Strandwesen - Dominik von Eye - E-Book

Strandwesen E-Book

Dominik von Eye

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Beschreibung

Jonas ist ein 12 jähriger Schüler. Das Schuljahr ist beendet und er beginnt seine Ferien. Doch so einfach sind die letzten Schulstunden nicht. Ein Feuer bricht aus und die Feuerwehr muss anrücken. Zudem muss er schneller als gedacht zu seinem Opa, der als langweiliger Bücherwurm bei Jonas im Gedächtnis ist. Als Jonas bei seinem Opa im Norden ankommt, ist dieser jedoch ganz anders, als er sich das vorgestellt hatte. Zudem macht sein Opa eine geheimnisvolle Andeutung. Für Jonas beginnt das größte Abenteuer seines Lebens.

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Strandwesen

Titel SeiteKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26

Strandwesen

von

Dominik von Eye

Kapitel 1     

Das Fahrzeug fegte auf dem Asphalt entlang Richtung Todeskurve. Die Bäume am Fahrbahnrand flogen links und rechts als verschwommene Silhouetten vorbei. Die Finger umschlossen fest das Lenkrad. Oft hatte er die Runden gemeistert, doch diese Kurve war eine besondere Herausforderung.

„Verdammt!“, kam es aus Jonas heraus, als sein Auto mit quietschenden Reifen ins Kiesbett schlidderte und dann gegen den am Ende der Rennstrecke stehenden Reifenstapel krachte.

„Diese Kurve kann man doch überhaupt nicht ordentlich schaffen. Oh Mann, jetzt kann ich das ganze Rennen noch mal fahren. Dabei war ich gerade so gut.“ Er nahm die Hände vom Lenkrad und öffnete das Spielmenü.

„Jonas, komm doch bitte vom Computer weg und runter in die Küche“, wurde er von seiner Mutter gerufen, „das Essen ist fertig“.

„Auch das noch. Immer im unpassendsten Augenblick.“ Jonas drückte auf ‚Rennen neu starten’ und rief Richtung Küche: „Komme gleich!“ Einen Rekord wollte er heute schließlich noch nach Hause fahren.

Aber wie es schien, hatte seine Mutter nicht allzu viel Geduld. Schon wenige Momente später, Jonas war noch nicht einmal die erste Runde des neu gestarteten Rennens zu Ende gefahren, stand sie auch schon hinter ihm.

„Ich glaube, ich muss dir nicht jedes Mal sagen, dass das Mittagessen kalt wird, wenn ich Dich extra holen muss“, sagte sie mit einem vorwurfsvollen und leicht enttäuschten Tonfall.

„Als ob mich das interessiert“, grummelte Jonas in sich hinein, während er aufstand und murrend in Richtung Küche stapfte. Sich aufzulehnen hatte sowieso keinen Sinn. Das hatte er schon so viele Male versucht, war aber immer wieder gescheitert. Eltern hatten einfach immer das letzte Wort.

Eigentlich war es ja auch egal, solange er endlich wieder an den Computer konnte, um das Rennen zu Ende zu fahren. Aber jetzt war wohl erst einmal Boxenstopp angesagt. Aus der Küche duftete es köstlich.

Franziska, die Mutter von Jonas, war eine ausgezeichnete Köchin und verstand es im Handumdrehen ein köstliches Mal auf den Tisch zu zaubern. Es gab eigentlich fast nie Tage an denen Jonas das Essen nicht schmeckte. Ausgesprochen ungern aß er Rosenkohl. Wenn es nach ihm ginge, müsste der nie wieder auf seinen Teller kommen.

Heute gab es allerdings ein lecker duftendes Schlemmerfilet mit Reis. Das liebte er über alles. Also nahm er zwei Teller, zwei Paar Besteck, Servietten und setzte sich erwartungsvoll an den Tisch. Seine Mutter nahm den Fisch aus dem Backofen und den Reis von der Kochplatte.

Kurz darauf hatte Jonas sein Mittagessen auf dem Teller. Er verschlang den Fisch mit der besonders leckeren Kruste, als hätte er drei Tage nichts zu Essen bekommen.

„Jonas, schling doch nicht so! Du bekommst nur Bauchschmerzen davon“, seufzte seine Mutter.

„Erst soll ich so schnell wie möglich zum Essen kommen und dann soll ich doch wieder langsam machen. Versteh einer die Erwachsenen“, nuschelte er kopfschüttelnd in sich hinein. Genussvoll nahm er erneut eine Gabelladung Fisch in seinen Mund.

„Wie war eigentlich die Schule, wo doch morgen die Sommerferien anfangen?“, fragte seine Mutter.

„Och, ganz gut“, sagte Jonas nicht besonders vielsagend.

„Was heißt ganz gut? Wie war es denn genau?“, hakte sie nach.

„Naja, wir haben im Unterricht eigentlich mehr gespielt, als neuen Stoff durchzugehen. Und in den Pausen haben wir wieder den üblichen Quatsch gemacht. Ach ja, Amelie aus der 6b ist übrigens hingefallen und hat sich die Nase blutig geschlagen. Hat ganz schön geblutet. Auf dem Pausenhof konnten wir die Blutstropfen noch gut sehen.“

„Oh, dann hoffe ich, dass es Amelie bald wieder besser geht. Aber ich glaube, das ist doch kein so gutes Thema zum Essen“, beendete seine Mutter zur Freude von Jonas das langweilige Thema.

Schule ist sowieso nur dann spannend, wenn man dort ist. Zuhause hatte Jonas selten Lust alles noch einmal zu erzählen. Er ging jetzt in die sechste Klasse und war eigentlich mit dem, was er leistete, ganz zufrieden. Er war nicht der beste Schüler in der Klasse, konnte aber immer ganz gut mitmachen. Am liebsten war ihm der Sportunterricht. Hier konnte er immer zeigen, was er konnte. Er war schnell und konnte gut springen, was ihm bei vielen Spielen einen Vorteil verschaffte. Auch mit dem Ball konnte er gut umgehen. Das brachte ihm besonders beim Völkerball viele Sympathien ein. Doch mit Abstand am besten fand er das Trampolinspringen. Leider fand das nur besonders selten statt. Die Schule hatte zur Freude aller eines der großen Trampoline, auf denen man problemlos sehr hoch springen konnte. Selbst zu zweit springen war darauf kein Problem.

Jetzt standen aber erst einmal die Sommerferien vor der Tür. Sechs wundervolle Wochen keine Hausaufgaben, kein frühes Aufstehen und keine lästige Platzsuche im Schulbus. Endlich wieder jede Menge Freizeit. Jonas hatte sich in Vorfreude auf die Sommerferien immer wieder ausgedacht, was er alles in dieser Zeit machen könnte. Er könnte vielleicht wieder einmal eine Fahrradtour mit seinem Vater machen. Endlich den versprochenen Drachen bauen oder vielleicht einfach nur Computerspielen. Es gab zudem einige Bücher, die er noch lesen wollte.

Das Freibad hatte er schon die letzten Tage immer wieder besucht. Sicherlich würde er auch einige Ferientage darin verbringen. Dort traf er schließlich immer wieder Klassenkameraden, mit denen er dann wunderbar im Wasser spielen konnte.

Die Pausenspiele waren allerdings ein Grund warum Jonas ein bisschen traurig auf die Ferienzeit blickte. Denn es gab fast nichts, auf das sich Jonas mehr freute, als die Pausenspiele. Hier konnte er wie im Sportunterricht glänzen und war ein gern genommener Spielpartner. Es gibt ja nichts Schlimmeres als bei der Mannschaftsauswahl als letzter gewählt zu werden. Jonas tat es dann immer leid, wenn sich sogar Klassenkameraden darum stritten, wer Ulf als Teammitglied bekommen sollte. Ulf war im Sport nicht besonders gut und konnte eher schlecht mit dem Ball umgehen. Im Gegensatz zu Jonas hatte er allerdings keinerlei Probleme in Mathe.

Oftmals griff Jonas in eine unfaire Diskussion ein und sagte, dass Ulf in seinem Team spielen solle. Dann war ihm selbst das regelmäßige Stöhnen seiner Klassenkameraden egal. Jonas hatte einfach ein gutes Gefühl, Ulf ein bisschen geholfen zu haben.

„Wusstest du, dass Opa uns zu sich an die Nordsee eingeladen hat?“, fragte seine Mutter und riss damit Jonas aus seinen Ferienträumen.

„Äh, nö. Wieso denn zu Opa? Da waren wir doch schon ewig nicht mehr. Ich dachte ihr wollt mit ihm nichts mehr zu tun haben?“, entgegnete Jonas sehr erstaunt über die Aussicht zu seinem Opa zu fahren. Er hatte ihn sicherlich schon mindestens vier oder fünf Jahre nicht mehr gesehen.

Es hatte einen Streit zwischen Opa Hans und seiner Mutter Franziska gegeben, dessen Grund er nicht kannte. Jonas wusste nur, dass es daraufhin sehr lange keinen Kontakt mehr gegeben hatte, was für Jonas nicht weiter schlimm war, da er seinen Opa sowieso fast gar nicht kannte. Und die einzigen Male, an die er sich erinnern konnte, waren für Jonas eher langweilig. Sein Opa war ein bücherverliebter Mensch und ständig irgendwo vertieft in Büchern zu finden. Einzig die beeindruckende Comicsammlung seines Opas hatte einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ohne Frage hatte Jonas seine Zeit damit verbracht, die Comics nach und nach durchzulesen.

„Ja, wir hatten unsere Differenzen, aber das hat ja nichts mit dir zu tun. Dein Vater und ich dachten uns, dass wir dich zu Opa bringen und dich dann eine Woche bei ihm lassen, damit ihr euch ein bisschen näher kennen lernen könnt“, erklärte ihm seine Mutter.

„Aber der liest doch ständig seine Bücher und hat ja doch keine Zeit für mich“, zweifelte Jonas.

„Ach was, da hast du einen falschen Eindruck von ihm. Er ist eigentlich ein sehr einfallsreicher Mensch. Mit ihm wird es dir sicherlich nicht langweilig werden.“

„Und der Drache, den ich mit Papa bauen wollte?“, fragte Jonas.

„Für den bleibt doch immer noch genug Zeit. Du hast ja nicht nur eine Woche Ferien. Ich bin mir sicher, dass Dein Vater auch schon ganz verrückt danach ist, etwas mit dir zu unternehmen. Aber er kann im Moment noch keinen Urlaub nehmen. Deshalb dachten wir, ist es doch bestimmt mal ganz schön für dich bei deinem Opa zu sein.“

„Na gut“, sagte Jonas und ging wieder in sein Zimmer. Eigentlich passte ihm die Idee ja gar nicht. Wie sollte er es nur eine ganze Woche ohne seinen Computer aushalten. Wer sollte denn die neuen Spielstände fortführen. Er war zurzeit dermaßen gut in dem neuen Spiel.

Außerdem kannte er seinen Opa doch fast gar nicht. Würde das nun eine Woche der Langeweile werden? Oh nein!

Jonas fasste den Entschluss die Fahrt zu seinem Opa, dem Bücherwurm, verhindern zu müssen. Irgendwas würde ihm ja wohl einfallen. Vielleicht eine schlimme Krankheit vortäuschen? Die würde es natürlich unmöglich machen, dass er in den Norden fahren müsste.

Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein breites Grinsen ab.

Allerdings und das kam ihm erst jetzt in den Kopf, müsste er wahrscheinlich allerlei ekelhafte Medikamente nehmen und dürfte sicherlich auch nicht an den Computer, sondern müsste im Bett liegen bleiben. Augenblicklich war seine gute Laune verschwunden.

Nein, er musste sich etwas anderes ausdenken, aber das hatte noch Zeit. Jetzt ging es erst einmal darum sich wieder um die ‚Todeskurve’ zu kümmern. Es wäre doch gelacht, wenn er das Rennen diesmal nicht gewinnen würde.

Kapitel 2

Mit einem ohrenbetäubenden Ton ging die Sirene los. Eine Tonfolge, die das Blut in den Adern gefrieren und sofort Gänsehaut auf den Armen entstehen ließ. Es war nicht die Schulglocke, das war klar. Doch wann hatte er dieses Geräusch schon einmal gehört dachte sich Jonas und erschrak. Es war der Feueralarm.

„Alle Kinder zusammen!“, rief die Lehrerin. „In Zweierreihe aufstellen und dann langsam die Treppe hinunter auf den Schulhof! Leon, kannst Du bitte alle Fenster schließen. Und Ahmed, leg sofort den Schulranzen ab, wir lassen alles hier liegen!“

„Oh Mann, was für ein Ereignis und das zum Schuljahresende. Hätte das nicht bei einer Arbeit passieren können?“, witzelte Anton, Jonas Sitznachbar.

„Ich finde das ja nicht so lustig. Was ist wenn’s wirklich brennt?“, erwiderte Jonas als die Schülerschlange mit schnellen Schritten losging.

Wenigstens waren alle wirklich in Zweierreihe losgegangen und nicht wie die wilden Hühner einfach losgerannt. Jonas hatte das schon oft beim Schulbus erlebt, wenn alle unbedingt und natürlich als Erster in den Schulbus wollen. Da kam es dann schon oft vor, dass alle zum Bus rannten und sich dann vor der Tür sammelten. Es drängelten alle so stark, dass erst einmal gar keiner durch die Tür passte. Und so dauerte es manchmal ziemlich lange, bis sich der Bus füllte. Gefährlich, wenn bei einem Feueralarm das Gleiche passieren würde wie vor dem Bus. Alle würden sich selbst blockieren.

Deshalb war Jonas bei solchen Dingen, obwohl er sonst eher ein chaotischer Typ war, sehr froh, wenn es diszipliniert ablief.

Als Jonas durch die Klassentür ging, hatte er das Gefühl einen beißenden Geruch in der Nase zu spüren. Kurz darauf schauten sich mehrere seiner Klassenkameraden fragend an. Es hatte wohl nicht nur er diesen beißenden Geruch, der im Schulflur lag, gerochen.

„Oh nein, wenn es jetzt doch ein echtes Feuer ist? Wir sind im dritten Stock!“, kam es angsterfüllt aus Anton heraus.

„Glaub ich nicht. War doch immer nur eine Übung“, erwiderte Ahmed kühl von hinten.

Klugscheißer dachte sich Jonas, der ist ja auch erst zwei Jahre dabei und wir hatten erst eine einzige Übung bisher.

„Los Kinder, nicht stehen bleiben!“, drängte die Lehrerin Richtung Ausgang. Offenbar war auch ihr der seltsame Geruch aufgefallen und sie wollte die Klasse endlich in Sicherheit auf dem Schulhof wissen.

Sie mussten den Flur ungefähr 50 Meter entlang in Richtung Treppenhaus gehen. Dieses war nochmal durch Glastüren vom Flur abgetrennt. Als sie vor der Glastür ankamen sahen sie schon, dass das gesamte Treppenhaus mit laufenden Schülern voll war. Aber sie mussten auch runter und so schob sich die Lehrerin an ihrer Klasse vorbei und ging durch die Tür. Sie bahnte ihrer Klasse einen Weg auf der Treppe nach unten. Das war gar nicht so leicht, da die Schüler der Mittel- und Oberstufe vom vierten Stock kamen.

Ungefähr auf Höhe des ersten Stocks konnte Jonas das leise Geräusch von Feuerwehrsirenen hören. Als er es ganz deutlich hörte, begann es in seinem Bauch an zu Kribbeln. Die Feuerwehr war im Anmarsch. Brannte es wirklich?

Kapitel 3

Wenig später waren sie auf dem großen Pausenhof angekommen. Er war ein großes Gelände, dass nicht nur dem Gymnasium, sondern auch einer Realschule in einem anliegenden Schulgebäude Platz bot.

Man hatte vom Schulhof eine sehr gute Sicht auf das gesamte Schulgebäude. So konnten die Schüler, die sich auf den festgelegten Klassentreffpunkten befanden, sehr gut die schwarzen Rauchwolken aufsteigen sehen. Sie kamen aus einem Klassenraum im vierten Stock.

Die Feuerwehr war inzwischen angekommen. Sie nahmen den Alarm sehr ernst und fuhren mit mehreren Löschfahrzeugen vor. Neben zwei Mannschaftsrüstwagen und einem Tanklöschfahrzeug war unter anderem ein Leiterwagen mitgekommen. Dieses Feuerwehrauto hatte für Jonas schon immer eine besondere Faszination. Einmal hatte er sogar das Glück bei einem Tag der offenen Tür im Korb eines Leiterwagens bis nach ganz oben mitzufahren. Er hatte eine super Aussicht und die Menschen am Boden wurden immer kleiner. Leider war dieser Ausflug wieder viel zu schnell vorbei.

Aber heute war kein Tag der offenen Tür. Hier war der Einsatzgrund nicht so lustig und geplant wie damals. Einige der Feuerwehrmänner rollten die Schläuche aus. Andere zogen sich Atemschutzmasken mit Sauerstoffflaschen über. Es war ein beeindruckendes Schauspiel.

Alle Schüler hofften, dass keiner mehr im Schulgebäude war. Nach kurzer Zeit gingen die Feuerwehrmänner mit den Atemschutzmasken ins Schulgebäude. Es mussten um die fünf oder sechs Feuerwehrmänner gewesen sein. Jonas konnte es nicht so gut erkennen. Schwer und laut atmend waren sie an Jonas vorbeigegangen. Was so eine Ausrüstung wohl wiegen mag?