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Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Fürstenkrone Classic In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. »Wie freudig Ihnen Isabel heute wieder ihren Morgengruß zugewiehert hat«, sagte Prinz Konstantin lächelnd, als er Dodi in den Sattel half. »Sie haben wirklich alle Herzen hier im Sturm erobert!« Strahlend lächelte die Komteß zurück. Sie war entzückend anzusehen in ihrem knapp anliegenden Reitanzug. Das Lackleder ihrer Stiefel glänzte, die Sporen klirrten leise. In der Hand hielt sie eine kleine schmiegsame Gerte mit silbernem Knauf. Ein keckes Hütchen war auf die goldbraunen Naturlocken gedrückt. Sie ergriff die Zügel und fragte: »Alle Herzen, Konny?« In seinen blauen Augen blitzte es auf. Sie hatte sich verändert, die kleine Komteß, seit sie hier war. Das war nicht mehr das junge Mädchen mit den schüchternen Blicken und Worten, die ihre Herkunft aus dem Internat verrieten. Sie hatte das Kindliche abgestreift und konnte manchmal auf eine bezaubernde Art und Weise kokett sein. Ihre Blicke kreuzten sich. »Wer sollte Ihnen widerstehen«, fragte er leichthin, bevor er sich abwandte und auf sein Pferd »Sultan« zutrat, das, ebenso wie »Isabell«, makellos war vom Kopf bis zu den Fesseln. Dodi blickte auf das Schloß, das im Glanz der Morgensonne vor ihr lag. Es war im prächtigen Barockstil erbaut, mit zahllosen Fenstern, in deren hohen Scheiben sich das Licht des Tages spiegelte.
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Seitenzahl: 151
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»Wie freudig Ihnen Isabel heute wieder ihren Morgengruß zugewiehert hat«, sagte Prinz Konstantin lächelnd, als er Dodi in den Sattel half. »Sie haben wirklich alle Herzen hier im Sturm erobert!«
Strahlend lächelte die Komteß zurück. Sie war entzückend anzusehen in ihrem knapp anliegenden Reitanzug. Das Lackleder ihrer Stiefel glänzte, die Sporen klirrten leise. In der Hand hielt sie eine kleine schmiegsame Gerte mit silbernem Knauf. Ein keckes Hütchen war auf die goldbraunen Naturlocken gedrückt.
Sie ergriff die Zügel und fragte: »Alle Herzen, Konny?«
In seinen blauen Augen blitzte es auf. Sie hatte sich verändert, die kleine Komteß, seit sie hier war. Das war nicht mehr das junge Mädchen mit den schüchternen Blicken und Worten, die ihre Herkunft aus dem Internat verrieten. Sie hatte das Kindliche abgestreift und konnte manchmal auf eine bezaubernde Art und Weise kokett sein.
Ihre Blicke kreuzten sich. »Wer sollte Ihnen widerstehen«, fragte er leichthin, bevor er sich abwandte und auf sein Pferd »Sultan« zutrat, das, ebenso wie »Isabell«, makellos war vom Kopf bis zu den Fesseln.
Dodi blickte auf das Schloß, das im Glanz der Morgensonne vor ihr lag. Es war im prächtigen Barockstil erbaut, mit zahllosen Fenstern, in deren hohen Scheiben sich das Licht des Tages spiegelte. Im Süden befanden sich die Staatsgemächer, im Mitteltrakt die Wohn- und Gästeräume der fürstlichen Familie. Eine schnurgerade Allee, an deren beiden Seiten Bäume wie Säulen emporragten, führte auf die breite Freitreppe zu.
Ja, dieses große Schloß war eine Schöpfung von Schönheit und Anmut, erlesen und makellos, herrlicher noch, als die Komteß es sich vorgestellt hatte. Auch einen romantisch verwilderten Park gab es mit halbverfallenen Marmorfiguren, mit Grotten und Lauben und verträumten Weihern, auf denen Seerosen blühten.
»Genug geschaut, Dodi?« sagte der Prinz heiter in ihre Versunkenheit hinein. Er saß aufrecht im Sattel, der Rappe tänzelte schon ungeduldig. Dodi wandte ihm den Kopf zu. »Ich dachte gerade, wie schön Waldenbruch ist«, erwiderte sie.
»Das ist wahr«, stimmte Prinz Konstantin ihr ernst zu und umfing mit leuchtendem Blick das Schloß. »Ich könnte mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben«, sagte er einfach. »Es ist meine Heimat. Und es ist seit Jahrhunderten die Heimat der Waldenbruchs.«
Sie gaben ihren Pferden die Sporen und ritten davon, ein Bild voll Jugend und Anmut.
Hell jubilierten die Vögel in den frühen Morgen, die Luft war rein und würzig, ein Geruch von Acker, Wiese und Wald war darin. So weit das Auge reichte, gehörte das Land zum Fürstentum.
Manchmal begegnete ihnen ein Bauer auf einem Traktor oder einem Pferdewagen und grüßte den Reiter und seine Begleiterin ehrerbietig.
Oder am Wege standen Kinder, die zur Schule mußten. Sie winkten fröhlich und riefen: »Guten Morgen, Herr Prinz!«
Und Konstantin beugte sich lächelnd nieder und verteilte Schokolade und Bonbons. Auf Dodis erstaunt-belustigten Blick hin sagte er fast verlegen: »Ich habe immer ein paar Süßigkeiten bei mir für die Kleinen.«
»Morgen werde ich auf unseren Ritt auch etwas mitnehmen!« versprach Dodi lebhaft. Und nach einer kleinen Pause fügte sie nachdenklich hinzu: »Man wird Sie genauso lieben wie Ihren Vater.«
»Das wünsche ich mir«, antwortete Prinz Konstantin schlicht.
*
Dodi hatte den Wunsch geäußert, das ganze Schloß kennenzulernen, nicht nur die Prunk- und Festsäle, sondern auch die seit Jahrzehnten aufgegebenen unbewohnten Räume, die ein geheimnisvolles Gewirr bildeten.
»Aber ich warne Sie«, sagte Konstantin, der sich als Führer angeboten hatte, »Sie könnten staubig werden, und außerdem kann ich nicht dafür garantieren, daß sich nicht irgendwo ein paar Mäuse tummeln.«
»Mäuse?« fragte Dodi kleinlaut und wurde ein bißchen blaß um die Nase. Aber dann fügte sie mit drolliger Miene hinzu: »Ich habe keine Angst vor Mäusen.«
Sie brachen auf wie zu einem unbekannten Land, denn in viele dieser Räume und Bogengänge des riesigen Schlosses hatte selbst Konstantin kaum jemals einen Fuß gesetzt.
Lachend erzählte er, daß sein Großvater zu sagen pflegte: Ein Schloß, in dem man alle Zimmer kenne, sei es nicht wert, bewohnt zu werden.
Die Räume, die sie auf ihren Streifzügen durchwanderten, hatten weder ein bestimmtes Aussehen noch einen Namen. Es gab düstere und sonnige, prunkvolle oder karge, die Zellen und Verliesen glichen, mit feuchten Flecken im Mauerwerk. Es gab leere oder solche, die vollgestopft waren mit Überbleibseln verschiedenartigen Mobiliars.
Sie gingen lange, enge gewundene Gänge entlang, stiegen schmale Treppchen empor, und mehr als einmal wußten sie nicht mehr, wo sie waren, weil sie die Richtung verloren hatten Lachend beugten sie sich aus diesem oder jenem Fenster, um zu erkennen, in welchem Teil des Schlosses sie sich befanden – und sie behaupteten mit gespieltem Erschrecken, verraten und verloren zu sein.
Einmal stießen sie auf eine Flucht kleiner Zimmer, anmutig um einen Salon mittlerer Größe gruppiert. An den niederen Decken waren wunderliche bunte Stuckverzierungen. Große halbblinde Spiegel in goldverzierten Rahmen hingen an den Wänden, ein jeder mit einem gewundenen Kerzenhalter aus der Rokokozeit. Auch die zierlichen Möbel mit den verschlissenen Bezügen stammten aus der Rokokozeit. In der Luft schien noch der Duft eines längst verwehten Parfüms zu hängen.
»Seltsam«, bemerkte Dodi leise, »dies ist zweifellos das Boudoir einer Dame, aber warum ist es so abseits und versteckt gelegen?«
»Das wird schon seine Gründe gehabt haben«, schmunzelte Konstantin. »Bei allem Respekt vor meinen Vorfahren – aber sie hatten immer Sinn für galante Affären.«
Dodi bekam runde Augen. »Glauben Sie wirklich, Konny, daß –«
»Ich glaube gar nichts«, unterbrach Konstantin sie streng, aber um seinen Mund zuckte ein verhaltenes Lachen. »Außerdem ist das kein Thema für kleine Komtessen.«
Dodi hatte eine passende Antwort schon auf der Zunge, als es in der Stille plötzlich raschelte. Sie fuhr zusammen. »Mäuse!« stammelte sie und machte eine Fluchtbewegung.
Aber es war nur ein Blatt Papier, das der Wind über den Boden fegte. Dodi bückte sich danach. In schwungvoll verschnörkelter, doch wie gestochen wirkender Handschrift standen drei Zeilen auf dem vergilbten Blatt. Sie waren in französischer Sprache abgefaßt und lauteten:
Wenn du mich liebtest wie ich dich liebe – wie würden wir uns lieben.
Das Gesicht der jungen Komteß war plötzlich rosig überhaucht. Sie hielt die Lider gesenkt und wagte nicht aufzublicken, aus Furcht, Konstantin könnte etwas in ihren Augen lesen, das ihm noch verborgen bleiben mußte.
»Was steht denn da?« fragte Konstantin neugierig und streckte die Hand nach dem Papier aus. Unwillkürlich versteckte Dodi die Hände auf dem Rücken.
Es war eine unbewußte Geste.
»Ich glaube – es ist ein Vers von Verlaine –«, stotterte sie.
»Ja, und? Darf ich ihn nicht lesen?« sagte Konstantin belustigt und haschte nach dem Blatt.
Dodi errötete noch tiefer und wandte sich ab.
Warum benehme ich mich nur so kindisch? fragte sie sich hilflos. Gerade meiner Befangenheit muß er merken, wie es um mich steht. Daß ich jede Nacht von ihm träume. Daß ich mir wünsche, er sähe in mir nicht nur irgendein nettes junges Mädchen, mit dem man wie ein großer Bruder umgeht und dem man aus Gutmütigkeit jeden Wunsch erfüllt.
»Hübsch«, sagte Konstantin, nachdem er die Zeilen überflogen hatte. »Wollen Sie sich das mitnehmen?« Er sah sie dabei nicht an.
»Nein«, antwortete Dodi und versuchte, ihre Stimme gleichgültig klingen zu lassen. »Wozu? Ich hab’ ja auch keine Tasche.«
Konstantin zögerte einen Augenblick, dann faltete er das Blatt zusammen und steckte es in seine Jackentasche.
Bis zur Stunde hatten sie sich auf ihrem Streifzug durch den abgelegenen Teil des Schlosses wie zwei übermütige Kinder gebärdet, die Neuland entdeckten und denen die Eroberung Spaß machte, doch jetzt war die Unbefangenheit zwischen ihnen wie fortgewischt.
Sie schlossen sorgfältig die Tür des Zimmers und gingen schweigend durch die angrenzenden Räume.
In einem Schrank, dessen Tür sich knarrend öffnete, entdeckte Dodi einige Spieldosen von der Art, mit denen man sich im achtzehnten Jahrhundert vergnügt hatte. Drei von ihnen, verstaubt und voller Spinnweben, blieben stumm, doch bei der letzten, die von einem dunklen Holzetui verschlossen war, setzte sich der Zylinder überraschend in Bewegung und ließ eine dünne Musik in ganz spitzen, zierlichen Tönen erklingen: ein Menuett aus längst versunkener Zeit.
Der Prinz und die Komteß blickten einander lächelnd an. Dann legte Konstantin die linke Hand an seine Brust und verbeugte sich tief, mit der Rechten vollführte er eine geschmeidige Bewegung und hob die Hand seiner Dame leicht empor. Dodi begriff, daß er mit ihr tanzen wollte und setzte zierlich die Füße zu den Klängen der Musik. Selbstvergessen, mit einem kleinen, entzückten Lächeln auf den jungen Gesichtern, drehten und wendeten sie sich in kunstvollen Figuren, ritterlich und von höfischer Eleganz der Prinz, zauberhaft graziös die zierliche Komteß.
Dies soll nie zu Ende gehen, dachte Dodi, deren Herz stürmisch klopfte. Ihre Augen glänzten, als seien Kerzen darin angezündet.
Aber schon verklang die Musik mit einem dünnen, zitternden Ton.
»Ach –« Ein Hauch war es nur, der über Dodis Lippen kam und rasch verwehte.
Konstantin hatte den Arm leicht um ihre Taille gelegt. Jetzt zog er sie an sich und hob mit der anderen Hand ihr Gesicht zu sich empor. Dodis Lider flatterten ein wenig, dann sah sie ihn zärtlich an.
»Wie süß du bist«, flüsterte Konstantin und beugte sich über sie.
Dodi schloß die Augen, als er sie küßte. Ihre kühlen Lippen erwachten unter seinem Kuß, die Welt schien um sie zu versinken.
Als sie sich voneinander lösten, flüsterte sie: »Ich bin so glücklich, Konny, so glücklich –«
Er küßte sie auf die Augen, auf die Stirn, hielt den zarten Mädchenkörper noch einige Herzschläge lang in seinen Armen.
»Komm«, sagte er dann sanft. »Wir wollen zurückgehen. Es ist spät geworden.«
Ohne jede Absicht hatte Konstantin seine Schritte zum Park gelenkt. Hier wuchsen die Pflanzen dicht und wirr durcheinander, auf den Wiesen blühten Vergißmeinnicht, wilde Veilchen und gelber Löwenzahn. Es duftete nach den Hartlaubgewächsen, die ein Vorfahr einst aus dem Süden mitgebracht und hier angepflanzt hatte.
Auf dem stillen, ein wenig faulig riechenden Teich leuchteten Seerosen wie bleiche kleine Gesichter.
Plötzlich hörte er Schritte hinter sich, die jäh verhielten. Erstaunt wandte er sich um. Wer war zu dieser späten Stunde noch im Park?
Sekundenlang stand er unbeweglich und wartete.
»Ist da jemand?« fragte er endlich ruhig, als nichts sich rührte.
Da trat ein Mädchen aus dem Schatten der Bäume in den Streifen des Mondlichts, der auf den Weg fiel.
Träume ich denn? dachte Konstantin. Konnte so viel Schönheit Wirklichkeit sein?
Wie gebannt blickte er in das schmale, ebenmäßige Gesicht des Mädchens, um das sich sehr dichtes nachtschwarzes Haar locker bauschte. Auch die fein gezeichneten Brauen waren dicht und schwarz, die Augen dunkel und geheimnisvoll wie die Nacht.
Lange und unverwandt schauten sich die beiden Menschen an, völlig voneinander gefangengenommen.
»Wer sind Sie?« fragte der Prinz endlich. »Und wie kommen Sie zu dieser Stunde hierher?«
Der Bann war gebrochen. Die Fremde seufzte ein wenig und gab zurück: »Dasselbe könnte ich Sie fragen. Sie haben mir einen schönen Schrecken eingejagt.«
Ohne sich weiter um ihn zu kümmern, ging sie an ihm vorbei auf eine Bank zu, die in der Nähe stand. In ihrer Haltung lag etwas Hochmütiges, Abwehrendes, Stolzes. Sie trug einen schlichten Rock mit heller Bluse.
Konstantin folgte ihr langsam, und er wußte eins ganz sicher: daß er an ihr nicht würde vorübergehen können.
Sie hatte ihre leichte, flache Sandalette vom rechten Fuß gestreift und versuchte, das eine der beiden dünnen Lederriemchen, das sich gelöst hatte, irgendwie zu befestigen, was ihr aber nicht gelang.
»Vielleicht kann ich Ihnen helfen?« sagte Konstantin und setzte sich neben sie auf die Bank, die in helles Mondlicht getaucht war.
Die Fremde schüttelte den Kopf. »Es geht nicht. Dann laufe ich eben barfuß zurück.«
Konstantin kramte in der Tasche seiner Manchesterhose und förderte ein Stückchen Bindfaden zutage.
»Ich glaube, damit könnte man den abgerissenen Riemen festbinden. Darf ich’s mal versuchen?«
Sie lächelte ein wenig und gab ihm die Sandalette. Geschickt verknüpfte Konstantin die beiden Enden und prüfte die Haltbarkeit. »So«, sagte er, »jetzt können Sie wenigstens nicht mehr darüber stolpern.«
Er gab ihr den Schuh zurück, und sie streifte ihn über ihren schmalen nackten Fuß. »Fein«, sagte sie. »Schönen Dank.«
Sie stand auf, und auch Konstantin erhob sich sofort. Aber die Fremde schien sich nicht ganz schlüssig zu sein, welchen Weg sie einzuschlagen hatte.
»Wie komme ich zu dem Garten mit dem Springbrunnen zurück?« erkundigte sie sich. »Von dort aus sieht man nämlich das Schloß und kann die Richtung nicht mehr verfehlen.«
»Ich weiß einen kürzeren Weg zum Schloß«, erklärte Konstantin. »Quer über die Wiesen und den Feldweg entlang. Dann brauchen wir den großen Umweg durch die Gärten nicht zu machen.« Er sah sie an. »Sie können sich mir ruhig anvertrauen«, sagte er und lächelte ein wenig.
Sie antwortete nicht, aber sie duldete es, daß er an ihrer Seite blieb. Sicher führte er sie durch den Park und half ihr über einen schmalen Graben, der den Park von dem Weideland abgrenzte.
»Sie waren wohl schon öfter hier?« fragte die Fremde.
»Ja, ich kenne mich ganz gut hier aus«, antwortete Konstantin.
»Was für ein Instrument spielen Sie denn?« erkundigte die Fremde sich unbefangen.
Konstantin, der sich schon gedacht hatte, daß sie eine Musikstudentin war, begriff sofort, daß sie ihn für einen Kollegen hielt.
»Flöte«, gab Konstantin wahrheitsgemäß zurück. Er hatte als Junge einmal damit angefangen, das Flötenspiel zu erlernen, aber weit war er damit nicht gekommen. Von der Musikalität seines Vaters hatte er nicht viel geerbt.
»Ich spiele Geige«, sagte die Fremde, »wie mein Vater –« Sie verstummte.
Konstantin betrachtete sie heimlich, wie sie neben ihm herschritt, aufrecht und leichtfüßig, mit stolz erhobenem Kopf. Ihr Profil war klassisch schön. Sie kam ihm vor wie eine Göttin, wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Und doch war etwas an ihr, was ihn erregte, was ein Begehren in ihm wachrief.
»Wann sind Sie gekommen?« fragte er, um das Schweigen zu brechen.
»Heute erst. Aber ich konnte nicht schlafen. Vom Fenster aus lag dies alles hier da wie eine Märchenlandschaft, ich mußte einfach hinaus und bin dann immer weiter und weiter gegangen –«
Ihre Stimme klingt wie ein Cello, mußte Konstantin denken, so voll und dunkel…
Dann waren sie vor dem Wegflügel des Schlosses angelangt. Als er Miene machte, sich zu verabschieden, fragte sie erstaunt: »Wohnen Sie denn nicht auch hier? Ich denke, die jungen Männer sind alle im zweiten Stock untergebracht.«
Ausweichend gab Konstantin zurück: »Es gibt noch einen anderen Eingang.«
Sie reichte ihm die Hand. Wieder versanken ihre Blicke ineinander.
»Sehen wir uns wieder?« fragte der Prinz. Seine Stimme drängte.
»Wir wollen es dem Schicksal überlassen«, kam es leise über ihre Lippen.
»Morgen mittag um zwölf warte ich auf Sie am Seerosenteich«, sagte der Prinz und hauchte einen Kuß auf die Hand der schönen Unbekannten.
Würde sie kommen? In verzehrender Ungeduld lief Konstantin schon lange vor der Zeit im Park umher und kehrte dann immer wieder zum Seerosenteich zurück, der still und verträumt in der Mittagssonne lag.
Was war nur mit ihm geschehen? Immer wieder glaubte er ihre Stimme zu hören, diesen schwingenden Ton einer angeschlagenen Cellosaite, immer wieder sah er das faszinierend schöne unbekannte Mädchen vor sich, wie sie ging und stand, den Kopf wandte und ihn anblickte mit ihren nachtdunklen Augen. Er wollte nur noch einmal ihre lebendige Gegenwart spüren, noch einmal wollte er seinen Blick in den ihren senken und versuchen, das Geheimnis ihrer Augen zu ergründen.
Vielleicht – und in der Zerrissenheit seiner Gefühle hoffte der Prinz es fast – würde am hellen Tag alles anders aussehen, der Zauber verflogen sein wie ein Spuk. Es mochte sein, daß die Schöne sich heute als ein ganz durchschnittliches Wesen entpuppte, als ein hübsches junges Mädchen, wie es sie zu Tausenden gab.
Aber dann sah er sie. Sie kam langsam den kleinen Weg zwischen den Rhododendronbüschen entlang. Ihre Gestalt schien von Glanz umflossen, und ihrem üppigen rabenschwarzen Haar setzte die Sonne bläuliche Lichter auf.
Er konnte nicht anders, als die Arme nach ihr auszustrecken, und überwältigt von seinen Gefühlen, halblaut sagen: »Daß Sie gekommen sind –!«
»Ich mußte kommen«, erwiderte sie leise und sank an seine Brust. Ihre Lippen fanden sich zu einem langen, heißen Kuß, als hätten sie ihr Leben lang darauf gewartet, sich zu umfangen und zu küssen, immer wieder zu küssen…
Ihr Mund glühte, als sie den Kopf zurücklegte und ihn lächelnd ansah. »Weißt du, daß ich noch nicht einmal deinen Namen kenne?«
»Konny«, antwortete der Prinz und streichelte mit seinen Blicken ihr schönes Gesicht.
»Konny«,wiederholte sie. »Kornelius also?«
Statt einer Antwort legte er seine Lippen wieder auf ihren blühenden Mund.
»Und wie heißt du?« fragte er dann. »Nora«, antwortete sie, »Nora Valdes.«
»Du hast mich ganz und gar verzaubert, Nora. Ich habe seit heute nacht an nichts anderes mehr denken können als an dich.«
Mit einer zarten Geste legte sie ihre schlanken Hände um seinen schmalen Kopf.
»Glaubst du, mir ist es anders ergangen? Die Menschen schelten mich stolz und hochmütig, und was habe ich heute getan? Mich einem Mann in die Arme geworfen, den ich erst seit einigen Stunden kenne und von dem ich nichts anderes weiß, als daß er Flöte spielt…« Sie lachte leise. »Es ist wie im Märchen.«
»Wir wollen es ein Märchen sein lassen, süße kleine Nora, du schöne Märchenfee…«
*
Am Freitag trafen die ersten Gäste ein, die von auswärts kamen, und am Sonnabend füllten sich die Gästezimmer im Schloß. Es gab heitere Begrüßungen, denn die meisten von ihnen hatten an der Kreuzfahrt auf der »Smaragd« teilgenommen und kannten sich. Fotos und Erinnerungen wurden ausgetauscht; die Stimmung war angeregt, und vor allem die Jugend freute sich auf den bevorstehenden Ball.
In der großen Küche hatten die Köche alle Hände voll zu tun, um das Festmahl vorzubereiten, und die Zofen rannten, den Damen die Balltoiletten aufzubügeln. Der Kellermeister beriet sich mit dem Fürsten, welche Weine aufgetischt werden sollten; der Gärtner Max schleppte mit seinen Gehilfen Körbe voll Blumen zur Dekoration in den Ballsaal. Die Töchter des Fürstenpaars waren nach Hause gekommen: Prinzessin Angela, die in Florenz Kunstgeschichte studierte und nun Semesterferien hatte, die Prinzessinnen Maria und Beate, vierzehn und sechzehn Jahre alt. Sie waren beide Internatsschülerinnen und selig, für sechs Wochen der strengen Zucht entronnen zu sein. Die Aussicht, wenigstens für einige Stunden am heutigen Ball teilnehmen zu dürfen, erfüllte sie mit Aufregung.
»Mein Kleid ist zu lang, Dodi«, jammerte Maria, »ich werde darauf treten, stolpern und hinfallen, und alle werden mich auslachen!«