Berserkernde Hundewelpen als Muckefuckersatz - Norbert Bogdon - E-Book

Berserkernde Hundewelpen als Muckefuckersatz E-Book

Norbert Bogdon

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Beschreibung

"Zu Ehren der Verstorbenen trank ich ein Gläschen. Und noch eins. Und noch eins. Und noch eins. Und noch eins. Und noch eins. Bald wusste ich nicht mehr, ob ich Männlein oder Weiblein war. Und noch eins. Und noch eins. Und noch eins. Hier verlässt mich die Erinnerung an diesen Tag endgültig. Ich muss mich aber in meiner Gesellschaft noch glänzend amüsiert haben. Warum sonst hätte ich mir wohl die Augenbrauen abrasiert und die Haare in der Pfanne gebraten?" Stimmen zum Buch: Volker Klüpfel & Michael Kobr (Kommissar Kluftinger): Skurril, urkomisch und so wertvoll wie ein kleines Steak! Diese wunderbaren, liebevoll gemachten und manchmal bitterbösen sprachlichen Pralinen muss man sich einfach mal im Mund zergehen lassen. Kafkaeske Kabinettstückchen, in grotesker Gewandtheit erzählt. Klaus Lemke ("Rocker"): Dark und sehr funny. Momente freudiger Hoffnungslosigkeit. Bukowski reloaded. David Safier ("Mieses Karma"): Bogdons Humor erinnert in seiner Lässigkeit an Helge Schneider oder Horst Evers. Er ist kein Autor zum Schenkelklopfen, eher einer zum Schmunzeln, gewiss aber einer zum erstaunten Stirnrunzeln. Und ganz sicher einer, den man sich merken sollte. Denn merkwürdig sind seine Geschichten auf jeden Fall.

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Seitenzahl: 63

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Norbert Bogdon

Norbert Bogdon stammt aus Bremen. Nach zehn Jahren als Fährmann auf der Weser veröffentlichte er seinen Roman „Tagebuch eines Arschlochs“, der in Bremen ein Welterfolg wurde. Um dem Ruhm zu entfliehen, zog er nach Hamburg und arbeitet seitdem als Journalist und Autor in Hamburg und Berlin. www.norbertbogdon.de

Inhalt

Die blonde Barbara

Freuden in der Provinz

Strenge Hände & unerwartetes Liebesglück

Berserkernde Hundewelpen als Muckefuckersatz

Zwergenaufstand

Ein Künstlerleben

Weihnachten mit Rübezahlen

Der feine Herr Doktor

DIE BLONDE BARBARA war als Ulknudel verschrien. Immerzu & immerfort quollen aus ihrem Munde allerlei hässliche Zoten und schlüpfrige Witze. Treffsicher und absichtlich landete sie damit unter der Gürtellinie.

Pfui, man möchte ausspucken!

Ich selbst halte von solchen billigen Vergnügungen nur allzu wenig. Man muss wissen, dass ich aus einer respektablen Familie stamme, die schon seit Generationen zum Lachen in den Keller geht. Als ich noch eine Knabe war, hatte sich ein übler Possenreißer in unserem Dorfe eingenistet. Seine abgeschmackten Scherze erzürnten mich so sehr, dass ich ihn an einem nebligen Herbsttage in einem unbeobachteten Augenblick in den Rinnstein schubste. Schnell bedeckte ich den hilflosen Kerl mit nassem Laub. Da war Ruhe im Karton. Nie wieder wurde er gesehen oder gehört. Meinen kleinen Streich behielt ich für mich. Selten, allzu selten, plagten mich Albträume. Darin wurde ich immer von einem nur mit rostroten Blättern bekleideten Mann, aus dem die ganze Zeit „Pirilli, Pirilli, sie finden dich nie“ herauskicherte, in einen Gulli gestopft. Damals fing ich auch an, meine ältere Schwester, so lange zu kämmen bis sie bitterlich weinte. Diesen Brauch haben wir bis heute beibehalten. Jeden Donnerstagvormittag besucht sie mich bis zum Abendgrauen. Ihre Tränen fange ich mit einem extra dafür angefertigten Becher von purem Gold auf. Im Bett trinke ich davon winzige Schlucke. Seit ich das tue, sind die Nächte wunderbar traumlos.

Traumlos ja, aber oft auch schlaflos! Denn die blonde Barbara, meine grässliche Nachbarin, empfing ihre zahlreichen, ach i wo, zahllosen Männerbekanntschaften vornehmlich in dunklen Stunden. Vielleicht leuchtete ihr Humor dann umso heller. Die Herrenbesucher, allesamt windige Burschen mit schlechtem Leumund, fühlten sich in ihrer Gegenwart sehr gemütlich. Ihr dröhnendes Lachen über Barbaras vulgäre Albernheiten ließ nur allzu oft die Wände wackeln. Manchmal herrschte freilich auch über lange Minuten verdächtige Stille, nur hier und da war ein zufriedenes Grunzen zu vernehmen. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was wohl in ihrer Wohnstätte für Ferkeleien passierten. Irgendwann, wenn es schon längst morgenhell war, polterten und taumelten die Taugenichtse durch das Treppenhaus ab. Wer nun glaubte, dass Ruhe einkehren würde, der täuschte sich. Ach was, im Gegenteil. Die blonde Barbara war morgens noch so munter, dass sie sogleich das Xylophon vorholte und darauf ein schreckliches Weilchen abgedroschene Gassenhauer spielte. Was für ein liederliches Frauenzimmer!

Dabei hatte ich anfangs, als ich hierher zog, sie sogleich in mein Herz geschlossen, erinnerte mich Barbara doch an meine über alles geliebte Frau Mama. Die gleichen blonden Haare, die blauen Augen, die kein Wässerchen trüben konnten, die feingliedrigen Hände, die schlanke Figur. Doch es kommt nicht nur auf Äußerlichkeiten an, auch die inneren Werte zählen. Mutter war eine echte Dame gewesen, mit Benimm und Etikette. Während Barbara beispielsweise ordinär mit der Zunge die kalten Reste von den Verpackungen der Fertiggerichte leckte, vermochte Mutter selbst die edelsten Hummerschaumsuppen nur mit einem aus Silber getriebenen Löffel, in den unser Familienwappen geprägt war, zu sich zu nehmen. Auch bei der Erziehung von uns Kindern verlor sie nie ihren Geschmack. Der Rohrstock, mit dem sie uns züchtigte, hatte einen prachtvollen Elfenbeingriff, in den ein majestätischer Löwenkopf geschnitten war. Wenn sie das wertvolle Stück ergriff, pflegte sie zu sagen, dass eine ordentliche Tracht Prügel noch keinem Kinde geschadet habe. Wie recht sie doch hatte! Aus mir ist ein respektiertes Mitglied der Gesellschaft geworden. Auch meine Schwester verdient immer wieder einmal eigenes Geld. Doch Muttersein ist nicht nur eine anstrengende, sondern vor allem auch sehr stupide Aufgabe. Und so langweilte sich Mama über die langen Jahre zu Tode. Irgendwann hatte sie diese triste Aufgabe so über, dass sie Selbstmord beging, indem sie unter das Sofa kroch. Die patente und vorausschauende Frau hatte zuvor überall in der Stube Toilettensteine verteilt, die jeden zweifelhaften Geruch überdeckten. So bemerkten mein Vater, meine Schwester und ich ihr Verschwinden auch gar nicht. Erst einer guten Freundin fiel das Ganze nach einigen Wochen auf. Als wir nach einigem lustlosen Suchen Mutter unter dem Sofa fanden, war sie schon längs vollkommen verdorrt. Die zahllosen Wollmäuse hatten sie windesschnell ausgetrocknet. Noch heute muss ich unweigerlich an Mutter denken, wenn ich den Geruch von einfachen Zitronendufterfrischern schnuppere.

In der Anfangszeit unseres Kennens, als ich noch gutmütig war, besuchte ich Barbara regelmäßig. Ihr Onkel war ein polizeilich gesuchter Schnapsbrenner und so hatte sie immer unzählige Batterien Doppelkorn im Hause. Als wir wieder einmal eine Flasche dieses köstlichen Nasses geleert hatten, fasste ich so viel Vertrauen zu meiner Trinkgenossin, dass ich ihr vom Schicksal Mutters erzählte. Zum Schluss meiner Schilderung zeigte ich Barbara sogar eine Photoaufnahme, die drei Tage vor dem Verschwinden meiner lieben Mama angefertigt worden war. Was für eine barbarische Reaktion musste ich von der flegelhaften Person hinnehmen! Als sie die Aufnahme sah, brach sie in kreischendes Gelächter aus. „K ein Wunder, dass sie getan hat, was sie getan hat. Ich habe noch nie eine so verstockte, kratzbürstige und missmutige Person gesehen“, brabbelte Barbara. Sie lachte schließlich so unkontrolliert, dass sie rücklings mit dem Stuhl zu Boden fiel. Dort blieb sie liegen und schlief sofort ein. Ich aß in die peinliche Stille hinein mein Leberwurstbrot, das mir Barbara geschmiert hatte, zu Ende. Man soll nichts verkommen lassen, auch wusste ich ja nicht, wann ich wieder einmal so eine gute Mahlzeit haben würde. Dann stand ich auf und ging heim. Von nun an war von meiner Seite beschlossene Sache, dass das Tischtuch zwischen uns zerschnitten und wir Todfeinde waren!

Barbara merkte davon allerdings nichts, es war ihr auch augenscheinlich egal, dass ich mich von ihr abgewandt hatte. Sie sah nur, dass ihre Verehrer weiterhin wie Pilze aus dem Boden schossen. Ihre Wohnung war immerzu gerammelt voll, nur einen Sonntag im Monat gönnte sich Barbara einen Tag der Besinnung. Aus gutem Grund! Da brachte ihr Onkel in aller Herrgottsfrühe mehrere Kisten mit gerade gebranntem Doppelkorn. Frisch ist das Gebräu ja am köstlichsten. Und der erste Schluck aus der Flasche ist doch immer noch der beste. So öffnete Barbara jede der neuen Flaschen und nahm daraus einen kräftigen Schluck. Auch war Barbara neben dem Genuss der Gedanke lustig, dass ihre Gäste unwissentlich aus schon von ihren Lippen besudelten Gefäßen tranken. Naturgemäß war die Frau nach nur wenigen Stunden am Sonntag zu nichts mehr zu gebrauchen und lag schon am späten Morgen, vom Rausch niedergezwungen, wie bewusstlos am Boden.

Weil sie nie die Tür verriegelte, konnte ich problemlos zu Barbara. Ihren Bruder empfing sie immer im Morgenrock. Und wie ich aus guter Erfahrung wusste (ich hatte oft genug bei ihr übernachtet; Herrgott, der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach),