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Wer über Liebe spricht, muss dieses Drama gelesen haben.
Ihre Liebe ist bedingungslos, doch die Feindschaft ihrer Familien beraubt sie ihres Glücks …
Romeo und Julia sind unsterblich. Die bewegendste Liebestragödie aller Zeiten aus der Feder des größten Dichters aller Zeiten steht für das ewige Drama unerfüllter Leidenschaften und für eine Zuneigung, die an einer Welt voller Hass und Vorurteile scheitert.
Liebe, Stolz, Schuld und die Macht äußerer Umstände – Shakespeares gefeierter Klassiker dreht sich um die großen Themen des Lebens, die uns bis heute berühren.
PENGUIN EDITION. Zeitlos, kultig, bunt. – Ausgezeichnet mit dem German Brand Award 2022
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Seitenzahl: 133
Große Emotionen, große Dramen, große Abenteuer – von Austen bis Fitzgerald, von Flaubert bis Zweig.Ein Bücherregal ohne Klassiker ist wie eine Welt ohne Farbe.
William Shakespeare (1564–1616) wurde in Stratford-upon-Avon geboren. Über sein Leben ist nur weniges mit Sicherheit bekannt: Vermutlich zog er zwischen 1582 und 1592 mit einer Theatertruppe durch England. Er wurde Mitinhaber des Globe Theatre sowie des Blackfriars Theatre. Als Dramatiker nimmt Shakespeare eine überragende Stellung in der Weltliteratur ein: Er verfasste unzählige, bis heute weltberühmte Stücke, darunter Historiendramen (Richard III), Tragödien (Romeo und Julia, Othello, Hamlet), Komödien (Ein Sommernachtstraum, Was ihr wollt) und Romanzen (Der Sturm).
Stimmen zu Romeo und Julia:
«Julia repräsentiert die Liebe einer jugendlichen, noch etwas rohen, aber unverdorbenen, gesunden Periode.» Heinrich Heine
«Ich glaubte, die Italienreise würde mir Shakespeare für lange Zeit entfremden. Und doch las ich mit unverminderter Bewunderung Romeo und Julia.» Stendhal
«Es liegt eine wahre und keusche Trauer in den Versen.» Ricarda Huch
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William Shakespeare
ROMEO UND JULIA
Aus dem Englischen übersetzt von August Wilhelm von Schlegel
Mit einem Nachwort von Gustav Landauer
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel Romeo and Juliet.
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Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln
ISBN 978-3-641-28235-6V001
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Escalus, Prinz von Verona
Graf Paris, Verwandter des Prinzen
Montague
Häupter zweier Häuser, welche in Zwistmiteinander sind
Capulet
Romeo, Montagues Sohn
Mercutio, Verwandter des Prinzen und Romeos Freund
Benvolio, Montagues Neffe und Romeos Freund
Tybalt, Neffe der Gräfin Capulet
Ein alter Mann, Capulets Oheim
Bruder Lorenzo, ein Franziskaner
Bruder Markus, von demselben Orden
Balthasar, Romeos Diener
Simson
Bediente Capulets
Gregorio
Abraham, Bedienter Montagues
Peter
Drei Musikanten
Ein Page des Paris
Ein Offizier
Ein Apotheker
Gräfin Montague
Gräfin Capulet
Julia, Capulets Tochter
Julias Amme
Bürger von Verona. Verschiedene Männer und Frauen, Verwandte beider Häuser. Masken, Wachen und andres Gefolge
Der Chor
Die Szene ist den größten Teil des Stücks hindurch in Verona; zu Anfang des fünften Aufzugs in Mantua.
Der CHORtritt auf.
CHOR: Zwei Häuser, beid in Ansehn gleich, im schönen
Verona, unserm Schauplatz, feindlich wecken
Verjährten Hass in stolzgemuten Söhnen,
Die ihre Hand mit Bürgerblut beflecken.
Aus den zwei Feindeshäusern sehn wir sprießen
Ein liebend Paar, das glühend sich erstrebt,
Um sternlos jung sein Leben zu beschließen,
Das seiner Väter Hass mit sich begräbt.
Des jungen Paares Liebesglück und Not,
Der Eltern grimmen Hass und schwere Sühne,
Die nichts versöhnte als der Kinder Tod,
Entrollt nun in zwei Stunden unsre Bühne.
Wollt ihr ein hold geduldig Ohr uns leihn,
Soll, was noch mangelhaft, bald besser sein. Ab.
Ein öffentlicher Platz.
SIMSONund GREGORIO, zwei Bediente Capulets, treten auf.
SIMSON: Auf mein Wort, Gregorio, wir wollen nichts in die Tasche stecken.
GREGORIO: Freilich nicht, sonst wären wir Taschenspieler.
SIMSON: Ich meine, ich werde den Koller kriegen und vom Leder ziehn.
GREGORIO: Ne, Freund! deinen ledernen Koller musst du beileibe nicht ausziehen.
SIMSON: Ich schlage geschwind zu, wenn ich aufgebracht bin.
GREGORIO: Aber du wirst nicht geschwind aufgebracht.
SIMSON: Ein Hund aus Montagues Hause bringt mich schon auf.
GREGORIO:Einen aufbringen heißt: ihn von der Stelle schaffen. Um tapfer zu sein, muss man standhalten. Wenn du dich also aufbringen lässt, so läufst du davon.
SIMSON: Ein Hund aus dem Hause bringt mich zum Standhalten. Ich werde jeden Mann und jede Jungfer der Montagues ins Loch jagen.
GREGORIO: Dann bist du ein schwacher Wicht, denn nur der Schwächste kriecht ins Loch.
SIMSON: Das ist wahr, und deshalb werden Weiber, welche die schwächren Gefäße sind, immer ins Loch gestoßen: Deshalb will ich Montagues Männer aus dem Loch jagen und seine Jungfern ins Loch stoßen.
GREGORIO: Der Streit ist nur zwischen unseren Herrschaften und uns, ihren Bedienten.
SIMSON: Einerlei! Ich will barbarisch zu Werke gehn. Hab ich’s mit den Männern erst ausgefochten, so will ich mit den Jungfern grausam umgehen. Ich werde ihnen die Haut ritzen.
GREGORIO: Die Haut der Jungfern?
SIMSON: Ja, die Haut der Jungfern oder ihre Jungfernhaut; das kannst du verstehen, wie du willst.
GREGORIO: Die müssen es verstehen, die es fühlen.
SIMSON: Mich sollen sie fühlen, solange ich die Kraft habe zu stehen, und man weiß, dass ich ein hübsches Stück Fleisch bin.
GREGORIO: Es ist gut, dass du kein Fisch bist, sonst wärst du ein Stockfisch geworden. Zieh nur gleich vom Leder: da kommen zwei aus dem Hause Montagues.
ABRAHAM und BALTHASAR tretenauf.
SIMSON: Hier! mein Gewehr ist blank. Fang nur Händel an, ich will den Rücken decken.
GREGORIO: Den Rücken? willst du Reißaus nehmen?
SIMSON: Fürchte nichts von mir.
GREGORIO: Ne, wahrhaftig! ich dich fürchten?
SIMSON: Lass uns das Recht auf unsrer Seite behalten, lass sie anfangen.
GREGORIO: Ich will ihnen im Vorbeigehn ein Gesicht ziehen, sie mögen’s nehmen, wie sie wollen.
SIMSON: Wie sie dürfen, lieber. Ich will ihnen einen Esel bohren; wenn sie es einstecken, so haben sie den Schimpf.
ABRAHAM: Bohrt Ihr uns einen Esel, mein Herr?
SIMSON: Ich bohre einen Esel, mein Herr.
ABRAHAM: Bohrt Ihr uns einen Esel, mein Herr?
SIMSON zu Gregorio: Ist das Recht auf unsrer Seite, wenn ich Ja sage?
GREGORIO: Nein.
SIMSON: Nein, mein Herr! Ich bohre Euch keinen Esel, mein Herr. Aber ich bohre einen Esel, mein Herr.
GREGORIO: Sucht Ihr Händel, mein Herr?
SIMSON: Wenn Ihr sonst Händel sucht, mein Herr: ich stehe zu Diensten. Ich bediene einen ebenso guten Herrn wie Ihr.
ABRAHAM: Keinen bessern.
SIMSON: Sehr wohl, mein Herr!
BENVOLIO tritt auf.
GREGORIO: Sag: einen bessern; hier kommt ein Vetter meiner Herrschaft.
SIMSON: Ja doch, einen bessern, mein Herr.
ABRAHAM: Ihr lügt.
SIMSON: Zieht, wo ihr Kerls seid! Frisch, Gregorio! denk mir an deinen Schwadronierhieb.
Sie fechten.
BENVOLIO: Ihr Narren, fort! steckt eure Schwerter ein;
Ihrwisst nicht, was ihr tut. Schlägt ihre Schwerter nieder.
TYBALT tritt auf.
TYBALT: Was? ziehst du unter den verzagten Knechten?
Hierher, Benvolio! Beut die Stirn dem Tode!
BENVOLIO: Ich stifte Frieden, steck dein Schwert nur ein!
Wo nicht, so führ es, diese hier zu trennen!
TYBALT: Was? Ziehn und Friede rufen? Wie die Hölle
Hass ich das Wort, wie alle Montagues
Und dich! Wehr dich, du Memme!
Sie fechten.
Verschiedene ANHÄNGER beider Häuser kommen und mischen sich in den Streit; dann BÜRGER und POLIZEIDIENER mit Knitteln.
ERSTER POLIZEIDIENER: He! Spieß’ und Stangen her! Schlagt auf sie los!
Weg mit den Capulets! Weg mit den Montagues!
CAPULET im Schlafrock und GRÄFIN CAPULET.
CAPULET: Was für ein Lärm? – Holla! mein langes Schwert!
GRÄFIN CAPULET: Nein, Krücken! Krücken! Wozu soll ein Schwert!
CAPULET: Mein Schwert, sag ich! Der alte Montague
Kommt dort und schwingt die Klinge mir zum Hohn.
MONTAGUE und GRÄFIN MONTAGUE.
MONTAGUE: Du Schurke! Capulet! – Lasst los, lasst mich gewähren!
GRÄFIN MONTAGUE: Du sollst dich keinen Schritt dem Feinde nähern.
Der PRINZ mit GEFOLGE.
PRINZ: Aufrührische Vasallen! Friedensfeinde!
Die ihr den Stahl mit Nachbarblut entweiht! –
Wollt ihr nicht hören? – Männer! wilde Tiere!
Die ihr die Flammen eurer schnöden Wut
Im Purpurquell aus euren Adern löscht!
Zu Boden werft, bei Buß an Leib und Leben,
Die missgestählte Wehr aus blut’ger Hand!
Hört eures ungehaltnen Fürsten Spruch!
Drei Bürgerzwiste haben dreimal nun,
Aus einem luft’gen Wort von euch erzeugt,
Du alter Capulet und Montague,
Den Frieden unsrer Straßen schon gebrochen.
Veronas graue Bürger mussten sich
Entladen ihres ehrenfesten Schmucks
Und alte Speer’ in alten Händen schwingen,
Woran der Rost des langen Friedens nagte,
Dem Hasse, der euch nagt, zu widerstehn.
Verstört ihr jemals wieder unsre Stadt,
So zahl eur Leben mir den Friedensbruch.
Für jetzt begebt euch, all ihr andern, weg!
Ihr aber, Capulet, sollt mich begleiten.
Ihr, Montague, kommt diesen Nachmittag
Zur alten Burg, dem Richtplatz unsres Banns,
Und hört, was hierin fürder mir beliebt.
Bei Todesstrafe sag ich: Alle fort!
Der Prinz, sein Gefolge, Capulet, Gräfin Capulet, Tybalt, die Bürger und Bedienten gehen ab.
MONTAGUE:Wer bracht aufs Neu den alten Zwist in Gang?
Sagt, Neffe, wart Ihr da, wie er begann?
BENVOLIO: Die Diener Eures Gegners fochten hier
Erhitzt mit Euren schon, eh ich mich nahte;
Ich zog, um sie zu trennen. Plötzlich kam
Der wilde Tybalt mit gezücktem Schwert
Und schwang, indem er schnaubend Kampf mir bot,
Es um sein Haupt und hieb damit die Winde,
Die, unverwundet, zischend ihn verhöhnten.
Derweil wir Hieb’ und Stöße wechseln, kamen
Stets mehr und mehr und fochten miteinander;
Dann kam der Fürst und schied sie voneinander.
GRÄFIN MONTAGUE: Ach, wo ist Romeo? Saht Ihr ihn heut?
Wie froh ich bin! Er war nicht bei dem Streit.
BENVOLIO: Schon eine Stunde, Gräfin, eh im Ost
Die heil’ge Sonn aus goldnem Fenster schaute,
Trieb mich ein irrer Sinn ins Feld hinaus.
Dort, in dem Schatten des Kastanienhains,
Der vor der Stadt gen Westen sich verbreitet,
Sah ich, so früh schon wandelnd, Euren Sohn.
Ich wollt ihm nahn, er aber nahm mich wahr
Und stahl sich tiefer in des Waldes Dickicht.
Ich maß sein Innres nach dem meinen ab,
Das in der Einsamkeit am regsten lebt,
Ging meiner Laune nach, ließ seine gehn.
Und gern vermied ich ihn, der gern mich floh.
MONTAGUE: Schon manchen Morgen ward er dort gesehn,
Wie er den frischen Tau durch Tränen mehrte
Und seufzend Wolken zu den Wolken schickte.
Allein sobald im fernsten Ost die Sonne,
Die allerfreu’nde, von Auroras Bett
Den Schattenvorhang wegzuziehn beginnt,
Stiehlt vor dem Licht mein Sohn sich heim
Und sperrt sich einsam in sein Kämmerlein,
Verschließt dem schönen Tageslicht die Fenster
Und schaffet künstlich Nacht um sich herum.
In schwarzes Missgeschick wird er sich träumen,
Weiß guter Rat den Grund nicht wegzuräumen.
BENVOLIO: Mein edler Oheim, wisset Ihr den Grund?
MONTAGUE: Ich weiß ihn nicht und kann ihn nicht erfahren.
BENVOLIO: Lagt Ihr ihm jemals schon deswegen an?
MONTAGUE: Ich selbst sowohl als mancher andre Freund.
Doch er, der eignen Neigungen Vertrauter,
Ist gegen sich, wie treu will ich nicht sagen,
Doch so geheim und in sich selbst gekehrt,
So unergründlich forschendem Bemühn,
Wie eine Knospe, die ein Wurm zernagt,
Eh sie der Luft ihr zartes Laub entfalten
Und ihren Reiz der Sonne weihen kann.
Erführen wir, woher sein Leid entsteht,
Wir heilten es so gern, wie wir’s erspäht.
ROMEO erscheint in einiger Entfernung.
BENVOLIO: Da kommt er, seht! Geruht uns zu verlassen.
Galt ich ihm je was, will ich schon ihn fassen.
MONTAGUE: O beichtet’ er für dein Verweilen dir
Die Wahrheit doch! – Kommt, Gräfin, gehen wir!
Montague und Gräfin Montague gehen ab.
BENVOLIO: Ha, guten Morgen, Vetter!
ROMEO: Erst so weit?
BENVOLIO: Kaum schlug es neun.
ROMEO: Weh mir! Gram dehnt die Zeit.
War das mein Vater, der so eilig ging?
BENVOLIO: Er war’s. Und welcher Gram dehnt Euch die Stunden?
ROMEO: Dass ich entbehren muss, was sie verkürzt.
BENVOLIO: Verliebt?
ROMEO: Fern –
BENVOLIO: – von der Liebe?
ROMEO: Fern von der Gunst des Mädchens, das ich liebe.
BENVOLIO: Ach, dass der Liebesgott, so mild im Scheine,
So grausam in der Prob erfunden wird!
ROMEO: Ach, dass der Liebesgott, trotz seinen Binden,
Zu seinem Ziel stets Pfade weiß zu finden!
Wo speisen wir? – Ach, welch ein Streit war hier?
Doch sagt mir’s nicht, ich hört es alles schon.
Hass gibt hier viel zu schaffen, Liebe mehr.
Nun dann: liebreicher Hass! streitsücht’ge Liebe!
Du alles, aus dem Nichts zuerst erschaffen!
Schwermüt’ger Leichtsinn! ernste Tändelei!
Entstelltes Chaos glänzender Gestalten!
Bleischwinge! lichter Rauch und kalte Glut!
Stets wacher Schlaf! dein eignes Widerspiel! –
So fühl ich Lieb und hasse, was ich fühl!
Du lachst nicht?
BENVOLIO: Nein! das Weinen ist mir näher.
ROMEO: Warum, mein Herz?
BENVOLIO: Um deines Herzens Qual.
ROMEO: Das ist der Liebe Unbill nun einmal.
Schon eignes Leid will mir die Brust zerpressen,
Dein Gram um mich wird voll das Maß mir messen.
Die Freundschaft, die du zeigst, mehrt meinen Schmerz,
Zu viel an eignem Gram hat schon mein Herz.
Lieb ist ein Rauch, den Seufzerdämpf erzeugten,
Geschürt, ein Feur, von dem die Augen leuchten,
Gequält, ein Meer, von Tränen angeschwellt;
Was ist sie sonst? Verständ’ge Raserei
Und ekle Gall und süße Spezerei.
Lebt wohl, mein Freund!
BENVOLIO: Sacht! ich will mit Euch gehen;
Ihr tut mir Unglimpf, lasst Ihr so mich stehen.
ROMEO: Ach, ich verlor mich selbst; ich bin nicht Romeo.
Der ist nicht hier: er ist – ich weiß nicht wo.
BENVOLIO: Sagt mir im Ernst, wem Eure Liebe gilt.
ROMEO: Soll ich ernst seufzend reden?
BENVOLIO: Nein, im Ernst
Nur sagen, wer es ist.
ROMEO: Heiß einen Kranken
Im Ernst den letzten Willen zu entwerfen:
Ein übles Wort, das Übel zu verschärfen. –
Hört, Vetter, denn im Ernst: ich lieb ein Weib.
BENVOLIO: Ich traf’s doch gut, da ich verliebt Euch glaubte.
ROMEO: Ein wackrer Schütz! – Und, die ich lieb, ist schön.
BENVOLIO: Ein glänzend Ziel kann man am ersten treffen.
ROMEO: Dies Treffen traf dir fehl, mein guter Schütz:
Sie meidet Amors Pfeil, sie hat Dianens Witz.
Umsonst hat ihren Panzer keuscher Sitten
Der Liebe kindisches Geschoss bestritten.
Sie wehrt den Sturm der Liebesbitten ab,
Steht nicht dem Angriff kecker Augen, öffnet
Nicht ihren Schoß dem Gold, das Heil’ge lockt.
Oh, sie ist reich an Schönheit; arm allein,
Weil, wenn sie stirbt, ihr Reichtum hin wird sein.
BENVOLIO: Beschwor sie der Enthaltsamkeit Gesetze?
ROMEO: Sie tat’s, und dieser Geiz vergeudet Schätze.
Denn Schönheit, die der Lust sich streng enthält,
Bringt um ihr Erb die ungeborne Welt.
Sie ist zu schön und weis, um Heil zu erben,
Weil sie, mit Weisheit schön, mich zwingt zu sterben.
Sie schwor zu lieben ab, und dies Gelübd
Ist Tod für den, der lebt, nur weil er liebt.
BENVOLIO: Folg meinem Rat, vergiss, an sie zu denken.
ROMEO: So lehre mich, das Denken zu vergessen.
BENVOLIO: Gib deinen Augen Freiheit, lenke sie
Auf andre Reize hin.
ROMEO: Das ist der Weg,
Mir ihren Reiz in vollem Licht zu zeigen.
Die Schwärze jener neidenswerten Larven,
Die schöner Frauen Stirne küssen, bringt
Uns in den Sinn, dass sie das Schöne bergen.
Der, welchen Blindheit schlug, kann nie das Kleinod
Des eingebüßten Augenlichts vergessen.
Zeig mir ein Weib, unübertroffen schön;
Mir galt ihr Reiz wie eine Weisung nur,
Worin ich lese, wer sie übertrifft.
Leb wohl! Vergessen lehrest du mich nie.
BENVOLIO: Dein Schuldner sterb ich, glückt mir nicht die Müh.
Beide ab.
Eine Straße.
CAPULET, PARIS und ein BEDIENTER kommen.
CAPULET: Und Montague ist mit derselben Buße
Wie ich bedroht? Für Greise, wie wir sind,
Ist Frieden halten, denk ich, nicht so schwer.
PARIS: Ihr geltet beid als ehrenwerte Männer,
Und Jammer ist’s um euren langen Zwiespalt.
Doch, edler Graf, wie dünkt Euch mein Gesuch?
CAPULET: Es dünkt mich so, wie ich vorhin gesagt.
Mein Kind ist noch ein Fremdling in der Welt,
Sie hat kaum vierzehn Jahre wechseln sehn.
Lasst noch zwei Sommer prangen und verschwinden,
Eh wir sie reif, um Braut zu werden, finden.
PARIS: Noch jüngre wurden oft beglückte Mütter.
CAPULET: Wer vor der Zeit beginnt, der endigt früh.
All meine Hoffnungen verschlang die Erde;
Mir blieb nur dieses hoffnungsvolle Kind.
Doch werbt nur, lieber Graf! Sucht Euer Heil!
Mein Will ist von dem ihren nur ein Teil.
Wenn sie aus Wahl in Eure Bitten willigt,
So hab ich im Voraus ihr Wort gebilligt.
Ich gebe heut ein Fest, von Alters hergebracht,
Und lud darauf der Gäste viel zu Nacht,
Was meine Freunde sind: Ihr, der dazugehöret,
Sollt hoch willkommen sein, wenn Ihr die Zahl vermehret.