Reise um die Welt auf der Resolution unter dem Kommando von Kapitän James Cook - Georg Forster - E-Book

Reise um die Welt auf der Resolution unter dem Kommando von Kapitän James Cook E-Book

Georg Forster

3,9

Beschreibung

Da sich sein Vater im Lauf der Zeit einen Ruf als Wissenschaftler erworben hatte, erhielt er 1772 das Angebot der britischen Admiralität, Captain James Cook auf seiner zweiten Weltumsegelung zu begleiten. Seine Aufgabe als Naturforscher sollte es sein, einen wissenschaftlichen Bericht über die Reise zu erstellen und nach der Rückkehr zu publizieren. Johann Reinhold Forster setzte durch, dass sein erst 17-jähriger Sohn Georg als Zeichner mitkommen durfte. Am 13. Juli 1772 stachen Vater und Sohn Forster an Bord der Resolution unter dem Kommando von James Cook in Plymouth in See. Die Reise führte zunächst in den Südatlantik, dann durch den Indischen Ozean und antarktische Gewässer in den Südpazifik und zu den Inseln Polynesiens und schließlich um Kap Hoorn herum wieder zurück nach England, wo sie am 30. Juli 1775 wieder eintraf. Auf ihrer dreijährigen Reise hatten Vater und Sohn mit Cook unter anderem Neuseeland, die Tonga, Neukaledonien, Tahiti, die Marquesas-Inseln und die Osterinsel erkundet und waren weiter nach Süden vorgedrungen als Menschen jemals zuvor und widerlegten damit endgültig die Theorie von einem großen, bewohnbaren Südkontinent. Georg Forster beteiligte sich – zumeist als Zeichner und zunächst noch unter Anleitung seines Vaters – an Studien zur Tier- und Pflanzenwelt der Südsee. Sein eigentliches Interessengebiet war aber die vergleichende Länder- und Völkerkunde. Er lernte schnell die Sprachen der Einwohner der besuchten Länder. Seine Berichte über die Polynesier sind bis heute anerkannt, da sie die Bewohnern der Südsee-Inseln mit Einfühlung, Sympathie und weitgehend ohne christlich-abendländische Vorurteile zeigen. Andererseits hütete er sich aber auch vor einer Idealisierung dieser als „edle Wilde“ wie andere Reisende zuvor. Während sein Vater nach der Rückkehr den von der Admiralität gewünschten wissenschaftlichen Bericht schrieb, veröffentlichte Georg Forster 1777 die für das allgemeine Publikum gedachte Reisebeschreibung A Voyage Round The World, das hier in der von Georg Forster selbst angefertigten deutschen Übersetzung als E-Book vorliegt. Diese Übersetzung wurde in Rechtschreibung und Wortwahl modernisiert und mit den Kupferstichen der Orginalausgabe ergänzt.

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Reise um die Welt
auf der Resolution unter dem Kommando von Kapitän James Cook
von
Georg Forster

1. E-Book-Auflage, November 2013

www.mach-mir-ein-ebook.de, Hamburg

ISBN: 978-3-944309-38-5

Originalausgabe: Johann Reinhold Forster's […] Reise um die Welt während den Jahren 1772 bis 1775. Berlin, 1778 und 1780.

Cover: Ausschnitt aus dem Gemälde Resolution and Adventure with fishing craft in Matavai Bay von William Hodges,1776.

Das Layout dieses E-Books beruht auf dem Design »Contact« von ePub Zen Garden. Dieses Design ist verfügbar unter der Lizenz Creative Commons Attribution 3.0 Unported.

Schriftart: »Gentium« von SIL International. Diese Schriftart ist unter der Open Font License verfügbar.

Inhaltsverzeichnis
Vorrede.
Einleitung.
Band I.
Kapitel I. Abreise — Fahrt von Plymouth nach Madera — Beschreibung dieser Insel.
Kapitel II. Reise von Madera zu den Kapverdischen Inseln und von da zum Kap der guten Hoffnung.
Kapitel III. Aufenthalt am Kap. Nachricht von der dortigen Kolonie.
Kapitel IV. Reise vom Kap zum antarktischen Wendekreis; erste Fahrt in höhere südliche Breiten; Ankunft an der Küste von Neuseeland.
Kapitel V. Aufenthalt in der Dusky-Bucht. – Beschreibung derselben. – Nachricht von unseren Verrichtungen.
Kapitel VI. Reise von der Dusky Bucht zum Charlotten-Sund. – Wiedervereinigung mit der Adventure. – Verrichtungen daselbst.
Kapitel VII. Reise von Neuseeland nach Tahiti
Kapitel VIII. Aufenthalt im Hafen O-Aitepieha auf der kleinen Halbinsel O-Tahiti – Ankern in der Matavai-Bucht
Kapitel IX. Aufenthalt in der Matavai-Bucht.
Kapitel X. Nachricht von unserem Aufenthalt auf den Gesellschaftsinseln
Kapitel XI. Reise von den Gesellschaftsinseln zu den Freundschaftsinseln; und Nachricht von unserem Aufenthalt daselbst.[99]
Kapitel XII. Seefahrt von den Freundschaftsinseln nach Neuseeland. — Trennung von der Adventure. — Zweiter Aufenthalt im Charlotten-Sund.
Kapitel XIII. Zweite Fahrt in die südlichen Breiten, von Neuseeland zur Osterinsel.
Kapitel XIV. Nachricht von der Osterinsel und unserem Aufenthalt dort.
Band II.
Kapitel I. Reise von de Osterinsel zu den Marquesas. — Aufenthalt im Hafen Madre de Dios auf der Insel Waitahu. — Reise von da über die flachen Inseln nach Tahiti.
Kapitel II. Nachricht vom zweiten Besuch auf der Insel Tahiti.
Kapitel III. Zweiter Aufenthalt auf den Gesellschaftsinseln.
Kapitel IV. Reise von den Societäts zu den Freundschaftsinseln.
Kapitel V. Nachricht von unserem Aufenthalt auf Mallicolo und Entdeckung der Neuen Hebriden.
Kapitel VI. Nachrichten von unserem Aufenthalt zu Tanna, und Abreise von den neuen Hebriden.
Kapitel VII. Entdeckung von Neukaledonien – Nachricht von unserem dortigen Aufenthalt – Fahrt längs der Küste bis zur Abreise – Entdeckung von Norfolk Island. – Rückkehr nach Neuseeland.
Kapitel VIII. Dritter und letzter Aufenthalt im Königin-Charlotte-Sund in Neuseeland.
Kapitel IX. Die Fahrt von Neuseeland nach Tierra del Fuego – Aufenthalt im Weihnachtshafen.
Kapitel X. Aufenthalt an den Neujahrsinseln — Entdeckung neuer Länder im Süden — Rückkehr zum Kap der guten Hoffnung.
Kapitel XI. Zweiter Aufenthalt am Kap der guten Hoffnung. — Fahrt von da nach St. Helena und der Insel Ascensions.
Kapitel XII. Fahrt von Ascensions, an der Insel Fernando da Noronha vorbei, zu den Azoren. — Aufenthalt zu Fayal. — Rückkehr nach England.
Anmerkungen

An Se. Majestät den König von Preussen.

Allergnädigster, Großmächtigster König und Herr!

Ich wagte mich nicht an den Thron des siegreichen Helden, und tiefschauenden Regenten, wenn ich nicht zugleich in Ihm den Menschenfreund und Weisen verehrte. Von diesem großen Charakter Eurer Majestät hoffe ich, dass auch jene entfernten Völker, die noch in der Kindheit der Kultur sind, nicht ganz unwürdige Gegenstände für Höchst-Dero Betrachtung sein werden.

Mit tiefster Ehrfurcht lege ich also Eurer Majestät diese Reisebeschreibung zu Füßen. Sie ist Geschichte und Arbeit eines Deutschen, der stolz auf sein Vaterland ist, und den Augenblick segnet, welcher ihm gestattet, den Monarchen vor aller Welt zu bewundern, dem dies Vaterland seinen jetzigen Geist zu danken hat. Wie viele Vorurteile drückten nicht Deutschland noch vor fünfzig Jahren nieder? Pedantische, frostige Gelehrsamkeit, gotischer Geschmack, zum Sprichwort gewordene rohe Lebensart, unverträgliche Religionssekten, unweise Gesetze! Hingegen darf man jetzt fragen, wo liebt man die Wissenschaft ohne Eigennutz? Wo ist Gelehrsamkeit und guter Geschmack verbunden? Wo denkt man gründlich und frei? Wo sind erfinderischere, wo geschicktere, wo einsichtsvollere Künstler und Gelehrten? Wo ist ungezwungener Umgang und Toleranz? Wo wahre Höflichkeit, Menschenliebe, Freundschaft? Endlich, wo sind glückliche Untertanen und wohltätige Gesetze? Wo liebt man den Fürsten als Vater? Wo stirbt man gern fürs Vaterland? — Millionen, unter Eurer Majestät Zepter beantworten diese Fragen dem lernbegierigen Norden, und den fast neidischen Völkern jenseits der Alpen und des Rheins. Das Beispiel des größten Königs, Seine Gesetze tiefer Weisheit voll, Seine Großmut, Seine unermüdliche Sorge fürs Volk; was haben sie nicht vermögt, in Deutschland das Glück der Menschheit zu befördern, die verschiedenen Stände in nähere Verbindung zu bringen, freiere Denkart und wohltätige Philosophie zu erwecken, die Wissenschaft in blühenden Stand zu setzen, echtes Genie zu nähren, die Sitten zu veredeln, und den reinsten Geschmack zu bilden? Deutschland erkennt in Eurer Majestät den Schutzgeist, der es belebt, wie das Herz den ganzen Körper. Es dankt Eurer Majestät auch seine Freiheit: und wenn die Nachwelt dereinst die Gräuel der Polykratie wird überlebt haben, denn wird jeder Deutscher Mann mit Bewunderung und Ehrfurcht, den Landesvater und König der Deutschen nennen, dessen großes Beispiel, gehörig befolgt, selbst kleineren Fürsten gelehrt haben würde, groß, geliebt und bewundert zu sein!

Ich opfere die feurigsten Wünsche für Eurer Majestät fortdauerndes hohes Wohlsein, und glückliche Regierung, zum Besten des Vaterlandes, zum Glück Hoch-Dero Untertanen, und zur Ehre der Menschheit, und bin, Allergnädigster König und Herr! Eurer Majestät alleruntertänigster, getreuester und gehorsamster

London, den 1. Sept. 1777.

Vorrede.

Die Geschichte der Vorwelt zeigt uns kein Beispiel solcher gemeinnützigen Bemühungen zur Erweiterung menschlicher Kenntnisse, als die Briten während der Regierung ihres jetzigen Königs unternommen haben. Lange wäre Amerika mit allen seinen Schätzen unentdeckt geblieben, wenn sich nicht ein Columbus durch seine Standhaftigkeit und edle Schwärmerei, trotz aller Hindernisse, die ihm Neid und Unwissenheit in den Weg legten, zu Ferdinand und Isabella, gleichsam hingedrängt hätte. Doch dieser unsterbliche Seemann, wurde endlich nur darum in Schutz genommen, weil er eine neue, unfehlbare Quelle von Reichtümern entdeckte. Umsonst hofft man, dass Plutus und die Musen ein dauerhaftes Bündnis schließen können; nur so lange währt die Freundschaft, als die holden Göttinnen, wie Danaïden, die Schatzkammer des Unersättlichen mit Gold füllen.

Es war späteren Zeiten vorbehalten, die Wissenschaft als Siegerin zu sehen! Drei verschiedene Seereisen hatte man schon getan, aus der edlen Absicht Entdeckungen zu machen, als die vierte, auf Befehl eines erleuchteten Monarchen, nach einem vollkommneren Plan unternommen wurde. Der erfahrenste Seemann dieser Zeiten, zwei geschickte Sternkundige, ein Gelehrter, der die Natur in ihrem Heiligtum studieren, und ein Maler der die schönsten Formen derselben nachahmen sollte, wurden auf Kosten der Nation auserlesen. Sie vollbrachten ihre Reise und sind jetzt im Begriff Rechenschaft von ihren verschiedenen Entdeckungen zu geben, die wenigstens für ihre Beschützer rühmlich sein muss.

Die britische Regierung schickte und unterhielt meinen Vater auf dieser Reise als einen Naturkundiger, aber nicht etwa bloß dazu, dass er Unkraut trocknen und Schmetterlinge fangen: Sondern, dass er alle seine Talente in diesem Fach anwenden und keinen erheblichen Gegenstand unbemerkt lassen sollte. Mit einem Wort, man erwartete von ihm eine philosophische Geschichte der Reise von Vorurteil und gemeinen Trugschlüssen frei, worin er seine Entdeckungen in der Geschichte des Menschen und in der Naturkunde überhaupt, ohne Rücksicht auf willkürliche Systeme bloß nach allgemeinen menschenfreundlichen Grundsätzen darstellen sollte, das heißt, eine Reisebeschreibung, dergleichen der gelehrten Welt bisher noch keine war vorgelegt worden. Ein solcher viel umfassender Auftrag entsprach der Geistesgröße vollkommen, durch welche sich alle Ratschläge der britischen Nation auszuzeichnen pflegen, und in der festen Überzeugung, dass mein Vater, vermöge seiner eignen Liebe zur Wissenschaft, von selbst darauf bedacht sein würde, der Gelehrsamkeit alle mögliche Vorteile durch diese Reise zu verschaffen, enthielt man sich auf die edelmütigste Weise ihm deshalb besondere Maßnahmen vorzuschreiben.

Er unternahm also die Reise, und sammelte seine Bemerkungen, zufolge der Meinung, die man sich von ihm gemacht hatte. Fest entschlossen den Endzweck seiner Sendung auszuführen und seine Entdeckungen dem Publikum mitzuteilen, nahm er sich nicht Zeit von den Mühseligkeiten der Reise zu ruhen; es waren nach seiner Rückkehr kaum vier Monat verstrichen als er dem Könige schon die Erstlinge seiner Arbeit widmete und überreichte[1]. Die Reisegeschichte, das Hauptwerk, welches man von ihm verlangte, ließ er darauf sein wichtigstes Geschäft sein. Anfänglich wollte man, dass er aus seiner eigenen und des Kapitän Cooks Tagebüchern, nur eine Erzählung machen sollte, worin die wichtigen Bemerkungen eines jeden an ihrer Stelle, und zum Unterschied verschiedentlich bezeichnet, erscheinen sollten. Mein Vater empfing einen Teil des Cookschen Tagebuchs, und setzte einige Bogen zur Probe auf; allein, da man bald darauf wieder andres Sinnes wurde und jedes Tagebuch für sich wollte abdrucken lassen, so wurde dieser Plan nicht weiter ausgeführt. Die Lords des Admiralitätskollegium beschlossen, die neue Reisegeschichte mit einer Menge Kupfer zu zieren, welche nach den Zeichnungen des Malers der mit an Bord gewesen, gestochen werden sollten; und schenkten die ganzen Unkosten des Stichs zu gleichen Teilen dem Kapitän Cook und meinem Vater.[2] Am 13. April 1776 wurde ein Vergleich zwischen beiden getroffen, und vom Grafen Sandwich (Präsident des Kollegiums) unterzeichnet, darin einem jeden sein Teil der Beschreibung angewiesen, und beiden das Geschenk der Platten, von Seiten des Admiralitätskollegiums, versichert wurde. Demzufolge überreichte mein Vater dem großen Sandwich eine zweite Probe seiner Reisebeschreibung, musste aber auch diesen Versuch zu seiner nicht geringen Verwunderung von ihm missbilligt sehen. Endlich wurde er inne, dass, weil man in gedachtem Vergleich das Wort »Erzählung« geflissentlich vermieden hatte, er nicht berechtigt sein sollte, eine zusammenhängende Geschichte der Reise zu schreiben, und man kündigte ihm nun auch förmlich an, dass er sich bei Verlust seines Anteils an den Kupfern streng nach dem Buchstaben des Vergleichs richten müsse. Zwar hatte er immer geglaubt, er sei hauptsächlich ausgeschickt worden, die Reise zu beschreiben; indessen bequemte er sich jetzt zu obiger Vorschrift, und schränkte seine Arbeit bloß auf einzelne philosophische Bemerkungen ein, um nur seine Familie nicht von jenem glänzenden Vorteil auszuschließen: Allein, so viel Verleugnung ihm dieser Schritt auch gekostet hatte, so fruchtlos blieb er doch. Man verwarf nämlich seine Arbeit von neuem und entzog ihm endlich das versprochene Anrecht auf die Kupferplatten, ganz und gar. Vielleicht wollte man ihm durch diese Begegnung fühlen lassen, dass er ein Ausländer sei, vielleicht fand man, selbst in den wenigen Reflexionen, die er vermöge des Vergleichs noch gewagt hatte, seine Denkart zu philosophisch-frei, vielleicht ist es auch das Interesse eines dritten gewesen, ihm das Geschenk des Admiralitätskollegium völlig zu entziehen.

Ich gestehe, es ging mir zu Herzen, den Hauptendzweck von meines Vaters Reise vereitelt, und das Publikum in seinen Erwartungen getäuscht zu sehen. Allein, da ich während der Reise sein Gehilfe gewesen, so hielt ich es für meine Schuldigkeit, wenigstens einen Versuch zu wagen, an seiner Stelle eine philosophische Reisebeschreibung zu anzufertigen. Alles bestärkte mich in diesem Unternehmen, welches nun nicht mehr in Seiner Willkür stand; ja ich sah es als eine Pflicht an, die wir dem Publikum schuldig waren. Ich hatte hinreichende Materialien während der Reise gesammelt, und fing mit eben so gutem Mut an, als je ein Reisender der selbst geschrieben, oder ein Stoppler der je bestochen worden, die Nachrichten andrer zu verstümmeln. Kein Vergleich band mir die Hände, und selbst derjenige, den mein Vater eingegangen, erwähnte Meiner nicht mit einem Worte und entzog mir nicht im mindesten seinen Beistand. Bei jedem wichtigen Vorfall habe ich also seine Tagebücher zu Rate gezogen, und solcherart eine Erzählung, der genauesten historischen Wahrheit gemäß, bewerkstelligt.

Zwei Ungenannte haben schon etwas von unserer Reise geschrieben; allein in diesem erleuchteten Jahrhundert glaubt man keine Märchen mehr, die nach der romantischen Einbildungskraft unserer Vorfahren schmecken. Die Begebenheiten unserer Reise sind so mannigfaltig und wichtig, dass sie keines erdichteten Zusatzes bedürfen. Unsre Seefahrt war wechselweise reich und arm an Vorfällen; doch wie der fleißige Landmann selbst das unfruchtbarste Feld zu nutzen weiß, so kann auch die ödeste Wildnis einem forschenden Geiste Veranlassung zum Unterricht geben.

Eine andere Beschreibung eben dieser Reise um die Welt, ist aus den Papieren des Kapitän Jacob Cook zusammengetragen, unter dessen Führung sie vollbracht ist. Die Admiralität hat diese Beschreibung mit einer großen Anzahl Kupferstiche versehen lassen, welche teils Aussichten der Ländereien, teils Abbildungen der Eingeborenen, ihrer Boote, Waffen und Werkzeuge vorstellen, teils auch aus Spezialkarten der verschiedenen Länder bestehen; und eben diese Platten sind es, welche gedachtes Kollegium meinem Vater und dem Kapitän Cook ehemals gemeinschaftlich versprochen hatte.

Beim ersten Anblick können vielleicht zwei Nachrichten von einer und derselben Reise überflüssig scheinen; allein man muss in Erwägung ziehen, dass sie aus einer Reihe wichtiger Vorfälle bestehen, welche immer durch die verschiedene Erzählung zweier Personen in stärkeres Licht gesetzt werden. Auch waren unsere Beschäftigungen im Hafen sehr verschieden; Kapitän Cook hatte alle Hände voll zu tun, um das Schiff mit Lebensmitteln zu versehen und wieder in Stand zu setzen; dagegen ich den mannigfaltigen Gegenständen nach ging, welche die Natur auf dem Lande ausgestreut hatte. Hieraus ergibt sich von selbst, dass unsere Vorfälle und Gegenstände sehr oft verschieden gewesen sein müssen, und dass folglich auch unsere Beobachtungen oft nicht das mindeste mit einander gemein haben. Vor allen Dingen aber ist zu bemerken, dass man einerlei Dinge oft aus verschiedenen Gesichtspunkten ansieht und dass dieselben Vorfälle oft ganz verschiedene Ideen hervorbringen. Dem Seefahrer, der von Kindesbeinen an mit dem rauen Elemente bekannt geworden, muss manches alltäglich und nicht bemerkenswert erscheinen, was dem Landmann, der auf dem festen Lande lebt, neu und unterhaltend scheinen wird. Jener sieht am Lande manches mit beständiger Rücksicht aufs Seewesen; dieser hingegen beobachtet es nur in so weit es einen ökonomischen Nutzen haben kann. Mit einem Wort, die Verschiedenheit unserer Wissenschaften, unserer Köpfe und unserer Herzen haben notwendiger weise eine Verschiedenheit in unsern Empfindungen, Betrachtungen und Ausdrücken hervorbringen müssen. Unsre Beschreibungen sind noch in einem anderen Umstand sehr wesentlich von einander verschieden; weil ich über alles, was die innere Haushaltung des Schiffs und der Matrosen betrifft, kurz weggegangen bin. Auch habe ich mich mit gutem Bedacht aller Erzählung der Schiffsmanöver enthalten, und nicht zu bestimmen gewagt, wie oft wir bei stürmischen Wetter die Segel refften oder gar einbüßten, wie viel Wendungen wir machten, um eine Landspitze zu umfahren, und wie oft das Schiff unserem Palinurus zum Trotz ungehorsam war oder nicht folgen wollte. Die Winkel, Lage und Entfernung der Vorgebirge, Bergspitzen, Hügel, Höhen, Buchten, Hafen und Buchten, nebst ihren Beobachtungen in verschiedenen Stunden des Tages sind gleichfalls weggelassen; denn solche lehrreiche Kleinigkeiten gehören eigentlich bloß für Seefahrer. Die Geschichte von Kapitän Cooks erster Reise um die Welt,[3] wurde mit großer Begierde gelesen, sie war aber, hier in England, mit allgemeinem Tadel, ich möchte fast sagen, mit Verachtung aufgenommen worden. Sie war von einem Manne aufgesetzt, der die Reise nicht mitgemacht hatte; und ihre üble Aufnahme wurde seinen geringhaltigen Beobachtungen, seinen unnötigen Ausschweifungen und seinen sophistischen Grundsätzen zugeschrieben; obgleich wenig Leser zu bestimmen im Stande sein mögen, mit wie vielem Recht oder Unrecht solches geschehen sei. Die Geschäftigkeit des Kapitän Cook und sein unermüdlichen Entdeckungsgeist haben ihn abermals gehindert, den Abdruck seines Tagebuchs selbst zu besorgen; er hat also auch jetzt wieder einen Dolmetscher annehmen müssen, der an seiner Statt mit dem Publikum reden könnte. Außer dieser Unannehmlichkeit hat seine Beschreibung gegenwärtiger Reise noch einen anderen Fehler mit der vorigen gemein, diesen nämlich, dass aus derselben, auf gut französisch, manche Umstände und Bemerkungen weggelassen worden, die man auf eine oder die andere Art für nachteilig ansähe. Ein höherer Befehl blies den Herrn von Bougainville von der Insel Juan Fernandez weg und brachte die englischen Kanonen zum Stillschweigen, als die Endeavour die portugiesische Festung auf Madera beschoss[4]. Ohne mich weiter in diese Vergleichung einzulassen, will ich nur bemerken, dass aus dem bisher gesagten genugsam abzunehmen, wie die Authentizität einer Reisebeschreibung beschaffen sein kann, die vor dem Abdruck Zensur und Verstümmlung über sich ergehen lassen muss!

Die Philosophen dieses Jahrhunderts, denen die anscheinenden Widersprüche verschiedener Reisenden sehr missfielen, wählten sich gewisse Schriftsteller, welche sie den übrigen vorzogen, ihnen allen Glauben beimaßen, hingegen alle andere für fabelhaft ansahen. Ohne hinreichende Kenntnis warfen sie sich zu Richtern auf, nahmen gewisse Sätze für wahr an, (die sie noch dazu nach eigenem Gutdünken verstellten), und bauten sich auf diese Art Systeme, die von fern ins Auge fallen, aber bei näherer Untersuchung, uns wie ein Traum mit falschen Erscheinungen betrügen. Endlich wurden es die Gelehrten müde, durch Deklamation und sophistische Gründe hingerissen zu werden, und verlangten überlaut, dass man doch nur Tatsachen sammeln sollte. Ihr Wunsch wurde erfüllt; in allen Weltteilen trieb man Tatsachen auf, und bei dem Allem stand es um ihre Wissenschaft nichts besser. Sie bekamen einen vermischten Haufen loser einzelner Glieder, woraus sich durch keine Kunst ein Ganzes hervorbringen ließ; und indem sie bis zum Unsinn nach Fakten jagten, verloren sie jedes andere Augenmerk, und wurden unfähig auch nur einen einzigen Satz zu bestimmen und zu abstrahieren; so wie jene Mikrologen, die ihr ganzes Leben auf die Anatomie einer Mücke verwenden, aus der sich doch für Menschen und Vieh nicht die geringste Folge ziehen lässt. Außerdem haben selten zwei Reisende einerlei Gegenstand auf gleiche Weise gesehen, sondern jeder gab nach Maßgabe seiner Empfindung und Denkungsart eine besondere Nachricht davon. Man musste also erst mit dem Beobachter bekannt sein, ehe man von seinen Bemerkungen Gebrauch machen konnte. Ein Reisender, der nach meinem Begriff alle Erwartungen erfüllen wollte, müsste Rechtschaffenheit genug haben, einzelne Gegenstände richtig und in ihrem wahren Lichte zu beobachten, aber auch Scharfsinn genug dieselben zu verbinden, allgemeine Folgerungen daraus zu ziehen, um dadurch sich und seinen Lesern den Weg zu neuen Entdeckungen und künftigen Untersuchungen zu bahnen.

Mit solchen Begriffen ging ich zur letzten Reise um die Welt zu Schiff und sammelte, so viel es Zeit, Umstände und Kräfte gestatten wollten den Stoff zu gegenwärtigem Werk. Ich habe mich immer bemüht, die Ideen zu verbinden, welche durch verschiedene Vorfälle veranlasst wurden. Meine Absicht dabei war die Natur des Menschen so viel wie möglich in neues Licht zu setzen und den Geist auf den Standpunkt zu erheben, aus welchem er einer ausgebreiteten Aussicht genießt und die Wege der Vorsehung zu bewundern im Stande ist. Nun kommt es freilich darauf an, wie fern mir dieser Versuch gelungen sei oder nicht; doch habe ich das Zutrauen, man werde meine gute Absicht nicht verkennen. Zuweilen folgte ich dem Herzen und ließ meine Empfindungen reden; denn da ich von menschlichen Schwachheiten nicht frei bin, so mussten meine Leser doch wissen, wie das Glas gefärbt ist, durch welches ich gesehen habe. Wenigstens bin ich mir bewusst, dass es nicht finster und trübe vor meinen Augen gewesen ist. Alle Völker der Erde haben gleiche Ansprüche auf meinen guten Willen. So zu denken war ich immer gewohnt. Zugleich war ich mir bewusst, dass ich verschiedene Rechte mit jedem einzelnen Menschen gemein habe; und also sind meine Bemerkungen mit beständiger Rücksicht aufs allgemeine Beste gemacht worden, und mein Lob und mein Tadel sind unabhängig von Nationalvorurteilen, wie sie auch Namen haben mögen. Nicht nur die Mannigfaltigkeit der Gegenstände, sondern auch die Reinheit und Anmut des Stils bestimmen unser Urteil und unser Vergnügen über Werke der Literatur; und wahrlich man müsste allem Anspruch auf Geschmack und Empfindung entsagen, wenn man nicht eine fließende Erzählung einer lahmen und langweiligen vorziehen wollte. Allein seit einiger Zeit ist die Achtung für einen zierlichen Stil so übertrieben und so sehr missbraucht worden, dass sich einige Schriftsteller lediglich auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit ihrer Sprache verlassen und um die Sache, welche sie vortragen wollten, gar nicht bekümmert haben, wobei denn am Ende das Publikum mit trocknen seichten Werklein ohne Salbung, Geist und Unterricht betrogen wurde. Solche Herrn mögen sich vielleicht den Beifall einiger Virtuosen erwerben

Who haunt Parnassus but to please their ear.

Ich bin aber überzeugt, dass die meisten und besseren Leser, in Rücksicht auf neue oder nützliche Gegenstände, die Unvollkommenheiten des Stils gewissermaßen zu übersehen geneigt sein werden. Ich habe nicht elegant sein wollen. Mein Zweck war deutlich und verständlich zu sein. Nur darauf habe ich meine Aufmerksamkeit eingeschränkt. Ich hoffe also Nachsicht zu finden, falls mir minder wichtige Fehler entwischt sein sollten. Die Karte, worauf unsere Entdeckungen und die Umseglungslinie gezeichnet worden, habe ich mit dem größten Fleiß nach den richtigsten Materialien, die am Rande angezeigt sind, entworfen. Damit auch das deutsche Publikum, neben meiner Beschreibung gegenwärtiger Reise, zugleich des Kapitäns Cooks Nachrichten von derselben, ohne ausdrückliche Kosten, mit benutzen möchte; so habe ich aus letzteren das Wichtigste hier in der deutschen Ausgabe eingeschaltet. Diese Zusätze betreffen jedoch, einen Teil der Einleitung ausgenommen, nur etliche wenige Vorfälle, von denen ich entweder nicht selbst Zeuge gewesen war, oder die ich aus einem anderen Gesichtspunkt angesehen hatte. Zum Unterschied sind alle diese Stellen mit folgendem Zeichen — angemerkt. Durch diese Verfügung habe ich meinen Landsleuten einen Dienst zu leisten gesucht, dessen das über reiche englische Publikum nicht bedurfte. Nunmehr könnte ich diese Vorrede schließen, wenn es mir nicht der Mühe wert wäre, dem Leser noch einige Nachricht von der Erziehung und Ausstattung mitzuteilen, welche man dem Tahitier O-Maï in England hat widerfahren lassen[5]. In dem engen Bezirk einer Vorrede kann ich aber nur mit wenigen Worten andeuten, was allenfalls zu einem ganzen Band Stoff gäbe, wenn es jemals über mich kommen sollte, das gute Korn der Philosophie von seiner Spreu zu trennen! O-Mai wurde in England für sehr dumm oder auch für besonders gescheit angesehen, je nachdem die Leute selbst beschaffen waren die von ihm urteilten. Seine Sprache, die keine rauen Mitlaute hat, und in der alle Worte mit einem Vokal endigen, hatte seine Organe so wenig geläufig gemacht, dass er ganz unfähig war, die mehr zusammengesetzten englischen Töne hervorzubringen: dieser physische oder vielmehr Gewohnheitsfehler wurde aber oft unrecht ausgelegt. Kaum war er in England angekommen, so wurde er in große Gesellschaften geführt, mit den schimmernden Lustbarkeiten der wollüstigen Hauptstadt bekannt gemacht, und im glänzenden Kreise des höchsten Adels bei Hofe vorgestellt. Natürlicherweise ahmte er jene ungezwungene Höflichkeit nach, die an allen diesen Orten üblich und eine der größten Zierden des geselligen Lebens ist; die Manieren, Beschäftigungen und Vergnügungen seiner neuen Gesellschafter wurden auch die seinigen, und gaben ihm häufige Gelegenheit seinen schnellen Verstand und lebhafte Einbildungskraft sehen zu lassen. Um von seinen Fähigkeiten eine Probe anzuführen, darf ich nur erwähnen, dass er es im Schachspiel sehr weit gebracht. Er konnte aber seine Aufmerksamkeit nicht besonders auf Sachen richten, die ihm und seinen Landsleuten bei seiner Rückkehr hätten nützlich werden können: Die Mannigfaltigkeit der Gegenstände verhinderte ihn daran. Keine allgemeine Vorstellung unseres zivilisierten Systems wollte ihm in den Kopf; und folglich wusste er auch die Vorzüge desselben nicht zum Nutzen und zur Verbesserung seines Vaterlandes anzuwenden. Schönheit, Symmetrie, Wohlklang und Pracht bezauberten wechselweise seine Sinne; diese wollten befriedigt sein, und er war gewohnt ihrem Ruf zu gehorchen. Der beständige Schwindel des Genusses ließ ihm keinen Augenblick Zeit auf das Künftige zu denken; und da er nicht von wahrem Genie belebt war, wie Tupaia, der an seiner Stelle gewiss nach einem festgesetzten Plan gehandelt hätte, so blieb sein Verstand immer unbebaut. Zwar mag er wohl öfters gewünscht haben, von unserem Ackerbau, unsern Künsten und Manufakturen einige Kenntnis zu bekommen; allein es fand sich kein freundschaftlicher Mentor, der diesen Wunsch zu befriedigen, ja was noch mehr, der seinen moralischen Charakter zu verbessern, ihm unsere erhabenen Begriffe von Tugend, und die göttlichen Grundsätze der geoffenbarten Religion beizubringen gesucht hätte. Nachdem er fast zwei Jahre in England zugebracht und die Blatternimpfung glücklich überstanden hatte, kehrte er unter Führung des Kapitän Cook, der im Juli 1776 auf dem Schiffe Resolution von neuem aus Plymouth absegelte, wieder nach Tahiti zurück. Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich, dass, aller der sittenlosen Vergnügungen ungeachtet, denen er in unserem geselligen Weltteil nicht hatte ausweichen können, die guten Eigenschaften seines Herzens doch noch unverdorben geblieben waren. Beim Abschied von seinen Freunden, entflossen ihm Tränen; und sein ganzes äußeres Betragen verriet eine große Gemütsbewegung. Man überhäufte ihn bei seiner Abreise mit einer unsäglichen Menge Kleider, Zierrat und anderen Kleinigkeiten, dergleichen täglich zu Befriedigung unserer erkünstelten Bedürfnisse erfunden werden. Seine Urteilskraft war noch kindisch; daher verlangte er auch wie ein Kind nach allem was er sah, und vorzüglich nach Dingen, die ihn durch irgend eine unerwartete Wirkung vergnügt hatten. Diese kindischen Triebe zu befriedigen, (denn aus bessern Absichten konnte es wohl nicht geschehen) gab man ihm eine Drehorgel, eine Elektrisier-Maschine, ein Panzerhemd und eine Ritterrüstung. Vielleicht erwarten hier meine Leser, dass er nebst diesen auch einige Dinge von wahrem Nutzen für seine Insel mitgenommen. — Ich erwartete eben dasselbe, allein meine Hoffnung wurde getäuscht! Sein Vaterland wird von den Engländern keinen Bürger zurücknehmen, dessen erweiterte Kenntnis, oder mitgebrachte brauchbare Geschenke, ihn zum Wohltäter, vielleicht zum Gesetzgeber seines Volks machen könnten. In Ermangelung dessen können wir uns jedoch einigermaßen damit trösten, dass das Schiff, auf welchem er zurück geschickt worden, den harmlosen Tahitianern ein Geschenk von Hornvieh bringen soll. Diese guten Leute müssen unfehlbar durch die Einführung von Ochsen und Schafen auf ihrer fruchtbaren Insel, glücklicher werden; ja durch viele auf einander folgende Umstände, kann dies Geschenk dereinst den Grund zu moralischen Verbesserungen geben. Aus diesem Gesichtspunkt ist unsere vorige Reise wichtig, und würde unsern Beschützern Ehre bringen, wenn sie auch kein anderes Verdienst hätte, denn dass wir Ziegen auf Tahiti, Hunde auf den Freundschaftsinseln und Neue Hebriden und Schweine auf Neuseeland und Neukaledonien zurück gelassen haben. Es wäre gewiss sehr zu wünschen, dass dergleichen Entdeckungsreisen, mit so wohltätigen und wahrhaft nützlichen Absichten noch ferner fortgesetzt würden;[6] zumal da noch selbst in der Südsee viel zu tun ist: Allein wer weiß, ob Neid und Eigennutz nicht durchdringen, und die großmütigen Unternehmungen eines Monarchen, der die Musen schützt, vereiteln werden. — Eine einzige Bemerkung, die von großem Nutzen für die Nachwelt ist; nur ein Vorfall, der unsere Mitmenschen in jenem entfernten Weltteil glücklich macht; vergilt wahrlich alle Mühseligkeiten der Seefahrt, und schenkt den großen Lohn, das Bewusstsein guter und edler Handlungen!

London, den 24. März 1777.

Georg Forster.

Einleitung.

Der Anteil, den die gelehrte Welt an den neuesten Entdeckungen im Südmeer genommen, hat auch die älteren, zum Teil schon vergessenen Reisen, wiederum ins Andenken gebracht. Vermutlich werden also meine Leser keiner weitschweifigen Wiederholung derselben bedürfen. Doch könnte es, für einige wenigstens, von Nutzen sein, dass ich der bisherigen Entdeckungsreisen erwähne, eh’ ich zur Beschreibung unserer eigenen schreite. Zunächst ist es auch der Mühe wert, dass ich von der Ausrüstung unserer Schiffe einige Nachricht voran schicke, weil solche, teils wegen der Originalität unseres Reiseplans, teils wegen der Erfahrungen und den Ratschlägen unserer Vorgänger, ungleich vollkommener und in aller Absicht bemerkenswerter war, als sie bei dergleichen Expeditionen bisher je zu sein pflegte. In Ansehung des ersteren will ich mich so kurz wie möglich fassen, um die Leser mit dieser trocknen Materie nicht zu ermüden; zu dem Ende werde ich auch nur allein die wirklichen Entdeckungsreisen anführen, und keineswegs ein vollständiges Verzeichnis von allen nichtsbedeutenden Südseefahrten liefern.

Vorläufig muss ich mich jedoch über die Benennungen der Meere erklären, so wie ich sie in folgendem Werk gebraucht habe. Das Meer zwischen Afrika und Amerika behält den Namen des südlichen Atlantischen Ozeans, von der Linie bis zum antarktischen Polarkreis. — Das Meer zwischen Afrika und Neu-Holland haben wir, nach dem nördlich darüber liegenden Meer, den südlichen Indianischen Ozean genannt; und diese Benennung könnte vom Wendekreis des Steinbocks bis zum Polarkreis gelten. Das große oder eigentliche Südmeer erstreckt sich von Neu-Holland bis Südamerika. Man pflegte ihm zwar in seinem ganzen Umfang den Namen des Pazifischen Ozeans oder Stillen Meers beizulegen. Allein diese Benennung kann nur innerhalb der Wendekreise gelten, indem die See jenseits dieser Grenzen wohl so stürmisch als jede andere ist. Der Äquator teilt das Stille Meer in zwei fast gleiche Teile, in das nördliche und südliche. Was vom Kreis des Krebs nördlich liegt, hat bisher noch keinen eigenen Namen. Was aber südlich vom Kreis des Steinbocks liegt, ist eigentlich das große Südmeer, bis zum antarktischen Zirkel. Innerhalb des gefrorenen Erdgürtels wird das Meer nicht zu Unrecht das Südliche Eismeer genannt.

Nachdem der Spanier Vasco Nunnez im Jahr 1513 das Südmeer von den Gebirgen in Panama entdeckt, und darin gebadet hatte, um es in Besitz zu nehmen, war Hernando Magalhaens (oder Ferdinand Magellan) ein portugiesischer Edelmann der erste, der es befuhr. Er verließ Sevilla in Spanien im August 1519 und kam durch die nach seinem Namen benannte Meerenge am 27. November 1520 ins große Südmeer. Von da segelte er nordwärts, um bald aus dem kalten Klima zu kommen, und richtete seinen Lauf nicht eher nach Westen als bis er innerhalb des Wendekreises, und nahe an die Linie gekommen war. Er entdeckte nur zwei ganz kleine unbewohnte Inseln, deren Lage noch jetzt unbestimmt ist. Nachdem er die Linie passiert hatte, entdeckte er die Ladrones oder Diebs-Inseln und die Philippinischen Inseln, wo er ums Leben kam.[7]

Cortez, der Eroberer von Mexiko, schickte im Jahr 1536 zwei seiner besten Kapitäne, Pedro Alvarado und Hernando Grijalva zu den Molukken. Sie besegelten das stille Meer unweit der Linie und entdeckten einige Inseln gegen Westen in der Nachbarschaft von Neuguinea.

Im Jahr 1567 wurde Don Alvaro Mendanna de Neira von Peru auf Entdeckungen ausgeschickt. Die Salomonen, welche Herr Dalrymple mit Recht für die nachher sogenannten Inseln Neu-Britannien und Neu-Irland hält, wurden auf dieser Reise entdeckt. Im Jahr 1575 machte Mendanna eine zweite Reise von der aber nichts bekannt ist. Die dritte ging 1595[8] vor sich. Mendanna durchkreuzte diesmal das stille Meer, ungefähr im 10. Grad südlicher Breite. Zuerst fand er eine Gruppe von 4 Inseln, beinahe in der Mitte des Ozeans, die er Marquesas nannte; weiter hin etliche niedrige kleine Inseln, und endlich ganz gegen Westen die große Insel Santa Cruz, die Kapitän Carteret hernach wiedergefunden und Egmont genannt hat.[9]

Die Falklandinseln die Amerigo Vespucci wahrscheinlich 1594 schon im Jahr 1502 den 7. April entdeckt hatte,[10] wurden 1594 von Sir Richard Hawkins einem Engländer wiedergefunden, und zu Ehren der Jungfräulichen Königin Elisabeth, Hawkins-Maiden-Land genannt. Kapitän Strong, ein anderer Engländer, entdeckte 1689 die Durchfahrt zwischen beiden Inseln, und legte derselben Lord Falklands Namen bei; und auf diese Art bekamen die Inseln selbst ihre jetzige Benennung.

Pedro Fernandez de Quiros hatte Mendannas letzter Reise beigewohnt, und nach dessen Tod, seine Witwe nach Manila zurück geführt. Er wurde 1605 von Peru ausgeschickt, ein südliches festes oder großes Land zu entdecken, dessen Existenz er vermutlich zuerst behauptet hatte. Vor ihm hatte man sich immer nahe an der Linie gehalten; Er aber richtete seinen Lauf nach Süden, und entdeckte etliche Inseln bei 25 und 28 Grad der Breite. Eine davon, la Encarnacion fand Kapitän Carteret neulich wieder, und nannte sie Pitcairns Island. Der Mangel frischen Wassers, nötigte Quiros nördlich zu steuern. Die neunte Insel die er entdeckte, und Sagittaria nannte, ist unstreitig die von Wallis wiedergefundene Insel Tahiti (Otahiti). Hernach lief er westwärts, sah einige kleine Inseln, und zuletzt das große Tierra del Espiritu Santo (Land des heil. Geistes) welches wir nebst Herrn von Bougainville wieder gesehen haben. Von da ging er über die Linie nach Mexiko zurück. Sein Reisegefährte aber, Luis Vaez de Torres entdeckte die Durchfahrt zwischen Neuguinea und Neu-Holland, die Kapitän Cook später Endeavour-Straße nannte.

Cornelys Schouten und Jacob Le Maire verließen Holland 1615, und waren die ersten, die durch die Le-Maires-Meerenge und ums Kap Hoorn fuhren. Im Stillen Ozean machten sie nicht beträchtliche Entdeckungen; gegen Osten von Tahiti waren es etliche kleine niedrige Inseln und gegen Westen einige hohe Inseln. Sie blieben innerhalb des 10. und 20. Grad südlicher Breite, bis sie längs der nördlichen Küste von Neuirland und Neuguinea zu den Molukken zurückkehrten.[11]

Von Batavia wurde 1642 Abel Jansen Tasman ausgeschickt. Er ging zuerst zur Insel Mauritius, und von da nach Süden bis zum 49° Grad. — Er segelte quer über den südlichen Indianischen Ozean, zwischen 40 und 50 Gr. s. Breite, entdeckte Van-Diemens-Land, oder die südliche Spitze von Neu-Holland; einen beträchtlichen Teil der westlichen Küste von Neuseeland, und einige Inseln nordwärts von Neuseeland im Stillen Ozean.

Anthon Roché ein Engländer, kam 1675 von Peru, wo er Handlung getrieben hatte, zum Kap Horn zurück, und entdeckte im südlichen Atlantischen Ozean eine Insel, am 54. Grad südlicher Breite, die wir auf unserer Reise wieder gesehen haben, und am 45. Grad eine zweite, die man seit der Zeit nicht wieder aufgesucht hat.

Wilhelm Dampier, der erfahrenste und unglücklichste Seemann seiner Zeit, machte 1699 verschiedene Entdeckungen an den Küsten von Neuguinea, und nannte die Salomons-Inseln des Mendanna Neu-Britannien.

Der berühmte Sternkundige, Edmund Hallei, wurde in eben dem Jahr zum Kapitän des englischen Schiffs Paramour ernannt, womit er im südlichen Atlantischen Ozean auf Entdeckungen ausging, und bis über den 51. Grad südlicher Breite kam, ohne irgend ein neues Land zu finden.

Einige Holländer schickten 1721, Jacob Roggewein ins SüdMeer, dieser steuerte vom Kap Horn aus gerade nach Norden hinauf, bis er am 27. Grad der südlicher Breite die Osterinsel entdeckte. Von da ging er innerhalb des Wendekreises, verlor eines seiner Schiffe auf einer niedrigen Insel unweit Tahiti, und entdeckte noch verschiedene andere unbeträchtliche Inseln zwischen 13 und 15 Grad südlicher Breite.

Herr von Loziers Bouvet wurde im Jahr 1738 von der französischen Ostindien-Kompanie ausgesandt, den südlichen Atlantischen Ozean zu untersuchen. Am 1. Januar 1789 glaubte er Land am 54. Grad südlicher Breite und 11. Grad östlicher Länge von Greenwich[12] gesehen zu haben, und kehrte hierauf gleich wieder nach Europa zurück.

Herr Duclos Guyot, in einem spanischen Schiff, der Löwe genannt, erblickte auf seiner Rückreise von Peru eben das Land im südlichen Atlantischen Ozean, dass Anthon Roché schon 1675 entdeckt hatte. Er nannte es Isle de St. Pierre. Eben diese Insel wurde auf unserer Reise Südgeorgien genannt.

Commodore Iohann Byron, der auf der Ansonschen Escadre als Midshipman gedient hatte, ging 1764 mit zwei Schiffen aus, nahm die Falklandinseln in Augenschein, lief durch die Magellanstraße, und entdeckte zwischen 15 Grad südlicher Breite und der Linie etliche kleine Inseln im Stillen Ozean.

Ihm folgten Kapitän Wallis und Kapitän Carteret, die sich aber schon in der Magellanischen Meerenge von einander trennten. Wallis sah einige niedrige Inseln, und fand die Insel Tahiti, die Quiros schon 1606 entdeckt und Sagittaria genannt hatte; ferner die Boscawen- und Keppelsinseln, denen Le Maire und Schouten 1616 die Namen Kokos- und Verräterinseln gegeben hatten; endlich einige noch ganz neue Inseln. — Carteret richtete seinen Lauf mehr gen Süden, und fand des Quiros erste Insel Encarnacion, und hernach des Mendanna Santa Cruz denen er neue Namen gab.

Herr von Boungainville wurde vom französischen Hof im Jahr 1766 auf Entdeckungen ausgeschickt. Er fand, so wie viele vorige Seefahrer, einige niedrige aus Korallenklippen entstandene Inseln ostwärts von Tahiti, und traf auch diese letztere Insel neun Monate nach Kapitän Wallis an. Nachdem seine Leute sich einige Tage lang erfrischt hatten, segelte er weiter und entdeckte noch einige kleine Inseln gegen Westen, sah des Quiros Tierra del Espiritu Santo, und fand neue Länder um Neuguinea.

Im Jahr 1768 hielt die Königl. Sozietät der Wissenschaften zu London, bei Sr. Britischen Majestät, um die Ausrüstung eines Schiffes an, damit der bevorstehende Durchgang der Venus gehörig beobachtet werden möchte. Kapitän Iacob (James) Cook, wurde also zum Befehlshaber, der zu dem Ende erwählten Barke Endeavour ernannt, und ihm, nebst Herrn Carl Green, von der Königl. Sozietät die Beobachtung des Durchgangs aufgetragen. Herr Ioseph Banks, ein wohlhabender junger Mann, ging aus Liebe zur Naturgeschichte mit auf diese Reise, und unterhielt auf eigne Kosten einen Lehrling des berühmten Ritters von Linné, Namens Solander, als seinen Gefährten. Der Durchgang der Venus wurde auf Tahiti beobachtet. Hernach ging Kapitän Cook auf Entdeckungen aus. Er fand die sogenannten Gesellschaftsinseln, und lief von da, bis zum 40. Grad südlicher Breite, wohin, vor ihm noch kein Seefahrer im Südmeer gekommen war. Die völlige Entdeckung des von Tasman gesehenen Neuseelands, die gefährliche Fahrt an der noch ganz unbekannten östlichen Küste von Neu-Holland, und die wiedergefundene Durchfahrt des Torres zwischen Neu-Holland und Neuguinea, waren die sehr merkwürdigen Begebenheiten dieser Reise. Herr Banks fand zwischen zwölf und fünfzehnhundert verschiedene noch unbekannte Pflanzengattungen, nebst einer sehr beträchtlichen Anzahl Vögel, Fische, Amphibien, Insekten und Gewürm.

Im Jahr 1769 segelte Herr von Surville, in Diensten der französischen Ostindischen Kompanie von Pondichery über die Philippinischen Inseln nach Neuseeland. Er lag dort in der Doubtfull-Bucht, und sah am 9. Dezember den Kapitän Cook in der Endeavour vorbei segeln. Hernach stach er zwischen 30° und 40° südlicher Breite quer über das Südmeer und kam zu Calao in Peru bei der Landung ums Leben.

Im Jahr 1772 fand Herr von Kerguelen, nebst Herrn von St. Allouarn, eine Insel im südlichen Indischen Ozean, die fast au dem gleichen Meridian mit Mauritius, und bei 48° südlicher Breite lag. Noch in demselben Jahr wurde er zum zweiten Mal von Frankreich ausgeschickt; allein er kam unverrichteter Dinge zurück.

Während Kerguelens ersten Reise, segelte Herr Dufresne Marion, nebst Herrn Crozet, zwischen 40° und 50° südlicher Breite vom Kap der guten Hoffnung über den südlichen Indischen Ozean, nach Van-Diemens-Land und Neuseeland, und entdeckte, südwärts von Madagaskar, einige kleine öde Inseln. Die Neuseeländer in der Bucht der Inseln, brachten Herrn Marion ums Leben, worauf Herr Crozet die Reise fortsetzte, und anfangs Tasmans Lauf folgte, danach aber nach Manila ging.

Bei unserer Abreise kamen uns nur die Entdeckungen bis einschließlich Cooks erste Reise zu statten, weil wir damals von den letzteren französischen Expeditionen noch keine, oder doch nur höchst unzuverlässige Nachricht hatten.

Vor Kapitän Cooks Rückkehr in der Endeavour hatte man noch behauptet, dass sich das feste Land im Südmeer bis zum 30. Grad der Breite erstrecke, mithin unter einem günstigen Himmelsstrich belegen, und deshalb ein wichtiger Gegenstand der europäischen Politik sein müsse. Zwar hatte diese Meinung einen gefährlichen Stoß dadurch erhalten, dass er auf seiner ersten Reise bis zum 40. Grad gekommen, und gleichwohl kein solches Land gefunden hatte. Man ließ sich aber dadurch noch immer nicht irre machen. Das feste Land hieß es, erstrecke sich vielleicht nur nicht in dem Punkt so weit gegen Norden; Kapitän Cook sei in einen großen Meerbusen geraten; oder wenn man ja etwas zugeben müsse, so dürfe das feste Land nur um 10 Grade weiter zurückgelegt werden. Überdies wäre ja auch das Meer um den Südpol nach allen Himmelsgegenden bis zum 50., und an einigen Orten bis zum 40. Grad der Breite, zur Zeit noch immer ganz unberührt geblieben und noch von keinem Schiff befahren! Um nun diesem Streit wegen eines solchen festen Landes ein Ende zu machen, ging unsere Reise auf Befehl Sr. Königl. Britischen Majestät vor sich. Kapitän Cook erhielt Befehl, die Sommermonate[13] zu Entdeckungen, gegen den Südpol hin, anzuwenden; sobald aber die Jahreszeit kalt, stürmisch, neblig und unsicher würde, nach den Wendekreisen zurückzukehren und die Lage der ehemals entdeckten Inseln, vermittelst unserer jetzigen astronomischen Instrumente und neuen Berechnungen genauer zu bestimmen. Fände er kein großes festes Land, so sollte er, so nahe am Südpol als immer möglich, ostwärts laufen, bis er die Erdkugel umsegelt hätte. Unter allen Reisen um die Welt ist die unsrige auch wirklich die erste, die von Westen nach Osten gerichtet worden.

Man hatte auf Kapitän Byrons, Wallis und Carterets Reisen erfahren, dass die dazu gebrauchten Kriegsschiffe, der Delphin und die (Swallow) Schwalbe, übel gewählt wären, vornehmlich weil sie keinen hinlänglichen Vorrat von Lebensmitteln und Gerätschaften einnehmen konnten. Kapitän Cook suchte sich also, schon bei seiner ersten Reise, ein Fahrzeug von ganz anderer Bauart, nämlich eins von denen Schiffen aus, die in England zum Transport der Steinkohlen gebraucht werden. Ein Schiff, das zu Entdeckungsreisen recht tauglich sein soll, muss, sagte er, nach Verhältnis seiner Bemannung, Lebensmittel und andere Vorräte, wenigstens für drei Jahr lang, füglich in sich fassen können, aber bei alledem weder sehr große sein, noch sehr tief im Wasser gehen, damit es zur Not in den engsten und seichtesten Hafen einlaufen könne. Auch muss es nicht leicht auf dem Grunde sitzen bleiben, am Boden allenfalls einen Stoß aushalten, und wenn ja eine Ausbesserung nötig sein sollte, mit leichter Mühe ans Ufer gelegt werden können. In einem solchen Schiff kann ein tüchtiger Seemann sich überall hineinwagen, unverzagt an jede unbekannte Küste laufen und seinen Verhaltensbefehlen vollauf Genüge tun. Von dieser Art waren nun auch die beiden Schiffe, mit welchen wir die Reise um die Welt unterenahmen, und ich bin überzeugt, dass sie, bei allen ihren Fehlern und Unbequemlichkeiten, zu einer so gefährlichen Reise immer noch die tauglichsten und besten waren.

Das größere von 462 Tonnen und 16 vierpfündigen Kanonen, wurde die Resolution genannt, und von Kapitän Cook kommandiert, das kleinere hingegen von 336 Tonnen, oder die Adventure, von Kapitän Tobias Fourneaux. Ersteres führte 112 Mann, letzteres nur 81; die Sternkundigen, Naturforscher, Maler und ihre Bedienten abgerechnet.[14] Verschiedene Offiziere und Unteroffiziere, nebst einigen Matrosen hatten schon eine oder die andere Reise um die Welt mitgemacht, und waren um so mehr geschickt abermals dazu gebraucht zu werden.

In jedem Schiff befand sich ein Sternenkundiger, den die Kommission der Meereslänge[15] besoldete. Im größeren Schiff war es Herr Wilhelm Wales, der neulich die während der Reise gemachten Bemerkungen in einem Bande herausgegeben hat; in der Adventure Herr Wilhelm Bailei, der jetzt wieder auf einer neuen Reise mit Kapitän Cook begriffen ist.[16] Sie hatten alle nötige astronomische und nautische Instrumente, besonders vier Längenuhren, drei von Arnold, und eine nach dem Modell der Harrisonschen von Kendal verfertigt.

In der Resolution wurde auch Herr Wilhelm Hodges, ein Landschaftsmaler vom Admiralitätskollegium ausgeschickt, der nicht nur Aussichten von den verschiedenen Gegenden, sondern auch, so weit seine Kenntnis von der menschlichen Figur reichen wollte, die Einwohner gezeichnet hat.

Die Herren Banks und Solander, Kapitän Cooks Gefährten auf seiner ersten Reise, hatten sich vorgenommen, zum zweiten mal mit ihm zu gehen. Herr Banks hatte sich zu dem Ende in große Kosten gesetzt und mit allen Notwendigkeiten versehen. Zwei junge Leute sollten ihm (noch außer Solandern) in botanischen und zoologischen Beschreibungen Hilfe leisten, und drei andere die neuentdeckten Tiere und Pflanzen zeichnen. Sogar Zoffani, ein geschickter deutscher Maler, hatte versprochen ihn zu begleiten, und die verschiedenen Landschaften, nebst ihren Einwohnern, zu schildern. Herr Banks verlangte nur noch einige Änderungen im Schiff um etwas mehr Bequemlichkeit auf der Reise zu haben. Allein der Minister vom Seewesen hatte keine Achtung für diese Forderungen, die er doch einem so uneigennützigen Eiferer für die Wissenschaften wohl hätte zugestehen sollen. Nachdem Herr Banks lange genug vergebens auf günstigeren Bescheid gewartet hatte; so erklärte er sich endlich, zehn Tage vor dem zur Abreise angesetzten Termin, dass er mit seiner ganzen Gesellschaft die Reise nicht antreten wolle. Darüber war der Minister aufgebracht; er wollte sich rächen und Herrn Banks fühlen lassen, dass die Wissenschaft auch ohne ihn erweitert werden könne. Von der Summe, die das Parlament zum Besten dieser Reise ausgesetzt hatte, waren gerade noch 4000 Pf. Sterling übrig. Nichts konnte für die Leidenschaft des Ministers erwünschter sein. Man forderte meinen Vater auf, als Naturforscher mit Kapitän Cook zu gehen, hütete sich aber sorgfältig, ihm etwas von der Schikane merken zu lassen, die diesen Ruf veranlasst hatte. Das Parlament gestand ihm und mir oben erwähnte Summe zu, man gab noch oben drauf glatte Versprechungen, und wir traten die Reise an, in Hoffnung, den Verlust wenigstens einigermaßen zu ersetzen, der durch Herrn Banks Weigerung für die Wissenschaft zu befürchten stand. Die Rachsucht eines einzigen Mannes konnte also in diesem Fall ihren Nutzen haben. Bei Kapitän Cooks dritter Reise hatte sie sich aber schon abgekühlt. Es wurde zu wiederholten Malen vorgeschlagen, auch diesmal wieder Naturforscher auszuschicken, allein die Wissenschaft war nie des Ministers Objekt gewesen. Sie war ihm vor wie nach verächtlich, und folglich wurde auf der neuen Reise kein Gelehrter geduldet.[17]

In jedem Schiff wurden die Bestandteile eines kleinen Fahrzeugs von 20 Tonnen mitgenommen, die bei Gelegenheit zusammengesetzt werden konnten, im Fall dass die Schiffe verloren gingen, oder wir etwas zu verschicken hätten. Sie wurden aber nicht gebraucht, bis gegen das Ende der Reise, da wir Mangel an Brennholz litten.

Mit Netzen, Angeln und dergleichen Geräten zur Fischerei, waren wir ebenfalls versehen, und um Lebensmittel von den Wilden zu erhandeln, hatte man dem Kapitän allerlei grobe Tücher, Eisengerät und andere Waren mitgegeben. Auch wurden auf Befehl des Admiralitätskollegium etliche Hundert vergoldete Schaumünzen, mit dem Brustbild des Königs ausgeprägt, um zum Denkmal der Reise unter die Wilden verteilt zu werden.

Die Gesundheit des Schiffsvolks ist ein so wichtiger Gegenstand bei langen beschwerlichen Seereisen, dass man zu Beförderung und Erhaltung derselben diesmal auf außerordentliche Mittel bedacht war. Zu dem Ende hatte man verschiedene Lebensmittel an die Stelle andrer ausfindig gemacht, und vor allen Dingen unser deutsches Sauerkraut, nebst gallertartig eingekochter Fleischbrühe in großer Menge an Bord geschickt.

Wir hatten in der Resolution sechzig große Fässer Sauerkraut, die vor unserer Rückkehr ans Kap der guten Hoffnung ganz ausgeleert wurden. Die vielen Veränderungen des Klima, denen wir unterworfen gewesen, hatten ihm nichts geschadet. Ungefähr vierzehn Tage vor unserer Ankunft in England, fanden wir die letzte Tonne, die man bis dahin durch einen Zufall im Schiffsraum übersehen hatte; und auch diese enthielt so frisches und schmackhaftes Sauerkraut, dass verschiedene portugiesische Herren, die auf der Reede von Fayal mit uns speisten, nicht nur mit außerordentlichem Appetit davon aßen, sondern sich den im Fasse gebliebenen Rest ausbaten, um ihre Freunde an Land damit zu bewirten. Es wurde meistens zweimal die Woche, zur See aber, und besonders in den südlichsten Gegenden, auch öfter gereicht. Die Portion auf jeden Kopf war ein Pfund. Dem deutscher Leser die guten Eigenschaften dieses Gerichts zu rühmen, wäre überflüssig. Doch kann ich nicht umhin zu sagen, dass es vielleicht das allerbeste Präservativ gegen Skorbut ist, weil es in Menge mitgenommen, und nicht als Medizin, sondern in großen Portionen als nahrhafte Speise gebraucht werden kann.

Die Täfelchen oder Kuchen von gallertartig eingekochter Fleischbrühe verdienen den nächsten Platz, als bewährte gesunde Nahrungsmittel. Wir hatten ihrer an 5000 Pfund. Wöchentlich kochte man dreimal Erbsen[18] zu Mittage, und jedes mal wurde ungefähr zwei Lot solcher Fleischbrühe auf den Mann, darin zerlassen. Auch wurde es bisweilen zum Frühstück mit Weizengraupen oder Hafermehl verdickt zugerichtet.

Ein und dreißig kleine Fässer mit eingekochter Würze (Maische) oder Bier, das bis zu einer sirupähnlichen Konsistenz eingekocht war, wurden ebenfalls auf dieser Reise mitgenommen, um gelegentlich durch den Zusatz von Wasser und neuer Gärung zu gesundem Getränk bereitet zu werden, Allein, aus Mangel von Vorsichtigkeit, verloren wir diesen Vorrat, der im heißen Klima in Gärung geriet und die Fässer sprengte.

Für die Kranken hatte man bei Ausrüstung unserer Schiffe ebenfalls besonders gesorgt.

Salup, ein Gallert, der aus der Wurzel eines Zweiblatts (Orchis) bereitet, sehr nahrhaft und leicht verdaulich ist, wurde dem Wundarzt zur Abwechselung mit dem gewöhnlichen Sayo, für die skorburtischen Kranken anvertraut.

Robb oder dick eingekochter Saft von Zitronen und Orangen, wurde als Arznei gegen den Skorbut mitgegeben; allein, weil man wegen der Kostbarkeit des Mittels die Dosis viel zu gering vorgeschrieben hatte, so ließ sich keine vollständige Kur davon erwarten. Außerdem hielt sich unser rechtschaffener Wundarzt, Herr Patton, auch nicht für berechtigt, mit seinen Kranken Experimente zu machen, so lange er noch wirklich bewährte Genesungsmittel in Händen hatte. Doch versichert er, dass der Robb von großem Nutzen sei.

Eine Marmelade aus gelben Möhren oder Karotten, (Daucus Carota) die dem gewöhnlichen schwarzen Zuckersirup an Farbe und Geschmack sehr ähnlich ist, hatte der Herr Baron von Muzel Stosch in Berlin zur Probe gegen den Skorbut vorgeschlagen. Sie ist wenig abführend, und kann als ein Hilfsmittel angesehen werden; eine Kur aber wird sie schwerlich zuwege bringen.

Das wichtigste Mittel gegen den Skorbut, welches nach vielen wiederholten Erfahrungen selbst den gefährlichsten Grad dieser Krankheit kuriert, ist die frische Infusion von Malz. Wir hatten dreißig Tonnen mit Malz an Bord, und so bald sich der Skorbut merken ließ, ja in kalten Gegenden noch eher, wurde täglich eine frische Infusion gemacht, und denen die zum Skorbut neigten, als ein Präservativ gereicht. Die wirklichen Kranken, deren wir sehr wenige hatten, mussten jeden Tag bis drei Quart trinken. Bei geschwollenen Gliedern oder Beulen, wurden die Trebern, als warme Umschläge, mit dem besten Erfolg gebraucht. Doktor Macbride in Irland, war der erste, der das Malz als ein antiskorbutisches Mittel angab; und nunmehr ist es in der englischen Flotte als unentbehrlich eingeführt, so dass ein jedes Schiff einen gewissen Vorrat davon an Bord führt. Zu Bestätigung des obigen kann ich hier aus unseres Wundarztes Tagebuch noch folgende Stelle anführen. »Ich habe«, sagt er, »die Malz-Infusion (Würze, Maische) auf der ganzen Reise, in allen skorbutischen Fällen, äußerst nützlich befunden. Zwar habe ich sie nur selten recht auf die Probe stellen können, weil viele sie tranken, um die Krankheit zu verhüten; allein schon die wenigen Fälle, in den sie mir gute Dienste geleistet hat, sind meines Erachtens, hinlänglich, jedem Unparteiischen zu beweisen, dass dies das beste bisher erfundene Mittel gegen den Seeskorbut ist. Auch bin ich, nach allem, was ich von den Heilkräften der Malz-Infusion und von ihrer Art zu wirken erfahren habe, ganz überzeugt, dass mit Hilfe der Suppen-Täfelchen, des Sauerkrauts, Zuckers, Sayos, und der Korinthen, jene Pest des Meeres, der Skorbut, selten oder gar nicht unter dem Schiffsvolk selbst auf den längsten Reisen erscheinen wird.«

Hiernach wurde die Gesundheit unseres Schiffsvolk noch durch verschiedene andere Veranstaltungen befördert. Die wichtigste und nützlichste war, dass man die Leute bei ihrer gesalzenen Speise, so viel Wasser trinken ließ wie sie nur immer mochten. Nur selten fanden wir uns genötigt, sie auf gewisse bestimmte und noch seltener auf knappe Portionen von Trinkwasser einzuschränken. Zu dem Ende wurde auch keine Gelegenheit versäumt, frisches Wasser zu füllen, wenn wir gleich noch Vorrat davon hatten; weil es unstreitig besser frisch vom Lande kommt als es in den Fässern wird, nachdem es eine Zeitlang aufbewahrt worden.

Reinlichkeit ist eine andere notwendige Vorsicht. Es wurde bei uns nicht nur scharf darauf gesehen, dass die Matrosen sich selbst, ihre Kleider, Hemden usw. rein hielten, sondern auch die Küchengeräte wurden fleißig untersucht, damit von der Nachlässigkeit der Köche nichts zu befürchten wäre. Ihre Betten mussten bei trockenem Wetter des Tages aufs Verdeck gebracht werden. Am wichtigsten aber war das Räuchern mit einer Mischung von Schießpulver und Essig, oder auch Wasser, und die fast wöchentlichen Feuer, die im Schlafraum des Volks, in den Kajüten der Offiziere und selbst im untersten Raum, wohin die Pumpen reichen, angezündet wurden. Ungesunde, faule Ausdünstungen und Feuchtigkeit wurden auf diese Art zerteilt und unschädlich gemacht, und die Luft durchaus gereinigt. Dazu kam noch die Einteilung der Mannschaft in drei, nicht wie sonst auf Kriegsschiffen gebräuchlich ist, in zwei Wachen. Dadurch wurden die Leute den Veränderungen des Wetters weniger ausgesetzt, und hatten Zeit, ihre Kleider, wenn sie nass wurden, zu trocknen. Es wurden auch auf öffentliche Kosten, während unseres Aufenthalt in kalten Gegenden, warme Kleidungsstücke ausgeteilt, die der Mannschaft trefflich zu statten kamen.

Erfahrene Ärzte, Seeleute und Menschenfreunde, hatten diese Hilfsmittel vorgeschlagen; der Wundarzt, mein Vater und einige andere Personen im Schiff, hatten den fleißigen Gebrauch derselben unaufhörlich angeraten; auch zeigten sich die vortrefflichen Wirkungen davon bald so deutlich, dass man sie in der Folge für ganz unentbehrlich ansah. Alle diese Ursachen und eigne Erfahrung, bewogen Kapitän Cook sie bei jeder Gelegenheit anzuwenden. Unter göttlicher Führung blieben wir auf diese Art, ungeachtet aller Beschwerlichkeiten einer harten, ungewohnten Lebensart, und häufiger Abwechselung des Klimas bei guter Gesundheit. Der Präsident der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in London, Sir John Pringle, spricht davon ausführlich als ein erfahrener Arzt in seiner am 30. November 1776 vor der Sozietät gehaltenen Rede, bei Verleihung der Copleischen Gedenkmünze an Kapitän Cook. Die Lobsprüche, die er unserem geschickten und berühmten Seemanne gibt, muss man dem Stil des Redners und den Umständen zu Gute halten. Freilich lässt sich nicht leicht begreifen, wie man einen Mann deswegen rühmen könne, dass er die dargebotenen Hilfsmittel gebraucht, vermöge welcher er allein seinen Endzweck, die Vollendung seiner Reise, erreichen konnte? Allein, dies musste in Rücksicht auf die Gesetze der Königlichen Gesellschaft geschehen; als vermöge welcher die Medaille nur dem Mitglied zuerkannt wird, der die beste Abhandlung einreicht. Also belohnte man nicht den berühmten Entdecker, den Weltumsegler, der den gültigsten Anspruch auf Belohnungen hatte, sondern den Mann, der das negative Verdienst besaß, die dargebotenen Mittel, worauf seine Erhaltung, sein Ruhm, sein Glück beruhte, ergriffen zu haben! Bis auf den Grad handelt man mit Chinesischer Formalität in England, diesem Lande der gesunden Vernunft und freien Denkungsart! Doch, was sage ich? Ist es nicht genug, dass der stolze, reiche Brite, der Herr, der Räuber und Plünderer beider Indien, zuweilen das Verdienst belohnt, es sei der Beweggrund, Rache, Ehrgeiz, Eitelkeit, Schlendrian — kurz, was er wolle? —

— Bleib’ immer minder reich, mein deutsches Vaterland, und beschäme mit Tugenden deine üppigen glänzenden Nachbarn, die sich ihre eigene Grube graben und dem Untergang entgegen eilen!

Quo Musa tendis? Desine pervicax Referre Sermones Deorum.

Band I.

Von England nach Tahiti und der Osterinsel

KapitelI.Abreise — Fahrt von Plymouth nach Madera — Beschreibung dieser Insel.

Ubi animus ex multis miseriis atque periculis requievit, — statui res gestas — perscribere; tamen (hoc) imprimis arduum videtur, — quia plerique, quæ delicta reprehenderis, malivolentia et invidia putant, ubi de magna virtute et gloria bonorum memores, quæ sibi quisque facilia factu putat, æquo animo accipit; supra ea, veluti ficta, pro falsis ducit. Sallust.

Kaum war das Schiff Endeavour im Jahre 1771 wieder nach England zurückgekommen, als man schon den Entwurf zu einer neuen Reise machte, auf welcher die südlichen Gegenden unserer Erdkugel weiter erforscht und untersucht werden sollten.

Zwei tüchtige, starke Schiffe, die Resolution und die Adventure wurden zu Ende als Königliche Schiffe vom sechsten Rang (Sloops) ausgerüstet, und die Kapitäne Jacob Cook und Tobias Furneaux zu Befehlshabern ernannt. Am elften Juni erhielten mein Vater und ich Befehle, diese Reise gleichfalls zu unternehmen, um Gegenstände der Naturgeschichte, zu sammeln, zu beschreiben und zu zeichnen. In möglichster Geschwindigkeit rüsteten wir uns zu diesem wichtigen Vorhaben, und schickten innerhalb neun Tagen alle unsere Reisegerätschaft an Bord der Resolution, welche damals noch bei Sheerneß lag, am 22. aber bereits nach Plymouth abging.

Am 26. verließen auch wir London, und kamen, weil wir zu Lande reisten, schon in zwei Tagen nach Plymouth, wo aber unser Schiff noch nicht eingetroffen war. Den ersten Juli verfügten wir uns an Bord der Jagd Augusta, und machten dem damaligen Präsidenten des Admiralitätskollegium, dem Grafen Sandwich, unsere Aufwartung. Seine Herrlichkeit (Mylord) glaubten, die Resolution würde noch denselben Tag auf der Reede ankommen, und verlangten, dass wir uns abends zwischen fünf und sechs Uhr an Bord derselben begeben möchten. Allein, zu unsrem großen Missvergnügen erschien das Schiff nicht, und der Graf verließ Plymouth am folgenden Morgen.

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