohne Ausrüstung zugebracht habe. Ich hebe sie hervor, weil sie in jedem Fall die überlegene Trainingsmethode sind.
Nehmen wir Explosivität: Ein Athlet kann nur dann als explosiv charakterisiert werden, wenn er in hohem Maß über die drei Fähigkeiten verfügt, die ich im ersten Kapitel genannt habe: Schnellkraft, funktionelle Schnelligkeit und Agilität. Nur wenige der heutzutage verwendeten Methoden können diese drei Fähigkeiten zusammen aufbauen.
Betrachten wir uns die drei modernen Hauptmethoden und vergleichen sie mit Calisthenics wie Flips, Muscle-ups und Kip-ups. Die drei modernen Methoden sind:
Kastenarbeit (z. B. plyometrische Kastensprünge oder Kasten-Push-ups)Kegeltraining (z. B. in einer Halle im Zickzack um Kegel laufen)Olympisches Gewichtheben (z. B. sogenannte schnelle Lifts wie Snatches, Cleans und Jerks)Um herauszufinden, ob diese Methoden die drei für unsere Definition eines explosiven Athleten notwendigen Fähigkeiten trainieren, müssen wir drei Fragen stellen, die auf Definitionen basieren, die ich im vorangegangenen Kapitel genannt habe:
Schnellkraft: Muss sich der Athlet mit Maximalkraft und Schnelligkeit bewegen?Funktionelle Schnelligkeit: Wird der ganze Körper schnell bewegt?Agilität: Muss der Körper bei hoher Geschwindigkeit die Richtung wechseln?MethodeSchnellkraftFunktionelle SchnelligkeitAgilitätKastenarbeitKegeltrainingOlympisches GewichthebenSchau dir die Tabelle an. Die Antworten auf meine Fragen sollten klarmachen, dass keine der drei Methoden allein komplette Explosivität trainiert:
Kastenarbeit (Plyometrie) trainiert Schnellkraft, denn eine Last wird schnell bewegt. Sie trainiert auch funktionelle Schnelligkeit, denn der ganze Körper wird bewegt. Aber Kastenarbeit tut nichts für Agilität - die meisten Techniken sind nur Varianten von Auf- und Abwärtsbewegungen. Andere Winkel habe keine Chance, was für echte Agilität notwendig wäre.Kegeltraining trainiert Agilität, denn der Körper wird gezwungen, in hoher Geschwindigkeit radikal seine Richtung zu ändern. Es trainiert auch funktionelle Schnelligkeit, denn der ganze Körper bewegt sich schnell. Aber weil die Widerstände ziemlich gering sind, sich kaum von denen des Laufens unterscheiden, kann keine Schnellkraft aufgebaut werden. (Einer der Gründe, warum Kegelübungen in Schulen so populär sind: die geringen Widerstände. Diese Übungen sind recht sicher, und jeder kann mitmachen, egal, wie schwach er oder sie ist.)Olympisches Gewichtheben trainiert Schnellkraft, denn es verlangt Maximalkraft, die so schnell wie möglich eingesetzt wird. Aber man braucht dafür keine echte Agilität, weil der Körper nicht auf relevante Weise seine Richtung ändert. Das Gewicht bewegt sich nur auf und ab. Zudem bleiben die Füße während olympischer Lifts entweder ganz oder weitestgehend auf dem Boden. Deshalb sind auch die Kriterien für funktionelle Schnelligkeit (schnelles Bewegen des ganzen Körpers) nicht erfüllt. Der Körper bewegt sich in keiner Weise weit weg.Wassili Alexejew, der bekannteste Gewichtheber aller Zeiten. Fantastische Schnellkraft, aber so viel Agilität wie ein Lastwagen.
Wenn du verstanden hast, was ich im ersten Kapitel gemeint habe, dann ist klar, dass keine der drei Methoden komplette Explosivität trainiert.
Vergleiche nun die drei mit Calisthenics-Methoden: Kip-ups, Frontflips, Backflips und Muscleups, den vier fertigkeitsbasierten Bewegungstypen in diesem Buch.*
MethodeSchnellkraftFunktionelle SchnelligkeitAgilitätExplosive CalisthenicsDiese Übungen punkten mühelos, denn sie fordern alle einen schnell zu bewegenden Widerstand (die Körpermasse) - Schnellkraft. Sie verlangen zudem, den ganzen Körper schnell zu bewegen - funktionelle Schnelligkeit. Und auch Agilität ist gefragt, denn der Körper muss mit hoher Geschwindigkeit die Richtung wechseln. Das ist in Flips und Kip-ups offensichtlich, wenn der Körper zum Abheben, Drehen und Landen in unterschiedliche Richtungen arbeitet, aber es stimmt auch für den Muscle-up: Die einleitende Kippbewegung verlangt vom Körper schnelle Richtungsänderungen. (Mehr Informationen dazu auf Seite 226.)
Gemäß meiner Definition sind Schnellkraft, funktionelle Schnelligkeit und Agilität Standardkriterien für Explosivität, aber du kannst auch deine eigene Herangehensweise entwickeln.
Ich zeige zeige dir hier, wie ich denke und meine Athleten trainiere. Ich will die anderen Methoden (Gewichtheben etc.) keinesfalls abwerten. Jede ist in ihrem Bereich nutzbringend: Kastensprünge liefern Basisschnellkraft, Kraftsportler profitieren vom Langhanteltraining, und die Kegelläufe sind z. B. für Fußball eine gute Wahl. Aber wenn ein Athlet so explosiv wie möglich werden will - und über alle drei grundlegenden Fähigkeiten der Explosivität verfügt -, ist jede einzelne der Methoden mangelhaft. Den Calisthenics fehlt nichts. Ich sage im Übrigen auch nicht, dass die anderen Methoden schlecht oder kontraproduktiv wären.
* Die beiden ersten Bewegungstypen, Power Jumps und Power Push-ups, sollten als Basis-/Konditionstraining betrachtet werden, sozusagen als Heranführung an die vier Bewegungstypen, die ihnen folgen. Ich gehe auf Seite 288 näher auf diese Trainingshierarchie ein.
Traditionelle Körpergewichtsübungen sind nicht nur die besten Übungen für Explosivität, sondern auch die praktischsten. Sie sind Low- bis Null-Tech, das heißt, man braucht nicht viel. Für die »Explosive Six« in diesem Buch genügen nur der Boden, eine Wand und eine Stange.
Für explosive Flips gibt man Übenden im Club meist Gummibänder, die sie im Muscle-up unterstützen. Turner nutzen Schaumstoffgummimatten, Blöcke, Keile und Kabel und derlei mehr. Trainer verlassen sich heutzutage auf solche Sachen aus Unsicherheit. Die Geräte vermitteln die Illusion von Sicherheit. Und es ist wirklich eine Illusion. Auf einer Schaumstoffmatte kann man sich ebenso das Genick brechen wie auf Gras, wenn man falsch trainiert.
Wenn du gerade mit Körpergewichtstraining loslegen willst und dich fragst, ob du nicht besser in einen Verein gehst und dort mit Tonnen von Ausrüstung Flips, Kip-ups und Muscle-ups sicher lernst, denke daran: Unzählige deiner Vorfahren haben diese Techniken schon 1000 v. Chr. beherrscht, also bevor dieser ganze Müll erfunden wurde. Er ist meiner Meinung nach schlimmer als nutzlos. Das Spielzeug hält nur auf. Mache einen großen Bogen drum!
Spartanisch trainieren heißt auch allein trainieren. Das ist mir sehr wichtig. Ich hatte viele sagenhaft gute Lehrer, trainiert habe ich aber allein. Anstrengung und Disziplin in Einsamkeit sind ein spiritueller Aspekt meines Trainings. Deshalb braucht man für keine der Übungen im Buch einen Partner. Ich weiß, Turner trainieren heutzutage anders. Aber in diesem Buch geht es nicht um Turnen, es geht um progressive Calisthenics. Da ist ein Unterschied.
Minoische Athleten entwickelten durch Saltos über angreifende Bullen enorme explosive Schnellkraft (von lebensrettender Reaktionsschnelligkeit ganz zu schweigen). Keine Seile, keine Matten, keine Schaumkeile - nur der Athlet, ein zorniges, heranrasendes Rind und der steinige Boden. Es war gefährlich, aber kannst du dir die Konzentration vorstellen? Denk das nächste Mal daran, wenn du jammerst, du könnest dir kein Fitnessstudio leisten.
Zum Calisthenics-Training bei den Briten gehörten in den 1930er-Jahren schon Partnerübungen - hier zum Unterstützen des Handstandüberschlags rückwärts. Sei versichert: Ein Meister progressiver Calisthenics braucht keine Unterstützung.
Es ist mir egal, ob du im Keller deiner Eltern haust oder in einem Militärcamp in Afghanistan. Finde etwas, woran du dich hängen kannst, und du hast alles, was du brauchst, um ein Meister explosiver Calisthenics zu werden.
Im echten Leben kommt man nie nur mit einem schnellen Arm oder Fuß aus. Manche reden von Boxern mit »schnellen Händen«, aber das ist das falsche Wort. Tatsächlich gehört zu einem Boxpunch der ganze Körper: Beine, Hüfte, Rumpf, Schultern und Arme. Alles muss schnell sein, oder es gibt keine Schnelligkeit. Das Gleiche gilt für Tritte. Frage einen Kampfsportler nach »schnellen Füßen« - er wird dir klarmachen, dass Oberkörper und Hüfte für die Geschwindigkeit genauso wichtig sind.
Ein Athlet während einer Backflip-Variante. Es sieht mühelos aus, aber glaube mir: Jeder Muskel im Körper spielt hier seine Rolle!
Die Brutalität des echten Lebens beweist, dass wir einen schnellen Körper statt schneller Körperteile brauchen. Im Kampf, in Militärübungen, im Sport musst du deinen ganzen Körper bewegen. Schnelle Xbox-Finger nutzen dir zum Bewegen einer vollen Mülltonne mit rostigen Rändern wenig. Du kannst spezielle Schnelligkeitsübungen - wie Kartenschnippen und -fangen oder Münzen schnappen, die vom Ellbogen fallen - schlicht vergessen. Es gibt keinen Transfer. Solche Fertigkeiten - auch Jonglieren, was manche Boxer praktiziert haben - sind zu speziell. Du gewinnst durch sie in anderen Bereichen keinerlei Schnelligkeit hinzu.
Für das Training explosiver Schnellkraft und Schnelligkeit wählst du nur Übungen, die den ganzen Körper beanspruchen. Du musst, um das Beste herauszuholen, so viele Muskeln wie möglich zum Einsatz bringen. Klar, in diesem Buch zeige ich ein paar Übungen, die manche Körperteile mehr als andere zu trainieren scheinen: Klatsch-Push-ups trainieren scheinbar nur den Oberkörper, Pogo-Sprünge nur die Beine ... Aber wenn du über das Grundlagentraining hinauskommst, wirst du feststellen, dass die Übungsreihen deinen ganzen Körper als Einheit trainieren: Die Power-Push-ups führen zu schwierigeren Übungen, die die Beine einbeziehen, Sprungserien verlangen für mehr Schnellkraft bald nach Rumpf und Armen usw.
Ganzkörperübungen bauen ganzheitliche Schnelligkeit auf. Der Körper ist eine wahre Gestalteinheit - das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Ein Sportler, der zum Entwickeln von Schnellkraft jede Körperzone isoliert behandelt, kann sich nie so schnell oder flüssig bewegen wie ein Athlet, der diese Zonen zusammen trainiert. Wenn du dich mit Hardcore-Krafttraining auskennst, dann verstehst du sehr gut, dass die stärksten Männer und Frauen die sind, die ihren Körper mit ganzheitlichen Übungen belasten, mit Übungen, die das Potenzial des Systems maximieren. Das Training für Schnellkraft und Schnelligkeit ist genau so.
Dieses Prinzip schließt an das zuletzt erwähnte an. Wenn du dich auf Übungen konzentrierst, die den ganzen Körper trainieren, brauchst du nicht viele davon. Ansonsten würdest du dich nur wiederholen und deine Zeit verschwenden.
Wenn du wirklich in kürzester Zeit monströse Schnellkraft, Schnelligkeit und Agilität aufbauen willst, halte dich an eine Handvoll Bewegungstypen, in denen du fühl- und messbar immer besser wirst (das ist Progression, das nächste Prinzip). Weil auch Ganzkörperübungen den Körper immer etwas unterschiedlich trainieren, weise ich meine Schüler an, sich nur wenige Calisthenics-/Akrobatikübungen herauszusuchen, mit denen sie alle Grundlagen abdecken. Nutze deine Zeit und trainiere nur mit Übungen, die maximale Athletik verlangen!
Für mich sind folgende sechs Bewegungen für ein Hardcore-Explosivtraining ideal:
Sprung - für Haltung, explosives Springen, Hocke in der Luft und LandungExplosiver Push-up - um die Schultern und Arme auf Hochgeschwindigkeitsbewegungen vorzubereiten und die Reflexe der oberen Extremitäten zu verbessernKip-up - für Schnelligkeit/Schnellkraft in Hüfte und Taille im Höchstmaß und um Agilitätsgrundlagen zu entwickelnVorwärtsrotation - für Vorwärtsdrehung in optimaler GeschwindigkeitRückwärtsrotation - für Rückwärtsdrehung in optimaler GeschwindigkeitAufschwung - um den Körper mit maximaler Schnellkraft und Koordination nach oben zu ziehenNatürlich kannst du mit der Zahl Sechs experimentieren. Vielleicht trainierst du lieber mit vier Bewegungen oder auch mit sieben. (Manche Sportler wollen gleich Seitrotationen oder Drehbewegungen hinzunehmen. Ich finde, Seit- und Drehbewegungen sind einfacher und sicherer, wenn der Athlet sich ein paar grundlegende Fertigkeiten angeeignet hat.*) Als Faustregel gilt: Mit weniger als sechs Bewegungen fehlen Schnelligkeits-/Schnellkraftschlüsselfertigkeiten, und mit mehr als sechs riskierst du Überlastung.
* Siehe Round-offs (S. 180) und Cartwheels (S. 181).
Endlich kommen wir zum Kern der wahren Calisthenics: dem Prinzip der Progression!
Auch dieses Prinzip schließt wieder an das vorangegangene an. Wenn du mit nur wenigen Bewegungen trainierst, ist es nicht sinnvoll, immer dieselben Techniken zu wiederholen. Dein Ziel muss sein, Progressionen, also immer schwierigere Varianten dieser Bewegungen, zu absolvieren. Wie kannst du sonst feststellen, ob du besser wirst?
Die Frage ist: »Wie gestalte ich Progressionen explosiver Bewegungen?« Teil II dieses Buches gibt dir alle Schlüssel in die Hand, die du zum Verständnis dieses Teils des Trainings brauchst. Hier schon mal ein Beispiel, und zwar die Rückwärtsrotation. Wenn du daran arbeitest, in der Rückwärtsrotation explosiver zu werden, musst du am Ende eines schaffen: den Backflip. In einem vollständigen Backflip stehst du auf festem Untergrund, springst ab, drehst dich in der Luft 360 Grad rückwärts und landest kurze Zeit später auf derselben Stelle. (Deine Hände unterstützen den Schwung, berühren aber zu keiner Zeit den Boden.)
Fragt man untrainierte Menschen, ob sie sich das Erlernen einer schwierigen Bewegung wie den Backflip zutrauen, antworten die meisten mit Nein -es scheint ihnen unmöglich. Einerseits haben sie recht: Der Versuch, einen Rückwärtssalto auf einmal zu lernen, wäre zum Scheitern verurteilt. Wenn sie den Backflip aber in eine Reihe von Abfolgen unterteilen - mit einfachen Techniken beginnend und zu schwierigeren übergehend -, können sie ihn lernen. Tatsächlich könnte ich mit dieser Methode beinahe jedem Untrainierten den Backflip beibringen. Das ist der Kern der Progression: Techniken, die zu schwierigeren Versionen einer Übung führen, nennt man Progressionen. (Einfachere Versionen einer spezifischen Technik nennt man Regressionen.)
Ein Old School Backflip gebückt
Sportler, für die Calisthenics neu sind, müssen, um ihre Wirbelsäule, Schultern und Extremitäten zu mobilisieren, mit ein paar Brückenübungen anfangen. Sobald sie von diesen Grundlagen profitiert haben, können die Progressionen beginnen. Wir beginnen mit einfachen Rollen rückwärts. Gibt es jemanden, der keine Rolle rückwärts kann? Wenn du dich ans Rollen gewöhnt hast, machst du mit einer schwierigeren Variante weiter: Rolle mit Einsatz der Hände. Danach haben sich dein Gehirn, deine Wirbelsäule und deine Gelenke ans Rollen gewöhnt. Nun ist es Zeit für Überschläge aus der Brücke.
Brückenüberschlag: eine Progression zum Backflip
Sobald die Überschläge in Fleisch und Blut übergegangen sind, geht es weiter mit Variationen des Monkey Flip, einem einfachen Flip, mit dem du Rückwärtsrotation durch seitliches Herangehen an die Bewegung lernen kannst. Es gibt mehrere Progressionen des Monkey Flip. Bei der letzten angekommen, bist du bereit für den Handstandüberschlag rückwärts, bei dem du nach dem Absprung rückwärts auf die Hände springst. Nach einiger Zeit mit Handstandüberschlägen wagst du dich an Übergangsübungen, die dich am Ende zum Backflip führen.
Wie in allem, was zunächst unmöglich scheint, liegt der Schlüssel zum Erfolg darin, die Dinge Schritt für Schritt anzugehen. Beachte, dass du nicht jede Progression nur einmal ausprobierst und dann, sobald es geklappt hat, zur nächsten hetzt - das bringt nichts. Im Mittelpunkt der gesamten Vorgehensweise steht die Liebe zu jeder einzelnen Progression. Schlachte sie aus, so gut du kannst. Du wirst kein besserer Athlet, wenn du dich an Progressionen festbeißt, die du zuerst nicht so gut kannst. Du wirst ein besserer Athlet, indem du dir die Zeit nimmst, mit den Progressionen zu trainieren, die du schon gut beherrschst.
Nur die wenigsten Übenden versuchen jemals, an die ganze Schnellkraft und Schnelligkeit heranzukommen, die in ihrem Körper steckt. Das ist bescheuert. Im echten Leben sind sie der Inbegriff der Athletik und der Fähigkeit zu überleben. Und doch bleiben die Leute am langsamen Training hängen oder langweilen sich auf Kardio-Maschinen.
Diese Nachlässigkeit hat nichts mit dem Körper zu tun. Es ist vielmehr eine Frage der Einstellung, ein Fall für den Psychologen. Wie viele Leute, die trainieren, vermeiden fantastische Kunststücke wie den Backflip, weil sie glauben, er sei für sie außer Reichweite? Viel zu viele Sportler sind der Meinung, dass es nur wenige geborene Turner gibt, die in der Lage sind, solche Kunststücke zu lernen, und dass es für Max Mustermann viel zu gefährlich sei. Ich habe mit Leuten gesprochen, die dachten, sie wären »zu alt«, um Explosives zu lernen, oder »zu schwach« oder »zu schwer« oder was auch immer. Diese Sportler haben keine Ahnung davon, dass auch ihre Körper ohne Einschränkung unglaubliche Schnellkraftübungen absolvieren können; sie müssen nur richtig programmiert werden, indem sie die fünf in diesem Kapitel genannten Prinzipien anwenden. Sobald diese Selbstzweifler die auf den folgenden Seiten gezeigten Progressionen sehen und verstehen, macht etwas klick in ihnen, und ihnen wird klar, dass auch sie die superbeeindruckenden explosiven Bewegungen in diesem Buch schaffen können.
Und du kannst das auch!
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Kernkonzepte und Antworten
Ich weiß, du willst zu den Fleischtrögen dieses Buches kommen, den Übungen! Ganz ruhig, Brauner! Ich habe dieses Kapitel eingeschoben, damit du einen Überblick über das ganze Buch bekommst. Außerdem will ich sichergehen, dass dir die Schlüsselbegriffe meines Systems geläufig sind, Begriffe wie die »Explosive Six«, die »Zehn Steps«, »Master Step« usw.
Die Übungen kommen bald, in Teil II, der gleich nach diesem Kapitel beginnt. Lass uns jetzt unser Hirn einschalten und das Biest näher anschauen, das wir zähmen wollen.
Wenn du Trainieren wie im Knast gelesen hast, weißt du, dass ich die Technik in diesen Büchern sechs verschiedenen Bewegungsfamilien zugeordnet habe:
Push-upsSquatsPull-upsLeg RaisesBrückenHandstand-Push-upsEin-Arm-Push-ups - langsam und geschmeidig ausgeführt -sind Teil der Big Six. Sie sind gut zum Herausbilden von Maximalkraft und Muskelmasse, aber für Schnellkraft, Schnelligkeit und Agilität muss man sich anderswo bedienen.
FAQ: Wie gut in Trainieren wie im Knast muss ich sein, bevor ich Explosives ausprobieren kann?
Um dieses Buch benutzen zu können, musst du weder Trainieren wie im Knast 1 noch 2 besitzen. Aber bevor du mit Hochgeschwindigkeits-Calisthenics anfängst, solltest du dir grundlegende Körpergewichtskraft angeeignet haben. Schnellkrafttraining kann schwerfälligen oder übergewichtigen Personen schaden, die darauf nicht vorbereitet sind. Krafttraining mit dem eigenen Körpergewicht ist, richtig ausgeführt, die beste Methode, die Gelenke auf die Belastungen einzustellen, die explosive Bewegungen ihnen abverlangen. Wenn du dem Trainieren-wie-im-Knast-Kraftsystem folgst, rate ich dir, im Push-up, Squat, Pull-up, in der Brücke und den Leg-Raise-Bewegungen mindestens Schritt 5 vollzogen zu haben, bevor du dich in die Explosivketten dieses Buches einklinkst.
Genauso wie die Big Six die besten Calisthenics-Bewegungen für Maximalkraft und Muskelwachstum sind, stehen die Explosive Six für die besten Bewegungen zum Training explosiver Schnellkraft und Schnelligkeit. Harte Arbeit schon mit nur einer der explosiven Sechs bringt deinem ganzen Körper mehr Schnelligkeit, Agilität und explosive Schnellkraft. Wenn du es schaffst, alle in Angriff zu nehmen, wird aus dir so etwas wie ein Ninja mit den Anlagen einer Dschungelkatze.
Die Explosive Six bauen Schnelligkeit, Schnellkraft sowie Agilität des ganzen Körpers auf, was in kritischen Situationen dein Leben retten kann.
Power JumpsPower-Push-upsKip-upsFrontflipsBackflipsMuscle-upFAQ: Muss ich die Explosive Six in einer bestimmen Reihenfolge lernen?