Rambazamba in der Schnickschnackbar - Norbert Bogdon - E-Book

Rambazamba in der Schnickschnackbar E-Book

Norbert Bogdon

4,5

Beschreibung

In diesem Buche finden sich allerlei hanebüchene Absonderlichkeiten: Peinigungen sind an der Tagesordnung, Alkohol wird verputzt, Heizdecken dienen Schrumpfungen. Zu den Handelnden gehören teuflische Froschbläher, gemeine Rosstäuscher, fette Königinnen und natürlich maßlose Trinker.

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Seitenzahl: 51

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Norbert Bogdon

Norbert Bogdon stammt aus Bremen. Nach zehn Jahren als Fährmann auf der Weser veröffentlichte er seinen Roman „Tagebuch eines Arschlochs“, der in Bremen ein Welterfolg wurde. Um dem Ruhm zu entfliehen zog er nach Hamburg und arbeitet seitdem als Journalist und Autor in Hamburg und Berlin. www.norbertbogdon.de

Für die atemberaubende Muse

Inhalt

Sibirische Winterkälte

Die fette Königin

Zahnarztarbeiten und Wollmäuse im Sauerland

Rambazamba in der Schnickschnack-Bar

Die liebe Liebe

Teuflische Heide

Sägearbeiten und Schnabeltassen

Sibirische Winterkälte

Weil meine Frau von Geburt an ein ganz besonders durchtriebenes Stück Mensch ist, musste es wohl tatsächlich die reine Liebe gewesen sein, die mich einst in ihre Arme getrieben hatte. Zwar sah sie leidlich hübsch aus, doch charakterlich war mit ihr keinerlei Staat zu machen.

Ihr liebster Zeitvertreib war es, mit einer schweren Flinte auf die Kühe der nachbarlichen Bauern zu schießen. Klopfte einer mit starker, schmutziger Faust gegen die schwere Eingangstüre meines Anwesens, wusste ich, was zu tun war. Seufzend drückte ich den Geschädigten jedes Mal einen ordentlichen Batzen Geld in die Hand. Zufrieden zogen sie dann ab. Der Wert des Viehs war durch meine Zahlung mehr als abgegolten und beim Abdecker verdienten sie dann noch einmal.

Auch zündelte Liesl, so übrigens der Name meiner Frau, nur allzu gern. Schule, Rathaus, Turnhalle und Kirche brannten in unserem Örtchen nieder. Alle Gebäude musste ich mit dem modernsten Schnickschnack ausgestattet wieder errichten lassen. Manchmal hatte ich das ungute Gefühl, dass der Bürgermeister meine Gattin (man mag mir das folgende Wortspiel verzeihen) regelrecht befeuerte. Der im Gesicht bluthochdruckrote Kerl hockte mit ihr zu gern in der Dorfgaststätte beieinander. Stundenlang ertränkten sie Fliegen in ihren Bierkrügen, steckten die Köpfe zusammen und lachten verschlagen. Oft musste die Feuerwehr noch in derselben Nacht hinaus, um wieder irgendwo einen Brand zu löschen. Der Bürgermeister wiederum war längst in der ganzen Umgegend ein hochangesehner Mann, denn keine andere Gemeinde hatte schönere und neuere Gebäude als die seine. Händereibend und grinsend lief er deshalb durch unser nun so wundervolles Dorf.

Mein ehemals so glänzender Ruf als Kunstmäzen, Büchersammler und Herrenfahrer hatte freilich ganz erheblich gelitten. Der Wirtschaftsmagnat und Vorsitzende des illustren Vereins zur Förderung des Schönen und Guten, Dr. Karl Hammerschlag, lud mich schon lange nicht mehr zu seinen rauschenden Abendgesellschaften ein. Verübeln kann ich es dem tüchtigen Manne keineswegs. Mehrmals war Liesl dort so trunken gewesen, dass sie krakeelend von ihrem Sessel rutschte und kaum später schnarchend am Boden lag. Am scheusslichsten aber war ihr Benehmen beim Weihnachtspunsch im vergangenen Winter. Als sie sich einen Augenblick unbeobachtet glaubte, schnäuzte sich meine Gattin im rotgelockten Hinterhaar von Baroness von Greifenfink die Nase aus. Baroness von Greifenfink, über deren herrliche Anekdote, wie sie einmal versehentlich ein Eselsohr in Professor Haschkes Erstausgabe von Heimito von Doderers „Strudlhofstiege“ gemacht hatte, wir gerade alle noch so vergnügt geschmunzelt hatten! Doch als der Hochadligen das Tun Liesls gewahr wurde, wollte sie wutentbrannt meiner Frau eine Ohrfeige verpassen. Die schien allerdings nur darauf gewartet zu haben, trat blitzschnell zur Seite und verpasste der ins Leere Taumelnden einen so kräftigen Tritt ins Gesäß, dass die Baroness auf alle Viere fiel. Sofort schwang sich Liesl auf ihren Rücken, rief „Hoppe, hoppe Reiter“ und trieb die schon bald erschöpft Keuchende durch den Raum.

Erst vier Dienern gelang es, meine Gattin vom Rücken der Armen abzuziehen und das abscheuliche Schauspiel zu beenden. Während Liesl vor Vergnügen gellend lachte, murmelte ich unter Kratzfüßen nur unentwegt „Pardon“ und eilte, die Liederliche fest an an der Hand haltend, so schnell als möglich aus dem Palais. Knallschnell ließ ich den Sportwagen durch die Finsternis rasen, um mich vom Ort der Pein zu entfernen. Um mich aufzuheitern, fasste Liesl in ihre Handtasche und holte vier goldene Löffel heraus, „Die habe ich mitgehen lassen“, lachte sie zufrieden auf. Oh weh, auch das noch, dachte ich und mir stiegen wegen des so furchtbaren Abends die Tränen in die Augen. Das mochte Liesl denn doch nicht sehen. „Komm, ich erzähl dir das Gedicht vom alten Hutzelmann“, rief sie und begann sofort mit der Rezitation.

„Der alte Hutzelmann

ging dann und wann

in der Nacht durch sein geliebtes Heimatdorf,

den Mund verkrustet von Schokoladenschorf.

In der Dunkelheit fiel er in den Abort

und war deshalb für immer fort.“

Herrgott noch einmal!

Man selbst las Lyrik von Klasse und dann so etwas! Zudem nach dem skandalösen Abend!

Auch kratzte sie mit ihren Fingernägeln an meinem Bauch und gurrte dabei immerzu „Kille, kille“. Dereinst hatte solches Tun bei mir die Leidenschaft tüchtig auflodern lassen, doch nun graute mich arg. Dadurch wurde mir gewiss: Die Liebe zu meiner Frau war endgültig erloschen! Ich musste diese schreckliche Person loswerden.

Zum Glück bin ich nicht auf den Kopf gefallen, hätte ich am liebsten formuliert. Doch das stimmt leider so nicht. Aus schierem Schabernack hatte Liesl erst kürzlich heimlich eine Stufe aus der Treppe herausgesägt und ich war bös gestürzt.

Zum Glück hatte mein Denkvermögen kaum Schaden genommen.

Als sie im Bette lag, schlummerte Liesl bald kräftig ein. Ich dagegen fand keine Ruhe, selbst der große Weinbrand-Schlummertrunk mochte mich nicht müde machen. Zu arg lastete der eklige Kummer, den mir das böse Weib immerfort bescherte, auf meiner geschundenen Seele. Durch das offene Fenster pfiff kalter Dezemberwind ins Schlafgemach und ließ mich tüchtig zittern. Fröstelnd stippte ich meine eiseskalten Füße auf Liesls Bettseite, denn sie ruhte immer unter einer elektrischen Wärmedecke.

„Oh, wie wohlig warm ist es dort“, dachte ich noch und schlief dann endlich ein. Am nächsten Morgen wachte ich alleine auf. Lisl war schon fort, sicherlich, um wieder irgendwelchen gemeinen Unsinn auszuhecken oder gar schon durchzuführen.

Als ich aufstehen wollte, verhagelte mir gleich ein hässlicher Anblick die Gutemorgenlaune. Die vermaledeite Heizdecke hatte mir meine Füße gnadenlos ausgetrocknet. Alt, faltiggrau und verschrumpelt sahen sie nun aus. Wie niederträchtig unwürdig wurde mir deshalb auch der Weg zum Bad. Durch die Wärme waren mir die Füße sicherlich um anderthalb Schuhnummern eingelaufen. Ich kam deshalb nur mit tapsigen Trippelschritten voran, weil sie mir immer wieder aus den nun zu großen Filzhausschuhen schlappten.