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Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Philosophie - Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts, FernUniversität Hagen (Philosophie), Veranstaltung: Seminar: Schwarz-weiß? Kulturelle Sichtbarkeit und Rassismus, Sprache: Deutsch, Abstract: In der politischen Philosophie ist Locke vorwiegend als Vertragstheoretiker bekannt, dem das Verdienst zukommt, die Grundlagen für eine weltlich legitimierte freiheitliche Verfassung eines Gemeinwesens entwickelt und hierdurch die Verfassungen liberaler Staaten maßgeblich beeinflusst zu haben. In der Retrospektive sind es diese Aspekte, mit denen seine Philosophie, aber auch seine Person identifiziert werden. Die Frage nach Lockes Verhältnis zum Menschen mit schwarzer Hautfarbe, oder „Neger“ wie Locke ihn nannte, scheint dagegen auf den ersten Blick als lediglich von akademischem Interesse, nicht zuletzt, da Locke ihn in seinen Werken kaum erwähnte. Dennoch ist die Frage nach Lockes Verhältnis zum „Neger“ für das Verständnis seiner politischen Philosophie von großer Wichtigkeit, denn sie verändert die Interpretation von Lockes Schriften stellenweise erheblich: Locke, der selbe Denker, der Leben, Freiheit und Besitz als die natürlichen Rechte des Menschen postulierte, war ein Befürworter der Sklaverei mit schwarzen Sklaven in den britischen Kolonien Amerikas und verdiente darüber hinaus selbst am Handel mit ihnen. Man mag einwenden, dass zwischen dem Mann Locke und seinem Werk unterschieden werden muss, was sicherlich weithin Gültigkeit hat. Allerdings fördert die Einbettung des Werkes in seinen kulturellen und historischen Zusammenhang – und dazu gehört nicht nur die politische Situation in England und Lockes Beziehung zu den politischen Akteuren, sondern auch seine Beziehung zu den Kolonien Amerikas und sein Verhältnis zu den schwarzen Sklaven – eine authentischere und der Intention des Autors möglicherweise gerechter werdende Interpretation. Das Anliegen dieser Arbeit, Lockes Sicht vom „Neger“ zu beleuchten, hat damit zwei zusammenwirkende Zielsetzungen: zum einen soll durch die Beschäftigung mit dieser Frage Lockes politische Philosophie hinterfragt und zum anderen herausgefunden werden, ob Lockes politisch-ökonomischen Tätigkeiten mit den Inhalten der Schriften, insbesondere den Two Treatises, in Einklang gebracht werden können. Da sie die Einstellung Lockes dem Schwarzen gegenüber in besonderer Weise bestimmt, besitzt Lockes Verhältnis zur Sklaverei einen großen Stellenwert und soll somit entsprechend umfangreich untersucht werden.
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In der politischen Philosophie ist Locke vorwiegend als Vertragstheoretiker bekannt, dessen Werk die Unabhängigkeitserklärung und die Verfassung der Vereinigten Staaten, sowie die Verfassung des revolutionären Frankreichs und somit die meisten Verfassungen liberaler Staaten maßgeblich beeinflusste. In seinem politisch-theoretischen1Hauptwerk, denTwo Treatises of Government,kommt ihm das Verdienst zu, den zu seiner Zeit etablierten Absolutismus kritisiert und die Grundlagen für eine weltlich legitimierte freiheitliche Verfassung eines Gemeinwesens entwickelt zu haben (Schmidt, S. 51). In der Retrospektive sind es demnach diese Aspekte seines Werkes, oftmals in Verbindung gesetzt mit Lockes persönlicher und politischer Nähe zu dem Ersten Earl von Shaftesbury und der Partei der Whigs (Laslett, S. 25-37), mit denen seine Philosophie, aber auch seine Person identifiziert wird. Somit erscheint die Frage nach John Lockes Verhältnis zum Menschen mit schwarzer Hautfarbe, oder „Neger“ wie Locke ihn nannte, auf den ersten Blick als lediglich von akademischem Interesse, nicht zuletzt, da Locke ihn in seinen Werken kaum erwähnte: in denTwo Treatises of Governmentwird der Schwarze nicht explizit und imEssay Concerning Human Understanding,Lockes erkenntnistheoretischen Hauptwerk, nur an einer Stelle als Beispiel angeführt. Dennoch ist die Frage nach Lockes Verhältnis zum „Neger“ für das Verständnis seiner politischen Philosophie von großer Wichtigkeit, denn sie verändert die Interpretation von Lockes Schriften stellenweise erheblich. Locke, der selbe „frühliberale Denker“, der Leben, Freiheit und Besitz als die natürlichen Rechte des Menschen („Man“) postulierte (Schmidt, S. 51), war ein Befürworter der Sklaverei mit schwarzen Sklaven in den britischen Kolonien Amerikas und verdiente darüber hinaus selbst am Handel mit ihnen. Man mag einwenden, dass zwischen dem Mann Locke und seinem Werk unterschieden werden muss, was sicherlich weithin Gültigkeit hat. Allerdings fördert die Einbettung des Werkes in seinen kulturellen und historischen Zusammenhang - und dazu gehört nicht nur die politische Situation in England und Lockes Beziehung zu den politischen Akteuren, sondern auch seine Beziehung zu den Kolonien Amerikas und sein Verhältnis zu den schwarzen Sklaven - eine authentischere und der Intention des Autors möglicherweise gerechter werdende Interpretation. Das Anliegen dieser Arbeit, Lockes Sicht vom „Neger“ zu beleuchten, hat damit zwei zusammenwirkende Zielsetzungen: zum einen soll durch die Beschäftigung mit dieser Frage
1In dieser Arbeit wird zwischen den theoretisch-philosophischen Werken Lockes, wie denTwo Treatises of Governmentoder demEssay Concerning Human Understanding,und seinen politischen-praktischen Werken, wie denFundamental Constitutions of Carolinaunterschieden.