Ruf der Wildnis - Jack London - E-Book

Ruf der Wildnis E-Book

Jack London

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Beschreibung

"Ruf der Wildnis" ist ein Roman von Jack London. Darin beschreibt der Schriftsteller das harte Leben zur Zeit des Goldrausches Anfang des 20. Jahrhunderts in Alaska aus der Sicht eines Hundes. Das Buch wurde ein früher Klassiker der Jugend- und Unterhaltungsliteratur und mehrfach verfilmt. London erlangte vor allem Bekanntheit durch seine Abenteuerromane "Ruf der Wildnis" und "Wolfsblut" sowie durch den mehrfach verfilmten Abenteuerroman "Der Seewolf". Vergleichen ließe sich die Wirkung bei der Leserschaft am ehesten mit den Werken von Mark Twain, mit dem London auch den damals zu Lebzeiten noch ungewöhnlichen finanziellen Erfolg teilte. Sein literarisches Werk wurde international erfolgreich und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Ein beliebtes Thema Londons war der Konflikt zwischen Natur und Kultur. Als Kind schon auf Bücher versessen, nahm das Leben ihn früh in die Pflicht und ließ ihn als Jugendlichen in einer Fabrik mehr als 16 Stunden täglich arbeiten - Erfahrungen, die in ihm einen fortschrittlichen und liberalen Geist wachsen ließen. Seine Berichte über die schlechten Arbeitsbedingungen der "einfachen Leute" werden heute verglichen mit den Romanen von Charles Dickens. Zwischen 1899 und 1916 verfasste er über 50 Bücher, einschließlich Roman- und Sachbuch, hunderte von Kurzgeschichten und zahllose Artikel in einer großen thematischen Bandbreite. London starb jung im Alter von vierzig Jahren an Nierenversagen, bis zuletzt war er schriftstellerisch sehr aktiv. Null Papier Verlag

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Jack London

Ruf der Wildnis

Jack London

Ruf der Wildnis

(The Call of the Wild)Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected]Übersetzung: Franz Mairhofer 3. Auflage, ISBN 978-3-954181-16-2

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Das Buch

Ka­pi­tel 1. In die Wild­nis

Ka­pi­tel 2. Das Recht des Stär­ke­ren

Ka­pi­tel 3. Das wil­de Tier

Ka­pi­tel 4. Der Sie­ger

Ka­pi­tel 5. Die Schre­cken des lan­gen Pfa­des

Ka­pi­tel 6. Um die Lie­be ei­nes Men­schen

Ka­pi­tel 7. Der Ruf er­tönt

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Ali­ce im Wun­der­land

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Der Graf von Mon­te Chri­sto

Die Schat­zin­sel

Ivan­hoe

Oli­ver Twist oder Der Weg ei­nes Für­sor­ge­zög­lings

Ro­bin­son Cru­soe

Das Got­tes­le­hen

Meis­ter­no­vel­len

Eine Weih­nachts­ge­schich­te

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Das Buch

»Ruf der Wild­nis« ist ein Ro­man von Jack Lon­don. Da­rin be­schreibt der Schrift­stel­ler das har­te Le­ben zur Zeit des Gold­rau­sches An­fang des 20. Jahr­hun­derts in Alas­ka aus der Sicht ei­nes Hun­des.

Das Buch wur­de ein frü­her Klas­si­ker der Ju­gend- und Un­ter­hal­tungs­li­te­ra­tur und mehr­fach ver­filmt. Lon­don er­lang­te vor al­lem Be­kannt­heit durch sei­ne Aben­teu­er­ro­ma­ne »Ruf der Wild­nis« und »Wolfs­blut« so­wie durch den mehr­fach ver­film­ten Aben­teu­er­ro­man »Der See­wolf«. Ver­glei­chen lie­ße sich die Wir­kung bei der Le­ser­schaft am ehe­s­ten mit den Wer­ken von Mark Twain, mit dem Lon­don auch den da­mals zu Leb­zei­ten noch un­ge­wöhn­li­chen fi­nan­zi­el­len Er­folg teil­te. Sein li­te­ra­ri­sches Werk wur­de in­ter­na­tio­nal er­folg­reich und in zahl­rei­che Spra­chen über­setzt.

Ein be­lieb­tes The­ma Lon­d­ons war der Kon­flikt zwi­schen Na­tur und Kul­tur.

Als Kind schon auf Bü­cher ver­ses­sen, nahm das Le­ben ihn früh in die Pf­licht und ließ ihn als Ju­gend­li­chen in ei­ner Fa­brik mehr als 16 Stun­den täg­lich ar­bei­ten -- Er­fah­run­gen, die in ihm einen fort­schritt­li­chen und li­be­ra­len Geist wach­sen lie­ßen. Sei­ne Be­rich­te über die schlech­ten Ar­beits­be­din­gun­gen der ein­fa­chen Leu­te wer­den heu­te ver­gli­chen mit den Ro­ma­nen von Charles Di­ckens. Zwi­schen 1899 und 1916 ver­fass­te er über 50 Bü­cher, ein­schließ­lich Ro­man- und Sach­buch, hun­der­te von Kurz­ge­schich­ten und zahl­lo­se Ar­ti­kel in ei­ner großen the­ma­ti­schen Band­brei­te.

Lon­don starb jung im Al­ter von vier­zig Jah­ren an Nie­ren­ver­sa­gen, bis zu­letzt war er schrift­stel­le­risch sehr ak­tiv.

*

Kapitel 1. In die Wildnis

Buck las kei­ne Zei­tung, sonst hät­te er ge­wußt, daß sich Un­heil zu­sam­men­brau­te, nicht nur für ihn selbst, son­dern für je­den Hund, der star­ke Mus­keln und lan­ges, dich­tes Haar hat­te. Die Men­schen hat­ten sich in die ark­ti­sche Dun­kel­heit vor­ge­wagt und ein gel­bes Me­tall ge­fun­den; und seit­dem Schiffs- und Ei­sen­bahn­ge­sell­schaf­ten be­gan­nen, auch die­se öden Ge­gen­den zu er­schlie­ßen, zog es Tau­sen­de von Män­nern in das Nord­land. Und die­se Män­ner brauch­ten Hun­de, Hun­de mit kräf­ti­gen Kno­chen und dich­tem Haar, die auch bei der bit­ters­ten Käl­te den größ­ten An­stren­gun­gen ge­wach­sen wa­ren.

Bucks Hei­mat war ein großes Haus im son­nen­durch­flu­te­ten Tal von San­ta Cla­ra. Es lag ein we­nig ab­seits der Stra­ße, halb ver­steckt un­ter Bäu­men, durch die man die luf­ti­ge Ve­ran­da se­hen konn­te, die rings um das statt­li­che Haus lief. Zwi­schen grü­nen Ra­sen­flä­chen führ­te ein kies­be­streu­ter Weg ge­ra­de dar­auf zu. Hin­ter dem Haus la­gen die wei­num­rank­ten Woh­nun­gen der Die­ner­schaft, die Wirt­schafts­ge­bäu­de und große Pfer­de­stal­lun­gen, lang­ge­streck­te Lau­ben­gän­ge, Obst­gär­ten und dar­an an­schlie­ßend aus­ge­dehn­te Wei­de­plät­ze. Es gab eine Pum­p­an­la­ge für den Spring­brun­nen und ein großes Was­ser­be­cken, in dem die Söh­ne des Far­mers ihr Mor­gen­bad nah­men oder sich an hei­ßen Nach­mit­tagen ab­kühl­ten.

Und über die­ses große Reich herrsch­te Buck. Hier wur­de er ge­bo­ren, und hier ver­brach­te er die ers­ten vier Jah­re sei­nes Le­bens. Frei­lich, es gab auf Mil­lers Farm noch an­de­re Hun­de, wie es sich für einen so groß­zü­gi­gen Be­trieb schick­te, aber sie zähl­ten nicht viel. Sie ka­men und gin­gen, be­völ­ker­ten die Zwin­ger oder hiel­ten sich im Haus auf, wie Toot, der di­cke ja­pa­ni­sche Mops, oder Bel­la, der win­zig­klei­ne me­xi­ka­ni­sche Pin­scher, selt­sa­me We­sen, die kaum ihre Na­sen zur Tür her­aus­steck­ten. Mil­ler be­saß auch noch etwa zwan­zig Ter­ri­er, eine fre­che Ge­sell­schaft, die dro­hend kläff­te, so­bald sie Toot und Bel­la am Fens­ter er­blick­te. Sie trie­ben es manch­mal so arg, daß die Dienst­mäd­chen sich mit Be­senstie­len be­waff­ne­ten und ein­grif­fen, um Ord­nung zu schaf­fen.

Buck aber war we­der ein Haus- noch ein Ket­ten­hund. Er war der Herr des gan­zen Rei­ches. Er schwamm mit den Söh­nen des Pflan­zers im Was­ser­be­cken oder ging mit ih­nen auf die Jagd. Er be­glei­te­te Mol­lie und Ali­ce, die bei­den Töch­ter, auf ih­ren lan­gen Streif­zü­gen, und an den Win­ter­aben­den lag er zu Mil­lers Fü­ßen vor dem lo­dern­den Ka­min­feu­er der Biblio­thek. Er ließ die En­kel­kin­der auf sei­nem brei­ten Rücken rei­ten, balg­te sich mit ih­nen im Gras her­um oder be­hü­te­te ihre Schrit­te auf den Ent­de­ckungs­rei­sen durch die Stäl­le, den Park und die Obst­gär­ten. Mit den Al­lü­ren ei­nes Kö­nigs schritt er durch die Meu­te der an­de­ren Hun­de, und die bei­den Schoß­hünd­chen be­ach­te­te er über­haupt nicht, er, der Herr­scher über al­les.

Schon sein Va­ter Elmo, ein rie­si­ger Bern­har­di­ner, war der un­zer­trenn­li­che Ge­fähr­te sei­nes Herrn ge­we­sen, und Buck ver­sprach, sei­nem Va­ter in al­len Din­gen nach­zu­ge­ra­ten. So groß wie er war er frei­lich nicht -- er wog nur hun­dert­vier­zig Pfund --, denn sei­ne Mut­ter war eine schot­ti­sche Schä­fer­hün­din ge­we­sen. Aber sein stol­zes, wür­de­vol­les Be­neh­men glich die feh­len­de Grö­ße aus, und wenn er so mit er­ho­be­nem Haupt her­um­stol­zier­te, war je­der Zoll an ihm ade­lig.

Und in der Tat, die ers­ten vier Jah­re sei­nes Le­bens ver­brach­te er wie ein Edel­mann. Trotz­dem wur­de aus ihm kein ver­zär­tel­ter Haus­hund, da­für sorg­ten die Jagd und an­de­re Spie­le im Frei­en, die ihn nicht nur da­vor be­wahr­ten, Fett an­zu­set­zen, son­dern ihm auch zu kräf­ti­gen Mus­keln ver­hal­fen.

So war die Lage, als im Herbst des Jah­res 1897 die großen Gold­fun­de in Klon­di­ke Män­ner aus al­len Län­dern der Welt nach dem Nor­den lock­ten. Da aber Buck, wie ge­sagt, kei­ne Zei­tung las, so er­fuhr er von all­dem nicht das ge­rings­te. Lei­der wuß­te er auch nicht, daß Ma­nu­el, der Gärt­ner­ge­hil­fe, kei­ne sehr wün­schens­wer­te Be­kannt­schaft für ihn war. Ma­nu­el hat­te eine un­glück­li­che Ei­gen­schaft: er spiel­te. Und da er nach ei­nem be­stimm­ten Sys­tem spiel­te, das sel­ten ge­wann, brauch­te er Geld, viel Geld, und sein Lohn als Hilfs­gärt­ner reich­te nie aus.

Ein Abend, an dem sein Herr ei­ner Ver­samm­lung bei­wohn­te und die Söh­ne die Grün­dung ei­nes Sport­klubs be­rie­ten, wur­de Buck zum Ver­häng­nis. Nie­mand hör­te, wie Ma­nu­el Buck zu sich rief, und kein Mensch be­merk­te es, wie er mit ihm über die Fel­der ging, als woll­te er einen klei­nen Spa­zier­gang un­ter­neh­men. Auch Buck glaub­te an nichts an­de­res. Eben­so­we­nig sah es je­mand, daß aus dem Schat­ten des klei­nen Bahn­hofs­ge­bäu­des ein Mann her­vor­trat, mit Ma­nu­el ei­ni­ge Wor­te wech­sel­te und ihm Geld in die Hand drück­te.

»Du hät­test die Ware gleich an­stän­dig ver­pa­cken kön­nen«, brumm­te der Mann mür­risch. Ma­nu­el zog einen fes­ten Strick aus der Ta­sche und leg­te ihn Buck um den Hals.

»Zieh nur fest an, dann wird ihm der Atem schon aus­ge­hen«, riet Ma­nu­el, und der Un­be­kann­te grins­te zu­stim­mend.

Buck hat­te al­les mit ru­hi­ger Wür­de über sich er­ge­hen las­sen. Recht war es ihm frei­lich nicht, aber er hat­te ge­lernt, den Men­schen zu ver­trau­en und ih­nen Kennt­nis­se zu­zu­bil­li­gen, die sei­ne ei­ge­nen über­tra­fen. Als je­doch Ma­nu­el die En­den des Strickes in die Hän­de des Frem­den leg­te, knurr­te er dro­hend. Er woll­te da­mit bloß sein Miß­fal­len zum Aus­druck brin­gen, wei­ter nichts. Er woll­te nur zei­gen, daß er mit frem­den Leu­ten nichts zu tun ha­ben moch­te. Doch zu sei­nem pein­li­chen Er­stau­nen schnür­te sich der Strick um sei­nen Hals zu­sam­men und raub­te ihm den Atem. Wü­tend sprang er den Mann an, der aber pack­te ihn an der Gur­gel und warf ihn zu Bo­den. Buck zerr­te ver­zwei­felt an dem Strick, ver­ge­bens, im­mer fes­ter zog sich die Sch­lin­ge um sei­nen Hals zu­sam­men, sei­ne Zun­ge hing weit her­aus, und die mäch­ti­ge Brust hob und senk­te sich keu­chend. Nie in sei­nem Le­ben war er so nie­der­träch­tig be­han­delt wor­den, und noch nie­mals hat­te er eine sol­che Wut ge­fühlt. Aber sei­ne Kraft ließ nach, und sei­ne Au­gen wur­den gla­sig. Er sah nicht mehr, daß der Zug kam und an­hielt, und er spür­te nicht, daß man ihn in den Ge­päck­wa­gen warf.

Als er wie­der zu sich kam, fühl­te er ein son­der­ba­res Rüt­teln. Der hei­se­re Pfiff ei­ner Lo­ko­mo­ti­ve sag­te ihm, wo er war, denn er hat­te schon öf­ters mit sei­nem Herrn Rei­sen un­ter­nom­men und er kann­te auch das Rüt­teln und Schüt­teln in ei­nem Ge­päck­wa­gen. Buck öff­ne­te lang­sam sei­ne Au­gen und sah um sich mit dem zor­ni­gen Blick ei­nes ge­raub­ten Kö­nigs. Der Mann ne­ben ihm griff has­tig nach dem Strick, aber Buck war schnel­ler als er. Sei­ne Zäh­ne gru­ben sich tief in die Hand des Man­nes ein und lie­ßen sie erst wie­der los, als die Sch­lin­ge ihm er­neut die Be­sin­nung raub­te.

»Er hat An­fäl­le!« sag­te der Mann und ver­barg sei­ne ver­letz­te Hand vor dem Wa­gen­meis­ter, der durch den Lärm des Kamp­fes auf­merk­sam ge­wor­den war. »Ich bring’ ihn im Auf­trag sei­nes Herrn nach Fris­co. Der Narr von ei­nem Hun­de­dok­tor dort glaubt, er kön­ne ihn ku­rie­ren. Lum­pi­ge fünf­zig krie­ge ich da­für ne­ben der Fahrt. Ich würd’s kein zwei­tes Mal ma­chen, nicht für fünf­hun­dert!«

Er um­wi­ckel­te sei­ne Hand mit ei­nem schmut­zi­gen Ta­schen­tuch und sah mit Be­dau­ern auf sei­ne bis zu den Kni­en auf­ge­schlitz­te Hose hin­ab.

»Wenn nur kei­ne Toll­wut dar­aus wird!« mein­te er ängst­lich.

»Wird schon nicht«, lach­te der Wa­gen­meis­ter, »aber nun los, wir kön­nen den Hund hier nicht lie­gen las­sen.«

Halb be­täubt durch den un­er­träg­li­chen wür­gen­den Schmerz in der Keh­le ver­such­te Buck trotz­dem, sich sei­nen Pei­ni­gern ent­ge­gen­zu­stel­len, aber er wur­de nie­der­ge­wor­fen und in einen kä­fi­g­ähn­li­chen Ver­schlag ge­sto­ßen, nach­dem man den Strick von sei­nem Hals ge­löst hat­te.

Hier lag er nun für den Rest der Nacht, ge­la­den mit Groll und ver­letz­tem Stolz. Er konn­te nicht ver­ste­hen, was das al­les be­deu­ten soll­te. Was hat­ten sie mit ihm vor, die­se frem­den Män­ner? Wa­rum hiel­ten sie ihn in die­sem Kä­fig ein­ge­schlos­sen? Er fühl­te dumpf, daß ihm ein großes Un­glück be­vor­stand. Je­des­mal wenn die große Schie­be­tür in ih­ren An­geln kreisch­te, glaub­te er, daß sein Herr oder des­sen Kin­der her­ein­tre­ten wür­den. Aber stets war es nur das auf­ge­dun­se­ne Ge­sicht des Wa­gen­meis­ters, der ihn im fla­ckern­den Schein der La­ter­ne an­starr­te, und sein freu­di­ges Bel­len ver­wan­del­te sich je­des­mal in ein wil­des Knur­ren.

Erst bei Mor­gen­grau­en hielt der Zug, und vier Män­ner stie­gen ein, zer­ris­se­ne und un­ge­pfleg­te Ker­le. Noch mehr Quäl­geis­ter, dach­te Buck und sprang wü­tend ge­gen die Lat­ten des Ver­schla­ges, aber sie lach­ten nur, steck­ten ihre Stö­cke in den Kä­fig und stie­ßen nach ihm. Er schnapp­te nach ih­ren Prü­geln, bis er dar­auf­kam, daß es ge­ra­de das war, wor­auf sie war­te­ten, und daß sie dar­an ih­ren Spaß hat­ten.

Da leg­te er sich trot­zig nie­der, und als die Män­ner den Kä­fig auf­ho­ben und fort­tru­gen, wehr­te er sich nicht mehr. Nach vie­len Stun­den, es war schon Abend, brach­te man ihn auf ein Fähr­boot, das einen Fluß über­setz­te, von dort ver­lud man ihn wie­der in den Ge­päck­wa­gen ei­nes Schnell­zu­ges, wo er zwi­schen vie­len Kis­ten und Kof­fern ver­staut wur­de. Zwei Tage und zwei Näch­te dau­er­te die Fahrt im Schnell­zug, und zwei Tage und zwei Näch­te er­hielt Buck we­der zu fres­sen noch zu trin­ken. In sei­ner Verzweif­lung hat­te er die ers­ten An­nä­he­rungs­ver­su­che der Bahn­an­ge­stell­ten mit bö­sem Knur­ren be­ant­wor­tet, und sie ver­gal­ten es ihm mit Spott und schlech­ter Pfle­ge. Wenn er sich be­bend und schäu­mend vor Wut ge­gen die Stan­gen warf, lach­ten sie ihn aus und reiz­ten ihn. Sie bell­ten wie elen­de Hun­de oder mi­au­ten wie Kat­zen, schlu­gen mit den Ar­men und kräh­ten. Buck wuß­te, daß sie ihn mit die­sen Al­bern­hei­ten nur rei­zen woll­ten, aber ge­ra­de des­halb fühl­te er sich in sei­ner Ehre ge­kränkt, und sein hilflo­ser Zorn wuchs und wuchs. Der Hun­ger wäre noch zu er­tra­gen ge­we­sen, aber er litt un­ter dem quä­len­den Durst. Sei­ne ge­schun­de­ne, auf­ge­schwol­le­ne Zun­ge ent­zün­de­te sich, und Fie­ber schüt­tel­te ihn.

Ei­nes aber trös­te­te ihn: Der Strick von sei­nem Na­cken war weg! Der Strick hat­te sei­nen Fein­den einen un­fai­ren Vor­teil ver­schafft, jetzt aber, da er weg war, wür­de er es ih­nen al­len zei­gen!

In die­sen zwei Ta­gen und Näch­ten, in de­nen er nichts zu fres­sen und nichts zu trin­ken er­hielt, sam­mel­te sich ein dump­fer, wil­der Zorn in ihm an, der zum Aus­bruch kom­men muß­te und je­nem, der ihm als ers­ter ge­gen­über­trat, Un­heil ver­hieß. Sei­ne Au­gen wur­den blut­un­ter­lau­fen, und er ver­wan­del­te sich in einen ra­sen­den Bö­se­wicht. So sehr ver­än­dert sah er aus, daß selbst sein Herr ihn nicht wie­der­er­kannt hät­te.

Die Be­diens­te­ten wa­ren froh und at­me­ten er­leich­tert auf, als er am Mor­gen des drit­ten Ta­ges in Se­att­le aus­ge­la­den wur­de. Vier Män­ner tru­gen den Holz­ver­schlag be­hut­sam in einen von ho­hen Mau­ern um­ge­be­nen Hin­ter­hof. Ein kräf­ti­ger, un­ter­setz­ter Mann in ei­nem ro­ten, am Hals et­was zu wei­ten Swea­ter kam ih­nen ent­ge­gen, nahm den Leu­ten den Fracht­schein ab und be­stä­tig­te den Empfang. Und Buck fühl­te, daß die­ser Mann der nächs­te Pei­ni­ger war. Mit ge­sträub­ten Rücken­haa­ren warf er sich ge­gen die Lat­ten sei­nes Ge­fäng­nis­ses. Der Mann lä­chel­te nur höh­nisch und hol­te ein Beil und einen star­ken Stock.

»Ihr wollt ihn doch nicht etwa her­aus­las­sen?« frag­te ei­ner der Män­ner.

»Ge­wiß!« ent­geg­ne­te der Rote und trieb das Beil in die Kis­te, um eine Öff­nung zu schaf­fen.

Im Nu war der Platz wie leer­ge­fegt. Von ei­ner ho­hen Mau­er aus war­te­ten die Zuschau­er neu­gie­rig auf das kom­men­de Schau­spiel.

Buck stürz­te sich auf das split­tern­de Holz und ver­biß sich dar­in. Sooft die Axt eine Lat­te los­ge­löst hat­te, ver­such­te er den Mann an­zu­ge­hen, der ru­hig wei­ter­ar­bei­te­te, bis die Öff­nung groß ge­nug war.

»Heraus mit dir, du rot­äu­gi­ger Teu­fel!« rief er, ließ das Beil fal­len und faß­te den Stock mit der rech­ten Hand.

Wahr­haf­tig, Buck sah wie ein Teu­fel aus, als er, die Haa­re ge­sträubt, Schaum vor dem Mund und ein ir­res Leuch­ten in sei­nen blut­un­ter­lau­fe­nen Au­gen, zum Sprung an­setz­te. Pfeil­ge­ra­de schnell­te er sei­ne mit Haß und Lei­den­schaft voll­ge­stopf­ten hun­dert­vier­zig Pfund ge­gen sei­nen Wi­der­sa­cher. Mit­ten im Sprung, ge­ra­de als er sei­ne ge­wal­ti­gen Zäh­ne in den Hals des Man­nes ver­bei­ßen woll­te, er­hielt er einen Schlag, wie er ihn noch nie ge­fühlt hat­te. Sei­ne Kie­fer schlos­sen sich knir­schend, er tau­mel­te und fiel auf den Rücken. Noch nie in sei­nem Le­ben hat­te ihn je­mand mit ei­nem Knüp­pel nie­der­ge­schla­gen, er ver­stand nicht, was mit ihm ge­sche­hen war. Mit ei­nem Auf­heu­len, das eher dem Fau­chen ei­nes Raub­tie­res als dem Bel­len ei­nes Hun­des glich, sprang er auf und griff wie­der an. Noch ein­mal traf ihn die­ser ent­setz­li­che Schlag, der ihn nie­der­warf, und er wuß­te nun, daß es der Knüp­pel war, aber sei­ne Ra­se­rei ließ ihn jede Vor­sicht ver­ges­sen. Ein dut­zend­mal noch setz­te er zum An­griff an, und eben­so­oft schmet­ter­te ihn der Stock zu Bo­den.

Nach ei­nem be­son­ders kräf­ti­gen Schlag er­hob er sich müh­sam, zu be­täubt, um noch­mals zu sprin­gen. Er tau­mel­te kraft­los um­her, Blut floß aus Nase, Maul und Ohren, und sein schö­nes Fell wur­de mit blu­ti­gem Gei­fer be­su­delt. Der Rote kam nä­her und ver­setz­te ihm wohl­über­legt einen furcht­ba­ren Hieb auf die Schnau­ze. Al­les, was Buck bis­her er­dul­det hat­te, war nichts im Ver­gleich zu der aus­ge­such­ten Pein die­ses Schla­ges. Mit ei­nem fast lö­wen­ähn­li­chen Auf­brül­len warf er sich wie­der auf den Mann. Der Rote ließ den Stock fal­len, pack­te den Hund mit bei­den Hän­den kalt­blü­tig am Un­ter­kie­fer und schleu­der­te ihn hin und her und warf ihn mit sol­cher Ge­walt auf die Erde, daß Buck be­wußt­los lie­gen­blieb.

Von der Mau­er her er­tön­te Bei­fall.

»Zum Don­ner­wet­ter, der ver­steht sein Ge­schäft!« schrie ei­ner der Män­ner en­thu­sias­tisch.

Buck kam bald wie­der zu sich, aber er hat­te kei­ne Kraft mehr. Er blieb lie­gen, wo er nie­der­ge­fal­len war, und be­lau­er­te den Mann mit dem ro­ten Swea­ter, der nun einen Brief in der Hand hielt und ihn auf­merk­sam durch­las.

»Hört auf den Na­men Buck«, mur­mel­te er halb­laut vor sich hin, fal­te­te das Schrei­ben zu­sam­men und ließ es in sei­ner Ta­sche ver­schwin­den.