Romeo und Julia - William Shakespeare - E-Book

Romeo und Julia E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

Die tragische Geschichte des vielleicht bekanntesten literarischen Liebespaares der Welt: Die beiden einflussreichen Familien Montague und Capulet aus Verona sind bis aufs Blut verfeindet. Auf einem Fest lernen sich ihre Nachkommen Romeo und Julia kennen und verlieben sich unsterblich ineinander. Sie wollen heimlich heiraten und zusammen fliehen, doch die Familienfehde zieht ihre Kreise, und so nimmt die Liebe zwischen Romeo und Julia ein dramatisches Ende...-

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William Shakespeare

Romeo und Julia

Englisch und Deutsch

Saga

Romeo und JuliaOriginalRoemo and JulietCoverbild.Illustration: Shutterstock Copyright © 1597, 2020 William Shakespeare und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726642971

 

1. Ebook-Auflage, 2020

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

 

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

In der Übersetzung von Schlegel und Tieck

herausgegeben von L. L. Schücking

Mit einem Essay

‹Zum Verständnis des Werkes›

und einer Bibliographie

von Wolfgang Clemen

PERSONEN

ESCALUS, Prinz von Verona

GRAF PARIS, Verwandter des Prinzen

MONTAGUE } Häupter zweier Häuser, welche in Zwist

CAPULET } miteinander sind

Ein alter Mann, Capulets Oheim

ROMEO, Montagues Sohn

MERCUTIO, Verwandter des Prinzen und Romeos Freund

BENVOLIO, Montagues Neffe und Romeos Freund

TYBALT, Neffe der Gräfin Capulet

BRUDER LORENZO, ein Franziskaner

BRUDER MARCUS, von demselben Orden

BALTHASAR, Romeos Diener

SIMSON }

GREGORIO } Bediente Capulets

PETER, Diener der Amme

ABRAHAM, Bedienter Montagues

Ein Apotheker

Drei Musikanten

Ein Page des Paris; ein zweiter Page; ein Polizist

GRÄFIN MONTAGUE, Gemahlin Montagues

GRÄFIN CAPULET, Gemahlin Capulets

JULIA, Capulets Tochter

Juliens Amme

Bürger von Verona. Verschiedene Männer und Frauen, Verwandte beider Häuser. Masken, Wachen und andres Gefolge

Der Chor

Die Szene ist den größten Teil des Stücks hindurch in Verona; zu Anfange des fünften Aufzugsin Mantua

PROLOG1

Der Chor tritt auf.

Zwei Häuser in Verona, würdevoll,

Wohin als Szene unser Spiel euch bannt,

Erwecken neuen Streit aus altem Groll,

Und Bürgerblut befleckt die Bürgerhand.

Aus beider Feinde unheilvollem Schoß

Entspringt ein Liebespaar, unsternbedroht,

Und es begräbt — ein jämmerliches Los —

Der Väter langgehegten Streit ihr Tod.

Wie diese Liebe nun dem Tod verfiel,

Der Eltern Eifern, immerfort erneut,

Erst in der Kinder Ende fand sein Ziel,

Das lehrt zwei Stunden euch die Bühne heut;

Wollt ihr geduldig euer Ohr dem leih’n,

Woll’n wir’s von Mängeln, wo’s noch not, befrei’n.

Ab.

AKT I

SZENE I EIN ÖFFENTLICHER PLATZ

Simson und Gregorio, zwei Bediente Capulets, treten auf.

Simson. Auf mein Wort, Gregorio, wir wollen nichts in die Tasche stecken.

Gregorio. Freilich nicht, sonst wären wir Taschenspieler.

Simson. Ich meine, ich werde den Koller kriegen, und vom Leder ziehn.

Gregorio. Ne, Freund! deinen ledernen Koller mußt du bei Leibe nicht ausziehn.

Simson. Ich schlage geschwind zu, wenn ich aufgebracht bin.

Gregorio. Aber du wirst nicht geschwind aufgebracht.

Simson. Ein Hund aus Montagues Hause bringt mich schon auf.

Gregorio. Einen aufbringen, heißt: ihn von der Stelle schaffen. Um tapfer zu sein, muß man Stand halten. Wenn du dich also aufbringen läßt, so läufst du davon.

Simson. Ein Hund aus dem Hause bringt mich zum Stand halten2. Mit jedem Bedienten und jedem Mädchen Montagues will ich es aufnehmen.

 

Gregorio. Der Streit ist nur zwischen unsern Herrschaften und uns, ihren Bedienten. Es mit den Mädchen aufnehmen? Pfui doch! Du solltest dich lieber von ihnen aufnehmen lassen.

Simson. Einerlei! Ich will barbarisch zu Werke gehn. Hab’ ich’s mit den Bedienten erst ausgefochten, so will ich mir die Mädchen unterwerfen. Sie sollen die Spitze meines Degens fühlen, bis er stumpf wird.

Gregorio. Zieh nur gleich vom Leder: da kommen zwei aus dem Hause der Montagues.

Abraham und Balthasar treten auf.

Simson. Hier! mein Gewehr ist blank. Fang nur Händel an: ich will den Rücken decken.

Gregorio. Den Rücken? willst du Reißaus nehmen?

Simson. Fürchte nichts von mir.

Gregorio. Ne, wahrhaftig! ich dich fürchten?

Simson. Laß uns das Recht auf unsrer Seite behalten, laß sie anfangen.

Gregorio. Ich will ihnen im Vorbeigehn ein Gesicht ziehn, sie mögen’s nehmen wie sie wollen.

Simson. Wie sie dürfen, lieber. Ich will ihnen einen Esel bohren: wenn sie es einstecken, so haben sie den Schimpf.

Abraham. Bohrt ihr uns einen Esel, mein Herr?

Simson. Ich bohre einen Esel, mein Herr.

Abraham. Bohrt ihr uns einen Esel, mein Herr?

Simson. Ist das Recht auf unsrer Seite, wenn ich ja sage?

Gregorio. Nein.

Simson. Nein, mein Herr! Ich bohre euch keinen Esel, mein Herr. Aber ich bohre einen Esel, mein Herr.

Gregorio. Sucht ihr Händel, mein Herr?

Abraham. Händel, mein Herr? Nein, mein Herr!

Simson. Wenn ihr sonst Händel sucht, mein Herr: ich stehe zu Diensten. Ich bediene einen eben so guten Herrn wie ihr.

Abraham. Keinen bessern.

Simson. Sehr wohl, mein Herr!

Benvolio tritt auf.

Gregorio. Sag: einen bessern; hier kömmt ein Vetter meiner Herrschaft.

Simson. Ja doch, einen bessern; mein Herr.

Abraham. Ihr lügt.

Simson. Zieht, wo ihr Kerls seid! — Frisch, Gregorio! denk mir an deinen Schwadronierhieb. Sie fechten.

Benvolio. Ihr Narren, fort! steckt eure Schwerter ein!

Ihr wißt nicht, was ihr tut.

Tybalt tritt auf.

Tybalt. Was? ziehst du unter den verzagten Knechten?

Hierher, Benvolio! Beut die Stirn dem Tode!

Benvolio. Ich stifte Frieden: steck dein Schwert nur ein!

Wo nicht, so führ es, diese hier zu trennen!

Tybalt. Was? Ziehn und Friede rufen? Wie die Hölle.

Hass’ ich das Wort, wie alle Montagues

Und dich! Wehr dich, du Memme! Sie fechten.

Verschiedene Anhänger beider Häuser kommen und mischen sich in den Streit; dannBürger und Polizisten mit Knitteln.

Erster Polizeidiener.

He! Spieß’ und Stangen her! Schlagt auf sie los3!

Bürger. Weg mit den Capulets! Weg mit den Montagues!

Capulet im Schlafrock, und Gräfin Capulet.

Capulet. Was für ein Lärm? — Holla! mein langes Schwert4!

Gräfin Capulet.

Nein, Krücken! Krücken! Wozu soll ein Schwert?

Capulet. Mein Schwert, sag’ ich! Der alte Montague

Kommt dort, und schwingt5 die Klinge mir zum Hohn.

Montague und Gräfin Montague.

Montague.

Du Schurke! Capulet! — Laßt los, laßt mich gewähren!

Gräfin Montague.

Du sollst dich keinen Schritt dem Feinde nähern.

Der Prinz mit Gefolge.

Prinz. Aufrührische Vasallen! Friedensfeinde!

Die ihr den Stahl mit Nachbarblut entweiht! —

Wollt ihr nicht hören? — Männer! wilde Tiere!

Die ihr die Flammen eurer schnöden Wut

Im Purpurquell aus euren Adern löscht!

Zu Boden werft, bei Buß’ an Leib und Leben,

Die mißgestählte Wehr aus blut’ger Hand!

Hört eures ungehaltnen Fürsten Spruch!

Drei Bürgerzwiste haben dreimal nun,

Aus einem luft’gen Wort von euch erzeugt,

Du alter Capulet und Montague,

Den Frieden unsrer Straßen schon gebrochen.

Veronas graue Bürger mußten sich

Entladen ihres ehrenfesten Schmucks,

Und alte Speer’ in alten Händen schwingen,

Woran der Rost des langen Friedens nagte,

Dem Hasse, der euch nagt, zu widerstehn.

Verstört ihr jemals wieder unsre Stadt,

So zahl’ eur Leben mir den Friedensbruch.

Für jetzt begebt euch, all’ ihr Andern, weg!

Ihr aber, Capulet, sollt mich begleiten.

Ihr, Montague, kommt diesen Nachmittag

Zur alten Burg, dem Richtplatz unsres Banns,

Und hört, was hierin fürder mir beliebt.

Bei Todesstrafe, sag’ ich, Alle fort!

Der Prinz, sein Gefolge, Capulet, Gräfin Capulet, Tybalt, die Bürger und Bedientengehen ab.

Montague. Wer bracht’ aufs neu den alten Zwist in Gang?

Sagt, Neffe, wart ihr da, wie er begann?

Benvolio. Die Diener eures Gegners fochten hier

Erhitzt mit euren schon, eh ich mich nahte;

Ich zog, um sie zu trennen. Plötzlich kam

Der wilde Tybalt mit gezücktem Schwert,

Und schwang, indem er schnaubend Kampf mir bot,

Es um sein Haupt, und hieb damit die Winde,

Die, unverwundet, zischend ihn verhöhnten.

Derweil wir Hieb’ und Stöße wechseln, kamen

Stets mehr und mehr, und fochten miteinander;

Dann kam der Fürst und schied sie voneinander.

Gräfin Montague. Ach, wo ist Romeo? Saht ihr ihn heut?

Wie froh bin ich! Er war nicht bei dem Streit.

Benvolio. Schon eine Stunde, Gräfin, eh im Ost

Die heil’ge Sonn’ aus goldnem Fenster schaute,

Trieb mich ein irrer Sinn ins Feld hinaus.

Dort, in dem Schatten des Kastanienhains,

Der vor der Stadt gen Westen sich verbreitet,

Sah ich, so früh schon wandelnd, euren Sohn.

Ich wollt’ ihm nahn, er aber nahm mich wahr

Und stahl sich tiefer in des Waldes Dickicht.

Ich maß sein Innres nach dem meinen ab,

Das in der Einsamkeit am regsten lebt6,

Ging meiner Laune nach, ließ seine gehn,

Und gern vermied ich ihn, der gern mich floh.

 

Montague. Schon manchen Morgen ward er dort gesehn,

Wie er den frischen Tau durch Tränen mehrte,

Und, tief erseufzend, Wolk’ an Wolke drängte.

Allein sobald im fernsten Ost die Sonne,

Die allerfreu’nde, von Auroras Bett

Den Schattenvorhang wegzuziehn beginnt,

Stiehlt vor dem Licht mein finstrer Sohn sich heim,

Und sperrt sich einsam in sein Kämmerlein,

Verschließt dem schönen Tageslicht die Fenster,

Und schaffet künstlich Nacht um sich herum.

In schwarzes Mißgeschick wird er sich träumen,

Weiß guter Rat den Grund nicht wegzuräumen.

Benvolio. Mein edler Oheim, wisset ihr den Grund?

Montague. Ich weiß ihn nicht und kann ihn nicht erforschen.

Benvolio. Lagt ihr ihm jemals schon deswegen an?

Montague. Ich selbst sowohl als mancher andre Freund.

Doch er, der eignen Neigungen Vertrauter,

Ist gegen sich, wie treu will ich nicht sagen,

Doch so geheim und in sich selbst gekehrt,

So unergründlich forschendem Bemühn,

Wie eine Knospe, die ein Wurm zernagt,

Eh sie der Luft ihr zartes Laub entfalten,

Und ihren Reiz der Sonne weihen kann.

Erführen wir, woher sein Leid entsteht,

Wir heilten es so gern, als wir’s erspäht.

Romeo erscheint in einiger Entfernung.

Benvolio. Da kommt er, seht! Geruht uns zu verlassen.

Galt ich ihm je was, will ich schon ihn fassen.

Montague. O beichtet’ er für dein Verweilen dir

Die Wahrheit doch! — Kommt, Gräfin, gehen wir!

Montague und Gräfin Montague gehen ab.

Benvolio. Ha, guten Morgen, Vetter!

Romeo. Erst so weit?

Benvolio. Kaum schlug es neun.

Romeo. Weh mir! Gram dehnt die Zeit.

War das mein Vater, der so eilig ging?

Benvolio. Er war’s. Und welcher Gram dehnt euch die Stunden?

Romeo. Daß ich entbehren muß, was sie verkürzt.

Benvolio. Entbehrt ihr Liebe?

Romeo. Nein7.

Benvolio. So ward sie euch zu Teil?

Romeo. Nein, Lieb’ entbehr’ ich, wo ich lieben muß.

Benvolio. Ach, daß der Liebesgott, so mild im Scheine,

So grausam in der Prob’ erfunden wird!

Romeo. Ach, daß der Liebesgott, trotz seinen Binden,

Zu seinem Ziel stets Pfade weiß zu finden!

Wo speisen wir? — Ach! welch ein Streit war hier?

Doch sagt mir’s nicht, ich hört’ es alles schon.

Haß gibt hier viel zu schaffen, Liebe mehr.

Nun dann: liebreicher Haß! streitsücht’ge Liebe!

Du Alles, aus dem Nichts zuerst erschaffen!

Schwermüt’ger Leichtsinn! ernste Tändelei!

Entstelltes Chaos glänzender Gestalten!

Bleischwinge! lichter Rauch und kalte Glut!

Stets wacher Schlaf! dein eignes Widerspiel! —

So fühl ich Lieb’, und hasse, was ich fühl’!

Du lachst nicht?

Benvolio. Nein, das Weinen ist mir näher.

Romeo. Warum, mein Herz?

Benvolio. Um deines Herzens Qual.

Romeo. Das ist der Liebe Unbill nun einmal.

Schon eignes Leid will mir die Brust zerpressen,

Dein Gram um mich wird voll das Maß mir messen.

Die Freundschaft, die du zeigst, mehrt meinen Schmerz;

Denn, wie sich selbst, so quält auch dich mein Herz.

Lieb’ ist ein Rauch, den Seufzerdämpf’ erzeugten;

Geschürt, ein Feu’r, von dem die Augen leuchten;

Gequält, ein Meer, von Tränen angeschwellt;

Was ist sie sonst? Verständ’ge Raserei,

Und ekle Gall’, und süße Spezerei.

Lebt wohl, mein Freund!

Benvolio. Sacht! ich will mit euch gehen;

Ihr tut mir Unglimpf, laßt ihr so mich stehen.

Romeo. Ach, ich verlor mich selbst; ich bin nicht Romeo;

Der ist nicht hier: er ist — ich weiß nicht wo.

Benvolio. Entdeckt mir ohne Mutwill, wen ihr liebt.

Romeo. Bin ich nicht ohne Mut und ohne Willen?

Benvolio.

Nein, sagt mir’s ohne Scherz.

Romeo. Verscherzt ist meine Ruh: wie sollt’ ich scherzen8?

O überflüss’ger Rat bei so viel Schmerzen!

Hört, Vetter, denn im Ernst: ich lieb’ ein Weib.

Benvolio. Ich traf’s doch gut, daß ich verliebt euch glaubte.

Romeo. Ein wackrer Schütz’! — Und, die ich lieb’ ist schön.

Benvolio. Ein glänzend Ziel kann man am ersten treffen.

Romeo. Dies Treffen traf dir fehl, mein guter Schütz’:

Sie meidet Amors Pfeil, sie hat Dianens Witz.

Umsonst hat ihren Panzer keuscher Sitten

Der Liebe kindisches Geschoß bestritten.

Sie wehrt den Sturm der Liebesbitten ab,

Steht nicht dem Angriff kecker Augen, öffnet

Nicht ihren Schoß dem Gold, das Heil’ge lockt.

O, sie ist reich an Schönheit; arm allein,

Weil, wenn sie stirbt, ihr Reichtum hin wird sein.

Benvolio. Beschwor sie der Enthaltsamkeit Gesetze?

Romeo. Sie tat’s, und dieser Geiz vergeudet Schätze.

Denn Schönheit, die der Lust sich streng enthält,

Bringt um ihr Erb’ die ungeborne Welt.

Sie ist zu schön und weis’, um Heil zu erben,

Weil sie, mit Weisheit schön, mich zwingt zu sterben.

Sie schwor zu lieben ab, und dies Gelübd’

Ist Tod für den, der lebt, nur weil er liebt.

Benvolio. Folg meinem Rat, vergiß an sie zu denken.

Romeo. So lehre mir, das Denken zu vergessen.

Benvolio. Gib deinen Augen Freiheit, lenke sie

Auf andre Reize hin.

Romeo. Das ist der Weg,

Mir ihren Reiz in vollem Licht zu zeigen.

Die Schwärze jener neidenswerten Larven,

Die schöner Frauen Stirne küssen, bringt

Uns in den Sinn, daß sie das Schöne bergen.

Der, welchen Blindheit schlug, kann nie das Kleinod

Des eingebüßten Augenlichts vergessen.

Zeigt mir ein Weib, unübertroffen schön;

Mir gilt ihr Reiz wie eine Weisung nur,

Worin ich lese, wer sie übertrifft.

Leb wohl! Vergessen lehrest du mir nie.

Benvolio. Dein Schuldner sterb’ ich, glückt mir nicht die Müh.

Beide ab.

SZENE II EINE STRASSE

Capulet, Paris und ein Bedienter kommen.

Capulet. Und Montague ist mit derselben Buße

Wie ich bedroht. Für Greise, wie wir sind,

Ist Frieden halten, denk’ ich, nicht so schwer.

Paris. Ihr geltet beid’ als ehrenwerte Männer,

Und Jammer ist’s um euren langen Zwiespalt.

Doch, edler Graf, wie dünkt euch mein Gesuch?

Capulet. Es dünkt mich so, wie ich vorhin gesagt.

Mein Kind ist noch ein Fremdling in der Welt,

Sie hat kaum vierzehn Jahre wechseln sehn.

Laßt noch zwei Sommer prangen und verschwinden,

Eh wir sie reif, um Braut zu werden, finden.

Paris. Noch jüngre wurden oft beglückte Mütter.

Capulet. Wer vor der Zeit beginnt, der endigt früh.

All’ meine Hoffnungen verschlang die Erde;

Mir blieb nur dieses hoffnungsvolle Kind.

Doch werbt nur, lieber Graf! Sucht euer Heil!

Mein Will’ ist von dem ihren nur ein Teil.

Wenn sie aus Wahl in eure Bitten willigt,

So hab’ ich im voraus ihr Wort gebilligt.

Ich gebe heut ein Fest, von Alters hergebracht,

Und lud darauf der Gäste viel zu Nacht,

Was meine Freunde sind: ihr, der dazu gehöret,

Sollt hoch willkommen sein, wenn ihr die Zahl vermehret.

In meinem armen Haus sollt ihr des Himmels Glanz

Heut Nacht verdunkelt sehn durch ird’scher Sterne Tanz.

Wie muntre Jünglinge mit neuem Mut sich freuen,

Wenn auf die Fersen nun der Fuß des holden Maien

Dem lahmen Winter tritt: die Lust steht euch bevor,

Wann euch in meinem Haus ein frischer Mädchenflor

Von jeder Seit’ umgibt. Ihr hört, ihr seht sie alle,

Daß, die am schönsten prangt, am meisten euch gefalle.

Dann mögt ihr in der Zahl auch meine Tochter sehn,

Sie zählt für Eine mit, gilt sie schon nicht für schön.