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Flexibel, intelligent, vielseitig, kooperativ und sich selbst organisierend - so sind die Teams der Zukunft. Mit einem Wort: virtuos. Und diese Zukunft hat bereits begonnen. Quer durch alle Branchen fordern disruptive Unternehmen die Etablierten heraus. Sie sind hoch dynamisch und extrem erfolgreich. Wenn die Unternehmen von heute in Zukunft noch mitspielen wollen, dann sollten sie Virtuosen werden. Richard de Hoop zeigt, was Teams tun können, um fit für die Zukunft zu werden. Das bereits in Macht Musik vorgestellte Orchestermodell ist dafür ein ausgezeichnetes Hilfsmittel. Herzstück des Buches sind Anleitungen und Impulse, wie man in jeder der acht Teamrollen zum Team-Virtuosen wird. Eingebettet ist dieser praktische Teil in viele spannende Geschichten der innovativsten Unternehmen unserer Zeit. Richard de Hoop ist Berater in solchen hochinnovativen Unternehmen und berichtet aus der Insiderperspektive, wie die modernsten Unternehmensteams heute die Weichen für morgen stellen.
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Seitenzahl: 292
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Mal eine Frage: Wie klingt Ihr Team gerade so? Harmonisch wie schmelzende Geigenklänge? Oder eher wie – Krawall? Seit vielen Jahren verwende ich Musik als Metapher und Inspirationsquelle für Teams. Und seit fast ebenso vielen Jahren nutze ich das geniale Teamrollenmodell des englischen Psychologen und Managementexperten Dr. Meredith Belbin. Ich habe daraus ein Orchestermodell gemacht, in dem jede der acht Teamrollen von Belbin durch ein anderes Musikinstrument repräsentiert wird. Was Sie gerade in Händen halten, ist mein zweites Buch zu diesem Thema – hello again!
Mein erstes Buch Macht Musik ist ebenfalls im GABAL Verlag erschienen. Sie dürfen es sehr gerne lesen – aber keine Sorge: Sie brauchen mein erstes Buch nicht zu kennen, um dieses neue Buch zu verstehen. Alles, was Sie über das Teamrollenmodell von Belbin wissen müssen, erkläre ich Ihnen Schritt für Schritt. Wer das Buch von vorne nach hinten liest, statt kreuz und quer, ist deshalb klar im Vorteil.
In diesem Buch geht es um die Spitzenteams der Zukunft. Gleichzeitig geht es um die neue Welt der Wirtschaft, die gerade entsteht. Beides ist untrennbar miteinander verbunden. Die Teams der Zukunft sind flexibel, intelligent, vielseitig, kooperativ und sich selbst organisierend. Damit passen sie in eine Zeit, in der es zwar kaum noch Sicherheiten, dafür aber unzählige neue Chancen und Möglichkeiten geben wird. Wenn ich die Teams der Zukunft mit einem einzigen Adjektiv beschreiben soll, dann sage ich: Sie sind virtuos.
Denn genau das, was in der Musik einen Virtuosen ausmacht, wird die Mitglieder zukünftiger Spitzenteams auszeichnen: Talente durch lebenslanges Üben voll entwickeln, die Möglichkeiten der anderen kennen – und schließlich in der Lage sein, sich jederzeit spontan abzustimmen und zusammenzuspielen. Die Wirtschaft der Zukunft kann ohne solche Teamvirtuosen nicht funktionieren. Denn diese Wirtschaft ist agil, komplex, global vernetzt und hoch innovativ. Warum Sie diese Zukunft nicht fürchten müssen, sondern sich darauf freuen dürfen, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.
Das Buch besteht aus fünf Teilen und Zusatzangeboten online. In Teil I geht es um die sich immer schneller drehende Welt der Wirtschaft, in der es nur noch gemeinsam weitergeht und Spitzenteams eine Schlüsselrolle spielen. Teil II macht Sie mit den Grundlagen meines Orchestermodells und den Teamrollen von Belbin vertraut. Ich empfehle die Lektüre auch allen, die mein erstes Buch kennen, zur Auffrischung ihrer Belbin-Kenntnisse. In Teil III geht es darum, was in den Unternehmen der Zukunft konkret anders laufen wird als heute. Teil IV zeigt dann für jedes der acht Instrumente – sprich: Teamrollen – den Weg vom Einsteiger über den Fortgeschrittenen zum Virtuosen. QR-Codes führen Sie direkt zu weiteren Online-Übungen für Ihre Lieblingsinstrumente. Teil V schließlich beschreibt den Weg zum virtuosen Team und gibt Ihnen mit dem 4-C-Modell ein anschauliches Tool für die Weiterentwicklung Ihres Teams an die Hand.
Zusatzangebote online
Unter www.richarddehoop.de und www.teamtalenttraining.de finden Sie jede Menge weitere Übungen für alle Teamrollen sowie einen Selbsttest, mit dem Sie Ihre Lieblingsinstrumente erkennen können. Hyperlinks leiten Sie auf die richtige Seite.
http://dehoopentertainment.nl/de/Oefeningen/Video-spitzenteams-der-zukunft.html
Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Lektüre sowie viel Spaß und Erfolg bei den Übungen und beim Jamming in der Praxis!
Mit einer fröhlichen Note
Ihr Richard de Hoop
»Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen.«
John Lennon, Poplegende
»Was die reine Schnelligkeit angeht – da sollten Sie mal meine Schüler hören. Da komme ich manchmal kaum noch mit.«
Maurice Steger, Flötenvirtuose
Ich kam rein und wusste: Hier ist die Luft raus. Keine Musik mehr, die mir Laune macht. Keine Verkäufer, die freudestrahlend auf mich zukommen. Ich schaute mich um: Ein Laden für Männersachen wie viele andere. Hatte hier einmal ein Spitzenteam jeden Tag Party gemacht? Ich konnte es kaum glauben.
Verlegen standen die beiden Regioleiter, die mich angerufen hatten, in einer Ecke. Es waren alte Freunde. Und sie waren frustriert. »Richard, es läuft nicht mehr«, meinte einer. Ihre Lieblingskollegen hatten längst gekündigt. Wir unterhielten uns eine dreiviertel Stunde. Plötzlich kam der neue CEO dazu. Er war von einem internationalen Luxuslabel hierher gewechselt. »Ey, was will der hier?«, raunte er seine Regioleiter an und schielte dabei zu mir herüber.
Später, nach einem missglückten Gespräch, sagte der CEO mir noch knapp, er wüsste seit Langem, wie das Modebusiness funktioniert. Ich ging. Kurz darauf stand in der Zeitung, dass »Set Point« pleite sei. So schnell kann das heute gehen. Mich wundert es nicht.
Wenn Sie mein erstes Buch Macht Musik gelesen haben, dann kennen Sie Set Point als sensationell erfolgreiche holländische Kette für Männerkleidung. In den 44 Filialen gab es noch vor Kurzem Aktionen, bei denen die Kunden hin und weg waren vor Begeisterung. Jetzt sind die Kunden nur noch weg. Und zwar für immer. Nach dem Verkauf von Set Point an einen dieser Konzerne, die ganz Europa mit ihren Läden überziehen, war nach fünf Jahren Schluss. Noch vor zwei Jahrzehnten wäre ein so schnelles Sterben kaum vorstellbar gewesen. Und wissen Sie, was noch erschreckender ist? Bei Set Point gab es nicht einmal katastrophales Missmanagement oder irgendwelche Skandale. Die Firma hatte »nur« aufgehört, sich weiterzuentwickeln. Bisher hoch motivierte Teams sollten jetzt business as usual machen. Es gab keine Antworten auf die nächste Welle der digitalen Revolution. Und die bisher mit viel Aufwand betreuten Kunden waren nur noch Datenbankeinträge im CRM-System eines Bekleidungskonzerns. Solche Fehler reichen heute schon, um schlagartig aus dem Geschäft zu sein.
Der neue CEO von Set Point wurde direkt nach der Übernahme eingesetzt und repräsentierte für mich die alte Welt der Wirtschaft. Er war gekleidet und gestylt, als wäre er einer Printwerbung jenes Luxuslabels entstiegen, bei dem er Karriere gemacht hatte. Das ist okay, in einem Spitzenteam darf jeder seinen persönlichen Stil pflegen. Doch so unnahbar, wie ein männliches Model über den Laufsteg schwebt, so distanziert bewegte er sich auch durch die Firma. Er dachte in Flagship-Stores. Schöne Fassaden und teure Werbung waren seine Welt. Gleichzeitig bestellten die Leute aber Kleidung zunehmend im Internet – bei uns in Holland übrigens früher und in größeren Mengen als in Deutschland, wo das erst jetzt richtig losgeht. Welchen Wert soll ein Shop in der Innenstadt den Kunden dann noch bieten? Worin besteht seine Existenzberechtigung? Die alte Welt der Wirtschaft hat auf solche Fragen oft keine Antworten. Ja, manche machen sich nicht einmal die Mühe, nach Antworten zu suchen. So wie dieser CEO.
Die Repräsentanten der neuen Welt der Wirtschaft heißen Zappos in den USA oder Zalando in Deutschland. Sie krempeln die Modebranche kräftig um. In der Finanzwelt heißen die neuen Mitspieler Square oder Indiegogo. Jeder kann heute mit seinem Smartphone Kreditkarten akzeptieren oder online für eine Idee Geld bekommen. Oder nehmen wir die Autoindustrie. Mit dem Tesla Model S hat ein kalifornisches Start-up ein Luxusauto auf die Räder gestellt, das im Vergleichstest einer deutschen Autozeitschrift bis auf Haaresbreite an den Porsche Panamera herangekommen ist. Der Tesla ist dabei nicht irgendein Luxusauto. Sondern ein Elektrofahrzeug mit einem zukunftsweisenden Antriebskonzept.
Was bedeutet es, wenn ein Start-up ein Luxusauto bauen kann, das genauso gut ist wie ein Audi, BMW oder Porsche? Und dabei noch ökologischer? Es bedeutet, dass die alte Welt der Wirtschaft gerade untergeht. Die Zukunft hat bereits begonnen. Audi hat mehr als 30 Jahre gebraucht, um sich weltweit in der Riege der Premiumhersteller zu etablieren. Tesla Motors stellte 2006 sein erstes Auto vor, einen kleinen Roadster. Die Luxuslimousine Model S ist überhaupt erst das zweite Produkt der Kalifornier. Und während in Deutschland noch über ausreichend Ladestationen für Elektroautos diskutiert wird, baut Tesla für seine deutschen Kunden einfach eigene Ladesäulen. Die Welt der Wirtschaft dreht sich immer schneller. Wie schnell ist Ihr Unternehmen?
Der amerikanische Innovationsforscher und Harvard-Professor Clayton Christensen hat schon vor Jahren von disruptiven Technologien und disruptiven Unternehmen gesprochen. Eine Innovation ist disruptiv, wenn sie bestehende Technologien, Produkte oder Dienstleistungen möglicherweise vollständig verdrängt. So hat zum Beispiel die Digitalkamera die analoge Kamera fast komplett verschwinden lassen. Digitalkameras verlieren aber jetzt auch dramatisch Marktanteile, weil die Kameras der Smartphones immer perfekter werden. Disruptive Innovationen müssen nicht notwendig neue Technologien sein. Es kann sich zum Beispiel auch um Innovationen der Geschäftsmodelle handeln. So haben die Billigflieger in den letzten 15 Jahren etablierte Airlines an den Rand der Pleite getrieben oder zu Fusionen gezwungen.
»Trotz ihrer Ressourcenausstattung, Technologien, starker Markennamen, Produktionskompetenzen, Managementerfahrung, Distributionsstärke und trotz ihrer finanziellen Mittel haben erfolgreiche Unternehmen mit den besten Führungskräften ihre größten Schwierigkeiten damit, Dinge zu tun, die nicht zu ihrem Geschäftsmodell passen.«
Clayton Christensen, Innovationsforscher
Als Christensen 1997 sein Buch The Innovator’s Dilemma veröffentlichte und davor warnte, dass viele ursprünglich innovative Unternehmen den Anschluss verlieren könnten, verlief der Wandel noch relativ gemütlich. In Zukunft werden disruptive Unternehmen immer schneller in bestehende Märkte eindringen und diese mit neuen Technologien, Geschäftsmodellen oder Services umkrempeln. Oder sie werden gleich komplett neue Märkte schaffen. In Deutschland gibt es beispielsweise seit 2007 die Rocket Internet GmbH. Das Unternehmen hat funktionierende Geschäftsmodelle aus den USA innerhalb kürzester Zeit kopiert und auf den europäischen Markt gebracht. Mit Rocket Internet nahmen unter anderem die Firmen Zalando, Groupon und eDarling in Deutschland Fahrt auf.
Als Zalando 2008 in Berlin gegründet wurde, dachten die meisten Einzelhändler noch, die Leute würden niemals Schuhe im Internet kaufen. Schließlich könnten sie diese ja nicht gleich anprobieren. Zalando konterte mit frecher Werbung: »Schrei vor Glück – oder schick’s zurück!« Die Kunden begriffen: Wenn die Schuhe bei der Anprobe zu Hause nicht passen, kann ich sie einfach zurückschicken. Alles easy. Schon bald konnte der Claim auf »Schrei vor Glück« reduziert werden. Einige sagen, um die Remissionsquote zu senken. Ganz bestimmt aber, weil die Botschaft angekommen war. Die ersten Männer berichteten von süchtigen Ehefrauen. Im fünften Geschäftsjahr machte Zalando bereits 1,15 Milliarden Euro Umsatz und begann dann, für einige überraschend, Outlet-Stores zu eröffnen. Das Internetgeschäft wurde also wieder mit stationärem Handel verknüpft. Allerdings: Zutritt zum Outlet haben ausschließlich bestehende Kunden. Sie müssen sich vor dem Shopping online registrieren. So etwas hat es vorher noch nirgendwo gegeben.
Die intelligente Neukombination von Elementen ist typisch für die neue Welt der Wirtschaft. Nicht Onlinehandel oder Filialgeschäft, sondern beides. Sowohl-als-auch statt Entweder-oder! So bietet die Bahn auch Mietwagen und Mietfahrräder an. Autohersteller sind ins Carsharing eingestiegen. Wir werden in den nächsten Jahren noch die verrücktesten Kombinationen von Produkten, Vertriebskanälen und Services erleben. Wir werden auch Zeugen von Allianzen einstmals erbitterter Konkurrenten sein. Heute stehen sich beispielsweise Biolandwirtschaft und Agrarindustrie noch wie Feinde gegenüber. Experten erwarten, dass beides zusammenwachsen wird. Natürliche Anbaumethoden werden mit Hightech eine Synthese eingehen. Agraringenieure werden sich Verfahren von der Natur abgucken. Smart-Farming lautet eines der Stichworte.
Alles, was in der neuen Welt der Wirtschaft geschieht, hat mit Schnelligkeit, Flexibilität, Agilität und intelligenter Vernetzung zu tun. Einzelne Mitarbeiter, Teams, Unternehmen, Kunden und übrige Stakeholder spielen auf immer komplexere Weise zusammen. Was früher Jahrzehnte dauerte, dauert jetzt wenige Jahre. Und was bisher Jahre in Anspruch nahm, passiert bald in Monaten oder Wochen. Wenn Sie sich beispielsweise fragen, wie der Erfolg von Tesla überhaupt möglich ist, stoßen Sie schnell auf die Themen Outsourcing und Vernetzung. Denn auch die etablierte Autoindustrie baut schon zu rund 80 Prozent lediglich Komponenten zusammen, die Zulieferer wie Bosch, ZF oder Continental eigenständig entwickelt haben. Und für diese Zulieferer arbeitet dann jeweils wieder ein Netzwerk von anderen Entwicklern.
Nicht mehr maximale Konzentration von Kapital, natürlichen Ressourcen und Menschen bringt in Zukunft den Erfolg, sondern das richtige Netzwerk aus den besten Leuten und den besten Ideen. Wer am schnellsten die Lösung hat und die passenden Menschen, Ideen und Ressourcen miteinander verknüpfen kann, der hat gewonnen. Dabei wird es noch viel mehr als heute darauf ankommen, Ressourcen zu schonen und aus weniger mehr zu machen. Die Ansprüche steigen enorm. Alle müssen fitter und agiler werden und mehr aus sich herausholen.
Set Point hätte alle Voraussetzungen mitgebracht, in der neuen Welt der Wirtschaft vorne mit dabei zu sein. Die Bekleidungskette hatte nämlich längst auf zwei der in Zukunft wichtigsten Erfolgsfaktoren gesetzt: Spitzenteams und positive, lebendige Kundenkontakte. Insbesondere während der legendären Aktionswochen hätten die Kunden beim Betreten der Läden von Set Point glauben können, hier sei die Arbeit eine einzige Party. Die Teams hatten untereinander Wettbewerbe laufen, wer in einer Woche am meisten verkauft. Alle packten in den Läden mit an, auch Mitarbeiter, die sonst in der Buchhaltung saßen oder für die IT verantwortlich waren. Dieser besondere Spirit, dieses Gefühl, dass jeder im Team die Talente der anderen schätzt und alle füreinander einstehen, machte die Firma besonders.
Die Kunden liebten nicht nur die Aktionswochen, während der sie glänzend unterhalten und noch mehr als sonst mit Freigetränken und Snacks verwöhnt wurden. Sie hörten oft und gerne von Set Point. Die Mitarbeiter waren geschult, sich die Vorlieben der Kunden zu merken und sie aktiv zu kontaktieren, sobald es attraktive neue Angebote im Laden gab. Da wurde dann ein Kunde zum Beispiel sofort angerufen, sobald neue Hemden in seiner Größe und mit seinem bevorzugten Schnitt eingetroffen waren. Natürlich bedeutete diese Betreuung auch Aufwand. Aber der Aufwand zahlte sich aus. Set Point hatte eine extrem hohe Kundenbindung und brauchte auch das Internet nicht grundsätzlich zu fürchten. Denn welche Website ruft Sie schon an und fragt Sie, ob Sie Lust auf ein neues Shirt von Ihrer Lieblingsmarke haben?
Mit dem Verkauf an einen Konzern war mit diesem Spirit schnell Schluss. Schon nach sechs Monaten kündigten die ersten Mitarbeiter. Der neue Eigentümer setzte auf Effizienz. Kunden wurden nicht mehr angerufen, sondern bekamen anonyme Mailings aus der Konzernzentrale – so wie alle anderen Kontakte irgendwo in Europa. Auch in den Läden schaute man jetzt vor allem, wo man Geld sparen und Personal abbauen könnte. Natürlich ist Effizienz wichtig. Aber an der richtigen Stelle! Der Innovationsforscher Clayton Christensen spricht von drei Arten von Innovationen: Empowering Innovation, Sustaining Innovation und Efficiency Innovation (siehe »Facts«).
Effizienzoptimierung kommt immer zum Schluss. Nämlich dann, wenn neue Technologien und Geschäftsmodelle nicht nur am Markt sind, sondern sich auch nachhaltig etabliert haben. Wer einseitig auf Effizienz setzt und über grundlegende Innovationen nicht mehr nachdenkt, der wird in Zukunft schneller noch als heute aus dem Geschäft sein. Das sind die Unternehmen, die sich »kaputtsparen«, statt zu überlegen, was ihre Kunden morgen wollen und mit welchen Teams ihnen das geboten werden kann.
Facts
Nach dem Innovationsforscher und Harvard-Professor Clayton Christensen finden Innovationen auf drei Ebenen statt, die typischerweise als drei Phasen ablaufen:
Empowering Innovation: Diese Innovationen sind »disruptiv«; neue Mitspieler schaffen neue Märkte oder krempeln bestehende um.Sustaining Innovation: Das sind Neuerungen, die Technologien oder Geschäftsmodelle am Markt halten und langfristig tragfähig machen.Efficiency Innovation: Wenn eine Technologie oder ein Geschäftsmodell etabliert ist, kann dessen Effizienz gesteigert werden.Jedes Unternehmen muss wissen: Was brauche ich wann? Wenn Empowering Innovations gerade meine Branche umkrempeln, genügt es nicht mehr, die Effizienz meines Business zu verbessern.
Je anonymer und digitalisierter die Welt wird, desto mehr steigt gleichzeitig die Sehnsucht der Menschen nach echten, positiven zwischenmenschlichen Kontakten. Die Kunden der Zukunft wollen beides: effiziente, einfach zu bedienende Technik und persönliche zwischenmenschliche Kontakte. Die besten Unternehmen in der neuen Welt der Wirtschaft wissen auch genau, wie beides seinen Platz bekommt: Wo brauche ich ein Spitzenteam? Und wo können Routineaufgaben schneller und besser von Computern und Maschinen erledigt werden? Das zu entscheiden, ist keine technische Frage, sondern eine strategische. Wenn ich bei KPN anrufe, dem holländischen Gegenstück zur Deutschen Telekom, und eine Computerstimme leitet mich erst minutenlang durch Menüs – »Wenn Sie dies wollen, drücken Sie die Eins, wenn Sie das wollen, drücken Sie die Fünf« –, dann werde ich schier wahnsinnig. Hier wird der persönliche Kundenkontakt dem Effizienzgedanken geopfert. Dabei könnte ein Spitzenteam von Kundenbetreuern aus jedem Kundenkontakt eine Menge machen.
Ähnlich ist es, wenn eine Firma den Rechnungsversand einspart und ich mich als Kunde selbst auf der Website einloggen soll, um die Rechnung abzurufen. Für mich ist das lästig. Die Firma spart Geld dadurch, dass ich ihre Arbeit mache. Das ist an sich schon kein guter Deal. Aus Sicht der Firma gibt es aber auch keinen positiven Kundenkontakt mehr. Der Kunde verschwindet aus dem Blickfeld. Und so wird die digitale Zukunft eben nicht aussehen. Menschen wollen nach wie vor bei Menschen kaufen und mit Menschen gemeinsam Geschäfte machen. Dabei jedoch gleichzeitig neue Möglichkeiten ausschöpfen.
»Immer wird beklagt, dass keiner zu Klassikkonzerten kommt und die Musik ausstirbt. Wenn jemand Talent mitbringt und etwas dagegen tut, wird es aber ignoriert. Manchmal habe ich das Gefühl, einige wollen gar nicht, dass sich was ändert.«
David Garrett, Stargeiger
Kürzlich wollte ich ein neues Fahrrad kaufen. Ich steuerte ein traditionsreiches Geschäft an. Da fragte ich mich dann angesichts unfreundlicher Bedienung und null Beratung: Warum bestelle ich nicht gleich online? Das wäre viel preisgünstiger. Was bringt mir so ein Laden noch? Diese Frage von Kunden müssen immer mehr Händler beantworten. Eine innovative Strategie ist hier das sogenannte Show-Rooming. Es gibt dann nur noch wenige Läden, in denen die Kunden Produkte anschauen und ausprobieren können. Ein qualifiziertes Team berät, beantwortet Fragen und nimmt Beschwerden oder Reparaturaufträge entgegen. Der Vertrieb läuft aber entweder vollständig oder hauptsächlich über das Internet. Ein Showroom nimmt die Bestellungen entgegen und hat allenfalls eine kleine Auswahl von Produkten vorrätig.
Letztes Jahr vor Weihnachten schien jeder zweite Holländer einen Computer, eine Kamera oder ein Smartphone haben zu wollen. Jedenfalls berichteten die Hauptnachrichten im Fernsehen von enormen Problemen des Handels, im Weihnachtsgeschäft alle Kundenwünsche zu erfüllen. Bei etablierten Versandhäusern wie Wehkamp oder Bol gab es Lieferengpässe. Bestellungen konnten nicht mehr bearbeitet werden und die Kunden waren stocksauer. Nur bei einem einzigen Elektronikhändler gab es laut Fernsehberichten keinerlei Beschwerden: Cool Blue. Mich hat das nicht überrascht. Denn Cool Blue macht seine Sache unglaublich gut. Während andere nur davon reden, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, richten sich hier Spitzenteams konsequent darauf aus. Den Kunden soll eine perfekte Leistung geboten werden. Und sie sollen dabei auch noch Spaß haben. Allein im Jahr 2013 konnte Cool Blue ein Umsatzplus von 48 Prozent verzeichnen. Es entstanden 175 neue Arbeitsplätze in Holland und Belgien. Wie machen die das?
Wenn ich online bei Cool Blue bestelle, bekomme ich die Garantie: Was bis 23.59 Uhr bestellt ist, wird am folgenden Tag gratis ins Haus geliefert. Und das klappt wirklich! Ein kleines logistisches Meisterstück. Passend dazu ist der Kundenservice ebenfalls täglich bis 23.59 Uhr erreichbar. Wenn ich zu den online gezeigten Produkten eine Frage habe, dann rufe ich einfach an. Hier kommt der nächste Baustein des Erfolgs ins Spiel: hervorragend geschulte Mitarbeiter, die auf so gut wie jede Frage zu Produkten und Konditionen eine kompetente Antwort haben. Und drittens kommt dann noch Spaß und Entertainment ins Spiel. Cool Blue denkt sich immer wieder was aus, das die Kunden zum Schmunzeln bringen kann. Dafür gibt es sogar eine eigene Abteilung, in der drei Leute die ganze Zeit Späße erfinden. Ein Traumjob, oder?
Als ich bei Cool Blue eine Linse für meine Kamera bestellt hatte, kam eine blaue Box mit lauter kleinen Witzen drauf. So musste ich schon schmunzeln, bevor ich das Produkt überhaupt ausgepackt hatte. In der Box gab es dann neben der Linse noch einige kleine Gimmicks. Unter anderem eine witzige Karte, mit der ich mich beim Nachbarn dafür bedanken konnte, dass er das Paket angenommen hatte. Alles Kleinigkeiten, die aber in der Summe den Unterschied machen. Schließlich hat Cool Blue irgendwann entschieden, kein reiner Onlineshop zu bleiben, sondern Kunden auch den persönlichen Kontakt zu ermöglichen. In fünf großen Städten in Holland gibt es deshalb inzwischen »echte« Shops von Cool Blue. Wer will, der kann auch online bestellen und die Bestellung am nächsten Tag dort abholen.
Feel the Beat
Fragen Sie sich doch einmal: Stimmen in meinem Unternehmen die »Basics«? Macht mein Team aus Kundensicht einen ausgezeichneten Job, sodass es nie Grund zu Beschwerden gibt? Und fragen Sie sich: Wie groß ist der Abstand zwischen unserem Team und unseren Kunden? Wie nah dran sind die Mitarbeiter an den Kunden? Bekommt jeder im Team mit, was den Kunden wichtig ist und was ihnen Spaß macht?
Cool Blue ist für mich ein wunderbares Beispiel für die intelligente Kombination von bewährten Angeboten und neuen Ideen. Diese Synthesen sind so typisch für die neue Welt der Wirtschaft. Händler gibt es viele. Bei Cool Blue hat man verstanden: In Zukunft müssen erst mal die Basics wieder stimmen. Werbung mit bunten Bildern nützt nichts, wenn die Leistung nicht überzeugt. Cool Blue macht überhaupt keine klassische Werbung in Zeitschriften, auf Plakaten oder im Fernsehen. Dafür berichtet dann eben das Fernsehen kostenlos, wie die Konkurrenz mal wieder überholt wurde. Auch hier ist das Rad nicht neu erfunden worden. Aber man beschäftigt sich mit den eigenen Ressourcen und fokussiert sich auf die richtigen Dinge. Das geht nur mit den richtigen Leuten. Nur ein Spitzenteam, das nah am Kunden ist, kann wissen, was dem Kunden wirklich wichtig ist. Und nur wer seine Kunden kennt, kann sie zum Lächeln bringen.
Öfter mal werde ich von Firmen eingeladen und bekomme die Neujahrsreden der CEOs mit. Meist geht es da nur um Umsatz, Mitarbeiterzahl, Gewinn und solche Dinge. Natürlich müssen auch betriebswirtschaftlich die Basics stimmen. Aber kaum ein CEO erzählt mal ein überragendes Kundenbeispiel oder lobt die Spitzenleistung seiner Teams. Zahlen, Daten, Fakten – das zählt für die Manager in der alten Welt der Wirtschaft. Und die Mitarbeiter? Für die heißt es oft: Ich muss hier einen Job machen. Es heißt für sie nicht: Ich will hier besonders gut sein. Oder: Ich will etwas tun, was für unsere Kunden wirklich sinnvoll ist und ihnen Freude macht. Denken in Zahlen und denken in Aufgaben, die erledigt werden müssen – so tickt die alte Welt. In der neuen Welt, die jetzt gerade entsteht, wird das nicht mehr reichen.
Ja, die Welt dreht sich wesentlich schneller. Und das wird jetzt so weitergehen. Ich habe kürzlich eine Untersuchung gelesen, nach der in 20 Jahren 40 Prozent der heutigen Arbeit verschwunden sein wird. Computer und Roboter werden noch viel mehr Arbeit übernehmen, als wir es uns heute vorstellen können. Wo bleibt die Arbeit? Sie bleibt vor allem dort, wo es um zwischenmenschliche Kontakte geht. In der Wirtschaft bricht eine Ära an, in der die Menschen mit ihren Talenten in den Mittelpunkt rücken. Wo langweilige, eintönige Arbeit automatisiert wird, da entstehen Freiräume, in denen Menschen wirklich für Menschen da sind. Ich finde, das ist doch eine wunderbare Entwicklung! Die Welt dreht sich schneller, aber uns muss dabei nicht schwindelig werden. Vorausgesetzt, wir besinnen uns alle auf unsere menschlichen Stärken. Jetzt ist die Chance dazu!
Rewind
Junge, »disruptive« Unternehmen verändern die Spielregeln der Märkte. Sie sind hoch flexibel und agil. Wer sich nicht weiterentwickelt, kann gegen sie nur verlieren.
Spitzenteams, die nah am Kunden sind, machen das Rennen. Unternehmen, die wissen, was ihre Kunden wollen, sorgen für Innovationen an der richtigen Stelle.
In Zukunft wird es überall entscheidend sein, dass die Basics stimmen. Kunden gehen zu dem Anbieter, der sein Geschäft perfekt beherrscht. Gleichzeitig wird der zwischenmenschliche Kontakt wieder wichtiger.
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