Sparks of Joy - Verena Unsin - E-Book

Sparks of Joy E-Book

Verena Unsin

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Beschreibung

Autorin Verena Unsin legt nach "Sparks of Hope", ihrem Debutroman im Genre Faithful New Adult, mit einem zweiten Liebesroman nach: "Sparks of Joy" verbindet ernste Klänge, sanfte Romantik und authentischen Glauben. Die junge, hübsche Silia hat eigentlich alles, was man sich wünscht, aber trotzdem fühlt sie sich wie die größte Versagerin. Ihr Studium hat sie in den Sand gesetzt und muss zähneknirschend wieder zu Hause einziehen, mit ihrem makellosen Freund kann sie nicht mithalten und der Gott ihrer Kindheit hat sie anscheinend auch im Stich gelassen. Ausgerechnet jetzt muss sie ihr Zuhause mit dem neuen nervigen Mitbewohner Philipp teilen, der mit einer körperlichen Einschränkung anscheinend völlig unbeschwert durchs Leben schreitet. Was ist bloß sein Geheimnis? Und wieso gibt er ihr das Gefühl, so viel mehr in ihr zu sehen, als sie selbst?

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Die Bibelstellen folgen dem Bibeltext der Neuen Genfer Übersetzung – Neues Testament und Psalmen. Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft. Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten.

© 2023 Brunnen Verlag GmbH Gießen

Lektorat: Carolin Kotthaus

Umschlagfoto: Verena Unsin

Umschlaggestaltung: Daniela Sprenger

Satz: Brunnen Verlag GmbH

ISBN Buch 978-3-7655-2148-5

ISBN E-Book 978-3-7655-7837-3

www.brunnen-verlag.de

Für meine Herzensfamilie im Schwarzwald & Jutta.Ihr seid die besten „Rückzugsorte“,bei euch durfte einiges von Sparks of Joy wachsen.Danke für diesen Raum – sowohl in eurem Heim als auch im Herzenund eure jahrelange Freundschaft!

Inhalt

TRIGGERWARNUNG

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Nachwort & Dank

Lyrics – Sparks of Joy

Triggerwarnung

Hallo, du wunderbarer Mensch,

in diesem Buch werden Themen wie Body-Image, Aussehen und Ernährungszwänge erwähnt.

Wenn dich solche Dinge belasten, bitte ich dich, vorsichtig zu sein, und das Buch mit gesundem Abstand zu lesen.

Mir ging es nicht darum, irgendeinen Lebensstil zu verurteilen, sondern nur zu hinterfragen, wann Dinge wie Sport oder Ernährung gepaart mit Druck von anderen Menschen jemanden in eine Art Gefängnis bringen können, das von Selbstannahme abhalten kann.

Ich will dir sagen, dass du, egal wie du dein Aussehen empfindest, unersetzbar und geliebt bist.

Solltest du bezüglich der Inhalte Bedenken haben, dann nimm Kontakt zu anderen Lesern, die das Buch bereits kennen, oder auch direkt zu mir auf.

Deine Verena

1

I wish I told you, a little while ago

Vor vier Tagen – OKTOBER

Silia drückte auf die Türklingel – sie war mehr als nervös! In ihrem Magen schienen keine Schmetterlinge zu flattern, wie das immer so poetisch beschrieben wurde, sondern alles war in Aufruhr. Wenn man schon einen Vergleich suchte, dann konnte man eher von einer Tausendfüßler-Achterbahn sprechen.

Vielleicht war er auch gar nicht zu Hause? Der Name an der Klingel war richtig, da bestand kein Zweifel. Plötzlich wurde die alte Mietshaustür mit Schwung aufgerissen und er stand vor ihr. Auf seinen Schultern ein Rucksack, seitlich baumelte eine Trinkflasche und auf der anderen Seite war eine ganz klein gepackte blaue Isomatte mit Gurten festgezurrt. Er trug eine graublaue Wanderhose und eine passende Softshelljacke. Offensichtlich war er gerade auf dem Weg zu einem Bergausflug.

„Silia.“ Er schien irritiert, klang nicht unbedingt erfreut, sie zu sehen.

„Hi. Überraschung.“ In ihrem Kopf hatte die Begrüßung besser geklungen.

Bescheuerte Idee, absolut bescheuert. Denen würde sie gehörig den Kopf wasehen. „Rede mit ihm. Du kannst ihn doch einfach besuchen …“ Toll. Gaaaaanztoll. Was für ein Ratschlag! Das hatte sie nun von dieser kopflosen Aktion. Die funktionierten doch nur im Kino.

„Ich würde dir ja einen Kaffee anbieten, aber ich werde gleich abgeholt.“ Das war nicht unfreundlich, eher bedauernd.

„Ach so.“ Ihr ganzer Mut zerfiel wie die Sandburgen ihrer Kindheit, wenn die Flut zurückkehrte. Nun war ihr das Ganze nur noch peinlich und sie versuchte, einen Weg aus dieser Bredouille zu finden. „Ich war nur … zufällig auf der Durchreise und da dachte ich, ich bin mal spontan und schaue mir deine Studentenbude an …“ Das klang in ihren Ohren völlig lahm.

„Fände ich klasse, dir die große Sightseeing-Tour meiner 50 Quadratmeter zu geben …“ Er schenkte ihr ein Lächeln, das sein ganzes Gesicht umfasste.

Aus dem Augenwinkel sah sie einen blauen Van in die Straße einbiegen. Er hielt vor dem Wohnhaus.

„Aber wir fahren jetzt drei Tage in die Berge. Erlebnispädagogik-Seminar. Also live.“ In seinen Augen konnte sie sehen, dass er sich darauf freute.

„Ja, wow. Das ist natürlich voll dein Ding.“

Die Schiebetür des Vans öffnete sich. „Na, bist du bereit?“, rief eine junge Frau in roter Outdoorjacke. Ein weiterer seiner, wie sie vermutete, Kommilitonen streckte ebenfalls den Kopf hinaus. „Auf geht’s, wir sind spät dran.“

Silias Herz schien sich in ihr zusammenzuziehen. Das waren seine Freunde vom Studium. Coole Leute, genauso abenteuerlustig und bergsportvernarrt wie er. Was hatte sie sich vorgemacht? Sie passte einfach nicht zu ihm.

Er schien zu zögern. Warf dem Bus einen Blick zu, dann sah er wieder zu ihr. „Es tut mir wirklich leid …“, setzte er an.

„Ach was, wie gesagt, war wirklich nur ganz spontan. Ich muss sowieso auch gehen. Ich … fahre gleich noch weiter …“ Schneller, als sie vorgehabt hatte. „Meinen Bruder besuchen.“

Sein Blick verriet Skepsis. Logisch, denn Levis Wohnort lag ganz und gar nicht auf dem Weg. Innerlich schimpfte sie sich aus. Ich bin so blöd.

„Dann fahren wir ja in dieselbe Richtung. Unser Seminar ist im Bayerischen Wald.“ Vom Bus erklang ein Hupen.

„Ja, sieht so aus. Viel Spaß.“ Hoffentlich ging er jetzt endlich. Sie wusste nicht, wie lang sie noch ihre Emotionen im Zaum halten konnte.

„Tut mir echt leid, dass ich jetzt wegmuss. Ich würde mich freuen, wenn du ein andermal vorbeikommst. Vielleicht rufst du vorher kurz an?“ Seine Stimme klang freundlich und so, als meine er das auch.

„Klar.“ Mehr fiel ihr nicht ein.

Er schien zu zögern, ob er sie kurz umarmen sollte, doch dann lächelte er ihr zu und nickte. „Also dann … Bis bald?“

„Mhm.“

Ja, bald. Oder nie. Wahrscheinlich sollte es einfach nicht sein.

Sie beobachtete, wie er sein Gepäck in den Bus lud und einstieg. Bevor er die Schiebetür zuzog, meinte sie noch zu hören, wie jemand fragte: „Wer war denn das?“

Seine Antwort konnte sie nicht hören, doch er hob noch einmal seine Hand zum Gruß hinter der Scheibe.

Dann startete der Motor und sie verschwanden.

Silia ging zurück zu ihrem Auto und ließ sich in den Sitz fallen. Tränen begannen, ihren Blick zu verschleiern. Nein, er brauchte sie nicht und wollte sie bestimmt auch gar nicht. Sie war nicht so wie diese Pfadfinder-Typen, diese happy Camper und Höhenrauschfans. Sie war einfach nur Silia.

2

I wish I held you close In this moment of truth

Vor drei Tagen – OKTOBER

„Seibert, rufen Sie Ihre Frau an, dass Sie nicht so bald heimkommen. Wir kriegen gleich ein Polytrauma.“

Levi sah von seinem Handy auf, das er gerade aus seiner Hosentasche gezogen hatte.

Luke, seine Frau, hatte ihm vor ein paar Stunden geschrieben, ob er es zum Abendessen schaffen würde. Das konnte er nun sicher mit „Nein“ beantworten.

Sein Vorgesetzter war schon fast wieder aus der Umkleide.

„Details?“, rief er ihm nach.

„Heli in zehn. Ich weiß bisher auch nur: Sportunfall, männlich, 22, Kletterer. Bergwacht hat ihn geborgen.“

Das klang nicht besonders verheißungsvoll. Absturz? Bei Polytrauma sprach alles dafür.

Levi klickte sich zu seinen Kontakten, tippte auf „Lucky Luke“ und wartete, bis sich nach ein paarmal Klingeln seine Lieblingsstimme meldete. „Hi. Wie ist die Lage?“

„Ich muss gleich wieder in den OP. Klingt ernst. Aber auch spannend.“

Luke hörte sich ein kleines bisschen enttäuscht an. „Na, dann viel Spaß.“

„Tut mir leid. Das nächste Wochenende hab ich frei.“

„Da kommt Sofie. Musst du mich halt mit ihr teilen.“ In ihrer Stimme klang ein leicht neckender Ton mit.

Er lachte. „So lang ich dich wenigstens mal wiedersehen kann … Und sie uns nicht wieder nach irgendwelchen Babynamen fragt.“

Luke schnaubte verächtlich. „Du weißt ganz genau, dass sie das tun wird. Und sie wird die gleiche Antwort wie immer bekommen: Ich hab einen Mediziner geheiratet – der weiß genau, wie man das mit dem Kinderwunsch noch ein bisschen rauszögert.“

Wieder musste er lachen. „Da ich dich kaum zu Gesicht bekomme, ist das ja auch nicht schwer. Tut mir echt leid wegen heute Abend, aber ich lern hier gerade so viel.“

„Weiß ich doch, und jetzt beweg deinen heißen Hintern, sonst fangen die noch ohne dich zu operieren an.“

Lachend gab er zurück: „Ohne Narkose bestimmt nicht. Lieb dich, bis bald.“

„Ich dich auch.“ Er wurde nicht müde, sie das sagen zu hören. Dann fügte sie noch an: „Viel Kraft.“

Er schob das Handy zurück in seine Tasche und zwang sich, nicht weiter an diese Frau zu denken, die sich zu Hause gerade durch ihren Unistoff ackerte, und einfach sein absolutes Ein und Alles war.

Wenig später stand er in voller Montur neben Dr. Wagenstein im Schockraum und wartete, dass der Notfallmediziner ihnen den Patienten übergab. Er versuchte, nichts zu verpassen, was von ihm gefordert wurde. Die Infos wurden in Eiltempo abgespult: Rippenserienbrüche und Pneumothorax rechts, Kopfplatzwunde mit Verdacht auf Schädelhirntrauma, Milzlazeration und Tibiafraktur … Der Patient kam bereits intubiert, beatmet und mit Thoraxdrainage, die mussten sie jetzt neu steril anlegen. Doch mitten in der Hektik gefror ihm plötzlich das Blut in den Adern.

„He, Seibert!“

Er fuhr zusammen, denn ihm war nicht bewusst, dass er vor sich hingestarrt hatte.

Dr. Wagenstein sah ihn tadelnd an.

Levi schloss eilig zu ihm auf und trat neben die Liege mit dem Patienten. „Ich kenn ihn.“

„Was?“

„Das ist der Bruder meines besten Freundes.“ Er warf einen Blick auf das Datenblatt.

Ja, schwarz auf weiß: Phillip Sonnleitner. Und ein Blick in das Gesicht unter der Sauerstoffmaske gab ihm die nötige Gewissheit, dass es sich nicht um eine Namensdopplung handelte.

„Oh.“ Dr. Wagenstein musterte ihn kritisch. „Meinen Sie, Sie können sich konzentrieren?“

Levi holte tief Luft und nickte. Fokus.

Wie schlimm war Phil verletzt?

Wussten es seine Eltern schon? Und Jo …?

O nein! Wusste Silia davon?

3

You came in, I stumbled over you

Vor sechs Monaten – APRIL

Lächerlich. Was sollte diese Nachricht bedeuten? Silia starrte auf ihr Handy.

Kevin war mal wieder äußerst kryptisch mit seinem „Later Babe“.

Das war doch keine Antwort auf ihre Frage! Würde er sie nun abholen oder nicht?

Wenn nicht, hieße das nämlich, sie müsste sich beeilen, da ihr Bus bald fuhr – und der nächste würde erst in einer Stunde kommen.

„Frau Seibert, sie haben doch bestimmt noch ein bisschen Zeit?“ Die übertrieben zuckersüße Stimme ihrer Chefin ließ sie aufschrecken. Schuldbewusst ließ sie ihr Handy in ihrer Handtasche verschwinden.

„Äh … ja, natürlich … ich meine … was …?“

„Wunderbar. Dann könnten sie sich noch rasch um diese Kopien kümmern, ja? Die braucht Herr Huber morgen für den Kunden in dreifacher Ausführung.“

Mit Grauen sah Silia den Berg von mindestens fünfzig Seiten an. „Und dann noch binden, ja? Soll ja einen professionellen Eindruck machen.“

Sie verkniff sich, dass es, wenn sie einen professionellen Eindruck machen wollten, vielleicht angebracht wäre, einfach eine Beamer-Präsentation zu machen oder die Unterlagen dem Kunden digital zu senden. Aber was tat dieser dumme Job, den sie hatte annehmen müssen, auch anderes, als ihr das Kaffeekochen und Kopieren zuzuschieben, als ob sie sonst zu nichts nütze sei? Ihre Motivation hielt sich daher in Grenzen.

Als sie endlich das Büro verlassen konnte, war sie natürlich die Letzte und musste alles abschließen.

Jeden Morgen musste sie sich zwingen, aufzustehen und hierherzukommen, sich das Getratsche anzuhören oder die heimlichen Blicke mancher Kollegen zu bemerken, die ihre Rocklänge musterten. Sie war sich nicht sicher, was eigentlich deren Problem war. Warum hatte sie heute morgen nur die High Heels angezogen? Ja, sie wollte sie einlaufen und außerdem war die Farbe einfach zuckersüß, aber damit konnte sie nun unmöglich zum Bus rennen. Dem letzten Bus, der heute fahren würde.

Mit einem Seufzer sah Silia zum Himmel auf. Es wirkte so, als könne es jeden Moment einen Frühlingsschauer geben. Das frische Grün der langsam sprießenden Blätter sah wunderschön aus, doch sie hatte keine Zeit, die wieder aus ihrem Winterschlaf erwachende Natur zu genießen.

Widerwillig schlüpfte sie aus ihren Schuhen – das würde das Ende ihrer Feinstrumpfhose bedeuten, aber sie musste jetzt rennen! Die Schuhe schaukelten in ihrer Linken. Ihre Rechte presste die Handtasche gegen ihren Körper, damit sie beim Laufen nicht dauernd gegen ihre Seite schlug. Das Seitenstechen ließ nicht lange auf sich warten.

Als sie um die Ecke bog, sah sie gerade noch die roten Rücklichter der Buslinie 4 von der Haltestelle verschwinden. Frustriert stöhnte sie auf. Sie verlangsamte ihr Tempo – und spürte etwas Weiches unter ihren Zehen.

„Oh, Scheiße!“ Denn das entsprach leider den stinkenden Tatsachen.

Warum war sie heute morgen nicht einfach im Bett geblieben?

Sie versuchte ihren Fuß notdürftig an einem traurigen Grasflecken neben dem Gehweg abzustreifen, merkte aber, dass die widerliche Hunde-Hinterlassenschaft schon durch das feine Material ihrer Strumpfhose gedrungen war. Es roch abartig und so konnte sie unmöglich weitergehen. An den Fersen der Strümpfe waren bereits Löcher. Sie stellte ihre Schuhe auf den Boden, sah sich kurz um und versuchte, sich so unauffällig wie möglich der Strumpfhose zu entledigen.

Ein Auto hupte, und sie fuhr herum. Aus dem Beifahrerfenster hing ein Typ heraus. „Woohoo, Süße! Mach nur weiter!“

Ihre Wangen brannten. „Arschloch!“, murmelte sie, aber traute sich nicht, etwas hinterherzurufen, als das Auto mit aufheulendem Motor an ihr vorbeibrauste. Am liebsten hätte sie ihm ihre eingesauten Strümpfe ins Gesicht gepfeffert. Blödmann! Sie warf die Strümpfe in den Müll neben der Haltestelle, und während die ersten Tropfen zu fallen begannen, lief sie barfuß weiter. Diesmal aber langsamer und den Blick auf den Boden gerichtet.

Sie schaute noch zweimal, ob Kevin sich nicht doch gemeldet hatte, doch Fehlanzeige. Der Regen wurde stärker, ihre Füße taten weh und ihr Blazer war bald durchweicht. Der Heimweg war an sich gar nicht so weit, doch sie musste ein Stück bergauf laufen und als sie endlich ihr Elternhaus erreichte, war ihre Stimmung auf dem Nullpunkt.

Im Hauseingang lagen mal wieder die dreckigen Fußballschuhe ihrer jüngsten Schwester Louise im Weg. Silias ganzer angestauter Ärger machte sich Luft: „Hooooah, Louise! Räum deine Scheißschuhe gefälligst auf, damit hier nicht jeder immer drüber stolpern muss!“

Ihr Schock war groß, als ihre Mutter im nächsten Augenblick mit einem wildfremden jungen Typen im Flur erschien. Sie waren offensichtlich aus dem oberen Stockwerk gekommen.

„Hallo Schatz, Louise ist nicht zu Hause. Ich glaube, ihre Schuhe sind vom Regal gefallen.“ Ihre Mutter musterte das überquellende Schuhregal. „Was ja auch kein Wunder ist. Vielleicht solltest du ein paar deiner Schuhe oben in deinem Schrank unterbringen?“

Das war das Letzte, was sie jetzt noch brauchen konnte. Einen Kommentar über ihre Schuhsammlung. Sicher hatte Louise ihre Schuhe einfach nur hingepfeffert. Da mussten die ja runterfallen! „Wie wäre es, wenn Louise einfach ihre Dreckschuhe im Keller aufbewahrt?“, schnappte sie deshalb wütend zurück.

„Das besprechen wir vielleicht ein anderes Mal. Nicht wenn ich Phillip gerade das Haus zeige.“

Silias Blick wanderte zu dem Typen, den sie nicht kannte. Wer in aller Welt war das, und warum machte ihre Mutter eine Hausführung mit ihm?

Der Typ hob leicht die Hand. „Servus.“

Oh, du liebe Zeit, ein Landei!

„Das ist unsere Mittlere, Silia“, stellte ihre Mutter sie ihm vor. In diesem Augenblick wurde ihr peinlich bewusst, wie sie gerade aussehen musste. Der Regen hatte ihre Haare sich wild kräuseln lassen, ihre Füße waren dreckig und schmutziges Regenwasser war auf ihre Beine gespritzt. Noch dazu die durchweichten Kleider – sie musste aussehen wie ein begossener Pudel!

„Phillip, du erinnerst dich? Der Bruder von Jo Sonnleitner.“ Ihre Mutter wies auf den schlanken Kerl, seine blonden Haare waren zu einem unordentlichen Knoten auf seinem Kopf zusammengebunden. Was für ein komischer Bauernhippie war das denn?

Jo … ach ja, Levis Freund, sie hatte ihn bei der Hochzeit kennengelernt, er war Levis Trauzeuge gewesen. Stimmt, der hatte auch so lange Haare. Anscheinend kopierte das sein Bruder. Aber Phillip musste jünger sein als Jo … Er wirkte jungenhaft in seiner Jeans und dem Batman-T-Shirt. Es sah aus wie ein Shirt, das Louise anziehen würde. Wie lächerlich! Er war doch keine zwölf mehr!

„Wüsste nicht, wo wir uns schon mal begegnet sind.“

„Sind wir auch nicht.“ Er schien entspannt. Sein Lächeln war offen und sie musste zugeben, seine Zähne waren schön gerade. Es erinnerte sie an all den Ärger, den sie mit ihrer Zahnspange gehabt hatte.

„Du bist ja pitschnass.“

Das fiel ihrer Mutter ja früh auf! „Musste länger bleiben. Hab den Bus verpasst.“

„Du hättest doch anrufen können … Ich war doch eh unterwegs, Phillip vom Bahnhof abholen.“ Ihre Mutter schien erstaunt.

Innerlich wollte sie schreien. Sie hatte keine Lust, dass man sie bemutterte, als wäre sie immer noch ein Baby. Schlimm genug, dass sie wieder zu Hause hatte einziehen müssen!

Und was sollte dieser Phillip hier? Warum hatte ihre Mutter ihn abgeholt? „Eigentlich hätte mich ja Kevin abgeholt – “

Die hochgezogenen Augenbrauen ihrer Mutter ließen sie verstummen. Ja, aus irgendeinem Grund hielten ihre Eltern bisher nicht so viel von Kevin. Ganz anders als bei Levi mit Luke damals. Die hatten sie sofort ins Herz geschlossen.

Tja, Silia war halt nicht der einzige Sohn … Keine Frage, Silia mochte Luke. Und insgeheim bewunderte sie die Beziehung, die ihr Bruder mit seiner Frau führte. Doch bei jedem Versuch, den sie unternahm, es ihm gleichzutun, schienen ihre Eltern die Luft anzuhalten. Warum dachten sie, sie wäre nicht in der Lage, den „Richtigen“ zu finden?

Was wollten die denn noch? Den Super-Vorzeige-Christen wahrscheinlich. Dabei tat sie sich selbst doch schwer genug, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Wenn sie nicht perfekt war, konnte sie das schlecht von einem Partner erwarten, oder? Ihrem Ex war sie auch nicht „brav“ genug gewesen … Sie hatte es sich abgewöhnt, sich weiter damit abzukämpfen. Sie fühlte sich auch so schon die ganze Zeit ungenügend.

Da kam es ihr gelegen, dass Kevin keine frommen Wünsche an sie stellte – er hatte seine Karriere und seinen Sport. Für Sonntagsgottesdienste sei da keine Zeit, hatte er mal lachend gemeint. Außerdem sei das Rumsitzen nichts für so einen aktiven Menschen wie ihn. Silia hatte daher nicht versucht, ihn mitzuschleifen. Das brachte nichts und Christsein musste ja nicht jeder so interpretieren, wie ihre Eltern sich das vorstellten.

Kevin war perfekt, immer gepflegt, höflich, hatte einen guten Job … Okay, er schrieb unverständliche Nachrichten, aber so waren Männer halt. Silia war doch nicht so dumm und glaubte, es gäbe einen, der nicht mal vergaß, an welchem Tag sie Geburtstag hatte oder dass sie auf Erdbeeren allergisch reagierte. Aber warum hatte sie ihn jetzt überhaupt erwähnt? Das gab ihrer Mutter nur wieder Stoff für Spekulationen … „Kevin … also, ihm kam kurzfristig was dazwischen.“

Wie auf Knopfdruck zirpte ihr Handy. Sie zog es aus der Tasche und sah die Nachricht auf dem Display:

Bin jetzt fertig im Gym. Soll ich dich abholen, Babe?

Die Frage kam ein bisschen spät. Hoffentlich bemerkte ihre Mutter nicht ihr Augenrollen. Sie schob das Handy schnell zurück in ihre Tasche. „Kann ich mich jetzt umziehen gehen? Ich hatte echt einen Scheißtag.“

Der Blick ihrer Mutter spiegelte Besorgnis. „Klar, Schatz. Rubble dich erst mal trocken. Nicht dass du dich erkältest. Bist du etwa barfuß gelaufen?“

Silia stellte ihre Schuhe sorgsam ab. „Na, mit denen hier konnte ich ja schlecht zum Bus rennen.“

Phillip entfuhr ein Nasenlacher.

Sie funkelte ihn böse an, als sie an ihm vorbeiging. Ihr Blick streifte sein Schuhwerk. Abgenutzte Sneakers. Seit wann erlaubte ihre Mutter, dass man im Haus seine Schuhe anbehielt? Aber sie verkniff sich einen Kommentar. Was auch immer der Dorftrottel hier machte, konnte warten. Sie musste sich rasch duschen, ihre Haare bändigen und dann auch noch dringend Kevin antworten.

„Wir essen dann gemeinsam um sieben“, rief ihre Mutter ihr hinterher.

Wie bitte? Silia drehte sich halb auf der Treppe um. „Äh, ich wollt mich noch mit Kevin treffen.“

„Kannst du ihm nicht sagen, dass was dazwischenkam? Ich habe euch extra alle informiert, dass wir einen Gast haben. Wir wollen uns heute Abend ein bisschen kennenlernen.“

Das konnte doch nicht ihr Ernst sein! „Ach, Mama!“ Wann hatte ihre Mutter ihnen was von einem Gast erzählt? Dieser Phillip da? Was ging sie der an?

„Ihr könnt doch auch nach dem Essen was ausmachen … Wird doch nicht so schwierig sein, mal ein Abendessen mit deiner Familie zu verbringen.“ Nun schwang etwas anderes in der Stimme ihrer Mutter mit.

Resignation? Erschöpfung? Oder sogar ein bisschen Traurigkeit?

Silia verstand nicht, woher das kam. Schließlich hockten sie doch genug aufeinander, seit sie vor ein paar Monaten wieder hier eingezogen war! Wenn ihre Finanzlage es erlaubt hätte, dann hätte sie sich ganz bestimmt eine eigene Wohnung gesucht.

Aber sie musste sich erst mal wieder sortieren, was sie nun als Nächstes machen wollte. Das Studium war der Flop gewesen, hatte ihre Ersparnisse verschlungen und lange hatten ihre Eltern sie zu überreden versucht, es weiterzuführen. Am Ende war ihr nichts anderes übrig geblieben, als abzubrechen. Sie hatte fast jede Prüfung versemmelt. Warum hatte sie auch je gedacht, BWL wäre ihr Ding?

Und nun? Back to square one. Ein Scheißgefühl. Als hätte sie ihrem Versager-Ruf wieder einmal alle Ehre gemacht. Warum flog Louise eigentlich alles zu? Sport, Mathe? Und wenn mal nicht, konnte Levi ihr immer helfen. Hatte er bei ihr nicht gemacht, oder?

Gut, wenn sie ehrlich war, hatte sie sein klugscheißerisches Gelaber während der Schulzeit einfach nie hören wollen, und irgendwann hatte Levi kapiert, dass sie auf seine Ratschläge keinen Bock hatte. War im Nachhinein vielleicht ein bisschen dumm gewesen – aber wenn der große Bruder so eine Lichtgestalt war … Puh. Schwer, sich da abzusetzen.

Wenigstens gab es Kevin. Wenn er nicht gerade im Gym oder im Fußballverein steckte.

Ihre Mutter wartete noch immer auf eine Antwort. „Ja, ich kann dann halt nicht so lang“, lenkte sie ein bisschen ein. Dann beeilte sie sich, endlich ins Bad zu kommen.

Um sieben hatten sich alle in der Küche versammelt. Silia fand ihre Haare noch immer katastrophal, aber da musste sie wohl später noch mal mit dem Glätteisen ran. Frisch gewaschen kräuselten sie sich in hellbraunen Wellen. Das hatte sie von ihrem Vater. Sobald dessen Haare länger wurden, begannen sie sich zu locken. Zumindest hatte die heiße Dusche wieder ihre Lebensgeister angefacht.

Sie steckte in ihrer momentanen Lieblingsjeans, nur für das Oberteil hatte sie sich noch nicht entschieden, daher trug sie einfach das T-Shirt von Kaddas geplantem Junggesellinnenabschied, auf dem in Salbeigrün Team Bride und das Datum aufgedruckt waren. Es war zwar noch ein bisschen hin bis zur Feier, aber Kadda war im Organisieren einfach überpünktlich und wollte, dass alle rechtzeitig ihre Shirts hatten, damit sie auch jedem passten! Sonst gebe es keine Zeit mehr nachzubestellen! Ein Wunder, dass sie das Planen des tatsächlichen Junggesellinnenabschieds dann doch noch in die Hände ihrer Schwester und Trauzeugin gegeben hatte.

Kaum zu glauben, dass Kadda tatsächlich im Juni schon heiratete!

Wie konnte es sein, dass Silia erst einige Frösche hatte küssen müssen, bevor sie ihren Prinzen fand? Kevin war jetzt bestimmt der Richtige – drei Monate und es lief immer noch gut! Aber natürlich musste man auch genügend Zeit miteinander verbringen können – warum verstanden ihre Eltern nicht, wenn er nun mal Prio hatte in ihrem Leben?

Sie dachte kurz an Tom. Das Pendeln zwischen Frankfurt und hier hatte einfach gar nicht geklappt und ihre Beziehung gekillt. Und Leo … na ja, da war sie ja eigentlich noch ein Kind gewesen. Der war sich ständig unsicher gewesen, ob sie wirklich die „Richtige“ für ihn war und ob sie ihren Glauben ernst genug nahm und, und, und …

Warum kamen diese bescheuerten Erinnerungen jetzt wieder hoch? Sie hatte doch nun Kevin. Der war easy und fand es auch easy mit ihr. So sollte sich das doch auch anfühlen – oder?

„Silly, kann ich mal das Salz haben?“ Die Frage ihrer Schwester riss sie aus diesem Trip in die Vergangenheit.

„Klar.“ Sie schob es ihr leicht geistesabwesend zu.

„Silly?“, fragte der Unbekannte ihr gegenüber.

Silia verdrehte die Augen. „Können sie sich einfach nicht abgewöhnen. Blödester Spitzname überhaupt. Aber wenn man schon ‚Silia‘ mit sich rumtragen muss …“

„Wir fanden deinen Namen wunderschön. Sonst hätten wir ihn dir nicht gegeben“, schaltete sich ihr Vater beschwichtigend ein.

„Es bedeutet ‚die Blinde‘!“, feuerte Silia genervt zurück.

„Da haben wir es nicht hergeleitet. Es ist eine Form von Cäcilie. Und so hieß meine Mutter.“ Jetzt klang ihr Vater leicht gekränkt. Oma Cäcilie hatte sie nicht wirklich gekannt. Sie war an Krebs gestorben, als Silia noch ein Baby gewesen war. Sie wusste, dass das einer der wunden Punkte ihres Vaters war. Deshalb tat es ihr leid.

Aber Silia hatte ihren Namen nie gemocht. Und die Abkürzung „Silly“, die von ihrem Bruder schon in frühen Jahren genutzt worden war, war noch schlimmer. Seit sie erfahren hatte, dass das auf Englisch „dumm“ bedeutete, hatte sie versucht, ihren Freundinnen diesen Spitznamen zu verbieten. Aber ihr war nicht gelungen, sie auf „Lia“ umzutrainieren.

„Ich hab den Zweitnamen meines Opas. Korbinian. Auch super, oder?“ Phillip lächelte ihr mit einem Zwinkern zu.

„Na, wenigstens hat dein Bruder dir keinen doofen Spitznamen draus gemacht.“

„Der? Der nennt mich Fips. Und daraus wurde dann irgendwann sogar Flips. Was ist schlimmer?“ Phillip lachte unbekümmert.

Sie musste wider Erwarten grinsen. „Flips. Eindeutig.“

Louise, die sich für die ganze Namensdiskussion überhaupt nicht interessierte, langte nach dem Brotkorb. Dabei stieß sie mit ihrem Ärmel gegen Silias Glas, es kippte um und der Inhalt ergoss sich über den Tisch in ihren Schoß.

„Oh, Louise, echt!“ Das war’s dann mit ihrer Lieblingsjeans für heute. Es sah aus, als hätte sie sich eingenässt. Toll, wirklich toll.

„Sorry. War keine Absicht“, entschuldigte sich diese und stand auf, um ihr ein Geschirrtuch zu bringen.

Doch Silia hatte für heute genug. Sie stürmte vom Tisch, um nach einem neuen Outfit zu suchen. Um acht kam Kevin – sie wollte ihn auf keinen Fall warten lassen! Und ihre Haare waren immer noch nicht gerichtet.

„Du hast ja kaum was gegessen“, rief ihre Mutter ihr hinterher.

Aber das war ihr egal. Sie fand sowieso, dass sie zugenommen hatte. Das war ja der Grund für ihr Training. Außerdem hatte Kevin erst vor Kurzem erwähnt, als sie zusammen ein Eis essen wollten, dass es wichtig war, sich an den Ernährungsplan zu halten, wenn man Ergebnisse sehen wollte.

Und was dieser komische Fips heute bei ihnen zu Hause machte, konnte ihr auch egal sein.

Das permanente Schrillen ihres Wecktons riss sie aus einem viel zu kurzem Schlaf. Die Nacht war furchtbar gewesen. Nachdem Kevin mit ihr noch zu seinen besten Kumpels gefahren war und dort der Abend, was die Drinks anging, ein wenig eskaliert war, hatte sie gedacht, sie müsse sich übergeben. Zwar hatte sie nur einen der Schnäpse genippt, aber auf ihren leeren Magen war ihr der gar nicht bekommen.

Und dann hatten die Jungs noch irgendein Trinkspiel angefangen, was bedeutete, dass sie am Ende nach Hause laufen musste, weil niemand mehr fahrtauglich war. Kevin blieb einfach über Nacht, aber sie hatte nichts dabei, um am nächsten Morgen ordentlich im Büro auftauchen zu können. Gleich in der Früh war der Kundentermin, da konnte sie es sich nicht erlauben, verlottert auszusehen.

Und anrufen und um Abholung bitten, kam für sie nicht infrage. Da würde ihre Mutter nur wieder mit den Augen rollen.

Als sie ins Bad wollte, war abgeschlossen.

„Louise, mach mal vorwärts“, grummelte sie vor der Tür.

Da ging Louises Zimmertür auf und diese kam angezogen für die Schule heraus. „Häh, wer blockiert denn gerade das Bad?“

„Na, Phil. Der muss auch um die Zeit los.“ Louise wischte unbekümmert an ihr vorbei.

„Bitte was?“

Louise blieb stehen und rollte mit den Augen. „Wärst du gestern mal dageblieben, hättest du die Absprache mitbekommen. Er hat extra gefragt, wann es uns recht ist.“

„Ich versteh grad immer noch nicht, was der hier überhaupt macht …“ Ihr Gehirn kam heute morgen mit so vielen Infos nicht klar.

Das sich öffnende Türschloss war vernehmbar und Phillip trat hinaus auf den Gang. „Sorry, hast du lang gewartet?“

Sie schob sich ohne ein Wort an ihrer Schwester und ihm vorbei und zog die Tür zu. Wieso war er über Nacht geblieben?

Was war das wieder für eine Hilfsaktion ihrer Mutter?

Sie wusch sich rasch das Gesicht und bändigte ihre Haare. Dabei fiel ihr ein Gespräch mit ihrer Mutter vor knapp zwei Wochen ein. Nach einem Telefonat hatte sie gefragt, ob es sie stören würde, wenn sie eine Weile einen Gast hätten. Da Kevin damals im Begriff war, sie abzuholen, hatte sie es abgenickt, sich aber nicht weiter darum geschert. Ihr Elternhaus war immer gastfreundlich gewesen und schließlich hatte sie nicht die Arbeit damit. Ihr war aber nicht klar, für wie lang der Gast blieb, noch warum dieser Phillip jetzt hier bei ihnen war.

Sie kam sich dumm vor, das jetzt zu fragen, denn zweifelsohne war das im Familienkreis bereits besprochen worden – sie hatte es nur nicht wirklich wahrgenommen. Sie hatte aber auch genug Eigenes um die Ohren!

Ohne Frühstück rannte Silia wenig später aus dem Haus, um den Bus zu bekommen. Diesmal in anderem Schuhwerk, denn es war noch immer regnerisch und sie hatte gestern ihre Lektion gelernt.

Der Arbeitstag war genauso langweilig und anstrengend wie der vorige.

*

Er war nervös, auch wenn er wie immer versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Hoffentlich hatte er sich beim Vorstellungsgespräch nicht getäuscht und würde mit dem Team und seiner Chefin klarkommen. Wie gut er mit dem Papierkram zurechtkam, würde sich zeigen, doch auf die Interaktion mit den Kindern und Jugendlichen freute er sich wirklich.

Phillip hatte die Strecke zu seiner Praktikumsstelle ausgelotet und wusste, dass er sie gut ohne Auto erreichen konnte. Momentan hatte er keins. Roach – so hatte er seinen Polo getauft – hatte vor drei Tagen den Geist aufgegeben. Zwar wollte sein Vater zusammen mit einem Autoschrauber-Freund sich noch mal anschauen, ob mit wenig Geld noch etwas zu retten war, aber bis dahin stand der Wagen in seinem Heimatdorf. Es konnte dauern, bis sie sich ihn vornahmen.

Im Bus wanderten seine Gedanken zum gestrigen Abend und seiner Ankunft bei den Seiberts zurück. Er kannte sie nicht wirklich. Als sich herausstellte, dass er für sein Praxissemester ein paar Monate hierherziehen müsste, hatte es sich gar nicht als einfach erwiesen, irgendetwas Bezahlbares, Möbliertes zu finden.

Tatsächlich hatte er vor zwei Wochen noch keine Unterkunft gehabt. Das hatte ihn schon beunruhigt. Und dann hatte Jo ihm Levis Nummer gegeben. Phil hatte ihn angerufen und gefragt, ob er jemanden kannte – vielleicht aus ihrer örtlichen Gemeinde oder so –, der bereit war, ihn für den Zeitraum aufzunehmen. „Sonst muss ich im Polo campen.“

Levi hatte gelacht. „Ich frage meine Mutter. Ich könnte mir auch vorstellen, dass es bei uns zu Hause ginge. Mein altes Zimmer steht die meiste Zeit leer.“

Und so wurden die Seiberts zur letzten Rettung. Helena und Matthias waren total nett und Louise schien cool. Nur Silia hatte ihn angeschaut, als sei er ein Fremdkörper. Als sie nach Hause gekommen war, hatte sie nicht die beste Laune gehabt. Und dann ja auch zugegeben, dass sie einen miesen Tag gehabt hatte. Konnte jedem mal so gehen, er wollte es sich also nicht zu Herzen nehmen.

Beim Essen hatte er ihr sogar ein Grinsen entlocken können. Aber dann war sie verschwunden und heute morgen schien sie auch ziemlich genervt, ihn zu sehen. Dabei hatte er sich echt beeilt im Bad.

Vielleicht konnte er künftig unten im Gäste-WC seine Zahnbürste abstellen, das würde genügen. Duschen war ohnehin abends für ihn besser und auch nach den Aktivitäten mit den Kindern nötiger. Und außerdem wollte er ihren Familienablauf so wenig wie möglich stören. Wenn das alles für Stress sorgte, würde er einfach weiter die Augen und Ohren offen halten und schauen, was er sich vielleicht sonst an Unterbringung leisten konnte. Leider war das Praktikum nicht wirklich gut bezahlt. Wie es Einrichtungen für benachteiligte Kids eben so an sich hatten. Die Mittel waren knapp.

Er hatte trotzdem unbedingt dorthin gewollt. Klar gab es in größeren Städten noch mehr solcher Vereine oder Einrichtungen. Aber er mochte die Großstadt nicht und die knapp 40.000 Einwohner hier waren für ihn mehr als genug. Verglichen mit seinem Heimatdorf schon eine riesige Stadt. Auch sein Studienort, wo er zur Hochschule ging, war eher provinziell und klein.

Er fand, dass man oft vergaß, dass Kids im ländlicheren Raum ebenso Freizeitangebote und sichere Orte brauchten wie in den Millionenmetropolen. Und durch die größere Unterkunft für Geflüchtete hier würde er es bestimmt auch mit einigen Kindern mit Migrationshintergrund zu tun bekommen. Da musste er sich zusammenreißen, nicht aus Versehen in Dialekt zu verfallen. Die Armen verstanden ihn sonst bestimmt nicht!

An der Haltestelle schickte er noch einmal ein stilles Gebet zum Himmel. Es bestand eigentlich nur aus: „Hilf mir, bitte.“

Das Team nahm ihn, Gott sei Dank, sehr wohlwollend auf. Da normalerweise nur in den Ferien ganztägig Programm war, gehörte der Morgen einer Besprechung und Planung der nächsten Wochen. Außerdem wurde debattiert, ob die Mittel für einen Ausflug in den Waldtierpark zur Verfügung standen. Bei all dem war er eher Zuhörer. Für die Kinder und Jugendlichen, die zur Mittags- und Hausaufgabenbetreuung angemeldet waren, gab es Essen, das eine Großküche anlieferte und von den Mitarbeitern ausgegeben wurde. Dabei half er, und nachdem er kurz vorgestellt worden war, saß er dann auch schon mit ein paar Viertklässlern an ihren Mathe- und Deutsch-Hausaufgaben. Glücklicherweise ein Level, dem er sich gewachsen fühlte.

„Von wo kommst du?“, wollte ein Junge wissen.

„Aus einem Dorf bei Oberstdorf, kennst du das?“

Der Junge schüttelte den Kopf. Ein anderer mischte sich ein: „Da ist immer Skispringen.“

„Richtig, im Winter.“

„Machst du das auch?“

„Nee, das ist nicht so meins. Ich klettere lieber in aller Ruhe am Felsen“, gab er ihm zur Antwort.

„Wir haben hier eine Kletterwand!“, rief der erste aufgeregt. Er hieß Milo. Die Namen der anderen Kids konnte Phil sich noch nicht komplett merken.

„Ja, hab ich gesehen. Das ist genial.“

„Kannst du mit uns klettern gehen?“, fragte der andere sofort.

„Sobald wir eure Hausaufgaben geschafft haben, gern.“ Zum Glück hatte er seine Chefin schon gefragt, wie das so war mit den Freizeitsachen hier, und da er den Kletterschein hatte, war es für sie vollkommen in Ordnung, wenn er die Wand betreute. Aber mehr als ein Kind konnte er auch nicht auf einmal sichern.

Kurz gab es Protest, aber dann bekam er Hilfe von einer Kollegin und gemeinsam schafften sie es, die Jungs wieder an ihre Hefte zu bringen.

Eine Stunde später stand Phil in der Scheune auf dem Gelände, das früher einmal ein Bauernhof am Stadtrand gewesen war, und half den Kindern, die Gurte anzulegen. Er stellte fest, dass sie eigentlich noch nie wirklich geklettert waren, da es an einem qualifizierten Mitarbeiter gemangelt hatte. Das hieß, sie mussten bei Null anfangen, aber kein Problem. Die Chefin schaute vorbei und schickte ihm zum Glück noch etwas Unterstützung, denn mit dem Ansturm hatte er nicht gerechnet!

Am Ende des Tages war er zwar ziemlich erledigt, doch auch froh, dass er am richtigen Platz zu sein schien. Die jüngeren Kids waren echt noch begeisterungsfähig, das war wunderbar mit anzusehen. Bei den Teens wusste er, dass er sich seinen Respekt erst noch verdienen musste, aber seine Kollegen schienen froh, dass er Lust hatte, viele aktive Dinge zu tun, bei denen der natürliche Bewegungsdrang der Kinder seinen Platz hatte.

Die Kletterwand war nicht besonders hoch. Am Schluss hatte er sich hinreißen lassen, ohne Sicherung bis zur Hälfte hinaufzusteigen. Für ihn war die Wand wirklich leicht, er war schließlich ausgewachsen. Bei den Grundschülern schien er damit dennoch Punkte geholt zu haben. Nur die Chefin nahm ihn beim Gehen noch einmal beiseite und meinte, er solle sie nicht zu irgendwelchen riskanten Nachahmaktionen ermutigen. Da hatte er schuldbewusst genickt.

Aber wenn er daran dachte, was er seinem Bruder immer alles nachgemacht hatte!

Es war immer so gewesen – wenn Jo vom 10-Meter-Brett sprang, dann wollte er das auch –, egal wie sehr seine Eltern versucht hatten, ihn in Watte zu packen. Und irgendwann hatten sie aufgegeben. An sich, fand Phil, hatte ihm das Messen mit dem drei Jahre älteren kein Stück geschadet.

Helena hatte ihm einen Hausschlüssel gegeben und so konnte er unabhängig vom Rest der Familie kommen und gehen. Es schien, als wäre er der Erste zu Hause, doch dann fand er Louise auf der Wohnzimmercouch inmitten ihrer Schulbücher.

Sie winkte ihm freundlich. „Hi.“

„Hallo.“ Auf einmal wurde ihm bewusst, wie müde er war. Nicht körperlich, aber im Kopf.

Louise schob unaufgefordert ihre Schulsachen zur Seite, um auf dem Sofa Platz zu machen. Er nahm die unausgesprochene Einladung an, ließ sich dort nieder und streckte beide Beine von sich.

Louises Blick folgte seinen ausgestreckten Füßen. Er spürte ihre Frage im Raum.

„Hau’s raus.“

Louise betrachtete seine Hosensäume. „Man sieht’s kaum, außer so wie jetzt, wenn die Hose ein bisschen hochrutscht. Strengt es dich an, den ganzen Tag drauf rumzulaufen?“

„Nee. Die ist super angepasst, für mich ist das ganz normal. Als ich noch gewachsen bin und bis ich die richtige Prothese hatte, war es manchmal ein bisschen nervig. Ich wollte ja immer alles machen, was meine Kumpels taten, und wenn ich dann warten musste, bis wieder alles stimmt, machte mich das immer ganz fuchsig. Aber jetzt bin ich ausgewachsen und die hier hab ich seit einem halben Jahr. Ich liebe sie. Hoffe mal, die hält ein bisschen. Allerdings sind Prothesen schon Verschleißteile. Ich hab aber auch noch eine zweite.“

„Back-up?“, wollte Louise wissen.

„Kann man so sagen. Je nach Anforderung. Wasserfest und so. Sind aber nicht billig, die Dinger.“

„Zahlt die nicht die Krankenkasse?“

„Nur die Alltagsprothesen, nicht die für den Sport. Und dann auch nur alle fünf Jahre … Das kannst du vergessen.“ Er klopfte gegen seinen linken Unterschenkel. „Carbon. Das teuerste Teil an mir.“

„Krass, weil wenn man dich laufen sieht, fällt es echt nicht auf.“

„Ich kenne es ja auch nicht anders. Ich denk mir manchmal, dass ich ganz schön Glück habe.“

Louise sah ihn mit ungläubigem Blick an.

„Ich meine, ich leb in einem Land, in dem ich Zugang zu den neuesten Entwicklungen habe – hatte immer Physio und Unterstützung –, und ich vermisse kein amputiertes Körperteil, ich weiß nicht, wie es ist, mal einen linken Unterschenkel gehabt zu haben.“

Sie schien über seine Worte nachzudenken. Dann nickte sie. „Ich fänd’s trotzdem schlimm, wenn ich ein Bein verlieren würde. Ich spiel so gern Fußball.“

„Ein bisschen kicken geht schon. Eher mit rechts. Aber ich gebe zu, es ist nicht gerade mein Lieblingssport. Ich hab mir in der Schule beim Fußball mal so richtig eine Prothese kaputt gemacht. Da gab’s etwas Ärger.“ Er lachte. „Und so lang ich keine wasserfeste hatte, musste ich sie zum Schwimmen immer ausziehen. War ein ganz neues Gefühl, als ich dann mit Prothese schwimmen konnte.“

„Mensch, da muss man ja schon an ganz viel denken.“ Louise schob ihren Block und die Bücher zurück in ihren Schulrucksack.

„Für mich ist das wie umziehen.“

„Und jetzt hast du auch noch das Zimmer ganz unterm Dach … Strengen dich die Treppen nicht an?“

„Das geht schon. Ich find’s super da oben. Wieso bist du oder Silia da nicht rein?“

„Wird im Sommer schon ganz schön heiß … Außerdem mag ich mein Zimmer, ich hab immer das gleiche gehabt. Silia wollte ursprünglich mal hoch, aber dann ist Levi anfangs im Studium noch öfter heimgekommen und hatte da noch seinen Kram … und Silia war dann ja auch fast zwei Jahre weg in Frankfurt …“

Als wäre das ihr Stichwort, stand Silia plötzlich im Wohnzimmer. Heute hatte sie es anscheinend früher von ihrer Arbeit geschafft. Statt einer Begrüßung waren ihre ersten Worte jedoch: „Was redet ihr da hinter meinem Rücken?“

Er runzelte die Stirn. Was dachte sie denn von ihm und ihrer Schwester?

Louise rollte nur genervt die Augen zur Decke und zeigte damit, dass sie Silias Frage übertrieben fand. „Gaaar nichts. Komm mal weg von deinem Komplex, dass sich die ganze Welt um dich dreht.“

Hui, was war denn da im Gang? Louise hatte bis eben so offen und nett gewirkt.

Silia verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte sie beide wütend an.

„Meinen Namen hab ich schon ganz klar gehört. Meine Ohren sind völlig in Ordnung.“

Louise seufzte. „Aber sonst stimmt vieles nicht“, murmelte sie halblaut.

Woah. Das war aber hart! Phil warf Louise einen Blick zu, den sie hoffentlich als tadelnd auffasste. „Nicht cool“, sagte er klar vernehmlich.

Louise war aufgestanden und schnappte ihren Rucksack am oberen Tragegriff. „Ist doch wahr, ey. Immer hat sie was zu meckern, wenn sie mal fünf Minuten da ist. Dabei ist sie selber schuld, wenn sie nichts mitkriegt. Interessiert sie ja gar nicht.“

Silia schien völlig perplex. „Gehen dir grad die Teenie-Hormone durch oder was?“

„Vielleicht.“ Louise, die Silia leicht überragte, blieb vor ihrer Schwester stehen und es wirkte ein bisschen wie kurz vor einem Westernduell. „Nur mit der Ausrede, dass ich noch ein Teenie bin. Welche hast du?“

Und Treffer. Der saß, das konnte er deutlich sehen. Da war was im Argen zwischen den Schwestern – puh.

Er stand ebenfalls auf, obwohl er nicht wusste, ob er die beiden beschwichtigen sollte. Ihm war ja nicht mal klar, worum es ging.

Silia biss sich auf die Unterlippe. Wenn Blicke töten könnten, wie man so schön sagte, dann hätte Louise jetzt umfallen müssen. Doch Silia sagte nichts mehr. Louise schien noch auf irgendeine Reaktion zu warten, schulterte aber dann ihren Rucksack. „Ich geh in mein Zimmer.“ Damit machte sie sich davon.

Silia starrte ihr noch kurz hinterher, dann fuhr sie herum und ihre Wut kam nun voll und ganz ihm entgegen. Ach, du Schande, das konnte ja heiter werden.

„Wir haben ehrlich nicht über dich geredet … also es ging eigentlich nur um Levis altes Zimmer und warum keine von euch oben wohnt und es jetzt frei ist …“

„Ja, whatever. Ist schließlich das Haus meiner Eltern. Die können aufnehmen, wen sie wollen.“ Warum musterte sie ihn, als wäre er ein Straßenköter?

„Du, tut mir leid, wenn ich dich störe. Ich weiß, das kam recht kurzfristig, aber ich dachte, ihr hättet das als Familie besprochen, ob ich hier wohnen kann.“ Phil wollte bestimmt nicht der Grund dafür sein, dass hier der Haussegen schief hing. Gott, was soll ich machen? Ich war so dankbar, dass ich was gefunden habe – und dann noch so nah zur Arbeit … Ich hab wirklich geglaubt, du hast das für mich arrangiert. Aber so? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das auf Dauer gut geht.

Sie hob in einer resignierten Geste die Hände. „Du, das ist mir völlig egal, ob du hier rumhängst. Ich hab mit meinem Leben genug zu tun. Und wenn Louise meint, du bist ihr neuer bester Freund – auch gut. Nur mich lasst ihr da bitte raus!“ Sie rauschte davon.

Du liebe Zeit. Gestern Abend hatte er gedacht, sie würden schon noch klarkommen – mussten ja nicht beste Freunde werden. Aber jetzt war er sich nicht mehr sicher, ob das ein Zustand war, den er bis August ertragen konnte.

4

Es klopfte an Silias Zimmertür. Seit dem Zoff mit Louise vor knapp einer Woche, hatten sie kaum drei Worte gewechselt. Wo waren nur die Zeiten hin, als sie abends noch zusammen auf ihrem Bett gelegen, Serien geschaut und gekichert hatten? Natürlich hatte sie es ihr nicht gesagt, aber sie vermisste diese unbeschwerten Zeiten mit ihrer kleinen Schwester.

Louise war mit ihren fünfzehn Jahren halt wirklich kein Kind mehr. Und zu was machte sie das? Sie fühlte sich, wenn sie ehrlich war, kein bisschen erwachsen. Schließlich hatte sie bisher nichts Bemerkenswertes erreicht. Und jetzt schlug sie mit ihrem blöden Aushilfsbürojob die Zeit tot, während um sie herum alle ihr Leben auf die Reihe brachten – Uni, Karriere und sogar schon Hochzeit … Sie sah zwar ein, dass sie ein bisschen Geld verdienen musste. Aber sie hatte einfach keine Ahnung, was sie als Nächstes machen sollte und wo ihre Talente eigentlich lagen. Offensichtlich nicht so im Akademischen wie bei Levi oder Louise.

Ständig fühlte sie sich ungenügend. Sie hatte versucht, mit Kevin darüber zur reden, doch der hatte bloß gelacht, versucht, sie auf andere Gedanken zu bringen: „Relax, Babe. Wir sind nur einmal jung“, und ihr dann einen Shot angeboten.

Um nicht mehr nachdenken zu müssen, hatte sie den gekippt und für eine Weile hatte es auch funktioniert. Im Gegensatz zu ihr war Kevin aber auch im Begriff, die Mode-Filiale zu managen, in der er seine Ausbildung zum Einzelhandelsverkäufer gemacht hatte. Er fuhr Audi, hatte jede Menge Freunde und ging völlig in seinen Hobbys auf. Das fand sie an ihm ja so toll – er hatte alles im Griff und war so selbstsicher.

Und sie?

Gar nichts. Und das machte ihr Angst. Angst, dass ihm das eines Tages auffallen und er sie dann fallen lassen würde.

Es klopfte wieder. „Herein“, rief sie noch immer abwesend. Sie wartete eigentlich, dass Kevin sich meldete.

Louise steckte ihren Kopf zur Tür hinein. „He du.“

„Hm?“ Silia wollte sich nicht anmerken lassen, dass sie insgeheim froh war.

„Bist du busy?“

„Geht so.“ Nein, sie war nicht beschäftigt. Ihr Leben war abartig ereignislos, wenn nicht zufällig Kevin es aufmischte.

Louise setzte sich auf den Teppich vor Silias Bett. Ein bisschen wie früher. Nur hätte sie von ihrem Schreibtisch aufstehen und sich zu ihr setzen müssen. Das bekam sie aber nicht hin. Wer wusste schon, was Louise wollte?

„Ich wollte dich mal fragen wegen Mamas Geburtstag …“

Klar, der rückte näher, da mussten sie sich was einfallen lassen.

„… aber eigentlich auch noch wegen was anderem.“

Silia horchte auf. Ihr Herz klopfte schneller. Wegen dem Zoff? Würde Louise ihr wieder irgendwelche Gemeinheiten auftischen?

„Tut mir leid, ich war echt fies zu dir. Neulich.“

Damit hatte sie nun gar nicht gerechnet. Louise konnte ein Sturschädel sein. Dass sie einlenkte, war nicht zu erwarten gewesen. Sonst hatte das meist sie machen müssen. Zugegeben, sie hatte in letzter Zeit auch öfter mal in ihrem Ton danebengelegen.

Louise schien auf eine Reaktion von ihr zu warten.

„Äh … wie kommst du da jetzt drauf?“ Es gelang ihr nicht zuzugeben, wie froh sie über diese Entwicklung der Dinge war.

Louise seufzte und sah kurz aus dem Fenster. Dann blickte sie zu ihr hoch. „Na, diese ständige dicke Luft, die finde ich schrecklich. Ich fand’s so cool, dass du wieder zu Hause bist … und dann … ich glaub, ich bin einfach enttäuscht, dass es nicht mehr wie früher ist.“

Ja, wie früher … Silia wünschte auch manchmal, sie könne die Uhr zurückdrehen. Hatten sie nicht so viel verpasst, sie beide? An Schwesternzeit? Weil sie nicht mehr da war … aber Levi war ja auch mit neunzehn studieren gegangen. Und super im Dauerstress war der ja immer noch, jetzt, wo sein Examen bald anstand. Louise schien ihm das aber nicht übel genommen zu haben.

„Ich wünschte auch, ich könnte die Zeit zurückdrehen, weil mich dieses ‚Erwachsensein‘ echt anstrengt … aber das geht halt nicht.“

Louise zog die Brauen hoch. „Das meine ich ja gar nicht, ich bin ja selbst kein Baby mehr. Und dass du viel zu tun hast … ja, ich doch auch mit Schule und Fußball und Teen-Kreis … Aber früher war es lustig. Du hast mir was erzählt oder mir die Nachrichten gezeigt, die dir dein Freund geschrieben hat, oder einfach eine Serie mit mir geschaut … Das vermisse ich. Dafür sind wir doch nicht schon zu groß, oder?“

Meine Güte, wann war Louise so gereift? Silia war klar, dass sie da die Wahrheit sagte.

„Zum Beispiel Luke, die wollte uns schon seit zwei Monaten einladen, dass wir mal ein bisschen Mädelszeit zusammen haben – es hing immer an deinen Terminen, dass es nicht geklappt hat. Dauernd war was wegen Kev. Oder einmal wegen Kadda, aber sonst … Und du weißt genau, dass ich noch keinen Führerschein hab, und Mama hat gesagt, wir können das Auto leihen und Levi dann gleich noch seine Comic-Kiste bringen …“

Ja, da hatte Louise recht. Luke war wirklich eine coole Schwägerin, und seit sie vor einem Jahr ihr Studium begonnen hatte, war in ihrem Alltag wieder etwas mehr Regelmäßigkeit möglich, wie zum Beispiel am Wochenende mal was zu machen.

Nur hatte das ewig nicht mehr geklappt, das musste Silia zugeben. Seit sie Kevin kennengelernt hatte, war sie immerzu damit beschäftigt, ihn in möglichst jeder freien Minute zu sehen. Denn jede dieser Minuten verschaffte ihr eine Grübelpause.

Wieso formte sich in ihrem Hals jetzt ein Kloß?

Ihr Handy zirpte – eine Nachricht. Sie warf einen Blick auf das Display: Kevin!

Doch sie wusste, Louise wartete noch auf ihre Antwort. Sie würde es ihr nie verzeihen, wenn sie jetzt nach ihrem Telefon griff. „Ja, du hast recht. Wir wollten schon lang zu Luke und Levi. Wir finden einen Termin, versprochen. Nach Mamas Geburtstag, okay?“

„Nur wenn du Bock hast. Ich such mir sonst einen Zug.“ Louise zog ihre Beine an und umschlang ihre Knie mit ihren Armen.

„Doch. Ich will schon. Es war nur alles ein bisschen viel in letzter Zeit.“ In Silias Ohren hörte sich das wie eine Floskel an, die sie zu oft verwendete. Was war es nur, das ihr alles zu viel werden ließ? Schließlich war sie den Unistress endlich los.

Sie hatte auch gar keine Lust mehr, ihre alten Freunde zu treffen oder mit in die Gemeinde zu gehen – da wurde sie nur dauernd gefragt, was sie nun anstatt der Uni machen wollte, oder musste erklären, dass es nicht geklappt hatte … Und wie sollte sie eine Frage beantworten, auf die sie einfach keine Antwort wusste? Kev störte es wenigstens nicht, dass sie momentan einfach nur jobbte. Er hatte sogar mal gesagt: „Natürlich bist du nicht dumm, du bist sogar sehr hübsch.“ Und dann hatte er gelacht.

Klar war das ein Witz gewesen …

„Kann ich dir irgendwie helfen, Silly?“ Louise sah sie voller echtem Mitgefühl an.

Warum wollten ihr denn ausgerechnet jetzt die Tränen kommen? „Ach, Quatsch. Das wird schon. Hast du schon eine Idee wegen Mama? Was sie sich wünscht …?“

„Ich dachte, wir könnten ihr dieses Jahr einen Kuchen backen.“

„Macht Luke nicht einen?“

„Vielleicht, aber … Na ja, ich dachte, wir könnten es zusammen tun. Das macht doch bestimmt Spaß.“

Silias Backkünste hielten sich in Grenzen und sie war auch nicht sicher, wie viel Louise in ihrem Leben eigentlich schon gebacken hatte. Aber sie nickte. Sie konnten sich ja ein einfaches Rezept suchen.

„Sie wünscht sich nur, dass wir mal wieder alle zusammen sind.“

„Ein paar Blumen sollten wir schon besorgen. Vielleicht mit einem Gutschein?“

Louise dachte kurz nach. „Klar, über Blumen freut sie sich … aber ein Gutschein … das ist doch immer das Gleiche.“

„Hast du ’nen besseren Vorschlag?“ Silia war ein bisschen gekränkt, denn gerade zum Shoppen konnte sie Gutscheine immer gebrauchen.

„Du weißt doch, dass Mama immer gerne Fotos anschaut und manchmal noch an den alten Alben ’rumklebt. Wie wäre es, wenn wir ein paar von den aktuelleren Bildern entwickeln lassen und ihr selber ein Album kleben?“

Silia sah schon das Chaos vor sich. Und dann erst mal von sämtlichen Handys und Speicherplatten die Bilder zusammensuchen! Das war eine Riesenarbeit und sie hatten nicht mehr viel Zeit.

Doch Louises Augen leuchteten – sie wusste, wenn sie ihr wirklich zeigen wollte, dass sie mal wieder was mit ihr machen wollte, dann durfte sie jetzt nicht Nein sagen. Und zugegeben, das war etwas, dass ihrer Mutter bestimmt gefallen würde.

„Gut. Dann machen wir das. Aber du kümmerst dich um die Fotoauswahl. Das schaff ich nie im Leben, die müssen wir nämlich schon bald zum Entwickeln hochladen. Ich kann ein Album besorgen.“

„Cool!“ Louise sprang begeistert auf. Kurz wirkte sie wieder wie damals, als sie klein war und es hieß, sie würden heute alle gemeinsam in den Zoo gehen.

„Aber Louise …“ Silia stand auf. „Schöne Bilder! Keine peinlichen!“

„Ja, ist ja gut. Ein paar lustige sollten aber schon auch dabei sein.“ Louise wollte davonflitzen, drehte sich aber noch mal kurz um. „Ich hol meinen Laptop und dann kannst du ja machen, was auch immer du machen musst, und zwischendrin zeig ich dir die Auswahl?“

Ach, jetzt sofort? Hatte sie denn Zeit? „Moment, ich muss mal erst noch schauen, was Kev geschrieben hat vorhin …“

Louises Mundwinkel rutschten nach unten. Aber ihre Schwester konnte doch nun wirklich nicht erwarten, dass Silia jetzt sofort alles stehen und liegen ließ. Sie tippte auf den Chatverlauf.

„Babe, ich geh nach dem Fitti zu Max. Bro-Night. Sehen uns morgen.“

Da war kein Fragezeichen. Nur ein Punkt. Toll – der war lustig! Sie hatten sich eigentlich für heute verabredet. Was hatte Max jetzt wieder für einen Notfall, dass sie nicht dabei sein konnte? Meist hingen sie doch eh nur bei seinen Freunden herum. Oder bei Kev zu Hause, und dann war auch oft noch ein Kumpel mit einer Freundin da. Aber sie kannte diese Mädels alle noch nicht richtig, weil sie sie bisher nur ein- bis zweimal getroffen hatte. Vielleicht war bei Max und – hieß sie Bina? – schon wieder Schluss?

Aber sie wollte nicht „schwierig“ sein, darum schrieb sie:

Okay, morgen geht auch. Hoffe bei Max ist alles okay? Love you.

Konnte ja sein, es gab einen Notfall, und Kev war nun mal ein guter Freund, der ließ seine Jungs nicht einfach links liegen, nur weil er nun eine Freundin hatte. Das hatte er Silia schließlich auch von Anfang an gesagt … Und das war doch eine gute Eigenschaft, nicht wahr?

„Also, Kev und ich treffen uns morgen. Wenn du magst, können wir loslegen.“

„Yeahhh.“ Louise warf die Arme in die Luft und rannte aus dem Zimmer. Neben ihrem Laptop brachte sie auch noch ihre Musikbox mit und machte irgendeine ihrer momentanen Lieblingsplaylists an.

Wider Erwarten fand Silia die ganz gut und beteiligte sich dann sogar an der Suche nach den passenden Bildern, da sie plötzlich keine Lust mehr hatte, online nach einer neuen Übergangsjacke zu suchen. Etwas, das ursprünglich auf ihrer To-do Liste gestanden hatte.

Die Bildauswahl luden sie am Ende noch gleich bei einem Fotoprint-Dienst hoch. Natürlich hätten sie auch gleich ein fertiges Album drucken lassen können – aber es sollte, wie Louise sagte, ja ganz „retro“ werden. Nun, das würde dann auch noch mal richtig Arbeit geben.

„Was hast du eigentlich gegen Phil?“, fragte Louise plötzlich.

Wieso sollte sie etwas gegen Phil haben? Nur weil sie bisher nicht groß mit ihm geredet hatte – letztes Wochenende war er auch zu seinen Eltern gefahren. Sie hatte mittlerweile kapiert, dass er sein Praxissemester hier machte und eine Übergangswohnung gebraucht hatte. Anscheinend war er finanziell knapp dran und so waren ihre Eltern mal wieder nett gewesen und hatten ihm Levis altes Zimmer gegeben. Ob er dafür was zahlte, wusste Silia nicht. Geschweige denn, was er da genau für ein Praktikum machte. Aber sie hatte auch nicht nachgefragt. Sie wollte nicht zugeben, dass das alles an ihr vorbeigegangen war.

„Ich hab doch nichts gegen den. Aber ich muss mich auch nicht mit jedem anfreunden, den Mama und Papa beherbergen.“

„Ich finde ihn echt cool. Er hat gesagt, er klettert mal mit mir.“

Schön. Wenn er auch so ein Sportfanatiker wie Louise war, passte das ja wunderbar. Himmelte sie ihn etwa ein bisschen an? Interessierte sich ihre kleine Schwester nun doch langsam für Jungs?

„Gefällt er dir etwa, Lieschen?“ Sie stieß ihrer Schwester mit dem Zeigefinger in die Seite.

Die schob genervt Silias Hand weg. „Ach, Quatsch. Doch nicht so … Der ist doch viel zu alt für mich.“

Wirklich? Wie alt war er denn? Mit seinen längeren Haaren, um die man ihn fast schon beneiden konnte, war das schwer einzuschätzen. Die Mähne war total gesund und kräftig, aber sein Gesicht wirkte eher schmal. Und obwohl er recht groß war, war er doch sehr schlank – fast schon schmächtig? Schwer zu sagen, die Jeans und Kapuzenpullis, die sie bisher an ihm gesehen hatte, waren immer recht weit gewesen. Sie hätte ihn jedenfalls aufgrund des spärlichen Bartwuchses und der kindischen Comic T-Shirts eher jünger eingeschätzt.

„Wieso? Wie viel seid ihr denn auseinander?“, fragte sie deshalb.

„Na – sieben Jahre, das ist ja eeewig, ey.“

Oh, dann war Phil 22? Zwei Jahre älter als sie? Nee, der wirkte nicht so.

Aber tatsächlich ein bisschen alt für ihre Schwester. „Noch. In ein paar Jahren spielt das keine Rolle mehr.“

Louise zog in gekünsteltem Erschaudern die Schultern hoch. Okay, so toll fand sie Phil dann offensichtlich auch wieder nicht. „Wie alt ist Kev noch mal?“, wollte sie dann wissen.

„21 – er wird aber noch 22 dieses Jahr. Und er sieht um einiges reifer aus als Phil. Na ja, er ist halt … männlicher.“

Louise zog die Stirn kraus. „Männlicher? Was soll das denn heißen? Was sieht denn an Phil unmännlich aus? Der ist doch voll fit.“

„Darum geht’s doch gar nicht. Er ist halt noch so ein Bubi. Mir ist das ja vollkommen egal, wie dieser Phil rumrennt, aber du musst zugeben, besonders erwachsen wirkt so ein Superheldenshirt nicht.“

„Ich mag’s. Und die Kids in seiner Arbeit mögen’s glaub ich auch.“

„Wie gesagt, er muss mir schließlich nicht gefallen – der macht sein Ding und ich meins.“

5

I wished there was something I could do

Vor drei Tagen - OKTOBER

Sie saß in dem langen Gang mit den Wartebänken und starrte auf ihre Hände. Sie wirkten, als gehörten sie gar nicht zu ihr. Von blauen Adern durchzogen. Durchscheinend. Kalt.

Sie sah wieder zu der Uhr hinüber. Wie lang musste sie noch in diesem Zustand bleiben? Zwischen Bangen und Wissen?

Oh, Gott. Lass ihn nicht sterben. Bitte, bitte, bitte. Lass ihn leben.

Immer und immer wiederholte sich dieser eine Satz in ihrem Kopf. Es schien das Einzige zu sein, was ihr Gehirn an Gedanken fassen konnte. Ihr Herz schien mit jedem Schlag lauter zu dröhnen. Als wollte es sagen: Ich bringe dieses ganze Haus noch zum Einsturz. Diese Wände werden bersten, Stein und Mörtel in Staub zerfallen und darunter, tief begraben, werden wir sein, du und ich.

Nur mit der Frequenz meines Schlags.

Lang halten sie nicht mehr stand.

6

For now, I can’t speak, all locked up

Vor sechs Monaten - APRIL

Am Geburtstagsmorgen ihrer Mutter standen Louise und Silia extra früh auf und schlichen sich in die Küche. Die Uhr zeigte sechs. Und das am Samstag! Silia verwünschte innerlich diesen dummen Plan des Kuchenbackens.

Louise war unnatürlich munter und dabei leider auch nicht besonders leise. Sie war so hibbelig, dass zunächst mal der Eierkarton zu Boden fiel.

„Louise! Mach mal langsam. Kann man die Eier noch gebrauchen?“

Schuldbewusst hob Louise den Karton auf und sie öffneten ihn vorsichtig über der Spüle. Alle sechs Eier waren zu Bruch gegangen, allerdings so, dass man sie noch aus ihren Schalen in die Rührschüssel befördern konnte. Sie brauchten drei Eier für den Teig, die anderen drei verquirlte Louise in einer Schüssel. „Da machen wir später Frühstücksrührei draus. Da freut sich Mama.“ Louise konnte in fast jeder Situation etwas Gutes finden.

Hörte man dieses Rührgerät nicht durchs ganze Haus? Während der Biskuitboden backte, kümmerten sie sich um die Füllung. Allerdings mussten sie alles noch kühlen, bevor sie den Kuchen fertigstellen konnten …

„Ich mach mir jetzt erst mal einen Espresso“, beschloss Silia daher. Okay, so langsam, vor allem nachdem sie etwas Koffein intus hatte, sprang der Begeisterungsfunke von Louise auch auf sie über.

„Du wirst sehen, das wird super. Damit rechnet die nie!“

Die Creme für die Füllung stammte zwar aus einem Fertigpäckchen, doch nachdem es ihnen gelungen war, den Boden beim Teilen nicht völlig schief zu säbeln, konnte sich das Ergebnis halbwegs sehen lassen.

„Ich glaube, das mit der Glasur lassen wir lieber. Sonst versemmeln wir es nur noch“, meinte Silia, als sie den Rest der gekleckerten Creme von der Kuchenplatte wischte.

Dann hörten sie, wie oben eine Tür klappte. Silia warf einen verzweifelten Blick auf das Küchenchaos. „Oh, Mist! Schnell, räum das in die Spülmaschine, ich streu noch ein bisschen Puderzucker obendrauf.“ Zu spät für irgendwelche Verzierungen! Aber immerhin. Keine Katastrophe produziert.

Wenig später erschien aber nicht ihre Mutter, sondern Phil in der Küchentür. Er war das Wochenende auch hier, damit hatte sie gar nicht gerechnet. Dann würden Luke und Levi wohl unten im Keller übernachten. Außerdem kamen Oma und Opa wie bei jedem Geburtstag, und zum ersten Mal würde Kevin bei einem Familienfest dabei sein. Sie war schon ziemlich aufgeregt deswegen. Sie hatte ihn bestimmt viermal daran erinnert, wann es losging.

Chill mal, hatte er dann irgendwann geschrieben. Und da hatte er ja auch recht. Wenn das halt so einfach wäre …

„Guten Morgen, ihr seid ja mächtig in Action.“