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Rafe Sandoval ist fast unheimlich, wie sehr er sich zu der Nanny seines Sohns hingezogen fühlt, den er zu sich nach Madrid geholt hat. Da Freya beteuert, dass sie keine Kinder bekommen kann, lässt er sich auf eine Affäre ein. Als sie schwanger wird, fühlt Rafe sich betrogen ...
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Seitenzahl: 89
IMPRESSUM
Schicksalstage in Madrid erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2011 by Kate Hewitt Originaltitel: „The Sandoval Baby“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA, Band 369 Übersetzung: SAS
Umschlagsmotive: Normform / Getty Images
Veröffentlicht im ePub Format in 03/2023
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751521710
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Rafe Sandoval bremste seinen Wagen vor dem unscheinbar aussehenden Haus in dem Londoner Vorstadtbezirk ab. Es wirkte leicht heruntergekommen, aber …
Sein Sohn lebte dort. Sein Sohn!
Er umklammerte das Lenkrad, bis ihm die Finger wehtaten. Eine Welle von Emotionen wollte ihn mitreißen, doch er zwang sich zu eiskalter Ruhe. Die brauchte er, jetzt, da er so kurz davor war. Endlich.
Er stellte den Motor ab und stieg aus. Das Echo der zuschlagenden Autotür hallte durch die schmale Straße. Rafe betrachtete das kleine Haus mit den blinden Fenstern und dem ungepflegten Garten. Eine einzelne Geranie in einem gesprungenen Topf kämpfte auf der Außentreppe ums Überleben. Ein blauer Ball war im Unkraut vergessen worden. Bei dem Anblick verzog Rafe abfällig die Lippen. Und doch gab es einen Teil in ihm, der von diesen Zeichen des Lebens gerührt war. Eines Lebens, das sein Sohn jetzt drei Jahre lang lebte, ohne auch nur von seinem Vater zu ahnen.
Drei Jahre, in denen Rafe nichts von seinem Sohn gewusst hatte.
Er fasste nach dem Türklopfer und ließ ihn gegen das Holz fallen. Wartete, während die Anspannung in ihm wuchs. Jahrelang hatte er sich nach einem Kind gesehnt, jahrelang war er angelogen worden. Jetzt stand er kurz vor dem Ziel. Nur eine Frau blockierte noch seinen Weg.
Die Tür wurde aufgezogen. Nüchtern betrachtete Rafe die Gestalt, die vor ihm stand. Sie wirkte erstaunlich gefasst, nicht im Geringsten überrascht, den Fremden vor ihrer Haustür zu sehen. Aber sein Anwalt hatte sie ja über sein Kommen informiert.
„Señor Sandoval. Ich habe Sie erwartet. Kommen Sie doch herein.“ Sie trat beiseite, machte Platz für ihn.
Rafe betrat die enge Diele, bemerkte die verblasste Tapete und den abgenutzten Teppich wie auch die Schuhe, die in einem Durcheinander bei der Treppe lagen. Er konnte nicht fassen, dass sein Sohn – sein Erbe – so lebte.
„Miss Clark?“ Er wandte sich zu ihr um. Sie hatte ein erstaunlich einnehmendes Gesicht, auch wenn ihre grauen Augen völlig ausdruckslos waren. Das dunkelrote Haar hatte sie zu einem einfachen Pferdeschwanz gebunden. Er glaubte nicht, dass es gefärbt war, die gewölbten Augenbrauen über den klaren grauen Augen hatten dieselbe Farbe.
„Ja. Nennen Sie mich doch Freya.“
Rafe nickte nur wortlos. Er würde nicht lange genug bleiben, um sie überhaupt irgendwie zu nennen. Er wollte seinen Sohn, mehr nicht.
Freya deutete zum Wohnzimmer. „Kommen Sie bitte durch. Max schläft noch, aber er müsste bald wach werden.“
Max. Maximo. Fremd und doch vertraut. Rafe fragte sich, wieso Rosalia den Namen gewählt hatte – falls sie ihn überhaupt gewählt hatte. Wie viel Anteil am Leben ihres Sohnes hatte sie gehabt? Und wie viel Anteil hatte diese Frau hier? Wie viel wusste sie? Er hatte unzählige Fragen, aber er würde die Antworten sicherlich nicht bei dieser Fremden suchen.
Er hatte nicht vor, bei einer Tasse Tee Konversation zu machen, dennoch bremste er seine Ungeduld. Immerhin hatte diese Frau sich um seinen Sohn gekümmert, daher war es nicht nur angebracht, sondern wahrscheinlich unerlässlich, mit ihr zu reden. Also folgte er ihr ins Wohnzimmer, das ebenso schäbig war wie der Rest des Hauses.
„Die Situation ist recht seltsam.“ Sie setzte sich, die Füße nebeneinandergestellt.
Rafe blieb bei der Tür stehen. „Da haben Sie allerdings recht. Aber ich mache Sie nicht dafür verantwortlich.“
Freya Clark hob die Augenbrauen. „Ich wusste nicht, wo Sie zu finden sind, Señor Sandoval, bis Ihr Anwalt mich vor wenigen Tagen kontaktierte und darum bat, Max für einen Vaterschaftstest zu bringen.“
Da lag eindeutig ein Vorwurf in ihrer Stimme, trotzdem hielt Rafe eine Erklärung für unnötig. Er hatte herausfinden müssen, ob Max sein Sohn war, es hätte auch durchaus anders sein können.
„Mir ist klar, dass alles sehr schnell ging“, erwiderte er knapp. Vor einer Woche hatte man ihn informiert, dass seine Exfrau bei einem Autounfall tödlich verunglückt war. Danach war der noch schockierendere Anruf gekommen: Er hatte einen Sohn.
Einen Sohn, den seine Exfrau ihm verschwiegen hatte. Sie musste gewusst haben, dass sie schwanger war, als sie ging. Seit der Scheidung hatte er sie unterstützt, aber wenn er sich hier umsah, wusste er, wohin sein Geld nicht gegangen war.
„Und ich wusste nicht, wo mein Sohn sich aufhält. Oder genauer – ich wusste nichts von seiner Existenz“, erwiderte er. Bis sein Anwalt angerufen hatte. Bis das Testergebnis vorgelegen hatte.
In Freya Clarks grauen Augen flackerte etwas auf. Schuld, weil sie bei Rosalias Täuschung mitgemacht hatte? Sie wirkte, als hätte sie etwas zu verbergen. Rafe würde ihr bestimmt nicht trauen
Eigentlich war es unwichtig. Max würde mit ihm nach Spanien kommen, dort würde Rafe eine passende Gouvernante einstellen. Er brauchte diese Frau mit den grauen Augen und dem unnahbaren Gehabe nicht. Im Leben seines Sohnes sollte nichts mehr an die Vergangenheit erinnern, was einer Zukunft als Familie im Weg stehen könnte. Und je eher er und Max aus dieser deprimierenden Umgebung wegkamen, desto besser.
„Ich bin froh, dass der Anwalt Sie benachrichtigt hat“, sagte Freya.
Rafes Argwohn wuchs. Das klang nicht sehr ehrlich. Oder war er einfach nur zynisch? Schließlich hatte er genug Grund dazu. Keine Frau hatte sein Vertrauen verdient. „Ja, in der Tat“, stimmte er zu. Ihm reichte es mit den Nettigkeiten. „Sobald Max wach wird, können Sie seine Sachen zusammenpacken. Ich will noch heute Abend nach Spanien zurückfliegen.“
Alle Hoffnung, dass Rafe Sandoval nicht an seinem Sohn interessiert sein könnte, starb mit seiner harschen Anweisung. Aber Max gehörte zu seinem Vater, der jetzt die einzige Familie war, die er noch hatte, sagte Freya sich. Die ganze letzte Woche über hatte sie sich das immer wieder gesagt. Trotzdem machte ihr die Vorstellung zu schaffen, dass er ihr entrissen wurde …
Freya unterbrach den Gedankengang abrupt und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich verstehe Ihre Eile, Señor Sandoval …“
„Tun Sie das, Miss Clark?“
Seine dunklen Augen blitzten auf, und sie wusste, dass er sich über sie lustig machte. Er war ein gut aussehender Mann. Hohe Wangenknochen und dunkle Augenbrauen bildeten einen faszinierenden Kontrast zu einem sinnlichen Mund. Sein Haar war kurz geschnitten und schimmerte seidig. Es fiel ihm ständig in die Stirn, Freya konnte sich vorstellen, dass es ihn stören musste. Seit er im Haus war, war er sich schon dreimal mit den Fingern hindurchgefahren. Ein kleines Zeichen von Unsicherheit – was ihn irgendwie menschlicher machte.
Das war also der Mann, vor dem Rosalia geflohen war, weil er so kalt und grausam war. Freya glaubte lange nicht jede Anschuldigung, die Rosalia in Ärger und Angst ausgestoßen hatte, aber Rafe Sandoval war definitiv eine einschüchternde Erscheinung.
„Ja“, antwortete sie ruhig. „Sie müssen sich darauf freuen, Zeit mit Ihrem Sohn zu verbringen, ihn kennenzulernen.“ So sicher war sie sich da keineswegs. Rosalia hatte immer behauptet, er habe kein Interesse an Max. Dann jedoch hatte der Anwalt ihr mitgeteilt, dass Max’ Vater bisher nichts von einem Sohn gewusst hatte, ihn aber sofort abholen kommen würde. Und Freyas kleine heile Welt, die darauf aufbaute, dass Max niemanden außer ihr hatte, war zusammengefallen.
Aber sie war Max’ Nanny, nicht seine Mutter. Was hieß, dass sie nur eine vorübergehende Rolle spielte. Das hatte sie immer gewusst, auch wenn sie sich etwas anderes eingeredet hatte, als Rosalia in London von einer Party zur nächsten gezogen war. Drei Jahre lang hatte sie Mutterstelle bei Max vertreten, sie liebte den Jungen. Und das brach ihr jetzt das Herz.
„Allerdings.“
Keine Einladung, das Gespräch fortzusetzen. Freya war froh darum, dass Max nach dem Vormittag in der Spielgruppe so müde gewesen war, dass er direkt eingeschlafen war. Das ließ ihr Zeit, Rafe Sandoval klarzumachen, dass sie mit nach Spanien kommen musste. Sicherlich keine leichte Aufgabe, seiner unnahbaren Miene nach zu urteilen.
„Hat der Anwalt Ihnen etwas von Max erzählt?“
Rafe ballte die Hände zu Fäusten. „Dass der Test bestätigt, dass er mein Sohn ist. Muss ich mehr wissen?“
Ärger meldete sich bei der sarkastischen Antwort, den Freya jedoch im Zaum hielt. Aufzubrausen würde der Situation nicht helfen. „Max hat gerade seine Mutter verloren, er braucht jetzt ein stabiles Umfeld.“ Er braucht mich! „Ihn in ein fremdes Land zu bringen ist im Moment eher nicht das Beste für ihn.“
„Drei Jahre ohne Vater zu sein war auch nicht das Beste für ihn“, konterte Rafe scharf.
„Stimmt. Dennoch sollte man nicht einen Fehler zum nächsten fügen.“
Rafe sah sie grimmig an. „Was schlagen Sie also vor, Miss Clark?“
Freya holte tief Luft. „Ich bin der eine feste Bezugspunkt in seinem Leben.“ Und ich liebe ihn! Sie verkniff sich die Worte. Das würde einen Mann, der laut Aussagen seiner Exfrau nicht wusste, was Liebe ist, nicht beeindrucken. Ein Mann, der sie mit eiskaltem Blick taxierte. „Daher denke ich, dass ich in der Übergangsphase für Max da sein sollte.“
„Ich werde eine passende Betreuerin suchen.“
„Dazu besteht keine Notwendigkeit, wenn Sie die passende Betreuerin schon haben.“ Nein, sie würde Rafe Sandoval nicht sehen lassen, wie viel ihr das bedeutete. In den drei Jahren hatte sie Max lieben gelernt, er war der einzige Mensch in den letzten zehn Jahren, den sie an ihr Herz herangelassen hatte.
Rafe musterte sie lange. Dann: „Ein Neuanfang ist mir lieber.“
„Durchaus nachvollziehbar.“ Sie hatte eine ungefähre Vorstellung, wie schmutzig die Scheidung gewesen war. „Doch für Kleinkinder ist es nicht immer gut. Max war hier glücklich.“
Rafe sah sich kritisch um. „Tatsächlich?“
Freya versteifte sich. „Um ein Kind glücklich zu machen, braucht man keine Villa, auch keinen schnittigen Sportwagen.“
„Wie ist das mit einem Vater?“
„Natürlich. Jemanden, den man …“ Wieder schluckte sie das riskante Wort mit L hinunter.
Rafe kniff die Augen zusammen. „Sie erhalten eine Abfindung von mir. Eine großzügige.“