Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Im Mai 1513 Neuer Galaktischer Zeitrechnung bricht Perry Rhodan zu einer diplomatischen Mission auf: Mithilfe der exotischen Technik des Polyport-Systems reist er in die ferne Galaxis Anthuresta. Dort besucht er die Nachkommen jener Menschen, die einst in das Stardust-System ausgewandert sind. Die Stardust-Terraner, wie sich die Menschen in Anthuresta nennen, haben bereits ein kleines Sternenreich aufgebaut. Ihre Raumschiffe erforschen die nähere Umgebung, ihre Abgesandten treten in Kontakt zu außerirdischen Völkern. In schier unglaublicher Ferne entwickelt sich eine neue Menschheit mit eigenen Visionen und Träumen. Doch Perry Rhodans Routinemission verläuft anders als geplant. Auf dem unbedeutenden Planeten Sepura 2 will er eigentlich seltsame Hinterlassenschaften erforschen. Stattdessen trifft er auf Anthur, einen Menschen, der sich als Bote der Superintelligenz TALIN bezeichnet. Und er stößt auf neue Gegner, die mit sogenannten Amöbenschiffen angreifen. In Begleitung von Eritrea Kush, der Admiralin der Stardust-Menschheit, und Anthur gelingt es Perry Rhodan, seinen Gegnern zu entkommen. Jetzt gilt es, neue Informationen zu sammeln - doch Rhodan stößt auch auf MARHANNU DIE MÄCHTIGE ...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 141
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Nr. 3
Marhannu die Mächtige
Perry Rhodan im Stardust-System – Whistler schickt einen Hilferuf
Dennis Mathiak
Im Mai 1513 Neuer Galaktischer Zeitrechnung bricht Perry Rhodan zu einer diplomatischen Mission auf: Mithilfe der exotischen Technik des Polyport-Systems reist er in die ferne Galaxis Anthuresta. Dort besucht er die Nachkommen jener Menschen, die einst in das Stardust-System ausgewandert sind.
Die Stardust-Terraner, wie sich die Menschen in Anthuresta nennen, haben bereits ein kleines Sternenreich aufgebaut. Ihre Raumschiffe erforschen die nähere Umgebung, ihre Abgesandten treten in Kontakt zu außerirdischen Völkern. In schier unglaublicher Ferne entwickelt sich eine neue Menschheit mit eigenen Visionen und Träumen.
Doch Perry Rhodans Routinemission verläuft anders als geplant. Auf dem unbedeutenden Planeten Sepura 2 will er eigentlich seltsame Hinterlassenschaften erforschen. Stattdessen trifft er auf Anthur, einen Menschen, der sich als Bote der Superintelligenz TALIN bezeichnet. Und er stößt auf neue Gegner, die mit sogenannten Amöbenschiffen angreifen.
In Begleitung von Eritrea Kush, der Admiralin der Stardust-Menschheit, und Anthur gelingt es Perry Rhodan, seinen Gegnern zu entkommen. Jetzt gilt es, neue Informationen zu sammeln – doch Rhodan stößt auch auf MARHANNU DIE MÄCHTIGE ...
Perry Rhodan – Der Terraner strapaziert seine geistigen Grenzen.
Eritrea Kush – Die Admiralin ignoriert ihre körperlichen Grenzen.
Guemon – Der Felide sucht die Grenzen seiner Heimat.
Anthur – Der Bote TALINS sucht etwas Unbekanntes.
Kerat Tinga
Ein ungewöhnlicher Zeitgenosse
Marhannu die Mächtige
Guemon lief um die Ecke des Wohnturms. Noch ehe er den säuerlichen Duft der transparenten Schleimspur roch, rutschte er auf ihr aus.
Er stolperte vorwärts, prallte gegen den elegant geschwungenen, ockerbraun gescheckten Panzer einer Molluske, verlor den Halt und stürzte. Instinktiv streckte Guemon die Tatzenhände aus, fing sich an der Hauswand ab. Marhannu sei Dank, lande ich immer auf den Tatzen!
»Was soll das?« Die Molluske starrte ihn aus zwei Stielaugen an, die aus einem elfenbeinfarbenen, länglichen Gallertleib wuchsen. Das eine blau, das andere grün, biolumineszierten sie im Schatten des Arkadenganges. »Ach, du bist doch Guemon, der verrückte Kater. Was hast du denn wieder vor?«
»Es ... es tut mir leid!« Guemon stieß sich von der altrosa gekachelten Wand ab. Dabei rutschte ihm sein Beutel von der Schulter, prallte gegen das geschwungene Rückengehäuse der Molluske und riss malvenfarbene Bänder davon ab. Sie fielen zu Boden.
»Oh nein! Meine schöne Zierde ...« Die Molluske fiepte. »Ich habe mir so viel Mühe damit gegeben!«
Guemon legte entnervt die spitzen Ohren an. Er war auf dem Weg zu dem bedeutendsten Ereignis seines Lebens, und dieser ... dieser ... Er kommt mir bekannt vor, aber mir fällt der Name nicht ein.
»Es tut mir wirklich leid«, sagte er. »Ich wollte dir deinen Körper ... Panzer ... na ja, deine Zierde eben ... ich wollte sie nicht kaputt machen.«
»Wer sollte so etwas Schönes auch zerstören wollen?«
»Also so schön ...« Guemon versperrte dem Satz mit seiner rauen Zunge den Weg, bevor er seiner Kehle komplett entschlüpfte. Die Bewohner Marhannus bildeten sich viel auf ihr ästhetisches Empfinden ein. Und er selbst hatte einen eher zweifelhaften Ruf in der Stadt.
»Sag, was heckst du aus, Guemon?«
Erneut legte er die Ohren an. Wenn es seine Zeitgenossen tatsächlich interessieren würde ... Doch es war stets dieselbe Frage, die sie mit höflicher Distanz stellten. Dann hörten sie genüsslich zu, was der »verrückte Kater« anstellte, bis sie das Interesse verloren und weiterzogen.
»Schau zum Himmel hinauf. Nicht mehr lange und ihr werdet dort etwas zu sehen bekommen.«
»Aha, sehr spannend.« Gemächlich kroch das Blau-grün-Auge in Richtung See davon. Zwei blasshäutige, sehr runde Köpfe nickten ihm zu. Ihre malvenfarbenen Wickelkleider wehten in der Brise, die süßlichen Blütenduft mit sich trug.
Wusste ich es doch. Kein Interesse ...
An seinem linkem Bizeps zog und zerrte Posimon, der seinen silbern glänzenden, metallischen Körper wie so oft um Guemons Oberarm gewickelt hatte. »Nun beeil dich! Noch sind die Winde günstig!« Der kugelförmige Kopf des Maschinenwesens zitterte so heftig auf Guemons Schulter, dass er die Vibrationen bis unter die Schädeldecke spürte.
»Ist ja gut!« Guemon schnippte Posimon mit den Krallen gegen den Kugelkopf.
Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen hatte sich die Metallschlange als »mobiles positronisches Datenverarbeitungssystem mit abhandengekommener Biokomponente« vorgestellt. Posimon als Name war Guemon praktikabler erschienen. Schnell hatte sich herauskristallisiert, dass sie einander nützlich sein könnten. Posimon beantwortete Guemon viele seiner Fragen; Guemon wiederum ersetzte Posimon die verloren gegangene Biokomponente.
Er schulterte seinen Beutel, rückte den Kopfschmuck zurecht und trat aus dem Schatten des Arkadenganges. Obwohl keine Sonne am Himmel stand, wärmte das Licht sein kurzes Fell an Kopf und Armen.
Er überquerte den weiten Platz, den nur einige abstrakte Skulpturen schmückten. Guemon hatte ihre Schönheit früher ohne Unterlass bewundern können. Damals, bevor er begonnen hatte, alles zu hinterfragen, vor der Begegnung mit dem fremden Echsenwesen. Seitdem langweilten sie ihn. Wie so vieles.
Durch eines der bogenförmigen Tore betrat er das hohe, schlanke Gebäude, das er »Heimatturm« nannte, weil er meist dort schlief.
Es roch nach nassem Fell und Blumen. Einige Artgenossen tanzten sanftmütig auf allen vieren in dem Becken, das diese Seite des Erdgeschosses dominierte. Wasser sprühte in Fontänen bis zur hohen Decke. In feinsten Dunstschwaden wehte es herab.
»Guemon«, schnurrte jemand hinter ihm mit sanfter Altstimme. Stumpfe Krallen strichen durch sein Nackenfell. »Ich habe dich lange nicht mehr gesehen.«
»Was bedeutet lang für dich, Minaru? Ich war erst gestern hier. Du lagst dort unter dem Palisadengang und hast dein Fell kraulen lassen.«
Guemon drehte sich zu Minaru um. Ihr blassbraunes Gesichtsfell glänzte. In den bernsteinfarbenen Augen lag eine schläfrige Glückseligkeit.
Minaru lachte kehlig. »Gestern? Wie putzig du bist. Was hat Zeit schon für eine Bedeutung? Für mich fühlte es sich lang an. Komm mit! Ich will dich verwöhnen.«
»So viel Tatendrang?« Er wusste, dass Minaru Spott nicht erkannte.
»Wir müssen weiter!« Posimon zitterte.
»Du hast es gehört, Minaru. Ich bin in Eile.«
»Wer ist das?«
»Posimon. Ich zeigte ihn dir bestimmt schon elf Mal.« Guemon verdrehte die Augen. »Wenn du dich nicht dafür inte... Minaru?«
»Endlich ist sie weg«, sagte Posimon.
Guemon sah Minaru einen Augenblick lang hinterher. Sie fand rasch ein anderes »Opfer«, legte sich zu ihm auf das breite, flauschige Tuch und steckte ihm ihre Tatzen unter die Kleider.
»Ein ungewöhnlicher Zeitgenosse«, hörte Guemon ihren Gespielen sagen.
Er bleckte die Zähne, pfiff abschätzig und ging in Richtung Aufzug. Die dicke Säule dominierte das Zentrum der kreisförmigen Halle. Sie durchstieß die Decke und führte bis zum Dach des Turmes, der einer der höchsten Marhannus war.
»Du hättest öfter die Treppe nehmen sollen!« Posimon zupfte mit dem spitzen Ende seines Schlangenkörpers an Guemons Bauchspeck.
»Nerv mich nicht. Du weißt, dass ich mit meinen Kräften haushalten muss, wenn wir es heute wagen wollen.«
Guemon betrat eine der Aufzugkabinen. Den schweren Beutel ließ er zu Boden gleiten, stützte seinen schmerzenden Rücken an der Wand ab. Nach wenigen Augenblicken endete die Fahrt. Die Flügeltür schwang auf.
Er trat auf den Arkadengang, ging zur Brüstung und legte die Tatzen auf das Geländer. Der Wind zerrte an seiner Weste und dem Lendenschurz.
Woher kam der Wind in diesem geschlossenen System der Stadt? Eine der unbeantworteten Fragen, die Guemon seit jenem Tag stellte, an dem er dem stämmigen, gehörnten Echsenwesen mit dem Nackenschild und dem langen Schwanz begegnet war.
Wurde ich in Marhannu geboren? Oder stamme ich von außerhalb, wie so viele hier? Wo sind meine Eltern? Wie bin ich aufgewachsen?
Fragen über Fragen.
Nur eines war Guemon gewiss: Woher ich komme, weiß ich nicht. Wohin ich gehe, entscheide ich.
»Weiter, weiter!«, drängte Posimon. »Worauf wartest du?«
Guemon sah über die Brüstung. Wenige Hundert Meter entfernt umstanden weitere Gebäude seinen Heimatturm. Einige strebten ihm entgegen, manche wuchsen lotgerade in den milchigen Himmel.
Eine Handvoll Stadtbewohner flanierte über die filigranen Brücken, die wie Spinnenfäden von einer Wand zur anderen reichten. Sie glänzten im sanften Licht der Stadt.
Am Fuß des Turmes kampierte ein Grüppchen. Anscheinend hatte sich herumgesprochen, dass »der verrückte Kater« wieder etwas vorhatte.
Sie sahen von oben aus wie winzige Krümel. Guemons Fell sträubte sich. Er bohrte die Krallen in das harte Material, das nachgab, um ihn nicht zu verletzen. Marhannu trug den Beinamen »die Mächtige«.
Die Fürsorgliche träfe es besser, fand Guemon.
»Nun mach endlich!«
»Für eine Maschine bist du ganz schön ungeduldig!«
»Ich wurde eben auf Zielstrebigkeit programmiert. Außerdem agiere und reagiere ich aufgrund der Verbindung mit dir wie ein echtes Lebewesen. Dafür existiert ihr Biokomponenten nun einmal – um uns rationalen Apparaturen Emotionen, Empathie und Kreativität zu ermöglichen. Und jetzt hopp!«
Auf »hopp« stieg Guemon über die Balustrade. Ihm wurde flau, sein Magen ballte sich zu einer faustgroßen Kugel zusammen. Das Nackenfell stand ihm zu Berge.
Vor der Begegnung mit dem Echsenwesen war ihm jede Angst fremd gewesen. Seitdem er sich verändert hatte, kannte er Furcht. Das blinde Vertrauen in die Stadt war verloren gegangen, als er begonnen hatte, über sich und seine Heimat nachzudenken.
Tatze vor Tatze setzte er auf dem schmalen Sims, bis er eine der Säulen erreichte. Er krallte sich in das hart-weiche Material und begann den Aufstieg.
Der Wind war mild, dennoch fröstelte Guemon. Zentimeter für Zentimeter schob er sich aufwärts. In dieser Höhe verjüngte sich der Heimatturm. Wo er seine Klettertour begonnen hatte, fanden vier Aufzugkabinen Platz. Der Arkadengang ringsherum maß eine Köperlänge in der Breite. Die Kuppel, an der Guemon nun hinaufkletterte, hatte einen Neigungswinkel von 61,02 Grad. Posimon hatte das berechnet.
Guemon zitterte am ganzen Körper. Das Gewicht des Beutels auf seinem Rücken drohte ihn in die Tiefe zu reißen. Jeder Muskel tat ihm weh. Mit Mühe griff er nach der Kante der abgeplatteten Turmspitze, zog sich daran in die Höhe und rollte seitwärts in die dahinter liegende Mulde.
»Es war mehr die Angst als die fehlende Kraft«, belehrte Posimon ihn.
»Was weißt du schon über Angst?«
»Dank dir recht viel.«
Guemon stand auf und sah erneut in die Tiefe. Dort will ich mich hinabstürzen?
Unverantwortlich!
Aveda, 14. Mai 1513 NGZ
»Was bin ich?« Eritrea Kush blieb stehen, und stemmte die Fäuste in die Seiten. Sie hob eine Augenbraue.
»Unverantwortlich«, wiederholte Perry Rhodan. Er stockte ebenfalls in seinem Lauf, trippelte jedoch auf der Stelle weiter. »Ich sagte aber nicht, dass du selbst es bist, sondern dein Vorhaben.«
»Das behauptet der Mann, der einen Fremden in die Stardust-Felsennadel führen will, einzig deshalb, weil er sich als Bote TALINS ausgibt.«
Rhodan schüttelte den Kopf. Schweiß troff ihm aus den Haaren. Es war ein heißer Tag, die Luft schwül. Der Ostwind trieb Kumuluswolken über das Ashawar-Delta, in dem Stardust City lag.
»Ich will ihn nicht wegen seiner Behauptung dorthin bringen, sondern weil ich mir von diesem Ausflug Antworten erhoffe. Darüber, was es mit ihm auf sich hat. Ob TALIN und ES dort tatsächlich etwas hinterlegt haben. Ich kann das Risiko einschätzen, das weißt du.«
»Und du weißt, dass ich als Admiralin Verantwortung trage. Wenn ich so schnell wie möglich in den aktiven Dienst zurückkehren will, tue ich das, gerade weil ich mich verantwortlich fühle.«
Sie lief wieder los, verfiel in einen lockeren Trab.
Rhodan folgte ihr. Unter seinen Sportschuhen knirschte der steinige Belag des Weges, der in mal engen, mal weiten Schleifen durch den Garten der Eric-Manoli-Klinik führte.
Das Medo-Zentrum war nach dem Bordarzt der Mondrakete STARDUST benannt worden, einem alten Freund Rhodans. Der weitläufige Gebäudekomplex lag auf Astimo, einer der zwei kleineren Inseln Whistler Towns im Herzen der Hauptstadt.
»Du solltest dich schonen, Eritrea. Du warst nur wenige Tage in Behandlung.«
Sie ignorierte ihn, zeigte mit einem Finger auf ihre Augen, um zu signalisieren, dass sie die DataLenses aktiviert hatte. Bestimmt ließ sie sich auf den Kontaktlinsen ihre biometrischen Daten einblenden.
Dies war eine der technischen Moden, die Rhodan ins Gedächtnis riefen, dass Stardust trotz der Verbindung über das Polyport-Netz weit von Terra entfernt war. Far Away eben. Außerdem kann nicht jeder ständig zwischen der Milchstraße und dem Kugelsternhaufen hin und her reisen.
Im Stardust-System sowie der näheren kosmischen Umgebung entwickelten sich die Dinge allmählich anders. Der Trend zur DataLens beispielsweise war auf der Wasserwelt Zyx als Gimmick der Taucher entstanden. Die zusätzlichen Funktionen hatten den Schutzfilm, der ihre Augen vor dem Salzwasser schützte, aufwerten sollen. Aktuell ersetzte das Gerät immer öfter Holoprojektoren, vor allem im zivilen, teilweise im staatlichen Bereich.
»Eritrea ...«, setzte Rhodan von Neuem an.
»Perry!« Sie seufzte. »Ich bitte dich. Die Ärzte haben alles getan. Die inneren Verletzungen wurden von Nanobots versiegelt. Antikörper bekämpfen die Entzündungsherde. Nanotische Gele stabilisieren mein beschädigtes Gewebe und die Organe.«
Sie zeigte auf einige blasse, wulstige Stellen an ihren nackten Armen und Unterschenkeln.
»Die äußeren Wunden sind verschweißt und mit Biomol-Plasma behandelt. Antibakterielle Folien schützen mich zusätzlich vor Infektionen. Die verletzten Muskelbündel und Sehnen haben die Ärzte mit intramuskulären Kraftverstärkern stabilisiert.«
Rhodan runzelte die Stirn.
»Verdammt, Perry, es wurde alles Menschenmögliche getan, um mich zu heilen. Ich bin wieder auf dem Damm!«
Ins Gespräch vertieft, übersah Rhodan die dunkle Wolke und lief mitten in einen Schwarm winziger Fluginsekten. Er kniff die Augen zusammen, wischte mit der Hand durch die Luft, spuckte und schnaubte.
»Gerade deshalb solltest du hundertprozentig fit sein, bevor du dich wieder in die Arbeit stürzt«, rief er. Rasch schloss der Terraner zu Eritrea auf. »Deinem Stab liegen alle relevanten Informationen über das Amöbenschiff vor. Benötigt man deinen Rat, bist du jederzeit erreichbar.«
Ohne Vorwarnung bog Eritrea ab. Sie verließ den befestigten Pfad, sprintete durch das knöchelhohe, blaugrüne Gras. Halmzikaden, die sich ihrem Lebensraum optisch anpassten, schreckten auf und hüpften davon. Sie zirpten empört.
Rhodan folgte ihr einen Augenblick später, da sprang die Admiralin über die kniehohen Wurzeln der Aveda-Banyans, die Gentechniker aus dem terranischen Ficus benghalensis gezüchtet hatten. Die Pflanzen verströmten einen fruchtig-herben Duft. Eine Gruppe der Feigenbäume spendete Patienten und Besuchern Schatten. Die Menschen hielten auf Schwebematten Mittagsschlaf.
»Wie du siehst, bin ich schon wieder recht fit.« Eritrea stoppte, nachdem sie den natürlichen Parcours absolviert hatte. »Außerdem wird mein Zustand ständig überwacht.«
Sie klopfte auf die hautfarbene Folie auf ihrem Nacken. Mittels Balpirol-Halbleitern war die hauchdünne Medoeinheit mit Eritreas Nervensystem verbunden. Sie kontrollierte Köperwerte und Hirnströmungen, um im Bedarfsfall die Medikation anzupassen, die über injizierte Depots an den Organismus abgegeben wurde.
»Dank der Medotechnik und der Medikamente.« Rhodan pumpte Luft in seine Lungen. Er blinzelte, weil ihm Schweiß von den Brauen tropfte. Sofort reagierte das Multifunktionsshirt. Der Kragen blies ihm ins Gesicht und trocknete es.
»Du weißt so gut wie ich, dass nach derart schweren Verletzungen Ruhe die beste Medizin ist«, sagte er. »Jeder Stress bremst den Heilungsverlauf. Und die dadurch nötige längere Medikation schädigt den Körper.«
»Deine Sorge ist rührend, Perry. Aber ich glaube nicht, dass du in meiner Situation die Füße hochlegen würdest.«
Rhodan seufzte. »Ertappt.«
Eritrea lächelte. Sie wischte sich die eine blonde Strähne ihres sonst dunkelbraunen Haares aus der verschwitzten Stirn. »Der Konferenztermin mit dem Administrator, der Verteidigungsministerin und dem Innenminister steht an. Wir können es gleich von hier aus erledigen. Einverstanden?«
»Gern.« Rhodan folgte Eritrea zu einer rot lackierten Holzbank, die inmitten weißer Blüten auf einer sonnenbeschienenen Wiese stand.
Er prüfte seinen Puls und lächelte. Das tägliche Training machte sich bezahlt. Seitdem er den Posten des Polyport-Präfekten bekleidete, hatte er genügend Freizeit, um Sport zu treiben. Eine Zeitlang war das angenehm gewesen, aber mittlerweile drängte alles in ihm, endlich wieder persönlich mitzumischen. Der Bote TALINS und die fremden Raumschiffe hatten Rhodans Neugier geweckt.
Sie setzten sich. Eritrea aktivierte den Holoprojektor ihrer Halskette, einem schwarzen Kautschuk-Band mit Azuritanhänger.
Rhodan vermutete, dass sie aus Respekt vor seinen Gewohnheiten darauf verzichtete, ihre DataLenses für die Konferenz zu nutzen.
Ein Hologramm zeigte das Konterfei der Verteidigungsministerin Orsla Geland. Das weißblonde Haar fiel der etwa hundertjährigen Frau in sanften Wellen auf die Schultern. Sie nickte ihnen zu. Gelands Blick war streng und reserviert. Eritrea hatte Rhodan erzählt, dass ihre Vorgesetzte Wert auf Professionalität und eine strikte Trennung von Pflicht und Freizeit legte.
»Willkommen zurück im aktiven Dienst, Admiralin.«
Wortlos sah Rhodan Eritrea an. Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er hatte umsonst auf sie eingeredet. Sie hatte längst gehandelt.
Augenblicke später verbanden sich auch Administrator Tetsuro Corris und Innenminister Litwer Maidera mit der Konferenzschaltung.
»Ich möchte nicht unhöflich sein«, sagte Corris nach einer kurzen Begrüßung. »Aber lasst uns bitte sofort zu den Kernthemen kommen. Ich habe in fünfzehn Minuten einen Termin mit dem Parlamentsausschuss, der sich um die Umsetzung der Verfassungsänderung kümmert. Ich wollte jedoch das Wichtigste direkt von euch hören, anstatt bloß nüchterne Dossiers zu lesen.«
»Das kommt mir gelegen.« Orsla Geland aktivierte ein weiteres Holo.
Diese zeigte ein ellipsoides Raumschiff von mehreren Hundert Metern Durchmesser. Es sah aus wie ein länglich-ovaler Fladen. Die Oberfläche war unregelmäßig überwuchert. An manchen Stellen wirkte die Kruste wie aufgebrochen. Lange Filamente ragten aus ihr empor. Einige von ihnen schimmerten bläulich.
»Dieses Amöbenschiff, wie der Sprecher des beauftragten Wissenschaftsteams Pietr Bohm es nennt«, sagte Orsla Geland, »was für eine Gefahr stellt es dar? Admiralin Kush, du hast mit deinem Stab eine Risikoanalyse erstellt und Strategien erarbeitet. Bitte stell sie uns kurz vor.«