Rache - Jochen Rausch - E-Book

Rache E-Book

Jochen Rausch

0,0
15,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

»Rache« spürt den Momenten nach, in denen Menschen nicht mehr weiter wissen, in denen unterdrückte Wut sich Bahn bricht und in Radikalität und Gewalt umschlägt: Der Jobcenter-Mitarbeiter, der gegenüber seinem Kunden die Beherrschung und danach Arbeit und Frau verliert, der Lokalreporter, der während einer Recherche im sozialen Randgebiet in einen Ehrenmord verwickelt wird, das junge Weltverbesserer-Pärchen in Berlin, das beim Anzünden eines Autos an den völlig Falschen gerät …Wie schon im hochgelobten Erzählungsband »Trieb« gelingt es Rausch, auf knappstem Raum menschliche Abgründe auszuloten, seinen Figuren hautnah zu folgen und ihre vielfältigen Beschädigungen spürbar zu machen. Aus den unterschiedlichsten Ecken der Republik, von den Rändern der Gesellschaft bis hinein in ihre Mitte – zwölf intensive Geschichten, sprachlich präzise und aufs Wesentliche reduziert, öffnen den Blick für die Grenzbereiche von Schwarz und Weiß, Schuld und Unschuld und zeigen, dass das Pendel schneller hin und her geht, als man denkt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.berlinverlag.de

Jochen Rausch ist Journalist, Autor und Musiker. Seit 2000 ist er Programmchef von Radio 1LIVE, Köln. 2011 erschienen sein Erzählungsband »Trieb« und 2013 der Roman »Krieg« im Berlin Verlag. Rausch lebt in Wuppertal.

1. Auflage 2015

ISBN 978-3-8270-7784-4

© Berlin Verlag in der Piper Verlag GmbH, Berlin 2015

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck

DEINE ANTONIA

(Duisburg)

Antje Nuber, geb. Rettkowski, Tochter

Papa war ganz schön streng. Streng und trotzdem lieb. In einem Moment konnte er furchtbar böse werden, und im nächsten war ich schon wieder sein Engelchen. Ja, so hat er mich genannt, Engelchen. Und Matti war sein Bengelchen. Engelchen und Bengelchen. Matti war mein Zwillingsbruder. In Wirklichkeit hieß er Mathias.

Matti und ich wussten vorher nie, ob Papa gerade seine strenge oder seine liebe Phase hatte. Da wohnten halt zwei Seelen in seiner Brust. Er wurde noch im Zweiten Weltkrieg geboren, in Breslau. Ich war da nie. Das heißt jetzt anders, Wrocław oder so ähnlich, und gehört zu Polen. Zu seinem Sechzigsten habe ich meinen Eltern eine Reise dahin geschenkt, weil ich dachte, vielleicht will er seine Heimat mal wiedersehen. »Lieb gemeint von dir«, hat er gesagt, »aber nach Polen kriegen mich keine zehn Pferde.« Seine Eltern wurden ausgebombt, und meine Oma musste mit ihrem Sohn auf dem Arm zu Fuß in den Westen flüchten. Meine Oma haben wir übrigens nie kennengelernt und unseren Opa auch nicht. Der war Soldat und wurde drei Tage vor Kriegsende in Berlin erschossen. Das wissen wir aber alles nur von unserer Mutter. Wenn wir Papa nach Oma und Opa fragten, dann hieß es: »Eure Großeltern sind oben im Himmel und sehen alles, was ihr tut.«

Papa hat nie viel geredet, schon gar nicht, wenn es um Trauriges ging. Vielleicht dachte er, wenn er nicht drüber redet, gibt es das Traurige gar nicht. Unsere Oma hat sich dann mit ihm bis nach Oberhausen durchgeschlagen. Sie hat genäht und gebügelt für die besseren Leute. »Vom Wirtschaftswunder haben wir nichts gemerkt«, hat Papa mal gesagt. Als sie starb, war Papa mit siebzehn mutterseelenallein auf der Welt. Wer weiß, wenn er all die schrecklichen Sachen nicht erlebt hätte, vielleicht wär dann ein ganz anderer Mensch aus ihm geworden. Und vielleicht wäre das alles nicht passiert.

Christine Schmidt, Nachbarin

Alle hier in der Kurt-Schumacher-Siedlung haben sich ihr Häuschen vom Mund abgespart. Hier wohnen keine Reichen, aber auch keine Asozialen. Die Häuser sind hundertzehn Quadratmeter groß, Keller und Dachboden nicht mitgerechnet. Ich weiß, es gibt Etagenwohnungen, die sind größer, aber wir wollten lieber ein eigenes Haus mit Garten. Mein Mann und ich haben zwei Kinder, genau wie die Rettkowskis. Als unsere beiden noch kleiner waren, haben die oft mit Antje und Matti gespielt. Und wir Erwachsenen haben uns auch gut verstanden, so gut sogar, dass wir den Zaun zwischen unseren Gärten weggemacht haben. Im Nachhinein glaube ich, dass Hubert das gar nicht so recht war mit dem Zaun. Unsere Männer waren ja grundverschieden. Mein Karl-Heinz ist Rheinländer. Einmal Kölner, immer Kölner, sagt er. Und Hubert kam ja aus dem tiefsten Osten, aus Schlesien. Der war ein Vertriebener. »Die gehen doch zum Lachen in den Keller«, hat Karl-Heinz gesagt. Na ja, man muss aber auch bedenken, was der Hubert alles durchgemacht hat. War doch klar, dass der das Leben nicht so leicht nahm. Vor allem wegen der Sache mit Matti. Ganz früher, als noch alles gut war, haben wir jedes Jahr Karneval gefeiert, gleich hier im Wohnzimmer. Karl-Heinz hat doch sein Köln so vermisst. Aber den Hubert, bei dem konnten wir bitten und betteln, glauben Sie nicht, der hätte mal mitgefeiert. »Nee, das ist nichts für mich, so auf Kommando lustig sein«, hat er gesagt.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!