Sieben Tage - Deon Meyer - E-Book
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Deon Meyer

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Beschreibung

Sieben Tage in der Hölle.

»Ich erschieße jeder Tag einen Polizisten – bis sie den Mörder von Hanneke Sloet anklagen«, lautet eine E-Mail an die Polizei von Kapstadt. Und dann beginnt ein Heckenschütze, seine Drohung wahrzumachen. Ermittler Bennie Griessel steht vor einem Rätsel. Er findet kein Motiv für den Mord an der jungen Anwältin. Man gibt ihm sieben Tage, um den Erpresser zu stoppen und ein Blutbad zu verhindern ... 

Eine atemberaubende Jagd durch Cape Town – geschrieben von einem Meister der Spannung.

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Deon Meyer

Sieben Tage

Thriller

Aus dem Afrikaansvon Stefanie Schäfer

Impressum

Die Originalausgabe mit dem Titel

7 Dae

erschien 2011 auf Afrikaans bei Human & Rousseau, Cape Town.

ISBN 978-3-8412-0495-0

Aufbau Digital,

veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, November 2012

© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin

Die deutsche Erstausgabe erschien 2012 bei Rütten & Loening,

einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG

Copyright © Deon Meyer 2011

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlageszulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.

Umschlaggestaltung bürosüd°, München unter Verwendung eines Motivs von © Qweek/iStockphoto und © Tony Worobiec / Arcangel Images

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Für Anita

Tag 1Samstag

1

Er durfte sich nicht zum Narren machen.

Kripo-Kaptein Bennie Griessel saß mit schwitzenden Händen am Steuer, in neuen Kleidern, die er sich eigentlich nicht leisten konnte, und mit einem Blumenstrauß auf dem Beifahrersitz. Mit jeder Faser seines Wesens gierte er nach der nervenberuhigenden Wirkung des Alkohols. Er durfte heute Abend auf keinen Fall einen Deppen aus sich machen. Nicht vor Alexa Barnard, nicht vor all den Stars aus der Musikbranche, nicht nach all den Vorbereitungen der letzten Woche.

Bereits am Montag war er beim Friseur gewesen. Am Dienstag hatte ihn Mat Jouberts Frau Margaret als modische Beraterin zu Romens in Tygervallei begleitet. »Auf der Einladung steht Smart casual, Bennie, das bedeutet: Chinos und ein schönes Hemd«, hatte sie ihm mit ihrem charmanten englischen Akzent geduldig erklärt.

Doch Bennie bestand auf einem passenden Jackett, vor lauter Angst, zu casual und nicht smart genug zu erscheinen. Denn es würden smarte Leute anwesend sein.

Er wollte auch noch eine Krawatte dazu, aber Margaret war energisch eingeschritten. »Overdressed ist schlimmer als underdressed. Keine Krawatte und damit basta.« Sie verließen das Geschäft mit Khaki-Chinos, einem hellblauen Baumwollhemd, einem schwarzen Gürtel, schwarzen Schuhen, einem modischen schwarzen Jackett und einer Kreditkartenquittung, bei der ihm die Haare zu Berge standen.

Seit Mittwoch bereitete er sich auf das Ereignis vor, denn er wusste, dass dieser Anlass, dieser Empfang, das Potential besaß, ihn vollkommen zu überwältigen. Am meisten fürchtete er sich davor, versehentlich zu fluchen, denn dazu neigte er, wenn er nervös wurde. Den ganzen Abend über würde er seine Zunge im Zaum halten müssen. Keine Polizeiausdrücke, keine Schimpfworte, nur angenehme Konversation. Ruhe bewahren! Damit ihm das gelang, hatte er die ganze Situation schon einmal sorgfältig durchdacht, »prävisualisiert«, wie seine Vertrauensperson bei den Anonymen Alkoholikern, Dok Barkhuizen, ihm geraten hatte.

Zu Anton L’Amour würde er sagen: »Der Gitarrenpart bei Kouevuur – einfach brillant.« Mehr nicht, bloß keine Opern quatschen. Zu Theuns Jordaan: »Ich mag Ihre Stücke sehr.« Ja, das klang gut und gewählt, drückte Respekt und Wertschätzung aus. Und, oh, mein Gott, wenn Schalk Joubert da war, würde er tief durchatmen, ihm die Hand schütteln und nur sagen: »Angenehm, es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen.« Anschließend musste er die Flucht ergreifen, bevor er den Bassisten, den er so sehr verehrte, mit Lobeshymnen zutextete.

Die allergrößte Sorge bereitete ihm jedoch Lize Beekman.

Wenn er doch nur ein Glas trinken könnte, bevor er sie traf! Nur um seine Nerven zu beruhigen und ganz bestimmt nichts Unüberlegtes anzustellen.

Er würde sich erst die schweißnasse Hand an der Hose abwischen, damit er Lize Beekman nicht mit einem feuchten Händedruck begrüßte. »Juffrou Beekman«, würde er sagen. Mit beherrschtem, freundlichem Lächeln. »Juffrou Beekman, es ist mir eine besondere Ehre.« Nein, das war nicht das, was ihm Professor Phil Pagel, der staatliche Rechtsmediziner, vorgeschlagen hatte. »Eine ausgesprochene Ehre« sollte er sagen.

»Juffrou Beekman, es ist mir eine ausgesprochene Ehre. Ich bin ein großer Bewunderer Ihrer Musik.« Sie würde sich bedanken, und er würde von da an den Mund halten und Alexa suchen, denn das war seine einzige Chance, sich nicht zum Deppen zu machen.

Der weiße Chana-Lieferwagen hielt unter den Bäumen in der Tweedelaan, zwischen dem Livingstone-Gymnasium und dem Hinterhof der Polizeidienststelle Claremont.

Es war ein unauffälliges Fahrzeug, Baujahr 2009, gezeichnet vom harten Arbeitseinsatz – eine Beule in der vorderen Stoßstange, Kratzer und Lackschäden auf der Heckklappe. Die hinteren Fenster und die Heckscheibe waren mit billiger weißer Farbe überpinselt, und der Lackton der seitlichen Schiebetüren unterschied sich leicht von dem des übrigen Fahrzeugs.

Der Scharfschütze schaltete den Motor aus, legte beide Hände auf die Knie und blieb einen Augenblick lang reglos sitzen.

Er trug einen verwaschenen Blaumann. Blonde Haare fielen ihm lang über den Rücken, und er hatte eine braune Baseballkappe tief ins Gesicht gezogen.

Konzentriert ließ er den Blick erst durch die linke vordere Seitenscheibe über das verlassene Schulgelände schweifen. Dann sah er nach rechts. Er betrachtete die hohe Einfriedung auf der gegenüberliegenden Straßenseite, den doppelten Drahtzaun und das SAPD-Gelände dahinter, das jetzt, am frühen Abend, im Schatten des Tafelbergs lag. Es war still und menschenleer.

Er überprüfte, ob die beiden vorderen Türen verschlossen waren, und kletterte über den Sitz nach hinten. Im Laderaum herrschte Durcheinander: Kisten und Kästen aus Metall und Holz, Pappkartons. Er setzte sich auf eine Holzkiste und klappte die selbstgemachte Trennwand aus verschossenem gelbem Stoff herunter, die am teppichverkleideten Himmel befestigt war und ihn vor den Blicken der Passanten verbergen sollte.

Er nahm die Kappe ab, legte sie beiseite und bemerkte, dass sein Atem schnell ging und seine Hände leicht zitterten. Mit einem tiefen Seufzer entspannte er die Schultern, beugte sich nach vorn, öffnete eine lange, abgenutzte Werkzeugkiste und nahm den Einsatz heraus. Er war schwer, gefüllt mit häufig benutzten Werkzeugen – Hämmer, ein Sammelsurium von Schraubendrehern, Beiß- und Kneifzangen, Sägeblättern. Vorsichtig stellte er ihn neben der Kiste ab, auf die Gummimatte, die den Boden des Chanas bedeckte.

Unten in der roten Kiste lagen zwei Gegenstände – ein Gewehr und ein K-Way Kilimandscharo Wanderstock.

Er holte zuerst den Wanderstock heraus und stellte ihn gegen seine Schulter gelehnt auf, dann nahm er das Gewehr, schob den Schalldämpfer behutsam durch die Halteschlaufe des Stocks, so dass das Teleskop unberührt blieb, und drehte den Stock entgegen dem Uhrzeigersinn, bis das Band den Lauf fest umspannte.

Er legte die Wange an den Kolben, prüfte die Höhe des Wanderstocks und stellte ihn richtig ein.

Mit Hilfe des von ihm angebrachten, kleinen Handgriffs schob er die rechte Seitentür des Chanas um drei Zentimeter nach rechts und anschließend auch die äußere magnetische Abdeckung, so weit, dass er den Lauf und das Teleskop nach draußen richten konnte.

Er drückte den Kolben an die Schulter und blickte durch das Teleskop über den Parkplatz der SAPD. Er stellte das Teleskop scharf.

Vor dem großen viktorianischen Haus in der Brownlowstraat nahm Griessel die Blumen vom Sitz, stieg aus und ging durch das Gartentor auf die Eingangstür zu.

Alexa Barnard war dabei, das Haus zu renovieren. Der hässliche Riesenkaktus am Zaun war vor kurzem entfernt worden, und an der Frontfassade ragten die Gerüste der Maler auf.

Alles Teil ihres Heilungsprozesses, dachte Griessel. Ihres neuen Lebens.

Vor der Tür blieb er stehen und blickte hinunter auf seine Schuhe. Sie glänzten.

Er atmete tief durch. Angenommen, er hatte die Einladung falsch verstanden und es war doch ein Pinguinanzug-mit-Fliege-Anlass heute Abend? Und Alexa öffnete ihm die Tür in einem exotischen Abendkleid? Oder ganz informell, alle in Jeans und offenen Hemden. Er war noch nie auf einer Cocktailparty der Musikbranche gewesen.

Er klingelte und hörte, wie sie die Treppe herunterkam.

Die Tür wurde geöffnet, und da stand sie.

»Jissis!«, sagte Griessel.

Durch das Guckloch sah der Heckenschütze den Polizei-Bakkie rechts am Chana vorbeifahren und in das Tor einbiegen.

Er wartete, bis das Fahrzeug auf dem Parkplatz wieder ins Blickfeld kam, legte das Gewehr an und folgte dem Bakkie mit dem Teleskop.

Nur ein Insasse, in Uniform.

Der Bakkie rollte über den Asphalt bis in die Mitte des offenen Geländes und parkte hinter zwei anderen SAPD-Fahrzeugen, außerhalb seines Blickfelds.

Er schätzte die Entfernung auf siebzig, achtzig Meter.

Er richtete das Fadenkreuz auf die Kühlerhaube eines der Fahrzeuge und wartete darauf, dass der Polizist zum Vorschein kam. Sein Herz schlug heftig.

Er holte tief Luft.

Die Uniform erschien im Teleskop. Ein Konstabel.

Schwieriger Schuss, bewegliches Ziel.

Er zielte tief, folgte der Bewegung und zwang sich, sich auf seine Technik zu konzentrieren: die horizontale Achse des Teleskops gerade richten, das Ziel im Fadenkreuz anvisieren, ausatmen, gefühlvoll den Abzug drücken, die Augen offen halten.

Der Kolben schlug leicht gegen seine Schulter, und der gedämpfte Knall des Schusses hallte lauter als erwartet im Innenraum des Lieferwagens wider.

Daneben.

»Du siehst …«, beinahe hätte Griessel gesagt »geil aus«, doch er beherrschte sich rechtzeitig und suchte nach einem passenden Wort, das ihrer atemberaubenden Erscheinung gerecht wurde, »… fantastisch aus.« Dort stand sie, in einem trägerlosen schwarzen Kleid, das ihr bis zu den Knöcheln reichte und knapp unter ihrem üppigen Busen von einem breiten, hellbraunen Ledergürtel zusammengehalten wurde. Dazu trug sie hellbraune Plateau-Sandalen.

Und ihr Gesicht! So hatte er sie noch nie gesehen: sorgfältig, aber dezent geschminkt, mit roten, vollen Lippen. Die blonden Haare waren geschnitten und gefärbt, als Ohrringe trug sie große Silberherzen, und ihre Augen funkelten tiefgrün unter den langen Wimpern.

Flüchtig fragte er sich, ob er sie vielleicht heute Abend, nach der Party, zum ersten Mal küssen würde.

Sie lachte und musterte ihn anerkennend. »Du auch, Bennie.« Dann fragte sie: »Sind die Blumen für mich?«

»Oh. Ja.« Verlegen hielt er sie ihr hin.

Mit geröteten Wangen nahm Alexa sie entgegen. Man sah ihr an, dass sie sich über sein Kommen und die nette Geste freute.

»Vielen Dank.« Sie trat einen Schritt nach vorn und küsste ihn auf die Wange.

Er wusste aus Erfahrung, dass der Schuss draußen so gut wie unhörbar war, dank der Teppichreste, mit denen der Innenraum des Lieferwagens ausgekleidet war. Seine Hände, die das Gewehr umfassten, schwitzten, und ihm klopfte das Herz. Er betätigte das Schloss, und die Patronenhülse fiel klappernd auf eine der Werkzeugkisten. Dann lud er die Waffe erneut. Er stellte den Lauf wieder ein und sah durch das Teleskop, dass der Konstabel den Fehlschuss nicht gehört hatte. Er hatte in Richtung des Berges geschaut.

Er zielte tief und sah wieder die Beine des Konstabels im Fadenkreuz.

Er zielte zwei, drei Zentimeter vor die sich bewegenden Beine, in Kniehöhe. Die Panik verbreitete sich von seinem Magen in den ganzen Körper. Er holte tief Luft, atmete langsam aus … und drückte den Abzug. Sah den Konstabel fallen.

Erleichterung. Der Geruch von Kordit in der Nase.

Dann: der Zwang zur Eile, die Gewissheit, dass er sich jetzt konzentrieren musste, dass die nächsten sechzig Sekunden entscheidend waren. Er handelte strikt nach Plan.

Wickelte die Schlaufe des Wanderstocks auf. Zog das Gewehr heraus. Legte die Waffe in die Werkzeugkiste. Stellte den Einsatz darüber. Schloss die Kiste, der Stock konnte liegen bleiben.

Zog die Trennwand hoch.

Die Kappe. Setzte die Kappe auf.

Dann kletterte er nach vorn auf den Fahrersitz.

Nicht zum Ziel umblicken, nicht! Doch die Angst gewann die Oberhand, so dass er sich rasch umsah. Der Konstabel lag achtzig Meter entfernt auf dem Boden, den Kopf gesenkt, vermutlich zu seinem Bein.

Nach vorne schauen!

Zündschlüssel drehen, den Motor anlassen, langsam losfahren, nur zehn Meter, dann war er außer Sichtweite, in wenigen Sekunden, zu wenigen, als dass der Konstabel ihn hätte entdecken, ihn hätte wahrnehmen können. Er musste im Schockzustand sein, verwirrt. Keine Aufmerksamkeit erregen, ruhig und normal handeln.

Er legte den ersten Gang ein und fuhr los.

2

Am Eingang zum Leuchter-Foyer des Kunstekaap-Zentrums starrte Griessel das Riesenplakat an. Es verkündete in großen Lettern: Anton Goosen Geburtstagskonzert, Freitag, 4. März, Grand Arena; darunter waren Fotos von allen Stars abgebildet, die im Laufe dieser Woche auftreten würden. Alexa Barnard war ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt worden, genau in die Mitte, unter der kleineren Ankündigung: Xandra Barnard ist zurück!

Und hier stand er nun, mit dieser Legende am Ärmel seines neuen Jacketts und schluckte und rang nach Fassung.

Drinnen war es voll. Griessel musterte die Kleidung der männlichen Gäste und stellte erleichtert fest, dass viele von ihnen Jacketts trugen. Er entspannte sich ein wenig. Es würde schon alles gut gehen.

Die Köpfe drehten sich, als Alexa durch die Menge schritt, und schon bald waren sie von Leuten umringt. Alexa ließ Griessels Arm los und schüttelte Hände. Griessel zog sich zurück. Er hatte schon mit diesem Ablauf gerechnet und freute sich, dass ihr ein solcher Empfang bereitet wurde. Letzte Woche hatte sie nervös zu ihm gesagt: »Ich war so lange draußen, Bennie. Und dann die Sache mit Adams Tod … Ich weiß nicht, was mich erwartet.«

Adam war ihr Ehemann gewesen. Bennie hatte in dem Mord an ihm ermittelt, und so hatten sie sich kennengelernt.

»Sie sind doch Paul Eilers, der Schauspieler«, sagte jemand rechts neben ihm. Bennie erkannte, dass die hübsche junge Frau ihn meinte.

»Nein, leider nicht«, erwiderte er. »Mein Name ist Bennie Griessel.«

»Ich hätte schwören können, dass Sie Paul Eilers sind«, sagte sie enttäuscht, und dann verschwand sie in der Menge.

Bennie erkannte viele Stars aus der Musikszene. Laurika Rauch ergriff soeben Alexas Hände und sagte irgendetwas Sentimentales. Karen Zoid unterhielt sich mit Gian Groen. Emo Adams brachte Sonja Heroldt zum Lachen.

Wo war Lize Beekman?

Ein Kellner drängte sich durch die Menschenmenge, kam mit einem Tablett voller Champagnergläser an ihm vorbei und bot ihm eines an. Er starrte die goldene Flüssigkeit an, die träge aufsteigenden Perlen, und sehnte sich mit aller Macht danach. Dann kam er zu sich und schüttelte den Kopf. Nein, danke.

Zweihundertzweiundsiebzig Tage ohne Alkohol.

Vielleicht sollte er sich ein alkoholfreies Getränk besorgen, damit er etwas in den Händen hielt, denn augenblicklich fühlte er sich wie eine fade Topfpflanze inmitten exotischer Blumen. Er warf einen Blick zu Alexa hinüber, die strahlte und ganz in ihrem Element schien.

Jissis. Was machte er eigentlich hier?

Dann kam die beinahe überwältigende Begegnung mit Schalk Joubert, dem Bassisten, den er so sehr bewunderte.

»Schalk, das ist Bennie Griessel, er spielt auch Bass«, stellte Alexa ihn vor, und er spürte, wie er die Farbe wechselte. Er streckte dem Musiker die zitternde Hand hin und sagte: »Nett, Sie kennenzulernen, das haut mich glatt um.« Seine Stimme klang heiser, und er ärgerte sich über den flapsigen Ausdruck.

»Danke, Kollege, freut mich auch«, antwortete Schalk Joubert freundlich und locker. Seine Stimme nahm Griessel die Angst, so dass er sich ein wenig entspannte. Kollege! Ein Wahnsinnskompliment! Dankbar fand Griessel nun den Mut, unter Alexas ermunternden Blicken ein Gespräch mit Theuns Jordaan und Anton L’Amour anzuknüpfen. Er fragte sie über den Aufbau von Kouevuur aus und sagte dann, von ihrer Freundlichkeit ermutigt: »Und wann nehmen Sie Hexriviervallei endlich richtig auf, in voller Länge? Dieses Stück hätte es wirklich verdient.«

Griessel wurde lockerer, unterhielt sich hier, lachte dort und fragte sich, warum er sich solche Sorgen gemacht hatte. Er war schon fast stolz auf sich, da zog Alexa ihn am Arm. Er drehte sich um und sah Anton Goosen und Lize Beekman, Seite an Seite, unmittelbar neben ihm. Sie zogen alle Blicke auf sich, für einen Augenblick verstummte das Stimmengewirr. Sein Herz klopfte wie wild, und sein Verstand setzte aus. Zutiefst aufgewühlt ergriff er die ausgestreckte Hand der großen, schönen, blonden Sängerin, und alles, was er herausbrachte – idiotisch langgezogen, laut und deutlich in der Stille –, war: »Scheiße!«

Und dann fing das Handy in seiner Jacketttasche an zu klingeln.

Er stand da wie angewurzelt.

Eine innere Stimme rief ihm zu: Tu was!

Abrupt ließ er Lize Beekmans Hand los. Die Scham und die Schmach brannten in ihm. Er murmelte eine Entschuldigung, wühlte nach seinem Handy, drehte sich weg und hielt den Apparat ans Ohr.

»Hallo?« Seine Stimme klang ihm fremd in den Ohren.

»Bennie, ich brauche Sie«, sagte Musad Manie, Kommandeur der Valke-Einheit. »Und zwar asap.«

Er fuhr zu schnell, wütend auf sich selbst, wütend auf Alexa. Wie konnte sie ihm das antun? Und warum musste ausgerechnet in dem Moment das verdammte Handy klingeln? Er hätte seinen Fauxpas garantiert wieder ausbügeln können, indem er zum Beispiel seine einstudierte Phrase angebracht hätte: »Es ist mir eine ganz besondere Ehre …« Damit hätte er die Situation gerettet. Er war sauer auf den Brigadier, der ihn an einem Samstag, an seinem freien Wochenende, rufen ließ, und sauer, weil ihm gebetsmühlenhaft immer derselbe Satz im Kopf herumging: Du hast dich zum Deppen gemacht. Dieser furchtbare Augenblick, nachdem das Wort heraus war, hatte wie ein toter schwarzer Vogel zwischen ihm und Lize Beekman gehangen und alles gefrieren lassen außer dem nervigen Klingelton seines Handys und der Gewissheit, die wie Blei in ihm hinuntersackte: Er hatte sich komplett und für alle Zeiten zum Deppen gemacht, trotz all seiner guten Vorsätze, Pläne und Vorbereitungen.

Im Grunde war es Alexas Schuld. Sie wollte wissen, wen er gerne kennenlernen wollte, schon vor zwei Wochen. Von Anfang hatte er erwidert: niemanden, er wolle nur anwesend und für sie da sein, wenn sie ihn brauche. Denn er wusste, dass er dazu neigte, aus Nervosität ins Fettnäpfchen zu treten. Doch dann zog sie ihm die Namen einen nach dem anderen aus der Nase und sagte: »Ich würde das so gerne für dich tun«, und er erwiderte: »Nein, lieber nicht«, aber stets weniger überzeugend, weil die Aussicht, berühmte Stars kennenzulernen, ihn durchaus verlockte. Bis er ihr zuliebe nachgegeben hatte. Aber schon da hatte ihn das Kribbeln im Bauch und die unbestimmte Angst oder vielmehr die Gewissheit gepackt, dass er wahrscheinlich nicht gut mit der Situation würde umgehen können.

Es war seine Schuld. Seine eigene verdammte Schuld.

Wie ernst die Sache war, erkannte er, als er die drei leitenden Offiziere des Direktoraat vir Prioriteitsmisdaadondersoeke, kurz DPMO, am Tisch sitzen sah, ergänzt von General John Afrika, den Leiter der Kripo Westkap.

Der Kommandeur der Valke, der forsche Brigadier Musad Manie mit dem wie aus Granit gemeißelten Gesicht, saß in der Mitte. Neben ihm hatten Kolonel Zola Nyathi, Chef der Sonderermittlungsgruppe Gewaltverbrechen und Griessels direkter Vorgesetzter, sowie Kolonel Walter du Preez, örtlicher Leiter des Staatsschutzes CATS, Platz genommen. Afrika saß ihnen gegenüber.

Sie begrüßten sich, und Manie bat Griessel, ebenfalls Platz zu nehmen. Griessel sah, dass die Offiziere Akten und Dokumente vor sich liegen hatten.

»Tut mir leid, Sie ausgerechnet heute Abend stören zu müssen, Bennie«, sagte der Brigadier. »Aber wir haben hier ein Problem.«

»Und zwar ein gravierendes«, fügte Afrika hinzu.

Kolonel Nyathi nickte.

Der Brigadier zögerte mit angehaltenem Atem, als gäbe es viel zu sagen. Dann überwand er sich und schob ein Blatt Papier über den Tisch. »Fangen wir einfach damit an.«

Griessel zog das Blatt zu sich heran und begann unter den Blicken der vier anderen zu lesen.

[email protected]

Gesendet: Samstag, 26. Februar, 16:51

An: [email protected]

Betreff: Hanneke Sloet – ich habe Sie gewarnt!

Heute sind es genau 40 Tage, seitdem Hanneke Sloet ermordet wurde. 40 Tage, in denen alle Beweise unter den Teppich gekehrt wurden. Denn Sie wissen, warum sie ermordet wurde.

Dies ist meine fünfte Nachricht, aber Sie haben bisher nicht reagiert. Damit zwingen Sie mich zum Handeln. Heute werde ich einen Polizisten ins Bein schießen. Ich werde jeden Tag auf einen Polizisten schießen, bis Sie den Mörder anklagen.

Wenn bis morgen nicht eine Zeitungsmeldung erscheint, in der Sie ankündigen, den Sloet-Fall neu aufzurollen, trifft mein nächster Schuss nicht mehr nur ins Bein.

Die Mail war nicht signiert. Griessel blickte auf.

»Wie Sie sehen, ist sie heute Morgen abgeschickt worden«, sagte der Brigadier. »Und heute Abend wurde Konstabel Brandon April von einem Heckenschützen auf dem Parkplatz der Dienststelle Claremont ins Bein geschossen. Um kurz vor sieben.«

»Ein Schuss aus weiter Entfernung«, fügte Afrika hinzu. »Wir wissen noch nicht, wo sich der Dreckskerl versteckt hatte.«

»Das Knie ist hin«, ergänzte Nyathi auf Englisch. »Zerschmettert.«

»Ein junger Mann«, sagte Afrika. »Wird nie wieder normal laufen können. Dieser verdammte Scheißkerl«, fuhr er fort und zeigte auf den E-Mail-Ausdruck in Griessels Händen, »hat mich schon vier Mal angeschrieben. Wirre Mails, die überhaupt keinen Sinn ergeben.« Er tippte auf die vor ihm liegende Akte. »Sie werden schon sehen.«

Der Brigadier lehnte sich nach vorn. »Damit wollen wir sagen, dass Sie den Fall Sloet neu aufrollen werden, Bennie.«

»Ich habe den Brigadier persönlich gebeten, Ihnen die Ermittlungen anzuvertrauen«, ergänzte Afrika.

»Cloete spricht augenblicklich mit den Sonntagszeitungen. Er sagt, möglicherweise könnten wir noch etwas im Lokalteil des Weekend Argus und des Rapport unterbringen«, sagte Manie. Cloete war der Verbindungsoffizier und Pressesprecher der SAPD, der sich mit den Medien herumschlagen musste.

»Wir wenden uns auch an den Rundfunk, wissen aber noch nicht, ob das etwas nützt«, sagte Afrika.

»Ein ziemlicher Schlamassel«, ergänzte Nyathi, und die Falte zwischen seinen Augenbrauen vertiefte sich. »Gelinde gesagt.«

»Wenn es einer schafft, dann Sie, Bennie. Wir stehen hinter Ihnen. Wir alle.«

Griessel legte das Blatt Papier auf den Tisch, zog sein neues, modisches Jackett zurecht und fragte: »Hanneke Sloet … das war doch die Anwältin, oder?«

3

»Richtig«, antwortete Manie und schob Griessel die Akte hinüber. »Mitte Januar. Groenpunt hat in dem Fall ermittelt …«

Griessel nahm den dicken Packen mit Dokumenten an sich und versuchte, sich zu erinnern, was er über den Sloet-Mord gehört hatte. Vor sechs Wochen hatten sämtliche Medien groß darüber berichtet, und bei den Kollegen war der Fall in aller Munde gewesen.

»Nur fünf Straßen von meinem Büro entfernt, in ihrer schicken Wohnung«, sagte Afrika. »Erstochen.« Dann schob er fast apologetisch hinterher: »Mit einem Riesenmesser.«

Der Brigadier seufzte. »Die Ermittlungen haben zu keinem Ergebnis geführt. Sehen Sie sich mal das Falltagebuch an; daraus geht hervor, dass die Kollegen wirklich alles Menschenmögliche getan haben.«

Griessel schlug Teil C der Akte auf, der das SAPD-Formular enthielt, blätterte es rasch durch und überflog die ausführlichen, akribischen Aufzeichnungen.

»Sie wissen doch, wie das seit dem Steyn-Fall geht«, fuhr Afrika fort. »Alle sichern sich doppelt und dreifach ab, keiner geht mehr ein Risiko ein. Die Spurensicherung hat sauber gearbeitet, und die Routineermittlungen lassen an Gründlichkeit nichts zu wünschen übrig – die Kollegen haben Hinz und Kunz befragt, ohne auch nur ein halbwegs plausibles Motiv zu finden.«

»Abgesehen davon, dass sie Anwältin war«, fügte Nyathi philosophisch hinzu. »Dicke Fische unter den Mandanten. Viel Geld.«

»Auch wahr …«, sagte Afrika.

»Ein Gelegenheitsverbrechen«, spekulierte Nyathi. »Unlösbarer Fall.«

Afrika seufzte. »Außerdem stehen wir vor dem Problem, dass die Kollegen von Groenpunt nicht feststellen konnten, ob etwas gestohlen wurde. Sie hat am dritten Januar die Wohnung bezogen und ist am achtzehnten ermordet worden. Sie hatte nicht mal fertig ausgepackt.«

»Vielleicht verraten wir lieber nicht zu viel«, schlug Manie dem General diplomatisch vor. »Wir wollen doch, dass Bennie möglichst unvoreingenommen einen Blick darauf wirft. Er soll die Akte noch einmal von A bis Z durchforsten, auf der Suche nach irgendetwas, was wir vielleicht bisher übersehen haben.«

Afrika nickte.

Griessel nahm noch einmal das Blatt mit der E-Mail zur Hand. »Brigadier, was will er damit sagen, dass Beweise unter den Teppich gekehrt würden und dass Sie wüssten, warum sie ermordet wurde?«

Ehe Manie antworten konnte, erwiderte Afrika heftig: »Das ist Blödsinn, Bennie, völliger Blödsinn! Sie sollten mal seine anderen Mails sehen, die sind gespickt mit den abstrusesten Anschuldigungen. Wir beschützten die Kommunisten, die Gottlosen, weiß Gott wen alles!«

»Der Typ ist durchgeknallt«, bemerkte Nyathi. »Ein weißer Rassist. Er hasst uns, er hasst die Regierung, hasst Schwule, hasst einfach jeden.«

»Ein Terrorist, das ist er, ein Terrorist, der sich hinter einer anonymen E-Mail-Adresse versteckt. Nicht rückzuverfolgen.« Jetzt schob Afrika eine dünne Akte zu Bennie hinüber. »Hier sind die anderen Mails. Ich bin sicher, Sie werden unsere Einschätzung teilen.«

Ob er in dem Anschlag durch den Heckenschützen auch ermitteln sollte?

Der Brigadier sah ihm seine Unsicherheit offenbar an, denn er sagte: »Sie wissen doch, wie das mit diesen Verrückten ist, Bennie – manchmal fixieren sie sich auf einen bestimmten Fall. Aber wenn es einen Zusammenhang zwischen dem Schützen und dem Sloet-Mord gibt und wir haben ihn übersehen … Die CATS verfolgt den Schützen, Kolonel Du Preez leitet die Sonderermittlungsgruppe.«

»Wir setzen Mbali als Ermittlerin ein, Brigadier«, meldete Du Preez. »Sie ist gestern aus Amsterdam zurückgekommen.«

»Amsterdam, oh, Amsterdam«, bemerkte Afrika kopfschüttelnd, aber wohlwollend.

»Die gute Mbali …«, ergänzte Nyathi und lächelte milde.

In der Einheit brodelte seit einer Woche die Gerüchteküche wegen »des Zwischenfalls in Amsterdam«. Die korpulente Mbali Kaleni, die bereits seit sechs Monaten bei Du Preez CATS-Gruppe arbeitete, hatte mit einigen anderen Kollegen zusammen in Amsterdam eine Fortbildung besucht und sich dort laut SAPD-Buschtelefon ein ziemliches Missgeschick geleistet. Doch trotz aller spitzfindigen Spekulationen auf den Fluren wusste niemand genau, was vorgefallen war. Außer der Führungsebene, aber die schwieg wie ein Grab.

»Sie werden alle Hände voll zu tun haben, Bennie, aber es ist wichtig, dass Sie über die Fortschritte des CATS und dessen Ermittlungsschwerpunkte Bescheid wissen. Und wenn Sie auf etwas stoßen, was den Kollegen weiterhilft …«

»Sie wissen, wie wir arbeiten, Bennie«, fiel Kolonel Du Preez ein. »Als ein großes Team …«

Griessel nickte.

Nyathi verschränkte seufzend die Arme. »Bennie, wenn das durchsickert, dass wir erpresst werden und ein Verrückter auf Polizisten schießt … Medien im Blutrausch, Öffentlichkeit in Panik.«

»Cloete wird den Knieschuss des Konstabels den Medien verschweigen, nur damit Sie Bescheid wissen, Bennie«, sagte Manie. »Bitte gehen Sie vorsichtig mit den Journalisten um. In Groenpunt hat übrigens Adjutant-Offizier Nxesi die Ermittlungen in dem Sloet-Fall geleitet. Sie können ihn jederzeit anrufen, er steht zu Ihrer Verfügung.«

»Sie haben die Unterstützung unseres gesamten Teams«, versprach Nyathi.

»Ich will Sie ja nicht noch zusätzlich unter Druck setzen, Bennie«, sagte Afrika mit großem Ernst, »aber Sie müssen Dampf machen. Dieser verrückte Scheißkerl wird weiter Polizisten abknallen, bis Sie den Fall gelöst haben.«

Um halb zehn an diesem Samstagabend ging Griessel durch die totenstillen, breiten Flure im Gebäude der Valke zu seinem Büro. Er wunderte sich über den Einfluss, den der Steyn-Fall, auf den Manie eben verwiesen hatte, während des letzten Jahres auf die SAPD gehabt hatte.

Estelle Steyn war eine junge Köchin gewesen, die gerade ihre Ausbildung beendet hatte. Vor achtzehn Monaten war sie in ihrem kleinen Stadthaus in Pinelands mit einem Stück Stoff, vermutlich einer Krawatte, erwürgt worden. Es gab keine Spur von Einbruch, Diebstahl oder sexuellen Übergriffen – es musste jemand gewesen sein, den sie gekannt und dem sie vertraut hatte. Ihr krawattentragender Verlobter zum Beispiel, der finstere, emotionslose KPMG-Consultant mit den kalten Augen und einem Haustürschlüssel. Er war innerhalb von zweiundsiebzig Stunden verhaftet und angeklagt worden, und sowohl die Medien als auch die Öffentlichkeit, die den Fall wie gebannt verfolgten, hatten ihn sofort für schuldig befunden. Denn Estelle Steyn war ein lebenslustiges, fröhliches Energiebündel und laut ihrer Kollegen eine brillante Köchin mit glänzender Zukunft gewesen. Neben ihrer blonden, lächelnden Schönheit auf den Zeitungstitelseiten hatte das Foto des Verlobten, dessen kalter Blick die Kamera mied, düster und unsympathisch gewirkt. Er sah aus wie ein Mann, dessen Schuld schwer auf seinen Schultern lastet.

Und dann kam es zum Prozess.

Die Verteidigung hatte wie ein Rudel Wildhunde die schwachbrüstige Tatortanalyse, die Einseitigkeit der Ermittlungen und die kreativen Meinungsumschwünge der Zeugen der Anklage zerfetzt. Nach sieben Monaten der Sensationsberichterstattung war der Verlobte als freier Mann aus dem Gerichtssaal spaziert.

Die Medien hatten auf die Polizei eingeprügelt und Zeter und Mordio geschrien, die Bevölkerung war schockiert. Jetzt noch wurden Fachbücher zu Bestsellern, in denen Kriminologen und erfahrene Kriminaltechniker jeden Fauxpas der SAPD analysierten. Wieder und wieder hatte die Opposition im Parlament den Fall als Druckmittel gegen die Regierung benutzt – der Ruf der Polizeibehörden hatte schwer gelitten.

Mit der Karriere des leitenden Ermittlungsbeamten, Fanie Fick, war es aus und vorbei. Inzwischen saß er hinter den Kulissen bei den Valke am Schreibtisch, umgeschult zum Computerermittler. Es war sonnenklar, dass für ihn jede weitere Beförderung ausgeschlossen war. Jeden Nachmittag pilgerte er ins Drunken Duck in Stikland, um zu vergessen.

Aus diesem Grund war die Sloet-Akte, die Griessel jetzt in sein Büro brachte, so peinlich genau, ausführlich und regelkonform geraten – die Wunden waren noch frisch, die Polizeibehörden in ihrer Ehre tief gekränkt, die Angst vor einem weiteren Opfer in den eigenen Reihen, vor Prügel und Kritik von ganz oben, von den Medien und der Öffentlichkeit war groß.

Deswegen hatte General Afrika heute Abend an dem Treffen teilgenommen und einen ganz bestimmten Ermittler angefordert.

Die Angst vor einem erneuten Desaster steckte dahinter, dass die Valke, die sonst so hartnäckig auf ihre Autonomie pochten, die Einmischung eines Provinzial-Kripochefs akzeptiert hatten.

Angst, dachte er, war auch der Grund, warum sie sich jetzt von dem Attentäter erpressen ließen. Früher hätte sich die SAPD nicht von den Drohungen eines Heckenschützen einschüchtern lassen.

Seufzend schloss Griessel seine Bürotür auf. Da braute sich gewaltiger Ärger zusammen.

Das würde kein Spaziergang werden.

Er legte die Akten auf dem Schreibtisch nebeneinander und öffnete zuerst die dünne, die ihm John Afrika gegeben hatte. Der Reihe nach las er die E-Mails, wobei er sich anfangs nur schlecht konzentrieren konnte, weil an diesem Abend einfach zu viel auf einmal geschehen war.

[email protected]

Gesendet am: Montag, 24. Januar, 23:53

An: [email protected]

Betreff: Hanneke Sloet

Sie wissen genau, wer Hanneke Sloet ermordet hat! Verhaften Sie diesen Kommunisten, oder ich bringe alles in die Medien!

Die zweite war wesentlich länger:

[email protected]

Gesendet am: Montag, 24. Januar, 23:53

An: [email protected]

Betreff: Hanneke Sloet, fahrt zur Hölle!!!

Ihr seid Gottlose und Sünder! (Timotheus 1, 9; Sprichwörter 17, 23)

Die Wahrheit über den Kommunisten und seine Bestechungsgelder an euch wird herauskommen. Ihr seid alle gleich korrupt! Euch bleibt nicht mehr viel Zeit.

1 Timotheus 1, 9–10: Und bedenkt, daß das Gesetz nicht für den Gerechten bestimmt ist, sondern für Gesetzlose und Ungehorsame, für Gottlose und Sünder, für Menschen ohne Glauben und Ehrfurcht, für solche, die Vater oder Mutter töten, für Mörder, Unzüchtige, Knabenschänder, Menschenhändler, für Leute, die lügen und Meineide schwören und all das tun, was gegen die gesunde Lehre verstößt.

Sprichwörter 17, 23: Bestechung aus dem Gewandbausch nimmt der Frevler an, um die Pfade des Rechts zu verkehren.

Sprichwörter 21, 15: Der Gerechte freut sich, wenn Recht geschieht, doch den Übeltäter versetzt das in Schrecken.

Die dritte Mail war deutlicher:

Gesendet am: Sonntag, 6. Februar, 22:47

[email protected]

An: [email protected]

Betreff: Hanneke Sloet – ihr habt sie auf dem Gewissen!

Ihr habt drei Wochen, um den Mörder von Hanneke Sloet zu verhaften. Der Prozess, der der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfe, hat begonnen.

Ich habe euch zwei Mal gewarnt, aber ihr habt nichts unternommen. Könnt ihr und eure kommunistischen Bettgenossen die Folgen mit eurem Gewissen vereinbaren? Ihr lasst mir keine andere Wahl.

Es wird Recht geschehen.

Die vorletzte war vor dreizehn Tagen gekommen, am Sonntag, den 13. Februar:

Jegliches hat seine Zeit. Eure ist beinahe gekommen. In zwei Wochen werde ich euch zwingen, den Mörder von Hanneke Sloet zu verhaften. So wie ihr mich zwingt, das Recht in die eigenen Hände zu nehmen.

Kohelet 3: Alles hat seine Stunde:

Vers 3: eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen, eine Zeit zum Niederreißen, eine Zeit zum Bauen.

Vers 8: eine Zeit für den Krieg und eine Zeit für den Frieden.

Griessel ordnete die fünf E-Mails nebeneinander an und ließ den Blick zwischen ihnen hin- und herwandern.

Dann las er sie noch einmal von vorn.

4

Er stützte das Kinn in die Hände und dachte nach.

Die Daten der E-Mails. Die Schreiben waren systematisch in immer kürzeren Abständen gekommen. Die ersten beiden lagen eine Woche auseinander. Die nächste kam sechs Tage später. Nach fünf Tagen war eine weitere eingetroffen. Ein ziemlich fester Rhythmus. Nur die letzte E-Mail wich davon ab.

Alle waren spätabends versendet worden.

In der ersten und zweiten Mail spielte der Erpresser auf einen »Kommunisten« an. Dann wurden »Mörder« daraus. Und dann »kommunistische Bettgenossen«. In der letzten dann wieder »Mörder«, im Singular.

Der plötzliche Sprung zu den Bibelversen, so dass sich fast der Eindruck eines Kreuzzugs aufdrängte. Der letzte Text hingegen klang selbstbewusster. Zielstrebig. Hier war ein Mann mit einer Mission.

Ihm war klar, warum John Afrika und Zola Nyathi den Absender für irre hielten. Alles deutete lehrbuchreif darauf hin: Verrückte zogen nachts ihre Aktionen durch, schaukelten sich mit der Zeit hoch und kommunizierten immer regelmäßiger. Sie riefen an, mit verstellter Stimme und anonym, oder schrieben zusammenhangloses Zeug, oft rassistisch, voller bizarrer Verschwörungstheorien oder apokalyptischer Visionen, nach dem Motto: Das ist die Rache Gottes für ein sündhaftes Land.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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