Sag was! - Philipp Steffan - E-Book

Sag was! E-Book

Philipp Steffan

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Beschreibung

Klare Ansage: Sag was gegen rechts! Rechtspopulismus nimmt immer mehr zu. Doch wie identifiziert man rechtes Gedankengut und vor allem: Wie geht man damit um? Diesen Fragen widmen sich der hoch gelobte junge Verein "Tadel verpflichtet! e.V." mit seiner Bildungsinitiative "diskursiv", die dieses praxisnahe Bändchen mit Gesprächstaktiken, Tipps und Lösungsvorschlägen herausbringt. "Sag was" bietet starke Argumentationshilfen gegen Rechtspopulismus, gezielt für junge Menschen.

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Seitenzahl: 59

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Über dieses Buch

Rechtspopulismus nimmt immer mehr zu – doch was genau ist eigentlich rechtspopulistisch und was nur konservativ? Und vor allem: Wie geht man mit rechtspopulistischen Äußerungen um? Die Antwort auf diese und weitere Fragen findest du hier, dazu jede Menge nützlicher Tipps, Gesprächstaktiken und Lösungsvorschläge.

 

»Leute, macht den Mund auf, macht euch grade! Lasst euch nicht verunsichern. Rechtspopulismus ist ein Problem und wir alle können aktiv Teil der Lösung sein.«

Sookee

 

»Wenn wir nicht in einer Gesellschaft leben wollen, in der Hass, Hetze und Rassismus ›normal‹ sind, dann ist Widerspruch Pflicht.«

Kübra Gümüşay

Vorwort

Ich habe schon einige Talkshow-Auftritte auf dem Buckel und mich dort bereits mit Menschen streiten müssen, die ich durchaus als rechtspopulistisch (und manchmal sogar noch extremer) bezeichnen würde. Die Frage, die ich nach solchen Sendungen immer wieder und mit Abstand am häufigsten – meistens mit einem absolut verblüfften Gesichtsausdruck – gestellt bekomme, lautet: »Wie konntest du nur so ruhig bleiben?«

Nun, das ist tatsächlich gar nicht mal so einfach. Äußerlich bin ich gerade vielleicht ganz cool – innerlich möchte ich aber eher die Studiokulisse umschmeißen. In solchen Situationen schließlich doch nicht wütend zu werden, sondern bei der Sache zu bleiben, sich nicht durch falsche und oft auch beleidigende »Argumente« aus der Ruhe bringen zu lassen, das alles ist ein echter Kraftakt.

Die Frage, wie wir mit Rechtspopulismus umgehen sollten, treibt uns vor allem seit den letzten paar Jahren um – egal ob in Talkshows oder am eigenen Küchentisch. Dieser Umgang ist nicht einfach, weil eben die bereits beschriebene Entrüstung und Wut in uns hochsteigen können. Aber auch, weil gegen rechtspopulistische Argumente zu halten, sich oft anfühlt, wie wenn man einen Pudding an die Wand nageln möchte: Man weiß gar nicht, wo man zuerst anfangen soll, am Ende flutscht sowieso alles wieder durch die Finger, aber der Frust darüber ist umso größer.

Dabei gibt es praktische Tipps und Strategien gegen Rechtspopulismus, und sie lassen sich auch trainieren. Dieses Buch zeigt, worauf es ankommt, wenn wir Rechtspopulismus die Rote Karte zeigen und unsere Demokratie wieder stärker machen wollen. Es kommt weg vom bloßen »Reden übers Miteinander-reden-müssen« und zeigt, wie das eigentlich in unserem Alltag aussehen kann.

Die schwierigeren Gespräche sind natürlich immer diejenigen, die wir mit Menschen führen müssen, denen wir nahe sind und die uns am Herzen liegen. Sagen wir etwas, wenn unser Onkel bei der Familienfeier einen rassistischen Witz reißt? Oder lassen wir das unter den Tisch fallen und stimmen damit still seiner Aussage zu? Halten wir dagegen, wenn homophobe Sprüche von unserer Oma kommen? Oder erklären wir ihr, dass es schon immer lesbische, bisexuelle und schwule Menschen in der Geschichte der Menschheit gab und unsere Gesellschaft sich irgendwann nur leider entschieden hat, sie abzulehnen? Ignorieren wir den Kollegen auf der Arbeit, der sexistisches Verhalten nur bei Menschen sieht, die vor Krieg und Hunger nach Deutschland fliehen mussten? Oder erklären wir, dass Geschlechtergerechtigkeit auch ohne Geflüchtete hier noch lange keine Wirklichkeit war?

Politik beginnt jedenfalls nicht erst damit, wenn wir 18 Jahre alt werden und ein Kreuz bei der Wahl machen dürfen. Politik endet auch nicht damit, dass die von uns gewählten Menschen später im Bundestag sitzen. Politisches Denken und Handeln, das fängt bereits in unseren ganz alltäglichen Entscheidungen an, also auch denen, die uns vielleicht ganz klein erscheinen.

Leider ist niemand zu 100 % immun gegen diskriminierendes Denken. Damit ist auch niemand 100 % immun gegen Rechtspopulismus. Aber auch rassistisches, sexistisches oder homophobes Denken können Stück für Stück verlernt werden. Dazu sollten wir alle uns zu 100 % verpflichtet fühlen. Denn am Ende dieser Auseinandersetzungen steht eine Gesellschaft, in der es uns allen gut gehen darf – statt nur ein paar wenigen auf Kosten aller anderen.

Anne Wizorek

Kapitel 1: Wir müssen reden!

Sonntagnachmittags auf einer Familienfeier. Nach Kaffee und Kuchen geht deine Familie spazieren, dein Onkel Heiner läuft neben dir. Als er an Straßenlaternen eine Parteiwerbung sieht, sagt er laut: »Ach, die Systemparteien kümmern sich doch sowieso nicht um uns. Lassen alle hier rein, und beim einfachen Bürger kommt gar nichts an.« Die anderen schweigen.

Du bist überrascht, weißt aber auch nicht, wie du reagieren sollst. Jetzt eine Diskussion anfangen? Das könnte richtig in die Hose gehen, denkst du und schweigst. Am nächsten Tag erzählst du in deinem Freundeskreis, dein Onkel sei jetzt auch ein Nazi.

Miteinander statt übereinander

Das muss nicht sein! Anstatt über Heiner zu sprechen, könntest du auch mit ihm reden. Anstatt ihn direkt als »Nazi« abzustempeln, könntest du ihn auch später in einem ruhigen Moment fragen, wie er das meinte. Du könntest ihm zuhören, versuchen, ihn zu verstehen, und ihm dann erklären, was du ähnlich siehst, was nicht und warum.

Klar, ernsthaft und konstruktiv über Politik reden ist kompliziert. Aber es lohnt sich! Familien, Freundschaften und langjährig gute Nachbarschaften gehen daran zugrunde, dass über einige politische Angelegenheiten kaum noch gesprochen wird. Denn in den vergangenen Jahren greifen immer mehr Menschen rechtspopulistische Themen und Aussagen auf.

Rechtspopulismus

Das rechtspopulistische Weltbild

Wie alle Populismen beansprucht auch der Rechtspopulismus, »das Volk« zu vertreten – obwohl er weder die Mehrheit noch auch nur annähernd alle Bevölkerungsgruppen vertritt. Dem angeblich einheitlichen »Volk« werden als Feindbild »die Eliten« (z.B. Politik- und Medienschaffende) entgegengestellt, die als machthungrig und korrupt dargestellt werden.

Das Besondere an rechtem Populismus ist, dass neben »den Eliten« ein zweites Feindbild konstruiert wird: »die Fremden«. »Fremd« können in dieser Logik alle sein, die nicht so aussehen oder leben wie diejenigen, die für Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten zum »normalen Volk« gehören. Dazu gehören Menschen mit scheinbar oder tatsächlich anderer Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung, aber auch Menschen mit anderen Vorstellungen von Familie oder anderen politischen Überzeugungen.

Inhaltlich zeichnet sich der Rechtspopulismus in Deutschland entsprechend vor allem dadurch aus, dass er Medien-, Politik- und EU-kritisch ist und Zuwanderung gegenüber negativ eingestellt ist.

Die rechtspopulistische Strategie

Ausgehend von diesem Weltbild behaupten Rechtspopulisten, »das Volk« vor den angeblich gefährlichen »Eliten« und »Fremden« schützen zu müssen. Dafür vereinfachen sie komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge und konstruieren Bedrohungsszenarien, um so radikale Politikmaßnahmen zu rechtfertigen. Rechtspopulisten wollen also Stimmen gewinnen, indem sie Ängste schüren und behaupten, die einzigen Retter vor der selbst herbeigeredeten Gefahr zu sein.

Ob in Schule oder Studium, im Verein oder auf der Arbeit, in der Familie oder im Freundeskreis: Überall begegnet man rechtspopulistischen Aussagen. Viele reagieren darauf, indem sie schweigen oder Personen, die diskriminierend über heikle Themen sprechen, ganz meiden. Doch das ist gefährlich: Wenn sich alle in ihr Kämmerchen zurückziehen, dann werden die eigenen Ansichten nicht mehr infrage gestellt. Auf Dauer führt das zu immer radikaleren Meinungen, und Gespräche mit Andersdenkenden werden noch schwieriger.

Hält man diese Entwicklung nicht auf, ist das nicht nur für Familien und Freundeskreise problematisch, sondern auch für die Demokratie. Eine Demokratie lebt davon, dass sich Menschen mit verschiedenen Meinungen austauschen und Kompromisse finden. In demokratischen Gesellschaften leben Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Hobbys, Religionen, Einstellungen und Gewohnheiten zusammen. Meinungsverschiedenheiten sind in solch vielfältigen Gesellschaften keine Ausnahme, sondern Alltag. Trotzdem müssen Regelungen gefunden und Gesetze verabschiedet werden, die für uns alle gelten. Ohne Diskussionen und Kompromisse ist das unmöglich.