Professor Zamorra 1312 - Michael Mühlehner - E-Book

Professor Zamorra 1312 E-Book

Michael Mühlehner

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Beschreibung

Der Gefangene hob halb den Kopf. An dem markanten Kinn zeichnete sich ein dunkler Fleck ab. Barnetts Männer gingen mit den Kreaturen der Finsternis nicht zimperlich um.
"Was - was wollen Sie von uns? Was haben wir Ihnen getan? Wir haben nur einen Platz gesucht, wo wir in Frieden leben können!"
"Euer Platz ist in der Hölle reserviert, Dämonengezücht", knurrte Barnett und stieß Lastrate den Pistolengriff seines Gewehrs in den Bauch. Der Gefangene klappte aufstöhnend zusammen und fiel auf die Knie. Im selben Moment erklang ein hoher, pfeifender Ton ...

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Inhalt

Cover

Kinder des Zwielichts

Leserseite

Vorschau

Impressum

Kinder des Zwielichts

von Michael Mühlehner

Zamorra stoppte den Range Rover keine zehn Meter vor dem im Böschungsgraben steckenden Bulli.

Daneben lag ein Mensch – nein, eine Lehmstatue. Und weiter hinten entdeckten sie den toten Piloten. Eine riesige Blutlache hatte sich um ihn ausgebreitet.

»Die ausgebrochenen Gefangenen machen Jagd auf unsere Verfolger«, fasste der Dämonenjäger zusammen.

»Vielleicht sollten wir einfach verschwinden«, schlug Eva Wagner vor. »Was immer in dieser Anlage passiert ist, findet hier seinen Fortgang, und ich bin nicht scharf darauf, ebenfalls ein Opfer zu werden.«

Frankfurt am Main, Deutschland

»Achtung, Jagdgruppe Felix! Micha hat sich in das Steuerprogramm für das Sicherheitssystem gehackt! Die Überwachungskameras von der Tiefgarage bis in den vierten Stock sind offline. Ihr habt freie Hand für fünfzehn Minuten. Passt mir auf Ochse auf! Leader – over and out«

»Verstanden, Heiner!«

In Dieter Marz In-Ear-Stöpsel knackte es laut und vernehmlich.

»Verdammt – ich sagte Over and Out!«

Da fiel dem 41jährigen Marz wieder ein, was das bedeutete. Over and Out bildete den Schlusssatz jeder Funkkommunikation. Dieter Marz verzog das Gesicht, als er sich vorstellte, wie die Wut in Heiner Watzke hochkochte.

»Und keine Namen!«

Mist, auch das noch! Vielleicht sollte er sich die Grundsätze der Funkdisziplin mal genauer durchlesen, andererseits, was soll's.

Sie hatten anderes zu tun, als irgendwelche dummen Verhaltensregeln zu studieren.

Marz nickte seinen beiden Kumpels zu. Sie standen vor den drei Aufzugstüren in der Eingangshalle eines sechsstöckigen Apartmentgebäudes. Er, Rudi Tengler und Bruno ´Ochse'Gerber. Um sich einen seriösen Anschein zu geben, der Portier in der Pförtnerloge hatte ihnen einen seltsamen Blick zugeworfen, trugen sie unauffällige Kleidung, wie Dieter Marz fand.

Er selbst hatte sich einen falschen Oberlippenbart angeklebt, seine hellen Augen verbargen sich hinter einer dunklen Fliegerbrille. Passend dazu trug er seine alte braune Lederjacke, die ihm ein verwegenes Aussehen verlieh. Die abgewetzte Jeans und die Cowboy-Stiefel rundeten das Bild ab. Seriöser ging es nun wirklich nicht. Da konnten seine beiden Kumpels nicht mithalten.

Tengler, ein Bodybuilder Mitte vierzig, sprengte das Muskel-Shirt und die darüber gezogene Windjacke fast. Zu viel eingenommene Anabolika hatten für einen kompletten Haarausfall gesorgt. Die säulenartigen Beine steckten in einer schwarzen Adidas-Trainingshose, die abgetretenen Turnschuhe hatten Übergröße.

Schweiß glitzerte auf den aufgeworfenen Lippen. Rudi Tengler gehörte zum impulsiven Menschenschlag, der sehr schnell ausrasten konnte.

»Es geht los«, sagte Dieter Marz und drückte den Rufknopf für den vierten Stock.

Als die Türen des Fahrstuhls aufglitten, ließ er die beiden zuerst eintreten.

Ochse grinste ihn dabei infantil an. Der vierschrötige Mann mit den Blumenkohlohren hatte ein glattes, beinahe ausdrucksloses schiefes Gesicht mit babyblauen, kleinen Augen. Die Nase war mehrmals gebrochen und saß schräg. Auf dem fettigen, spärlichen Blondhaar klebte eine karierte Schiebermütze. Er war ein ungeschlachter Riese, tumb, begriffsstutzig und debil. Angeblich hatte ihn sein Vater als Kleinkind einmal so sehr geschüttelt, dass er einen Gehirnschaden davontrug. Dass sich Baby Bruno merkwürdig verhielt, war erst am nächsten Tag aufgefallen. Aber da war das Gehirn schon irreparabel geschädigt.

Warum Heiner Watzke darauf bestand, dass Ochse Gerber in der Jagdgruppe blieb, war Dieter Marz nicht ganz klar. Er sah in Ochse nur einen Hemmschuh, dem man nicht nur alles zweimal erklären musste, der auch noch dazu unberechenbar reagierte. Seine Aggressionsgrenze war äußert niedrig angesiedelt.

Von einem Moment zum anderen konnte Bruno Gerber zum rasenden Berserker werden. Wer dann nicht rechtzeitig außer Reichweite seiner kokosnussgroßen Fäuste kam, wachte erst wieder im Krankenhaus auf.

Die Psychotherapeutin hatte zur Kanalisation seiner Wuttriebe Ochse Sport verschrieben. Im Boxclub hatte Gerber eher die Funktion eines Sandsackes. Bei Wettkämpfen wurde er regelmäßig disqualifiziert, weil er unsauber kämpfte. Ochse war es einerlei. Ihm gefiel es, wenn er auf Köpfe eindreschen konnte. Genauso wie ihm seine Arbeit im Schlachthaus gefiel.

Vielleicht war das der Grund, warum Heiner an Ochse festhielt. Er versorgte sie mit Fleisch, und für ihre Unternehmungen war Schlachtabfall auch sehr wichtig.

Mit einem Ping öffnete sich die Tür zum vierten Stock. Marz trat als erster in den Flur, blickte nach links und rechts und winkte den beiden zu, ihm zu folgen.

Sie waren alleine, der alte Kunststoffläufer dämpfte ihre Schritte. Die Wände waren mit hellgelber Farbe gestrichen, die eckigen Deckenlampen sorgten für diffuse Helligkeit. Marz ignorierte die Überwachungskameras, wie auch die dunkelbraunen Türen zu den Appartements. Er folgte dem Flur zur nächsten Biegung und hielt vor einer bestimmten Tür.

Er kam sich wirklich wie ein Profi vor. Lässig, überlegen und ständig Herr der Lage.

»Ihr wisst, was zu tun ist«, wandte er sich an seine beiden Kumpel. »Wir machen Fotos von allen Zimmern. Du, Ochse, wartest hier draußen. Rudi und ich sehen uns um, checken alles ab und verschwinden dann wieder.«

Es ging nichts über klare Anweisungen. Marz, der hauptberuflich Bürgergeldempfänger war, hatte das in unzähligen Krimi-Serien gesehen.

»Ochse nicht warten«, protestierte Bruno Gerber. »Ochse wollen auch Wohnung von Frau sehen.«

»Das geht nicht, Ochse. Wenn man eine fremde Wohnung filzt, dann muss man sich katzenhaft und geschmeidig bewegen, ohne Spuren zu hinterlassen. Professionell, verstehst du?«

Statt zu antworten, hob Gerber die geballte rechte Faust und zeigte sie Marz.

»Also gut, Bruno, gehen wir es an!« entschied Marz, um keine weitere Zeit mit Diskussionen zu verlieren.

Er griff in die Seitentasche seiner Lederjacke und holte eine Plastikkarte hervor. Anschließend steckte er sie in den Schlitz des Magnetschlosses. Ein Klicken und ein grünes Licht zeigten an, dass die Eingangstür zum Apartment aufgesperrt war.

Immer wieder wunderte sich Dieter Marz über Heiner Watzkes Equipment. Woher bezog er die Teile bloß?

Bevor sie eintraten, zückte Marz sein Foto-Handy. Rudy Tengler tat es ihm gleich.

Entschlossen drückte Dieter Marz die Tür auf.

Nervös trommelte Heiner Watzke auf das glatt polierte Lenkrad seines zehn Jahre alten VW-Bulli Multivan. Er hatte das Seitenfenster runtergekurbelt und starrte das Apartmentgebäude in dreißig Metern Entfernung durchdringend an.

Watzke hätte jetzt gerne über Supermans Röntgenblick verfügt, aber leider war er keine Comic-Figur. Der Blick seiner wässrigen Augen ging wieder zur Uhr im Armaturenbrett. Die Minuten verrannen quälend langsam. Am liebsten hätte er zum Funkgerät gegriffen und nachgefragt, wie es seinem Team erging. Aber das wäre total amateurhaft gewesen. Er musste seinen Leuten vertrauen, so wenig ihm das auch gefiel. Schließlich waren sie alle Profis. Jeder, der der Jagdgruppe Felix angehörte, durfte sich als Spezialist bezeichnen. Erprobte Feldkämpfer, von ihm ausgebildet und unterwiesen.

Naja, direkt erprobt waren sie jetzt nicht. Ein Einsatz auf einem Friedhof, der beinahe in einem Fiasko endete. Aber was musste auch der dämliche Friedhofswärter genau dann auftauchen, als sie einen Nachzehrer ausbuddelten und zur Hölle schickten? Und wenn sich Dieter nicht mit der Benzinmischung vertan hätte, wäre es auch nicht zu der Explosion gekommen, die den halben Friedhof abfackelte. Zumindest gab es keine Nachzehrer mehr auf dem Totenacker. Und das durften sie sich ruhig als Erfolg auf die Fahne schreiben.

Die Jagdgruppe Felix hatte es den anderen Teams von NOMAC gezeigt, wie man mit dem Höllengezücht umging. Keine Gnade! Kollateralschäden waren vernachlässigbar.

Die Beifahrertür öffnete sich, und eine schlanke Gestalt schob sich in den Wagen. Dabei wischte sie mit einer Hand die Baupläne einer Apartmentwohnung zur Seite.

»Sie müssten jetzt jeden Moment kommen«, sagte Micha Arden etwas atemlos. Eisen und Silberschmuck bedeckten das halbe Gesicht, das blau gefärbte, kurz geschnittene Haar reichte nur bis zum Nacken. Ihre dunklen Augen bildeten einen starken Kontrast zu ihrem blasen Teint. Aus dem Kragen ihrer hochgeschlossenen Jacke sah man die farbigen Spitzen einer Flammentätowierung auf der Haut. Bei Micha wusste man nicht, welchem Geschlecht sie angehörte. Sie legte Wert darauf, als divers zu gelten. Micha war die einzige, die einigermaßen normal mit Bruno Gerber umgehen konnte. »Die Zeit ist in zwei Minuten um, dann funktionieren die Kameras wieder, und man wird wunderbare Aufnahmen von ihnen machen.«

»Die auch nur überprüft werden, sollte etwas Unvorhergesehenes vorfallen«, entkräftete Watzke die Befürchtungen der Dreißigjährigen. Er warf seiner Begleiterin einen undefinierbaren Blick zu. Die leicht untersetzte Frau trug schwarze Cargohosen, Lederboots und eine dreiviertel lange Jacke mit breitem Taillengurt und Schulterklappen. Das Outfit eines Steampunk-Fans. Ihr Computertablett hatte sie auf die Oberschenkel abgelegt. Die Hackerin war ihr nicht anzusehen, aber wer wusste schon, wie Hacker aussahen?

Durch ihre unglaublichen Computerkenntnisse hatte sich Micha einen Platz in der Jagdgruppe Felix verdient.

»Eva Wagner«, sinnierte Micha Arden mit flacher Stimme. »Wieso wird sie überprüft?«

»Mein Kontakt bei NOMAC hat es so angeordnet. Es gibt ein paar Verdachtsmomente, dass sie angeblich Verbindung zum Übernatürlichen hat. Sollte das der Fall sein, wird sie brennen!«

Micha verzog die Lippen, in ihre Augen trat ein erbarmungsloses Funkeln. »Brennen, ja das ist gut. Sie sollen alle brennen!«

Heiner blickte wieder zum Haus an der Geistpförtchengasse. Auf dem Treppenabsatz tauchten drei Personen auf – sein Team.

Absichtlich lässig schritten sie über den Bürgersteig. Sie überquerten die Straße und setzten sich in die Fahrgastkabine des Bulli.

»Hat alles geklappt? Ist euch etwas Sonderbares aufgefallen? Habt ihr die Fotos?«

»Alles easy«, meinte Dieter Marz. »Eine noble Wohnung, chic eingerichtet. Wir haben alle drei Zimmer fotografiert. Da war nichts Auffälliges.«

Watzke und Arden warfen sich einen alarmierten Blick zu. Dann drehten sich beide unisono zu den Mitgliedern ihres Teams um.

Die ernsten Mienen entgingen den anderen keineswegs.

»He – was ist?« machte Dieter Marz. Der angeklebte Bart hatte sich halb gelöst. »Wieso schaut ihr so belämmert?«

»Drei Zimmer?« fragte Heiner Watzke gefährlich ruhig. In seinem Inneren brodelte es. Er hob die Hand, in der er die Lagepläne hielt.

»Das Apartment hat vier Zimmer! Unübersehbar! Vier mittelgroße Räume. Vier!«

»Das – das ...« Marz wusste nicht, was er sagen sollte. Tengler erging es ebenso. Nur Ochse machte ein gleichgültiges Gesicht. »Männchen hat gesagt, nicht in Zimmer gehen. Augen zumachen und nicht schauen, hat es gesagt!«

»Scheiße«, fluchte Heiner Watzke. »Verdammte Scheiße! Das wird meinem Kontaktmann gar nicht gefallen.«

»Brennen«, murmelte Micha Arden. »Sie wird brennen!«

Korfu, nordwestliches Hinterland, ein paar Wochen vorher

Von seiner Position auf einer kleinen Anhöhe am Rande der Hochebene beobachtete Jack Barnett, wie seine Leute die Gefangenen zusammentrieben. Die Mossberg 500 auf die rechte Schulter abgelegt, den Akubra in den Nacken geschoben, studierte der australische Buschjäger jede der Gestalten aufmerksam. Schwere Stiefel, eine Kampfhose mit Oberschenkeltaschen sowie eine ärmellose Weste mit Patronenleisten über den Brusttaschen vervollständigten das Bild des geborenen Kriegers. Aus dem offenen Holster des Waffengürtels ragte der Griff einer SIG Sauer P 226, der Knauf zeigte dabei nach vorne.

Insgesamt handelte es sich um zwölf Personen, acht Erwachsene, vier Kinder. Falls man die Gefangenen nach menschlichen Begriffen und Maßstäben beurteilte. Aber dem war nicht so.

Was man auf dem festgestampften Platz auf der Wiese versammelte, waren Freaks, Monster, Hexenlinge und Dämonenbälger. Ausgeburten des Bösen.

Jeder einzelne hatte es verdient zu sterben. Ein paar waren im Kugelhagel der Gewehre verendet. Geweihtes Silber und Pyrophoritgeschosse kannten kein Erbarmen mit Schwarzblütigen.

Selbst vom Aussehen unterschieden sie sich von Menschen, allenfalls konnte man sie als halbmenschlich bezeichnen.

Zwei der Kinder waren von geisterhaften Äußeren, halb durchscheinende Haut, ätherische Züge, spitze Ohren und Haare, die an geschuppte Schlangenleiber erinnerten. Dazu passten auch die senkrecht stehenden Pupillen. Definitiv nicht menschlich!

Ein weiteres Kind verfügte in der Mitte der breiten Stirn über eine münzgroße Falte, unter der die Haut zuckte, als würde sich ein Auge dahinter verstecken. Alleine die primatenhaften Gesichtskonturen verrieten die dämonische Abstammung. Das letzte war ein Mädchen, deren Haut von einem dunklen Geflecht bedeckt wurde. Die Zähne hinter dem herzförmigen Mund waren spitz und gelblich, das Gebiss einer wilden Bestie.

Und die Erwachsenen sahen nicht minder abstrus aus.

Ein Zwerg mit einem kürbishaft großen Kopf, ein dürrer Mann, mit dem Unterleib eines Satyrs, eine Frau, der Hörner aus den Schläfen wuchsen ...

Groteske Abnormitäten.

Wenn es nach Barnett gegangen wäre, wären auch die restlichen Gefangenen hingerichtet worden. In einen der morschen Schuppen des verlassenen Dorfes gesperrt, hätte man alles abfackeln können.

Nur die Anwesenheit des griechischen Militärs verhinderte es bisher.

Barnett hörte die Schritte schwerer Militärstiefel im niedrigen Hochlandgras.

»Gute Arbeit«, gratulierte Hauptmann Elion Dimitrios. Sein Uniformhemd stand halb offen, sodass ein Wust schwarzer Brusthaare ins Freie drängte. Der Offizier strömte einen intensiven Geruch nach Knoblauch und Ouzo aus. Sein Gesicht lag halb im Schatten der Schirmmütze.

Der Militärjeep mit dem Fahrer wartete in zwanzig Meter Entfernung.

»Sie haben uns einen großen Dienst erwiesen. Diese Freaks haben hier nichts verloren!«

Die schmalen Augen des Hauptmanns strichen kalt über die baufälligen Ruinen des menschenleeren Dorfes. Seit gut zwanzig Jahren zerfielen die niedrigen Gebäude aus Feldsteinen und Strohmatten. Eine Handvoll windschiefer Katen, die die Freaks als Zufluchtsort genutzt hatten, um Frieden in der Bergabgeschiedenheit des Hinterlands zu finden.

Barnett wäre es lieber gewesen, der Hauptmann würde verschwinden, damit er seine Arbeit erledigen konnte.

»Es wird nicht reichen, sie nur zu vertreiben. Sie werden sich anderswo ansiedeln und immer eine Gefahr für Menschen darstellen. Wir dürfen nicht vergessen, das es sich um Höllengezücht handelt.«

»Wenn es nach mir ginge, würde ich sie im Meer auf mit einem lecken Boot aussetzen«, knirschte Dimitros mit kalter Wut. »Die See soll sie verschlingen.«

»Das wird nicht genügen.« Barnett wusste, wovon er sprach. Dem Teufelsgezücht wohnte eine unglaubliche Zähigkeit inne.

Seine Leute hatten jetzt alle Kreaturen am Bachlauf zusammengetrieben, der am Rande des Dorfes vorbeilief und in der Ebene verschwand. »Einige von ihnen würden das Meer sehr wohl überleben. Das sind keine Menschen.«

»Deswegen bin ich froh, dass Sie sich der Sache angenommen haben.« Der Hauptmann sah auf seine Armbanduhr. »Ich muss jetzt zurück und meinen Bericht schreiben. Die Hippies haben das Dorf geräumt und die Gegend verlassen. Aufenthalt unbekannt.«

Er tippte an seine Schirmmütze und ging zum Wagen zurück. Eine halbe Minute später befand sich der Jeep auf der Schotterpiste und entfernte sich in östlicher Richtung.

Wieder einmal wunderte sich der Australier über die Reichweite der Verbindungen, die NOMAC weltweit geknüpft hatte. Über Struktur und Aufbau der Geheimorganisation wusste Barnett nur sehr wenig. Sie war in autarke Zellen aufgeteilt, mit jeweils nur einem Kontaktagenten. Kontaktaufnahmen liefen verschlüsselt im Darknet ab, bei Einsätzen wurde auf Prepaid-Handys zurück gegriffen.

Zur Hierarchie und den Befehlsebenen konnte Barnett nichts sagen. Es war ihm auch einerlei.

Hauptsache man ließ ihm freie Hand, die Dämonen zu jagen.

Barnett stapfte den Hügel hinab und blieb bei seinen Leuten und den Gefangenen stehen.

Er spürte die nervöse Furcht der Freaks, die sich hinter abwartender Zurückhaltung und unbegründeter Hoffnung verbarg.

Wenn er in die behaarten Fratzen und gescheckten Echsengesichter starrte, überkam ihn dunkle Wut. Automatisch hatte er nach der Gestalt gesucht, die ihm schlaflose Albträume bescherte, doch Ramon Chimära war nicht unter ihnen. Er hatte auch nicht damit gerechnet, den Dämon hier anzutreffen.

Die Furchen in dem harten Gesicht wurden noch eine Spur tiefer. Die Bilder seiner ermordeten Familie schoben sich über die Wirklichkeit. Raubten ihm die Luft zum Atmen.

Jeder einzelne dieser Freaks hätte seine Frau und seine beiden Kinder ermorden können.

Es waren blutrünstige Teufelskreaturen, die Erzfeinde der Menschen. Luzifers Gezücht gegen Adams Nachkommen. Ein erbarmungsloser Krieg, bei dem weder Mitleid noch Bedauern angebracht waren. Es ging ums nackte Überleben.

Barnett streckte den Arm aus und deutete auf den einzigen Mann, der menschlich aussah.

Er trug eine zerrissene Jeans, Sandalen und einen ärmellosen Poncho. Unter der gebräunten Haut zeichneten sich Rippen und Knochen ab. Die dunklen Augen lagen tief eingesunken in einem ausgezerrten Gesicht. Ein Stirnband hielt das unfrisierte Haar nah am Kopf.

Das Auffälligste an dem hageren Mann waren die schmalen Lederhandschuhe, handgenäht, teuer und exklusiv. Total unpassend an der ausgehungerten Gestalt.

»Erik Lastrate.« Das primäre Ziel seiner Mission. »Bringt ihn zum Wagen. Die anderen sperrt in den Ziegenschuppen. Los jetzt!«, wies er seine Männer an.