Schatten der Erlösung - Amy Melina Loß - E-Book

Schatten der Erlösung E-Book

Amy Melina Loß

0,0

Beschreibung

Hey, ich bin Ally - Dämonenjägerin, ständig von fremden Seelen besessen (ja, ich weiß, klingt ein bisschen gruselig). Meine Mission führt mich von den düsteren Gassen Europas über die wilden Weiten Amerikas und schließlich, welch eine Überraschung, zurück nach Europa. In meinem Job gibt es keine Grenzen, nur Gefahren, Abenteuer und gelegentlich einen kräftigen Schluck Rum - besonders, wenn ich gerade von diesem legendären Piraten besessen bin. Ihr wisst schon, der Kerl mit dem langen, beeindruckenden Bart, der mehr Rum im Kopf hat als alles andere. Aber da ist auch noch diese Hexe - ein wandelndes Mysterium mit Antworten auf Fragen, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie hatte. Und apropos Mysterien, da wäre noch dieser Deal, den ich mit dem Teufel gemacht habe. Er besagt, dass ich 666 Dämonen bannen muss, um meine Haut zu retten. Keine große Sache, oder? Während ich also auf der Jagd nach dem kopflosen Dämon bin, verstricke ich mich in die Jahrhunderte alten Intrigen eines finsteren Hexenzirkels. Und plötzlich geht es nicht nur um meine eigene Rettung, sondern um das Schicksal der Welt - und vielleicht sogar um die echte, wahre Liebe. Was fast harmlos begonnen hat, wird schnell zu einem verrückten Abenteuer, denn wenn schon das Schicksal seine Finger im Spiel hat, kann man wenigstens darüber lachen - oder einen guten Schluck Rum nehmen. Oder am besten einfach beides, zumindest wenn man dem Piraten glaubt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 441

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Es kann nichts wachsen und nichts so tief vergehen, wie der Mensch.

Friedrich Hölderlin

Inhaltsverzeichnis

Im Bann des kopflosen Schattens

Begegnung mit dem Schatten der Vergangenheit

Wie wird man Dämonenjägerin?

Begegnung in der Bibliothek

Flucht in die Nacht

Flüstern der Schatten

Nicht so freudiges Wiedersehen

Die Last der Schuld

Pakt mit dem Teufel

Schatten und Bündnisse

Richtig gute Bratkartoffeln

Gefangen in der Unendlichkeit

Von neuen Bündnissen und Dämonen.

Pixel

Antworten

Die Schattenflammen des Schicksals

Im Herzen der Finsternis

Der Schleier zwischen den Welten

Enthüllungen der Vergangenheit

Das Echo der Verdammten.

Das Vermächtnis des Piraten

Im tobenden Sturm

Das Erwachen der Vergangenheit

Das Schicksal erfüllt sich

Über Grenzen hinweg

Flüstern der Vergangenheit.

Im Schatten des Leuchtturms

Im Schatten des Domes

Höllenfeuer

Die Schatten erwachen

Von Knochen und Endkämpfen

Flammen der Hoffnung

Das Licht der Erlösung

Verschmelzung

Triumph

Ritt in den Sonnenuntergang

IMBANN DES KOPFLOSEN SCHATTENS

Die Nacht schloss sich um mich wie der eisige Griff des Vergessens. Mein Atem, von den Schatten verschluckt, brannte in meinen Lungen, während ich durch die Finsternis am Ufer der kleinen Insel entlang hetzte. So hatte ich mir mein erstes Mal Amerika nicht vorgestellt.

Der Mond, ein stummer Zeuge meiner Flucht, verbarg sich hinter den zähen Wolken, und nur das blasse Licht der Sterne und das irrlichternde Leuchten der Wellen wiesen mir den Weg.

Das Wasser, ein unsichtbarer Begleiter, plätscherte und gurgelte in einem gespenstischen Refrain um mich herum. Jeder meiner verzweifelten Schritte schien von den flüsternden Wellen aufgenommen zu werden, ein unheilvolles Echo, das sich mit meinem eigenen Herzschlag vermischte.

Meine Muskeln brannten vor Erschöpfung und die Dunkelheit zerrte an meinen Nerven, als wäre sie lebendig geworden. Ein kalter Hauch strich über meine verschwitzte Haut und ich fühlte mich von unsichtbaren Augen beobachtet. Doch ich wagte nicht, innezuhalten.

Das Gefühl, dass mich etwas Unsichtbares verfolgte, trieb mich weiter. Die Nacht umhüllte mich wie ein undurchdringlicher Schleier und meine Lunge fühlte sich an, als würde sie in mit den Flammen des Höllenfeuers brennen.

Da raste ich also durch die dunklen Gewässer, nass, kalt und am Ende und was macht mein treuer Sidekick Clay? Nichts Geringeres, als in den verdammten Ruhestand zu gehen. Der verrückte Clay, warum musste er ausgerechnet jetzt Erlösung finden? Seit 1887 umhergeisternd, unterstützte mich der amerikanische Revolverheld monatelang bei der Dämonenjagd. Doch in dem entscheidenden Moment, als wir Akephalos endlich aufgespürt hatten, entscheidet sich Clay, einfach mal aus der Welt der Lebenden zu verschwinden. Verflucht nochmal.

Ein plötzlicher Schatten zuckte hinter mir hervor, schwarzer Nebel, der sich aus den Tiefen der Finsternis formte. Der Boden bebte unter den unsichtbaren Schritten meines Verfolgers und der Himmel schien sich noch weiter zu verfinstern, als würde er selbst den Atem anhalten. Inmitten der undurchdringlichen Dunkelheit tauchte Akephalos auf, der kopflose Dämon, als wäre er direkt aus den Albträumen eines verrückten Künstlers entsprungen. Sein Körper war von einem düsteren Nebel umhüllt. Wo sein Kopf sein sollte, gähnte nur eine schwarze Leere, ein unheimlicher Abgrund, der jegliches Licht zu verschlucken schien. Anstelle eines Gesichts fand man nichts als die Finsternis, die sich dort, wo die Augenhöhlen sein sollten, manifestierte – leere Schatten, die einem einen eisigen Schauer über den Rücken jagten. Sein Körper schien wie Rauch zu fließen, ständig in Bewegung, als ob er die Grenzen zwischen den Dimensionen selbst durchdringen könnte. Jeder seiner Schritte erzeugte eine wirbelnde Wolke aus Nebel und Schatten, die die Form von Geisterhänden annahmen, die nach der Realität zu greifen schienen. Seine Anwesenheit verzerrte die Umgebung und die Luft pulsierte vor Macht, als ob die Realität selbst von seiner kopflosen Existenz beeinflusst würde. Der kopflose Dämonbewegte sich geräuschlos, aber das Flüstern des Windes und das Ächzen der Bäume schienen seinem unsichtbaren Chor zu lauschen. Sein Anblick war nicht nur beängstigend, sondern auch verstörend – ein wandelnder Albtraum, der aus den Tiefen der Unterwelt emporstieg, um die lebenden Seelen zu verschlingen.

Für einen Moment verlor ich mich in der unheimlichen Schönheit seiner Erscheinung, wie in einem traumhaften Albtraum. Dann durchzuckte mich die Realisierung, dass ich nicht hier stehen konnte, versteinert von Faszination. Panik schoss durch meine Adern, als ich mich daran erinnerte, dass Flucht die einzige Option war. Meine Beine reagierten, bevor mein Verstand es tat und ich stürmte davon, dem unsichtbaren Schrecken entgegen.

Während ich durch die finsteren Gewässer hetzte und um mein eigenes verdammtes Leben rannte, zermarterte ich mir den Kopf über Akephalos. Ein kopfloser Dämon, der in der Welt der Lebenden wandelte, weil irgendein Vollidiot ihn beschworen hatte. Die Vorstellung, dass jemand freiwillig diesen Schatten aus der Unterwelt hervorgeholt hatte, brachte mich dazu, wieder einmal an der Menschheit zu zweifeln. „Klar, warum nicht? Ein bisschen Hölle auf Erden, warum nicht mal was Neues probieren?“ dachte ich, während ich weiter durch die dunklen Fluten sprintete. „Vielleicht dachte der Beschwörer, er könnte ein bisschen Würze in sein Leben bringen, indem er einen kopflosen Dämon herbeiruft. So als wäre Akephalos das magische Äquivalent zu einem Schuss Amaretto im Tee am Morgen.“ Und ich musste ihn jetzt zurück in die Hölle befördern.

Meine Lungen brannten vor Anstrengung und der Schmerz pulsierte in jedem Atemzug. Doch ich konnte nicht aufgeben. Während ich durch die düsteren Gewässer sprintete, streifte mein Blick suchend durch die Dunkelheit. Der Schatten von Akephalos schien mir unablässig auf den Fersen zu sein. Mir war, als konnte ich ihn bereits in meinem Nacken atmen hören.

In der Hoffnung auf Rettung ließ ich meine Augen über die undurchdringliche Nacht schweifen, auf der Suche nach dem vertrauten Leuchten einer wandelnden Seele. „Komm schon, irgendwo muss doch jemand sein,“ dachte ich, während ich die stille Dunkelheit durchdrang. „Ein verzweifelter Geist, der darauf wartet, Erlösung zu finden und sich dem Dienst der Dämonenjäger anzuschließen.“ Die Gedanken rasten durch meinen Kopf, als ich die finsteren Schatten der Bäume und das schimmernde Wasser um mich herum durchquerte. Meine Augen tasteten jede Silhouette ab, in der Hoffnung, das warme

Glühen einer wandernden Seele zu entdecken. Ich befürchtete schon, dass diese kleine Insel einfach zu abgelegen draußen im Meer lag, als es endlich doch geschah.

Das pulsierende Licht in der Ferne schien wie ein Hoffnungsschimmer in der finsteren Nacht. Doch als ich näherkam, wurde meine Freude jäh gedämpft. Die wandernde Seele, auf die ich gehofft hatte, schwebte mitten auf dem Wasser des Ocracoke Inlets. „Das kann doch nicht wahr sein,“ flüsterte ich entgeistert, als ich den unwirtlichen Ort erreichte. Die Seele, von einem sanften Glühen umgeben, schien sich auf den Wellen zu wiegen, als würde sie auf ihre eigene, stumme Erlösung warten. Die Rettung schien in greifbarer Nähe, aber der Preis dafür war ein nasses Abenteuer im eiskalten Wasser. „Als wäre das hier nicht schon knapp genug,“ seufzte ich leise vor mich hin. Die Aussicht, in die dunklen Fluten zu springen, während Akephalos mir im Nacken saß, versetzte mir einen Schauer. Das kleine Boot, das mich hergebracht hatte, lag auf der anderen Seite der Insel. Hätte ich das hier mal besser geplant. Wobei ganz ehrlich, Pläne waren noch nie so mein Ding.

„Hoffen wir mal, dass dieser Dämon nicht schwimmen kann.“, murmelte ich mir selbst zu. Mit zögerndem Blick über die düstere Wasseroberfläche wagte ich den Sprung. Das kalte Wasser umhüllte mich sofort und ich kämpfte gegen die Strömung, um zur schwebenden Seele zu gelangen. Die Unsicherheit nagte an meinerEntschlossenheit, aber die Möglichkeit, die wandernde Seele für unsere, meine Sache zu gewinnen, trieb mich voran.

Der schwebenden Seele entgegenzusteuern, schien die einzige Option zu sein, um Erlösung zu finden und dem kopflosen Dämon zu entkommen. Doch meine Hoffnung erhielt einen jähen Dämpfer, als ich feststellen musste, dass Akephalos tatsächlich schwimmen konnte.

Ein Schauder durchlief mich, als ich den kopflosen Dämon mühelos durch die dunklen Fluten gleiten sah. Seine Form, von den Schatten umhüllt, bewegte sich mit einer unheimlichen Leichtigkeit. Die Flucht auf das Wasser schien keine Barriere für meinen unheilvollen Jäger zu sein.

„Verdammt nochmal,“ fluchte ich leise, während ich meine Schwimmbewegungen verstärkte, um die schwebende Seele zu erreichen. Das Leuchten vor mir wirkte jetzt nicht nur wie ein Licht der Hoffnung, sondern auch wie ein dringender Appell, schneller zu sein. Das kalte Wasser schien den Kampf um mein Überleben zu intensivieren, während Akephalos unaufhaltsam näherkam. In diesem unheilvollen Augenblick wurde mir klar, dass die Flucht auf das Wasser möglicherweise nicht die rettende Lösung war, die ich erhofft hatte.

Erschöpft kämpfte ich mich weiter durch die kalten Fluten. Mit jedem Armschlag näherte ich mich der rettenden Seele, deren Licht in der Finsternis hervorstach. Als ich endlich in Reichweite kam, offenbarte sich vor mir ein Mann mit einem beeindruckend langen, tiefschwarzen Bart. Ein Bart, so lang und so schwarz, dass er fast wie ein schattenhaftes Gewebe wirkte. Mit überkreuzten Beinen saß er einfach so da, mitten auf dem Wasser. Leider gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass er sich erheben und mir entgegenkommen würde, wäre ja auch zu schön gewesen. Ich spürte die Aufmerksamkeit des barttragenden Mannes, der mich mit einem intensiven Blick musterte. Seine Augen schienen Geschichten von vergangenen Zeitaltern zu erzählen, während der lange, tiefschwarze Bart im Wasser schwebte wie ein Schattenmantel.

„Nun, mal sehen, wie sehr die Begeisterung dieses Mannes ist, sich meiner Jagd gegen den Dämon Akephalos anzuschließen,“ dachte ich. Diesmal war ich, so musste ich mir in diesem Moment eingestehen, jedoch nicht die Jägerin, sondern die Gejagte und es war an diesem ungewöhnlichen Bartträger, meine Bemühungen zu unterstützen.

„Nunja, öfter mal was Neues,“ murmelte ich leise vor mich hin, als der Mann seinen Blick nicht von mir abwandte. Sein Gesicht zeigte keine klare Begeisterung, sondern pure Verwirrung. Vielleicht war ihm bewusst, dass diese unheilvolle Jagd keine einfache Aufgabe war. Wahrscheinlicher war jedoch, dass er seine gesamte Realität anzweifelte, denn auch wenn man als wandernde Seele sicherlich schon so einiges gesehen hatte, Akephalos war eine ganz andere Sache. Ein kopfloser Morddämon ist eben kein Anblick, den man jeden Tag hat.

Die Schrecken, die er mit sich brachte, manifestierten sich in jeder finsteren Silhouette, die er warf. Und doch, trotz seiner unheilvollen Natur, war dieser Dämon vergleichsweise harmlos. Er ging auf zwei Beinen und hatte Krallen nur an den Händen, ihm fehlte sogar sein Kopf und jeder der schonmal einem Dämon begegnet ist, weiß, Dämonenköpfe haben es in sich. Reißzähne, Hörner, Feuerspucken, all das ist gar nichts Besonderes. Und dann gibt es ja auch noch die Dämonen, die mehr als einen Kopf haben. Und Gift gehörte auch nicht zu Akephalos Fähigkeiten. Dieser spezielle Dämon schien ziemlich harmlos zu sein. „Warum zur Hölle war ich diesem kopflosen Ungetüm nicht gewachsen?“ grübelte ich innerlich, während die Wasserwelt um uns herum in unheilvollem Dunkel schwebte.

„Normalerweise sollte ich solche Dämonen mühelos bezwingen können, sogar ohne zweite Seele. Irgendetwas stimmt hier nicht.“

In diesem entscheidenden Moment erhob sich der barttragende Mann mit einer beeindruckenden Langsamkeit. Es war alles andere als ein geschmeidiger Übergang: er torkelte, verlor das Gleichgewicht und fiel wieder um.

Nach zwei weiteren Anläufen schaffte er es schließlich, sich mühsam aufzurichten. Sein langer, tiefschwarzer Bart erschien jetzt noch länger, hing in verfilzten Strähnen herab und verlieh ihm ein wildes, ungepflegtes Aussehen. Ich starrte ihn fassungslos an. In diesem entscheidenden Moment schien der Mann, der meine Seite stärken sollte, kaum gerade stehen zu können. Ein innerlicher Fluch entfuhr mir. Heute musste wohl mein Unglückstag sein. Wie konnte ich nur so viel Pech haben? Der Kerl vor mir war offensichtlich stockbesoffen.

„Großartig“ murmelte ich frustriert vor mich hin, während der betrunken wirkende Mann vor mir taumelte. „Die Rettung in der Not, ein heldenhafter Bartträger – und er ist nicht Herr seiner Sinne. Das konnte mir nur heute passieren.“

Der Typ hatte mein Murmeln gehört und legte den Kopf schief, als er die Frustration in meiner Stimme spürte. In diesem Moment hörten wir beide Akephalos triumphierend knurren und der Mann mit dem Bart wurde erneut umgeworfen.

Bis er es schaffte, sich wieder aufzurichten, hatte ich ihn erreicht. Gerade wollte ich seine Seele in meinen Körper lassen, da begann er, an seinen verlumpten Kleidern herumzufummeln und zückte eine Pistole, die definitiv bessere Tage gesehen hatte. Bevor ich reagieren konnte, holte er eine zweite Pistole hervor und begann, ziellos in Richtung des kopflosen Dämons zu feuern. Der Klang der Schüsse durchdrang die eisige Stille der Nacht und ich konnte nicht anders, als überrascht auf die Waffen zu starren. Offensichtlich hatte der Mann mehr in petto, als seine betrunkenen Manöver vermuten ließen. „Was zum Teufel?“ rief ich aus, während die Kugeln knatternd durch die Luft flogen. „Wo hat er die Dinger plötzlich her? Und warum hat er sie nicht schon eher gezückt?“

Der barttragende Pirat schwankte bedrohlich, seine langen, verfilzten Haare wehten im Wind, als er mit breitem Grinsen und blutunterlaufenen Augen die Pistolen in die Höhe reckte. Ein Hauch von Rumduft umhüllte ihn, während er mit einer torkelnden Entschlossenheitdas Wort an mich richtete. „Runter, Mädchen! Ich übernehme das Steuerrad dieses verdammten Schiffs. Wir segeln durch die Wellen der Hölle und ich bin der verdammte Kapitän!“ lallte er. „Diese bleichen Geisterschatten können mich mal kreuzweise – Captain Blackbeard wird's richten!“

Seine Worte waren von einem schiefen Lächeln begleitet und er zwinkerte mir zu, als hätte er gerade den genialsten Plan seines Lebens geschmiedet.

„Komm mir nicht in die Quere, mein Mädchen. Captain Blackbeard kennt sich aus mit solchen Seeungeheuern. Das wird ein Tanz auf den Gezeiten, den wir so schnell nicht vergessen werden!“ rief er, bevor er mit schwankendem Kurs und erhobenen Pistolen dem kopflosen Morddämon entgegentrat, als würde er die Meere der Finsternis beherrschen. Die Erkenntnis traf mich jedoch wie ein Schlag.

Leider hatten Seelen keinerlei Macht in der Welt der Lebenden und ihre persönlichen Gegenstände erwiesen sich als genauso nutzlos wie sie selbst. Der Mann mit dem langen Bart und seinen verrosteten Pistolen schien sich auf etwas zu verlassen, das in dieser unheilvollen Realität keine Wirkung entfaltete. Gleichzeitig wurde mir klar, dass der kopflose Morddämon, Akephalos, in der Welt der Lebenden nicht nur als Schatten seiner selbst existierte, sondern vollkommen und mächtig war. Die Waffen des barttragenden Mannes, der sich selbst Captain Blackbeard nannte, waren absolut wirkungslos. Obwohl die Situation absolut ausweglos war, konnte ich mir ein amüsiertes Lächeln nicht verkneifen. Captain Blackbeard also – mal sehen, wie gut sich der Pirat als Dämonenjäger schlug. Im Moment ballerte er noch immer unkontrolliert auf Akephalos, der davon absolut unbeeindruckt schien. Der kopflose Morddämon war weiterhin auf mich fokussiert.

In diesem Moment durchzuckte mich ein unbeschreiblicher Schmerz im linken Unterschenkel und das Wasser um mich herum färbte sich augenblicklich rot. Akephalos hatte mich erreicht und seine Klauen in mein Bein geschlagen. „Verdammt nochmal!“ fluchte ichund rang nach Atem, während der Schmerz durch meinen Körper pulsierend pochte.

Captain Blackbeard schien meine Notlage endlich realisiert zu haben und ließ seine Pistolen sinken. Ich reckte die Hand nach Blackbeard aus, doch dieser war wie erstarrt. Mühsam kämpfte ich mich nach vorne, doch bevor ich ihn erreichte, schlug Akephalos seine andere Klaue in meinen Rücken. Ein schmerzhafter Aufschrei entwich meinen Lippen und beinahe verlor ich das Bewusstsein. Nur das eiskalte Wasser und meine pure Todesangst hielten mich in meiner düsteren Welt der Dämonen und Geister gefangen. Die Dunkelheit schien sich um mich herum zu verdichten, während Akephalos mich gnadenlos festhielt. Wenn das mein Ende sein sollte, dann war das verdammt peinlich. Ein wenig gefährlicher Dämon streckt mich drei Zentimeter vor der Seele nieder. Super, wirklich super.

In einem letzten verzweifelten Versuch erhob ich meine Hand in Richtung Blackbeard, der noch immer wie erstarrt dastand. Dann endlich erwachte er aus der Starre und griff nach meiner Hand. „Sapperlot!“ schrie der Mann und augenblicklich ließen meine Schmerzen nach.

Mir wurde schlagartig klar, dass Blackbeard wohl nicht nur betrunken, sondern auch vollkommen unter Drogen stand. Beides vernebelte nicht nur meine Sinne, sondern betäubte auch meinen Schmerz. Ich spürte, wie neue Kraft mich durchströmte, als Blackbeards Seele in meinen Körper eintrat. Meine Wunden begannen augenblicklich zu heilen. Akephalos wurde von der Welle der Energie einige hundert Meter zurückgeworfen. Ich richtete mich auf, doch in Blackbeards Zustand war das gar nicht so einfach.

Meine Sinne waren vernebelt und ich brauchte zwei Versuche, bis ich gerade stehen konnte. Wie hatte er das bloß geschafft. Ich schüttelte den Kopf, als ich mich final erhob. Endlich konnte ich wieder auf dem Wasser laufen, einer der vielen Vorzüge, die die Besessenheit mit sich brachte. Kein lästiges Schwimmen durch die Fluten mehr. Ich atmete tief durch und versuchte mich zu fokussieren. Gar nicht so einfach unter der Menge an Alkohol und Drogen. In meinem Kopf hörte ich Blackbeard reden, seine Stimme hallte wie ein ferner Donner.

„Himmelherrgott, was geht hier vor sich?“ brummte er, während seine Gedanken sich wild durch meine eigenen zu winden schienen. „Wo zum Teufel bin ich gelandet und wer zur Hölle bist du?“ Seine Worte hallten in meinem Inneren wider, von einem Hauch von Unsicherheit durchzogen.

Die Drogen, der Alkohol und die plötzliche Verschmelzung unserer Seelen schienen ihn, verständlicherweise, zu verwirren. Schließlich hatte er soeben die Kontrolle über alles verloren. Ich blendete Blackbeards verwirrte Gedanken aus. Nach jahrelanger Erfahrung als Dämonenjäger und dem Kampf an der Seite unzähliger Seelen war das meine leichteste Übung. Ich beobachtete, wie Akephalos sich mühsam durch das Wasser zurückkämpfte. Mir fiel jetzt erst auf, dass er schwamm und nicht über das Wasser lief. War das bei Dämonen immer so? Ich war mir nicht sicher.

Ich schaute an mir herunter und überlegte, welche Optionen mir zur Verfügung standen. Blackbeards Pistolen hingen nun an meinem Gürtel – ganze fünf davon –, dazu kamen noch zwei scharfe Säbel. Damit ließ sich doch arbeiten. Der Revolverheld Clay hatte mich den Umgang mit Schusswaffen gelehrt. In meiner Hand würden Blackbeards Waffen nicht länger wirkungslos bleiben.

Bis dahin war ich nur in Europa gewesen und hatte den Umgang mit dem Schwert und Dolch perfektioniert. Die Jagd nach den Dämonen hatte mich jedoch kürzlich nach Amerika geführt, wohin auch sonst? Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Alles schien hier möglich zu sein, auch dass der kopflose Dämon viel stärker war, als er sein sollte. Diesem Rätsel würde ich jedoch erst später auf den Grund gehen.

Jetzt galt es erstmal, Akephalos zurück in die Hölle zu befördern. Dort würde sich mein Arbeitgeber um ihn kümmern. Diesen Kampf wollte ich jedoch lieber an Land austragen. Also rannte ich auf das Festland zu, so gut es in Blackbeards Zustand eben ging.

Ich wollte nicht wissen, wie das von außen aussah. Mal ganz abgesehen davon, dass ich über das Wasser rannte, geriet ich dabei immer wieder ins Torkeln und fiel. Es war sicherlich ein skurriler Anblick, wie ich mit den Waffen eines Piratenkapitäns in einem unkoordinierten Lauf über die Wasseroberfläche stolperte, aber der Ernst der Situation trieb mich vorwärts. Ich hoffte inständig, dass die Menschen mich und auch Akephalos nicht sahen. Das führte immer zu ungewollten Komplikationen.

Es gab zwar auch Orte wie den Hexenberg Brocken in Deutschland, wo solche Sichtungen einfach normal waren und durch die Legenden akzeptiert wurden. Der Hexentanzplatz war eine bekannte Öffnung zur Hölle und immer wieder kam es dort zu kleineren Ausbrüchen. Doch der Herr der Hölle hatte diese dank seiner Angestellten unter Kontrolle. Hin und wieder flog ein Dämon mal eine Runde um den Berg, aber das war es auch schon, alles ganz entspannt.

Wenn ich jedoch an den Vorfall letztes Jahr in Italien denke, oh man, das war ein Chaos. In Rom verfolgte ich einen besonders kniffligen Dämon, der sich geschickt über das Forum Romanum bewegte. Seine Schatten verschwammen mit den antiken Ruinen und seine Präsenz verzerrte die Zeit um ihn herum. Ein unheilvolles Kribbeln lief mir über den Rücken, als ich seine Spur durch die alten Gemäuer verfolgte.

Plötzlich brach die Stille der antiken Stätte, als der Dämon meine Anwesenheit witterte. Er manifestierte sich in einer wirbelnden Dunkelheit, die die Säulen des Tempels umhüllte. Eine frostige Aura breitete sich aus und das Forum Romanum erbebte unter der Spannung. Die Menschen, die die historischen Überreste bewunderten, wurden Zeugen des Übernatürlichen. Schreie und Aufschreie erfüllten die Luft, als der Dämon seine wahre Form offenbarte. Panisch versuchten die Touristen, zu fliehen, doch die schattenhaften Tentakel des Dämons schnappten nach ihnen. Zum Glück hatte ich die Seele eines Gladiators in mir. Seine kraftvollen Bewegungen, die jahrhundertealte Erfahrung eines Kämpfers, durchzogen meinen eigenen Körper. Ein Kampf entbrannte auf dem historischen Boden des Forum Romanum, während die Menschen fluchtartig das Weite suchten. Die antike Stätte wurde zum Schauplatz eines unheimlichen Duells, das die alten Gemäuer mit einem Hauch des Übernatürlichen erfüllte. Zum Glück wurde dieser Vorfall von der untersuchenden Behörde als eine Art Massenillusion abgestempelt. Wenn Dämonen in die Hölle zurückgeschickt werden, bleibt nichts als verkohlte Erde an der Stelle zurück, wo das Höllentor geöffnet wurde. Die Behörden hielten diesen verbrannten Bereich für den Ursprung der vermeintlichen Halluzinationen. Es wurden Vermutungen über giftige Gase angestellt, die die scheinbaren Visionen ausgelöst haben könnten. Ich hatte es zum Glück geschafft, zu verhindern, dass Menschen von dem Dämon verletzt wurden. So schaffte es der Vorfall nicht über die Grenzen des Forum Romanum und blieb eine Randbemerkung in den örtlichen Zeitungen. Die offizielle Erklärung der Behörden sorgte dafür, dass der Vorfall als eine kuriose Episode abgetan wurde und die düsteren Geheimnisse der Dämonenjagd blieben weiterhin im Verborgenen.

Daher war meine größte Hoffnung, dass wir unbemerkt bleiben und den Kampf gegen Akephalos ohne neugierige Zuschauer ausfechten konnten. Eine Befragung durch die örtliche Polizei oder Regierungsorganisationen war nicht in meinem Sinne. Die Verwicklung in bürokratische Angelegenheiten konnte zu unerwünschten Komplikationen führen und ich wollte meine Identität als Dämonenjägerin besser geheim halten. Denn eine Befragung durch staatliche Stellen hätte zur Folge gehabt, dass ich meinen Arbeitgeber um Hilfe bitten müsste. Doch bei ihm ist nichts umsonst. Ein Gefallen kostet eine Gegenleistung und das wollte ich um jeden Preis vermeiden. Andererseits war diese Insel so klein, dass ich sie fast selbst noch übersehen hatte, als ich direkt davor war. Die Chancen standen also gut, dass ich hier allein war.

Blackbeard redete in meinem Kopf, als wir das Land erreichten. Seine raue Stimme hallte in meinen Gedanken wider, aber ich beschloss, ihn vorerst zu ignorieren. Die Erklärungen würden später folgen. Die Stimme des Piraten klang, als hätte er eine Flasche Rum zu viel gehabt und er murmelte etwas über verfluchte Dämonen und das Abenteuer des Lebens.

Ich griff nach den Waffen, spürte das kalte Metall in meinen Händen, während sich Akephalos aus den Fluten erhob. Der Dämon manifestierte sich mit einer düsteren Präsenz, die die Nacht um uns herum verdunkelte. Die Konturen seines kopflosen Schattens wurden von den spärlichen Lichtern der Umgebung nur schwach enthüllt, als er bedrohlich auf uns zukam. Seine klauenbewehrten Hände streckten sich aus und ein knurrendes Grollen erfüllte die Luft.

Die Spannung war greifbar, als ich mich darauf vorbereitete, erneut gegen das Ungeheuer anzutreten. Blackbeards unverständliches Gemurmel in meinem Kopf vermischte sich mit dem dumpfen Pochen meines eigenen Herzens. Es war an der Zeit, sicherzustellen, dass Akephalos diesmal besiegt und zurück in die Hölle geschickt wurde.

Ich zielte auf den Dämon, genauso, wie es mir der verrückte Clay beigebracht hatte. Mein Finger lag am Abzug, während ich die pechschwarze Kreatur ins Visier nahm. Der Dämon würde nicht beim ersten Schuss besiegt sein. Erst bei der sechsten Verletzung, würde sich in der sechsten Sekunde das Tor zur Hölle öffnen und ihn nach sechs Sekunden zurück in die Verdammnis schicken. Eigentlich ganz einfach, oder?

Die Nacht schien für einen Moment stillzustehen, als ich meine Waffen auf den kopflosen Dämon richtete. Die düstere Präsenz von Akephalos schien sich zu verdichten, als er auf uns zukam. Der Moment des Abdrückens würde den Beginn eines Wettlaufs gegen die Zeit markieren, bei dem ich darauf hoffte, dass meine Schüsse präzise und tödlich genug waren, um das Tor zur Hölle zu öffnen, bevor der Dämon uns erreichte. Ich atmete tief durch, meine Finger umklammerten die Waffen und ich versuchte verzweifelt, meinen benebelten Geist zu fokussieren. Verdammt nochmal.

Der Klang der Schüsse durchbrach die Stille der Nacht, als ich den Abzug betätigte – Treffer. Wieder feuerte ich – erneuter Treffer. Und nochmals – ein weiterer erfolgreicher Treffer. Der Dämon stieß ein ohrenbetäubendes Geheul aus, dessen Echo durch die Dunkelheit hallte. Plötzlich geschah etwas Unerwartetes.

Der kopflose Schatten schien sich vor meinen Augen zu verdichten und binnen Sekunden raste er mit atemberaubender Geschwindigkeit auf mich zu. Die Dunkelheit schluckte seine Form und ich konnte gerade noch daran denken, dass dieser Dämon nicht wirklich Akephalos sein konnte, als er mich erreichte.

Seine klauenbewehrte Hand holte aus und traf mich mit einem gewaltigen Schlag, der mich durch die Luft schleuderte und schließlich ins offene Meer beförderte. Der eiskalte Sturz ins Wasser raubte mir für einen Moment den Atem. Der eisige Griff des Wassers durchdrang meinen bewusstlosen Körper, während ich mich in die Dunkelheit treiben ließ. Die Kälte umhüllte mich wie ein unnachgiebiger Mantel und meine Hoffnung ruhte darauf, dass Blackbeard zu seinen Lebzeiten nicht den Tod durch Ertrinken gefunden hatte. In meinem besessenen Zustand war mein Schicksal mit seinem eng verflochten - ich konnte besessen nur auf die Gleiche weise sterben wie die Seele in mir.

Mit diesem bedrückenden Gedanken sank ich unaufhaltsam auf den Grund des Ozeans. Die Dunkelheit undurchdringlich wie ein Schleier der Finsternis, verschlang mich. Die Welt um mich herum wurde zu einem abstrakten Gemälde aus Schatten und Stille, während ich mich dem Abgrund hingab, der mich umschloss.

BEGEGNUNG MIT DEM SCHATTENDER VERGANGENHEIT

In der Finsternis meiner Bewusstlosigkeit erwachte ich von einem grässlichen Schmerz, der durch meinen Körper zuckte. Als meine Augen langsam die Schwere des Schlafs ablegten, offenbarte sich vor mir ein Bild des Schreckens. Ein entsetzliches Gesicht, von dunkler, fast schwarzer Färbung, mit einer Vielzahl bedrohlich wirkender Zähne, starrte mich an. Es war, als hätte die Dunkelheit selbst eine grausame Gestalt angenommen. Ich spürte, wie das Ungetüm an meinem Bein zerrte. Sein mächtiger Kiefer hatte sich um mich geschlossen.

Es war kein gewöhnlicher Schmerz; es war ein verzweifelter Kampf um mein Fleisch zwischen den gnadenlosen Zähnen eines etwa fünf Meter langen Ungetüms. Die Realisierung traf mich wie ein Schock – ein verdammter Alligator hatte mich in seinem unbarmherzigen Griff.

Der kalte Hauch des Todes schien in der Luft zu liegen, während ich mich im erbarmungslosen Würgegriff dieses albtraumhaften Reptils befand. Die Schmerzen waren zwar unbeschreiblich, ich möchte da gar nicht in die Einzelheiten gehen, aber umbringen würde der Alligator mich nicht. Der einzige Trost für mich war, dass Captain Blackbeard offenbar nicht durch einen Alligator umgekommen war.

Die Qual, die das Biest an meinem Bein verursachte, war zwar unerträglich, aber meine Wunden begannen im selben Augenblick, in dem sie entstanden, direkt wieder zu heilen. Aber scheiße tat das weh. Das gewaltige Reptil schien meine erstaunliche Fähigkeit zur raschen Heilung erkannt zu haben und zu meinem Glück ließ der Alligator von seinem Griff ab. Langsam und bedrohlich glitt er wieder in die dunklen Wasser, als hätte er entschieden, dass ich keine lohnende Beute war. Nun gut, kann ich Alligator-Biss auch von der Liste der noch zu sammelnden Erfahrungen streichen.

Der Schmerz in meinem Bein, der noch vor kurzem mein Bewusstsein erfüllt hatte, klang langsam ab, während das Ungeheuer in den tiefen Fluten verschwand.

Die Luft war erfüllt von der Spannung des gerade Überstandenen und ich lag da, mein Körper von den Spuren des Kampfes gezeichnet.

Ich sog die Luft tief in meine Lungen, während ich die Ereignisse dieses wahrlich schrecklichen Tages noch einmal durchlebte. Der Abschied von Clay, der Dämon, der sich jeder meiner Bemühungen zu widersetzen schien, die sonderbare Besessenheit durch einen torkelnden Piraten und dann noch die Begegnung mit einem Alligator – allesamt Umstände, die mich an den Rand meiner körperlichen Belastbarkeit trieben. Jeder Muskel meines Körpers schien die Spuren dieses erschütternden Tages zu tragen. Was ein Fehlschlag.

Langsam richtete ich mich auf, mein Körper bebte noch von den Nachwirkungen der dramatischen Ereignisse. Mein Blick schweifte durch die aufkommende Morgendämmerung, die langsam das Land in ein goldenes Licht tauchte. Vor mir erstreckten sich die flachen Gewässer, die den Himmel widerspiegelten und das hohe, grüne Gras, das im sanften Morgenwind tanzte. Die Natur, unbeeindruckt von den Ereignissen, strahlte eine erhabene Ruhe aus, die im starken Kontrast zu den turbulenten Ereignissen stand, die meine Welt erschüttert hatten.

Die Vögel begannen ihr morgendliches Lied zu singen, während die ersten Sonnenstrahlen die Welt um mich herum erwärmten. Trotz des Chaos, das mein Leben durchzog, konnte ich nicht umhin, die majestätische Schönheit der Natur zu würdigen, die sich vor mir ausbreitete. In diesem Moment fühlte es sich an, als würde die Welt einen Atemzug nehmen und ich nahm mir einen Augenblick der Stille, um neue Kraft zu schöpfen und mich auf die nächsten Herausforderungen vorzubereiten, die zweifellos auf mich warteten.

Der Pirat in meinem Kopf schien endlich in einen tiefen Schlaf gefallen zu sein und für einen Moment genoss ich die wohltuende Stille in meinem Inneren. Um mich herum war nur Wasser, Wiese und einige Bäume. Kein Wissen darüber, wo wir uns befanden, keine Ahnung vom Aufenthaltsort des Dämons und erst recht keine Gewissheit über die Richtung, die wir einschlagen sollten.

Inmitten dieser Unsicherheit verlor ich sogar das Zeitgefühl – ein Rätsel, welcher Tag es war und wie viele Zeit möglicherweise vergangen waren. Vielleicht trieb ich sogar tagelang bewusstlos auf den unendlichen Weiten des Meeres, bis ich schließlich an diesem rätselhaften Ort angespült wurde.

Ich kramte mein Handy aus der Hosentasche. Nachdem ich mir im letzten Jahr nach jeder Jagd ein neues zulegen musste, hatte ich diesmal an alles gedacht. Die Schutzhülle war so robust, dass sie allem standhalten würde und das Gerät war definitiv wasserdicht. Der Akku war darauf ausgelegt, mehrere Tage durchzuhalten – eine notwendige Anschaffung für jemanden wie mich, der oft tagelang unterwegs war, ohne Zugang zu Ladestationen. Es war ein kleiner Trost, dass zumindest die Technologie mit der Zeit ging.

Tatsächlich funktionierte mein Handy noch einwandfrei und hatte die Begegnung mit dem Dämon, dem Wasser und dem Alligator unbeschadet überstanden.

Doch das nächste Problem ließ nicht lange auf sich warten – ich befand mich offenbar mitten im Nirgendwo, ohne jeglichen Empfang. Was für eine Vollkatastrophe, wieder einmal.

Das sanfte, goldene Licht des Morgens brach über die düstere Landschaft herein, als ich plötzlich das heulende Geräusch eines Motors und gedämpfte Stimmen vernahm. Diese Klänge durchdrangen die Stille der Morgenluft und weckten meine Aufmerksamkeit. Sofort durchzog mich ein Gefühl der Erleichterung. In dieser abgelegenen Gegend konnte es nur von Vorteil sein, auf andere Menschen zu stoßen Es schien, als hätte ich endlich mal Glück. Getrieben von der Hoffnung, eilte ich in die Richtung der Geräusche. Die morgendliche Kühle umhüllte mich, während ich meine Sinne an die aufkommende Helligkeit anpasste.

Als ich die Quelle der Klänge erreichte, offenbarte sich ein silberner, von Schmutz bedeckter Truck, der sich mit unvermindertem Tempo auf mich zubewegte. Die Lichter des Morgens spiegelten sich auf der staubigen Oberfläche des Fahrzeugs, während es an mir vorbeiflog, begleitet von den leisen, verworrenen Stimmen, vielleicht sogar Musik von drinnen.

Ein flüchtiger Moment der Enttäuschung durchzog meine Gedanken, als der Truck rasch an mir vorbeizog und im Licht des Morgens verschwand. Allein blieb ich zurück, umgeben von der Stille und dem goldenen Schimmer des neuen Tages.

Ein Fluch entwich meinen Lippen, als der Truck in der Ferne verschwand und ich wieder allein auf der weiten Wiese stand, unsicher darüber, welchen Weg ich nun einschlagen sollte. Doch plötzlich, wie eine Antwort auf meine stumme Verärgerung, sah ich den Truck zurückkehren. Er näherte sich mit einer staubigen Wolke hinter sich und in seinem Inneren konnte ich die Konturen eines alten Mannes erkennen. Er trug ein kariertes Hemd und Weste und hatte einen weißen Bart. Ein Ausdruck der Besorgnis lag in seinen Augen, als er mir entgegenblickte. Er schien meine Hilflosigkeit zu spüren, während ich auf den Truck zuging.

“Bist du etwa auf der Entenjagd verlorengegangen?“ fragte der Mann mit einem Augenzwinkern, während er auf meine zerschlissene Hose und die Waffen von Blackbeard deutete.

Verdammt, all das Zeug hatte ich komplett vergessen. Wie sollte ich das bloß erklären? Ein Hauch von Panik überkam mich, als ich überlegte, wie ich meine Situation plausibel schildern konnte.

Der Mann lachte herzlich, als er meinen verzweifelten Gesichtsausdruck bemerkte. „Ist mir auch egal“, sagte er mit einem Schulterzucken, „ich kann dich in die Stadt mitnehmen. Ich wollte sowieso dorthin. Es wird aber einige Stunden dauern. Steig ein.“

Dieses Angebot brauchte er nicht zweimal aussprechen. Wo auch immer der Dämon sich herumtrieb, ich ging nicht davon aus, dass er nach mir suchte. Und wenn die Autofahrt mehrere Stunden dauern würde, hatte ich tatsächlich einmal Glück, das alles zu Fuß – Nein danke. Darauf hatte ich wirklich keine Lust.

Ich stieg also zu dem Mann in den Wagen, ließ mich erschöpft in den gemütlichen Autositz fallen und seufzte erleichtert. Die weiche Polsterung umfing mich wie eine tröstende Umarmung nach all den Strapazen. Es erforderte einiges an Anstrengung, nicht sofort in einen tiefen Schlaf zu verfallen.

Glücklicherweise schien mein Fahrer, der sich selbst als Hunter vorgestellt hatte, nicht sonderlich gesprächig zu sein. Er drehte das Radio auf und die sanften Klänge füllten den Innenraum des Wagens. Gerade als meine Augenlider schwer wurden und ich dem Drang nachgeben wollte, erwachte Blackbeard in meinem Kopf. Großartig, den hatte ich irgendwie verdrängt. Sein raues Fluchen hallte durch meine Gedanken, als er sich offensichtlich über die neusten Ereignisse aufregte.

„Verfluchte sturmgepeitschte Albatrosse! Was für ein elender Tag war das denn?“, brummte Blackbeard, während er in meinem Kopf auf und ab lief. Sein imaginäres Stiefelgetrappel hallte in meinem Kopf wider. „Wo sind wir hier gelandet? Diese Welt ist doch vollkommen verrückt. Wo sind das Meer und die Freiheit. Was ist das für eine kleine Metallkogge. Und dieser Dämon! Wo kam der bloß her? Und ehrenvoll gekämpft hat der auch nicht. Bei den verwunschenen Ruderern. Nein, er muss zuschlagen und dann verschwinden wie ein feiges Rattenpack!“

Blackbeard schien in meinen Gedanken förmlich zu schwitzen und sein Zorn machte sich durch ein wildes Fluchen bemerkbar. Ich massierte mir die Schläfen, um die aufkommenden Kopfschmerzen zu vertreiben. Der Alkoholrausch von Blackbeards Besäufnis schien immer noch in meinem Kopf zu wabern. Wie konnte ein Mensch so viel Zeugs intus haben, fast schon bewundernswert.

„Wenn ich nur wüsste, wie ich hier rauskomme. Ich gehöre nicht hier eingesperrt“, schimpfte Blackbeard weiter. Die Kopfschmerzen verstärkten sich, als sich Blackbeard in meinen Erinnerungen an den Kampf gegen Akephalos vertiefte. „Und dieser verdammte Dämon! Warum hat er nicht das bekommen, was er verdient? Ein bisschen mehr Respekt vor mir, dem Kapitän, müsste er doch haben!“ Ich versuchte, Blackbeards aufbrausende Gedanken auszublenden, um meine eigenen Kopfschmerzen zu lindern.

Doch der Pirat schimpfte unbeirrbar weiter. „Wo ist die Ehre geblieben? Früher hätte man so einen Kerl über Bord geworfen. Aber nein, heute sind alle nur noch Feiglinge und Weicheier! Und jetzt sag mir endlich was für ein Dämon du bist!“

Mit einem tiefen Seufzer versuchte ich, mich auf die Straße vor uns zu konzentrieren, während Hunter weiterhin still am Steuer saß. Die Gedanken von Blackbeard wirkten wie ein endloser Strom von Beschwerden und Flüchen. Ich ertrug sein Gejammer und Gezeter nicht mehr.

„Ich bin kein Dämon“, sagte ich laut, eigentlich zu Blackbeard. Dabei hatte ich Hunter vergessen.

„Hätte jetzt auch nicht gedacht, dass du 'nen Dämon bist“, sagte Hunter mit einer tiefen Stimme, während er den Blick auf die Straße gerichtet hielt. „Aber mir ist auch egal, was du treibst.“

Er schien in seiner eigenen Welt zu sein, eine Welt weit entfernt von der Realität, die mich gerade überrollte.

„Ich bin nicht ohne Grund aus der Stadt in die Wildnis gezogen. Ist mir alles zu viel Drama da draußen“, fügte er hinzu, als wäre er sich seiner Entscheidung sicher und nicht bereit, darüber zu diskutieren.

Ich unterdrückte ein Seufzen. Das Zusammenspiel zwischen dem Piraten in meinem Kopf und dem Mann neben mir im Auto fühlte sich zunehmend surreal an. Der alte Mann, Hunter, fuhr gelassen weiter. Ich versuchte, die Kopfschmerzen zu ignorieren und starrte aus dem Fenster, während die Landschaft vorbeizog. Die Weite der Natur und die Stille der Wildnis bildeten einen starken Kontrast zu dem, was ich gewohnt war – der lauten und gefährlichen Welt der Dämonenjagd.

Dann schließlich fiel ich endlich in einen langen nötigen, traumlosen Schlaf. Die Dunkelheit der geschlossenen Lider schirmte mich von der Welt ab, während mein Bewusstsein in die Tiefen der Erschöpfung sank. Jeder Atemzug wurde ruhiger und der Fluss der Gedanken verebbte langsam. Blackbeards Gebrabbel nahm ich gar nicht mehr war.

Die Dunkelheit war schon hereingebrochen, als ich die Augen wieder öffnete. Draußen erstreckte sich eine ruhige Landschaft. Die Straßen waren mittlerweile befestigt und das monotone Rauschen der Räder begleitete uns weiter.

Hunter wandte sich an mich: „Bist also wieder wach. Du scheinst ja was mitgemacht zu haben.“ Er wies auf die Rückbank. „Dort findest du Brot und getrocknetes Entenfleisch, Trockenfrüchte - alles selbstgemacht natürlich.“

Ich griff dankbar nach dem selbstgemachten Proviant und begann zu essen.

Der Geschmack von Entenfleisch und das eher trockene Brot überzeugten mich nicht vollständig, gekauft hätte ich es mir wohl nicht, aber meine Hungergefühle überwogen jegliche Vorbehalte. In diesem Zustand hätte ich auch das Gras vom Fahrbahnrand gegessen.

Nachdem ich mich mit dem selbstgemachten Proviant gestärkt hatte, schien Blackbeard in meinem Kopf deutlich zufriedener zu sein als zuvor. Sein ständiges Gemurre und Gejammer verstummte für einen Moment, während ich die letzten Bissen des Brotes und das aromatische Entenfleisch genoss. Ein kurzer Moment der traumhaften Ruhe breitete sich in meinem Kopf aus.

„Hat ganz gut geschmeckt, hm?“ kommentierte Hunter grinsend, ohne den Blick von der Straße abzuwenden.

Ich nickte leicht und erwiderte: „Ja, es war wirklich lecker. Danke für das Essen, Hunter.“

„Kein Problem. Wenn ich schon solch einen merkwürdigen Gast mitnehme, sollte er zumindest gestärkt sein.“

Der alte Mann lächelte und fuhr konzentriert weiter. „Du kannst übrigens ruhig noch weiterschlafen, wenn du möchtest. Die Fahrt dauert noch eine Weile und ich weck dich, wenn wir ankommen.“

Ich nickte erneut, spürte die Erschöpfung von all den Ereignissen der vergangenen Tage und schloss die Augen. Schon komisch wie viel man nach anstrengenden Erlebnissen schlafen konnte.

Als ich die Augen erneut öffnete, hüllte die Dunkelheit die umliegende Umgebung ein. Um uns herum flackerten zahlreiche Autoscheinwerfer, die sich wie leuchtende Sterne in der urbanen Nacht abzeichneten. Hunter murmelte leise vor sich hin, während er seinen Blick konzentriert auf die belebten Straßen richtete. Die Stadt, mit all ihren Menschen und Hochhäusern, erstreckte sich nun vor uns.

„Verabscheue diese Stadt...“, flüsterte Hunter. Sein Gesichtsausdruck verriet Ablehnung, als er die belebten Straßen durchquerte. Ich konnte seine Gefühle nachvollziehen. In der grünen Weite der Landschaft zu sein, schien nun ein ferner Traum im Angesicht der grauen und geschäftigen Stadt. Die Fahrt endete abrupt in einer kleinen Nebenstraße.

Hunter drehte sich zu mir und sagte: „Hier endet die Mitfahrgelegenheit.“ Er öffnete die Tür und ich streckte mich, bevor ich aus dem Auto kletterte.

„Wir sind in einer kleinen Nebenstraße“, erklärte Hunter und deutete auf die Häuserfronten um uns herum. „Hier wohnt meine Schwester. Meine Nichte hat morgen Geburtstag, da komme ich schon mal aus meiner Einsamkeit her. Kommst du jetzt klar?“

Ich nickte zustimmend. „Ja, alles super. Danke“, antwortete ich, dabei mein Handy hochhaltend. „Hier ist ja wieder Empfang.“

Hunter nickte und ging in die Straße hinein, ohne noch einmal zurückzuschauen. Er klingelte an einem der Häuser und trat nach dem Erklingen des Türöffners ein. Während er im Dunkel verschwand, konnte ich nicht umhin, dankbar für diese Begegnung zu sein.

Mir wurde schwindelig und ich musste mich an der Hauswand abstützen. Ich blinzelte ein paar Mal, bis meine Sicht wieder klar wurde.

Blackbeard redete nun wieder in meinem Kopf: „Verstehst du nicht? Dieser Körper braucht Rum und zwar dringend! Und Laudanum, das wird uns helfen, die Sache zu überstehen.“

Ich schüttelte meinen Kopf, um den Einfluss von Blackbeard abzuschütteln. „Wo finde ich hier in der Stadt eine Bar?“ murmelte ich vor mich hin, während ich die belebten Straßen entlangging. Blackbeard schnaubte in meinem Kopf.

„Bar? Wir brauchen keine verdammte Bar. Wir brauchen eine Piratentaverne, mit echtem Rum und einer Atmosphäre, die uns die Sorgen vergessen lässt.“

Ich seufzte. „In dieser Stadt wird das schwierig, Blackbeard. Hier gibt es nur schicke Cocktailbars.“

„Schick? Das klingt nach Landratten. Aber gut, wir müssen nehmen, was wir kriegen können. Hauptsache, da gibt es Rum.“

So begab ich mich auf die Suche nach einer Bar, die zumindest ein wenig dem entsprechen konnte, was Blackbeard sich vorstellte. Die Straßen waren belebt, Menschen hasteten an mir vorbei und ich konnte die bunten Lichter der Bars und Restaurants sehen. Hoffentlich würde ich etwas Passendes finden. Nach einer Weile fand ich eine Bar mit einem maritimen Flair, die zumindest einige Piratenatmosphäre versprühte.

Ich trat ein und wurde von einem Mix aus Gelächter, Musik und dem Klirren von Gläsern empfangen. Der Barkeeper, der einen zerlumpten Dreispitz trug, sah mich an.

„Einen Cocktail mit Rum, bitte“, sagte ich und versuchte dabei, den ernsten Ausdruck von Blackbeard in meinem Kopf zu ignorieren.

Der Barkeeper grinste schief und begann, verschiedene Flaschen zu jonglieren. „Ein echter Seemannstrunk, was? Du bist hier am richtigen Ort.“ Er füllte ein Glas mit dunklem Rum, fügte einige geheime Zutaten hinzu und garnierte das Ganze mit einer Ananas.

„Das hier ist für dich Blackbeard“, flüsterte ich vor mich hin und nahm einen Schluck. Der Cocktail war stark und schien seinen Namen wirklich verdient zu haben. Der Rum brannte auf angenehme Weise in meinem Hals und ich spürte, wie sich eine wohltuende Wärme in meinem Körper ausbreitete.

„Endlich, das ist besser“, kommentierte Blackbeard in meinem Kopf zufrieden. „Aber vergiss das Laudanum nicht. Das Zeug kann Wunder wirken.“ Ich runzelte die Stirn und schaute mich um, um zu sehen, ob es hier in der Bar irgendwo Laudanum gab.

Ich zog mein Handy aus der Tasche und begann, nach Laudanum zu googeln. Ich las die Definition von Laudanum auf meinem Handy und stellte fest, dass es sich um eine Opiumtinktur handelte.

Der Pirat in meinem Kopf lachte. „Aye! Ein bisschen Laudanum und Rum, das bringt die Geister auf Trab.“

Ich nickte, während ich überlegte, wie wir an diese exotische Zutat kommen könnten.

„Blackbeard, es scheint, dass Laudanum nicht so einfach zu bekommen ist. Jedenfalls nicht hier in der Bar. Aber hey, du hast immer noch deinen Rum.“ Ich trank einen weiteren Schluck und lauschte dem lebhaften Treiben in der Piraten-Bar.

„Hm, der Rum hier ist auch nicht übel“, stellte Blackbeard fest. „Aber denk dran, wir brauchen das Laudanum, bevor ich hier noch verrückt werde.“

Der Barkeeper runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. „Laudanum? Was redest du da?“

Ich zuckte mit den Schultern und sagte: „Machst du mir noch so was?“ fragte ich ihn und hielt dabei mein Glas hoch.

Der Barkeeper nickte und begann, die Zutaten für einen kräftigen Rum-Cocktail zu mischen. Währenddessen schimpfte Blackbeard in meinem Kopf über verlorene Zeiten und die Schwierigkeiten, anständiges Laudanum zu bekommen.

Ich nahm den Cocktail entgegen, prostete mir selbst zu und dachte darüber nach, wie ich Blackbeard wohl am besten beruhigen konnte. Immerhin schien der Alkohol ihn vorerst zufrieden zu stellen.

Der Barkeeper schenkte mir den vierten Cocktail ein und ich lauschte weiter Blackbeards Geschichte. Der Alkohol verstärkte die Bilder in meinem Kopf und ich spürte, wie sich Blackbeards Präsenz verstärkte. Blackbeard begann, seine eigene Geschichte zu erzählen und seine raue Stimme hallte in meinen Gedanken wider:

„Im Jahre 1680 wurde ich in Bristol, England, geboren. Edward Teach war mein bürgerlicher Name. Ein einfaches Leben in Bristol war mir zu langweilig. Also heuerte ich als Matrose auf Schiffen an, die im spanischen Erbfolgekrieg kämpften.

Die Kapitäne hatten Kaperbriefe, die es erlaubten, im Namen der britischen Krone feindliche Schiffe zu kapern und Beute zu machen. Dort begann meine Ausbildung, meine Karriere als Pirat.“

Seine Erzählung fesselte mich, als er von seinen Abenteuern im Nordwestatlantik zwischen den britischen Kolonien, den Karibikinseln und den nordamerikanischen Staaten sprach.

Seine Eroberung des französischen Sklavenschiffs La Concorde führte schließlich zur Erschaffung seines Schiffes, der gefürchteten Queen Anne's Revenge, mit der Blackbeard und seine Crew die Meere unsicher machten. Die Begegnung mit seinem Schicksal hatte er schließlich vor der Küste North Carolinas.

„Mein Ende kam, weil ich den Hafen von Charleston belagerte“, fuhr Blackbeard fort. „Ich verlangt nach Laudanum.“ Blackbeard seufzte, als er die finsteren Ereignisse vor Ocracoke Inlet schilderte.

„Die Royal Navy hatte sich gegen mich verschworen und sie warteten bereits mit zwei Schiffen auf mich. Hinter den vermeintlich harmlosen Fassaden versteckten sich jedoch zusätzliche 56 Männer, um mich zur Strecke zu bringen. Als ich mich entschlossen hatte, die Schiffe zu entern, tappte ich in die Falle. Ein verhängnisvolles Zeichen von Leutnant Maynard, sein stampfen auf die Planke und seine Männer stürmten an Deck. Meine Männer waren überrascht, in der Unterzahl und unterlegen. Fünf Schüsse und 20 Schnitte waren mein Ende.

Maynard ließ meine Enthauptung folgen und mein Kopf schmückte für eine Weile das Bugspriet seines Schiffes. Eine makabre Trophäe für die Piratenjäger, die nach Virginia zurückkehrten“

Die Erinnerungen an diese dramatischen Momente führten zu einer nachdenklichen Stille in meinem Kopf. Der Barkeeper schaute mich wieder seltsam an, während ich mit Blackbeard in meinem Kopf in Erinnerungen schwelgte.

„Das war mein Leben, ein wilder Ritt, der in einem furiosen Finale endete. Aber hier bin ich, in dir weiterlebend. Ein Teil meines Geistes, der die Jahrhunderte überdauert hat, niemals die Erlösung findend.“

Seine Erinnerungen an die dramatischen Ereignisse vor Ocracoke Inlet hatten ihn offensichtlich nachdenklich gestimmt.

Während er in der Vergangenheit verweilte, setzte ich an, meinen fünften Rumcocktail zu trinken. Die süße Bitterkeit des Getränks verschmolz mit der düsteren Atmosphäre der Bar, in der wir saßen. Der Alkohol brannte in meinem Hals und die Gedanken über Blackbeards schicksalhaften Tod vermischten sich mit den Auswirkungen des Rums. In meiner benebelten Trunkenheit schien die Realität zu verblassen.

Blackbeards Geschichte und seine Gegenwart in meinem Kopf verschmolzen zu einem undurchdringlichen Nebel. Der Klang von Gläsern, die klirrend aufeinanderstießen, vermischte sich mit entferntem Gelächter und den dumpfen Geräuschen der Stadt außerhalb der Bar. Das Leben schien sich zu verzerren, als ich tiefer in Blackbeards Erzählungen und den Rausch des Rums eintauchte.

Mit jedem Schluck schien Blackbeard lebendiger zu werden, seine Geschichten prägten meine Gedanken und ich konnte die schwindelerregenden Wellen seiner Abenteuer förmlich spüren.

In der Bar verschwammen die Konturen der Realität und ich begann zu begreifen, dass die Grenzen zwischen meiner Welt und Blackbeards Vergangenheit unscharf wurden.

Blackbeard, von den Erinnerungen an seine eigene Vergangenheit aufgewühlt, verlangte nach meiner Geschichte.

Die Verlockung, ihm Einblick in mein eigenes Dasein zu gewähren, war spürbar. Doch ein plötzlicher Moment der Klarheit durchzuckte meinen benebelten Verstand. Ich erkannte, dass die Bar um uns herum nicht der richtige Ort war, um meine Geschichte zu teilen. Der Barkeeper würde mich für verrückt halten, wenn er mich mit Blackbeards lauten Forderungen und meinem scheinbar einseitigen Dialog erwischte. „Wir müssen hier raus“, flüsterte ich zu Blackbeard, während ich mich von meinem Barhocker erhob.

Der Raum schwankte leicht, als ich aufstand und ich stützte mich leicht an der Theke ab. „Der Barkeeper denkt noch, ich habe zu viel getrunken. Wir sollten einen ruhigeren Ort finden.“

Blackbeard schien meine Bedenken zu verstehen und stimmte er schließlich zu.

Also verließen wir die Bar und die frische Nachtluft traf uns wie ein kühlender Hauch. Das schwache Licht der Straßenlaternen malte Schatten auf die Pflastersteine, als wir die dunkle Gasse betraten, weg von neugierigen Ohren.

„Nun, erzähl mir deine Geschichte“, drängte Blackbeard erneut, als wir uns in den stilleren Straßen verloren.

WIE WIRD MAN DÄMONENJÄGERIN?

„Ich bin Alseitara, doch dieser Name ist nicht nur zu lang, sondern auch eine Last, die schwer auf den Schultern liegt. Zu viele Silben, zu viele Erwartungen. Also nenne ich mich Ally. Ein Name, der leicht über die Lippen gleitet, einfacher zu merken und einfacher zu leben.

Ich entstamme einer alten Tradition von Dämonenjägern. Unsere Geschichte ist so alt wie die Schatten, die wir jagen. Wir haben unser Leben dem Kampf gegen das Übernatürliche gewidmet. In der Welt der Dämonen, Geister und Kreaturen der Finsternis sind wir Hüter des Gleichgewichts.

Meine Bestimmung ist klar: Ich bin dazu berufen, die aus der Hölle entflohenen Dämonen wieder einzufangen und sie zurückzuschicken. Der Schlüssel zu meinem Erfolg liegt in einer einfachen Formel: Sechs Verletzungen muss ich dem Dämon zufügen. Nach sechs Sekunden öffnet sich das Tor zur Hölle und weitere sechs Sekunden später ist der Dämon dorthin verbannt, wo er hingehört. Es mag simpel klingen, aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail – oder in diesem Fall im Herz des Kampfes zwischen Licht und Dunkelheit.

In diesen kostbaren Sekunden, während sich die Pforten der Hölle öffnen, muss ich meine Konzentration bewahren und den Dämon in Schach halten. Ein Tanz auf dem schmalen Grat zwischen Leben und Tod, zwischen der Realität und der düsteren Sphäre der Hölle.

Meine Mission mag einfach erscheinen, doch sie birgt eine Tiefe an Herausforderungen, die jenseits der Vorstellungskraft eines Normalsterblichen liegen. In dieser Welt der Schatten bin ich die Hüterin, die die Dunkelheit bändigt und das Licht verteidigt. Eine einsame Jägerin, gefangen in einem endlosen Kreislauf zwischen der sichtbaren Welt und den schattenhaften Abgründen der Hölle.“

Blackbeard neigte seinen unsichtbaren Kopf und stellte mir die Frage, die viele Seelen bewegt: „Wie wird man bloß ein Dämonenjäger, Ally?“ Während Blackbeard und ich durch die düsteren Gassen der Stadt schlenderten, korrigierte ich meinen Begleiter:

„Man wird es nicht, sondern man wird mit besonderen Gaben geboren. Es ist, als ob das Schicksal selbst einem eine Aufgabe zuweist.“ Ich erzählte ihm von den „Auserwählten“, die von Geburt an spüren, dass sie für etwas Größeres bestimmt sind. „Diese Menschen durchleben oft mysteriöse Ereignisse oder haben übernatürliche Erfahrungen, die ihre Bestimmung ankündigen. Es ist, als ob die Mächte, die jenseits unserer Realität existieren, ihre Hand im Spiel hätten.“

Während wir durch die schummrigen Straßen wanderten, konnte ich die latenten Energien spüren, die in der Dunkelheit lauerten. Die Stadt schien ein Magnet für übernatürliche Phänomene zu sein und ich war auf der Hut, während Blackbeard weiter Fragen stellte.

Nicht alle, die die Existenz übernatürlicher Dinge erkennen, werden zu Dämonenjägern. Einige entscheiden sich dafür, ihre Erkenntnisse in Büchern zu teilen, um das Wissen über das Übernatürliche zu verbreiten. Andere werden zu Träumern, die sich in den Geheimnissen der unsichtbaren Welt verlieren. Es gibt auch jene, die sich zu Wunderpredigern entwickeln und ihre Erfahrungen nutzen, um Menschen zu lehren und zu inspirieren.

Manche finden ihre Bestimmung als das, was in der Gesellschaft als Hexen, Zauberer oder Druiden bekannt ist, indem sie die Kräfte der Natur und des Übernatürlichen nutzen. Die Vielfalt zeigt, dass die Menschen unterschiedliche Wege wählen, um mit der Erkenntnis umzugehen, dass die Welt mehr verborgene Geheimnisse birgt, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Es ist faszinierend zu sehen, wie sich jeder Einzelne auf seine eigene Weise mit dem Unbekannten auseinandersetzt.

Die Menschheit hat oft Schwierigkeiten, ihre Kräfte und Fähigkeiten auf das tatsächlich Gefährliche zu konzentrieren. In vielen Fällen neigen sie dazu, ihre Energien aufeinander zu richten, anstatt gemeinsam gegen die wirklichen Bedrohungen vorzugehen. Manchmal entsteht aus der Furcht vor dem Unbekannten und dem Übernatürlichen eine ungewollte Feindseligkeit zwischen Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Es erfordert eine gewisse Einsicht und ein gemeinsames Verständnis, um diese Kräfte zu bündeln und sich auf die wirklichen Herausforderungen zu konzentrieren.

Die Dämonenjagd sollte ein vereintes Bestreben sein, die Welt vor dem Bösen zu schützen, anstatt sich untereinander zu bekämpfen. Wir müssen zusammenarbeiten, um die Dunkelheit zu besiegen und diejenigen zu verteidigen, die sich nicht selbst verteidigen können.

Leider sind die meisten der besonderen Menschen zu sehr mit sich selbst beschäftigt und bei der großen Mission zu nichts zu gebrauchen. Wenn man nur sich selbst und seine Meinung sieht, nunja, dann ist man ungeeignet für die Jagd. Dämonen sind die Manifestation des Bösen und deshalb sind sie in der Hölle gebannt. Doch immer wieder entkommen sie.

Die Hölle hat viele Ausgänge und sie entstehen an Orten, an denen sich die Boshaftigkeit ansammelt. Das können dunkle Orte sein, an denen böse Taten begangen werden oder wo negative Energien stark sind. Die Dämonen werden von dieser Boshaftigkeit angezogen und es bildet sich eine Öffnung zwischen den Welten. Manchmal sind diese Öffnungen nicht von Dauer, aber oft reicht es aus, damit Dämonen, von der Boshaftigkeit angelockt, unbemerkt in unsere Welt eintreten können.

Diese Öffnungen müssen gefunden und geschlossen werden, um zu verhindern, dass Dämonen unkontrolliert die Menschenwelt betreten und Unheil anrichten.

Es gibt jedoch auch Fälle, in denen Menschen aus Dummheit oder Absicht Dämonen beschwören. Das ist den Wesen in der Hölle definitiv bekannt und sie nutzen diese Einladungen manchmal, um in unsere Welt zu gelangen. Das ist eine gefährliche Angelegenheit und wir müssen solche Vorfälle so schnell wie möglich unterbinden, bevor größeres Unheil geschieht.

Mein Fall ist etwas außergewöhnlich. Ich bin nicht nur ein Dämonenjäger, weil ich irgendwann persönlich beschlossen habe, meine Fähigkeiten zum Wohl der Menschheit einzusetzen.

Tatsächlich bin ich sozusagen angestellt. Meine, wenn man es so nennen kann, vom Schicksal geschenkten Fähigkeiten übertreffen das Maß der üblichen Begabungen bei weitem. Aus diesem Grund - und das fällt mir schwer zu sagen - trat der Herr der Hölle