Selbstvertrauen gewinnen - Susan Jeffers - E-Book

Selbstvertrauen gewinnen E-Book

Susan Jeffers

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  • Herausgeber: Kösel
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Angst ist etwas ganz Alltägliches. Wohl jeder kennt sie in der einen oder anderen Form: als Angst vor beruflichen Anforderungen, vor dem Verlust des Partners, vor Entscheidungen, vor einer bestimmten Begegnung oder auch Nervosität. zum Problem wird sie, wenn wir uns blockieren oder lähmen lassen, weil wir Angst vor der Angst haben. Die Psychologin Susan Jeffers sieht die Wurzel für diese alltägliche Angst vor allem in mangelndem Selbstvertrauen. In diesem Buch entwickelt sie ein leicht umzusetzendes Programm, mit dessen Hilfe jeder seine Angst zulassen, ihre Ursachen erkennen und Selbstvertrauen gewinnen kann. Eine Fülle von Tipps hilft, das Selbstbewußtsein zu steigern, Angstsituationen durchzuspielen und durch eine positive Grundeinstellung zu mehr Offenheit, Vertrauen und Lebensfreude zu gelangen. Ein überzeugendes, gut verständliches Buch, das mit vielen Beispielen Mut macht, sein Leben aktiv zu gestalten.

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Seitenzahl: 281

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Susan Jeffers

SELBSTVERTRAUEN GEWINNEN

Die Angst vor der Angst verlieren

Kösel

Gewidmet denen,die mir das wundervolle Geschenkder Liebe und des Lebens machten:meiner bewundernswerten Mutter, Jeanne,und im liebevollen Andenkenan meinen Vater, Leon.

Übersetzung aus dem Amerikanischen: Sonja Schuhmacher, Stadlern. Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Feel the Fear and Do It Anyway. Dynamic Techniques for Turning Fear, Indecision, and Anger into Power, Action, and Love« bei Harcourt Brace Jovanovich, Orlando/Florida.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

16. Auflage 2014 Copyright © 1987 by Susan Jeffers. Copyright © 1992 für die deutsche Ausgabe Kösel-Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH Published by Arrangement with the Author Umschlag: Kaselow Design, München Umschlagmotiv: BAVARIA/FPG

eISBN 978-3-641-20536-2V001

Weitere Informationen zu diesem Buch und unserem gesamten lieferbaren Programm finden Sie unterwww.koesel.de

www.randomhouse.de

Inhaltsverzeichnis

CopyrightEINFÜHRUNG - Die Tür öffnen1 Wovor fürchten Sie sich… und warum?2 Kann man die Angst nicht zum Verschwinden bringen? 3 Vom Leid zur Stärke 4 Ob Sie wollen oder nicht… es gehört Ihnen 5 Pollyanna macht alle fröhlich 6 Wenn »die anderen« Ihre Entwicklung bremsen wollen 7 Entscheidungen treffen, durch die Sie nur gewinnen können 8 Wie ganz ist Ihr »ganzes Leben«? 9 Nicken Sie einfach – Sagen Sie »Ja!« 10 Liebe und Vertrauen wählen 11 Die innere Leere füllen 12 Sie haben viel Zeit Dank Literatur

EINFÜHRUNG

Die Tür öffnen

Welches Gesicht hat die Furcht für Sie?

Haben Sie Angst…

vor Publikum zu sprechen sich durchzusetzen Entscheidungen zu treffen vor Nähe den Beruf zu wechseln allein zu sein alt zu werden Auto zu fahren einen geliebten Menschen zu verlieren eine Beziehung zu beenden?

Treffen einige dieser Punkte auf Sie zu? Oder alle? Vielleicht können Sie die Liste noch ergänzen. Das spielt keine Rolle… es geht nicht nur Ihnen so! Angst ist in unserer Gesellschaft zur Epidemie geworden. Wir haben Angst anzufangen, und wir haben Angst aufzuhören. Angst vor Veränderung, Angst, nicht weiterzukommen. Wir fürchten den Erfolg ebenso wie die Niederlage. Wir haben Angst vor dem Leben und Angst vor dem Sterben.

Unabhängig davon, welche Angst Sie plagt, wird Ihnen dieses Buch Einblicke vermitteln und Wege zeigen, die es erleichtern, mit jeder beliebigen Situation besser fertig zu werden. Sie werden Schmerz, Ohnmacht und Depression (Gefühle, die oft mit der Angst einhergehen) hinter sich lassen und durch Stärke, Energie und freudige Erregung ersetzen.

Die Unfähigkeit, mit Angst umzugehen, erscheint vielleicht wie ein psychologisches Problem, es wird Sie aber überraschen und Ihnen Mut machen, wenn Sie erfahren, daß dies in den meisten Fällen nicht zutrifft. Ich meine, daß dieses Problem in erster Linie auf erlernten Denkweisen beruht und daß Sie, wenn Sie Ihr Denken umerziehen, die Angst einfach als eine Tatsache im Leben akzeptieren können und sie nicht mehr als Hindernis, das dem Erfolg im Wege steht, betrachten müssen. (Dies als Trost für alle, die sich fragen: »Was stimmt eigentlich nicht mit mir?«)

Meine Überzeugung, daß Angst durch Umlernen bewältigt werden kann, resultiert aus eigenen Erfahrungen. In meinen Jugendjahren war ich ständig von Angst geplagt; es überrascht also nicht, daß ich mich jahrelang an vieles klammerte, das eindeutig für mich nicht gut war.

Teil meines Problems war eine leise Stimme im Innern, die mir unentwegt versicherte: »Du solltest Deine Situation lieber nicht ändern. Du hast keine andere Chance. Allein wirst Du es nie schaffen.« Sie wissen, wovon ich spreche – die Stimme, die Sie ständig erinnert: »Setz bloß nichts aufs Spiel. Du könntest einen Fehler machen. Mann o Mann, das wird Dir noch leid tun!«

Meine Angst ließ mich nie los, und ich kam nie zur Ruhe. Selbst mein Doktortitel in Psychologie half da wenig. Eines Tages, als ich mich zur Arbeit ankleidete, erreichte ich den Wendepunkt. Ich warf einen Blick in den Spiegel und sah ein allzu vertrautes Bild – meine Augen waren rot und verquollen von Tränen des Selbstmitleids. Plötzlich stieg Wut in mir auf, und ich schrie mein Spiegelbild an: »Genug… genug… mir reicht’s!« Ich schrie solange, bis ich keine Kraft (und keine Stimme) mehr hatte.

Als ich aufhörte, verspürte ich ein seltsames, wunderbares Gefühl der Erleichterung und Ruhe, das ich vorher niemals empfunden hatte. Damals begriff ich noch nicht, daß ich mit einem sehr starken Teil meines Selbst in Kontakt gekommen war, von dessen Existenz ich bisher nichts gewußt hatte. Ich schaute noch einmal lange in den Spiegel, lächelte und nickte, Ja. Die altbekannte, düstere, unheilverheißende Stimme war, zumindest zeitweise, übertönt, und eine neue Stimme verschaffte sich Gehör – eine, die von Stärke, Liebe, Freude sprach. In diesem Moment wußte ich, daß ich mich von der Angst nicht unterkriegen lassen würde. Ich würde einen Weg finden, mich von der negativen Haltung zu befreien, die mein Leben beherrschte. So begann meine Odyssee.

Ein Weiser sagte einmal: »Wenn der Schüler bereit ist, wird der Lehrer erscheinen.« Die Schülerin war bereit, und die Lehrer erschienen von überall her. Ich las, nahm an Workshops teil und sprach mit allen Leuten, die mir zuhören wollten. Ich folgte gewissenhaft jedem Hinweis und jeder Spur und verlernte auf diese Weise das Denken, das mich in meiner eigenen Unsicherheit gefangen gehalten hatte. Die Welt erschien mir nun weniger bedrohlich und dafür fröhlicher; allmählich sah ich mich selbst als Menschen, der ein Ziel hat, der gebraucht wird, und erlebte zum ersten Mal im Leben, was Liebe bedeutet.

An diesem Punkt bemerkte ich, daß viele Leute gegen dieselben Barrieren ankämpften, die ich zu guter Letzt überwunden hatte – wobei die größte Barriere die Angst war. Wie konnte ich diesen Menschen helfen? Ich erkannte, daß der Prozeß, der mein Leben verwandelt hatte, ein Lernprozeß gewesen war, und ich war überzeugt, daß sich jeder die Techniken, die ich angewandt hatte, aneignen könnte, unabhängig von Alter, Geschlecht oder sozialem Hintergrund. Ich beschloß meine Theorie in der Praxis zu überprüfen, indem ich an der New School for Social Research in New York, einen Kurs anbot: »Angst zulassen ... und trotzdem handeln«; dieser Kurs war wie folgt beschrieben:

Immer wenn wir ein Risiko eingehen und uns in unbekanntes Territorium vorwagen oder uns neu auf die Welt einlassen, erleben wir Angst. Diese Angst hindert uns oft, mit unserem Leben voranzukommen. Der Trick ist, die Angst zuzulassen und trotzdem zu handeln. Wir untersuchen gemeinsam die Barrieren, die uns davon abhalten, das Leben so zu erfahren, wie wir es gerne leben würden. Viele von uns umgehen das Leben, indem sie den Weg des geringsten Widerstands wählen. Durch Vortrag, Diskussion und interessante Übungen werden wir lernen, mit welchen Ausflüchten wir unsere festgefahrene Situation entschuldigen, und Techniken entwickeln, durch die wir Kontrolle über unser Leben gewinnen.

Mein Experiment, den Begriff der Angst aus dem Therapiebereich herauszulösen und ihn in den Bereich des Lernens und der Erziehung einzubringen, war äußerst erfolgreich. Meine Studenten waren verblüfft, wie sich durch eine Änderung im Denken scheinbar magisch ihr Leben verwandelte. Die Konzepte funktionierten bei ihnen genauso gut wie bei mir. Und, kaum verwunderlich, auch ich lernte von meinen Schülern. Sie bestätigten und erweiterten meine Kenntnisse, indem sie mir ihre Erfahrungen berichteten.

Wenn Sie dieses Buch zur Hand nehmen, haben Sie sich eingestanden, daß Sie jetzt in Ihrem Leben nicht das erreicht haben, was Sie sich eigentlich wünschen. Etwas muß geändert werden, doch bisher waren Sie nicht in der Lage, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um es zu ändern. Ganz gleich, wie Ihre Ausgangsbedingungen sind, Sie sind jetzt bereit, Ihr Leben in die Hand zu nehmen.

Ich kann nicht versprechen, daß die Veränderung leicht fällt. Mut ist erforderlich, um Ihr Leben so zu gestalten, wie Sie es sich wünschen. Alle möglichen realen und vorgestellten Hindernisse können den Weg verstellen. Lassen Sie sich dadurch nicht abschrecken. Auf Ihrer Reise durch dieses Buch werden Sie viele Konzepte, Übungen und andere Hilfsmittel kennenlernen, die dazu beitragen, die Vielschichtigkeit der Angst zu enträtseln… und Ihnen so helfen, damit umzugehen.

Sie werden lernen:

wie es unmöglich werden kann, einen Fehler zu machen oder sich falsch zu entscheiden

wie Sie eine negative Programmierung loslassen

wie es unmöglich werden kann, reingelegt zu werden

wie Sie zu allen Umständen im Leben »ja« sagen

wie Sie Ihr Selbstwertgefühl verbessern können

wie Sie selbstbewußter werden können

wie Sie Ihre inneren Energiequellen erschließen können

wie Sie mehr Liebe, Vertrauen und Zufriedenheit schaffen können

wie Sie mit dem Widerstand wichtiger Menschen fertig werden während Sie mehr Kontrolle über Ihr Leben gewinnen

wie Sie mehr Freude erleben können

wie Sie Ihre Träume verwirklichen können

wie Sie Ihrem Leben Sinn und Bedeutung geben können.

Während der Lektüre sollten Sie die Abschnitte des Buches unterstreichen, die Ihnen etwas »sagen«, damit Sie später wichtige Passagen, die Ihnen neue Situationen zu bewältigen helfen, mühelos wiederfinden. Neue Konzepte, die Ihr Verhalten leiten sollen, müssen immer wieder bekräftigt werden, deshalb müssen Sie die Übungen gewissenhaft durchführen. Welche Fortschritte Sie machen werden, hängt davon ab, inwieweit Sie bereit sind, aktiv mitzumachen. Außerdem wird es Ihnen umso mehr Spaß machen, je mehr Sie sich darauf einlassen. Sie werden überrascht sein, wieviel Zufriedenheit jeder kleine Fortschritt bringen kann.

Ganz gleich, wie stark die Unsicherheit ist, die Sie empfinden, ein Teil Ihrer Persönlichkeit weiß, daß viel Wunderbares in Ihnen verborgen liegt und nur darauf wartet, herausgelassen zu werden, und daß jetzt genau der richtige Zeitpunkt ist, um die Tür zur Kraft und zur Liebe im Innern zu öffnen.

1 Wovor fürchten Sie sich… und warum?

Ich werde damit fertig

Ich bin im Begriff, wieder einen Kurs zum Thema Angst abzuhalten. Der Seminarraum ist leer. Ich warte darauf, daß meine neuen Schüler erscheinen. Lampenfieber habe ich bei diesen Gruppen schon lange nicht mehr. Ich habe solche Kurse bereits sehr oft geleitet, und außerdem kenne ich meine Schüler schon, bevor ich sie zum ersten Mal sehe. Sie unterscheiden sich nicht von uns übrigen; sie wollen alle ihr Bestes tun und sind alle unsicher, ob sie gut genug sind. Es ist immer dasselbe.

Als die TeilnehmerInnen den Raum betreten, spüre ich die Spannung. Sie setzen sich soweit auseinander wie möglich, bis die freien Stühle dazwischen mangels Platz belegt werden müssen. Sie sprechen nicht miteinander, sondern sitzen still da, nervös und erwartungsvoll. Ich empfinde tiefe Sympathie für sie, weil sie den Mut haben zuzugeben, daß ihr Leben nicht so funktioniert, wie sie es wollen. Und ihre Anwesenheit in der Gruppe signalisiert, daß sie bereit sind, etwas dagegen zu tun.

Zu Beginn bitte ich alle der Reihe nach, uns übrigen zu erzählen, welchen Schwierigkeiten im Leben er oder sie sich nicht stellen kann. Jeder berichtet seine Geschichte:

Jonas will seine vierzehnjährige berufliche Laufbahn abbrechen und seinen Traum, Künstler zu werden, verwirklichen.

Maria ist Schauspielerin und will herausfinden, warum sie alle möglichen Entschuldigungen findet, nicht zum Vorsprechen zu gehen.

Sarah will nach fünfzehn Jahren Ehe ihren Mann verlassen.

Frank will seine Angst vor dem Altern überwinden. Er ist gerade 32.

Johanna ist eine ältere Dame, die ihrem Arzt die Stirn bieten will; er behandelt sie wie ein Kind und gibt nie eine klare Antwort.

Paula will ihr Geschäft erweitern, doch sie schafft den erforderlichen Sprung zur nächsten Stufe nicht.

Rebekka will ihren Mann mit Dingen konfrontieren, die sie stören.

Karl will seine Angst vor Ablehnung überwinden, die ihn hindert, eine Frau zu bitten, mit ihm auszugehen.

Laura will wissen, warum sie unglücklich ist, obwohl sie alles hat, was man sich nur wünschen kann.

Richard ist Rentner und fühlt sich nutzlos. Er fürchtet, daß sein Leben vorbei ist.

So geht es, bis jeder seine Geschichte erzählt hat.

Ich bin fasziniert, als ich beobachte, was während der Erzählungen vor sich geht. Während jeder einzelne offen und aufrichtig berichtet, verändert sich die Atmosphäre völlig. Die Spannung löst sich schnell auf und Erleichterung wird spürbar.

Erstens erkennen alle in der Gruppe, daß sie nicht die einzigen Menschen auf der Welt sind, die Angst empfinden. Zweitens sehen sie, wie anziehend Menschen dadurch werden, daß sie sich öffnen und ihre Gefühle mitteilen. Lange bevor der letzte Erfahrungsbericht zu hören ist, breitet sich ein Gefühl der Wärme und Kameradschaft aus. Sie sind sich nicht mehr fremd.

Obwohl Hintergrund und Situation der Gruppenmitglieder sehr unterschiedlich sind, dauert es nicht lange, bis die oberflächlichen Schichten ihrer jeweiligen Geschichten verschwinden und der Weg frei wird, um einander auf einer zutiefst menschlichen Ebene zu begegnen. Der gemeinsame Nenner ist die Tatsache, daß Angst sie alle daran hindert, das Leben so zu erfahren, wie sie es sich wünschen.

Der geschilderte Ablauf wiederholt sich in jedem Kurs zum Thema Angst, den ich leite. Sie fragen sich jetzt vielleicht, wie man in einem Kurs all die verschiedenen Ängste, von denen berichtet wurde, unterbringen kann – die Bedürfnisse der einzelnen scheinen so unterschiedlich. Das stimmt. Sie scheinen unterschiedlich, bis wir ein bißchen tiefer graben und die zugrundeliegende Ursache dieser – und aller anderen – Ängste anschauen.

Angst kann in drei Schichten gegliedert werden. Die erste ist die oberflächliche Geschichte, wie sie oben beschrieben wurde. Diese Ebene der Angst kann in zwei Arten unterteilt werden: die Ängste, die »passieren«, und diejenigen, die Handeln erfordern. Es folgt eine unvollständige Liste von Ängsten der ersten Ebene, aufgeteilt in diese zwei Arten:

ÄNGSTE DER ERSTEN EBENE

Was passiertWas Handeln erfordertAlternKörperliche BehinderungIns Rentenalter kommenAllein seinDie Kinder gehen aus dem HausNaturkatastrophenVerlust der finanziellen SicherheitVeränderungSterbenKriegKrankheitEinen geliebten Menschen verlierenUnfälleVergewaltigungWieder eine Ausbildung anfangenEntscheidungen treffenDie berufliche Laufbahn ändernFreunde findenEine Beziehung beenden oder eingehenTelefonierenSich durchsetzenAbnehmenEin Bewerbungsgespräch führenAuto fahrenVor Publikum sprechenEinen Fehler machen Nähe zulassen

Vielleicht können Sie die Liste noch ergänzen. Wie ich bereits angedeutet habe, sind Sie nicht allein damit, wenn Sie sich sagen: »Einige Punkte treffen auf mich zu«, oder sogar: »Alle Punkte«. Dafür gibt es einen guten Grund. Eine heimtückische Eigenschaft der Angst ist, daß sie viele Bereiche des Lebens durchdringt. Wenn Sie zum Beispiel Angst haben, Freundschaften zu schließen, dann liegt es nahe, daß Sie auch davor Angst haben, auf Parties zu gehen, enge Beziehungen zu haben, sich um einen Arbeitsplatz zu bewerben und so weiter.

Dies wird noch klarer, wenn man sich die zweite Ebene der Angst vor Augen führt, die mit ganz anderen Empfindungen verbunden ist, als die erste Ebene. Die Ängste der zweiten Ebene sind nicht situationsorientiert; sie betreffen das Ich.

ÄNGSTE DER ZWEITEN EBENE

AblehnungBetrogen werdenErfolgHilflos seinMißerfolgMißbilligungVerletzlich seinImageverlust

Die Ängste der zweiten Ebene haben mehr mit der inneren Einstellung zu tun als mit äußeren Situationen. Sie spiegeln Ihr Selbstgefühl und Ihre Fähigkeit, mit dieser Welt umzugehen. Dies erklärt, warum eine allgemeine Angst entsteht. Wenn Sie Angst vor Ablehnung haben, wird diese Furcht fast alle Lebensbereiche beeinflussen – Freundschaften, intime Beziehungen, Bewerbungsgespräche und so weiter. Ablehnung ist Ablehnung – ganz gleich, wo man sie erlebt. Also werden Sie sich schützen und sich folglich stark abgrenzen. Sie machen zu und verschließen sich gegenüber der Welt um Sie herum. Schauen Sie sich die Liste zur zweiten Ebene noch einmal an und Sie werden sehen, daß jede dieser Ängste viele Lebensbereiche erheblich beeinflussen kann.

Die dritte Ebene bringt die Sache auf den Punkt: die größte Angst von allen – die Sie wirklich am Weiterkommen hindert. Sind Sie so weit?

ANGST DER DRITTEN EBENE

Ich werde nicht damit fertig!

»Das soll es schon sein? Das ist die größte Angst?« fragen Sie vielleicht. Ich weiß, daß Sie enttäuscht sind und etwas viel Dramatischeres erwarten als das. Doch Tatsache ist:

Jeder Furcht, die Sie verspüren, liegt die Angst zugrunde,daß Sie mit dem, was das Leben bringt,nicht fertig werden können.

Das wollen wir prüfen. Die Ängste der ersten Ebene lassen sich folgendermaßen übersetzen:

Ich werde mit Krankheit nicht fertig.

Ich werde nicht damit fertig, wenn ich einen Fehler mache.

Ich werde nicht damit fertig, wenn ich meinen Arbeitsplatz verliere.

Ich werde nicht mit dem Altern fertig.

Ich werde nicht damit fertig, allein zu sein.

Ich werde nicht damit fertig, wenn ich mich lächerlich mache.

Ich werde nicht damit fertig, wenn ich die Stelle nicht bekomme.

Ich werde nicht damit fertig, wenn ich sie / ihn verliere.

Ich werde nicht damit fertig, wenn ich mein Geld verliere ...

…und so weiter.

Die Ängste der zweiten Ebene lassen sich so übersetzen:

Ich werde nicht damit fertig, wenn ich erfolgreich bin und Verantwortung übernehmen muß.

Ich werde nicht mit Mißerfolg fertig.

Ich werde nicht mit Ablehnung fertig…

…und so weiter

Deshalb steht auf der 3. Ebene nur: »Ich kann nicht damit fertig werden.«

Tatsache ist:

Wenn Sie wüßten, daß Sie mit allem,was Ihnen möglicherweise begegnet, fertig werden könnten,was hätten Sie dann noch zu fürchten?

Die Antwort lautet:

Nichts!

Ich weiß, daß Sie jetzt vermutlich noch nicht vor Freude an die Decke springen, doch glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, daß ich Ihnen gerade etwas Großartiges mitgeteilt habe. Was ich gesagt habe, heißt nämlich, daß Sie mit allen Ihren Ängsten fertig werden können, ohne die Außenwelt beherrschen zu müssen. Dies sollte eine unglaubliche Erleichterung sein. Sie müssen nicht mehr kontrollieren, was Ihr Partner macht, was Ihre Freunde tun, was Ihre Kinder anstellen oder was Ihr Vorgesetzter unternimmt. Sie müssen nicht mehr kontrollieren, was bei einem Bewerbungsgespräch geschieht, was bei der Arbeit vorkommt, was bei der neuen Laufbahn, die Sie einschlagen, passieren wird oder was auf der Börse vor sich geht.

Um Ihre Angst zu vermindern, müssen Sie lediglich mehrVertrauen in Ihre Fähigkeit entwickeln, mit allem,was geschieht, fertig zu werden!

Ich betone diesen Punkt, weil er so entscheidende Bedeutung hat. Immer wenn Sie in Zukunft Angst verspüren, denken Sie daran, daß sie einfach darauf zurückzuführen ist, daß Sie sich nicht gut genug fühlen. Dann greifen Sie zu einem oder mehreren der Vorschläge aus diesem Buch, um Ihr Selbstvertrauen aufzubauen. Was Sie tun müssen, liegt klar ausgearbeitet vor Ihnen. Es besteht kein Grund zur Verwirrung.

Man hat mir oft die Frage gestellt, warum wir so wenig Selbstvertrauen besitzen. Ich weiß eigentlich selbst keine Antwort auf diese Frage. Ich weiß, daß eine gewisse Angst instinktiv und gesund ist und uns vor Schwierigkeiten warnt. Der Rest – der Teil, der unser persönliches Wachstum behindert – ist unangemessen und destruktiv und ist vielleicht auf unser erlerntes Verhalten zurückzuführen. Ich habe noch nie im Leben gehört, daß eine Mutter ihrem Kind, das sich zur Schule aufmacht, zugerufen hätte: »Riskier’ heute was, Liebling!« Viel wahrscheinlicher ist, daß sie das Kind warnt: »Sei vorsichtig, Liebes.« Dieses »Sei vorsichtig« vermittelt eine zweideutige Botschaft: »Die Welt da draußen ist wirklich gefährlich ...« und » ...du wirst damit nicht fertig.« In Wirklichkeit sagt die Mama natürlich: »Wenn dir etwas passiert, werde ich damit nicht fertig.« Sie sehen also, sie gibt lediglich weiter, daß sie selbst kein Vertrauen in ihre Fähigkeit setzt, mit dem, was geschieht, zurechtzukommen. Ich erinnere mich, daß ich mir als Kind sehnlichst ein Fahrrad wünschte und daß sich meine Mutter weigerte, mir eines zu kaufen. Auf meine Bitten gab sie mir immer dieselbe Antwort: »Ich hab’ dich so lieb, ich möchte nicht, daß dir etwas zustößt.« Diesen Satz übersetzte ich so: »Du bist nicht fähig, mit einem Fahrrad umzugehen.« Inzwischen bin ich älter und weiser, und es ist mir klar, was sie eigentlich sagte: »Wenn dir etwas zustößt, bin ich am Ende.«

Meine überfürsorgliche Mutter lag unlängst nach einer schweren Operation, mit Schläuchen durch Nase und Hals, auf der Intensivstation. Als man mir sagte, daß ich jetzt gehen müßte, flüsterte ich ihr ins Ohr – ich wußte nicht, ob sie mich überhaupt hören konnte –, daß ich sie liebte und daß ich bald wiederkäme. Als ich zur Tür ging, hörte ich eine leise, schwache Stimme hinter mir, die sagte – Sie ahnen es sicher: »Sei vorsichtig.« Benommen, wie sie nach der Narkose war, gab sie mir noch eine unheilvolle Warnung mit auf den Weg. Ich weiß, daß sie stellvertretend für sehr viele Mütter stehen kann. Wenn man bedenkt, wie oft wir von unseren Eltern dieses »Sei vorsichtig« zu hören bekamen, ist es verwunderlich, daß wir uns überhaupt noch trauen, aus dem Haus zu gehen!

Abgesehen von solchen anscheinend offensichtlichen Zusammenhängen, ist es gut möglich, daß die Ursache unserer Angst noch anderswo zu suchen ist. Doch spielt es überhaupt eine Rolle, woher unsere Selbstzweifel kommen? Ich glaube nicht. Es ist nicht meine Art, das Warum und Weshalb problematischer Geisteshaltungen zu analysieren. Häufig ist es unmöglich, die tatsächlichen Ursachen negativer Denkgewohnheiten herauszufinden, und selbst wenn wir sie kennen würden – das Wissen allein verändert sie nicht unbedingt. Wenn Ihnen etwas Sorge bereitet, sollten Sie meiner Meinung nach einfach da anfangen, wo Sie sind, und die notwendigen Schritte unternehmen, um es zu ändern.

Sie finden sich in diesem Fall nicht damit ab, daß mangelndes Selbstvertrauen Sie daran hindert, in Ihrem Leben das zu verwirklichen, was Sie wollen. Wenn Sie dies wissen, bündelt sich das, was verändert werden muß, ganz klar wie in einem Brennglas, wie in einem Laserstrahl. Sie müssen keine Energie auf die Frage nach dem Warum verschwenden. Es spielt keine Rolle. Wichtig ist, daß Sie jetzt anfangen, Selbstvertrauen zu entwickeln, bis Sie den Punkt erreichen, an dem Sie sagen können:

Ganz gleich, was mir zustößt,ganz gleich in welcher Situation – ich werde damit fertig!

Ich höre schon den ungläubigen Thomas einwenden: »Was Sie nicht sagen – und wie werden Sie damit fertig, gelähmt zu sein, oder mit dem Tod eines Kindes oder mit Krebs?« Ich verstehe Ihre Zweifel. Ich war selbst einmal so ein ungläubiger Thomas. Lesen Sie erst einmal weiter und lassen Sie das ganze Buch auf sich wirken. Geben Sie sich eine Chance und versuchen Sie es mit den Hilfsmitteln, die in diesem Buch dargestellt sind. Im Lauf der Zeit werden Sie feststellen, daß Ihr Selbstvertrauen ständig wächst und schließlich ein Niveau erreicht, auf dem Sie sich tatsächlich zutrauen, mit allem, was geschieht, fertig zu werden. Vergessen Sie niemals diese vier kleinen Worte – möglicherweise die wichtigsten vier Worte, die Sie je gehört haben:

Ich werde damit fertig!

2 Kann man die Angst nicht zum Verschwinden bringen?

Lassen Sie die Angst zu und handeln Sie trotzdem

Irene wartet immer noch darauf, daß ihre Angst verschwindet. Sie hatte immer vorgehabt, wieder aufs College zu gehen, sobald ihre Kinder im Schulalter sein würden, doch jetzt stellt sie fest, daß vier Jahre vergangen sind, seit ihr Jüngstes eingeschult wurde. Seit dieser Zeit hat sie sich immer wieder neue Ausreden einfallen lassen: »Ich möchte da sein, wenn die Kinder von der Schule nach Hause kommen«; »Wir haben einfach nicht das Geld dafür«; »Mein Mann wird sich vernachlässigt fühlen.«

Es stimmt zwar, daß bestimmte Vorkehrungen erforderlich sein würden, doch das ist nicht der Grund, warum sie zögert. Irenes Mann ist sogar bereit, sie in jeder Hinsicht zu unterstützen. Wegen ihrer nervösen Unruhe macht er sich Sorgen, und er ermutigt sie oft, sich doch noch ihren Lebenstraum zu erfüllen und Modezeichnerin zu werden.

Jedesmal, wenn Irene mit dem Gedanken spielt, beim College anzurufen und ein Aufnahmegespräch zu vereinbaren, hält etwas sie davon ab. »Wenn ich mich nicht mehr so fürchte, dann rufe ich an«; »Wenn ich ein bißchen mehr Selbstvertrauen habe, rufe ich an.« Sehr wahrscheinlich wird Irene noch sehr lange warten.

Das Problem ist, daß ihre Gedanken drunter und drüber gehen. Die Logik, die sie benutzt, programmiert den Mißerfolg. Sie wird die Barriere der Angst nie durchbrechen, wenn sie sich nicht bewußt macht, daß ihre Gedankengänge falsch sind; sie sieht einfach nicht, was für diejenigen, die handeln, offensichtlich ist.

Auch ich habe es nicht gesehen, bis ich dazu gezwungen war. Vor meiner Scheidung war ich wie ein Kind und erlaubte meinem Mann, die praktischen Aspekte des Lebens zu regeln. Nach meiner Scheidung hatte ich keine andere Wahl, als alles selbst in die Hand zu nehmen. Kleinigkeiten, wie zum Beispiel, den Staubsauger selbst zu reparieren, bereiteten mir enorme Genugtuung. Als ich zum ersten Mal als alleinstehende Frau Gäste zum Abendessen zu mir nach Hause einlud, war das ein gewaltiger Sprung. Und der Tag, als ich zum ersten Mal eine Reise ohne männlichen Begleiter buchte, war ein Festtag.

Als ich anfing, Dinge selbst zu tun, merkte ich, wie köstlich keimendes Selbstvertrauen schmeckt. Es war nicht alles angenehm – es war sogar vieles sehr unangenehm. Ich fühlte mich wie ein Kind, das Laufen lernt und oft hinfällt. Doch mit jedem Schritt wuchs meine Überzeugung, daß ich in der Lage war, mit dem Leben fertig zu werden.

Während mein Selbstvertrauen zunahm, wartete ich immer noch darauf, daß die Angst verschwindet. Jedesmal, wenn ich mich auf ein neues Gebiet vorwagte, hatte ich Angst und war unsicher. »Na ja«, sagte ich mir, »du mußt dich dem Neuen einfach aussetzen, irgendwann wird die Angst dann verschwinden.« Sie ist nie verschwunden! Eines Tages ging mir ein Licht auf; mir wurde plötzlich die folgende »Wahrheit« klar:

ERSTE WAHRHEIT ÜBER DIE ANGST