Sri Lanka Leuchten - Karin Schreiner - E-Book

Sri Lanka Leuchten E-Book

Karin Schreiner

0,0

Beschreibung

Sri-Lanka-Leuchten – auf der Suche nach dem verborgenen Sinn der Liebe, ist die Geschichte einer Frau, die eine Liebe kennen lernt, die sich nicht erfüllen kann, denn dieser Mann ist nicht frei. Tief in sich spürt sie, dass sie ihm begegnen sollte, was ihr auch Jahre davor schon eine Zigeunerin vorausgesagt hat: „Du wirst in diesem Leben zur Liebe finden“. Sie findet zu einer Liebe, die bei ihr alles auf den Kopf stellt. Sie lernt eine Gesetzmäßigkeit kennen, die sich nicht ihrem Willen unterordnet. Erstmals in ihrem Leben wird sie aber auch mit der dunklen Seite der Liebe konfrontiert, ein großes unberechenbares Monster, das sie verschlingen will. Sie lernt der neuen Kraft zu vertrauen, die zu einem unsichtbaren Wegweiser für sie wird. In ihrem Kampf und ihrer Zerrissenheit hört sie die Botschaft: „Du musst Dir Abstand zu diesem Mann schaffen, ohne die Liebe zu verlieren“ und bucht eine Reise nach Sri Lanka. Dort erfährt sie in einer fremden Kultur und unter fremden Menschen eine Berührung von Herz zu Herz und Geist zu Geist. Sie erlebt auf dieser Reise Liebe als eine Kraft, die Brücken bauen und heilen kann, aber nur dann, wenn sie nicht zielgerichtet ist. Sie lernt eine nicht materielle, gestalterische Brückenkraft kennen und das Zusammenwirken von sichtbaren und unsichtbaren Kräften, die immer anwesend sind. Sie entscheidet sich für einen Pilgerweg mitten in der Nacht auf einen heiligen Berg. Dabei erfährt sie das Gesetz des Loslassens. Durch ihren persönlichen Erfahrungsweg findet sie zu einer Liebe, die größer ist. Durchdrungen von einem neuen Geist kann sie loslassen, ist bereit, ihren Weg alleine weiterzugehen, und ihrer Bestimmung zu folgen. Sie findet zu den heilenden Kräften der weiblichen Energie, die sie nicht mehr verliert, weil sie die Liebe, zu der sie in sich selbst gefunden hat, nicht mehr zerstören muss.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 268

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Sri Lanka Leuchten

Eine Suche nach dem verborgenen Sinn der Liebe

Books on Demand

Buch

Sri-Lanka-Leuchten – auf der Suche nach dem verborgenen Sinn der Liebe, ist die Geschichte einer Frau, die viele Jahre nach der Scheidung von ihrem ersten Mann eine Liebe kennen lernt, die sich nicht erfüllen kann, denn dieser Mann ist nicht frei. Tief in sich spürt sie, dass sie ihm begegnen sollte, was ihr auch Jahre davor schon eine Zigeunerin vorausgesagt hat: „Du wirst in diesem Leben zur Liebe finden“. Sie findet zu einer Liebe, die bei ihr alles auf den Kopf stellt. Sie lernt eine Gesetzmäßigkeit kennen, die sich nicht ihrem Willen unterordnet. Erstmals in ihrem Leben wird sie aber auch mit der dunklen Seite der Liebe konfrontiert, ein großes unberechenbares Monster, das sie verschlingen will. Sie lernt der neuen Kraft zu vertrauen, die zu einem unsichtbaren Wegweiser für sie wird. In ihrem Kampf und ihrer Zerrissenheit hört sie die Botschaft: „Du musst Dir Abstand zu diesem Mann schaffen, ohne die Liebe zu verlieren“ und bucht eine Reise nach Sri Lanka. Dort erfährt sie in einer fremden Kultur und unter fremden Menschen eine Berührung von Herz zu Herz und Geist zu Geist. Sie erlebt auf dieser Reise Liebe als eine Kraft, die Brücken bauen und heilen kann, aber nur dann, wenn sie nicht zielgerichtet ist. Sie lernt eine nicht materielle, gestalterische Brückenkraft kennen und das Zusammenwirken von sichtbaren und unsichtbaren Kräften, die immer anwesend sind. Sie entscheidet sich für einen Pilgerweg mitten in der Nacht auf einen heiligen Berg. Dabei erfährt sie das Gesetz des Loslassens. Durch ihren persönlichen Erfahrungsweg findet sie zu einer Liebe, die größer ist. Durchdrungen von einem neuen Geist kann sie loslassen, ist bereit, ihren Weg alleine weiterzugehen, und ihrer Bestimmung zu folgen. Sie findet zu den heilenden Kräften der weiblichen Energie, die sie nicht mehr verliert, weil sie die Liebe, zu der sie in sich selbst gefunden hat, nicht mehr zerstören muss.

Was muss auf unserer Erde noch passieren, damit wir Menschen wieder zu diesem verschütteten Wissen zurück finden, und zu unserer Fähigkeit, im Einklang mit dem verborgenen Wissen in uns selbst und den Gesetzen der Natur zu leben? Die Natur wird sich nie den materiellen Gesetzen der Menschen unterordnen.

Inhaltsverzeichnis

Die Entscheidung

Ankunft in Sri Lanka

Rundreise

Der Pilgerweg

Das alltagliche Sri Lanka

Wieder zuhause

Arbeit an mir selbst

Danksagung

Autorin

Für meinen Sohn und in Gedenken an seinen Vater.

Ich musste diesen Weg gehen, und meiner Bestimmung folgen. Verzeih mir!

In der Liebe, die größer ist, finden wir uns wieder!

Die Entscheidung

„Ich will und muss einen Schlussstrich ziehen, so geht das nicht weiter“, schreit Ina in den Raum und versucht sich durch Hausarbeiten abzulenken. Es gelingt ihr nicht. Sie rennt von einem Raum in den nächsten, reißt ein Fenster auf in der Hoffnung, dass die kühle Luft von draußen ihre innere Enge durchdringt. Ihr Brustkorb steckt in einem Panzer, die Enge, die sie spürt, tut weh.

Tief atmet sie durch, heftet ihren Blick auf das satte Grün des Rasens und für einen kurzen Moment wird sie ruhiger. Ihre Blicke folgen einer Amsel, die mit einem Regenwurm kämpft, ihn erfolgreich aus der Erde zieht und mit ihrem Schnabel festhält. Dann breitet sie die Flügel aus und schwingt sich mit der Beute in die Lüfte.

„Die Leichtigkeit des Seins“, wie gerne möchte sie jetzt eine Amsel sein. Ballast abwerfen, frei durchatmen können, wieder frei sein, das wünscht sie sich in diesem Moment. Aber ihre Unruhe treibt sie erneut von Zimmer zu Zimmer, von einer Aktivität zur nächsten. Ina fühlt sich zerrissen und sehnt sich nach Ruhe.

Inzwischen ist es Abend geworden. Um sich abzulenken, schaltet sie ihr Fernsehgerät an. Unruhe und Spannung, die unerträglich für sie werden, treiben Ina. Der Rand eines Abgrundes kommt auf sie zu, er zieht sie magnetisch an. Sie hat das Gefühl, er wartet nur auf sie. Panik will sich in Ina ausbreiten.

„Jetzt muss ich etwas tun, neue Schritte wagen, bevor mich das Dunkle verschlingt.“

Ina springt von Sender zu Sender, um plötzlich innezuhalten, denn traumhaft schöne Naturlandschaften erreichen sie, die zu einem Film gehören. Sie entführen sie in eine farbenreiche Welt, fremd und berauschend schön.

Staunend verfolgt sie den Film im Fernsehen, der die Kraft hat, sie abzulenken. Tief innen erreichen sie die Bilder dieser Landschaft. Sie holen sie vom dunklen Schlund weg. Die Faszination, die sich in ihr ausbreitet, vertreibt ihre Unruhe und weckt Sehnsucht in ihr.

„Da möchte ich hinreisen, um diese Schönheiten hautnah erleben, sehen, fühlen und schmecken zu können!“

Eine Veränderung geht in Ina vor. Sie sitzt in ihrem Wohnzimmer und lässt zu, dass die Sehnsucht ihr Flügel verleiht. Ina gibt sich ihren Träumen hin, die diese Bilder in ihr aktivieren.

„Einmal möchte ich das erleben, dort wird es mir bestimmt gefallen, das fühle ich“, seufzt sie vor sich hin.

Am Schluss wird deutlich, dass sie in einem Filmbericht über Sri Lanka gelandet ist. Der Film ist zu Ende, die Faszination und ihre Sehnsucht bleiben.

„Träume sind wichtig, sie wirken wie farbenprächtige Schmetterlinge im Alltag. Wie das aber so ist mit Schmetterlingen, sie kommen aus dem Nichts, verzaubern uns mit ihrer Schönheit und fliegen wieder weiter in die Unendlichkeit. Fange ich diese filigranen Geschöpfe und drücke sie dabei zu fest, zerstöre ich sie zusammen mit dem Zauber, der sie umgibt. Träume kann ich auch nicht festhalten, sie kommen und gehen, sie unterliegen einer eigenen Gesetzmäßigkeit. Es bleibt offen, ob sie sich jemals erfüllen werden.“

In Ina wird es still. Nach dem gewaltigen Orkan in sich, erlebt sie das fast unheimlich. Sie lässt alles zu, was jetzt in ihr passiert, gibt sich ihrer Sehnsucht hin und wie aus dem Nichts trifft sie eine Entscheidung:

„Eine Reise nach Sri Lanka hilft mir, Abstand zu dir zu finden! Ich will nicht in deine Ehe eindringen. Meine Liebe soll auf keinen Fall zu einer zerstörenden Liebe werden.“

Liebe ist ein Geschenk, sie will nicht besitzen und schon gar nicht zerstören. Ein Geschenk, das in Inas Fall sehr weh tut!

Erstmals in ihrem Leben kann sie selbst Liebe so erfahren. Sie erlebt, dass diese Liebe ihre eigenen Gesetze hat. Sie fragt nicht danach, welchen Menschen sie wann trifft. Das ist neu für Ina. Auch wenn der Kopf das begreift, will Inas Herz nicht loslassen. Mit schwerem Herzen spricht sie ohne Worte zu ihm:

„Nun bist Du weg, zusammen mit Deiner Frau. Ich bleibe alleine zurück. Das fühlt sich an wie ein Dolchstoß mitten in mein Herz. Ich möchte schreien, dich festhalten, aber es kommt kein Laut über meine Lippen. Meine Kehle ist wie zugeschnürt. Der Schmerz der Trennung droht mich niederzuschmettern. Warum gerade du, ein Mann der nicht frei ist?“

Wut, Ohnmacht, Sehnsucht nach Berührung und Nähe wechseln sich in ihr ab. Sie fühlt sich wie ein Vulkan, der kurz vor dem Ausbruch steht.

Deutlich erkennt sie erneut:

„Ich brauche Abstand. Nur noch ein feinseidener Vorhang trennt uns beide – wenn der auch noch fällt?“

Hier stoppt sie ihre Gedanken. Diese Vorstellung lässt sie erstarren. Bilder von Feuer, Glut und Leidenschaft tauchen in ihr auf. Bilder von einem Rausch der Sinne, von Verschmelzung.

Wieder durchströmt tiefe Sehnsucht Ina. Sehnsucht nach fallen lassen, nach loslassen. Das Verlangen wird von Tag zu Tag immer größer, sehr bedrohlich groß für sie.

Daneben meldet sich ihre Vernunft zu Wort: „Stopp, er ist verheiratet, er hat schon eine Frau und eine Familie, er ist nicht frei, es kann nicht sein!“

„Wenn wir uns nahe sind, spüre ich bei dir die gleiche Sehnsucht und Angst, das macht alles noch schwerer. So kann es nicht weitergehen. Ich will und muss Abstand schaffen. Ob mir das gelingt und wie es weiter geht, bleibt offen.“

Erneut treibt sie ihre Unruhe durch die Wohnung. Vor dem großen Spiegel im Flur bleibt sie stehen. Ina spricht zu ihrem Spiegelbild, das im Moment ihr einziges Gegenüber ist:

„Du hast die Kraft, mich ganz aufzuschließen. Bei dir fühle ich mich geborgen, ich bin angekommen. Du bist mein Zuhause, meine Heimat. Du berührst mein Herz und schließt die Frau in mir auf. Wenn du in meine Nähe kommst, brechen alle Mauern zusammen.“

Ina gibt sich ganz ihren Gedanken und Gefühlen hin: „Heute sind die unsichtbaren Mauern für mich nicht mehr wichtig, sie werden bedeutungslos. Ich brauche und will auch nichts mehr in mir schützen, ich will ganz Frau sein, so wie es meine Bestimmung ist!“

Sie schaut im Spiegel in ihre tränengefüllten Augen, in denen sie ihre geheimen Wünsche lesen kann. Sie wünscht sich von ganzem Herzen, dass er vor ihr steht. Ina möchte ihm ihr Herz anvertrauen. In diesem Moment ist es ihr egal, ob das ihr Spiegelbild ist, die Worte sprudeln einfach aus ihr heraus:

„Es ist schön, dass es dich gibt. Unsere Begegnung erlebe ich als ein sehr wertvolles Geschenk in meinem Leben. Wir befruchten und durchströmen uns, wir wachsen beide auf etwas Neues zu. Aber jetzt ist die Zeit reif, ich muss dich loslassen.“

„Wie sieht das Neue aus, was wird das wohl sein? Trennen sich unsere Wege wieder oder kommen wir zusammen? Niemand kann mir diese Fragen beantworten. Meine Liebe gibt mir die Kraft zu vertrauen.“

„Liebe heißt loslassen, sie will nicht besitzen“ - strömt eine Botschaft in Inas Bewusstein. Aus tiefstem Herzen weiß sie, dass es so ist.

„Wie schaffe ich mir Abstand?“

„Unsere Lebenssituation ist so, dass wir uns nicht ganz aus dem Weg gehen können. Das Schicksal wollte es offensichtlich so. Weglaufen ist auch keine Lösung, denn ich spüre, dass dieser Entwicklungsprozess an einen Punkt gelangt ist, zu dem auch Du gehörst. Mich diesem Problem stellen, ist mein Thema.“

„Ja, so soll es sein, ich öffne mich und lasse mich auf mich selbst ein. Auf alles, was die Kraft der Liebe bei mir aufschließt. Festhalten an etwas, was nicht sein kann, behindert meinen Lebensfluss. Das kann ich mit all meinen Sinnen erleben.“

„Liebe heißt loslassen – das ist wohl die Aufgabe, vor der ich stehe“, erkennt Ina in diesem Augenblick.

„Abstand schaffen, das sagt sich so leicht, aber wie geht das?“

„Wenn Du das nicht schaffst, werden alle Beziehungen zu einem Mann nach dem gleichen Muster verlaufen“, flüstert ihr eine Stimme zu.

Ein Muster, welches Ina kennt, und das auf Dauer nicht befruchtend für sie ist. Das weiß sie aus ihren bisherigen Beziehungen.

„Ich möchte in meinem Leben etwas Neues finden, jetzt ist die Zeit reif dafür“, schreit es in ihr.

„Neues finde ich nur in mir, das Leben von innen heraus ändern“ , hört sie eine Botschaft.

Diese Worte lässt Ina tief in sich hinein, sie lässt sich davon berühren. Aus ihrem Bauch erhält sie auch gleich die deutliche Botschaft:

„Ja, so ist es!“

„Wo kommen diese Worte und diese Erkenntnis her“, fragt sie sich?

Das ist alles so neu für Ina. Deutlich spürt sie die Veränderung, die sich in ihr unsichtbar vollzieht.

„Offensichtlich hat die Kraft der Liebe in mir eine innere Tür geöffnet, die bis dahin fest verschlossen war. Und der einzig passende Schlüssel für diese Tür heißt Liebe.“

Wach und fasziniert lauscht Ina diesen Botschaften, die sie aus dem Nichts kommend erreichen.

„Liebe heißt loslassen – wenn mir das gelingt, entsteht in mir ein neues Gesetz. Wenn mir das nicht gelingt, wird mich die „dunkle Seite“ der Liebe in ihre unsichtbaren Krallen nehmen und zerstören.

Sie spürt, dass es so ist.

„Die dunkle Seite der Liebe“ – bisher konnte sie sich darunter nichts vorstellen, jetzt sieht sie ihr direkt ins Auge.

Sie erlebt eine zerstörerische Masse, die sie verschlingen will. Diese Masse wirkt wie eine große dunkle Krake, die sie mit ihren Fangarmen ergreift und festhält. Vor dieser dunklen Seite in ihr will Ina nicht mehr ihre Augen verschließen. Sie will die Angst davor überwinden. Sie erlaubt ihr nicht, zu einem großen Monster anzuwachsen, auch wenn das sehr schwer ist und weh tut.

„Ich habe in meinem Leben doch schon so viele schmerzhafte Krisen bewältigt und dabei erfahren, dass mich das stark gemacht hat“, erinnert sie sich. Das macht Ina Mut.

„Ich habe meine neue Lebensaufgabe erkannt und nehme sie an. Das heißt, Abstand zwischen dir und mir zu schaffen, ohne die Liebe zu zerstören.“

„In welche Richtung soll sich mein Leben wenden“, fragt sie sich, findet aber keine Antwort! „Ohne die Liebe zu zerstören“, hallt es in ihr nach.

„Ich liebe dich, wie ich noch nie vorher einen Mann geliebt habe. Diese Liebe zu dir verändert mich, ich will sie nicht mehr verlieren. Ich weiß, dass ich das nicht davon abhängig machen darf, ob wir ein Paar werden. Ich lasse los und vertraue auf die Kraft, die ich in mir gefunden habe, die Kraft der Liebe.“

„Sollte ich dich treffen, um an diesen Grenzpunkt in meinem Leben zu kommen? Eine Grenze, die mir sehr schmerzhaft zu verstehen gibt: In Deinem Leben steht eine Veränderung an!“

Ina erlebt sehr bewusst, dass sie von sich aus keine Veränderung gesucht hätte. Der Schmerz, der unerträglich für sie geworden ist, zwingt sie in die Knie!

Sie fragt sich erneut: „Wie schaffe ich mir Abstand“?

„Sicher ist das kein Zufall, dass ich heute durch meine Unruhe und Unentschlossenheit diesen Filmbericht über Sri Lanka gefunden habe. Ich erlebe ihn wie eine Botschaft, wie einen Wegweiser! Ja, so soll es sein.“

Alles in Ina stimmt dieser Entscheidung zu, es gibt keine Zweifel und Bedenken mehr in ihr.

Erleichtert atmet sie durch. Sie bemüht sich schon am nächsten Tag in ihrem Lieblingsreisebüro um eine Buchung nach Sri Lanka. Sie findet einen Flug zur gewünschten Zeit, der ihren Preisvorstellungen entspricht. Das ist eine deutliche Botschaft für Ina. Sie soll diese Reise unternehmen. Nach der Buchung findet sie ihr Gleichgewicht wieder.

Beflügelt und beschwingt geht sie nach Hause und fiebert der Abreise entgegen. Ina fühlt sich für einen kurzen Moment wie die Amsel in ihrem Garten, die sich mit dem Regenwurm im Schnabel den Kräften des Kosmos hingibt und leicht wie eine Feder abhebt.

Langsam entsteht in ihr Abstand durch unsichtbare Flügel, die anfangen, sich in ihr auszubreiten. Die Flügel heißen Sehnsucht nach Weite, danach, den unsichtbaren Panzer, der ihr Herz gefangen hält, zu sprengen. Die faszinierenden Bilder aus dem Fernseher, die sich in ihr eingebrannt haben, helfen ihr dabei.

Stolz erkennt Ina, dass sie das dunkle Monster in sich besiegt hat.

Ankunft in Sri Lanka

Frankfurt – Sri Lanka, 10 Stunden Flug, dazu noch die Zeitverschiebung, eine lange Reise liegt hinter Ina. Essen, schlafen, lesen, Musik hören und ein lustiger Film haben diesen Flug für sie zeitlos gemacht.

Nun ist sie gelandet, nach ihrem Gefühl in der Wildnis, am Ende der Welt. Sie wird empfangen von reiner echter Natur, fremd und berauschend schön.

„Mein Traum hat sich erfüllt, in dieses farbenprächtige Land zu reisen. Was werde ich hier erfahren und erleben. Ich bin sehr gespannt und neugierig?“

Nach 20 Stunden Reisedauer (von ihrer Wohnung bis zum Hotel) kommt Ina total überdreht in dem von ihr gebuchten Hotel an. Diese Zeit erlebte sie wie ein ständiges über sich Hinauswachsen und Grenzen überwinden. In ihrem Bauch befindet sich das Zentrum dieses Prozesses, er fühlt sich an wie ein aufbrechender Vulkan, oder wie tausend Larven, die sich zu Schmetterlingen entpuppen wollen. Die Schmetterlinge sehnen sich nach Freiheit, wollen ihre Flügel ausbreiten und eine neue Welt erobern und verzaubern.

Sie verursachen Ina Schmerzen!

In der Flughafenempfangshalle wartet auf Ina der Fahrer vom Hotel mit einem Schild , auf dem ihr Name steht. Erfreut atmet sie auf. Ina strahlt. Es tut gut, hier in der fremden Welt ihren Namen auf einer Tafel zu lesen, das gibt ihr gleich ein wenig Sicherheit. Ein kaffeebraunes Gesicht, dunkle, wache und lebendige Augen funkeln ihr entgegen, als sie zielstrebig und voller Freude auf diesen Mann zuläuft. Vorbei an anderen Einheimischen, die sie bedrängen und ihr einen Taxiservice anbieten, in der Hoffnung auf einen kleinen Verdienst. Ein einheimischer Gepäckträger will ihr das Gepäck aus der Hand nehmen, auch er will sich etwas verdienen, was sie klar und bestimmt ablehnt.

Der Fahrer vom Hotel packt nach einer freundlichen Begrüßung ihr Gepäck auf ein kleines Wägelchen, mit dem sie zusammen nach draußen rollen. Ein Kleinbus wartet auf Ina. Tropenhitze schlägt ihr ins Gesicht und nimmt ihr den Atem. Inas Kreislauf fährt Achterbahn. Für einen kurzen Moment hat sie das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Leicht schwankend lehnt sie sich haltsuchend an den wartenden Bus.

Auf der Fahrt vom Flughafen Colombo bis zum Hotel ist der kaffeebraune Fahrer sehr einfühlsam. Ein wertvolles Geschenk für Ina, denn in ihr breitet sich Chaos, Panik und Orientierungslosigkeit aus. Die Schmetterlinge, die zur Geburt kommen wollen, toben in ihrem Bauch.

„Der entführt mich, wo bringt der mich hin“ , rattert es in Inas Kopf.

Peitschender Regen, Sturm und dunkle Wolken verstärken ihre Angst. Das löst ein Weltuntergangsgefühl in ihr aus. Sie sieht sich auf einen dunklen Abgrund zusteuern.

„Was passiert mit mir, so kenne ich das nicht?“

Die Ausgeglichenheit und Ruhe des Fahrers wirken wie eine heilende Medizin auf Ina. Das wertvollste Geschenk, das sie in dieser Situation finden konnte. Oder wurde er ihr geschickt? Er bringt sie auch immer zur rechten Zeit zu einer Toilette, die für sie oft die Rettung in letzter Not ist. Den äußeren atmosphärischen Weltuntergang erlebt sie heftig in ihrem Bauch. Spürt der Fahrer ihre Kreislaufprobleme, ihre Angst oder ihre Erschöpfung, hält er ohne Worte plötzlich an, um sie mit einer aufgeschlagenen Kokosnuss mit Strohhalm zu überraschen, damit sie sich mit der herrlich schmeckenden Kokosmilch stärken kann. Bei einem nächsten Stopp überrascht er Ina mit einem Lemon-Kaffee. Widerwillig schaut sie auf die Tasse, probiert vorsichtig, aber erst nach einem dritten Schluck schmeckt ihr dieses fremde heiße Getränk, das die Kraft hat, ihre Lebensgeister für eine gewisse Zeit wieder zu wecken.

Dunkle Monster haben Ina im Griff. Sie erzeugen angstmachende Bilder. Sie sieht ihre Entführung in den Urwald, wo sie einsam und alleine ausgesetzt wird. Erneut will sich Panik in ihr ausbreiten.

Plötzlich hält der Fahrer an, holt eine Karte von Sri Lanka unter seiner Sitzbank hervor, beugt sich zu ihr nach hinten mit der Erklärung:

„Wir befinden uns jetzt mit dem Bus genau hier und dort unten ist das Hotel, das Sie von Deutschland aus gebucht haben“. Dabei zeigt er Ina mit seinem Finger auf der Karte die beiden Punkte und die Strecke, die noch vor ihnen liegt.

„Offensichtlich haben ihn die Bilder und Ängste von meiner Entführung erreicht, er will mich beruhigen“, spürt sie.

Ina ist dankbar und fragt sich:

„Was geht hier vor?“

„Ein unsichtbares Band schickt eine stumme Sprache von mir zu ihm. Zwischen uns fließt ein Geist, der immer anwesend ist, auch wenn man ihn nicht sehen und hören kann. Ich erlebe, dass im Bus zwei Menschen sitzen (ich und er), die offen sind für den „Geist aus der Wildnis“ – so will ich diesen Geist nennen. Zwei Menschen aus unterschiedlichen Welten und Kulturen. Aber dieser Geist hebt alle äußeren Unterschiede auf. Alles verschmilzt zu einem Ganzen! Wir werden zum Teil meines Traumes, heben vom Boden des Alltags ab und lassen uns aufeinander ein. Ich frage nicht warum. Das ist neu für mich, einfach gewaltig!“

Ina hat das Gefühl, dass in ihr eine unsichtbare Quelle zu sprudeln anfängt, die ihr Botschaften schickt als Wegweiser für alles Neue, was sie hier erfährt. Diese Kraft erlebt sie wie eine kleine Taschenlampe, die ihr dabei helfen soll, den Weg durch Dickicht und Dunkelheit zu gehen.

Inas erste Nacht liegt hinter ihr, eine Horrornacht. Fremde Geräusche, brausende und tobende Wellen, raschelnde Palmblätter, unsichtbare, schreiende und krächzende Tierstimmen, dazu noch die tropische Schwüle, lassen sie nicht zur Ruhe kommen. Das tobende Meer und ein wolkenbruchartiger Regen machen diese erste Nacht für sie noch bedrohlicher. Inas Herz klopft wild. Sie wälzt sich im Bett von einer Seite auf die andere und liegt mit einem feuchten Körper wach unter dem schützenden Moskitonetz. Die Luft im Zimmer ist zum Schneiden, da alle Fenster verschlossen sind. Zusätzlich stören Ina die Geräusche und der leichte Wind, der vom laufenden Ventilator ausgeht. Mitten in der Nacht erfasst sie Entsetzen. Sie sitzt senkrecht im Bett, Alpträume wüten in Ina. Wieder schaut sie einem Angst machenden Monster ins Gesicht.

„Hier bleibe ich nicht, warum habe ich mich für diese Reise entschieden, gleich morgen suche ich mir ein anderes Hotel“, schreien dunkle Gestalten in Ina.

„Warum bin ich so voller Panik, was wirft mich aus der Bahn?“

Verzerrte und grausige Bilder und Gedanken ziehen durch Inas Kopf. Die wenigen Gäste reisen in zwei Tagen ab, das haben sie ihr bei einer kurzen Begegnung in der Anlage erzählt, dann ist sie hier ganz alleine nur unter Einheimischen.

Diese Erkenntnis lässt Ina erneut erstarren.

„Was ist los mit mir, geheimnisvolle Kräfte wirken und verändern mich, es passiert einfach, ich kann nichts dagegen tun.“

Gänsehaut zieht über Inas Körper, von unten nach oben. Irgendwann schläft sie total erschöpft ein. Nur der Vulkan in ihrem Bauch treibt sie wieder zur Toilette.

Am nächsten Morgen wacht sie schon früh auf, macht die Terrassentür auf und alles hat ein anderes, freundliches und einladendes Gesicht. Die Sonne blendet ihre noch müden Augen, das Meer kann sie durch die Anlage sehen und hören. In diesem Moment hat sie das Gefühl, dass sie dem dunklen Monster entkommen konnte, sie ist dankbar.

„Hier habe ich ein kleines, verborgenes Paradies gefunden, hier bleibe ich“, schreit sie befreit in die Natur hinaus. Ihr Herz hüpft vor Freude, aber ihr Kreislauf spielt noch verrückt. So zieht sie sich ungewaschen ihren Badeanzug an und entscheidet sich für einen kleinen Strandlauf mit anschließendem Bad im Meer. Alles liegt direkt vor ihrer Nase und wartet nur darauf, dass sie sich auf diese Naturreichtümer einlässt. Es gibt nichts, was diese Idylle stört.

Eine einheimische junge Frau mit ihren Kindern begegnet Ina am Strand beim Holzstöckchen sammeln. Sie ist noch jung, sehr zierlich, einfach gekleidet in einem bunten Saron. „Das Holz brauchen sie wohl, um das Essen für die Familie kochen zu können.“ Die Kinder schauen Ina, die Blonde und Fremde, mit großen schwarzen Augen an und betteln nach Bonbons. Leider hat sie nichts zum Verschenken mitgenommen. Sie nimmt sich vor, bei einem nächsten Strandpaziergang für die Kinder etwas einzustecken.

Die Kinder wetteifern mit den Wellen. Ein Spiel, dem sie sich mit Lust und Freude hingeben. Das ist ihre Welt, mehr brauchen sie nicht. Ina schaut ihnen begeistert zu. Ihre strahlenden Augen funkeln wie Sterne, wenn sie aus dem Wasser auf sie zulaufen.

Diese Kinder wirken auf Ina wie ein Spiegel.

„Wo ist meine Lust und Freude“, fragt sie sich plötzlich?

Intensiv nimmt sie alles um sich herum mit ihren Sinnen wahr.

„Eigentlich müsste ich auch vor Lust und Freude tanzen und jubeln über dieses wertvolle Geschenk, das ich hier gefunden habe“!

Aber dem ist nicht so, Ina spürt nur den Panzer um ihre Brust und ihren immer noch schmerzenden Bauch. Hier am Strand wird sie mit ihren inneren, unsichtbaren Blockaden konfrontiert.

„Ich will sie los werden“!

„Bin ich deshalb hier hergekommen? Ist die äußere Wildnis ein Spiegel meiner inneren Wildnis, die ich durchdringen soll?“

„Was ist meine innere Wildnis?“

Ina spürt, dass es so ist, erklären kann sie es aber nicht. Hier passieren Dinge mit ihr, die neu und fremd sind, so fremd wie das Land und die Menschen, aber auch faszinierend.

An ihrer rechten Seite taucht plötzlich eine Kuh auf, die sich aus dem Dickicht bis zum Strand gewagt hat. Ein merkwürdiges Bild für sie, eine Kuh am Strand. Eine Kuh gehört doch auf die Weide. Weiden, wie Ina sie kennt, gibt es hier aber nicht. Dieses Bild lässt sie in sich wirken und nimmt die Tatsache an, dass sie hier auf andere Gesetzmäßigkeiten stößt.

„Die Natur bestimmt die Menschen und ihre Lebensumstände. Ist es in der Welt, in der ich lebe, nicht genau so? Meine Lebensumstände haben ein anderes Gesicht!“

„Darüber habe ich mir noch nie so bewusst Gedanken gemacht“, erkennt sie in diesem Moment.

Es ist einfach schön hier, kein Touristenrummel, keine Motorengeräusche. Ina liegt jetzt nach dem Frühstück genüsslich alleine in dieser schönen Anlage im Schatten von herrlich großen Palmen und schaut vor sich dem Spiel der Wellen zu. Tiefe Sehnsucht zieht durch ihren Körper, wie zu Hause, als sie sich den Film über Sri Lanka angeschaut hat.

„Einfach alles loslassen, mich hingeben und einlassen. Zweifel, Ängste, Vorstellungen und alles, was ich an Ballast mitgebracht habe, abschütteln, damit Platz und Raum in mir entsteht für die Schätze von Sri Lanka, die mir hier zu Füßen liegen. Ich will sie tief in mir aufnehmen, will weich und aufnahmebereit werden und den Kokon in mir sprengen.“

„Ja so soll es sein“, stimmt Ina begeistert ihrem Gedankenfluss zu.

Während sie auf das Meer hinaus schaut, erscheint das Gesicht des Mannes, den sie liebt. Wie aus dem Nichts schaut er sie an, so intensiv, fast zum Greifen nahe.

„Ich kann dir nicht entkommen. Meine Wünsche an dich lassen sich nicht so einfach abschütteln, es fehlt der passende Abschaltknopf. Ich sehe deine Haare im Wind fliegen und deinen kräftigen männlichen Körper. So finde ich dich wunderschön, für mich der schönste Mann, den es gibt. Dieses Bild strahlt Natürlichkeit und Echtheit aus. Das Bild verändert sich, wenn ich dich nicht alleine treffe. Beide nehmen wir uns dann zusammen und schlüpfen in schützende Rollen. Dadurch entsteht Spaltung, Zerrissenheit und Unechtheit. Es tut weh.“

„So will ich das nicht mehr, ich will loslassen!“ Ein Schmerz zieht durch ihr Herz, der unsichtbare Dolch hat wieder zugestoßen.

„Warum tut loslassen so weh?“

Ina atmet tief durch, das Bild löst sich auf und verschwindet in der Unendlichkeit des Meeres, von wo es auch gekommen ist.

Es zieht sie hinunter zum Strand. Wie habe ich mich nach diesem Gefühl gesehnt, barfuss im Sand zu laufen! Die kommende Flut spült die Wellen weit über den Strand, die mit einer eigenen Dynamik über ihre Fußspuren rollen, und sie wieder auslöschen. Von einer Sekunde zur nächsten hat alles ein neues Gesicht. Das versickernde Wasser blubbert im Sand und hinterlässt kleine Löcher, wunderschöne Sandmuster und die unterschiedlichsten Schätze aus dem Meer. An manchen Tagen spült das Meer auch viel Müll und Dreck auf den Strand.

Zwei große Krabben machen einen Wettlauf mit den Wellen, fast haben sie gewonnen. Aber schon die nächste Welle spült sie wieder zurück ins Meer. Ina wird nicht müde, diesem Schauspiel zuzuschauen.

Zwei Kinder laufen mit ihrem selbst gebastelten Drachen an ihr vorüber und freuen sich, dass der Wind ihn trägt. Sie lässt sich verzaubern von ihren Gesichter, ihrer Natürlichkeit und Echtheit. Sie sind wunderschön anzuschauen. Wieder ruft es in ihr:

„Wo bist Du“?

Sie sucht ihr Selbst!

„Wo ist meine Lebendigkeit, meine Lust und Freude am Sein, das Kind in mir“?

Traurig nimmt sie die Enge um ihre Brust wahr, ihren unsichtbaren Panzer, den Schmerz.

Nahe der Fischerboote auf dem Strand landen viele schwarze Vögel, die aussehen wie Raben. Ihr einziger Nachbar, ein Hund, erhebt sich aus seiner kühlen Sandmulde, reckt und streckt sich ausgiebig. Danach findet er ein neues Plätzchen unter einem exotischen Baum, um dort im kühlen Sand weiterzuschlafen. Eine friedliche Welt umgibt sie.

Ina spürt ihre innere Tür, vor der sie steht, sie ist verschlossen. Sie erlebt ihren unsichtbarer Panzer, der die Berührung von außen nach innen und von innen nach außen verhindert!

„Ich will die Tür öffnen, ich will Sri Lanka in mir finden, das Echte, Reine und Wilde!“

Ein kleiner, kaffeebrauner Junge sitzt vor ihr auf der Mauer, schaut aufs Meer hinaus, dann wieder zu ihr. Seine großen, dunkelbraunen Augen berühren sie. Verlegen schaut er weg, wenn sich ihre Blicke treffen.

„Wie sehen seine Träume aus? Findet er mich hellhäutige, blonde Frau auch faszinierend? Würde er gerne teilhaben an meiner Welt? Wo wohnt er, wie sieht sein Leben aus? Gerne würde ich einmal Mäuschen sein, und mich für einige Tage in seine Welt einschleichen. Seine strahlenden Augen sprechen von einem Reichtum, der nichts mit materiellen Gütern zutun hat. Er wirkt auf mich stark, fast schon erwachsen. Schade, dass ich nur so wenig Englisch spreche, so kann kein fließendes Gespräch zwischen uns beiden möglich werden.“

Die stumme Sprache lässt alles offen, legt sich nicht fest und macht gerade deshalb Berührung und Begegnung auf einer anderen Ebene möglich.

Sprache kann sehr verletzen und viel zerstören, sie schafft oft Distanz zwischen uns Menschen, auch dort, wo wir uns von Herzen Nähe wünschen!

Heute hat sie am Strand Bonbons verteilt. Große dunkle Kinderaugen strahlen Ina dankbar, scheu und auch etwas verlegen an. Das ist das Geschenk der Kinder für sie.

„Warum können sich die Kinder bei uns nicht mehr über ein Bonbon freuen? Die Fülle der materiellen Angebote zerstört etwas sehr Wertvolles,“ kann sie hier erleben.

„Wer merkt das noch?“

Durch diese ersten Kontakte hat sich für sie die Situation am Strand verändert. Kinder winken ihr schon von Weitem zu, sie laufen ihr entgegen. Es hat sich herum gesprochen, dass sie Bonbons verteilt. Hier lernt sie sehr schnell, wie wichtig es für ihre Erlebniswelt ist, sich zu öffnen und einzulassen auf den Moment. Aber genau so wichtig ist auch die freundliche und bestimmte Abgrenzung.

Der Blick von ihrer Liege auf die rollenden Wellen und in die Unendlichkeit tut ihrer Seele gut.

Inas Sehnsucht ist unendlich groß.

„Sehnsucht nach was?“

„Auf Einlassen und ganz werden!“

„Wie geht das?“

„Wer weiß die Antwort?“

Die Zivilisation, ihre soziale und kulturelle Prägung, lassen Ina nicht los, sie hat sie als Gepäck mit hierher gebracht. Sie ist wieder voller Unruhe.

„Zivilisation – was ist das?“

Ina spürt bewusst, dass es die Summe aller Prägungen und der vielen äußeren Stimmen ist, die ihr täglich sagen, was richtig oder falsch ist, was sich gehört und was nicht, wie sie zu sein hat, damit sie als kleines Glied in die Kette ihres sozialen Umfeldes passt.

Hier in diesem fremden, exotischen Land erlebt sie die Programmierungen als Einengung, wie ein inneres Gefängnis, ein unsichtbarer Kokon!

Die Schmetterlinge sehnen sich danach, sich zu entpuppen, die Flügel auszubreiten, um die Welt zu erobern. So wird die Unruhe in ihr verständlich.

Ina liegt in der Anlage im Schatten großer Palmen, genießt den Wind auf ihrer Haut und hört dem Rauschen der Wellen zu. Plötzlich öffnet sie ihre Augen und sieht direkt über sich in der Palme dicke Kokosnüsse hängen.

„Lege Dich nie unter eine Palme, in der noch Kokosnüsse hängen, sie können Dich erschlagen, wenn eine herunter fällt“, schießt es Ina durch den Kopf. Diese Ermahnung hat sie doch schon oft gehört. Jetzt lässt sie diese Ermahnung nicht mehr los. So steht sie auf, um ihre Liege umzustellen. „Gefährlich ist es schon, denn ein Wind weht hier ständig.“ Danach legt sie sich wieder hin, schließt ihre Augen und sucht Stille in sich selbst. Das gelingt ihr nicht.

Also setzt sie sich wieder auf, schreibt, versucht zu meditieren und erlebt wieder, dass sie sich auf nichts wirklich einlassen kann.

Wie entsetzlich!

Die Droge „Zivilisation“ lässt sich auch nicht so einfach abschütteln. Loslassen braucht Zeit und Geduld. Das kann sie nicht erzwingen, denn ihr Inneres hat seine eigenen Gesetze, wie sie das hier bewusst täglich erlebt.

„Wie das Meer, das lässt sich auch nicht programmieren von mir, sondern es fordert mich ganz eindeutig heraus, mich seinen Gesetzen unterzuordnen. Ich habe Ehrfurcht vor dem Meer. Will ich doch gesund, heil und auch erholt wieder nach Hause kommen.“

„Schließe ich meine Augen, bist du da, schaue ich aufs Meer hinaus, schaue ich dir ebenfalls ins Gesicht. Ich verwandele mich in ein großes seidenes Tuch, das sich im Wind bewegt. Und da stehst du, aufgetaucht aus dem Nichts. Das Seidentuch berührt dich zärtlich, streichelt dich, deckt dich zu und lässt dich wieder frei. Wir spielen in der Sonne miteinander, lachen wie die Kinder und laufen über eine Wiese voller blühender Sommerblumen.“

„Das was zwischen uns beiden passiert, unterliegt auch einer anderen Gesetzmäßigkeit, die sich nicht von mir und meinem Willen bestimmen lässt.“

Sie geht hinunter zum Strand, lässt zu, dass die Wellen über ihre Füße rollen, und spricht laut in die unendliche Weite des Meeres:

„Ich muss jetzt gehen, hier trennen sich unsere Wege“.

Trauer und Schmerz ziehen durch Inas Körper. Der Schrei, der aus ihr heraus will, bleibt in ihrer Kehle stecken. Sie hat ihr Gefühlsfeuer wieder unter Kontrolle.

„Nur noch ein Weilchen stehen bleiben, deine Hände spüren und in deine Augen schauen.“

Diesen Moment mit allem, was er in Ina berührt und bewegt, will sie aushalten und tief in sich spüren, bevor sie bereit ist loszulassen.