Romana Exklusiv Band 236 - Chantelle Shaw - E-Book
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Romana Exklusiv Band 236 E-Book

Chantelle Shaw

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Beschreibung

GEHEIMNIS UNTER GRIECHISCHEN STERNEN von SHAW, CHANTELLE Bei einer romantischen Mittelmeerkreuzfahrt erfüllt sich Kezias größter Traum: Ihr Chef, der faszinierende Nikos Niarchou, öffnet endlich sein Herz für sie. Nur, was wird aus dem Liebesglück, wenn der charmante Grieche ihr Geheimnis erfährt? HOCHZEITSREISE NACH ITALIEN von BAIRD, JACQUELINE Penny ist verzweifelt! Sie kann die traumhafte Italienreise mit dem reichen Unternehmer Solo Maffeiano kaum genießen. Zwar verspricht er, ihr geliebtes Elternhaus Haversham Park zu retten - aber nur, wenn sie ihn heiratet! Von Liebe ist keine Rede … ENTSCHEIDUNG IM SCHLOSS DER VERSUCHUNG von WINTERS, REBECCA Nie hat eine Frau den vermögenden Vincent Rolland stärker fasziniert als die zauberhafte Hallie. Und so kommen sie sich auf seinem malerischen Weingut gefährlich nahe. Doch kann er ihr vertrauen? Schon einmal hat eine Frau ihn in die Irre geführt …

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Chantelle Shaw, Jacqueline Baird, Rebecca Winters

ROMANA EXKLUSIV BAND 236

IMPRESSUM

ROMANA EXKLUSIV erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: 040/60 09 09-361 Fax: 040/60 09 09-469 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Christel BorgesGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2006 by Chantelle Shaw Originaltitel: „The Greek Boss’s Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Gudrun Bothe

© 2002 by Jacqueline Baird Originaltitel: „Wife: Bought And Paid For“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Karin Weiss

© 2003 by Rebecca Winters Originaltitel: „The Frenchman’s Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Tina Beckmann

Fotos: JurgaR / Getty Images

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA EXKLUSIVBand 236 - 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2013 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-95446-651-1

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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CHANTELLE SHAW

Geheimnis unter grichischen Sternen

Komm mit mir auf die Sonnenseite des Lebens! Schon in London erkennt Nikos Niarchou, Chef eines großen Touristikkonzerns: Kezia ist nicht nur die perfekte Assistentin, sondern auch eine mehr als begehrenswerte Frau! Doch selbst vor der traumhaften Kulisse des Mittelmeers wirft ein dunkles Rätsel seine Schatten auf ihr gemeinsames Glück …

JACQUELINE BAIRD

Hochzeitsreise nach Italien

Wahre Liebe ist für den italienischen Unternehmer Solo Maffeiano nur ein Mythos! Die umwerfende Penny ist für ihn der beste Beweis: Immerhin heiratet sie ihn nur, weil er ihr verspricht, dann ihr Familienanwesen zu retten. Oder schafft es die Hochzeitsreise ins sommerliche Italien, endlich auch Pennys Herz für ihn zu erwärmen?

REBECCA WINTERS

Entscheidung im Schloss der Versuchung

Hallie fällt es schwer, sich nicht in den fantastisch aussehenden Millionär Vincent Rolland zu verlieben. Und dann lädt er sie auch noch in sein zauberhaftes Château ein! Dabei hat sie doch nach einem Schicksalsschlag gelobt, für immer ins Kloster zu gehen. Allerdings verspürt sie für Vincent ganz und gar keine nonnenhaften Gefühle …

Geheimnis unter grichischen Sternen

PROLOG

Nikos Niarchous angekündigter Besuch im Londoner Büro der Niarchou Leisure Group verursachte hektische Betriebsamkeit unter allen Angestellten. Scheinbar bin ich die Einzige, die sich nicht verrückt machen lässt, dachte Kezia gereizt, als sie die Eingangshalle durchquerte, in der es durchdringend nach Möbelpolitur roch.

„Man könnte fast annehmen, wir erwarten königlichen Besuch“, murmelte sie ihrer Kollegin aus der Finanzabteilung zu, die mit ihr den Lift betrat.

„Ein Besuch vom obersten Firmenchef bedeutet fast dasselbe“, entgegnete Jo Stafford ernst. „Über ein Jahr ist es her, seit er hier war, und der Filialleiter schwitzt Blut und Wasser, aus Angst, wir könnten keinen guten Eindruck machen. Nik Niarchou stellt höchste Anforderungen an jeden Einzelnen seiner Mitarbeiter, vom Topmanager bis hinunter zum Büroboten. Tu bloß nicht so, als würdest du dich nicht an ihn erinnern!“, fügte sie hinzu, da ihre Kollegin kein bisschen beeindruckt schien.

„Ich bin erst nach seinem letzten Besuch in die Firma gekommen“, erklärte Kezia gelassen. „Damals wurde zwar ziemlich viel darüber geredet, aber da ich ihn nicht persönlich kannte, wusste ich damit nichts anzufangen.“

„Trotzdem musst du inzwischen eine Menge über ihn gehört haben“, beharrte Jo. „Zumindest, dass seine Fertigkeiten im Schlafzimmer ebenso legendär sein sollen wie seine Kompetenz in der Chefetage. Die Klatschpresse ist ihm rund um die Uhr auf den Fersen. Ein mächtiger griechischer Milliardär, der nicht nur atemberaubend attraktiv, sondern auch noch Single ist! Kein Wunder, dass er die Schlagzeilen füllt. Besonders jetzt, da er sich auf Dauer in England niederlassen will.“

Jo neigte sich Kezia vertraulich zu, obwohl außer ihnen niemand im Fahrstuhl war.

„Es heißt, er habe sich einen fantastischen Landsitz in Hertfordshire gekauft. Und die Reihe der Bewerberinnen als Herrin auf Otterbourne House soll ellenlang sein.“

Der Fahrstuhl hielt in Kezias Etage, und sie stieg aus. „Gib mir lieber einen Wink, wenn dieser Halbgott hier auftaucht, sonst erkenne ich ihn womöglich gar nicht“, bat sie ihre Kollegin lächelnd.

„Das wird auf keinen Fall passieren“, erwiderte Jo seufzend. „Nik Niarchou ist anders als jeder Mann, der dir bisher begegnet ist, glaub mir …“

Kezia durchquerte eilig den Eingangsbereich der PR-Abteilung und schüttelte beim Anblick der Empfangssekretärin den Kopf, die jede einzelne Tulpe nachmaß und kürzte, bevor sie die Blumen sorgfältig in einer extravaganten Vase arrangierte.

Die ganze Belegschaft spielt verrückt, dachte sie irritiert. Und all das wegen eines einzigen Mannes! Was für ein Tausendsassa das wohl sein mochte? Jo hatte ihn als eine Art griechischen Krösus beschrieben, und Kezia fand es wieder einmal ziemlich bestürzend, wie sehr sich die Menschen von Geld blenden ließen.

In Wirklichkeit war Mr Niarchou wahrscheinlich mittleren Alters, untersetzt mit einem leichten Bauchansatz. Doch das änderte nichts an seiner Macht als Firmenchef eines gewaltigen Konsortiums. Die viel zitierten hohen Ansprüche an sein Personal ließen Kezia nun doch hoffen, ihr Boss, Frank Warner, würde wenigstens heute rechtzeitig im Büro auftauchen … und möglichst nüchtern!

Um halb elf war Frank immer noch nicht erschienen, und Kezia spürte einen Anflug von Panik. Seit einem Jahr war sie jetzt die persönliche Assistentin des PR-Abteilungsleiters der Niarchou-Gruppe, und sie musste zugeben, dass sich der Job ganz anders gestaltete, als sie es erwartet hatte. Ihr Chef steckte mitten in einem erbitterten Scheidungskrieg und hatte ein Alkoholproblem.

Sie wusste zwar nicht, ob das eine unmittelbar mit dem anderen zu tun hatte, aber es fiel ihr immer schwerer, ihn vor den anderen Mitarbeitern zu decken. Kezia mochte Frank, doch momentan hätte sie ihn in heißem Öl sieden können. Auf dem Weg zur Kaffeemaschine schaute sie durchs Fenster auf den Firmenparkplatz hinunter … seinen Wagen konnte sie nicht entdecken.

„Verdammt, Frank! Wo bleibst du nur?“, brummte sie vor sich hin. Unwillig fuhr sie herum und prallte fast gegen einen Riesen. So erschien ihr wenigstens der Fremde in dem makellosen dunklen Designeranzug, der seine athletische Gestalt vorzüglich zur Geltung brachte. Langsam hob sie den Blick zu seinem Gesicht und sog hörbar den Atem ein. Scharf gezeichnete Wangenknochen, ein hartes Kinn, das einen entschlossenen Charakter bekundete, und ein großzügiger, gut geschnittener Mund, den man nur als sinnlich bezeichnen konnte.

Jo hat recht, dachte sie wie betäubt. Nikos Niarchou war anders als jeder Mann, den sie in ihrem Leben getroffen hatte.

Kezia hegte nicht den geringsten Zweifel, dem allmächtigen, phänomenal erfolgreichen Boss der Niarchou-Gruppe gegenüberzustehen, der sie aus wachsamen Raubtieraugen fixierte. Die unfassbare Aura von Autorität, gepaart mit Ungeduld, konnte sie gerade noch verkraften, aber was Kezia bis ins Innerste erbeben ließ, war die kaum verhüllte, fast aggressive sexuelle Anziehung, die von ihm ausging … und ihre Reaktion darauf.

„Eine sehr gute und berechtigte Frage, Miss Trevellyn. Wo ist Frank Warner?“

Seine tiefe Stimme war so sexy, dass Kezia Mühe hatte, Fassung zu bewahren. Abschätzend ließ er seinen Blick über den schlichten grauen Rock und die korrekte weiße Bluse wandern, die ihre weiblichen Kurven auf eine unschuldig herausfordernde Art zur Geltung brachten.

Kezia verschränkte die Arme vor der Brust und wünschte sehnlichst, sie hätte ihre Jacke nicht ausgezogen.

Sein Blick glitt tiefer zu ihren schlanken Beinen in den schwarzen Nylonstrümpfen. Dann ließ er ihn langsam wieder hochwandern zum Gesicht. Kezia fühlte sich bis auf die nackte Haut ausgezogen. Mit einiger Anstrengung versuchte sie, eine entspannte Haltung einzunehmen. „Sie haben den Vorteil, meinen Namen zu kennen, ich weiß aber leider nicht Ihren, Mr …?“

„Niarchou … Nikos Niarchou.“

Das Glitzern in den dunklen Augen verriet seine Belustigung darüber, dass sie so tat, als kenne sie ihn nicht. Die Leichtigkeit, mit der ihre zur Schau getragene Coolness enttarnt wurde, ließ Kezia erröten.

„Und Sie sind Kezia Trevellyn, Franks persönliche Assistentin.“

Er umschloss ihre Hand mit festem Griff, zog sie an die Lippen und presste einen heißen Kuss darauf. Es traf sie wie ein elektrischer Schlag. Kezia erwartete fast, Funken sprühen zu sehen. Mit einem kleinen Protestlaut befreite sie ihre Finger. Die Beine drohten unter ihr nachzugeben. Nie zuvor hatte sie etwas Vergleichbares gefühlt.

Instinktiv wusste Kezia, dass Nikos Niarchous dunkle, attraktive Züge nun für immer in ihr Bewusstsein eingebrannt waren. Und gerade deshalb begegnete sie kühl seinem herausfordernden Blick.

„Ja, ich bin Frank Warners persönliche Assistentin, doch ich fürchte, er ist heute Morgen außer Haus.“ Sie lief an ihm vorbei auf ihren Schreibtisch zu und blätterte demonstrativ im Terminkalender. „Sein Meeting müsste … gegen Mittag beendet sein. Wenn Sie ihn sprechen wollen, werde ich ihn bitten, Sie anzurufen, sobald er zurück ist.“ Mit einem höflichen Lächeln ging sie weiter in Richtung Tür, wobei ihre Körpersprache ihm deutlich signalisierte, ihr zu folgen.

Doch stattdessen zog Nikos Niarchou ihren Schreibtischstuhl zurück und nahm Platz. „Kommen Sie, setzen Sie sich zu mir, Miss Trevellyn, oder darf ich Sie Kezia nennen?“

Das Glitzern in seinen Augen besagte unmissverständlich, dass er sie nennen würde, wie er wollte – mit oder ohne ihre Erlaubnis. Offensichtlich war er ein Mann, der nicht mit Widerstand rechnete, und Kezia beschloss, um Franks willen, ihr leicht reizbares Temperament zu zügeln.

Sobald sie ihm gegenüber auf dem Besucherstuhl Platz genommen hatte, fühlte sie sich Nikos’ unergründlichem Blick ausgesetzt. Seine Augen und dichten Wimpern waren ebenso schwarz wie das volle Haar. Über den Schreibtisch hinweg nahm Kezia den Duft eines herben, teuren Aftershaves wahr und fühlte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Sie konnte nicht mehr klar denken, und sosehr sie es versuchte, es wollte ihr nicht gelingen, den Blick von seinem gut geschnittenen Mund abzuwenden.

„Was geht hier vor, Kezia?“, fragte Nikos abrupt … oder Nik, wie sie ihn für sich selbst nannte, um nicht auch noch in Ehrfurcht zu erstarren, wie der Rest der Belegschaft. Doch der harte Unterton in seiner Stimme ließ Kezia zusammenfahren. „Wir wissen doch beide, dass Franks Terminkalender für diese Woche keinen Eintrag hat, ebenso wenig wie für die letzte. Ich habe das kontrolliert, bevor Sie hier waren.“

„Sie haben kein Recht, auf meinem Schreibtisch …“ Ihre Stimme verebbte, als er arrogant eine Braue hob. Er war der Big Boss und konnte tun und lassen, was er wollte. Sie wussten es beide.

„Wo ist er? In einem Pub?“

„Um elf Uhr morgens? Natürlich nicht! Er …“ Kezia brach ab und strich sich langsam eine vorwitzige kupferrote Locke hinters Ohr. „Es stimmt schon, dass Frank zurzeit private Schwierigkeiten hat“, gab sie widerstrebend zu. „Die Scheidung von seiner Frau setzt ihm sehr zu.“

„Und welchen Part spielen Sie, was das Scheitern dieser Ehe betrifft?“

„Entschuldigung?“ Auf Kezias Wangen brannten rote Flecken. „Was sollte Franks Scheidung mit mir zu tun haben?“

„Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein Mann seines Alters wegen seiner jungen attraktiven Sekretärin zum Narren macht“, entgegnete Nik kühl und ignorierte das wütende Funkeln in Kezias Augen. „Loyalität, auch dem Vorgesetzten gegenüber, ist bewundernswert, aber ich versuche zu ergründen, warum sie so weit geht, dass Sie für ihn lügen. Sie decken Frank. Schon der Erfolg der letzten Kampagne geht allein auf Ihr Konto. Glauben Sie, ich wüsste das nicht?“

„Wenn ich Frank gegenüber loyal bin, heißt das nicht automatisch, dass ich mit ihm ins Bett gehe!“, brachte sie vor Empörung zitternd hervor. „Er ist ein guter Freund und Kollege, mehr nicht!“ Abrupt erhob sie sich von ihrem Stuhl und starrte Nik Niarchou voller Verachtung an. Verdammt sexy und teuflisch arrogant, schoss es ihr durch den Kopf … und zu ihrem Entsetzen spürte Kezia, dass sich ihre Gesichtsfarbe noch vertiefte.

Außerdem war dieser Mann viel besser über die Missstände in der PR-Abteilung informiert, als es ihr bisher bewusst gewesen war. Kezia befürchtete, nicht mehr viel für Frank Warner tun zu können.

„Nun, wenn es keine Affäre ist, dann liegt es wohl am Alkohol“, resümierte Nik trocken. „Sie müssen doch selbst zugeben, dass es so nicht weitergehen kann, Kezia.“ Er erhob sich von ihrem Schreibtischstuhl und wirkte jetzt noch viel überwältigender.

„Was haben Sie vor? Frank ist ein guter …“ Nik hatte sich bereits abgewandt und ging zur Tür. Kezia folgte ihm auf dem Fuß. Erst dachte sie, er würde sie ignorieren, doch dann wandte er noch einmal den Kopf und betrachtete gleichmütig ihr ängstliches Gesicht.

„Ganz sicher werden hier Veränderungen vorgenommen“, erklärte er schonungslos. Dann umfasste er zu Kezias Überraschung ihr Kinn mit zwei Fingern und hob es etwas an. Jeder Nerv in ihrem Körper vibrierte. Ohne die geringste Anstrengung zog dieser Mann sie in seinen Bann. Er war ein Zauberer.

Und ein unglaublicher Liebhaber, schoss es ihr durch den Kopf.

Sie sah, wie sein starker Körper sich anspannte, die Augen sich verdunkelten, und fragte sich entsetzt, ob er etwa auch Gedanken lesen konnte.

„Ihre Ergebenheit Warner gegenüber ist zwar fehl am Platz, aber ebenso bewundernswert wie Ihre geleistete Arbeit und die dadurch zu verzeichnenden Erfolge. Meine persönliche Assistentin hat beschlossen, zu heiraten und mit ihrem Mann nach Australien zu gehen.“

Kezia blinzelte, verwirrt über den plötzlichen Themenwechsel.

„Nach zehn Jahren perfekter Zusammenarbeit lässt Donna mich einfach im Stich“, sagte er mehr zu sich selbst.

„Mit gutem Grund, soweit ich das beurteilen kann“, murmelte Kezia und verwünschte bereits im nächsten Moment ihren vorlauten Kommentar. Doch zu ihrer Überraschung warf Nik den Kopf in den Nacken und lachte.

„Ebenso geistreich wie schön – eine gefährliche Kombination.“ Er beugte sich etwas zu ihr hinunter. „Aber ich liebe die Gefahr. Sie bringt erst die Würze ins Leben, finden Sie nicht auch, Kezia? Der Posten meiner persönlichen Assistentin wird im Verlauf der nächsten Monate vakant. Ich freue mich auf Ihre Bewerbungsunterlagen.“

„Was macht Sie so sicher, dass ich überhaupt an dem Job interessiert bin?“, fragte sie steif, verärgert über so viel Arroganz.

„Instinkt“, gab er sanft zurück. Sein wissendes Lächeln brachte ihre Wangen erneut zum Brennen. „Und ich irre mich nur selten.“

1. KAPITEL

Himmel! Nik würde sicher gleich zu Hause sein!

Kezia schaute auf die Uhr am Armaturenbrett und trat aufs Gaspedal. Sie musste sich beeilen, sonst riskierte sie, dass ihr dynamischer und notorisch ungeduldiger Boss vor ihr den Landsitz erreichte, und dann wäre die Hölle los. Denn Nik Niarchou beabsichtigte, heute eine Gruppe bulgarischer Geschäftspartner nach Otterbourne House mitzubringen, die er mit seinem Entwurf für einen Hotelkomplex an der Schwarzmeerküste zu begeistern hoffte.

Da erwartete er natürlich, dass seine persönliche Assistentin zur Stelle war und die wichtigen Gäste angemessen empfing.

Hätte sich dieser Tag noch schlimmer entwickeln können? fragte Kezia sich wütend, während sie durch die Regenschleier blinzelte. Die Catering-Firma, die für die abendliche Dinnerparty gebucht war, hatte in letzter Minute abgesagt, und dann fiel auch noch der größte Teil des Personals wegen Grippe aus, wie ihr der zerknirschte Hausverwalter mitteilte.

Doch da sie vollauf damit beschäftigt war, nach Alternativen zu suchen, um die drohende Katastrophe abzuwenden, hielt sich Kezias Mitleid in Grenzen. Zum Glück gab es Mrs Jessop, Niks Haushälterin, die mit grimmiger Entschlossenheit ein üppiges Dinner vorbereitete, mit dem sie die wichtigen Besucher beeindrucken wollte.

Kezia war damit beauftragt worden, eine Auswahl an raffinierten Desserts aus einer Patisserie zu besorgen. Doch der Trip in die Stadt hatte länger gedauert, als abzusehen gewesen war. Durch die sintflutartigen Regenfälle waren viele Straßen überschwemmt, und dann kam zu allem Überfluss auch noch Nebel auf.

Verbissen versuchte sie, sich auf die regennasse Straße zu konzentrieren, aber wie gewöhnlich waren ihre Gedanken in erster Linie bei ihrem sexy Boss. Wie von Zauberhand schoben sich seine klassisch markanten Züge vor ihre Augen. Reiß dich zusammen, Mädchen! rief Kezia sich zur Ordnung, frustriert darüber, wie sich ihr Herzschlag mit jedem Meter beschleunigte, den sie Otterbourne näher kam.

Nik hatte die letzten Wochen in Griechenland bei seiner Familie verbracht, und es bestürzte Kezia, wie sehr sie ihn vermisste. Wie albern und beschämend für eine erwachsene Frau von vierundzwanzig, sich in geradezu lächerlicher Weise auf einen Mann zu fixieren, der völlig außerhalb ihrer Reichweite lag! Dabei fühlte sie sich wie ein Teenager angesichts der ersten großen Liebe! Und sie würde unter Garantie vor Scham sterben, sollte Nik je erfahren, wie sehr er ihre Sinne verwirrte.

Als Kezia endlich die Stadt hinter sich gelassen hatte, seufzte sie erleichtert auf. Noch fünf Minuten, dann würde sie in die breite Auffahrt zu Otterbourne House einbiegen und, mit ein bisschen Glück, noch vor Nik dort sein. Wobei ihr trotzdem herzlich wenig Zeit blieb, die Frisur und das Make-up zu überprüfen.

Nicht dass er es überhaupt bemerken würde! Was Nik betraf, war sie seine sehr zuverlässige, effiziente Privatsekretärin, deren einzige Aufgabe darin bestand, dafür zu sorgen, dass sein Leben so reibungslos wie möglich verlief.

Wie er ihr anlässlich des Einstellungsgesprächs vor drei Monaten eindrücklich zu verstehen gegeben hatte, wollte er kein dekoratives Püppchen um sich haben, sondern suchte nach einer Mitarbeiterin, die fleißig und engagiert war, sich aber dennoch unauffällig im Hintergrund hielt.

In dem marineblauen Businesskostüm und mit ihren mühsam in einem festen Knoten gebändigten roten Locken schien Kezia ihn beim offiziellen Vorstellungsgespräch endgültig von sich überzeugt zu haben. Doch so sehr sie auch nachdachte, sie konnte sich an keinen noch so winzigen sexuellen Funken erinnern, der zwischen ihnen aufgeflackert war wie bei ihrem ersten Treffen im Londoner Büro.

Mit keinem Blick, keiner Geste ließ Nik erkennen, dass er sich überhaupt an sie erinnerte. Und der Umstand, dass ihre Redegewandtheit und Schlagfertigkeit sie während des Einstellungsinterviews zum ersten Mal im Stich gelassen hatten, frustrierte Kezia immer noch zutiefst. Damals wie heute schien er einzig und allein an ihrem Organisationstalent interessiert zu sein, und manchmal fragte sie sich aufmüpfig, ob er es überhaupt bemerken würde, wenn sie völlig nackt im Büro vor ihm hin und her spazierte.

Ohne Vorwarnung schoss von der Seite her ein dunkler Schatten vor ihr Auto. Kezia trat hart auf die Bremse, kam auf der nassen Straße ins Schleudern und verlor die Gewalt über den Wagen. Sie driftete auf einen Baum zu, schrie vor Panik auf und versuchte, das Steuer herumzureißen. Der Motor ging aus, und der Wagen kam in dem dichten Gebüsch zum Stehen, das den Straßenrand säumte. So viel zur Konzentration, dachte sie zittrig. Der Sicherheitsgurt hatte sie vor größeren Verletzungen bewahrt, doch durch die Wucht des Aufpralls war sie mit dem Kopf aufs Lenkrad geknallt und spürte die Beule auf ihrer Stirn förmlich anschwellen.

Mit bebenden Fingern startete sie den Wagen, setzte ihn in mehreren Versuchen zurück auf die Straße, nahm den Gang raus und stieg dann erst aus, um etwaige Schäden zu begutachten. Es war zu dunkel, um wirklich etwas zu erkennen, aber wenigstens fuhr er noch.

Plötzlich fühlte Kezia Übelkeit in sich aufsteigen. Was war ihr überhaupt vors Auto gerannt? Wahrscheinlich ein Fuchs, der längst im Unterholz verschwunden ist, beruhigte sie sich selbst, während sie die Regenschleier mit den Augen zu durchdringen versuchte. Inzwischen war sie nass bis auf die Haut und fror erbärmlich. Und zu spät kommen würde sie jetzt in jedem Fall!

Trotzdem brachte sie es nicht fertig, ein möglicherweise verletztes Tier einfach so liegen zu lassen. Als ein klägliches Wimmern von der anderen Seite des Grabens an ihr Ohr drang, wagte sie einen beherzten Sprung. Der kleine Hund war kaum mehr als ein Bündel aus Haut und Knochen. In der Dunkelheit konnte sie unmöglich erkennen, ob er ernsthaft verletzt war. Doch als Kezia ihre Hand ausstreckte, versuchte er, zu ihr hin zu kriechen.

„Komm her, alter Junge“, murmelte sie sanft und spürte, wie das arme Tier vor Angst und Kälte zitterte, als sie es behutsam auf die Arme nahm. „Lass uns von hier verschwinden.“ Vorsichtig watete sie zurück durch den Graben, rutschte aber am glitschigen Ufer aus, verlor dabei einen Absatz und fluchte leise vor sich hin. Ihre neuen Schuhe waren ruiniert und das Kostüm über und über mit Schlamm bespritzt.

Nik würde durchdrehen, wenn sie ihm so unter die Augen trat! Vorsichtig bettete Kezia den kleinen Hund auf den Beifahrersitz. Während sie hinters Steuer schlüpfte, versuchte Kezia, sich Niks Gesicht vorzustellen, wenn sie nicht nur nach ihm in Otterbourne House erschien, sondern auch noch aussah, als habe sie sich den Weg dorthin durchs Unterholz erkämpft.

Der prächtige Landsitz lag am Ende einer breiten Allee, halb verborgen hinter hohen Koniferen. Nikos Niarchous Herz hob sich, als seine Limousine um die letzte Ecke bog und er den Anblick seines englischen Landsitzes, in seiner klassischen Eleganz, förmlich in sich aufsog. Es tat gut, wieder zurück zu sein – trotz des Dauerregens. Sosehr er seinen Trip nach Griechenland auch genossen hatte, die letzten Wochen waren ihm wie eine halbe Ewigkeit erschienen.

Es war wunderbar gewesen, so viel Zeit mit seiner Familie zu verbringen, doch die wenig subtilen Hinweise seiner Eltern, sich endlich ein nettes griechisches Mädchen zu suchen und eine eigene Familie zu gründen, waren ihm irgendwann gehörig auf die Nerven gegangen. Seine Mutter hatte zudem ihr Wiedersehen genutzt, um ihn zu drängen, kürzerzutreten, da er völlig erschöpft und müde aussähe. Was ihn aber tatsächlich dazu veranlasst hatte, den Besuch länger auszudehnen als geplant, war nicht allein das Bestreben gewesen, der Hektik seines Berufes eine Weile zu entfliehen, sondern der Anblick seines Vaters, der unerwartet zerbrechlich und mindestens so alt wie seine achtzig Jahre wirkte.

Doch jetzt fühlte sich Nik erholt und war direkt begierig darauf, die Zügel wieder in die Hand zu nehmen. Starten wollte er mit der Präsentation der geplanten Hotelanlage, mit der er die Bulgaren hoffentlich begeistern und für sich gewinnen konnte. Dabei vertraute er darauf, dass Kezia mit gewohnter Präzision und Zuverlässigkeit alles getan hatte, um dieses Meeting zu einem Erfolg werden zu lassen.

Während Nik seine Gäste durch die imposante zweiflügelige Tür in die großzügige Eingangshalle führte, schaute er sich erwartungsvoll um. Eigentlich hätte Kezia hier sein müssen. Er hatte sie ausdrücklich gebeten, als offizielle Gastgeberin zu fungieren, und runzelte unwillig die Stirn, als stattdessen seine betagte Haushälterin auf ihn zutrat, um ihn zu begrüßen.

„Wo ist Kezia?“, wollte er ohne Umschweife wissen.

„Guten Abend, Mr Niarchou. Es ist schön, Sie wieder hier zu sehen.“

„Es ist schön, wieder hier zu sein, Mrs Jessop.“ Das schnelle Lächeln ließ seine strahlend weißen Zähne sehen, erreichte aber nicht die dunklen Augen. „Ich habe allerdings Kezia an Ihrer Stelle erwartet.“ In seiner Stimme schwang ein ungeduldiger Ton mit. „Wo, zur Hölle, ist sie?“

Stundenlang hatte er sich an Bord seines Privatjets bemüht, die bulgarischen Geschäftsleute und ihre Ehefrauen zu unterhalten, was durch die Sprachbarrieren nicht gerade erholsam gewesen war, und jetzt brauchte er Kezia! Das Rahmenprogramm war nun einmal ihre Sache. Er hatte geplant, die Gäste ihr zu überlassen, während er sich duschte und umzog.

„Es gab ein Problem mit der Catering-Firma, aber das ist inzwischen geregelt“, versuchte seine Haushälterin ihn zu beruhigen. „Kezia musste deshalb noch kurz in die Stadt. Sie müsste aber jeden Moment hier sein.“

„Das hoffe ich.“

Missmutig schob Nik die Brauen zusammen. In den letzten Monaten hatte er sich immer hundertprozentig auf seine neue Mitarbeiterin verlassen können. Aufmerksam, feinfühlig und effizient, war Kezia die perfekte Assistentin, der man zutrauen konnte, ihre Arbeit selbstständig und reibungslos zu erledigen. Hinter ihrer beherrschten Fassade verbarg sich ein scharfer Geist, der Gespräche mit ihr ausgesprochen interessant machte – wie er es bereits bei ihrem ersten Treffen in London erlebt hatte.

Seit Jahren war Nik es gewohnt, seinen Willen durchzusetzen, dennoch amüsierte ihn Kezias stillschweigende Entschlossenheit, sich von ihm nicht unterdrücken zu lassen. Überrascht stellte er fest, dass er sie vermisst hatte und sich auf ihre kontroversen Diskussionen freute, die von Kunst bis hin zur Politik reichten.

Sein Blick verdüsterte sich, als sich die Tür zum Wohnzimmer öffnete und eine vertraute Erscheinung auf der Schwelle erschien.

„Was hat Miss Harvey hier zu suchen?“, fragte er seine Haushälterin scharf. Tania Harvey, seine gegenwärtige Geliebte, war eine ausgesprochen sündhafte Erscheinung mit aufregenden Kurven und Talenten im Bett, die in krassem Kontrast zu ihrem Intellekt standen. Und Nik hatte momentan weder Zeit noch Lust, den brandheißen News aus der Modelszene zu lauschen.

„Sie hat eine Dinnereinladung“, erklärte Mrs Jessop sonnig.

„Von wem?“, fragte er barsch.

Die Haushälterin zuckte zusammen und hob hilflos die Schultern. „Nicht von Ihnen? Dann vielleicht von Kezia …?“ Sie neigte lauschend den Kopf. „Oh, ich glaube, das ist ihr Wagen. Da können Sie sie gleich selbst fragen.“

„Das werde ich“, knurrte ihr Arbeitgeber.

Tania tippelte strahlend auf ihn zu, warf sich ihm an den Hals, und Nik musste seine ganze Selbstbeherrschung aufbieten, um sie nicht abzuschütteln.

„Hallo, Darling … willkommen daheim“, schnurrte sie in sein Ohr, auf eine Weise, die er anfangs ausgesprochen sexy gefunden hatte, die ihn jetzt aber ebenso nervte wie ihr besitzergreifendes Verhalten. Weder Tania noch irgendeiner anderen Frau würde er gestatten, Otterbourne als ihr Heim anzusehen – jedenfalls nicht in absehbarer Zukunft.

„Tania, was für eine charmante Überraschung. Ich habe nicht damit gerechnet, dich hier anzutreffen“, begrüßte er die atemberaubende Blondine höflich und befreite sich aus ihrem Klammergriff.

„Deine Assistentin hat mich eingeladen. Ich dachte, es sei auf deinen Wunsch geschehen. Du freust dich doch, Nik?“, fragte sie mit übertriebenem Schmollmund. „Kezia hat nachdrücklich auf meiner Anwesenheit bestanden.“

„Hat sie das? Wie gedankenvoll von ihr“, murmelte er trocken. „Natürlich freue ich mich, dich zu sehen. Doch dies ist als Arbeitswochenende gedacht. Ich werde also kaum Zeit für dich haben.“

„Umso besser, dass ich hier bin. Ich werde dir helfen, dich zu entspannen …“, gurrte sie.

Nik kniff die Augen unmerklich zusammen. Bis jetzt hatte Kezia Trevellyn sich als exzellente Arbeitskraft gezeigt, was aber nicht hieß, dass er ihr gestattete, auch sein Liebesleben zu organisieren!

Die Flotte von Luxuslimousinen vor dem Herrenhaus war für Kezia das sichere Zeichen, dass Nik und seine Gäste vor ihr eingetroffen waren. Rasch parkte sie ihren Mini Cooper an der Seite, knipste die Innenbeleuchtung an und überprüfte im Rückspiegel ihr Äußeres. Himmel, das war ja noch schlimmer als befürchtet!

Ihr Haar hatte sich aus dem Knoten gelöst. Feuchte tizianrote Locken bauschten sich um ihr Gesicht, das neben Schmutzstreifen auf Wange und Kinn von einer dicken Beule auf der Stirn verunziert wurde.

„Mach dich auf was gefasst“, warnte sie das schmutzige Fellbündel auf dem Beifahrersitz. Beim Klang ihrer Stimme spitzte das Hündchen die Ohren und warf Kezia einen seelenvollen Blick zu. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob sie das Tier mit dem Wagen getroffen und verletzt hatte. Vorsichtig bettete sie es auf ihre Arme und schritt die Stufen zum Haupteingang empor.

„Da sind Sie ja endlich, meine Liebe.“ Mrs Jessop öffnete ihr die Tür und keuchte bei Kezias Anblick erschrocken auf. Doch deren Blick wurde wie magisch von der hohen, kraftvollen Gestalt ihres Arbeitgebers angezogen, die den Raum beherrschte.

„Theos! Was ist denn mit Ihnen geschehen?“, begrüßte Nik sie eisig. Seine irritierte Miene hätte sie zum Lachen gereizt, wenn Kezia nicht so erschöpft gewesen wäre. Momentan dachte sie nur an ihre vor Dreck starrenden Schuhe und dass sie den auf Hochglanz polierten Boden mit ihren Schlammfüßen ruinierte.

„Ich hatte einen leichten Unfall.“ Verzweifelt versuchte sie, die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen. Das ist nur der Schock, versicherte sie sich selbst. Seit Wochen hatte sie ihren Boss nicht gesehen, und der umwerfende Anblick, den er mit seinem sonnengebräunten Teint und den breiten Schultern in dem lässigen grauen Kurzmantel bot, gab ihr einen Stich ins Herz. Ohne seine stimulierende Gegenwart hatte sie sich wie ein halber Mensch gefühlt. Jetzt strömte das Blut wieder heiß durch ihre Adern.

„Ein Unfall? Was, zur Hölle, geht hier überhaupt vor sich? Und was ist das?“, grollte er und wies mit dem Kinn auf das zitternde Bündel in ihrem Arm.

„Ein Hund“, teilte sie ihm förmlich mit. „Er rannte unverhofft auf die Straße und zwang mich zu einem Ausweichmanöver. Möglicherweise ist er verletzt.“

„Vergessen Sie den verdammten Hund! Was ist mit Ihnen? Ich habe erwartet, Sie hier zu sehen. Stattdessen gondeln Sie in der Gegend herum und sammeln irgendwelche Streuner ein.“ Kezia begegnete seinem harten Blick und fühlte unversehens heiße Wut in sich aufsteigen. Den ganzen Tag über hatte sie sich abgeplagt, um seine verflixte Dinnerparty zu arrangieren. Ja, glaubte er denn, sie fuhr zu ihrem Vergnügen über zehn Meilen durchs regnerische Hertfordshire?

„Mrs Jessop hat erwähnt, dass es ein Problem mit der Catering-Firma gegeben hat“, knurrte Nik, da Kezia ihm eine Antwort schuldig blieb.

„Das ist gelöst“, gab sie kühl zurück und machte sich eine gedankliche Notiz, noch die Schachteln mit den Süßspeisen aus dem Wagen zu holen.

„Gut so. Ich möchte die Präsentation nämlich ohne unliebsame Zwischenfälle über die Bühne bringen und verlasse mich dahingehend auf Sie.“ Kezia wandte sich ab, und erst jetzt sah er die gewaltige Beule auf ihrer Stirn. „Theos! Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie verletzt sind?“ Behutsam strich er die feuchten Locken zur Seite und betastete vorsichtig die hässliche Schwellung.

„Sie haben mir ja gar keine Chance dazu gegeben“, murmelte sie verlegen. Sie waren einander viel zu nahe. Er roch so gut … frisch, maskulin, verführerisch …

Bestürzt senkte Kezia den Blick und sog scharf den Atem ein, als sie die schlammige Pfütze auf dem Fußboden bemerkte. „Ich wisch das sofort auf und rufe den Tierarzt …“

„Für Ihre Beule?“, fragte Nik irritiert.

„Für den Hund. Vielleicht ist etwas gebrochen. Auf jeden Fall hat er einen Schock erlitten. Er bewegt sich kaum noch.“

„Nun vergessen Sie doch mal den Köter!“, befahl Nik mit gedämpfter Stimme, um seine Gäste nicht unnötig zu alarmieren. „Ich werde einen Arzt anrufen. Möglicherweise haben Sie eine Gehirnerschütterung. Irgendetwas scheint jedenfalls mit Ihrem Kopf nicht in Ordnung zu sein“, setzte er sarkastisch hinzu.

„Mit mir ist alles in Ordnung!“, zischte Kezia unterdrückt zurück und hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als zuzugeben, dass sie tatsächlich unter hämmernden Kopfschmerzen litt. „Ich habe Mrs Jessops Nichte Becky und einige ihrer Freunde aus der Stadt engagiert, um mir bei der Party zu helfen. Becky kann Ihren Gästen die Zimmer zeigen, und um Punkt sieben werden Cocktails im Salon serviert. Wie Sie sehen, ist alles unter Kontrolle.“

Doch er schien nicht überzeugt zu sein. „Es freut mich, dass Sie das sagen. Aber es würde mich interessieren, was Sie heute Abend anzuziehen gedenken. Denn so können Sie kaum mit uns am Tisch sitzen. Ich würde Ihnen auch dringend ein Bad empfehlen. Sie riechen ziemlich …“ Er brach ab, als Tania sich zu ihnen gesellte. „Vielleicht kann Tania Ihnen ja etwas leihen.“

„Ich glaube kaum, dass wir die gleiche Größe haben …“, zischte die Blondine, während sie Kezia von Kopf bis Fuß musterte.

Kezia schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, das sie ihre letzte Kraft kostete. „Ich werde schon etwas finden“, versprach sie und wandte sich zur Treppe, die hinunter zum Dienstbotentrakt und zur Küche führte.

Zwanzig Minuten später hatte sich das schmutzige Fellbündel, nach einem Bad im Spülbecken des Wirtschaftsraumes, in einen kleinen schwarzen Hund zweifelhafter Abstammung verwandelt.

„Sieht ein bisschen nach Terrier aus“, stellte Mrs Jessop kritisch fest. „Aber was sonst noch dabei ist, weiß ich auch nicht.“

„Auf jeden Fall scheint er nicht verletzt, sondern nur halb verhungert zu sein“, meinte Kezia erleichtert. „Er ist sehr zutraulich. Ich werde morgen eine Annonce in die Zeitung setzen. Hoffentlich meldet sich sein Besitzer.“

„Darauf würde ich nicht wetten. Ich glaube, er wurde ausgesetzt. Das arme Tierchen scheint seit Tagen nichts gefressen zu haben … was nicht heißt, dass Sie ihn mit meinen zarten Hähnchenbrüsten füttern dürfen!“, empörte sich die Haushälterin. „Die sind fürs Dinner bestimmt. Glauben Sie, Mr Niarchou würde es gutheißen, wenn Sie den Hauptgang an einen verflohten Mischling verfüttern?“

„Die Flöhe sind alle beim Baden abgesprungen“, erklärte Kezia grinsend und streichelte zärtlich den mageren kleinen Hund. Als er ihr daraufhin die Hand leckte, fühlte sie, wie ihr Herz schmolz.

Als Kind hatte sie sich sehnlichst ein Lebewesen gewünscht, das sie lieben konnte, doch in dem Internat, in dem man sie ab dem achten Lebensjahr unterbrachte, waren Tiere verboten. Nur in den Ferien durfte Kezia ihre Eltern in Malaysia besuchen, wo ihr Vater arbeitete. Wie oft hatte sie ihre Mutter angefleht, ihr ein Haustier zu erlauben, aber Kezias Eltern gingen voll und ganz in ihrem gesellschaftlichen Leben auf und fanden kaum Zeit für ihre kleine Tochter – geschweige denn für ein Tier.

„Ich kann dich doch nicht einfach wieder hinaus in den Regen schicken“, murmelte sie jetzt bedrückt. „Liebe Mrs Jessop, würden Sie bitte nebenbei ein Auge auf ihn haben?“

„Während ich ein viergängiges Menü für vierzehn Personen vorbereite, meinen Sie?“, neckte sie die Haushälterin gutmütig.

„Tut mir so leid wegen der Catering-Firma“, murmelte Kezia zerknirscht. „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass sie mich in der letzten Minute haben hängen lassen. Diese Präsentation ist sehr wichtig für Nik, und Sie wissen ja selbst, wie anspruchsvoll er ist. Alles soll perfekt sein. Wenn Sie mit dem Essen allein zurechtkommen, Becky und die Mädchen das Dinner servieren, dann erledige ich den Rest.“

„Aber Sie sitzen doch mit den Gästen zusammen am Tisch, nicht wahr?“

„Nein, ich kümmere mich um den Wein und die anderen Getränke. Nebenbei muss ich dafür sorgen, dass alles reibungslos abläuft. Mein einziges Problem ist mein beschmutztes Kleid.“

„Becky hat immer Sachen zum Wechseln bei sich. Ich kann sie fragen, ob sie Ihnen etwas ausleiht. Sie beide haben fast die gleiche Größe. Aber Sie sollten sich mit dem Umziehen beeilen, wenn Sie oben beim Cocktailempfang anwesend sein wollen.“

Unter der Dusche schrubbte Kezia ihre Haut, bis sie brannte und sie endlich das Gefühl hatte, den Schlammgeruch aus dem Graben losgeworden zu sein. Sie konnte den angewiderten Ausdruck auf Niks Gesicht nicht vergessen und war entschlossen, ihm das nächste Mal absolut sauber und duftend entgegenzutreten.

Becky erwartete sie in Mrs Jessops Schlafzimmer. „Meine Tante hat mir erzählt, dass Sie einen Unfall hatten. Zum Glück habe ich noch einen Rock und Ersatzschuhe mit. Die kann ich Ihnen gerne leihen“, bot ihr das junge Mädchen an.

„Sie retten mir das Leben“, sagte Kezia gefühlvoll. „Vielen Dank, Becky.“

Die Schuhe erwiesen sich als schwarze Pumps mit hohen Pfennigabsätzen. Nicht gerade eine Fußbekleidung, die sich Kezia freiwillig ausgesucht hätte. Besonders, da sie den ganzen Abend über auf den Beinen sein würde. Zum Glück war der Rock keiner von Beckys geliebten Minis, sondern wies eine einigermaßen respektable Länge auf. Er passte Kezia wie eine zweite Haut. Unter dem glänzenden schwarzen Satin zeichneten sich ihr runder Po und die geschwungenen Hüften herausfordernd, aber nicht aufdringlich ab. Zu den schwarzen Strümpfen und den sexy Pumps eine tragbare Ergänzung, entschied Kezia für sich. Allerdings war es ein Outfit, das sich sehr von ihrer gewohnten Kleidung unterschied.

Ein schneller Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass sie sich sputen musste. Hastig eilte sie in Richtung Küche und stoppte abrupt, als sie Nik sah, der mit der Haushälterin redete.

„Ich wusste doch, dass es passen würde“, erklärte Mrs Jessop bei ihrem Anblick voller Genugtuung. „Sieht Kezia nicht reizend aus, Mr Niarchou?“

Nik lehnte mit verschränkten Armen am Küchentresen. „Sehr … einnehmend“, stellte er gedehnt fest. Seine Augen verdunkelten sich, und Kezia spürte zu ihrem Ärger, wie sie errötete. Ohne ihre gewohnte sonst eher konservative Kleidung fühlte sie sich irgendwie schutzlos, besonders, wenn Nik seinen Blick auf diese Weise über ihren Körper hinab bis zu den High Heels gleiten ließ.

„Ich weiß ganz genau, was Sie jetzt denken!“, fauchte sie ihn gereizt an.

„Ich hoffe aufrichtig, dass dem nicht so ist“, gab er geschmeidig zurück. „Man könnte mich sonst verhaften.“

„Mein Rock und die Schuhe sind ruiniert. Becky war so freundlich, mir auszuhelfen. Ich gebe zu, die Kleidung ist dem heutigen Anlass vielleicht nicht angemessen, aber …“

„Es kommt ganz darauf an, was Sie heute Abend vorhaben …“

Kezia ballte die Hände zu Fäusten. „Wenn Sie auch nur eine Sekunde annehmen, dass es mir Spaß macht, diese Sachen zu tragen, dann … dann …“

„Was dann?“

Das herausfordernde Funkeln in Niks dunklen Augen verschlug ihr die Sprache. Rasch senkte Kezia den Blick.

Geschmeidig wie ein Panther bewegte ihr Boss sich auf sie zu. „Wie geht es Ihrem Kopf?“, fragte er sanft.

„Bestens“, gab sie gepresst zurück. „Ich habe doch gesagt, Sie müssen sich keine Sorgen machen. Entgegen Ihren Befürchtungen arbeitet mein Gehirn präzise wie ein Uhrwerk“, setzte sie kühl hinzu.

Nik lachte. „Freut mich zu hören.“

Seine Verstimmung von vorhin schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Doch sein jungenhafter Charme machte Kezia mehr zu schaffen als seine Wut. Da konnte sie sich immer noch einreden, ihn ohnehin nicht zu mögen.

„Nik … um Himmels willen!“, wehrte sie ab, als er ihr Kinn umfasste und ihr Gesicht zu ihm anhob. „Was machen Sie da?“

„Ich überprüfe Ihre Pupillen“, murmelte er rau. Kezia war, als rückten Zeit und Raum in weite Ferne. Nur noch gedämpft nahm sie die vertrauten Küchengeräusche wahr. Ihre gesamte Konzentration war auf den Mann dicht vor ihr gerichtet.

„Seltsam …“

„Was?“, wisperte sie atemlos.

„Ich kann einfach nicht entscheiden, ob Ihre Augen grün oder grau sind. Eigentlich ist es eine ungewöhnliche Mixtur aus beidem. Und die Pupillen sind leicht erweitert. Warum, glauben Sie, ist das so?“ Sein Atem streifte ihre Wange.

„Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass es mir gut geht und … es bald sieben ist, Nik!“, versuchte Kezia es mit einem strengen sachlichen Ton. „Wir sollten längst oben sein und uns um Ihre Gäste kümmern.“

„Nur noch einen Moment … ich wollte vorher etwas mit Ihnen klären.“

Der neue Ton in seiner Stimme irritierte und beunruhigte sie. Was hatte sie jetzt schon wieder falsch gemacht? „Tut mir wirklich leid wegen des Caterings“, sagte sie schnell. „Aber Mrs Jessop hat ein vorzügliches Dinner …“

„Haushaltsprobleme interessieren mich nicht“, unterbrach er sie kühl. „Mein Anliegen ist persönlicher Natur. Es betrifft unsere Beziehung zueinander – um genau zu sein, Ihren offensichtlichen Drang, sich in mein Intimleben einzumischen.“

„Wie bitte?“ Der Raum begann sich plötzlich in alarmierender Weise um sie herum zu drehen, sodass Kezia Halt an der Tischkante suchen musste. Beklommen fragte sie sich, ob sie nicht doch eine Gehirnerschütterung erlitten hatte. „Ich weiß nicht, was Sie meinen“, behauptete sie mit flammenden Wangen.

Hatte er etwa ihre geheimen Gefühle für ihn erraten? Ahnte er, wie sehr sie sich seiner aggressiven Männlichkeit und sexuellen Präsenz bewusst war?

In dem Fall konnte sie keinen Tag länger für ihn arbeiten, so viel stand fest! Das wäre unerträglich. Gefangen in ihren Horrorvisionen, registrierte Kezia erst Sekunden später, dass Nik mit ihr redete.

„Ich spreche von Ihrer selbstherrlichen Entscheidung, Tania Harvey für heute zum Dinner einzuladen.“

„Ich habe sie nicht eingeladen … oder vielleicht doch …?“, korrigierte sie sich schnell. „Sie rief mich an, schien alles über die Dinnerparty zu wissen und vermittelte mir den Eindruck, Sie würden sie unbedingt an Ihrer Seite haben wollen.“

„Habe ich Sie angewiesen, Tania auf die offizielle Gästeliste zu setzen?“

„Nein, aber …“

„Warum treffen Sie dann eigenmächtige Entscheidungen, die meinen Anordnungen widersprechen? Ihr Job als meine persönliche Assistentin hat nichts mit meinem Liebesleben zu tun.“

„Ganz so ist es nun auch wieder nicht“, protestierte Kezia. Langsam reichte es ihr. „Als Sie die Affäre mit Ihrer letzten Blondine beendeten, wiesen Sie mich persönlich an, ihr Blumen zu schicken. Selbst das Abschiedsgeschenk habe ich beim Juwelier ausgesucht. Ist es da ein Wunder, dass ich dachte, es gehöre zu meinen Aufgaben, Ihren Harem glücklich zu machen?“

„Theos, Sie vergessen, wer Sie sind!“, fuhr er sie wütend an. Kezia schluckte heftig, hielt aber seinem sengenden Blick stand. „Natürlich gibt es Zeiten, wo ich Sie auch mal um einen privaten Gefallen bitten muss. Allerdings erwarte ich ein gewisses Maß an Diskretion von Ihrer Seite. Was glauben Sie denn, warum ich Ihnen ein derart fürstliches Gehalt zahle?“

„Wegen meiner beruflichen Leistungen?“, schlug sie trotzig vor. „Sie können nicht von mir erwarten, dass ich Ihre Gedanken lese. Wenn Tania plötzlich nicht mehr aktuell ist, müssen Sie mich das schon wissen lassen.“

Kezias Erleichterung darüber, dass Nik sie doch nicht durchschaut hatte, wie sie anfangs befürchtet hatte, wich einer gesunden Empörung über seine ungerechtfertigten Anschuldigungen. Er mochte die Gestalt und das Gesicht eines griechischen Gottes haben, doch sein Herz war offenbar aus Stein. Und sie durfte sich wahrhaft glücklich schätzen, wenn er nie mehr in ihr sah als seine langweilige Sekretärin.

„Sie können nur froh sein, dass ich für dieses Wochenende keine andere … Begleitung mitgebracht habe“, knurrte er unwirsch. „Das hätte ziemlich peinlich für jeden hier werden können.“ Damit wandte er sich zur Treppe, die hinauf in die repräsentativen Räume führte.

„Das hätte dann bedeutet, Miss Harvey gegenüber untreu zu sein, Mr Niarchou“, sagte Kezia langsam. „Kein besonders feiner Zug.“ Zunächst dachte sie, er habe sie gar nicht gehört, doch dann drehte er sich um, und Kezia fröstelte unter seinem eisigen Blick.

„Lassen Sie uns eines klarstellen, Kezia“, sagte Nik mit trügerisch sanfter Stimme. „Wie ich mein Leben führe, geht Sie nichts an. Ist das klar?“

„Natürlich. So klar wie Kristall“, murmelte sie spröde und folgte ihm langsam.

2. KAPITEL

Nik verbiss sich eine passende Antwort, weil sie in Hörweite der wartenden Gäste gerieten, doch seine Verärgerung zeigte sich deutlich an dem zuckenden Muskel auf seiner dunklen Wange. Die Worte Sie sind gefeuert! hingen in der Luft, wie mit Flammenschrift geschrieben. Hastig senkte Kezia den Kopf.

Sekundenlang spielte sie mit dem Gedanken, einfach zu gehen und ihren Boss mitsamt seinen wichtigen Gästen und deren Frauen sich selbst zu überlassen. Besonders mit den Frauen, dachte sie säuerlich, angesichts der Art und Weise, wie die ausländischen Damen Nik Niarchou anstarrten.

Was überrascht mich daran? fragte sie sich zynisch. Abgesehen davon, dass jeder Mann in diesem Raum Macht und Reichtum repräsentierte und alle äußerst vorteilhaft im schwarzen Abendanzug wirkten, überstrahlte Nik sie durch seine imposante Größe, die markanten, attraktiven Gesichtszüge und sein nicht fassbares Charisma. Ganz sicher war sie nicht die einzige Frau im Raum, die ihn in Gedanken zu verführen und zu zähmen versuchte.

Auch nur eine deiner abstrusen Fantasien, dass sich unter der kühlen, glatten Fassade ein brodelnder Vulkan der Leidenschaft verbirgt, versuchte Kezia sich klarzumachen. Nikos Niarchou schien sich jedenfalls für keine der anwesenden Frauen im Speziellen zu interessieren, und Kezia bezweifelte langsam, dass seine arrogante, überlegene Fassade, egal durch wen oder was, jemals zum Bröckeln gebracht werden könnte.

Mit einem unterdrückten Seufzer wandte sie sich um und sah sich Tania Harvey gegenüber, die sich mit ihrem späten Auftritt bewusst zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit machte. In einem hautengen goldenen Kleid, das glänzende blonde Haar raffiniert aufgetürmt, brachte sie es fertig, gleichzeitig umwerfend elegant und unglaublich sexy auszusehen, das musste Kezia ihr neiderfüllt zugestehen. Auf ihren Lippen lag ein selbstbewusstes, zuversichtliches Lächeln, als sie mit wiegenden Hüften den Salon durchquerte.

„Was ist das für eine seltsame Catering-Truppe?“, rief sie viel zu laut aus. „Lauter Teenager! Von Ihnen hätte ich wirklich eine professionellere Organisation erwartet, Kezia.“

„Becky und ihre Freundinnen waren so nett, spontan einzuspringen, nachdem uns die Catering-Firma im Stich gelassen hat“, erklärte Kezia kühl. „Und ich werde sie dabei unterstützen, Drinks und Kanapees zu servieren.“

„Sie?“, fragte Nik mit erhobenen Brauen.

Kezia nickte ungeduldig. „Es sei denn, Sie haben einen anderen konstruktiven Vorschlag.“ Hatte er sie nicht eben erst daran erinnert, dass es ihre Pflicht sei, sein Leben so reibungslos wie möglich ablaufen zu lassen? Und wenn das bedeutete, als Kellnerin auf seiner verflixten Dinnerparty aufzutreten, dann war das eben so!

Mrs Jessop hatte Kanapees mit geräuchertem Lachs und Kaviar vorbereitet, zu denen Champagner gereicht wurde. Kezia griff nach einem Tablett und forderte die Mädchen mit einem aufmunternden Lächeln auf, es ihr nachzumachen und sich unter die Gäste zu mischen. Dabei fühlte sie Niks intensiven Blick in ihrem Rücken und realisierte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten.

„Darling, wir sollten wirklich darüber nachdenken, mehr Personal einzustellen“, raunte Tania in Niks Ohr. „Es ist wirklich unzumutbar, derartige Events in Zukunft nur mit einer alten Haushälterin und ein paar Teenagern zu bestreiten, die deine Sekretärin irgendwo auf der Straße aufliest. Und der Himmel allein weiß, wo Kezia dieses unmögliche Outfit aufgetrieben hat“, fügte sie verächtlich hinzu. „Der Rock ist viel zu eng. Vielleicht wäre es besser, wenn sie für den Rest des Abends in der Küche bleiben würde.“

„Vorsichtig, Tania“, warnte Nik sie mit trügerisch sanfter Stimme. „Ich bin mit meinem Personal vollauf zufrieden, und Kezia tut ihr Bestes, um eine schwierige Situation zu meistern, die nicht durch ihre Schuld entstanden ist. Falls du dich aber zurückziehen möchtest, kann mein Chauffeur dich jederzeit nach Hause fahren.“

„Ich wollte nicht … ich meine …“, Tania brach ab und biss sich auf die Lippe. „Du kannst manchmal schrecklich brutal sein, Nik“, schmollte sie. „Natürlich werde ich an deiner Seite bleiben.“

„Besonders, nachdem du keine Mühen gescheut hast, eine Einladung für heute zu ergattern, nicht wahr?“, fragte er zynisch und schlenderte davon, ohne seiner zukünftigen Exgeliebten einen weiteren Blick zu gönnen. Stattdessen suchte er den Raum nach Kezia ab, bis er sie zwischen den Gästen stehen sah, lächelnd und plaudernd, während sie ihnen Champagner anbot.

Von der ersten Sekunde an hatte sie ihn irritiert und seine Gedanken gefangen genommen. Ihre Intelligenz und ihre natürliche Art machten sie zu einer perfekten Assistentin – zu seiner persönlichen Assistentin. Ihre Bereitschaft, klaglos Überstunden in Kauf zu nehmen und sich flexibel auf immer neue Herausforderungen einzustellen, war ein zusätzlicher Bonus.

Zudem fand sie sich mit spielerischer Leichtigkeit in ihren neuen Job ein … während er selbst unerwartete Schwierigkeiten damit hatte. Von dem Augenblick an, als er sie in seinem Londoner Firmensitz zum ersten Mal gesehen hatte, war sich Nik der knisternden Spannung zwischen ihnen nur zu bewusst.

Seitdem war kein Tag … ja, kaum eine Stunde vergangen, in der er sich nicht nach Kezia verzehrte. Das brennende Verlangen, das ihn Tag und Nacht peinigte, war für ihn etwas völlig Neues. Ihre herausfordernd weiblichen Kurven ließen sein Blut wie flüssige Lava durch die Adern fließen, und ihr wohlgeformter Po unter dem engen schwarzen Satinrock trieb ihn zu den wildesten Sexfantasien.

Instinktiv schob Nik einen Finger zwischen Hemdkragen und Hals, als bekomme er nur schlecht Luft. Energisch rief er sich zur Ordnung und versuchte, sich allein auf Kezias unbestrittene Fähigkeiten als exzellente Sekretärin zu konzentrieren. Eine seiner ungeschriebenen Regeln lautete, niemals Geschäftliches mit Privatem zu vermischen, doch in diesem Fall war die Herausforderung nahezu unerträglich, und Nik Niarchou war schon immer ein Mann gewesen, der die Gefahr liebte …

Als besäße sie eine Art siebten Sinn, schaute Kezia in diesem Moment direkt in seine Richtung. Mit Genugtuung registrierte Nik die aufsteigende Röte in ihrem reizenden Gesicht und hob sein Glas.

Es war ein höllischer Abend, entschied Kezia Stunden später für sich, während sie auf die Ansammlung benutzter Gläser starrte, die überall im Salon verteilt standen. Ihre Wadenmuskulatur schmerzte mindestens so sehr wie ihr Kopf. Sie machte ein paar vorsichtige Schritte und ließ sich dann seufzend aufs Sofa fallen.

Das Dinner war ein Erfolg gewesen, dank der exzellenten Kochkünste von Mrs Jessop und der Umsichtigkeit von Becky und ihren Freundinnen. Glücklicherweise schien auch die Auswahl der Weine, die Kezia getroffen hatte, Niks Billigung gefunden zu haben. Während des Essens war sie unermüdlich auf den Beinen gewesen und hatte nachgeschenkt. Später, als die Tischgesellschaft vom Esszimmer zurück in den Salon wechselte, wo Kaffee und Likör serviert wurden, kümmerte Kezia sich mit den Mädchen ums gebrauchte Geschirr und sehnte sich verzweifelt nach ihren flachen Schuhen.

Doch ihr Boss kannte keine Gnade. Gleich nach dem Kaffee begann er mit der Vorstellung des von ihm geplanten und entworfenen Hotelkomplexes. Und zwar in Form eines kurzen Films mit begleitender Ansprache, gefolgt von einer offenen Diskussionsrunde und der Möglichkeit, fachspezifische Fragen zu stellen und zu erörtern.

Auch hierbei fungierte Kezia als offizielle Gastgeberin, reichte Getränke und kümmerte sich um das Wohl der zunehmend lauter werdenden Gesellschaft. Bis der letzte Gast sich zurückgezogen hatte, war es weit nach Mitternacht.

Selbst wenn sie das Aufräumen Mrs Jessop und den Mädchen überließ, lag vor ihr eine halbe Stunde Fahrt durch die dunkle Nacht zu ihrer kleinen Wohnung, wo sie ihren müden Kopf wenigstens für ein paar Stunden aufs Kissen legen wollte, ehe ihr Dienst in Otterbourne wieder begann. Mechanisch durchsuchte Kezia ihre Tasche nach dem Autoschlüssel, konnte ihn aber nicht finden. Mit einem unwilligen Laut kippte sie den ganzen Inhalt auf den niedrigen Kaffeetisch vor ihr.

„Ich nehme an, Sie vermissen dies hier?“

Augenblicklich versteifte sie sich und schaute misstrauisch zu ihrem Boss hinüber, der inzwischen seine Krawatte abgelegt und das Dinnerjacket gegen eine schwarze Lederjacke getauscht hatte. Auf seinen Wangen lag ein dunkler Bartschatten, der ihn nur noch attraktiver machte. So müde scheinst du doch noch nicht zu sein, wenn dir das auffällt, verspottete Kezia sich selbst. Seufzend sammelte sie ihre Habseligkeiten wieder ein, erhob sich etwas steif und ging mit ausgestreckter Hand auf Nik zu.

„Da sind sie ja. Wo haben Sie meine Schlüssel gefunden?“

„In Ihrer Tasche“, erwiderte er ruhig und schien nicht die geringste Absicht zu hegen, ihr das Schlüsselbund auszuhändigen. Stattdessen beobachtete er gelassen, wie sich Überraschung, Irritation und aufsteigender Ärger auf ihrem ausdrucksvollen Gesicht widerspiegelten.

„Wie können Sie es wagen? Was gibt Ihnen das Recht, in meinen privaten Sachen herumzuschnüffeln?“, empörte sich Kezia.

„Sie lagen ganz obenauf, und was mein Recht betrifft … Sie sind meine Angestellte, und damit trage ich Verantwortung für Sie. Deshalb werde ich auf keinen Fall gestatten, dass Sie in Ihrem Zustand mitten in der Nacht allein nach Hause fahren. Haben Sie etwa vergessen, dass Sie gerade erst bei einem Autounfall verletzt wurden?“

„Mir geht es gut. Aber es war ein langer Tag, und ich möchte so schnell wie möglich ins Bett.“ Nach einem bezeichnenden Blick auf ihre Armbanduhr streckte Kezia erneut die Hand aus. „Also, bitte …“

Doch Nik rührte sich nicht einen Millimeter.

„Das ist lächerlich! Sie können mich nicht gegen meinen Willen hier festhalten.“

„Es würde mir nicht schwerfallen, Sie eines Besseren zu belehren“, erklärte er arrogant. „Aber ich appelliere an Ihre Vernunft, Kezia. Ich möchte, dass Sie hierbleiben, damit ich ein Auge auf Sie haben kann.“

Der Gedanke, dass Nik sie über Nacht im Auge behalten wollte, war so überraschend und abwegig, dass es Kezia fast die Sprache verschlug. „Aber hier gibt es kein freies Zimmer mehr. Außerdem möchte ich den viel zu engen Rock loswerden und wieder meine eigenen Sachen tragen“, teilte sie ihm in einer perfekten Parodie auf Tanias schrille Stimme mit. „Ein Abend voller Demütigungen ist wirklich genug, meinen Sie nicht?“

„Es gibt nichts, weswegen Sie sich heute Abend hätten schämen müssen“, kam es ruhig zurück. „Ich war sogar sehr beeindruckt davon, wie Sie das Dinner und damit die ganze Veranstaltung gerettet haben. Besonders, nachdem mir klar wurde, dass Sie weniger als einen Tag Zeit hatten, die Absage der Catering-Firma auszugleichen. Die Präsentation hat auch vorzüglich geklappt, und ich kann bereits eine Liste von Interessenten verzeichnen, die sich unbedingt an dem geplanten Projekt beteiligen wollen.“

„Ich habe nur meinen Job erledigt“, murmelte Kezia, überrascht von so viel unerwartetem Lob.

Niks vorangegangene schlechte Stimmung schien völlig verflogen zu sein. Und ein charmanter, gut gelaunter Nik bedeutete für Kezias angeschlagenen Zustand eine ernst zu nehmende Gefahr. Außerdem waren sie sich viel zu nah. Selbst wenn sie es gewollt hätte … sie konnte einfach nicht den Blick von seinem kühn geschwungenen Mund abwenden.

Definitiv Zeit zum Rückzug, entschied Kezia. Fühlte sie eigentlich nur allein diese unglaubliche Spannung, die in der Luft lag? Nervös fuhr sie sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen, eine unbewusste Aktion, die Nik mit brennendem Blick verfolgte. Kezia glaubte ohnmächtig zu werden, als er einen Schritt auf sie zumachte, den Kopf senkte und ganz sacht ihren bebenden Mund mit seinen Lippen berührte.

„Können wir jetzt gehen?“, fragte er dann gelassen.

„Ich brauche keinen Chauffeur“, murrte Kezia mit hochroten Wangen. „Kümmern Sie sich lieber um Ihre Gäste.“

„Die sind alle längst zu Bett gegangen.“

Und Tania? hätte Kezia am liebsten gefragt. Sicher erwartete die scharfe Blondine ihn bereits sehnsüchtig in seinem Schlafzimmer – hingegossen auf das breite Doppelbett, auf das sie damals einen schnellen Blick hatte werfen können, als Mrs Jessop ihr das Haus gezeigt hatte.

„Sie werden Ihren Wagen erst wieder benutzen, wenn er von einem Automechaniker durchgecheckt wurde. Wir nehmen den Porsche.“

„Was ist mit Max?“, wollte Kezia wissen. „Den müssen wir auch mitnehmen.“

„Wer, zur Hölle, ist Max?“, fragte Nik verblüfft.

„Na, der Hund, den ich fast überfahren hätte.“

„Woher kennen Sie seinen Namen?“

„Tu ich gar nicht, aber irgendwie muss ich ihn doch schließlich nennen, bis ich ihn wieder seinem Besitzer übergeben kann. Mrs Jessop ist allerdings davon überzeugt, dass er ausgesetzt wurde und sich niemand melden wird …“ Ihre Stimme bebte bei dem Gedanken an das ängstliche, magere Geschöpf, das niemand haben wollte. „Ich lauf schnell nach unten und hole ihn“, murmelte sie und war aus dem Raum, ehe Nik überhaupt reagieren konnte.

Kezia wusste genau, wie es sich anfühlte, nicht gewollt zu sein. Zärtlich bettete sie das schlaftrunkene Hündchen auf ihre Arme und rieb ihre Wange an dem rauen Fell. Ihr Herz tat einen kleinen Sprung, als sie spürte, wie der Terrier sich an sie schmiegte, und in dieser Sekunde schwor sie sich, Max niemals im Stich zu lassen, komme, was da wolle.

Ihre Mutter hatte stets verlauten lassen, dass sie nie eigene Kinder hatte haben wollen und Kezia ein Unfall und schwerer Schock für sie gewesen sei. Nicht dass ihre Eltern sie nicht geliebt hätten. Doch bei ihrer Geburt war das Paar bereits in den Vierzigern und fest verwoben in ihren eigenen Lebensstil gewesen, dem Kezia sich hatte unterordnen müssen. Die ganze Kindheit über war sie das Gefühl nicht losgeworden, sich wegen ihrer Existenz entschuldigen zu müssen. Deshalb war sie auch gar nicht so unglücklich gewesen, als ihre Eltern sie in einem Internat untergebracht hatten.

Die Eingangshalle war leer, als Kezia mit Max auf dem Arm die Treppe heraufkam. Ihre Schlüssel lagen auf dem Tisch neben der Haustür, und sekundenlang war sie versucht, einfach zu fliehen. Doch der Gedanke an Niks Wutausbruch, dem sie sich damit unter Garantie aussetzen würde, ließ sie von ihrer spontanen Idee Abstand nehmen. Während sie auf ihn wartete, hörte sie Stimmen aus seinem Arbeitszimmer dringen.

„Warum musst du sie denn nach Hause fahren?“ Tanias schrilles Organ drang mühelos durch die angelehnte Tür. „Lieber Himmel, Nik! Wenn es nicht so abstrus wäre, könnte ich fast annehmen, dass du etwas mit ihr hast. Glaubst du, es ist mir entgangen, wie du sie heute Abend mit deinen Blicken förmlich verschlungen hast? Ich kann nur nicht verstehen, was dich an ihr so fasziniert.“

„Theos! Mach dich nicht lächerlich!“, kam es barsch zurück. „Kezia ist überhaupt nicht mein Typ, aber eine ausgezeichnete Sekretärin. Sie hat den ganzen Tag und die halbe Nacht hart gearbeitet. Es ist einfach meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass sie sicher nach Hause kommt.“

Hastig zog Kezia sich zurück. Ihre Wangen brannten vor Scham wie Feuer. Natürlich war ihr längst klar, dass sie als Frau nicht Niks Ideal entsprach, aber es so ungeschminkt von ihm selbst zu hören, traf sie bis ins Mark.

Offenbar war sie für ihren Boss nicht mehr als ein praktisches, funktionales Möbelstück, und was immer sie an Chemie oder erotischer Anziehung zwischen ihnen zu spüren vermeint hatte, verdankte sie allein ihrer Einbildungskraft.

Kezia brachte es nicht fertig, Nik in die Augen zu schauen, als er endlich aus seinem Arbeitszimmer auftauchte. Stumm folgte sie ihm aus dem Haus durch den strömenden Regen bis zu seinem Porsche, wo sie Max behutsam auf den Rücksitz bettete. Nik saß bereits hinterm Steuer, und Kezia fragte sich, wie er das mit seinen langen Beinen überhaupt geschafft hatte, während sie steif auf dem Beifahrersitz Platz nahm.

Verzweifelt versuchte sie, sein verführerisches Aftershave zu ignorieren, und nestelte an ihrem Mantelkragen, weil die Heizung ihr viel zu warm erschien. „Es war wirklich nicht nötig, die arme Miss Harvey meinetwegen einfach so zurückzulassen“, sagte sie mit belegter Stimme, wobei sie angestrengt aus dem Seitenfenster starrte. „Ich fühle mich richtig schlecht deswegen.“

„Das ist kein Problem“, kam es desinteressiert zurück. Missbilligend presste Kezia die vollen Lippen zusammen, während ihr Chauffeur sich aufs Fahren konzentrierte.

„Leben Sie eigentlich allein?“, fragte Nik, als sie endlich die Kleinstadt erreichten, in der Kezia wohnte.

Diese Frage überraschte sie beide. Es war das erste Mal, dass Nik Interesse an ihrem Privatleben zeigte, obwohl er sie schon mehrfach von ihrer Wohnung abgeholt hatte. Meist auf dem Weg zum Flughafen, wenn sie ihn auf einer seiner Geschäftsreisen begleitete. Doch bei diesen Gelegenheiten wartete Kezia immer schon draußen und bat ihn nie herein.

Ob sie einen Freund hatte? Wartete ihr Liebhaber vielleicht schon ungeduldig auf ihre Heimkehr? Nik war regelrecht bestürzt darüber, wie sehr ihm diese Vorstellung missfiel.

„Nein“, lautete die lapidare und wenig aufschlussreiche Antwort. Aber Nik war viel zu stolz, um noch einmal nachzuhaken. Das Liebesleben seiner Sekretärin ging ihn schließlich nichts an.

„Ich hole Sie morgen früh wieder ab“, informierte er sie kühl.

„Das ist nicht nötig“, wehrte Kezia hastig ab. „Ich möchte auf keinen Fall, dass Sie meinetwegen so früh rausmüssen. Was würde Miss Harvey dazu sagen?“

Nik bog in die schmale Zufahrt zu dem ruhig gelegenen Apartmenthaus ein und machte den Motor aus, ehe er sich Kezia voll zuwandte. „Ich bin achtunddreißig und durchaus imstande, mich selbst um mein Privatleben zu kümmern, Miss Trevellyn.“

Kezia öffnete den Mund zu einer hitzigen Entgegnung, schloss ihn aber gleich wieder. „Fein“, brummte sie schließlich. „Dann machen Sie doch, was Sie wollen – wie immer …“ Damit kletterte sie aus dem niedrigen Sportwagen. Schließlich hatte sie nur versucht, ihm entgegenzukommen. Als wenn sie sich in sein Sexleben einmischen wollte!

Vorsichtig nahm sie Max vom Rücksitz und lächelte höflich. „Danke fürs nach Hause bringen.“ Während Kezia die Stufen zur Haustür hochging, erwartete sie, Nik abfahren zu hören, doch noch ehe sie den Schlüssel aus der Tasche nehmen konnte, war er bereits an ihrer Seite.

„Ich bringe Sie noch rein.“

„Um Himmels willen! Ich bin völlig okay! Sie können mich jetzt wirklich allein lassen. Gute Nacht, Nik.“

Er antwortete nicht, sondern folgte ihr die Treppe hinauf bis vor die Apartmenttür. „Wollen Sie mir keinen Kaffee anbieten, bevor ich mich auf den langen Rückweg mache?“

Ehe sie ihm antworten konnte, wurde die Tür von innen geöffnet. „Was ist?“, ertönte eine unterdrückte Stimme durch den schmalen Spalt. „Kommst du nun rein, oder willst du die ganze Nacht dort draußen stehen? Oh … hallo!“ Kezia seufzte, während die Tür jetzt ganz aufgestoßen wurde und ihre Mitbewohnerin Anna auf der Schwelle erschien. „Sie müssen Mr Niarchou sein!“, stellte sie mit strahlendem Lächeln fest. „Kezia hat mir schon so viel über Sie erzählt!“

„Nennen Sie mich Nik“, bat Nikos Niarchou mit seidenweicher Stimme. Er streckte seine Hand aus, und Kezia ließ erneut einen ungeduldigen Seufzer hören. Unzählige Male hatte sie es miterlebt, wie Anna ihre Netze auswarf und ihren Charme spielen ließ. Sie bezweifelte ernsthaft, dass es auch nur einen Mann auf der Welt gab, der gegen ihre Schönheit immun war. Gertenschlank und feingliedrig wie eine Elfe, mit der hellen Haut, den strahlenden blauen Augen und dem platinblonden Haar ihrer skandinavischen Vorfahren, war sie einfach umwerfend.

Sie beide waren schon in der Grundschule die besten Freundinnen gewesen, enger und vertrauter als viele Geschwister. Doch heute spielte Kezia zum ersten Mal mit dem Gedanken, ihre Mitbewohnerin zu erwürgen.

„Kommen Sie noch herein … Nik?“, fragte Anna leichthin. Der bedachte sie mit seinem sexy Speziallächeln, das Kezia jedes Mal heiße Schauer über den Rücken sandte.

„Ich würde ja gern, aber ich warte immer noch auf eine Einladung von Kezia … auf eine kleine Tasse Kaffee.“

„Nun, ich wohne immerhin auch hier und nehme ihr einfach die Entscheidung ab“, beschloss Anna lachend und trat zur Seite, um Nik durchgehen zu lassen. „Herzlich willkommen in unserem kleinen Reich. Ich bin Anneliese Christiansen, Kezias Mitbewohnerin“, erklärte sie mit funkelnden Augen.

Leise vor sich hingrollend, folgte Kezia den beiden in ihre Wohnung. Sollte Anna doch ihren Boss unterhalten. Sie hatte für heute jedenfalls genug von Nik Niarchou. In der Küche setzte sie den Wasserkessel auf, holte eine alte Picknickdecke hervor und breitete sie für Max auf dem Küchenboden aus. Wenn er tatsächlich länger bei mir bleibt, werde ich ihm einen Korb und eine Leine kaufen, überlegte sie glücklich.

„Was, um alles in der Welt, ist das?“, quietschte Anna, die fast über den kleinen Terrier gestolpert wäre, als sie mit Nik in die Küche kam.

„Ein Hund natürlich!“, brummte ihre Freundin ungnädig. „Wonach sieht es denn aus?“