Schutz vor Demenz - Michael, Dr. med. Spitzbart - E-Book

Schutz vor Demenz E-Book

Michael Dr. med. Spitzbart

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Beschreibung

Mit klarem Kopf dem Alter begegnen Nichts fürchten wir mehr als den allmählichen Verlust unserer Hirnfunktion. Die meisten denken: Lieber einen schnellen Tod als ein geistiger Verfall im Alter. Was viele Menschen nicht wissen: Wenn sich erste Anzeichen nachlassender intellektueller Fähigkeiten bemerkbar machen, sind bereits mindestens 70 Prozent der Hirnsubstanz abgebaut. Darum ist es so wichtig, schon bei den ersten frühen Warnsignalen von Demenz aktiv gegenzusteuern. Der erfahrene Arzt und Bestsellerautor Dr. Spitzbart zeigt wie. Im ausführlichen Praxisteil dieses ebenso informativen wie Mut machenden Buches erfahren wir, was wir vorbeugend gegen den schleichenden Abbau tun können: richtige Ernährung, ausreichend Bewegung und Entspannung, neue Anreize für das Gehirn, das Kohärenzgefühl stärken und vieles mehr. Mit etwas Eigeninitiative kann so das Alter seinen Schrecken verlieren. Zuvor erschienen unter dem Titel "Wenn das Gehirn seinen Verstand verliert" (978-3-95803-337-5).

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Dr. med. Michael Spitzbart

SCHUTZ VOR DEMENZ

Das Gehirn gesund und vital erhalten

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Neuausgabe eBook 2024 © 2021 der Originalausgabe »Wenn das Gehirn seinen Verstand verliert« Scorpio Verlag in der Europa Verlage GmbH, München Lektorat: Katharina Lisson Umschlaggestaltung: Margarita Maiseyeva nach einer Vorlage von FAVORITBUERO, München und einem Motiv von © Jayadi jayadi / shutterstock.com Layout & Satz: Danai Afrati Konvertierung: Bookwire

ePub-ISBN: 978-3-95803-627-7

Das eBook einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.

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Inhalt

Einführung: Den schleichenden Abbau stoppen

KAPITEL 1: DEMENZIELLE ERKRANKUNGEN VERSTEHEN

Das menschliche Gehirn und seine Funktionsweise

Schreckgespenst »Demenz« – Zahlen und Fakten

»Ich habe mich verloren« – die Entwicklung der Demenz-Forschung

Zwei verschiedene Ursachen gehirnorganischer Erkrankungen

Die neurodegenerative Demenz

Die vaskuläre Demenz

Diese Faktoren begünstigen neuronale Einschränkungen

Diabetes Typ II bzw. Diabetes Typ III

Morbus Parkinson

Stress

Einsamkeit

Depression

Cyanobakterien

Feinstaub

Alkohol

KAPITEL 2: WAS WIR TUN KÖNNEN, UM UNS VOR DEMENZ ZU SCHÜTZEN

Die Augen öffnende »Nonnenstudie«

Brain-Food: Die richtige Ernährung

Wenig Zucker und Kohlenhydrate

Achtung, Fruktose!

Fett ist nicht gleich fett

Freie-Radikale-Fänger: Vitamin C, A und E

Kurkuma und Süßholz – gelbe Beta-Amyloid-Superblocker

Folsäure

Schutzschild L-Serin

Beweg dich – ausreichend und mit Köpfchen!

Evolution versus Zivilisation

Indirekte Prävention – ein stabiles Fundament gegen das Vergessen

Direkte Prävention: Was bewirkt Bewegung im Gehirn?

Be active: Jede Minute zählt!

Neue Einstellung dem Alter gegenüber

Denken umprogrammieren!

Brain Challenge

Nach der Rente nicht rosten

Inspirierende Vorbilder

Wohlbefinden mit Optimismus, Selbstwirksamkeit, Sinn und Lebensfreude

Schlechte Laune setzt dem Gehirn zu

Das Kohärenzgefühl steigern

Jeder braucht eine Aufgabe

Demenz-Bremse soziale Kontakte

Schwerhörigkeit beheben

Demenz und Einsamkeit bedingen sich gegenseitig

Okinawa zeigt, dass Geselligkeit fit hält

Die Wohnsituation Kontakten und Bedürfnissen anpassen

Raus aus der Stress-Falle

Guter Stress und schlechter Stress

Achtsamkeitstraining und Meditation

Autogenes Training

Entspannungstipps für zwischendurch – Waldbaden, »Awe Walk« & Co.

Fit bis zur Grabeskante

»The Villages« – aktiv bis zum Tod

Wir sind fitter, jünger, gesünder

Leitbild »Active Aging«

KAPITEL 3: WAS TUN, WENN DER VERDACHT EINER DEMENZ AUFKOMMT, UND WIE GEHE ICH MIT BETROFFENEN UM?

Wie verläuft der Weg von einem Verdacht hin zu einer Demenz-Diagnose?

Nachlassendes Erinnerungsvermögen – mit diesen Methoden wird diagnostiziert

1. Das Arztgespräch

2. Die körperliche Untersuchung

3. Psychometrische Tests

4. Bildgebende Verfahren

5. Liquordiagnostik

Richtiger Umgang mit der Diagnose

Das sollten Sie jetzt unternehmen

Therapiemöglichkeiten: Man kann immer etwas tun!

1. Medikamente inklusive Ginkgo biloba und Lithium

2. Vitamin B12

3. Psychosoziale Interventionen – Demenz muss nicht Stillstand bedeuten

Der praktische Umgang mit Betroffenen im Alltag

Eine Welt schaffen, in der Demenz Platz hat

Niemand ist alleine: Hilfe holen

Rechtliche Dinge regeln

Raum für Trauer, Wut und eigene Interessen

Menschen mit Demenz am Leben teilhaben lassen

Neue Hilfen für den Alltag

Quellenangaben

Literatur

Einführung: Den schleichenden Abbau stoppen

Kaum etwas fürchtet der Mensch mehr als den allmählichen Verlust seiner Hirnfunktion. Lieber einen schnellen Tod als ein unwürdig empfundenes Altern. Aus diesem Grund nahmen sich etwa der Millionär Gunter Sachs oder der US-amerikanische Komiker Robin Williams das Leben. Was sie und viele andere Menschen nicht wissen: Wenn sich erste Anzeichen der nachlassenden intellektuellen Fähigkeiten und damit eine demenzielle Erkrankung bemerkbar machen, sind bereits mehr als 70 Prozent der Hirnsubstanz abgebaut. Das haben Neurologen der University of California in San Francisco im vergangenen Jahr in einer neuen Studie nachgewiesen.1 Daher ist es so wichtig, frühzeitig das Gehirn zu schützen, damit es erst gar nicht so weit kommen kann. Denn Neuronenverbindungen lassen sich gezielt aufbauen. Schließlich verhält es sich im Oberstübchen nicht so wie mit einem Rechner: Ist die Festplatte voll, müssen Daten ausgelagert werden. Nein. Das menschliche Gehirn besitzt unendliches Potenzial, sich Dinge merken zu können. Es stößt auch nicht an seine Grenzen, wenn wir fünf Sprachen gleichzeitig lernen oder uns mehrere neue Wissensgebiete aneignen. Selbst im hohen Alter nicht. Auch da können wir noch beginnen, ein Instrument zu spielen oder eine andere Leidenschaft wie ein Kunsthandwerk, die Malerei oder Kitesurfen zu erlernen.

Neurologen empfehlen sogar, das Gehirn in jedem Lebensalter auf Hochtouren glühen zu lassen. Denn eignen wir uns neues Wissen an, entstehen neue Nervenzellen und neuronale Verknüpfungen, und schon können wir besser denken, und das Gehirn schützt sich selbst vor Degeneration. Auch wenn es im Alter etwas länger dafür braucht, weil die Isolierschicht der Nervenbahnen, das Myelin, abnimmt. Das ist der Grund, warum Denkprozesse dann häufig langsamer vonstattengehen ebenso wie das Speichern und Verknüpfen verschiedener Informationen.2 Die Funktionsweise unseres Gehirns vergleicht Neurowissenschaftler Manfred Spitzer deshalb mit einem Muskel, der verkümmert, je weniger wir ihn trainieren und je mehr Wissen wir auslagern. Zum Beispiel an Assistenzsysteme wie Alexa, Tom-Tom oder Wikipedia. Das ist zwar praktisch, doch werden durch das geringere Lernen weniger Neuronenverbindungen geschaffen. Dadurch können in späteren Jahren umso schneller eine demenzielle Erkrankung oder andere degenerative Prozesse auftreten.3 Der Umkehrschluss: Viel Denken schützt das Hirn vor Degeneration. Mehr noch, es führt auch bereits bei schädlichen Eiweißablagerungen, die als einer der Verursacher demenzieller Erkrankungen gelten, dazu, dass diese nicht sichtbar werden und sich etwa in Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit oder gar Wahnvorstellungen ausdrücken. »Honig im Kopf«, lautete deshalb sehr treffend der Titel des Films eines populären Filmemachers, der das Thema Demenz vor einigen Jahren medial in Szene setzte.

Doch nicht nur neues Lernen, sondern auch Bewegung und Ernährung wirken sich positiv aus, um Demenz vorzubeugen bzw. in Schach zu halten. Denn neben den Proteinablagerungen im Gehirn wirken auch andere Einflüsse auf die Gedächtnisleistung. Nämlich die Durchblutung, Entzündungsprozesse oder der Energiestoffwechsel unseres Denkorgans.4 Sie können durch Bewegung, durch richtige Ernährung und durch Vitalstoffe und das Vermeiden von Giftstoffen positiv beeinflusst werden.

Auch psychosoziale und psychoemotionale Faktoren beeinflussen unsere mentale Leistungsfähigkeit. Positiv wirken sich soziale Kontakte, Entspannungsmaßnahmen zum gezielten Abbau von Stress oder eine positive Einstellung zum Leben aus. Dazu zählen vor allem Optimismus, Selbstbestimmtheit und die Erfahrung von Sinnhaftigkeit. Denn alle drei Parameter zusammen vermitteln uns, etwas bewirken zu können, einen Beitrag leisten zu können und uns dadurch in die Welt um uns herum eingebunden zu fühlen. Das führt dazu, dass unser Körper belohnende Botenstoffe, sprich Glückshormone, ausschüttet und uns so Glück und Lebensfreude signalisiert. Gleichzeitig lassen sich mit diesen Anti-Demenz-Bausteinen auch Erkrankungen wie Diabetes, Morbus Parkinson oder Depressionen vorbeugen, die das Entstehen demenzieller Erkrankungen begünstigen bzw. in einem Wechselspiel mit ihnen stehen. Warum das so ist und was bei »Honig im Kopf« im Gehirn passiert, darum geht es gleich im ersten Kapitel. Dort wird erklärt, was die Ursachen von Demenz und Alzheimer sind. Welche Vorerkrankungen die Nervenzellen zusätzlich schädigen und wie sich das auf den Verlauf der Erkrankung auswirkt. Doch Hoffnung, das möchte ich an dieser Stelle betonen, ist immer gegeben. Demenz lässt sich eindämmen – auch wenn man die Diagnose bereits gestellt bekommen hat. Es gibt immer Hoffnung, etwas zu verbessern. Das sollten Erkrankte wie Angehörige wissen. Und auch wie sie Betroffenen begegnen sollten, um frühzeitig Klarheit zu haben und entsprechend zu reagieren und richtig zu kommunizieren.

Das beste Mittel allerdings, auch wenn sich das wie eine Binse anhört, ist, dafür zu sorgen, dass die Erkrankung erst gar nicht entsteht. Und das am besten so früh wie möglich, denn schon 20 Jahre bevor sie auftritt, finden bei Alzheimer-Patienten erste Veränderungen im Gehirn statt.5 Daher: Bauen Sie vor, fordern Sie Ihre Denkzentrale heraus. Sie will keine Stabilität! Routine ist der Tod des Gehirns. Unser Oberstübchen will Veränderung, Herausforderung, neues Lernen! Dafür ist es nie zu spät, nicht im Alter und selbst dann nicht, wenn wir die Diagnose »Alzheimer« bzw. »Demenz« eröffnet bekommen. Auch dann lässt sich etwas verändern. Zwar nicht mehr so viel, aber die Möglichkeit besteht. Auf keinen Fall gilt es zu resignieren, sondern in die Auseinandersetzung zu gehen und die Situation zu gestalten.

Als Arzt der Zukunft versuche ich Krankheiten nicht symptomatisch zu behandeln, sondern Gesundheit so zu optimieren, dass uns keine Krankheit ereilen kann bzw. dass wir sie – auch im Fall von Demenz – eindämmen können. Daher rate ich Ihnen, ab dem Moment, in dem Sie dieses Buch lesen, mit dem Üben anzufangen. Das heißt, Ihren Gedächtnisspeicher zu trainieren und ihn mit entsprechenden Vitalstoffen zu versorgen bzw. Ihre Einstellung zum Leben zu hinterfragen und Ihr Wohlbefinden zu optimieren. Denn laut wissenschaftlichen Erkenntnissen lässt sich das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, damit zu 40 Prozent senken.6

Sicherlich kennen Sie auch Menschen, die im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten in Würde gealtert sind. Für solche Vorbilder habe ich mich schon immer interessiert und bemüht, hinter deren Geheimnis zu kommen. Auch davon soll in diesem Buch die Rede sein.

Was Sie konkret tun können, um Ihr Gehirn zu stärken und optimale Rahmenbedingungen für Ihren mentalen Prozessor zu schaffen, das erfahren Sie jetzt. Ich wünsche Ihnen viel Freude und Inspiration beim Lesen.

Ihr Michael Spitzbart

KAPITEL 1:

Demenzielle Erkrankungen verstehen

Um erfassen zu können, was unsere Gehirnzellen verändert, sollten wir zuerst einmal einen Blick auf unser komplexestes Organ und seine immense Leistungsfähigkeit werfen. Um dann zu klären, wie sich »Honig in Kopf« äußert, was Demenz von Alzheimer unterscheidet und welche Faktoren demenzielle Erkrankungen begünstigen.

Das menschliche Gehirn und seine Funktionsweise

Streng genommen ist unser Gehirn zunächst einmal ein nasser Sack. Denn es besteht zu einem großen Prozentsatz aus Wasser. Wichtig: Verfügen unsere Zellen nur über 10 Prozent weniger Flüssigkeit, haben sie 30 Prozent weniger Energie. Und hier kommen wir schon gleich zum ersten praktischen Tipp: Pro 25 kg Körperwicht sollten wir einen Liter Wasser am Tag trinken. Gerade ältere Menschen haben kaum noch Durstgefühl und daher oft ein Gehirn so trocken wie die Wüste Gobi. Geistige Höchstleistung funktioniert da nicht! Obwohl die circa eineinhalb Kilogramm schwere, schwammartige Masse unseres Gehirns, die aussieht wie eine Walnuss, Gigantisches leisten kann: Sie hat uns Menschen in den Weltraum fliegen, uns Roboter, Hochhäuser und ganze Wirtschaftskreisläufe ersinnen lassen.

Das Gehirn kontrolliert unsere Bewegungen, unsere Emotionen, unser Gedächtnis und das Lernen – und damit unsere Gedanken, unsere Sehnsüchte und unsere Vorstellungskraft. Letztlich machen unser Gehirn und seine Leistung uns zu Menschen, und es hebt uns von anderen Spezies, etwa den Tieren, ab. Sie sind natürlich auch zu gewissen intellektuellen Leistungen fähig, aber auf ganz anderen Ebenen. Daher wird unser Gehirn in modernen Analogien oft mit einem Hochleistungscomputer verglichen.

Bei einem Computer ist der Bauplan bis ins letzte Detail bekannt. Das menschliche Gehirn dagegen ist außerordentlich komplex und von Mensch zu Mensch (abhängig von seinen Gedanken, seinen Erfahrungen, seinem Wissen …) verschieden. Daher lässt es sich selbst mit den neuen bildgebenden Verfahren der Medizin nicht komplett abbilden. Denn von den Grundeinheiten des Gehirns, den Nervenzellen oder Neuronen, besitzen wir bis zu 100 Milliarden Stück. Diese wiederum sind mit anderen Nervenzellen in der Nähe oder in anderen Hirnregionen verknüpft und bilden ein gigantisches Netzwerk.1 Und genau diese Verschaltungen halten die Hochleistungszentrale am Laufen.

Die Grundeinheit des Gehirns, die Nervenzellen, sind spezialisierte Zellen. Sie können Informationen an andere Zellen übertragen und bestehen im Wesentlichen aus drei Bausteinen: Zellkörper, Dendriten, Axon.

Der Zellkörper enthält den Zellkern, in dem unsere DNA abgespeichert ist. Von diesem Zellkern gehen Fortsätze und Verästelungen aus – die Dendriten. Sie dienen hauptsächlich dem Signalempfang, während das Axon, ein langer Schlauch, der vom Zellkörper wegführt, sich um die Signalübertragung kümmert. Am Ende des Axons befinden sich wieder Verästelungen, die andere Nervenzellen berühren. Diesen Kontakt zwischen zwei Nervenzellen nennt man Synapse, hier findet die Kommunikation statt.

Das läuft folgendermaßen ab: Unser Auge erkennt ein Bild oder einen Text und sendet ein Bild über den Sehnerv ans Gehirn weiter. Die Dendriten empfangen die Signale. Die Nervenzellen im Gehirn verarbeiten diese Information dann über Elektrizität weiter. Die Nervenzelle besitzt kleine Tunnel in ihrer Außenhülle. Durch diese Tunnel können winzige elektrisch geladene Teilchen, die Ionen, in die Zelle hinein- oder aus ihr hinausfließen. Empfangen die Dendriten ein Signal, werden die Tunnel geöffnet: Eine ursprünglich negativ geladene Zelle wird demnach kurzzeitig positiv geladen.

Diese Änderung der Ladung wird Aktionspotenzial genannt und breitet sich rasend schnell, mehrere Hundert Kilometer pro Stunde, über die gesamte Nervenzelle aus. Man sagt dazu, die Nervenzelle »feuert«. Dies kann mehrmals pro Sekunde passieren. Diese Ladungsänderung wird nun durch das Axon zum Ende der Zelle geleitet. Dort löst die Ladungsänderung einen anderen Vorgang aus: In diesen Nervenenden werden chemische Botenstoffe ausgeschüttet, die sogenannten Neurotransmitter. Über die Synapse werden diese Transmitter von der anderen Nervenzelle über ihre Dendriten empfangen. Das Signal ist übertragen, die andere Nervenzelle wird es nun in gleicher Weise weiterschicken. Am Ende der gesamten Informationsübertragung, die natürlich rasend schnell vor sich geht, kann zum Beispiel ein Befehl an den Bewegungsapparat, den Muskel stehen: näher an das Bild, an den Text heranzutreten, um es bzw. ihn genauer zu betrachten. Um dadurch mehr Informationen und damit Wissen über den Gegenstand, den Sachverhalt zu erlangen.

Die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns hängt von der Effektivität der Informationsübertragung ab. Neurowissenschaftler haben zum Beispiel erforscht, dass die Übertragung an den Synapsen unterschiedlich stark ausfallen kann. Eine Signalübertragung kann stärker ausfallen, indem mehr Neurotransmitter ausgeschüttet oder empfangen werden können. Abhängig vom Stimulus. Das heißt, ob wir die Information als neu, anregend oder wichtig empfinden. Bei einer Depression zum Beispiel ist die Übertragung an den Synapsen oftmals verringert.

Grundsätzlich lässt sich unser Gehirn ähnlich wie ein Muskel trainieren: durch Wiederholung und Übung. Selbst im Alter ist es möglich, durch Lernen Nervenverbindungen aufzubauen. Das bestätigen Neurologen und verweisen in diesem Zusammenhang auf die Neuroplastizität des Gehirns. Was bedeutet, dass sich Gehirnzellen bis ins hohe Alter neu vernetzen können und damit Strukturen schaffen für völlig neue Lernerfahrungen und Fähigkeiten. Das maximal erreichbare Niveau von älteren Menschen mag zwar im Vergleich zu jüngeren Erwachsenen etwas niedriger sein, aber im Prinzip sind es exakt dieselben Vorgänge, erläutert Ulmann Lindenberger, Professor für Entwicklungspsychologie des Max-Planck-Instituts.2 Dass dem so ist, bestätigt auch ein Experiment mit Ratten. Dabei wurden erst Ratten mittleren Alters einer fordernden und stimulierenden Umgebung ausgesetzt mit dem Ergebnis, dass sie mehr und längere Dendriten hatten als Ratten, die isoliert gehalten wurden. Auch ältere Ratten bildeten neue Dendriten und Synapsen in einer anregenden Umgebung aus. Allerdings mit einem reduzierten Wachstum. Der Grund: Das reduziertere Wachstum der Blutgefäße und – wie wir in der Einführung schon gelesen haben – die Isolierschicht der Nervenbahnen, das Myelin, wird dünner. Weswegen die Informationsverarbeitung im Alter langsamer verläuft.3

Schreckgespenst »Demenz« – Zahlen und Fakten

Geht es um unser Gehirn und ums Denken, kennen wir auch ein großes Schreckgespenst: nämlich, dass unser Gehirn seinen Verstand verliert und wir nicht mehr Herr bzw. Frau unserer Gedanken sind. Demenz und Alzheimer sind die bekannteste Form demenzieller Erkrankungen. Sie sind weitverbreitete Schlagwörter im gesellschaftlichen Diskurs um diesen Prozess des Vergessens. Mit Artikeln, Büchern und Filmen wie »Honig im Kopf«, »An ihrer Seite« oder »Meine Mutter kennt mich nicht mehr« ist das Thema in den letzten Jahrzehnten mit aller Macht in unser Bewusstsein gedrungen. Die eigene Mutter, der Nachbar, der Arbeitskollege … demente Personen sind keine Seltenheit mehr. Im Jahr 2018 lebten in Deutschland circa 1,6 Millionen Betroffene, und pro Jahr kommen um die 300 000 Neuerkrankungen dazu, führt die Deutsche Alzheimer Gesellschaft auf. Bis 2050 schätzen Experten, wird die Zahl auf 2,7 Millionen ansteigen.4 Und: Wir leben deutlich länger als noch vor 100 Jahren. Derzeit liegt die Lebenserwartung von Männern bei 78,8 und von Frauen bei 83,5 Jahren5, und wer ab Jahrgang 1998 geboren worden ist, kann statistisch gesehen sogar 100 Jahre alt werden. Das lässt die Häufigkeit der Erkrankung weiterhin ansteigen.

Gleichzeitig werfen diese Zahlen elementare Fragen auf, wie: Wenn wir all das verlieren, was wir als basales Element des Menschseins ansehen, wie viel Mensch sind wir dann noch? Schließlich können wir bei Demenz die grundlegendsten Dinge verlieren. Insbesondere das Wissen um unsere eigene Identität: Demenz kann unsere Erinnerungen auslöschen – woher wir stammen, wie alt wir sind, was wir gestern gemacht haben, wie unser Partner, die Kinder heißen, ja sogar unseren eigenen Namen können wir vergessen. Auch das logische Denken bleibt auf der Strecke: Wir verwechseln einen Apfel mit einer Banane, vergessen, wie man Auto fährt, und können nicht mehr planen: Weswegen wollten wir eigentlich das Haus verlassen?

Die Furcht vor diesem möglichen Schreckgespenst im Alter ist weit verbreitet. Und in manchen Situationen unseres Lebens scheinen die Vorboten dieser Erkrankung schon greifbar nah. Etwa, wenn wir unseren Hausschlüssel nicht mehr finden können, die falsche Ausfahrt auf der Autobahn nehmen oder beim Einkaufen den Artikel vergessen, wegen dem wir eigentlich losgegangen sind. Wohl jeder von uns kennt solche Situationen, genauso wie das kleine Vergesserchen zwischendurch.

Kennen Sie das auch, dieses verflixte Room-to-Room Memory? Man geht in das Nebenzimmer, um etwas zu holen, und kaum angekommen, weiß man nicht mehr, was man dort eigentlich wollte. (Ich spreche hier nicht von der Theorie, sondern von eigener leidvoller Erfahrung.) Dann ertappe ich mich selbst bei dem Gedanken: »Werde ich jetzt langsam dement?«

Das ist schon ein mulmiges Gefühl, vor allem je älter wir werden und je häufiger uns unser Gehirn solche Streiche spielt. Meine eigene Frau Mama – Gott habe sie selig – hatte wohl mit fortgeschrittener Jugend Angst vor dem Verlust ihrer kognitiven Fähigkeiten. Um dem vorzubeugen, kombinierte sie ihre Interessen für englische Sprache und Geschichte und verschlang Unmengen von Geschichtsbüchern, die sie auf Englisch las. Ihr Umfeld unterhielt sie dann mit dem Rezitieren von Jahreszahlen, mit denen sie ihr Gehirn trainierte, stieß damit aber auf keine große Gegenliebe innerhalb der Familie.

Tatsächlich gibt es aber ein Nachlassen der geistigen Fähigkeiten auch außerhalb von »richtigen« Krankheiten. Zum Beispiel bei andauerndem Stress. Dieser kann unsere Aufmerksamkeit und das Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigen. Stress und eine ungesunde Lebensweise wirken sich nachteilig auf unsere geistigen Fähigkeiten aus. Vor allem, wenn sie keine kurzzeitigen Phasen bleiben, sondern chronisch werden. Was dabei passiert und wie Stress sogar Demenz begünstigen kann, darauf gehe ich später noch ein.6

Doch der größte Risikofaktor für Demenz ist schlichtweg das Alter. Noch vor der Rente an einer Form von Demenz zu erkranken, ist sehr unwahrscheinlich. Nach der Deutschen Alzheimer Gesellschaft waren von den 1,6 Millionen demenziell Erkrankten nur circa zwei bis höchstens vier Prozent unter 65 Jahre alt. Über 70 Prozent der Demenz-Kranken sind über 80 Jahre alt. Das Risiko zu erkranken steigt also mit dem Alter an und ist bei hochbetagten Menschen über 90 Jahren mit zwölf Prozent am höchsten.7

Im Alter wird nicht nur unser Denken, sondern auch unsere Reaktionsgeschwindigkeit langsamer. Was daran liegt, dass das Myelin, die Isolierschicht um die Nervenbahnen, abnimmt. Ebenso an der Tatsache, dass die Synapsen weniger effizient arbeiten und Informationen nicht mehr so schnell übertragen werden können. Auch weil weniger Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin hergestellt werden.8 Das alleine löst allerdings noch keine Demenz aus, vielmehr kommen mehrere Faktoren bei diesem Prozess zum Tragen: Vor allem krankhafte Veränderungen im Gehirn, die wir gleich genauer betrachten werden und die sich mit steigender Lebenszeit ansammeln.

Kurz erklärt: Was ist »Demenz«?

»Demenz« ist kein Begriff, der sich so leicht fassen lässt wie die Diagnose »Hämorrhoiden«, »Nagelpilz« oder »Blinddarmentzündung«. Obwohl er landläufig so verwendet wird, sprechen Experten eher von einem »Demenzsyndrom«. Ein »Syndrom« ist das gleichzeitige Auftreten mehrerer Krankheitssymptome. In Abgrenzung zu etwa angeborenen geistigen Beeinträchtigungen handelt es sich beim Demenzsyndrom um eine Verschlechterung einer vorher höheren geistigen Leistungsfähigkeit. Ebenfalls unterschieden werden muss das Demenzsyndrom von geistigen Beeinträchtigungen wie Depression oder Schizophrenie. Und: Es gibt verschiedene Formen der Demenz. Die bekannteste ist die Alzheimer-Demenz, die auch für die Mehrzahl der Demenzen verantwortlich ist: Sie macht 60 bis 70 Prozent aller Demenzen aus. Die zweithäufigste Form demenzieller Erkrankungen ist die vaskuläre Demenz, die auf eine mangelnde Blutversorgung des Gehirns zurückgeht. Klar zu unterscheiden ist zwischen den Kategorien der beiden Begriffe: Eine Demenz ist ein Syndrom, Alzheimer-Demenz eine Krankheit.

Nach dem internationalen Klassifikationssystem der WHO (ICD) muss neben einer Gedächtnisstörung mindestens noch eine andere intellektuelle Funktion beeinträchtigt sein. Das können das Planen, das Denkvermögen oder die Urteilsfähigkeit sein. Eine Schwelle zur Krankheit ist überschritten, wenn die sozialen und beruflichen Leistungen bedeutend beeinträchtigt sind. Damit man von einem Demenzsyndrom sprechen kann, müssen die Kriterien außerdem mindestens ein halbes Jahr lang erfüllt sein. Zudem sind zusätzlich zu den geistigen Störungen häufig Veränderungen in der Gemütslage oder im Sozialverhalten zu erkennen: Die Erkrankten werden emotional labil, reizbar oder apathisch, zudem kann ihr Verhalten anderen gegenüber als grob empfunden werden.

Das Syndrom kann in verschiedenen Graden ausgeprägt sein: Im leichten Zustand verlegen Betroffene zum Beispiel Gegenstände oder vergessen Verabredungen. Im mittleren Grad behalten die Erkrankten nur noch gut erlernte Informationen. Sie vergessen, wie und wo sie leben oder die Namen vertrauter Personen. Somit wird ein eigenständiges Leben schon sehr schwierig. In der schwersten Ausprägung kommt es zu extremem Gedächtnisverlust, sogar der Partner wird möglicherweise nicht mehr erkannt, die Gedankengänge der Erkrankten sind nicht mehr nachvollziehbar.9

»Ich habe mich verloren« – die Entwicklung der Demenz-Forschung

Die Erkenntnis, dass Menschen im Alter unter geistigen Einschränkungen leiden oder Gedächtnisstörungen entwickeln, ist natürlich kein exklusives Wissen unserer technischen Moderne. Schon in der Antike machten Experten wie der römische Arzt Aulus Cornelius Celsus (um 25 v. Chr.–50 n. Chr.) solche Beobachtungen. Celsus beschrieb damals schon die Minderung der geistigen Leistung und grenzte sie als unumkehrbar ein. Der Humanist Erasmus von Rotterdam schrieb um 1500 davon, wie alte Menschen vergesslich und unbedacht sich zu einem Kind zurückentwickeln würden.10 Doch erst die Entwicklung der Medizin als empirische Wissenschaft markiert den Beginn der Erforschung, Definition und Abgrenzung der Demenz. Der Begriff an sich wurde schon von Celsus gebraucht, allerdings ohne konkrete Festlegung auf eine bestimmte Krankheit: Das lateinische »dementia« bedeutet schlicht so viel wie »Irrsein«. In der Neuzeit und im wissenschaftlichen Sinne scheint der Begriff von dem Franzosen Philippe Pinel, Psychiater und Leiter der berühmten psychiatrischen Anstalt Hôpital de la Salpêtrière in Paris, Ende des 18. Jahrhunderts eingeführt worden zu sein. Das 19. Jahrhundert brachte neben der industriellen Revolution auch den Ausbau des Gesundheitswesens in der westlichen Welt mit sich. An Universitäten erforschten Mediziner die Ursachen von Krankheiten und machten bahnbrechende Entdeckungen: Der Deutsche Robert Koch zum Beispiel entdeckte die Bakterien, die Milzbrand hervorrufen, und der Franzose Louis Pasteur impfte das erste Mal einen Menschen gegen Tollwut. Auch die psychischen Krankheiten wurden immer besser erforscht, weil in den neu entstehenden Krankenhäusern und Psychiatrien mehr Menschen untergebracht und versorgt werden konnten. Dadurch war es möglich, die Patienten systematisch und über einen längeren Zeitraum hin zu beobachten. Nach ihrem Tod gab es neue Forschungsmöglichkeiten, indem man Gehirne sezierte und darüber Erkenntnisse zu Gehirnschädigungen und Krankheiten gewann.

Ein Schüler Pinels, der Psychiater Jean-Étienne Esquirol, beschrieb in seinem Lehrbuch »Geistige Krankheiten« 1838, dass es mit fortschreitendem Alter zu einer Steigerung der Symptome kam. Esquirols Beschreibung war der Einstieg für die Einteilung in verschiedene Demenzformen oder die Zuordnung zu anderen Krankheiten.11

Und mit Krankheiten ist es so wie mit vielen anderen Dingen, seien es Tierarten, Kometen oder Grillzubehör: Wer etwas entdeckt oder erfindet, darf es benennen. Dass wir heute von Alzheimer sprechen, hat mit einem deutschen Arzt zu tun: Alois Alzheimer (1864–1926). Alzheimer arbeitete 1901 als Psychiater an der »Städtischen Anstalt für Irre und Epileptische« in Frankfurt am Main, als eine neue Patientin dort eingeliefert wurde: Auguste Deter zeigte alle Anzeichen einer geistigen Verwirrtheit, die man damals auch schon kannte und unter Begriffen wie »Dementia« oder »Altersblödsinn« klassifizierte. Das Ungewöhnliche bei Auguste Deter, das wohl auch Alzheimer faszinierte: Sie war erst 51 Jahre alt.12

Alzheimer behandelte die Frau: Er machte Fotografien von ihr und fertigte Gesprächsprotokolle an, die heutzutage nach ihrer Wiederentdeckung sogar künstlerisch rezipiert werden, zum Beispiel im Theaterstück »Die Akte Auguste D.«. Kernpassagen des Stückes sind die Gespräche zwischen Alzheimer und seiner Patientin. Das bekannteste dieser Gespräche zeigt, wie Deter ihr Gedächtnis und ihre Gedanken nicht mehr nutzen konnte:

»Wie heißen Sie?«

»Auguste.«

»Familienname?«

»Auguste.«

»Wie heißt Ihr Mann?« – Auguste Deter zögert, antwortet schließlich:

»Ich glaube … Auguste.«

»Ihr Mann?«

»Ach so.«

»Wie alt sind Sie?«

»51.«

»Wo wohnen Sie?«

»Ach, Sie waren doch schon bei uns.«

»Sind Sie verheiratet?«

»Ach, ich bin doch so verwirrt.«

»Wo sind Sie hier?«

»Hier und überall, hier und jetzt, Sie dürfen mir nichts übel nehmen.«

»Wo sind Sie hier?«

»Da werden wir noch wohnen.«

»Wo ist Ihr Bett?«

»Wo soll es sein?«

Zu Mittag isst Frau A. Deter Schweinefleisch mit Blumenkohl.

»Was essen Sie?«

»Spinat.« (Sie kaut das Fleisch)

»Was essen Sie jetzt?«

»Ich esse erst Kartoffeln und dann Kren.«

»Schreiben Sie eine Fünf.«

Sie schreibt: »Eine Frau«

»Schreiben Sie eine Acht.«

Sie schreibt: »Auguste«

Beim Schreiben sagt sie wiederholt: »Ich habe mich sozusagen verloren.«13

Die Überlegung, die sich damit für Alzheimer auftat: Wenn schon eine jüngere Person solche Symptome zeigen konnte, dann musste es doch irgendwelche Ursachen geben, die dafür verantwortlich waren. Als Auguste Deter 1906 verstarb, arbeitete Alzheimer mittlerweile schon in München an der Psychiatrischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität, wo er hauptsächlich forschte. Er ließ sich aber Gewebeproben ihres Gehirns aus Frankfurt schicken, um sie unter dem Mikroskop zu untersuchen.14 Und hier machte er jene Entdeckung, die immer noch den Grundstock der Alzheimer-Forschung bildet: Er entdeckte seltsame Veränderungen, wie sie bei einem gesunden Gehirn nicht vorhanden waren. Zuerst einmal waren Nervenzellen abgestorben. In und um die abgestorbenen Hirnzellen herum fand Alzheimer Proteinstrukturen, die wie in Bündeln zusammengeknäult waren. Dies sind die sogenannten Fibrillen oder Neurofibrillen, das Wort steht für »feine Faser«. Zusätzlich nahm er über die ganze Großhirnrinde verstreut Nervenzellen wahr, die von einer eigenartigen Protein-Ablagerung umgeben waren. Sie sehen unter dem Mikroskop wie Flecken aus und wurden »Plaques« genannt. Das Wort bedeutet aus dem Französischen übersetzt »Scheibe/Platte« und bezeichnet eine Erhebung in einer Fläche. (Wir alle kennen den Begriff Plaques im Zusammenhang mit unseren Zähnen.) Wie diese Neurofibrillen und Plaques wirken und wie sie Alzheimer-Demenz hervorrufen, dazu mehr auf Seite 29.15