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Masterarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Didaktik - Sport, Sportpädagogik, Note: 1,7, Ruhr-Universität Bochum (Fakultät für Sportwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Politische, ökonomische und damit einhergehend auch soziale Veränderungen in der Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten stellten auch das Bildungssystem dieses Landes vor neue Herausforderungen, die nach adäquaten Lösungen verlangten. Vor allem die im Gegensatz zum wachsenden Bedarf der Wirtschaft nach höher qualifizierten Schulabgängern stehenden ernüchternden unterdurchschnittlichen Ergebnissen deutscher Schüler bei nationalen und internationalen Leistungsvergleichsstudien (PISA, TIMMS, IGLU, etc.), die immer häufiger zu beobachtenden auf Bewegungsmangel zurückzuführenden gesundheitlichen Defizite der Heranwachsenden, die oft kritisierte, unzureichende Ausbildung von Lehrern und ihre wohl altersbedingte Fort- und Weiterbildungsmüdigkeit (vgl. DVLfB, 2003) ließen auch für das Fach Sport eine neue Lernplangeneration entstehen, die sich durch eine gestiegene „Orientierung am Output“ (Schumacher, 2011, S. 1) sowie eine pädagogische Akzentuierung der Inhalte des Sportunterrichts charakterisiert. Mit der Implementation dieser neuen kompetenzorientierten Lehrpläne und Richtlinien im Fach Sport ab 1999 sind die Erwartungen an das Fach und somit auch an die Professionalität von Sportlehrern durch die Zuschreibung eines erweiterten beruflichen Anforderungsprofils und Kompetenzbeherrschungsspektrums enorm gestiegen. Die neuen Kerncurricula und deren gegenwärtige staatliche Vorgaben bedeuten einen erheblichen Mehraufwand für Sportlehrkräfte, weil weder konkrete Hinweise zur inhaltlichen Gestaltung des Unterrichtvorhabens noch unterstützende Unterrichts- und Weiterbildungsmaterialien vorliegen (vgl. ebd.). Einerseits ist der Sportunterricht durch diese erste „Reformwelle“ (ebd., S. 3) mit der pädagogischen Akzentuierung aufgewertet worden. Andererseits hat hierdurch jedoch eine „inhaltliche Verwässerung“ (ebd.) des Schulsports stattgefunden, die die praktische Umsetzung der Lehrpläne erschwert. Zur Verwirklichung des überfachlichen Erziehungs- und Bildungsauftrags soll der Schulsport einen noch stärkeren Beitrag leisten und die fachpädagogische Arbeit und Bildung von Sportlehrern verstärkt an vorgegebenen Standards und Kompetenzbereichen ausrichten (vgl. KMK, 2004). Diese gestiegenen Qualitätsansprüche an die pädagogische Arbeit der Sportlehrer erfordern vielfach neue und damit auch neu zu erwerbende Kompetenzen (vgl. auch Geist, 2011), wodurch sich die Analyse, Diagnostik und Bewertung professioneller [...]
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Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Merkmale qualitativ hochwertigen Sportunterrichts
3 Legitimation und Auftrag des Schulsports
4 Anforderungen und Aufgaben an eine Sportlehrkraft
5 Sportlehrerprofessionalität
5.1 Ansätze zur Bestimmung von Lehrerprofessionalität
5.2 Definition des Kompetenzbegriffs
5.3 Kompetenzen eines Sportlehrers nach Uwe Pühse (1995)
5.4 Kompetenzmodell nach Michael Bräutigam (2003)
5.4.1 Fachkompetenz
5.4.2 Selbstkompetenz
5.4.3 Sozialkompetenz
5.4.4 Sachkompetenz
5.4.5 Systemkompetenz
6 Persönliche Eigenschaften
7 Ausbildungsphasen der Sportlehrerbildung
7.1 Phasenmodell nach Fuller und Bown (1975)
8 Sportlehrerfortbildung
8.1 Organisationsformen
8.2 Funktion und Bedeutsamkeit
8.3 Bochumer Schulsporttag
9 Fazit/ Ausblick
10 Literaturverzeichnis
Abb. 1: Begründung zur Legitimation des Schulsports (aus Balz, 2000, S. 39)
Abb. 2: Der "Würfel" der Bewegungsfelder (aus Balz, 2002, S. 185)
Abb. 3: Doppelauftrag und curriculare Struktur des Schulsports (aus Aschebrock & Stibbe, 2007, S. 178)
Abb. 4: Das Kompetenzmodell nach Michael Bräutigam (2003, S. 39)
Abb. 5: Die Fachkompetenz (aus Bräutigam, 2003, S. 41)
Abb. 6: Die Selbstkompetenz (aus Bräutigam, 2003, S. 45)
Abb. 7: Die Sozialkompetenz (aus Bräutigam, 2003, S. 57)
Abb. 8: Die Sachkompetenz (aus Bräutigam, 2003, S. 43)
Abb. 9: Die Systemkompetenz (aus Bräutigam, 2003, S. 57)
Politische, ökonomische und damit einhergehend auch soziale Veränderungen in der Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten stellten auch das Bildungssystem dieses Landes vor neue Herausforderungen, die nach adäquaten Lösungen verlangten.
Vor allem die im Gegensatz zum wachsenden Bedarf der Wirtschaft nach höher qualifizierten Schulabgängern stehenden ernüchternden unterdurchschnittlichen Ergebnissen deutscher Schüler bei nationalen und internationalen Leistungsvergleichsstudien (PISA, TIMMS, IGLU, etc.), die immer häufiger zu beobachtenden auf Bewegungsmangel zurückzuführenden gesundheitlichen Defizite der Heranwachsenden, die oft kritisierte, unzureichende Ausbildung von Lehrern und ihre wohl altersbedingte Fort- und Weiterbildungsmüdigkeit (vgl. DVLfB, 2003) ließen auch für das Fach Sport eine neue Lernplangeneration entstehen, die sich durch eine gestiegene „Orientierung am Output“ (Schumacher, 2011, S. 1) sowie eine pädagogische Akzentuierung der Inhalte des Sportunterrichts charakterisiert. Mit der Implementation dieser neuen kompetenzorientierten Lehrpläne und Richtlinien im Fach Sport ab 1999 sind die Erwartungen an das Fach und somit auch an die Professionalität von Sportlehrern durch die Zuschreibung eines erweiterten beruflichen Anforderungsprofils und Kompetenzbeherrschungsspektrums enorm gestiegen.
Die neuen Kerncurricula und deren gegenwärtige staatliche Vorgaben bedeuten einen erheblichen Mehraufwand für Sportlehrkräfte, weil weder konkrete Hinweise zur inhaltlichen Gestaltung des Unterrichtvorhabens noch unterstützende Unterrichts- und Weiterbildungsmaterialien vorliegen (vgl. ebd.). Einerseits ist der Sportunterricht durch diese erste „Reformwelle“ (ebd., S. 3) mit der pädagogischen Akzentuierung aufgewertet worden. Andererseits hat hierdurch jedoch eine „inhaltliche Verwässerung“ (ebd.) des Schulsports stattgefunden, die die praktische Umsetzung der Lehrpläne erschwert. Zur Verwirklichung des überfachlichen Erziehungs- und Bildungsauftrags soll der Schulsport einen noch stärkeren Beitrag leisten und die fachpädagogische Arbeit und Bildung von Sportlehrern verstärkt an vorgegebenen Standards und Kompetenzbereichen[1] ausrichten (vgl. KMK, 2004). Diese gestiegenen Qualitätsansprüche an die pädagogische Arbeit der Sportlehrer erfordern vielfach neue und damit auch neu zu erwerbende Kompetenzen (vgl. auch Geist, 2011), wodurch sich die Analyse, Diagnostik und Bewertung professioneller pädagogischer Kompetenzen angehender Lehrkräfte zu einem zentralen Baustein des Bildungssystems entwickelt hat (vgl. Meier, 2013). Es besteht weitestgehend Konsens darüber, dass Lehrer nach ihrer formalen Berufsausbildung noch nicht über die Kompetenzen, Handlungskonzepte und Strategien verfügen, die angesichts der schulischen und unterrichtlichen Anforderungen, sowie des „eigenen Selbstverständnisses“ (Ernst- Fabian, 2008, S. 27) erforderlich sind. Die Professionalisierung eines Sportlehrers geht also weit über die Grundausbildung im Studium und im Referendariat[2] hinaus. Um die sich im ständigen Fluss befindenden neuen Herausforderungen des Sportlehrerberufs erfolgreich bewältigen zu können und hohe Unterrichtsqualität zu gewährleisten, müssen Sportlehrkräfte ihre Kompetenzen daher ständig weiterentwickeln.
Die vorliegende Masterarbeit zum Thema Sportlehrerprofessionalität: Merkmale und Kompetenzentwicklung beschäftigt sich mit den Fragestellungen, über welche fachliche Kompetenzen und persönlichen Merkmale Sportlehrer vor dem Hintergrund beruflicher Anforderungen zur Realisation qualitativ hochwertigen Unterrichts verfügen müssen, inwieweit Sportlehrerfortbildungen als dritte Phase der Lehrerbildung zur Kompetenzentwicklung und Professionalisierung von Sportlehrkräften beitragen und welche Bedeutung Sportlehrerfortbildungen infolgedessen für die Gewährleistung qualitativ hochwertigen Sportunterrichts seitens der Lehrkräfte zukommt.
Vor der Beantwortung dieser Fragestellungen muss jedoch erst ermittelt werden, wodurch sich qualitativ hochwertiger Sportunterricht auszeichnet. Zum Einstieg werden daher im zweiten Kapitel die Qualitätsmerkmale von Sportunterricht erläutert. Im dritten Kapitel erfolgt die Kontextualisierung dieser Qualitätsmerkmale, indem die Legitimation und der Auftrag des Schulsports sowie die Anforderungen der aktuellen Lehrpläne dargestellt werden.
Mit der Thematik der Professionalität und Kompetenzentwicklung von Sportlehrern, richtet sich der Blick auch immer auf die Frage, wozu diese Kompetenzen benötigt werden. Daher sollen im vierten Kapitel zunächst die Anforderungen an einen Sportlehrer und seine Aufgaben beschrieben werden. Bevor anschließend explizit auf die erforderlichen Kompetenzen von Sportlehrern eingegangen wird, werden drei verschiedene Ansätze zur Bestimmung von Sportlehrerprofessionalität präsentiert sowie eine Definition des Kompetenzbegriffs erörtert. Die Beschreibung der für den beruflichen Alltag notwendigen Sportlehrerkompetenzen erfolgt im Anschluss anhand des Kompetenzmodells von Michael Bräutigam (2003) und der Sportlehrerkompetenzen nach Uwe Pühse (1995), weil beide Autoren sich speziell auf den Sportlehrerberuf und nicht auf den Lehrerberuf im Allgemeinen beziehen. Anschließend werden die persönlichen Eigenschaften eines professionellen Sportlehrers herausgestellt und anhand der Studie von Messing (1980) einem Ranking seitens der Schüler unterzogen.
Im siebten Kapitel wird ausgehend von den ersten beiden Phasen der Lehrerbildung, die Funktion und Bedeutsamkeit von Sportlehrerfortbildungen für die Entwicklung von Sportlehrerkompetenzen in der dritten Phase analysiert. Um diese Funktion besser beurteilen zu können, werden die verschiedenen Organisationsformen der Lehrerfortbildung voneinander abgegrenzt, verschiedene Themenkomplexe der Sportlehrerfortbildungen aufgezeigt und exemplarisch der Bochumer Schulsporttag als staatliche Sportlehrerfortbildung vorgestellt. In einem Fazit soll auf die eingangs gestellten Fragen, über welche Kompetenzen Sportlehrer verfügen müssen, inwieweit Sportlehrerfortbildungen zur Kompetenzentwicklung von Sportlehrern beitragen und welche Bedeutung Sportlehrerfortbildungen infolgedessen bzgl. der Gewährleistung qualitativ hochwertigen Unterrichts zukommt Bezug genommen werden. Abschließend erfolgt ein Ausblick zum behandelten Thema Sportlehrerprofessionalität: Merkmale und Kompetenzentwicklung sowie eine Hinwendung zu offenen und weiterführenden Forschungsfragen.
Um zu erörtern, welche Rolle Sportlehrerfortbildungen für die Gewährleistung qualitativ hochwertigen Unterrichts spielen, muss zunächst verdeutlicht werden, was qualitativ hochwertigen Unterricht überhaupt auszeichnet. Was bedeutet guter Sportunterricht und welche Qualitätsmaßstäbe gibt es?
In Anbetracht nationaler und internationaler Leistungsuntersuchungen wie PISA, IGLU oder TIMMS erhält die Frage nach qualitativ hochwertigem Unterricht große Bedeutung (vgl.Wolters, Klinge, Klupsch-Sahlmann & Sinning, 2009). Geht man der Frage nach, wodurch sich qualitativ hochwertiger Sportunterricht auszeichnet, lassen sich in der Literatur diverse Beantwortungsversuche u.a. bei Helmke (2005), Meyer (2011), Gebken (2005) und Reckermann (2004) bzgl. der Merkmale bzw. Kriterien guten Unterrichts finden. Die von Helmke (2005) und Meyer (2011) beschriebenen Kriterien gelten dabei übergreifend für alle Unterrichtsfächer, wohingegen sich die Kriterien von Gebken (2005) und Reckermann (2004) speziell auf den Sportunterricht beziehen. Daher soll im Folgenden nur kurz auf die Merkmale von Meyer (2011) eingegangen und die Merkmale Gebkens (2005) intensiver aufgegriffen werden.
Laut Gebken (2003) haben empirische Forschungsbefunde zur Qualität von Unterricht in den letzten Jahren zugenommen. Seitdem kann zumindest zuverlässiger beurteilt werden, welche Maßnahmen der Klassenführung und der Unterrichtsgestaltung für dauerhafte Lernerfolge der Schüler nützlich- und welche weniger nützlich sind. Auf Grundlage der Studien des von Fichten, Gebken und Meyer (2002) geleiteten Modellversuchs „Lebenslanges forschendes Lernen im Kooperationsverbund Schule- Seminar- Universität“ sowie Langzeitstudien u.a. von Kounin (1970), Rutter (1980), Fend (2001), Brophy und Buck (2002) und insbesondere der sog. SCHOLASTIK[3]-Studie von Helmke und Weinert (1997) erstellte Gebken (2005) ein Mischmodell, welches acht Merkmale bzw. Gütekriterien[4] guten Sportunterrichts umfasst.
Diese Merkmale guten Unterrichts konnten anhand jener Klassen festgemacht werden, in denen dauerhaft hohe Lernerfolge vorlagen. Die Lernerfolge richten sich überwiegend auf kognitive Kompetenzen der Schüler, können jedoch auf sensorische, motorische und soziale Lern- und Entwicklungsprozesse übertragen werden (vgl. Gebken, 2003). Bzgl. der Studien hält Gebken (2003) fest, dass keines der Merkmale je in gleicher Stärke bzw. Intensität in den verschieden an der Studie beteiligten Schulklassen vorkam. Es waren immer einzelne Merkmale stärker oder weniger stark ausgeprägt als andere. Im Allgemeinen bedeutet Qualität im Sportunterricht nach Gebken (2005, S. 235), wenn sich
„möglichst viele Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer demokratischen Unterrichtskultur, auf der Grundlage eines Erziehungsauftrages, sinnvoll bewegen, sich aktiv am Lernprozess beteiligen und dauerhaft für eine selbstständige Teilnahme an Spiel, Sport und Bewegung befähigt werden“.