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Man kann diesen Gedichten nicht aus dem Weg gehen
Die hoch geachtete Lyrikerin Kerstin Hensel spielt in ihren neuen Gedichten ein riskantes Spiel. Es heißt »Schleuderfigur«. Wer an diesem Spiel teilnimmt, wird aus den gewöhnlichen Bahnen seines Lebens herausgerissen und überwältigenden Gefühlen, seien es die des Verlustes der sozialen Stellung oder eines Menschen, Naturkatastrophen oder der Liebe unterworfen. In vielfältigsten Formen versuchen Kerstin Hensels Gedichte diese extremen Lebenssituationen zu verstehen und damit der Eigenmacht der Gefühle etwas entgegenzusetzen.
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Seitenzahl: 59
Kerstin Hensel
Schleuderfigur
Gedichte
Luchterhand
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© 2016 Luchterhand Literaturverlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN 978-3-641-17741-6V001
www.luchterhand-literaturverlag.de
Vorhang
VORHANG FÜR ROLF
Jetzt bin ich die Maus die dir am Ende
Einen Knopf nachträgt
Ja wir gehen
Noch einmal in die Oper
Feingemacht
Zupf mir die Schleifen zurecht und den
Sonnenblumenkranz
Wie er leuchtet Der Kammerton
Ist gestrichen
Gesichtsfeld
Dämmerungen trotten in grauen Latschen
Nur Wörter noch und kleine Lichter
Lustloses Geflacker vor naheliegendem Horizont
Wir haben den Tod im Auge ein Katarakt
Wir müssen dem Tunnel entkommen und zusehen
Daß wir uns zusehen
Im Offenen
Wenn du vom Rand in mein Feld trittst wird es hell
Ich fasse dem Tod ins Auge wie er
Blinzelt
AM GRAB DAS ROTKEHLCHEN
Macht einen Knicks
Hüpft übern Hügel hin her
Und es weint auf die Schleife In Liebe
Dornen zeigen sich jetzt
Trägt der Herbst
Seine Zeichen dick auf
Das Vögelchen schwirrt
Übern Schneebeerenbusch auf mich zu
Nicht mehr
1
Unsere Wege führen nicht mehr in den Sonntag
Der Weinbrunnen macht sein saures Geschäft nicht mehr mit uns
Nicht mehr streiten und singen wir
Nicht mehr sag ich: Es ist noch lange
Nicht an der Zeit und du fragst nicht mehr
Wem vermache ich meinen Tod? Unsere Wege
Die Bordsteine ziehen die Füße mir weg Nicht mehr
Halt ich dich fest
2
Auch die Tiere im Zoo betrachte ich
Durch deine Augen jetzt
Da sie nicht mehr deine Augen sind
Siehst du
Unsere Freunde aus der Familie
Muffelwild: sie gehen
Sich nicht mehr zart dampfend ans Fell
Der Schmutzgeier verschmäht das
Köstliche Aas Die Eule schenkt mir
Ihren Schleier Der Elefant
Sein Gedächtnis.
SCHNICK SCHNACK SCHNUCK
Der Toten Spuk
Unter Marmor und Basalt
Stein schleift Gestalt
Papier schlägt Stein
Meine ein-
Gegrabenen Briefe
Höhe schlägt Tiefe
Lesen Verwesen
Das Spiel vermasseln
Die analphabetischen Asseln.
Bücherburg
Nachruf auf D.S.
1
Jahre zu spät sah ich mich
Gehen vom Bahnhof die Straße entlang das hohe
Haus Nr. 21 für Gewerbe zu vermieten!
Die neuen netten Nachbarn FuckFactory Casino
Dildoking Der Aufstieg
Zur Bücherburg nun über Trümmer und Dreck Ich
Wagte es durch die Scheibe blickend ins Innre: Fröhlich
Wie im Leben kamst du
Die Treppe herab und es war
Als ob in die Zeit wir greifen Eilig
Wollten wir alles noch einmal besprechen Da
Brüllt der Concierge der Kotzmeile Köpenick
Mit entzündeter Fresse: Was
Suchen Sie hier?
2
Die Burg ist verlassen das Huhn im Topf
Der Kaffee Zigaretten
Ein Eckensteher: Der Tod
Ich rede und fasse es nicht
Ich fasse es nicht und ich rede Warum
Fehlen mir nicht einmal die Worte
3
Vielleicht doch daß wir uns wiedersehen
Ungläubig glaubend
Den Himmel wo
Das Versäumte leichtflüglig vergessen wird nicht aber
Daß wir uns fragen: Wie kann es das
Gewesen sein?
Nach dem großen Rennen
Stehen nach dem großen Rennen die Pferde
Allein im Stall ereilt sie mitunter
Die galoppierende Schwermut
Dagegen sagt der Veterinär
Ist kein Kraut gewachsen aber
Gibt man den Pferden ein Zicklein bei
Ein meckerndes springendes kobolzschlagendes Zicklein da
Ziehen sie wieder
Die Lefzen hoch
Bis zu den Ohren
Laßt uns