Star Wars™: Der Kampf des Jedi - Michael A. Stackpole - E-Book

Star Wars™: Der Kampf des Jedi E-Book

Michael A. Stackpole

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Beschreibung

Allein gegen das Dunkel

Sieben Jahre nach der Schlacht von Endor: Als seine Frau Mirax entführt wird, quittiert Corran Horn, einst Jagdflieger des Renegaten-Geschwaders, das den ersten Todesstern zerstörte, den Dienst und absolviert Luke Skywalkers Jedi-Akademie. Er bricht die Ausbildung jedoch vorzeitig ab, um eigene Nachforschungen anstellen zu können. Dabei trifft er auf die Invids, eine Piratenbande, die von abtrünnigen Jedi unterstützt wird. Horn stößt immer tiefer in die dunkle Vergangenheit der Galaxis vor und muss sich seinem schwersten Kampf stellen ...

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MICHAEL A. STACKPOLE

DERKAMPFDESJEDI

Roman

Aus dem Amerikanischen

von Ralf Schmitz

WILHELMHEYNEVERLAG

MÜNCHEN

www.diezukunft.de

Dieses Buch ist meinen Eltern Jim und Janet K. Stackpole

gewidmet. Ohne Eure Unterstützung, Hilfe und Ermutigung

wären dieser und all meine anderen Romane nur etwas, das ich

eines Tages gerne schreiben würde.

1

Niemand von uns lag gerne in einem Hinterhalt, vor allem weil wir niemals vollkommen sicher sein konnten, dass nicht wir diejenigen waren, die in der Falle saßen und auf ihre Verdampfung warteten. Die Invids– die Piratencrew an Bord des ehemaligen imperialen Sternzerstörers Invidious– waren sämtlichen Anstrengungen der Neuen Republik, sie zu stellen, bisher erfolgreich ausgewichen. Sie schienen stets zu wissen, wo, wann und in welcher Stärke wir auftauchen würden, und planten ihre Überfälle entsprechend. Mit dem Ergebnis, dass wir nach ihren Schlägen jede Menge Zeit damit zubringen mussten, unsere Gefechtsschäden zu beheben. Sie gaben sich jede nur erdenkliche Mühe, uns mit dieser Art Arbeit aufzuhalten.

Das Renegaten-Geschwader war abgetaucht und lauerte auf einigen der größeren Asteroiden im K’vath-System. Dieser Standort brachte uns in die nächste Nähe von Alakatha, dem ersten Mond von K’vath 5. Wir fuhren die Maschinen runter und schalteten die Sensoren auf passiven Modus, um von den Typen, denen wir eine Falle stellen wollten, nicht entdeckt zu werden. Gemäß den Instruktionen vor unserer Mission hatte der Geheimdienst der Neuen Republik einen angeblich verlässlichen Hinweis erhalten, dass zumindest ein Teil von Leonia Taviras Piratenflotte einen Luxusliner angreifen würde, der von den Urlaubsstränden des nördlichen alkathanischen Kontinents kam. Mirax und ich hatten dort drei Jahre zuvor, bevor Thrawn die Republik auf den Kopf stellte, unsere Flitterwochen verbracht; ich hegte daher ein liebevolles Andenken an diesen Ort und erinnerte mich noch gut an den Reichtum, der in Form von Juwelen und Edelsteinen von den Hälsen und Armen der Oberschicht der Neuen Republik baumelte.

Ich warf einen Blick auf das Chrono meines X-Flüglers. »Startet die Glitzerstern auch nach Plan?«

Whistler, der es sich hinter dem Cockpit bequem gemacht hatte, blökte. In seiner Stimme lag ein Anflug von Spott.

»Ja, ich weiß, dass ich dir gesagt habe, du sollst dich melden, sobald sich irgendwas tut, und nein, ich denke nicht, dass deinen Schaltkreisen etwas entgangen ist.« Ich zwang mich, meine in Handschuhen steckenden Fäuste zu öffnen und drehte die Handgelenke, um einen Teil der Anspannung loszuwerden. »Ich mache mir nur Sorgen.«

Er gab nur einen knappen Kommentar dazu ab.

»He, wenn Geduld eine Tugend ist, heißt das noch lange nicht, dass Ungeduld zum Laster wird.« Ich seufzte und verwandelte die zweite Hälfte der Klage in eine Jedi-Atemübung, die Luke Skywalker mir beigebracht hatte, als er versuchte, mich als Jedi zu rekrutieren. Ich zählte bis vier und atmete durch die Nase ein, hielt die Luft an, bis ich bis sieben gezählt hatte, und atmete dann acht Sekunden lang aus. Mit jedem Atemzug entließ ich mehr von der Anspannung, die mich beherrschte. Ich suchte nach der Klarheit der Gedanken, die ich in der bevorstehenden Schlacht benötigen würde– falls die Invids sich überhaupt blicken ließen–, doch sie verweigerte sich mir mit der gleichen Leichtigkeit, mit der die Piraten sich dem Zugriff der Neuen Republik entzogen.

Alles schien immer viel zu schnell zu passieren. Mirax und ich hatten schnell geheiratet und obwohl ich nicht im Geringsten bereute, dies getan zu haben, verschworen sich die Ereignisse, um unsere Ehe ausgesprochen schwierig zu gestalten. Großadmiral Thrawn und seine Eskapaden hatten uns den ersten Hochzeitstag verdorben und im Jahr darauf hatte die Befreiung von Jan Dodonna und den anderen, die seinerzeit mit mir zusammen in der Lusankya eingesperrt gewesen waren, für meine Abwesenheit gesorgt. Dann ließ der Angriff des wieder geborenen Imperators auf Coruscant einen Sternzerstörer auf unser Zuhause stürzen. Keiner von uns war zu diesem Zeitpunkt dort– was im Übrigen viel zu häufig der Fall war.

Der einzige Vorteil, mit der Verfolgung der Invids betraut zu sein, lag im Grunde darin, dass ihre Anführerin Leonia Tavira, die einst das Amt eines Muftis bekleidet hatte, offenbar Geschmack am Müßiggang fand. Wenn ihre Invidious zwischen zwei Überfällen untertauchte, hatten wir, bevor wir uns um eine neue Attacke kümmern mussten, jedes Mal eine Woche frei. Mirax und ich nutzten die freie Zeit und bauten unser Zuhause und unsere Beziehung wieder auf; doch damit war auch eine Entwicklung in Gang gekommen, die ich als ungemein belastend empfand.

Mirax war zu dem Schluss gelangt, dass sie Kinder haben wollte.

Ich habe überhaupt nichts gegen Kinder– so lange sie mit ihren Eltern am Ende des Tages wieder nach Hause gehen. Als ich diese Auffassung in genau diesen Worten Mirax gegenüber zu Ausdruck brachte, war das nicht unbedingt das Klügste, was ich jemals getan hatte, sondern gehörte eher zu den schmerzlicheren Erfahrungen. Die Kränkung und der Schmerz in ihren Augen haben mich lange Zeit verfolgt. Tief im Innern war mir klar, dass ich sie nicht von ihrer Idee würde abbringen können, und letzten Endes war ich mir nicht mal sicher, ob ich das überhaupt wollte.

Ich habe es versucht und zu diesem Zweck die meisten der üblichen Argumente ins Feld geführt. Die Das-sind-jetzt-unsichere-Zeiten-für-die-Galaxis-Masche zog schon deshalb nicht, weil unsere Eltern vor einer ähnlichen Entscheidung gestanden hatten und wir alles in allem recht wohl geraten waren. Das Argument, das die Unsicherheit meines Jobs betonte, welkte unter der Logik meiner Lebensversicherung dahin und verdorrte vollends, als Mirax mich einen Blick auf ihre Kontoauszüge (die wahren Auszüge) ihres Im- und Exportgeschäfts werfen ließ. Sie wies darauf hin, dass sie uns drei oder vier mit Leichtigkeit würde ernähren können und dass ich, abgesehen von der Versorgung der Kinder, nicht eine einzige Sekunde würde arbeiten müssen.

Aber vor allem und in erster Linie, so sagte sie, würde ich einen großartigen Vater abgeben, und bemerkte, mein Vater habe bei mir fantastische Arbeit geleistet. Und da ich seine Fähigkeiten als Vater von ihm übernommen hatte, wüsste sie einfach, dass auch ich ganz wunderbar mit Kindern würde umgehen können. Indem sie dieses Argument zum Einsatz brachte, wandte sie das Gefühl der Liebe und des Respekts, das ich für meinen Vater empfinde, gegen mich. Sie ließ es so aussehen, als würde ich sein Andenken nicht in Ehren halten, wenn ich keine Kinder in die Welt setzte. Wie sie ganz genau wusste, war dies ihr überzeugendstes Argument, mit dem sie mich stets am härtesten treffen konnte.

Rückblickend hätte ich es gleich zu Beginn aufgeben und uns beiden damit eine Menge Kummer ersparen sollen. Sie kommt selbst für ihr Leben auf– für ein sehr gutes Leben, wie die Dinge liegen–, indem sie alle möglichen Leute davon überzeugt, dass irgendwelcher Schrott, den niemand wirklich braucht, absolut lebensnotwendig sei. Während sie mich in logische Dispute verwickelt hat, ist es ihr gelungen, meine Wachsamkeit auf einer rein gefühlsmäßigen Ebene zu unterlaufen. Einige wenige Bemerkungen darüber, was für ein Kind bei einer genetischen Lotterie unsererseits herauskommen würde, genügten, um mich eine Menge Hirnschmalz in die Lösung dieses Rätsels investieren zu lassen. Das wiederum zielte auf meine Ausbildung als Ermittler, die mich einen Fall erst dann niederlegen ließ, wenn ich die Antwort gefunden hatte.

Und in diesem Fall war die Antwort ein Kind.

Es gelang ihr auch immer, den HoloNet-Bildschirm genau dann einzuschalten, wenn gerade mal wieder irgendwelche Neuigkeiten aus dem Leben der drei Jahre alten Zwillinge von Leia Organa Solo verbreitet wurden. Die Kleinen waren erschreckend niedlich und ihre bloße Existenz hatte in der Neuen Republik eine wahre Säuglingsschwemme ausgelöst. Ich wusste, Mirax war nicht so oberflächlich, dass sie ein Kind haben wollte, weil sie eifersüchtig war oder mit der Mode gehen wollte, aber sie merkte an, dass sie in Leias Alter sei und dass dies ein gutes Zeitpunkt wäre, um ein oder zwei Kinder zu haben.

Und der Niedlichkeitsfaktor kann einem wirklich auf die Nerven gehen. Die Medien der Neuen Republik nahmen natürlich davon Abstand, die Kinder sabbernd und triefend zu zeigen, und trieben stattdessen die anziehenden Seiten der kleinen Racker auf die Spitze. Es kam so weit, dass ich mich an gewisse Träume erinnerte, in denen ich ein schlummerndes Kleinkind in den Armen wiegte. Komischerweise betrachtete ich diese Träume nicht allzu lange als Alpträume und tat alles, um sie im Gedächtnis zu behalten.

Seit ich erkannt hatte, dass ich verloren hatte, spielte ich auf Zeit. Mirax weigerte sich geradeheraus, irgendeinen festgesetzten Zeitpunkt zu akzeptieren, was vor allem daran lag, dass ich in Jahren dachte, also machte ich das Ganze von bestimmten Voraussetzungen abhängig. Ich sagte ihr, wir könnten uns entscheiden, sobald das Problem mit den Invids gelöst sein würde. Sie nahm meinen Beschluss ein wenig positiver auf, als ich erwartet hatte, was sofort an mir zu nagen begann und mir Schuldgefühle bereitete. Ich hätte annehmen können, dass es sich dabei nur um eine Taktik ihrerseits handelte, mit der sie weiter vorzugehen beschlossen hatte, aber sie hielt Schuld für einen Hammer und ich wusste, dass sie ein absoluter Fan von Vibroklingen war.

Ich atmete abermals langsam aus. »Whistler, wenn wir nach Hause kommen, erinnere mich daran, dass Mirax und ich uns jetzt und nicht erst später in dieser Babyangelegenheit entscheiden müssen. Tavira darf auf keinen Fall über mein Leben bestimmen.«

Whistlers fröhliches hohes Stakkato sank im nächsten Moment zu einem tiefen warnenden Ton herab.

Ich warf einen Blick auf meinen Hauptbildschirm. Die Glitzerstern hatte Alakatha verlassen und inzwischen war ein weiteres Raumschiff im System aufgetaucht. Whistler identifizierte das Schiff als einen umgebauten schweren Kreuzer, der als die Booty Full registriert war. Im Unterschied zu der schnittigen Bauart des Linienschiffs war der Kreuzer mit an Warzen erinnernden Ausbuchtungen übersät, die sich jetzt in rascher Folge lösten und auf das Linienschiff zuhielten.

Ich aktivierte mein Kom. »Renegaten-Führer, Staffel Drei hat Kontakt. Ein Kreuzer und achtzehn Missgeburten nähern sich der Glitzerstern.«

Tychos Stimme kam cool und gelassen zu mir zurück. »Verstanden, Neun. Greifen Sie die Jäger gemeinsam mit Staffel Zwei an. Eins nimmt sich den Kreuzer vor.«

Ich schaltete auf den taktischen Kanal von Staffel Drei um. »Zündet die Triebwerke, Renegaten, wir übernehmen die Jäger.«

Ich startete die Maschinen und leitete Energie in die Repulsoren. Der X-Flügler erhob sich wie ein Geist aus dem Grab und richtete seine Nase langsam auf das Linienschiff. Als Ooryls X-Flügler links von mir hochzog und meine beiden anderen Piloten, Vurrulf und Ghufran, auf der rechten Seite in Sicht kamen, drückte ich den Regler für die Energiezufuhr nach vorne und stürzte mich ins Kampfgetümmel.

Auf meinem Gesicht erblühte ein Lächeln. Jedes mit genügend Verstand ausgestattete Lebewesen, das Wert auf seine Gesundheit legte, würde es für dumm oder geradezu selbstmörderisch erachten, in einem zerbrechlichen Fahrzeug aus Metall und Stahlkeramik durchs All zu sausen. Und mit demselben Fahrzeug in eine Schlacht zu ziehen, machte das Ganze nur noch schlimmer, was mir durchaus bewusst war. Andererseits können es nur sehr wenige Dinge im Leben damit aufnehmen, Kampfeinsätze zu fliegen oder überhaupt gegen einen Gegner anzutreten, weil dies der einzige Punkt ist, an dem die Zivilisation von uns verlangt, Nutzen aus unserer animalischen Natur zu ziehen und sie gegen einen äußerst gefährlichen Feind einzusetzen. Wenn ich nicht physisch, psychisch und sogar technisch in Bestform war, würde ich sterben und meine Freunde womöglich mit mir.

Aber ich hatte nicht vor, es so weit kommen zu lassen.

Mit einer flüchtigen Daumenbewegung schaltete ich von den Lasern auf die Protonentorpedos und auf Einzelfeuer um. Ich wählte mein erstes Ziel aus und richtete das Fadenkreuz meiner Zielvorrichtung aus. Whistler zwitscherte ohne Unterlass, während er an der Zielerfassung arbeitete, dann wurde der Rahmen, der den Jäger umgab, rot und der Signalton summte konstant.

Ich drückte den Auslöser und feuerte meinen ersten Protonentorpedo ab. Er schoss wie ein glühender, rötlich-weißer Blitz ins All hinaus, verfolgt von weiteren Torpedos, die meine Staffel abgefeuert hatte. Während manche Piloten es als maßlose Übertreibung betrachten, Protonentorpedos gegen Jäger einzusetzen, sahen wir vom Renegaten-Geschwader in diesem taktischen Vorgehen seit jeher ein zweckdienliches Mittel, unsere Chancen zu verbessern– Chancen, die in der Regel schlechter standen als ein Hutt lang ist und entschieden unerfreulicher waren.

Die Invids benutzten einen nach individuellen Wünschen umgebauten Jagdraumer namens Tri-Jäger. Das handelsübliche kugelförmige Cockpit und die nach dem Muster des Standard-TIE-Jägers von Sienar Systems– einer Handelsware, die nach Wasserstoff und Dummheit die in der ganzen Galaxis am häufigsten vertreten ist– angeordneten Ionentriebwerke waren mit einem Trio abgeschrägter Solarflügel kombiniert, die hundertzwanzig Grad auseinander standen. Die beiden unteren dienten als Landevorrichtung, während sich der dritte über dem Cockpit spreizte. Der Jäger besaß die unter der Kanzel angebrachten Zwillingslaser der TIEs, während aus dem dritten Flügel eine Ionenkanone ragte. Die Schiffe verfügten außerdem über Basisschilde, was erklärte, weshalb sie erfolgreicher operierten als der handelsübliche ›Augapfel‹; in die Seiten der Hülle geschnittene Sichtluken gewährten dem Piloten ein größeres Sichtfeld. Da es den Anschein hatte, als würden die drei Flügel nach der Kanzel greifen, hatten wir dieser Konstruktion den Spitznamen Kralle verpasst.

Doch die Schutzschilde und die zusätzliche Sicht nutzten der Kralle, die ich anvisiert hatte, gar nichts. Der Protonentorpedo bohrte sich direkt in die Austrittsdüse des linken Triebwerks und durchschlug sogar noch die Kanzel, bevor er explodierte. Der Jäger explodierte zu einem goldenen Feuerball und löste sich in nichts auf. In der Nähe detonierten noch drei weitere Krallen und im nächsten Moment gingen noch einmal drei an Steuerbord hoch, wo sich Staffel Zwei näherte.

»Wählen Sie Ihre Ziele mit Bedacht aus, Staffel Drei. Ooryl, wir nehmen die zwei an Backbord.«

»Zehn verstanden, Neun.«

Ich neigte meinen X-Flügler über die Stabilisatorfläche an Backbord und zog den Steuerknüppel zurück. Dann gab ich Energie auf die Maschinen, beschrieb einen engen Wendekreis und zog nach rechts, als die Piraten eine lang gestreckte Serpentinenkehre ausführten. Ich schaltete von den Torpedos auf die Doppellaser um und erhielt auf der Stelle einen gelben Rahmen um den führenden Jäger. Ich stieß die Energiezufuhr wieder auf volle Kraft voraus, um näher heranzukommen, und aktivierte das Kom. »Ich hab’ ihren Führer im Visier.«

Ooryl ließ mich ein zweifaches Klicken seines Koms hören, um mich wissen zu lassen, dass er meine Nachricht verstanden hatte. Ich bewegte den Steuerknüppel ein kleines Stück nach rechts, der Rahmen der Zielerfassung wurde grün und ich drückte den Feuerknopf. Zwei rote Blitze schlugen in das Ziel ein. Der erste verbrannte die Schilde. Die Kralle zog Funken aus den Schildgeneratoren hinter sich her wie ein Komet Eispartikel. Der zweite Blitz fuhr in die Kanzel und traf, obwohl der Schuss ein bisschen zu hoch lag, mit voller Wucht ins Ziel. Aus dem Loch schlugen Flammen und die Kralle setzte zu einer langsamen Spirale Richtung Alakatha an.

Als die andere Kralle ausscherte, ließ sich Ooryl nach Backbord fallen. Ich brachte meinen X-Flügler hinter ihn, als er sein Ziel anvisierte. Die ersten beiden Feuerstöße des Gand durchbrachen die Schilde und sengten Furchen in den Rumpf des Schiffs. Die beiden nächsten fraßen sich in die Maschinen und der in seine Bestandteile zerfallende Raumer machte auf einem goldenen Flammenschweif einen gewaltigen Satz nach vorne. Plötzlich erlosch die Flamme und der Tri-Jäger trudelte durch den Weltraum auf den Asteroidengürtel zu.

Wenn ich nach oben durch das Kanzelfenster blickte, konnte ich die grün-weiß gestreifte Kugel von Alakatha und die darüber aufsteigende Glitzerstern sehen. An Steuerbord schien wie ein bösartiges Insekt die Booty Full im Vakuum zu lauern. Die Turbolaser am Saum ihres Rückgrats und in einem Geschützturm an der Unterseite feuerten in einem fort und versuchten, die X-Flügler von Staffel Eins aufs Korn zu nehmen, doch die Schüsse stellten keine wirkliche Gefahr für die Jäger dar. Colonel Celchu, Hobbie, Janson und Gavin Darklighter waren alte Hasen, wenn es darum ging, Piraten wie diesen die Zähne zu ziehen. So lange wir die Krallen beschäftigen konnten, hatte die Booty Full keine Chance.

Die erste durchschlagende Attacke der X-Flügler ging von Tycho und Hobbie aus. Sie tauchten unter dem Schiff durch und feuerten beide je einen Protonentorpedo in die Achterschilde des Gegners. Gavin und Wes Janson griffen im selben Moment von der anderen Seite an und belegten das Raumschiff mit Laserfeuer. Gavins zweiter Feuerstoß schmolz den Geschützturm am Bauch des Schiffs ein, während Jansons Garbe die hinteren Steuerdüsen abrasierte. Die Booty Full war erledigt, obwohl ich keinen Zweifel daran hatte, dass es noch ein paar weiterer Angriffe bedurfte, ehe die Besatzung dies einsah und kapitulierte.

Ich folgte Ooryl, der hochzog und sich dem Kampfgeschehen von hinten näherte. Das Gefecht war unterdessen zu einer bloßen Hetzjagd mit freiem Abschuss ausgeartet. Der Verlust von sieben ihrer Schiffe, ehe sie den Gegner überhaupt ausmachen konnten, hatte die Piraten eindeutig geschockt und, was wichtiger war, ihre Zahl der unseren so gut wie angeglichen. Obwohl die Krallen beweglicher waren als unsere X-Flügler– nicht sehr viel, aber es genügte, um sie zu einem schwierigen Gegner zu machen–, konnten sie uns unmöglich entkommen oder mit ihrer Feuerkraft ausstechen. Da es ihnen an der Disziplin einer trainierten militärischen Einheit, wie des Renegaten-Geschwaders mangelte, fielen sie, sobald Panik sie ergriff, auseinander und erleichterten uns die Arbeit beträchtlich.

Ooryl hängte sich an eines ihrer Schiffe und setzte einen Volltreffer mit seinem Vierlingslaser. Die Kralle explodierte. Da kam eine weitere Kralle aus dem Feuerball geschossen und stürzte sich frontal auf Ooryls Jäger. Die fremde Maschine gab einen Schuss aus ihrer Ionenkanone ab, der ein Blitzgewitter über Ooryls Schutzschilde hinwegfegen ließ, die zusammenbrachen, noch ehe der Ionensturm verging. Der Motivator der R5-Einheit brannte durch und Whistler meldete, das Ooryls Triebwerke ausgefallen waren.

»Ooryl, versuche einen Neustart!« Ich hatte keine Ahnung, ob die Komverbindung zu ihm noch stand oder nicht, doch ich gab ihm trotzdem diesen bescheidenen Rat und schoss eine doppelte Garbe auf die Kralle ab. Der hastig ausgerichtete Feuerstoß ging fehl, veranlasste die Kralle jedoch, nach rechts abzudrehen. Ich nahm die Verfolgung auf. »Hier ist Neun. Ich habe eine. Jemand muss mir Feuerschutz geben.«

Vurrulf, der Klatoonier von Staffel Drei, bellte rau »Verstanden!«, sodass ich mich bei der Jagd auf die Kralle ein wenig sicherer fühlte. Das Schlimmste, was ein Pilot machen kann, ist, sich so sehr auf ein Ziel zu konzentrieren, dass er nicht mehr mitbekommt, was sonst noch um ihn herum geschieht. Wenn die Aufmerksamkeit sich, durch die Lage bedingt, nur noch auf ein Ziel richtet, wird der Jäger leicht zum Gejagten und weiß am Ende nicht mal, was ihn getroffen hat. Ein Anfängerfehler, aber obwohl ich nicht mehr zu den Anfängern gehöre, bin ich doch nicht immun dagegen.

Der Pilot der Kralle war gut und er hatte offensichtlich nicht den Wunsch zu sterben, aber da Whistler mir nicht meldete, dass er seine Waffen herunterfuhr, hatte er ebenso offensichtlich die Absicht, sich auf einen Kampf einzulassen. Ich versuchte mich hinter ihn zu setzen, aber er handhabte seine Energiezufuhr mit äußerstem Feingefühl und benutzte die Beweglichkeit seines Raumers, um mir jedes Mal auszuweichen, bevor meine Zielerfassung einrastete. Ich gab ein paar Schüsse auf ihn ab, doch sie verfehlten ihn allesamt. Was ich auch anstellte, ich hatte alle Mühe, mit seinen Kehren und Kurven mitzuhalten.

Ich drosselte die Energiezufuhr und ließ ihn einigen Vorsprung gewinnen. Er spielte mir weiter seine Streiche, doch auf diese Entfernung berührten seine Manöver, die ihn bei großer Nähe jedes Mal aus meinem Blickfeld befördert hatten, kaum die Ränder meiner Zielerfassung. Ich drückte den Feuerknopf und gab zwei Doppelschüsse auf meinen Gegner ab. Ein Paar durchbohrte seine Achterschilde und beschädigte eine seiner Landeflossen. Die beiden anderen Energieblitze verpassten den Austrittsmündungen seiner Steuerdüsen an Backbord einen Schlag und beschnitten seine Manövrierfähigkeit.

Whistler fand eine Komfrequenz, die von den Krallen benutzt wurde, und legte sie auf meine Komeinheit. »Hier spricht Captain Corran Horn von den Streitkräften der Neuen Republik. Ich erwarte Ihre Kapitulation.«

Eine Frau antwortete mir: »Wissen Sie nicht, dass die Invids sich niemals ergeben?«

»Was im Fall der Booty Full schon mal nicht stimmt.«

»Riizolo ist ein Idiot, aber auf seinen Kopf ist auch keine Belohnung ausgesetzt– auf meinen schon.« Sie lachte. »Ich habe nichts zu verlieren, außer meiner Ehre. Ein Duell, Horn. Nur Sie und ich.«

»Sie werden sterben.« Ein direkter Zweikampf würde den Vorteil größerer Wendigkeit auf der Seite der Kralle zunichte machen. Sie musste das wissen.

»Aber vielleicht nicht allein.« Ihr Schiff stellte seine wilden Sprünge ein und legte sich in eine lang gezogene Schleife. »Geben Sie mir die Ehre.« Die Kralle wendete und startete ihren ersten Angriff gegen mich.

Ich wollte ihrem Wunsch nachkommen und hätte es auch getan, es gab da nur einen Haken: Die Invids hatten wieder und wieder bewiesen, dass sie gar keine Ehre besaßen.

Ich schaltete auf Protonentorpedos um, erhielt eine kurze akustische Bestätigung von Whistler und betätigte den Auslöser. Der Torpedo schoss aus meinem X-Flügler und raste genau auf das andere Schiff zu. So gut sie auch sein mochte, die Pilotin der Kralle wusste sehr genau, dass sie unmöglich ausweichen konnte. Sie feuerte ihre beiden Laser ab, doch keiner der Schüsse traf. Dann schoss sie im letzten Augenblick ihre Ionenkanone ab und traf meinen Torpedo. Blaue Blitze zuckten darüber hinweg und ließen sämtliche Schaltkreise durchbrennen, die es dem Geschoss erlaubten, ihr Schiff zu erfassen und zuverlässig anzusteuern.

Ich bin ziemlich sicher, dass sie einen Moment lang glaubte, gewonnen zu haben.

Das Problem mit derartigen Projektilen ist jedoch, dass selbst dann, wenn ihre ausgeklügelten Schaltkreise versagen, immer noch eine Menge kinetischer Energie vorhanden ist. Sogar wenn der Torpedo die Nähe seines Ziels nicht registriert und explodiert, wirkt sich eine derart große Masse bei diesem Tempo auf die Kanzel einer Kralle fast genau so aus wie eine Nadel auf eine Seifenblase. Der Torpedo trieb die Ionentriebwerke durch das Hinterteil der Kralle, wo sie explodierten. Die ausgehöhlten Überreste des Jägers trudelten durch den Weltraum davon. Sie würden sich schließlich durch die Lufthülle von Alakatha brennen und unter den Urlaubsgästen für Aufregung sorgen.

Whistler zeigte mir einen vollkommen grünen Gefahrenmonitor, der mir sagte, dass es in diesem Gebiet keinerlei feindliche Aktivitäten mehr gab. Staffel Drei meldete sich, Ooryl hatte zu uns aufgeschlossen und setzte seinen Flug fort. Sein vorderer Schutzschild war zusammengebrochen und wollte sich nicht wieder aufbauen lassen, aber davon abgesehen war er in Ordnung. Auch Vurrulf und Ghufran meldeten, dass sie keine Probleme mit ihren X-Flüglern hatten. So wie es aussah, war nur Reme Pollar von Staffel Zwei so schwer getroffen worden, dass sie ihren Flieger hatte verlassen müssen, doch sie gab an, sich so lange halten zu können, bis das Skipray-Kanonenboot der Glitzerstern sie aufnehmen würde.

Ich schaltete mein Kom auf den Kommandokanal um. »Alles im grünen Bereich hier, Renegaten-Führer.«

»Verstanden, Neun. Sieht so aus, als wäre das hier nicht die Falle gewesen, die wir erwartet hatten.«

»Nein, Sir, kann man nicht sagen.«

»Sind Ihre Leute bereit, zur Flotte zurückzukehren?«

»Wie befohlen, Colonel.«

Ich gab den Befehl an meine Leute weiter, doch ehe wir den vorgegebenen Rendezvouspunkt erreichen konnten, führte die Flotte einen Mikrosprung vom Rand des Systems durch. Ein Mon-Calamari-Kreuzer und zwei Sternzerstörer der Sieges-Klasse bildeten im All über Alakatha ein Dreieck. Wir waren an Bord der Heimat Eins in dieses System gekommen und hatten uns mit Mikrosprüngen bis hierher vorgetastet. Da die Informationen über die Booty Full von der Norm abwichen, waren wir auf einen möglichen Hinterhalt gefasst gewesen. Daher hatte die Flotte in einiger Entfernung abgewartet, ob sich die Invids unversehens auf die Renegaten stürzen würden.

Wenn es dazu gekommen wäre, hätten wir die Möglichkeit gehabt, sie ein für alle Mal zu erledigen.

Ich aktivierte mein Kom. »Colonel, wenn wir damit gerechnet haben, dass die Piraten über uns herfallen, und sie genau das nicht getan haben, war die Mission dann überhaupt ein Erfolg?«

»Gute Frage, Neun. Dies ist eine von den Missionen, bei denen uns nur der Geheimdienst sagen kann, wie wir abgeschnitten haben.« Tycho zögerte einen Moment. »Aber andererseits haben wir bloß Material und keine Besatzung verloren. Und das ist immer ein Sieg.«

2

Das K’vath-System war weit genug von Coruscant entfernt, um wegen seiner Abgeschiedenheit in Mode und sehr begehrt zu sein, wenngleich der Preis für ein Glas Lum dort hoch genug war, um den meisten Leuten den Spaß an ihrem Urlaub gründlich zu verderben. Mirax und ich wären vor drei Jahren niemals freiwillig dorthin geflogen, aber Wedge Antilles hatte uns den Ort ans Herz gelegt und irgendwer aus der Führungsschicht war wohl zu der Überzeugung gelangt, dass unsere Beteiligung an der Befreiung von Coruscant aus Mirax und mir genau die Sorte Promipaar gemacht hatte, die die Aufmerksamkeit der eleganten Oberschicht der Neuen Republik auf sich zog. Das Ergebnis war, dass wir während unseres Aufenthalts für nichts bezahlen mussten. Doch nun, da ich die Booty Full über Alakatha aufgehalten hatte, fühlte ich mich schon ein wenig besser dabei, damals die Gastfreundschaft jener Welt genossen zu haben.

Die Glitzerstern bat um Geleitschutz bis nach Coruscant, den die Heimat Eins bereitwillig zur Verfügung stellte. Das bedeutete, dass wir statt in dem höheren Tempo, zu dem der Mon-Calamari-Kreuzer fähig war, mit der gleichen gemächlichen Geschwindigkeit nach Hause fliegen würden, die das Linienschiff vorgab. Die Renegaten hätten in den X-Flüglern zurückfliegen können, aber dann wären wir volle vierundzwanzig Stunden lang in unseren Kanzeln eingeschlossen gewesen, eine Aussicht, die mich mit der gleichen Vorfreude erfüllte, mit der ich jedes Mal den Diskussionen über die alten Zeiten mit Mirax’ Vater entgegensah. Es wäre schön gewesen, wenn die Glitzerstern uns erlaubt hätte, den zusätzlichen Reisetag an Bord des Linienschiffs zu verbringen, aber die Dankbarkeit reichte nur so weit, dass man uns die ausnehmend schöne Linienführung des Schiffs aus der Ferne studieren ließ.

Aber es gab genug Pflichten, die uns bei Laune hielten, und abgesehen von der drückenden Feuchtigkeit waren die Unterkünfte an Bord des Mon-Cal-Kreuzers gar nicht mal so übel. Nachdem ich meinen X-Flügler gelandet und Whistler an ein Ladegerät angeschlossen hatte, nahm ich in der Kombüse eine schnelle Mahlzeit ein und schloss mich anschließend in einem Besprechungsraum, in dem die Nachbereitung unseres Einsatzes stattfand, dem Rest des Geschwaders an. Wir zogen Reme damit auf, dass sie ihr Schiff verlassen hatte, aber im Grunde waren wir heilfroh, sie wieder bei uns zu haben, und genossen ihre Beschreibung des Kanonenboots der Glitzerstern. Danach nahm ich mir eine Auszeit, schlief acht Stunden, trainierte ein wenig und ging anschließend in die Kombüse, um zu frühstücken.

Ooryl hob eine Hand mit drei Fingern und winkte mich zu dem Tisch, den er ganz allein besetzt hielt. Ich lächelte und nickte ihm zu, dann griff ich mir ein paar Frühstücksriegel und ein eiweißhaltiges synthetisches Nerfmilchgetränk. Ich hätte es mir fast noch anders überlegt, denn irgendetwas zu sich zu nehmen, das nicht gut und fest im Magen liegt, kann sich als schwerer Fehler erweisen, wenn man mit einem Gand zusammen isst. Aber ich hatte großen Durst.

Ich ließ mich auf den Stuhl gegenüber Ooryl fallen und gab mir alle Mühe, keinen Blick in die Schüssel zu werfen, aus der er aß. »Ist irgendwas Aufregendes passiert, während ich in der Koje war?«

Ooryls Mundwerkzeuge teilten sich in Annäherung an ein Lächeln und seine Facettenaugen funkelten lichterloh; die Farbe seines grün-grauen Fleisches war eine Spur dunkler als die Sauce auf den Tentakeln, die er aus seiner Schüssel fischte, und bildete einen grellen Kontrast zu dem hellen Orange seiner Fliegerkombination. Als würde sein Fleisch allergisch auf die Farbe reagieren, wölbten sich in seltsamen Winkeln knotige Auswüchse seines Außenskeletts unter dem Stoff hervor.

»Nichts, was Ooryl für außerhalb der Normalität halten würde.«

Ich zog die Stirn kraus. Die Gand sprachen von sich selbst traditionell in der dritten Person und benutzten niemals das Pronomen ich, da sie darin den Gipfel der Überheblichkeit sahen. Nur jenen Gand, die Taten vollbracht hatten, die so bedeutend waren, dass sämtliche Gand darüber Bescheid wussten, war es gestattet, von sich selbst in der ersten Person zu sprechen. Das komplette Renegaten-Geschwader war nach Gand gereist und hatte an Ooryls Janwuine-jika teilgenommen, der Zeremonie, bei der ihm dieses Recht zugesprochen worden war. Wenn er jetzt also in die dritte Person zurückfiel, konnte das nur bedeuten, dass ihm etwas Sorgen bereitete.

»Was ist los?« Ich kniff meine grünen Augen zusammen und starrte in seine schwarzen Facettenaugen. »Es ist dir doch wohl nicht peinlich, dass du von diesem Invid getroffen worden bist?«

Ooryl schüttelte langsam und mit Bedacht den Kopf. »Ooryl ist beschämt, weil es ihm nicht gelungen ist, dir bei deinem Problem zu helfen.«

»Meinem Problem?«

»Du warst abgelenkt, Corran.« Ooryl ließ die Hände wie zwei gepanzerte Spinnen auf der Tischplatte nieder. »Du und Mirax, ihr wünscht euch Nachwuchs. Wenn Ooryl auf Gand wäre, könnte ich euch bei der Lösung eures Problems helfen.«

Ich stopfte mir ein kleines Stück von einem meiner Riegel in den Mund, kaute rasch und schluckte. »Mal langsam. Woher weißt du von dieser Kindersache?«

Der Gand verharrte einen Moment lang reglos wie ein Stein, dann senkte er den Kopf. »Mirax hat Qrygg erzählt, dass ihr Kinder haben wollt, deshalb musste Qrygg sein Bestes geben, um dafür zu sorgen, dass du nicht im Kampf getötet wirst.«

Ich blickte ihn unbarmherzig an. »Mirax hat dir von unserem Streit über Kinder erzählt?«

»Mirax wollte wissen, ob du mit Qrygg über euren Streit gesprochen hast. Als Qrygg sagte, dass du das nicht getan hast, bat sie Qrygg, die Diskussion zu ermutigen, falls du es doch noch tun würdest.« Ooryls Kopf kam jetzt wieder hoch. »Du hättest dich nicht schämen dürfen, mit Ooryl darüber zu sprechen. Ooryl wäre deines Vertrauens würdig gewesen.«

Ich schenkte ihm das breiteste Lächeln, das ich aufbieten konnte. Ich übertrieb maßlos, da er nicht besonders gut darin war, mimische Feinheiten zu unterscheiden. »Ooryl, wenn ich überhaupt mit irgendjemandem über unseren Kinderwunsch geredet hätte, dann natürlich mit dir. Ich vertraue dir jeden Tag mein Leben an und hatte noch niemals Grund, es zu bereuen.« Ich sah, wie sein Mund sich abermals teilte, als er mein Lächeln nachäffte, und erkannte im gleichen Augenblick, dass es ziemlich blöde von mir gewesen war, die ganze Auseinandersetzung für mich zu behalten. »Und ich hätte wahrhaftig mit dir reden sollen. Dein Rat war immer willkommen und hat sich stets als weise erwiesen. Ich habe einfach nicht nachgedacht. Eine schlechte Angewohnheit, von der ich hoffte, ich hätte sie abgelegt.«

»Wenn Ooryl wirklich weise wäre, hätte Ooryl dir geraten, diese Gewohnheit abzulegen.«

»Das hast du in vielerlei Hinsicht auch getan.« Ich stieß einen langen Seufzer aus. »Wie Mirax dir schon gesagt hat, haben wir darüber gesprochen, Kinder zu haben. Sie ist zu dir gegangen, um herauszufinden, wie ich darüber denke. Ich bin sicher, dass ihr jede Hilfe, die du ihr angeboten hast, willkommen war.«

»Ooryl würde das gerne denken. Du erinnerst dich sicher, dass Ooryl während seines Janwuine-jika auch auf das Leben als Finder vorbereitet wurde. Ein Finder erfüllt auf Gand zahlreiche nützliche Aufgaben: Er spürt verirrte Sklaven auf, deutet die Vorzeichen im Nebel und jagt Verbrecher. Aber es gibt auch noch eine Pflicht, die er für Leute wie dich und Mirax übernimmt. Er kann hinaus in den Nebel wandern und das Kind finden, das sie sich wünschen. Diese nebelgeborenen Kinder sind ein Geschenk und werden wie die eigenen aufgezogen. Es wäre mir eine Ehre, das für euch zu tun, mein Freund.«

Ich lächelte. »Danke, aber ich denke, das mit der Zeugung kriege ich alleine hin.«

Ooryls Mundwerkzeuge fuhren auseinander. »Dann kannst du also…«

»Ja, sehr gut.« Ich hob mein Kinn. »Sehr gut sogar. Überhaupt kein Problem.«

Einen Moment lang senkte sich eine Nickhaut über Ooryls Augen. »Und warum willst du dann noch kein Kind haben?«

»Häh?«

»Das ist doch der Sinn des Daseins, oder? Neues Leben zu geben, ist die größte Tat, die jedes Geschöpf vollbringen kann.«

Der Ernst und die Wahrheit seiner Worte trafen mich hart. »Das stimmt, aber…«

»Ist das jetzt ein Moment, in dem Ooryl dich daran erinnern sollte, dass du dir in Zukunft Mühe gibst, deine Gedankenlosigkeit abzulegen?«

Ich klappte den Mund zu und kniff die Augen zusammen. »Wenn es so wichtig ist, dass man Kinder hat, wieso hast du dann keine?«

Ooryl zuckte die Schultern. Die Geste lag nicht in seiner Natur und das Außenskelett knackte protestierend. »Ich bin Janwuine. Es steht mit nicht zu, mir eine Frau zu suchen. Die Gand werden mir eine aussuchen. Wenn es so weit ist, werde ich voller Stolz die genetische Fusion vollziehen.«

»Diese Vorstellung leidet ein bisschen unter der Übersetzung.« Ich nahm einen Schluck Milch und benutzte einen weiteren Bissen von meinem Riegel, um den starken Kreidegeschmack loszuwerden. »Tatsache ist, dass ich diese Sache mit Mirax bereinigen will, sobald wir nach Coruscant kommen.«

»Gut. Nach all den Geschichten, die du mir über deinen Vater erzählt hast, wird es euer Kind auf jeden Fall gut haben.«

Ich wölbte eine Augenbraue. »Und woher willst du wissen, dass ich mich für ein Kind entscheide?«

»Ich habe mit Mirax gesprochen. Das genügt.«

Ich lehnte mich zurück und lachte herzlich. »Ich hatte nie die geringste Chance, wie?«

»Nein, Corran, aber das heißt in Wirklichkeit, dass du alle Chancen der Welt hast.« Ooryl leckte einen Tentakel ab und wischte sich grüne Sauce von der Backe. »Wir haben alle dabei geholfen, die Neue Republik zu gründen und zu stärken. Jetzt haben wir der Nachwelt gegenüber nur noch die Pflicht, die Generation zu zeugen, die sie einmal übernehmen wird.«

Ooryls Worte begleiteten mich den ganzen Rest der Reise und arbeiteten in mir wie ein Virus. Als ich mich in meinen X-Flügler verfrachtete und den Sinkflug zu unserem Hangarkomplex antrat, freute ich mich bereits darauf, mit Mirax nach Hause zurückzukehren und die Zeugung eines Kindes in Angriff zu nehmen. Und obwohl diese Art enthusiastischer Begrüßung, wenn einer von uns beiden von einer Reise zurückkam, gar nicht so ungewöhnlich war, würde es diesmal mehr sein als nur eine wortlose Art, Ich habe dich vermisst! zu sagen.

Der Gedanke kam mir so gut und richtig vor, dass sogar der Flug über die Trümmerfelder, die Coruscant verunstalteten, meine gute Laune nur ein wenig trübte. Überall waren riesige Lichtungen der Zerstörung in das Stadtbild geschlagen worden; Raumschiffe, die niemals in die Atmosphäre hätten eindringen dürfen, waren weiß glühend vor Hitze und dicke Wolken schwarzen Qualms hinter sich herziehend vom Himmel gefallen und hatten sich in die städtische Landschaft gebohrt. Sie hatten lange Schneisen in Wohnviertel gerissen und gewaltige Krater aus dem Häusermeer gesprengt. In den Kämpfen der widerstreitenden Splittergruppen nach Thrawns Überfall auf die Neue Republik, waren hunderte Millionen, vielleicht sogar Milliarden Bewohner ums Leben gekommen und wir hatten uns noch nicht annähernd davon erholt.

Als ich die zerstörten Gebäude und verbogenen Wracks betrachtete, fiel es mir schwer, die Erinnerung an das Coruscant früherer Tage heraufzubeschwören, als der Planet das Zentrum des Imperiums gewesen war. Ich dachte an breite Ströme aus Licht, die die Nacht zu funkelndem Leben erweckten, doch hier herrschte weit und breit dumpfes Grau vor; die hellen Lichter hatten Coruscant einst ein künstliches Leben geschenkt und ohne sie wirkte der urbane Planet wie ausgestorben.

Ich wusste, dass es in Wahrheit nicht ganz so schlimm war. Die Bürger der Stadt lebten ungeachtet der ausgedehnten Verwüstungen an der Oberfläche und des enormen Verlustes an Leben weiter. Zwar hatten die katastrophalen Zerstörungen bei einigen Lebewesen die schlechtesten Seiten nach außen gekehrt, bei einer weit größeren Zahl jedoch die besten. Nachdem unser Zuhause von einem der abstürzenden Raumschiffe zerschmettert worden war, hatten Mirax und ich ursprünglich vorgehabt, an Bord ihres Raumschiffs Pulsar Skate zu wohnen, doch unsere Freunde wollten davon nichts hören. Iella Wessiri, meine alte Partnerin beim Corellianischen Sicherheitsdienst, schaffte es, ihren Vorgesetzten beim Geheimdienst der Neuen Republik davon zu überzeugen, dass man uns unbedingt Zugang zu einer sicheren Unterkunft gewähren müsse, die ihre Behörde unterhielt. Daher landeten wir schließlich an einem Ort, der noch näher am Hauptquartier des Renegaten-Geschwaders lag als unsere frühere Wohnung.

Doch unsere Geschichte war sicher nicht die bemerkenswerteste von allen. Plötzlich tauchten in Zeiten politischer Wirren seit Jahren gehortete Vorräte auf und die Leute nahmen in ihren Häusern Flüchtlinge auf– was an sich nicht besonders überraschend war, aber viele der Gastgeber waren alte imperiale Familien, während die Ausgebombten den unterschiedlichsten nichtmenschlichen Spezies der Galaxis angehörten. Die Verwüstungen, die Coruscant durch die imperialen Kriegsherrn erlitten hatte, brachten auch die letzten Mauern der Abneigung zum Einsturz. Die Not schuf eine Verbundenheit, die der Fremdenfeindlichkeit auf beiden Seiten ein schleichendes Ende bereitete.

Ich setzte mit dem Rest des Geschwaders zum Landeanflug an und kam schließlich in unserem Hangar zum Stehen. Dort übergab ich den X-Flügler einem Mechaniker, legte Zivilkleidung an und nahm einen Schwebebus nach Süden zu den Manarai-Bergen. Ich bemerkte eine Mutter mit ihrem Kind auf einem Platz, der meinem schräg gegenüberlag. Ich sah zu, wie die Frau lächelte, als das Kleine unsicher die kurzen Arme ausstreckte und nach ihrer Nase grapschte. Sie nahm ihr Gesicht ein wenig zurück und küsste die winzige Hand. Im nächsten Moment senkte sie das Kinn, bis ihre und die Nase ihres Babys auf gleicher Höhe waren. Sie flüsterte etwas und rieb ihre Nase an der des Kindes. Dann bog sie, begleitet vom Lachen des Kleinen, den Kopf zurück.

Das vergnügte Lachen des Babys hallte noch in meinen Ohren nach, als der Bus aus den dunklen Schluchten ausscherte und eine Ruinenlandschaft aus Durabetonstümpfen überflog, die wie die Schuppen eines Taurücken über einen Stallboden verstreut waren. Überall lagen die ausgebrannten, verbogenen und halb geschmolzenen Wracks von Luftgleitern; an mehreren Stellen der Schutthalden wehten und flatterten Stofffetzen, die den Opfern der Zerstörung einmal als Kleidung gedient hatten; die Landschaft war von grellen Farbtupfern übersät, die alles von Spielzeug bis zu Scherben von Holodiskanlagen sein konnten.

Das Lachen des Kindes war trotz der totalen Verwüstung schier überwältigend. Dieses Lachen war unschuldig und heiter und machte die Zerstörung, die uns umgab, zur Farce. Intelligente Wesen konnten schöpferisch wirken und zerstören, doch das Lachen schien darauf hinzuweisen, dass jeder, der meinte, Zerstörung sei mächtiger als Schöpfung, ein Narr war. In den ersten zehn Lebensjahren dieses Kindes würden die Narben des Kampfes um Coruscant verheilt sein. Und selbst wenn sie es nicht sein würden, konnte das Kind in zwanzig oder dreißig Jahren die Person sein, die sich der Heilung dieser Narben annahm. Das Leben selbst war das Gegenmittel der Zerstörung.

Ich lächelte. Mirax hat die ganze Zeit Recht gehabt. Und Ooryl auch. Wenn wir nur für die Gegenwart leben und in der Gegenwart, graben wir der Zukunft das Wasser ab. Wenn wir überhaupt irgendeine Zukunft haben wollen, ist es notwendig, für die Zukunft zu leben. Ja, Mirax, wir werden ein Kind haben. Wir werden dieses Kind machen. Wir werden unseren Beitrag für die Zukunft leisten.

Als ich an meiner Haltestelle ausstieg, zwinkerte ich der Frau mit dem Kind zu. Dann schlängelte ich mich durch die Gebäude ringsum und überquerte den Steg, der zu meinem Heim führte. Fast wäre ich an einem Laden stehen geblieben und hätte einen passablen Wein gekauft, um damit die Lösung unseres Problems zu feiern, entschied mich jedoch, Mirax lieber zu einem trauten, romantischen Essen auszuführen. Ich wusste noch nicht genau, wohin wir gehen würden, aber bei all den Baudroiden, die auf dem ganzen Planeten herumwuselten, war mir klar, dass in der Woche meiner Abwesenheit ein Dutzend neuer Restaurants entstanden sein musste. Es würde daher nicht allzu schwierig sein, einen Ort zu finden, an dem wir etwas essen konnten.

Ich erreichte die Eingangstür und tippte den Kode in das Tastenfeld des Schlosses ein. Die Tür glitt auf und eine Woge warmer Luft schlug über mir zusammen. Ich betrat das verdunkelte Innere der Wohnung und ließ zu, dass die Tür sich hinter mir schloss. Die warme Luft umgab mich jetzt wie eine Wolldecke und einen Augenblick lang gab ich der aufsteigenden Panik nach, da mir diese Luft so undurchdringlich und erstickend vorkam.

Meine gehobene Stimmung verging allmählich, denn die Luft hatte sich erwärmt, weil Mirax die Klimaanlage der Wohnung abgeschaltet hatte. Das machten wir beide immer dann, wenn wir über einen längeren Zeitraum verreisten. Es war gut möglich, dass sie nur diesen einen Tag fortbleiben wollte, aber ein kurzer Blick auf die Kochstelle verriet mir, dass dies nicht der Fall war. Das gesamte Geschirr war abgespült und verstaut und der kleine Obstkorb, der immer dort stand, war nirgends zu sehen. Das bedeutete, dass sie ihn in den Konservator befördert hatte, damit das Obst während ihrer Abwesenheit nicht schlecht wurde.

Ich setzte meinen Weg ins Innere der Wohnung fort. Ich steckte den Kopf kurz in das dunkle Schlafzimmer zur Linken, entdeckte dort aber kein Anzeichen von Leben. Der Essbereich, der rechts an die Kochstelle stieß, war ebenfalls verwaist. Der große Tisch war mit dem Staub mehrerer Tage bedeckt und die Datenkarte, die an meinen Platz gelegt worden war, enthielt vermutlich sämtliche Anrufe für mich, die bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Mirax das Haus verlassen hatte, eingegangen waren.

Da sah ich, dass an dem Holoblock auf dem Tisch im Wohnzimmer auf der linken Seite ein Licht blinkte. Ich lächelte. Gutes Mädchen, du bist nicht weg, ohne mir eine Nachricht zu hinterlassen. Ich schälte mich aus meiner Jacke und warf sie auf einen Sessel aus Nerfleder, dann hockte ich mich hin und drückte den Knopf unter dem Licht.

Mirax lächelte mich an. Fünfundvierzig Zentimeter hoch und so schön wie eh und je. Ihr schwarzes Haar glänzte sogar in der verkleinerten Abbildung und in ihren braunen Augen loderte Feuer. Sie trug die schwarzen Stiefel und den dunkelblauen Overall, in dem ich sie zum ersten Mal gesehen hatte; außerdem hatte sie sich eine blaue Nerflederjacke um die Schultern geschlungen. Zu ihren Füßen lag ein kleiner Segeltuchrucksack.

»Corran, ich hatte gehofft, zu Hause zu sein, wenn du zurückkommst, aber ich habe einen Auftrag, den ich unmöglich ausschlagen kann. Ich erzähle dir alles, sobald ich wieder da bin. Du wirst vermutlich kaum mehr als einen Tag allein sein. Wenn meine Pläne sich ändern, lasse ich es dich wissen.« Sie bückte sich, um den Rucksack aufzuheben und lächelte mich erneut an, während sie sich aufrichtete. »Ich liebe dich. Vergiss das nicht und zweifle niemals daran. Niemals. Ich bin bald zurück, Liebster.«

Ihr Bild löste sich in Statik auf, anschließend schaltete sich der Holoblock selbstständig ab. Ich streckte die Hand aus, um die Nachricht noch einmal abzuspielen, hielt dann jedoch inne. Genau wie sie hatte ich während unserer gemeinsamen Zeit beim Nachhausekommen schon dutzende Male solche Botschaften gefunden und noch nie zuvor hatte ich eine davon noch einmal abspielen wollen. Wieso will ich es also jetzt?

Mir kam in den Sinn, dass ich mich vielleicht ein wenig betrogen und ein bisschen verwundbar fühlte. Ich hatte den größten Teil der letzten Zeit ohne sie damit zugebracht, über Kinder nachzudenken, und mich schließlich sogar ihrem Standpunkt angenähert– und jetzt war sie nicht da! Ich hatte eine der wichtigsten und folgenschwersten Entscheidungen meines Lebens getroffen und sie trieb sich einfach irgendwo in der Galaxis herum, als wäre diese meine Entscheidung überhaupt keine große Sache. Es verletzte mich, dass sie so leichtfertig damit umging, und ich wollte noch einmal hören, wie sehr sie mich liebte.

So weit ich das beurteilen konnte, entsprach die Analyse meiner Gefühle den Tatsachen, doch ich wusste ebenso gut, dass diese Gefühle keineswegs den Kern meines Problems berührten. Ich drückte den Knopf, lauschte noch einmal ihrer Nachricht und nickte schließlich. Sie sagte, ich würde bloß einen Tag oder so allein sein und dass sie es mich wissen lassen wollte, wenn sie ihre Plane änderte. Tatsache war indes, dass ich einen vollen Tag zu spät war, weil wir die Glitzerstern nach Coruscant eskortiert hatten, sie hätte also längst wieder hier sein müssen. Ich hatte weder hier noch im Hauptquartier des Geschwaders eine Nachricht von ihr gefunden, dass sie sich verspäten würde, und das überraschte mich.

Andere hätten sich vielleicht an die Phrase ›kaum mehr als einen Tag‹ gehalten und darin eine ziemlich vage Zeitangabe gesehen, doch Mirax war in dieser Hinsicht peinlich genau. Schließlich verdiente sie ihren Lebensunterhalt damit, wertvolle Gegenstände pünktlich und unversehrt an diverse Kunden auszuliefern. Wenn sie also zwölf Standardstunden gemeint hatte, dann hätte sie das auch gesagt; und wenn sie fünfundzwanzig Stunden im Sinn gehabt hatte, dann hätte sie diese Zeitspanne nicht auf einen Tag abgerundet, sondern mir auf die Stunde oder gar auf die Minute genau die bestmögliche Schätzung zukommen lassen.

So niederschmetternd und Besorgnis erregend dies alles auch scheinen mochte, war ich doch weit davon entfernt, in Panik zu geraten. Ihre zweite Nachricht konnte sich verspätet haben oder in die Irre gegangen sein. Sie konnte sogar auf der Errant Venture Zwischenstation gemacht haben, um ihren Vater zu besuchen, und vielleicht war dessen Kommunikationssystem mal wieder zusammengebrochen.

Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, aber ich schüttelte das unangenehme Gefühl ab. »Dann muss die frohe Botschaft eben noch ein Weilchen warten, schätze ich.« Ich war immer noch ein bisschen müde und verspannt von der Heimreise, also zog ich mich aus, ging in die Erfrischungszelle, säuberte mich von Kopf bis Fuß und fiel anschließend ins Bett. Ich ließ die Schlafzimmertür auf, da ich hoffte, sofort zu erwachen, sobald Mirax zurückkam.

Doch die Chancen dafür waren dürftig. Ich sank in einen tiefen Schlaf, so lichtlos und schwarz wie die undurchdringlichsten Schatten von Coruscant. Ich bekam noch mit, wie ich abtrieb und versuchte in der Hoffnung, meine jüngste Entscheidung würde ihn weiter ausmalen, den Traum von einem Kind zu aktivieren, doch er ließ mich schmählich im Stich. Mein Bewusstsein versank in einem dunklen Brunnenschacht und ich fiel in einen traumlosen Schlaf.

Corran.

Ich rührte mich beim Klang meines Namens, konnte aber die Stimme nicht erkennen.

CORRAN!

Mirax’ Schrei riss mich schlagartig ins Wachleben zurück. Ich saß in der nächsten Sekunde aufrecht im Bett und langte nach ihr. Doch das Bild ihres Gesichts löste sich vor meinen Augen auf und meine Hände griffen dort, wo sie hätte liegen sollen, in leere, kalte Laken. Ich tastete nach ihr, suchte die Wärme, die ihr Körper dort hätte hinterlassen müssen, fand jedoch nicht die geringste Spur davon. Einen Herzschlag lang ernüchterte das kurze Aufflackern von Mirax’ Nachricht meinen rasenden Verstand, doch dann schlug etwas viel Schrecklicheres über mir zusammen. Galle stieg mir in die Kehle und würgte mich.

In einem einzigen grell aufblitzenden grausamen Moment wusste ich, dass Mirax verschwunden war!

3

Ich stolperte auf der anderen Seite aus dem Bett und schrammte mit dem Schienbein über die Kante des niedrigen Nachttischs, der dort stand. Wütend stieß ich mit dem Fuß danach. Wer kommt bloß auf die Idee, so ein Ding dahin zu stellen? Ich wusste, dass unmöglich ich derjenige gewesen sein konnte, da doch der geringste Stoß den Nachttisch ebenso leicht zum Einsturz gebracht und die darauf gestapelten Datenkarten über den Boden verstreut hätte wie mein Fußtritt.

Ich sah mich im Zimmer um und erkannte im Zwielicht, dass mit allen möglichen Dingen hier etwas nicht in Ordnung war. Die Hologramme an den Wänden waren alle ganz nett und zeigten sogar verschiedene Ansichten von Corellia, allerdings von Orten auf meiner Heimatwelt, an denen ich noch nie gewesen war. Wer hat nur diese Parodie meines Zuhauses eingerichtet?

Meine Füße waren in dem Bettlaken gefangen, das ich von mir gestoßen hatte, und ich fiel hart auf Hände und Knie. Der Schmerz im Schienbein fand jetzt Verbündete in meinen Knien und Händen und gemeinsam versetzten sie mich für einen Augenblick in einen vollkommen klaren Bewusstseinszustand. Die Hologramme und der Nachttisch und die Datenkarten darauf… all diese Einzelheiten einer Wohnung, die nicht die meine war, waren Dinge, die Mirax hier platziert hatte. Mirax, meine Frau.

Ich hob den Blick zu den Gegenständen, die sie hierher gebracht hatte, um unsere Wohnung zu einem wirklichen Zuhause zu machen. Irgendwie hatte sie für viele der Besitztümer, die wir verloren hatten, als unser voriges Heim zerstört wurde, Ersatz gefunden. Als ich mich im Zimmer umsah, konnte mein Verstand ihren Beitrag zur Einrichtung ohne weiteres katalogisieren und sogar den Zeitpunkt und Ort bestimmen, als und an dem sie all diese Dinge gefunden hatte. Ich warf einen Blick in den Kleiderschrank und sah ihre Sachen dort hängen. Es fiel mir leicht, mich daran zu erinnern, wann sie dieses Kleid gekauft oder jene Jacke bekommen hatte.

Aber ich konnte mich nicht an ihre innere Verbindung zu diesen Gegenständen erinnern. Als ich die Sachen betrachtete, vermochte ich unmöglich zu sagen, welches ihr Lieblingskleid war; ich wusste nicht mehr, von welcher Jacke sie dachte, dass sie sie schlank mache, welche Bluse oder Hose sie für angemessene Geschäftskleidung hielt oder welches Outfit sie trug, wenn wir ausgingen und uns amüsierten.

Ich musterte ein Hologramm der Insel Vreni auf Corellia. Sie zeigte ein kleines, von Bäumen bedecktes Eiland, das gleichsam auf einem stürmischen Meer schwamm, über dem sich gerade ein Orkan zusammenbraute. Als ich meinen Blick ein kleines Stück weiter wandern ließ, fügte ich dem Bild gleichsam einen Blitz hinzu, einen gewaltigen Dreizack, von dem sich zahllose Ausläufer über die Wellen verteilten. Das Bild war fantastisch und das Hologramm ein wahres Kunstwerk, aber ich konnte mich nicht darauf besinnen, aus welchem Grund Mirax gerade dieses Holo hatte haben wollen. Ich hatte keine Ahnung, ob sie den Holografiker kannte, ob sie mal auf dieser Insel gewesen war oder ob sie das Bild als Geldanlage erworben hatte.

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