Stellas Sommer - Ulrike Paula - E-Book

Stellas Sommer E-Book

Ulrike Paula

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Beschreibung

Stella wohnt Anfang der 80iger Jahre im Stadtteil Gostenhof in Nürnberg. Sie ist getrieben zwischen zwei Welten. Ihre Freundin Fritzi will sie von ihrem kleinbürgerlichen Leben erlösen und macht sie mit der linksalternativen Szene vertraut. In dem Mietshaus, wo sie wohnt - mit all seinen obskuren Bewohnern - überschlagen sich zudem die Ereignisse.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel

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Kapitel

Kapitel

1.

Sie hatte schlecht geschlafen. Nebenan in der Kneipe war die Musik bis um 1.00 Uhr in voller Lautstärke gelaufen. Danach Gegröle der Betrunkenen, die nach und nach die Spelunke verließen.

Als Stella vor einem halben Jahr eingezogen war, hatte sie es toll gefunden, mitten in Gostenhof, einem Stadtteil von Nürnberg, zu wohnen. Die türkischen Läden, griechische Lokale, eine kleine Zoohandlung und die Planungskneipe gleich um die Ecke begeisterten sie immer noch. Auch das Haus, in dem sie zur Miete wohnte, war ein Sammelsurium von interessanten jungen und alten Bewohnern, wie sie damals fand.

Mittlerweile aber, nachdem das Pärchen unter ihr, das auch Stammkunde in der Kneipe nebenan war, nicht nur lauthals stritt, sondern anscheinend nach und nach die Wohnung zerlegte, war ihre Begeisterung erheblich abgeflaut. Die alte Frau in der Wohnung neben ihr tat ihr leid. Sie lebte von einer ganz kleinen Rente, wie sie ihr neulich erzählt hatte.

Stella öffnete die Balkontür. Sie hatte ihre Wohnung im ersten Stock und blickte auf den Garten mit Pavillon des privaten Altenheims gegenüber. Irgendwie passte es gar nicht in diese Umgebung. Die Leiterin, eine gepflegte Dame mit blonder Hochfrisur und figurbetontem Kleid, rauchte auf der Terrasse. Es war wärmer geworden. Stella überlegte, ihre zwei Korbstühle vom Dachboden zu holen. Ihr Balkon war zwar klein, aber dann könnte sie sich öfter draußen hinsetzen. Vielleicht auch einen Blumenkasten bepflanzen.

Nachdem sie gefrühstückt und sich fertig gemacht hatte, lief sie die Treppe hoch auf den Dachboden. Sie öffnete mit dem Schlüssel ihr Abteil und holte den ersten Korbstuhl. Vorsichtig trug sie ihn die Treppe hinunter und schloss die Wohnungstür auf. Sie erschrak; sie war in der falschen Wohnung. An den Wänden hingen Poster von großäugigen Mädchen, denen die Tränen aus den Augen kullerten. Auch die weißen verschnörkelten Möbel wirkten kitschig. Plötzlich stand Jürgen vor ihr, der ein Stockwerk über ihr wohnte. Erschrocken starrte er sie an.

„Ach du Schreck. Ich habe gedacht, das sei meine Wohnung. Der Schlüssel hat gepasst.“

Jürgen strich sich über seine aufwändig geföhnten Haare.

„Tja, so wie es aussieht, haben wir beide den gleichen Schlüssel. Sollen wir den Vermieter benachrichtigen?“

Stella schaute sich in der Wohnung um und dachte an ihre, die auch nicht gerade mit wertvollen Möbeln ausgestattet war. Sie wusste, dass Jürgen schwul war und einen Freund hatte. Sie war ihnen schon einige Male im Treppenhaus begegnet.

„Lass mal“, überlegte sie laut, „ich glaube, wir haben kein Interesse an den Sachen des Anderen und wir tun uns auch gegenseitig nichts zuleide.“ Sie biss sich auf die Lippen. Wie bescheuert klang das eigentlich!

Jürgen aber nickte und bot ihr seine Hilfe beim Tragen an. Stella blickte auf seine schmächtige Figur.

„Nicht nötig, es sind nur zwei Sessel und ein kleiner Tisch.“

Sie trug den Sessel ein Stockwerk nach unten und holte dann den zweiten Korbstuhl vom Dachboden.

2.

Im griechischen Laden gegenüber kaufte sie Gemüse, Obst, Likörwein und an der Kühltheke Schafskäse, Oliven und Baklava. Sie liebte das süße, klebrige Gebäck. Dann rief sie Fritzi an und lud sie für abends zum Essen ein.

Fritzi hieß eigentlich Friederike. Durch sie war sie beeinflusst worden, ihren vorherigen - eher spießigen, wie ihre Freundin meinte – Lebensstil zu ändern. Fritzi war alternativ, aß vegetarisch, meditierte und machte Gelegenheitsjobs. In ihrer Wohnung standen viele bemalte Obstkisten und Grünpflanzen. In dem Ingenieurbüro, wo Stella seit 5 Jahren arbeitete, wurde ein gepflegtes Äußeres verlangt. Ihr Chef verlangte zwar ständig Überstunden, war aber ansonsten in Ordnung und die Bezahlung passte auch. Sie hütete sich davor zu kündigen, bewunderte aber insgeheim ihre Freundin, die unbekümmert in den Tag hineinlebte.

3.

Fritzi kam pünktlich, weil sie immer hungrig war und sich aufs Essen freute. Zierlich wie sie war, versank sie fast in ihrem weiten roten Rock, der mit einer bestickten Blumenborde verziert war. Dazu trug sie eine blaue Bluse und Earthshoes. Der einzige Luxus, den sie sich gönnte. Sie kosteteten ein Vermögen, waren hinten tiefer, dafür vorne sehr breit gearbeitet. Angeblich brauchte man dadurch nie einen BH zu tragen, weil sie das natürliche Gehen zurückbrachten.

Sie umarmten sich. Fritzi sog tief den Essensgeruch ein.

„Was gibt es denn?“

„Nudeln mit Tomatensoße, Schafskäse und Oliven und als Nachtisch Baklava.“

„Oh, lecker!“

„Und, wir essen draußen. Voilá!“

Stolz zeigte ihr Stella den Balkon. Fritzi strich zart über die rosa Geranien und Margeriten.

„Wie gemütlich!“

Stella brachte das Essen. Für Fritzi war der kleine Tisch in Ordnung, aber für sie mit ihren 1,79 m viel zu niedrig.

„Deine Haare sind schön gewachsen“, lobte ihre Freundin.

Stella griff nach ihren schulterlangen Haaren.

„Ja, bald sind sie so lang wie deine.“

„Jetzt musst du sie nur noch mit Henna färben.“

„Die roten stehen dir viel besser, Fritzi! Ich bin eben ne Brünette.“

„Ne nette Brünette“, schäkerte Fritzi.

Nach dem Essen holte sie den Wein.

„Maphrodaphne, ich liebe ihn!“

Sie stießen mit dem Rotwein an.

Fritzi setzte das Glas ab und und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

„Ich habe jemanden kennengelernt.“

„Nicht dein Ernst.“

„Er wohnt derzeit in der WG, wo auch Stubs wohnt.“

Stubs hieß mit Familienname Stuber und war Fritzis Schwarm. Er sah mit seinen langen dunklen Haaren und dem Engelsgesicht aus wie Jesus.

„Was ist mit Stubs?“

„Der hat jetzt ne feste Freundin.“

„Und der andere, wie ist er?“

„Er heißt Stefan und hat mich den ganzen Abend über mit seiner Lebensphilosophie unterhalten.“

„Klingt ja unheimlich spannend“, feixte Stella.

„Nein, was er erzählte, war unglaublich. Er ist spirituell sehr weit.“

„Was du nicht sagst!“

Nach dem zweiten Glas Wein alberten sie nur noch herum.

Stella hasste es, über Männer zu reden nach der Trennung von ihrem Freund vor einem halben Jahr.

4.

Am Montag war Arbeiten angesagt. Stella konnte zu ihrer Arbeitsstelle in der Fürther Straße laufen. Auch ein Grund, warum sie die Wohnung angemietet hatte. Ihr Weg führte erst an der Kneipe nebenan vorbei, dann warf sie oft einen Blick in die kleine Zoohandlung und schaute kurz den Wellensittichen und ihrem aufgeregten Geflatter zu. Viele Häuser waren abgeranzt