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Max hat es geschafft – er ist ein wahrer Krieger. Keine Aufgabe war ihm zu schwer, er hat sich jedem Gegner gestellt. Aber Max ruht sich nicht auf seinem Erfolg aus. Er ist keiner von diesen Angebern. Max und seine Freunde machen immer weiter und beschützen die Schwächeren vor immer größeren Monstern. Macht Euch auf das gefasst was dort kommt – es wird GROß!
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Seitenzahl: 172
Veröffentlichungsjahr: 2018
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Published in the French language originally under the title:
Journal d’un Noob (guerrier ultime) – volume 5
© 2017, 404 éditions, an imprint of Édi8, Paris, France.
ISBN 979-1-0324-0125-5
Texte: Cube Kid
Illustrationen: Saboten
Layout: Axel Mahé
„Minecraft” ist eine eingetragene Marke der Notch Development AB.
Dieses Buch ist ein rein fiktives Werk. Es handelt sich dabei nicht um ein offizielles „Minecraft“-Lizenzprodukt und steht in keiner Verbindung mit Mojang AB oder einem anderen „Minecraft“-Rechteinhaber.
Alle Namen, Charaktere, Orte und Handlungen sind vom Autor erdacht und rein fiktiv.
Copyright der deutschen Ausgabe:
© Ullmann Medien GmbH
Übersetzung aus dem Französischen: Annette Ostländer
Lektorat: Christoph Eiden
Satz: ce redaktionsbüro
Redaktion: Sabine Herbold
Coveradaption: Kati Klaeske
ePub Konvertierung: Datagrafix GmbH, Berlin
Gesamtherstellung: Ullmann Medien GmbH, Potsdam
E-ISBN 978-3-7415-2334-2
www.ullmannmedien.com
facebook.com/ullmannmedien
twitter.com/ullmannmedien
Für Lola Salines, die Herausgeberin dieser Bücherreihe, die am Freitag, den 13. November 2015 in den Club Bataclan tanzen gehen wollte. Danke, dass du an mich geglaubt hast.
Cube Kid
Cover
Opener
Impressum
Hingabe
Titelblatt
Inhalt
Freitag Fortsetzung III
Freitag Fortsetzung IV
Tag 1 Samstag
Tag 1 Samstag - II
Tag 1 Samstag - III
Tag 2 Sonntag
Tag 2 Sonntag - II
Tag 2 Sonntag - III
Tag 2 Sonntag - IV
Tag 3 Montag
Tag 4 Dienstag
Tag 4 Dienstag - II
Tag 5 Mittwoch
Tag 5 Mittwoch - II
Tag 5 Mittwoch - III
Tag 6 Donnerstag
Tag 7 Freitag
Tag 7 Freitag - II
Tag 7 Freitag - III
Tag 7 Freitag - IV
Tag 7 Freitag - V
Tag 7 Freitag - VI
Tag 7 Freitag - VII
Tag 7 Freitag - VIII
Tag 7 Freitag - IX
Tag 7 Freitag - X
Tag 7 Freitag - XI
Tag 8 Samstag
Tag 8 Samstag - II
Tag 8 Samstag - III
Tag 8 Samstag - IV
Tag 8 Samstag - V
Tag 8 Samstag - VI
Tag 8 Samstag - VII
Tag 8 Samstag - VIII
Tag 8 Samstag - IX
Tag 8 Samstag - X
Tag 8 Samstag - XI
Tag 8 Samstag - XII
Tag 8 Samstag - XIII
Tag 8 Samstag - XIV
Tag 8 Samstag - XV
Tag 8 Samstag - XVI
Tag 8 Samstag - XVII
Tag 8 Samstag - XVIII
Tag 8 Samstag - XIX
Tag 8 Samstag - XX
Tag 8 Samstag - XXI
Biografie des Autors
Ich stand in dem kleinen Quarzzimmer direkt neben Alice. Eine Wasserlaterne tauchte das Zimmer in ein fahles, bläuliches Licht. An einer der Wände fiel uns ein seltsamer Gegenstand auf,drei Meter lang, drei Meter breit und flach wie ein Banner, doch seine Oberfläche glich eher einer ruhigen Wasseroberfläche als einem Stück Stoff, denn man konnte die Umgebung darauf erkennen. Alice befühlteihr Ebenbild mit den Fingern ihrer rechten Hand. Dann ließ sie ihre Hand sinken und blickte sich noch einige Minuten still und ehrfürchtig an. Es war das erste Mal, dass wir uns in einem Gegenstand sehen konnten.
Und ausgerechnet in diesen wahnsinnigen Outfits.
Meine Kleider waren aus Spinnenfäden genäht. Flaco, der Besitzer des Modetempels, hat Tage damit zugebracht, zusammen mit einigen Menschen irdische Kleidung für uns anzufertigen. Das coolste daran ist aber, dass sie unsere Umhänge so abgeändert haben, dass sie nun stylisch über unsere Schultern fallen.
Wir waren quasi Models, Sinnbilder der Hoffnung.
Die großen Stars von Dorfstadt.
Ja, das ist aus uns geworden.
Wie süß, würden einige sagen: Zwischen zwei jungen Helden, die gegen Monster und alle Widrigkeiten gekämpft haben, hat sich eine romantische Beziehung entwickelt. Na, wenn ihr da nicht ein wenig übertreibt, würde ich ihnen entgegenhalten.Auch wenn Alice und ich uns sehr nahestehen, haben wir kaum genug Zeit, um an etwas anderes als ans Kämpfen oder die Vorbereitung auf die nächste Schlacht zu denken. Der Bürgermeister will das ändern und möchte erreichen, dass die Leute sich an etwas aufrichten können. Wahrscheinlich hat er uns auch aus diesem Grund ganz unauffällig vom Fest weggelotst.
Bei unserer Rückkehr sollten wir uns glücklich lachend und Händchen haltend der Menge präsentieren, hatte er beschlossen.
— Du siehst so anders aus, sagte ich.
— Schon möglich, antwortete Alice nachdenklich. Ich hätte aber lieber noch ein wenig länger getanzt.
— Ich auch.
Ich rückte gerade den Kragen meines Hemdes zurecht, als wir ein „Klick“ vernahmen. Die Tür öffnete sich und im Spiegelbild konnten wir den Bürgermeister auf uns zukommen sehen. Er musterte uns von Kopf bis Fuß, vor allem unsere Aufmachung, und lächelte zufrieden.
— Es tut mir leid, dass ich euch gestört habe, aber ich wollte sichergehen, dass ihr für die Zeremonie top vorbereitet seid.
— Das macht doch nichts, antwortete Alice, und betrachtete sich weiterhin neugierig in dem Gegenstand.
Der Bürgermeister stellte sich zwischen uns und strich mit seinen knorrigen Fingern zufrieden über den Eisenrahmen.
— Und? Gefällt es euch?
Alice nickte.
— Es ist … unglaublich. Aber was ist das?
— Man nennt es Spiegel. Er wurde vor mindestens tausend Jahren, also zu Beginn des Zweiten Großen Krieges hergestellt. Wenn ich es richtig verstanden habe, stammt er aus einem antiken Tempel, dem sogenannten Tabernakel des Unheilzerstörers. Er befindet sich sehr, sehr weit von hier im Nordosten, hinter einer riesigen Bergkette am Meer.
— Wie ist er in unsere Hände gelangt?, fragte ich.
— Aus unseren Archiven geht hervor, dass er im Besitz eines Händlers war, der von Zeit zu Zeit hier vorbeigekommen ist. Das war damals nicht ungewöhnlich. Zu jener Zeit konnte man durch die Gegend reisen, ohne Gefahren fürchten zu müssen. Als ich noch ein kleiner Junge war, besuchten ständig Reisende und Vagabunden unser Dorf. Es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen ...
Ich nickte. Wir hatten in der Schule schon einmal davon gehört. Vor langer Zeit erlebte unser Dorf dann die Rückkehr der Augenlosen. Unsere Gelehrten glauben, dass dies der Zeitpunkt war, an dem sie neue Kraft schöpften und eine Armee aufstellten. Vor dieser Zeit gab es kaum Monsterangriffe. Man konnte wochenlang die Oberwelt durchstreifen, ohne auch nur einem Monster zu begegnen. Aber inzwischen ...
Die Augen des Bürgermeisters starrten kurz ins Leere, dann hob er den Kopf und lächelte. Hatte er wirklich eine Träne im Augenwinkel?
— Ihr seid großartig, sagte er. Ja, ihr seid genau das, was unser Dorf jetzt braucht.
Nach einer erneuten Pause fuhr er fort:
— Ich hoffe, ihr begreift, warum ich euch um all das bitte.
Unsere Blicke begegneten sich im Spiegel.
—Klar doch, Herr Bürgermeister.
Schweigend machten wir uns auf den Rückweg. Die Straßen lagen verlassen da, weil fast alle auf der Party waren. Doch dann bemerkten wir in der Ferne einige Gestalten.Es waren Menschen.
Mit verzauberten Bögen über ihren Schultern lagen sie auf der Lauer und bewachten das Dorf. Einer von ihnen musste oben auf dem Wachturm sein, jederzeit bereit, den Alarm auszulösen, falls er etwas bemerkte. Von hier aus konnte ich ihn allerdings nicht sehen.
Auf der Party war alles noch so, wie wir es verlassen hatten: die Plakate und Banderolen,die Jukebox,die Torten und etwa tausend Leute, die den Sieg von Dorfstadt ausgelassen feierten. Die Augenlosen liefen immer noch frei herum, aber ihre Diener hatten eine kräftige Abreibung bekommen.
Für uns war das Anlass genug.
Wir feiern jeden kleinsten Sieg,
den das Schicksal uns vergönnt.
Neben mir brach lautes Gejohle aus. Alice ließ sich von einigen Menschen davontragen. Sie redeten unentwegt über ihren Umhang. Mastoc machte sich über meinen lustig. Er tippte mir auf die Schulter und grinste mich breit an.
— Was soll das denn sein?
— Ich glaube, es ist für die Zeremonie.
Ich warf einen Blick auf die ausgelassene Menge aus Dorfbewohnern und Menschen.
— Und, gibt es was Neues?, fragte ich. Irgendwelche Neuigkeiten, während ich weg war?
— Naja, der Junge dort – Tristan, glaube ich – erzählte, er habe vor ein paar Tagen auf der Festungsmauer gespielt und dabei ein Kaninchen auf den Feldern beobachtet. Aber es wäre nicht irgendein Kaninchen, sondern ein Zombiegewesen.
Mastoc zog eine Angsthasengrimasse und prustete dann laut los.
— Was für eine Fantasie die Kinder heutzutage haben, zum Schreien!
— Mmmmh, antwortete ich, doch in Wahrheit wollte ich der Sache besser mal nachgehen. Ich werde mir das später ansehen.
— Ach ja, und dann ist mir noch dieser alte, vollkommen verrückte Kerl über den Weg gelaufen. Rot gekleidet, roter Hut, schwarze Sonnenbrille und langer, weißer Bart. Sein Name ist Kakao.Kakao Withernuss.
— Kakao Withernuss?
Ich dachte einen Moment nach, doch weder sein Name noch seine außergewöhnliche Erscheinung sagten mir etwas. Das überraschte mich eigentlich nicht, denn zurzeit tauchen jede Woche viele Fremde auf, keine Reisenden, sondern eher Überlebende. Meist handelte es sich um kleine Gruppen verstörter Dorfbewohner, die mitten in der Nacht in ihren winzigen Dörfern angegriffen worden und daraufhin geflohen waren. Manchmal kommt auch ein Mensch, der monatelang in der Oberwelt umhergeirrt ist. Wir begrüßen sie alle, nehmen sie in unser Dorf auf und geben ihnen Arbeit.
— Dieser ... Kakao, gehört er vielleicht zu den Neuen, die heute morgen angekommen sind?, fragte ich.
— Schon möglich. Auf jeden Fall ist er ziemlich durchgeknallt. Ich habe ihn übrigens vor der Bibliothek herumlungern sehen.
— Ist ja interessant …
Mir fiel immer noch nicht ein, auf wen Mastocs Beschreibung passen könnte.
— Okay, wir müssen also auf der Hut sein. Gibt es sonst noch etwas?
— Äh … nichts, glaube ich.
— Gute Arbeit, macht weiter so und haltet die Augen auf. Auch wenn alle in Feierlaune sind, dürfen wir nicht vergessen, weshalb wir hier sind.
Ich legte eine Hand auf mein Diamantschwert, um zu unterstreichen, wie ernst es mir war. Mastocs Lächeln war ein wenig gequält.
— Zu Befehl, mein Herr!
— He! Du musst nicht „Mein Herr“ zu mir sagen.
— Aber man hat mir gesagt, dass ich dich jetzt, da du Kapitän bist, so ansprechen muss.
— Wen interessiert das schon? Wir kannten uns schon, da waren wir nicht mal einen Block groß. Für dich bleibe ich Minus, klar?
— Geht klar, antwortete Mastoc stirnrunzelnd. Aber, Minus, du bist plötzlich soernst. Was ist los?
Ich senkte den Blick und wusste nicht recht, was ich darauf antworten sollte. Wie hätte ich das auch erklären können? Ich musste ständig an die Worte des Bürgermeisters denken. „Du bist ein Krieger, Minus. Ein Beschützerunseres Dorfes, und gerade heute musst du dich auch entsprechend benehmen …“
Eigentlich brauchte ich Mastoc all das gar nicht erst zu sagen. Er verstand mich auch so, besser als jeder andere. Er war da gewesen, als Hunderte von Monstern versuchten, unser Dorf zu stürmen. Also schwieg ich, er fragte auch nicht weiter und nickte langsam zustimmend. Wahrscheinlich hatte er ähnliche Gedanken wie ich. Dorfbewohner gingen lachend und scherzend an uns vorbei und boten uns immer wieder Kuchen an ... Schnell verschwanden diese Erinnerungen aus unseren Köpfen. Zumindest für den Moment.
Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie viele Dorfbewohner sich ebenso wie ich wie Menschen gekleidet hatten.
Alice hatte Recht gehabt. Wir werden den Erdlingen immer ähnlicher und sie ähneln uns immer mehr. Seht euch nur ihren Anführer an, um euch davon zu überzeugen. Karl21337, original Erdling, Kommandant der Verlorenen Legion … Er trägt eine Dorfbewohnerrobe.
— HÖRT ENDLICH AUF, MICH SO ZU NENNEN, rief er. Einfach KALLE, DAS REICHT! Ich muss mir endlich ein neues Namensschild besorgen, um diesen lächerlichen Namen zu ändern … Naja ... Jedenfalls habe ich euch etwas Wichtiges mitzuteilen! Mein bester Freund Kevin hat herausgefunden, wie man einen Apfelkuchen macht. Wir würden diese leckere Errungenschaft gern mit euch teilen und euch zu einer Verkostung einladen. Dafür würden wir im Gegenzug euer berühmtes Grasragout probieren! Wir haben gehört, dass dies ein sehr beliebtes, einheimisches Gericht ist. Wir sind echt gespannt, wie es schmeckt.
Dann erzählte er uns von einer großen Party auf der Erde, auf der sich alle möglichen Leute treffen, um ihre vielfältigen Gerichte miteinander zu teilen. Die Menschen würden diese Sitte gern auch hier einführen. Leider wussten sie gar nicht, auf was sie sich da einlassen wollten. Das Grasragout ist tatsächlich ein lokales Gericht, wird aber nur selten angeboten, doch nicht etwa, weil es so gut schmeckt, sondern weil die Zubereitung so aufwendig ist. Man benötigt eine mit Behutsamkeit verzauberte Schere, um das Gras zu ernten. Doch was den Geschmack betrifft, würde ich dazu raten, das Gras roh zu essen. Das würde viel besser schmecken.
Armer Karl … äh „Kalle“.
Das wird er schnell merken.
Endlich verkündete der Bürgermeister, dass die Stunde der Preisverleihung gekommen sei. Wir gingen näher und sahen, dass er sechs kleine Gegenstände in seiner Hand hielt, kaum größer alsSamenkörner. Zwei sahen auswie Herzen, zwei erinnerten an Schwerter. Worum es sich bei dem letzten Paar handelte, konnte ich nicht erkennen. Die Gegenstände waren aus grauem Stein, doch auf der Oberfläche flimmerten diamantblaue Punkte. Irgendwie sahen sie aus wie … Vögel?
— Für die Schüler dieser Abschlussklasse haben wir Abzeichen hergestellt, die ihre Heldentaten, ihre Titel und die Berufe, die sie gewählt haben, zeigen.
Er hielt das vogelähnliche Abzeichen hoch über seinen Kopf der Menge entgegen. Die kleinen Diamanten glitzerten prächtig in der Sonne.
—Dieser Vogelist etwas ganz Besonderes. Diese wertvolle Rarität wurde aus einem Block Diamanterz gefertigt. Alle Embleme wurden extra hergestellt, um diejenigen auszuzeichnen, die für die Verteidigung unseres Dorfes gekämpft haben.
Unter all den kühnen Kriegern haben sich vor allem die beiden jungen Dorfbewohner, die hier vor mir stehen, besonders ehrenhaft geschlagen. Aus diesem Grund haben wir sie beide zu Kapitänen ernannt. Sie werden ihre Einheit gemeinsam anführen.
Ein Raunen ging durch die Menge. Für Alice und mich war es keine Überraschung, denn der Bürgermeister hatte uns schon gesagt, dass er uns besonders herausstellen würde, als er uns in das Zimmer geführt hatte. Wir beide hätten unsere Fähigkeiten besonders unter Beweis gestellt ...
Aber ich glaube, ihm ging es um etwas anderes, denn er erwähnte auch, dass unsere Gruppe als ersteaufbrechen sollte, um die Oberwelt zu erforschen. Ich weiß, dass der Bürgermeister, was Führungsqualitäten und Entscheidungsfähigkeit betrifft, Alice mehr vertraut als mir. Ich kann das auch verstehen, ich lasse mich zu sehr von meinen Gefühlen leiten. Alice verliert nur selten die Beherrschung.
Also wird sie so etwas wie ... mein Kindermädchenwerden? Nee, so würde das ein heldenhafter Krieger wohl nicht ausdrücken. Sie wird also nur darauf achten, dass ich keinen Mist baue. Ja, so wird es sein.
Der Bürgermeister nickte uns zu. Wir knieten vor ihm nieder, wobei nur ein Knie den Boden berührte, so wie er uns zuvor angewiesen hatte.
Er befestigte die Abzeichen an der linken Seite unseres Umhangs, nahe am Herzen. Sie hafteten ebenso gut wie klebrige Kolben. Anschließend verlieh er uns noch eine weitere Auszeichnung: Kleine blaue Sterne, das offizielle Erkennungszeichen der Kapitäne. Während er es gegen meine Diamantplakette austauschte, erklärte er die Bedeutung der Embleme.
So, wie ich es verstanden habe, hat er sich die Verlorene Legion zum Vorbild genommen. Jedes Gruppenmitglied muss sich einem sogenannten Rollenspiel unterwerfen. Wer als Ritter gilt, muss sich auch wie ein Ritter verhalten. Ritter wird man allerdings erst durch eine Art Weihe, die man als Ritterschlag bezeichnet.
Ich hätte ihm ja gern geglaubt, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass all das nur ein großesSpektakel war, um die Moral der Dorfbewohner wieder aufzubauen. Ich fühlte mich nicht wie ein Held.Überhaupt nicht. Ich bin auf vielen Gebieten immer noch ein kleiner Junge. Manchmal habe ich noch Angst. Außerdem muss ich noch so viel lernen. Doch als ich in die strahlenden Gesichter mit den feuchten Augen blickte, erschien mir ein Sieg nicht nur vorstellbar, sondern durchaus wahrscheinlich, fast schon sicher. Dann kam mir dieser Hexenmeister Augenlos vor wie ein leicht zu besiegendes, harmloses Mönsterchen.
Das Raunen in der Menge wurde immer lauter und schwoll zu Jubelgesängen an. Doch das alles war nichts verglichen mit meinem Herzklopfen. Je länger ich in ihre hoffnungsfrohen Gesichter sah, desto mehr drückte mich die Verantwortung. Die Last auf meinen Schultern wog schwerer und schwerer, mit jedem Lächeln, das sie mir zuwarfen. Mir wurde immer klarer, wie schwierig meine Aufgabe sein würde. Das ganze Dorf zählte auf mich. Doch als ich Alice ansah, erkannte ich:
Nein, dachte ich. Sie zählen nicht auf mich …
Sie zählen auf uns.
Das Fest neigte sich dem Ende zu, also begleitete ich Alice nach Hause. Als wir dort ankamen, war ihr Vater schon da. Er wirkte den ganzen Abend schon ein wenig seltsam und bedrückt ... als wir vor ihrer Tür standen, machte er ein Gesicht, als hätten sich dunkleGewitterwolken drohend über unseren Köpfen zusammengezogen.Irgendetwas beunruhigte ihn sehr.
Alice schien es nicht zu bemerken. Vielleicht hatte sie auch beschlossen, es nicht zur Kenntnis zu nehmen. Sie drehte sich zu mir um und lächelte.
- Bis morgen, Minus. Ruh dich aus. Morgen erwartet uns ein großer Tag.
Ihr Vater machte eine kaum merkliche Bewegung, war er zusammengezuckt? Ich bin mir nicht sicher.
- Gute Nacht, sagte Alice und lächelte mich weiter an.
- Gute Nacht.
Völlig erledigt kam ich zu Hause an.
— Guten Abend, Sohnemann, begrüßte mich meine Mutter.
— Wir sind sehr stolz auf dich, fügte mein Vater hinzu.
Ja! Es war wirklich der schönste Tag in meinem Leben, und morgen wird esnoch besser. Morgen werde ich mein erstesechtes Abenteuer erleben. Davon träume ich nun schon so lange. Morgen Vormittag werden wir unsere erste Erkundungstour außerhalb der Mauern unternehmen. Wir sollen uns in Gruppen aufteilen und in Sichtweite der Wachen auf der Festungsmauer bleiben. Es hat eine Stunde gedauert, bis ich einschlafen konnte. Wilde Gedanken kreisten in meinem Kopf und ich konnte den morgigen Tag kaum erwarten.
Seltsamerweise schien auch der morgige Tag ungeduldig zu sein.
Klopf! Klopf!Klopf!
Was? Wer pocht denn da an die Tür? Das muss meine Mutter sein. Ich glaube, ich habe verschlafen. Ich komme zu spät zur Schule.
Ich war so sehr im Tiefschlaf versunken, dass ich das wirklich gedacht habe, bis ich die Augen öffnete und kerzengerade in meinem Bett hochfuhr. Es konnte niemand an meine Tür klopfen, denn ich hatte vergessen, sie zuzumachen, so platt wie ich gewesen war. In diesem Augenblick bemerkte ich eine Gestalt vor meinem Fenster. Nach dem Aufwachen bin ich nicht gerade der Hellste, aber ich wusste sofort, dass das nicht meine Mutter war.
Nein, wer auch immer es war, es war auf jeden Fall ein Mensch …
… und nachdem ich ihn näher betrachtet hatte … ja, klar …
Er führte mich zu seinem Haus und dort in einen winzigen dunklen Raum, seine geheime Bibliothek.
Dorterzählte er mir die ganze Geschichte.
Warum wir ständig angegriffen würden.
Warum wir unfähig seien, einem Angriff standzuhalten.
Warum wir bessere Rüstungen, bessere Waffen,bessere Munition benötigten, als die, die wir haben.
Und warum eine einfache Werkbank dafür nicht ausreichen würde.
Er kramte einsehr altes Buch hervor und zeigte mir das Bild eines Gegenstands, den ich für frei erfunden hielt. Eine Schmiede der Ewigkeit, auch als perfekteWerkbank bezeichnet.
Vor einigen Wochen sind Mitglieder der Verlorenen Legion aufgebrochen, um die perfekte Werkbank aufzuspüren. Heute Abend sind sie völlig erschöpft ...und mit leeren Händen zurückgekehrt.
— Ich weiß, dass dir gelingen wird, woran sie gescheitert sind, sagte Kalle. Du solltest noch heute Nacht aufbrechen.
— Ganz allein?Was ist denn mit Alice?
— Sie wird versuchen, dich davon abzubringen und auch die anderen würden dich nur bremsen. Das weißt du.
— Wahrscheinlich hast du einen guten Grund, nicht selbst zu gehen.
— Aber ja. Die Mitglieder der Verlorenen Legion sind immer noch untereinander zerstritten. Bräche ich jetzt auf, würde der Clan auseinanderbrechen. Außerdem würde ich die erste Nacht nicht überleben.
— Warum das denn?
— Ich werde … gejagt.
— Wenn sie herausfinden, wer ich bin, würden sie alle über diesen Ort herfallen. Also muss ich unerkannt bleiben.
— Ich verstehe das nicht. Weshalb suchen sie dich denn?
— Sie halten mich für eine Gefahr. Mehr kann ich nicht sagen.
Also ist Kalle in Wahrheitein hochadeliger Ritter? So mächtig, dass die Monster des Großen Augenlosen ihm auf den Fersen sind? Und der schickt mich auf die Suche nach dem Gral, mit dem wir mein Dorf retten können? Was sollte ich darauf bloß antworten?
— Äh … kannst du vielleicht meinen Babyschleim füttern, solange ich weg bin?
Der Plan war einfach:
— Geh Richtung Norden bis zum Dorf Eulenfeld. Ein Bibliothekar namens Feder ist im Besitz der Werkbank, nach der du suchst.
Dann gab er mir eine Karte von Ardenvell, dem Hauptkontinent unserer Welt.
— Sie ist nichtvollständig, aber sie wird dich zum Ziel führen. Die Jungs haben meine Karte verloren.
Der Karte nach schien das Ziel recht nah zu sein. Ich war überrascht, als er mir sagte, dass es mehrere Tage dauern würde …
Selbstverständlich hätte ich, bevor ich mich mitten in der Nacht in so ein verrücktes Abenteuer stürzte, mein Team fragen müssen, was es von dieser Sache hielt ...
Aber ...
ihr kennt mich ja.