Taxi, Tod und Teufel - Ein Seebär sieht rot - Lena Karmann - E-Book

Taxi, Tod und Teufel - Ein Seebär sieht rot E-Book

Lena Karmann

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Beschreibung

Der beste Freund vom Kaleu ist betrogen worden! Trickbetrüger haben ihm eine große Summe Geld gestohlen. Der alte Seebär ist außer sich und bittet Sarah und James um Hilfe. Bei den Ermittlungen wird schnell klar: Das ist nicht der einzige Fall in der Umgebung - offenbar ist da eine Bande am Werk!
Doch die Suche ist gar nicht so leicht, denn der Betrogene stellt sich als Klatschmaul heraus und eine Menge Leute wusste von dem Bargeld. Und ausgerechnet die erste Verdächtige entpuppt sich als Opfer ...

Über die Serie: Palinghuus in Ostfriesland: Zwischen weitem Land und Wattenmeer lebt Sarah Teufel mit ihrem amerikanischen Ex-Mann James in einer Windmühle. Gemeinsam betreiben sie das einzige Taxiunternehmen weit und breit - mit einem Original New Yorker Yellow Cab! Bei ihren Fahrten bekommt Sarah so einiges mit. Und da die nächste Polizeistation weit weg ist, ist doch klar, dass Sarah selbst nachforscht, wenn etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Denn hier im hohen Norden wird nicht gesabbelt, sondern ermittelt!

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über diese Folge

Taxi, Tod und Teufel - Die Serie

Titel

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Epilog

Über die Autorin

Impressum

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Über diese Folge

Der beste Freund vom Kaleu ist betrogen worden! Trickbetrüger haben ihm eine große Summe Geld gestohlen. Der alte Seebär ist außer sich und bittet Sarah und James um Hilfe. Bei den Ermittlungen wird schnell klar: Das ist nicht der einzige Fall in der Umgebung – offenbar ist da eine Bande am Werk!

Doch die Suche ist gar nicht so leicht, denn der Betrogene stellt sich als Klatschmaul heraus und eine Menge Leute wusste von dem Bargeld. Und ausgerechnet die erste Verdächtige entpuppt sich als Opfer ...

Taxi, Tod und Teufel – Die Serie

Palinghuus in Ostfriesland: Zwischen weitem Land und Wattenmeer lebt Sarah Teufel mit ihrem amerikanischen Ex-Mann James in einer Windmühle. Gemeinsam betreiben sie das einzige Taxiunternehmen weit und breit – mit einem Original New Yorker Yellow Cab! Bei ihren Fahrten bekommt Sarah so einiges mit. Und da die nächste Polizeistation weit weg ist, ist doch klar, dass Sarah selbst nachforscht, wenn etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Denn hier im hohen Norden wird nicht gesabbelt, sondern ermittelt!

LENA KARMANN

Ein Seebär sieht rot

Prolog

Hans-Gerd Jepsen saß im Wohnzimmer seines kleinen Hauses in Westerwede in der Nähe von Palinghuus und nippte an seinem morgendlichen Tee. Vor ihm auf dem Tisch lag neben dem Brettchen mit dem obligatorischen Leberwurstbrötchen die Zeitung vom Tag, aufgeschlagen der Sportteil.

Mit kritischem Blick betrachtete er die Fußballergebnisse und stellte fest, dass ,sein' Verein mal wieder einen Platz nach unten gerutscht war. Die Chancen auf den Meistertitel standen gleich null, auch wenn es rein rechnerisch noch möglich war, Meister zu werden. Vorausgesetzt, alle acht Mannschaften vor ihnen verloren ausnahmslos alle noch verbliebenen Spiele.

Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. Er griff nach dem Hörer, sah auf das Display und erschrak, als er dort die »110« angezeigt bekam. »Die Polizei?«, flüsterte er. »Wat wüllt de vun mi?« Dann schüttelte er den Kopf. »Ich sollte besser rangehen. Wird sicher wat wichtig sein.«

Jepsen drückte auf den grünen Hörer und sagte: »Moin, Jepsen hier.«

»Spreche ich mit Hans-Gerd Jepsen?«, fragte ein Mann.

»Ja, richtig.«

»Hier ist Oberkommissar Geller von der Soko Trickdiebstahl der Polizei in Emden«, sagte der Mann.

»Trickdiebstahl?«, wiederholte Jepsen erschrocken. »Aber ich ... ich hab doch niemanden bestohlen!«

»Keine Panik, Herr Jepsen«, fuhr der Anrufer in beschwichtigendem Tonfall fort. »Sie haben natürlich niemanden bestohlen. Aber wir haben sehr konkrete Hinweise darauf, dass man in den nächsten Tagen versuchen wird, Sie zu bestehlen.«

»Mich? Wat für Henwisen sind dat denn?«, fragte Jepsen, der von einer plötzlichen Unruhe erfasst wurde.

»Nun, aus ermittlungstaktischen Gründen kann ich dazu leider nichts sagen«, erwiderte Geller bedauernd. »Aber es sind sehr konkrete Hinweise. Wie ich aus meinen Unterlagen ersehen kann, haben Sie vor Kurzem eine Lebensversicherung in Höhe von einundfünfzigtausendzweihundert Euro ausgezahlt bekommen und fast den gesamten Betrag abgehoben. Das ist doch richtig, oder?«

»Ja, aber ... aber woher wissen Sie das?«, wunderte sich Jepsen.

»Das sind routinemäßige Mitteilungen, zu denen Versicherungsunternehmen und Banken verpflichtet sind«, erklärte der Kommissar geduldig. »Wir müssen die Geldströme im Auge behalten, um Steuerhinterziehung und Bestechung nachvollziehen zu können. Leider gibt es auch immer wieder Kriminelle, die solche Mitteilungen abfangen oder mitlesen. Das war offenbar auch bei Ihnen der Fall.«

»O Gott«, ächzte Jepsen. »Und jetzt kommen die her und holen mien Sparstrump?«

»Zwar nicht jetzt sofort«, bestätigte der Polizist in ernstem Tonfall. »Aber irgendwann wird es passieren. Schließlich haben sie ja Ihre Adresse und wissen, dass Sie einen hohen Geldbetrag zu Hause liegen haben.«

»Un wat schall ik nu doon?«

»Gar nichts, Herr Jepsen«, sagte Geller. »Wir werden alles Notwendige in die Wege leiten. Spätestens in einer halben Stunde werde ich mit meinem Mitarbeiter Kommissar Lachmann bei Ihnen eintreffen. Wir bringen präpariertes Falschgeld mit, während wir Ihr echtes Geld bei uns in Verwahrung nehmen, damit es nicht zu Verwechslungen kommen kann. Die Trickbetrüger brechen dann bei Ihnen ein, nehmen das Falschgeld an sich, und wir können uns in aller Ruhe an ihre Fersen heften und die ganze Bande hochgehen lassen.«

»Und ... ähm ... mien Geld?«, fragte Jepsen zögerlich. »Wann bekomm ich das zurück?«

»Sobald die Bande sich das Falschgeld geholt hat, was wie gesagt in den nächsten Tagen geschehen wird«, erläuterte der Kommissar geduldig. »Sie müssen sich da keine Gedanken machen. Wir quittieren natürlich den Erhalt der echten fünfzigtausend Euro, damit alles seine Ordnung hat.«

»Ja, das is gut«, murmelte Jepsen. »Und wann werden Sie mit Ihrem Kollegen hier sein? Diesem Kommissar ... Lachmann?«

»Warten Sie, ich frage bei ihm nach«, erwiderte Geller, dann war zu hören, wie er von einem anderen Telefon aus mit jemandem sprach. Schließlich berichtete er ihm: »Gute Nachrichten, Herr Jepsen. Lachmann holt mich ab, und dann werden wir in einer Viertelstunde bei Ihnen sein.«

»In einer Viertelstunde?« Jepsen atmete erleichtert auf.

»Wundern Sie sich nicht, Herr Jepsen«, redete Geller weiter, »wenn Herr Lachmann und ich als Paketboten vor Ihrer Tür stehen, um Ihnen ein schweres Paket zu überbringen, für das man zwei Leute braucht. Wir wissen nicht, ob diese Bande schon die Umgebung beobachtet, und wir wollen kein Risiko eingehen. Daher sind Paketboten unauffällig.«

»Ja, ja, ik verstah al, was Sie meinen, Herr Kommissar«, versicherte ihm Jepsen hastig. »Aber ik kann Sie beide ins Haus lassen, oder is das auch zu auffällig?«

»Das ist sogar erforderlich, damit wir uns noch kurz unterhalten können, Herr Jepsen. Darum liefern wir ein so schweres Paket ab, das einer allein nicht tragen darf und das für Sie viel zu schwer wäre, um es ins Haus zu tragen.« Er ließ eine kurze Pause folgen. »Haben Sie noch irgendwelche Fragen zum Ablauf, Herr Jepsen?«

»Ich ...«

»Denken Sie in Ruhe über alles nach. Sie dürfen natürlich niemandem gegenüber ein Wort davon sagen«, machte der Kommissar ihm klar.

»Auf keinen Fall«, versicherte Jepsen ihm. »Keen Woort schall ik seggen.«

»Gut, Herr Jepsen«, sagte der Oberkommissar. »Wir werden in Kürze bei Ihnen sein, und dann gehen wir so vor, wie wir es besprochen haben.«

Jepsen starrte noch eine Weile auf das Telefon in seiner Hand, dann atmete er seufzend durch und legte den Hörer zur Seite. Er widmete sich weiter seinem Frühstück und der Zeitung, bis es an der Tür klingelte.

Als er öffnete, standen draußen zwei Paketboten mit einer Sackkarre, auf der sich ein großes Paket befand. Der Mann zur Linken, der so wie sein Kollege eine Schirmmütze mit dem Logo des Paketdienstes trug, zeigte unauffällig seinen Dienstausweis, dann ließ Jepsen sie beide mit der Sackkarre herein. Im Haus zog der eine Mann einen Umschlag mit einem Bündel Fünfhundert-Euro-Scheine aus der Jackentasche und ließ sich von Jepsen den Umschlag mit den echten Scheinen geben. Auf einem Schreiben, das alle Details der Vereinbarung mit der Polizei enthielt, quittierte der Kommissar den Empfang des Geldes, während Jepsen auf einer Kopie mit seiner Unterschrift bestätigte, dass er das Falschgeld erhalten und die echten Scheine zur Aufbewahrung der Polizei übergeben hatte.

Gemeinsam stellten sie das Paket unter die Treppe zum ersten Stockwerk, wo es nicht im Weg war, und verabschiedeten sich.

Jepsen sah ihnen hinterher, wie sie zu ihrem Transporter zurückgingen, und auf einmal kam es ihm so vor, als würden die Männer mitsamt Auto blitzschnell in immer weitere Ferne rücken. Er streckte seine Hand aus, um nach einem der beiden zu greifen, damit der nicht in dieser seltsamen Unerklärlichkeit verschwand. Dabei wurde sein Arm länger und länger, doch der Mann entfernte sich immer weiter und weiter, bis alles in einem schwarzen Loch verschwand.

»Nich all wedder!«, rief Jepsen und wurde von seinem eigenen entsetzten Ausruf aus dem Schlaf gerissen. Schweißgebadet sah er aufrecht im Bett und schnappte nach Luft. »Nicht schon wieder«, flüsterte er in einem flehenden Tonfall ...

Kapitel 1

»Ich könnt ihn umbringen!«, rief der Kaleu lauthals, als er gegen neun Uhr in die Werkstatt von James Todd kam.

James legte den Schraubenschlüssel zur Seite und kam unter der Hebebühne hervor, auf der ein Citroen aus den Siebzigern stand. Der Kaleu stapfte über den Innenhof und legte dabei ein Tempo vor, als wäre er noch keine vierzig, obwohl er tatsächlich gut doppelt so alt war.

Chico, der Mischlingshund, den James und seine Frau Sarah Teufel aus ihrem unerwartet abenteuerlichen Kurzurlaub in Scheveningen mitgebracht hatten, lag in seinem bequemen Korb links unter der Werkbank und hob nur kurz den Kopf, schien dann aber davon überzeugt zu sein, dass er nicht gemeint sein konnte. Also ließ er den Kopf zurück auf das weiche Kissen sinken und machte wieder die Augen zu.

»Moin! Wen wollen Sie denn umbringen, Kaleu?«, rief James, fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und winkte mit der anderen dem älteren Mann zu, der mit seiner Kapitänsmütze, dem weißen Bart und der Pfeife im Mundwinkel ein echtes Palinghuusener Original war.

Dessen Kopf war rot angelaufen, die Augen waren vor Entrüstung zu schmalen Schlitzen verengt. »Hat der Paketbote wieder einen Abholschein in den Briefkasten geworfen, obwohl Sie zu Hause waren?«

Der Kaleu machte eine abwehrende Geste. »Das wär ja noch halb so wild.«

James zog verdutzt eine Augenbraue hoch, da er solche Auftritte vom Kaleu eigentlich genau dann gewohnt war, wenn der auf ein Paket wartete und der Bote nur eine Nachricht hinterließ, wo die Sendung abgeholt werden konnte. »Und wen wollen Sie dann umbringen?«

»Ja, H.G. natürlich!«, polterte der Kaleu, wartete auf eine Reaktion und sah James genauer an, als der nur abwartete. Als ihm klar wurde, dass sein Gegenüber mit dem Kürzel nichts anfangen konnte, ergänzte er: »Hans-Gerd, meinen alten Kumpel, den ich schon kannte, als wir beide noch so klein waren.«

Dabei machte er eine vage Geste, die James vermuten ließ, dass der Kaleu und dieser Hans-Gerd sich wohl etwa seit dem sechsten oder siebten Lebensjahr kennen mussten. »Und was hat er angestellt, dass Sie seinem Leben ein Ende setzen wollen?«, fragte James.

»Er hat sich ausrauben lassen«, antwortete der Kaleu. »Und das auch noch völlig freiwillig.«

»Wie kann man sich freiwillig ausrauben lassen?«

»Indem man den Gaunern das Geld in die Hand drückt! Fünfzigtausend Euro!«

»Darf's sonst noch was sein, Sarah?«, fragte Antje Reemers, die zusammen mit ihrer Mutter Heidi das Schlemmerkörbchen betrieb, den einzigen Supermarkt in Palinghuus.

»Nee, danke«, antwortete Sarah und winkte flüchtig ab. »Eure belegten Croissants sind immer so mächtig, dass man sich glatt das Abendbrot sparen kann.«

»Das sagen alle«, erwiderte Antje amüsiert. »Vermutlich würd's reichen, wenn wir sie teilen und getrennt verkaufen. Aber dann wären wir auch nicht mit den ,größten Croissants außerhalb von Frankreich' in die Zeitung gekommen.« Antje strahlte sie stolz an.

»So was muss man erst mal hinkriegen«, meinte Sarah und legte den Zehner auf die Theke.

Gerade wollte Antje ihr das Wechselgeld herausgeben, da begann ihre Mutter laut zu lachen.

»Mutti?«, fragte Antje verwundert und sah, dass Heidi auf ihr Smartphone zeigte und weiter lachte. »Was ist los?«

»Deine Tochter oder dein Sohn haben sich eben bei mir gemeldet«, sagte Heidi.

»Meine ... was?« Antje stutzte.

Ihre Mutter zuckte mit den Schultern. »Na, ich weiß doch nicht, ob du 'n Deern oder 'nen Jung gekriegt hast. So was verschweigst du mir ja alles.«

»Ich verschweige dir gar nichts«, beharrte Antje verwirrt.

»Dann erklär mir mal, warum ich gerade eben diese Nachricht bekommen habe«, sagte ihre Mutter grinsend und las vor: «,Hallo Oma, ich habe mein Handy verloren, hier hast du meine neue Nummer ...'«

Jetzt musste auch Sarah lachen, während Antje nach wie vor irritiert dreinblickte. »Mensch, Antje«, sagte Sarah. »Das is einer von diesen Enkeltricks, mit denen irgendwelche Gauner versuchen, Leute um ihr Geld zu bringen. Hast du doch bestimmt schon von gehört.«

»O Mann, jetzt hatte ich aber echt ein Brett vor dem Kopf«, meinte Antje kopfschüttelnd. »Den Typen sollte man das Fell über die Ohren ziehen und sie dann zum Düvel jagen.«

»Ich würd denen gern mal die Leviten lesen oder meinem lieben Enkelkind antworten, dass ich immer noch darauf warte, die dreihundert Euro zurückzubekommen, die ich ihm geliehen hatte«, stimmte ihre Mutter ihr zu. »Aber wenn ich darauf reagiere, wissen sie, dass die Nummer tatsächlich vergeben ist, und dann kommt nur noch so ein Müll rein. Da hilft nur löschen.«

»Nein, nich so schnell«, rief Sarah, als sie sah, dass Mutter Reemers auf das Display tippen wollte. »Machen Sie erst ein Foto davon und schicken Sie das der Polizei. Diese Nummer, die die Typen angegeben haben, muss ja irgendwo hinführen.«

»Ehrlich?«, fragte Heidi.

Sarah nickte bestätigend und steckte das Wechselgeld ein. »Die sammeln solche Daten, da sind die besser aufgehoben als im Papierkorb auf dem Smartphone.«

»Na, wenn du meinst, Sarah«, sagte die ältere Dame mit einem flüchtigen Schulterzucken und speicherte das angezeigte Bild ab. »Und an wen geht so was jetzt? Einfach an die Polizei?«

»Sekunde«, erwiderte Sarah und suchte auf ihrem eigenen Smartphone das Register heraus, um ihr die entsprechende Adresse zu geben. Nachdem alles erledigt war, griff Sarah nach der Papiertüte mit den Croissants, wünschte den beiden noch einen schönen Tag und ging zur Tür.

»Also, Kind«, sagte Heidi zu ihrer Tochter, während Sarah mit der Tüte im Arm das Schlemmerkörbchen verließ. »Was hast du gekriegt? Deern oder Jung?«

»Was weiß ich?«, gab Antje zurück. »Da muss ich erst mal nachsehen.«

Noch immer schmunzelnd überquerte Sarah die Straße, ging an der Kneipe Zur Klabauterfrau vorbei und bog kurz dahinter in die Toreinfahrt zur Werkstatt ihres Mannes ein. Wie üblich drängten sich vorwiegend ältere Autos in der Durchfahrt zum Innenhof, deren Besitzer schon sehnlich darauf warteten, endlich an der Reihe zu sein.

Als sie sich dem Innenhof näherte, an den auch die Rückseite des Yogastudios ihrer Freundin Britta grenzte, hörte sie einen Mann laut und aufgeregt reden. Es klang nach dem Kaleu, aber sicher war sie sich nicht, denn den älteren Mann hatte sie noch nie so außer sich erlebt.

»Wie kann man sich freiwillig ausrauben lassen?«, hörte sie James sagen.

Darauf antwortete der Kaleu unüberhörbar wütend: »Indem man den Gaunern das Geld in die Hand drückt! Fünfzigtausend Euro!«

»Um welche Gauner geht's denn hier?«, fragte sie, als sie den Innenhof betrat und sah, dass es sich tatsächlich um den Kaleu handelte, der sich so entrüstet mit James unterhielt.

»Na, um die Gauner, die diesem Dummkopf fünfzigtausend abgenommen haben«, antwortete der Kaleu, als müsse das doch jedem bekannt sein. »Euro natürlich. Fünfzigtausend Euro!«

»Und was is denn genau passiert?«, wollte sie wissen.

»Keine Ahnung«, musste der Kaleu einräumen. »H. G. hat's mir vorhin nur kurz am Telefon erzählt, und jetzt will ich zu ihm. Aber du musst mich fahren, Sarah. Ich bin zu aufgeregt. Nachher lande ich noch im Graben, und kein Mensch findet mich.«

»Hier gibt es keine Gräben, die so tief sind, dass man nichts davon sehen könnte, wenn da ein Auto gelandet ist«, wandte James ein, der sich ein Grinsen nur mit Mühe verkneifen konnte. Zwar gab es hier eigentlich nichts, worüber man lachen konnte, aber die Worte des Kaleu amüsierten ihn dennoch. »Wenn ich mit dem Abschleppwagen unterwegs bin, habe ich bislang noch immer jedes Auto entdeckt, auch wenn es im Graben lag.«

»Is doch egal«, ging Sarah dazwischen, bevor es James mit seinen Worten gelang, den Kaleu umzustimmen, damit er sich doch noch selbst ans Steuer setzte. »Wenn der Kaleu im Moment nich fahren möchte, dann lassen wir ihm auch seinen Willen. Besser, als wenn er einen Unfall baut.«

»Mein Leben lang hab ich keinen Unfall gebaut«, verkündete der Kaleu nachdrücklich. »Und ich werd nich jetzt noch damit anfangen.«

»Das sollen Sie doch auch gar nicht, Kaleu«, versicherte James ihm hastig. »Ich meinte nur, dass hier auf dem platten Land draußen kein Graben tief genug ist, um von niemandem mehr gesehen zu werden. Ich merke doch auch, wie aufgeregt Sie wegen dieser Sache mit Ihrem alten Buddy sind, Kaleu.«

»Recht hast du, min Jung«, sagte der Kaleu. »Und dabei weiß ich ja noch nich mal, was das überhaupt für 'ne Sache is.«

»Bald werden Sie schlauer sein, Kaleu«, beteuerte Sarah. »Wohin müssen wir denn überhaupt?«

»Nach Westerwede. Zu Hans-Gerd Jepsen. Haus Nummer acht.«

»Na, bis da is es ja keine Weltreise«, sagte sie. »Mein Taxi steht draußen, wir können sofort losfahren.«

»Aber nich auf nüchternen Magen«, widersprach der Kaleu. »Ich bin vorhin einfach losgerannt, nachdem H. G. angerufen hat, und jetzt merk ich, dass ich nich gefrühstückt hab.«

»Haben Sie Ihre Tabletten denn auch noch nich genommen?«, erkundigte sich Sarah besorgt. »Sonst müssen wir erst noch zu Ihnen nach Hause.«

»Keine Sorge, einen Satz Tabletten hab ich für alle Fälle immer in der Tasche«, sagte der Kaleu und zog eine kleine Pillendose aus der Jackentasche.

»Dann is das doch alles kein Problem«, meinte Sarah unbekümmert. »Ich hab für James und mich zwei Croissants aus dem Schlemmerkörbchen mitgebracht. Dann teilen wir eines mit Ihnen, und Sie haben Ihr Frühstück.«

Die Augen des älteren Mannes leuchteten auf, als er hörte, woher die Croissants waren. »Die sind der Himmel op Eerd!«

»Kann man so sagen«, stimmte Sarah ihm zu und ging zur Werkbank, trennte von der Rolle drei Papiertücher ab und legte sie nebeneinander. Sie holte die beiden Croissants aus der Tüte, die so groß waren, dass man sie beim Essen mit beiden Händen halten musste, damit der Belag nicht herausrutschen konnte. Zielsicher griff sie nach einer Blechdose, in der sich mehrere Bestecke für den Fall befanden, dass sie so wie jetzt einen Snack in die Werkstatt mitbrachte, für den man Messer und Gabel oder einen Löffel brauchte.

Nachdem sie eines der Croissants halbiert hatte, legte sie beide Stücke auf zwei Tücher, das andere zerteilte sie ebenfalls, ließ es aber so auf dem dritten Tuch liegen. »Es ist angerichtet«, sagte sie und winkte die beiden Männer zu sich. »Ich hoffe, Salat, Tomate, Ei, Remoulade, Schinken und Käse is was nach Ihrem Geschmack.«

»Die Reemers können ihre Croissants belegen, womit sie wollen, die sind alle nach meinem Smack«, erwiderte der Kaleu und griff nach seinem unerwarteten Frühstück. »Lieber Himmel, wie soll ich das bloß schaffen?«

Die nächsten Minuten verstrichen in Stille, da jeder auf das Essen konzentriert war, um es richtig genießen zu können. Sarah wunderte sich jedes Mal, nach welchem Rezept diese Croissants hergestellt wurden, da der Blätterteig nie wie sonst üblich ein Meer aus Krümeln auf dem Teller oder in diesem Fall auf dem Papiertuch hinterließ. Irgendeine Zutat musste dafür sorgen, dass der Geschmack exakt so war, wie man ihn erwartete, ohne dass das Gebäck allein schon beim Anfassen zerbröselte.

Sarah war so in Gedanken vertieft, dass sie erst mit Verzögerung bemerkte, wie der Kaleu das Papiertuch nahm, um sich die Finger abzuwischen. Während sie und James noch je gut ein Drittel von ihrem halben Croissant hatten, war der Kaleu bereits fertig und warf einen verstohlenen Blick auf die verbliebene Hälfte des zweiten Croissants.

James zwinkerte Sarah zu, da er das Gleiche beobachtet hatte, und sagte: »Sie können gern noch was haben, Kaleu.«

»Aber nur einen Bissen«, erwiderte der andere Mann hastig. »Ich will euch ja nichts wegessen.«

»Sie essen uns überhaupt nichts weg«, versicherte James ihm. »Bedienen Sie sich.«

»Wirklich?«, hakte er unschlüssig nach.

»Ja, wirklich, Kaleu«, sagte James und lächelte ihn an.

»Und ich bekomme nichts?«, rief eine Männerstimme mit einem leicht spanischen Akzent, der alle drei veranlasste, sich in Richtung Hof umzudrehen.

Von dort kam ein Mann mit wallenden blonden Haaren auf sie zu, der wie ein Model für Shampoos und ähnliche Mittel wirkte.

»Antonio, was führt dich denn her?«, rief James ihm zu und begrüßte ihn mit Handschlag.

»Ich wollte nur einen TÜV-Termin mit dir absprechen«, sagte er.

»Für welches deiner Schätzchen?«

»Für den Volvo.«

James drehte sich um und sagte an Sarah und den Kaleu gerichtet: »Ein Buckel-Volvo.«

Sarah nickte wissend, der Kaleu schwärmte: »So einen hatte ich auch mal.«

»Wenn er seine neue Plakette hat, können wir gern mal eine Runde drehen«, schlug Antonio dem Kaleu vor.

»Ich nehm dich beim Wort, min Jung!«, erwiderte er begeistert.

»Ich bin übrigens Antonio«, stellte sich der Mann ihm vor. »Falls Sie mal einen Programmierer brauchen, bin ich genau der Richtige.«

»Einen Programmierer?« Der Kaleu überlegte kurz. »Dann können Sie doch bestimmt meinen Radiowecker programmieren. Der klingelt nämlich nie zu der Zeit, auf die ich ihn stelle.«

Antonio hob abwehrend die Hände. »Radiowecker sind nicht mein Fachgebiet, tut mir leid. Die sind selbst mir zu hoch.«

James hatte unterdessen zu seinem Tablet gegriffen und rief den Terminplan auf. »Wann passt es dir denn?«

»Mir ganz egal«, antwortete Antonio. »Wenn ich den Wagen hierlassen kann, dann kannst du dich darum kümmern, wann es dir in den Kram passt.«

»Hervorragend«, sagte James und nahm den Wagenschlüssel an sich. Dann verabschiedete sich Antonio und verließ die Werkstatt.

»Ein Buckel-Volvo«, sagte der Kaleu und lächelte versonnen.

Als sie zehn Minuten später Richtung Westerwede losfuhren, war von der letzten Hälfte der beiden Croissants auch nichts mehr übrig, und der Kaleu hatte seine Tabletten nehmen können. Während der Fahrt wunderte sich Sarah immer wieder, wie dieser doch fast schon schmächtige Mann es geschafft hatte, ein komplettes Riesen-Croissant zu verputzen, das sie und James immer auf zwei Mahlzeiten aufteilen mussten.

Es hätte sie allerdings nicht gewundert, wenn der Kaleu in ein paar Minuten gesagt hätte: »Ich weiß nich, wie's euch geht, Kinners, aber ich könnt jetzt was essen.«

Die Fahrt nach Westerwede dauerte keine Viertelstunde, und Jepsens Haus hätten sie auch ohne die Anweisungen des Kaleu gefunden. Das Dorf bestand aus ein paar Dutzend Häusern, die entlang einer lang gezogenen S-Kurve die schmale Straße säumten. Jepsens Haus war aber nicht etwa das vierte Haus auf der rechten Seite, wie es bei jeder anderen Straße üblich war. Vielmehr begann die Nummerierung in der Mitte von Westerwede, nämlich dort, wo das allererste Haus errichtet worden war. Jedes nachfolgende Haus hatte die nächste Nummer erhalten, was bedeutete, dass Jepsen im achten in Westerwede erbauten Haus wohnte. Das einzige Problem war, dass man seinerzeit nicht ein Haus neben das andere gesetzt, sondern ein, zwei oder auch drei Grundstücke übersprungen hatte. Der Großteil der Lücken war später gefüllt worden, sodass rechts von Haus eins zunächst Haus siebzehn stand, dem dann Haus vier, Haus elf und Haus zwei folgten.

»Da müssen wir hin«, sagte der Kaleu und zeigte auf ein kleines, gemütlich wirkendes, aber auch sichtlich in die Jahre gekommenes Häuschen mit einem Garten, der nur auf den ersten Blick wild zu wuchern schien. Erst bei genauerem Hinsehen wurde deutlich, dass aus dem hohen Gras Wildblumen aller Art wuchsen, die für Insekten ein kleines Paradies darstellen mussten. Die Hecke und die Büsche links und rechts vom Haus waren nicht gestutzt und geschnitten, sodass Vögel dort eine Zuflucht finden und brüten konnten.

»Ja, ich weiß«, erwiderte Sarah. »Ich hab Herrn Jepsen ein paarmal zum Arzt gefahren.« Da Jepsen bei diesen Gelegenheiten aber immer schon am Straßenrand auf sie gewartet hatte, war es ihr nie möglich gewesen, den Garten genauer unter die Lupe zu nehmen. Jetzt war sie angenehm überrascht von dem Bild, das sich ihr bot.

Sie hielten an und stiegen aus, dann ging der Kaleu vor, öffnete das Gartentor und näherte sich, von Sarah und James gefolgt, dem Haus. »Ich will was ausprobieren«, raunte er den beiden zu, dann hämmerte er ein paarmal mit der Faust gegen die Tür und rief: »Hier spricht die Polizei! Das Haus ist umstellt! Kommen Sie mit erhobenen Händen raus!«

Von innen waren Geräusche zu hören, dann wurde die Tür aufgerissen und ein alter Mann mit weißem Haarkranz und altmodischer Hornbrille sah entsetzt nach draußen. »Wat is los?«, rief er und stutzte, als er den Besucher erkannte, der vor ihm stand. »Hajo? Du?«

»Wen hast du erwartet? Die Polizei?«, gab der Kaleu zurück.

»Natürlich. Da hat jemand gerufen ...«, begann Jepsen und zog die dunkelblaue Strickjacke zurecht, die ihm in der Eile verrutscht war.

»Ich weiß, was da jemand gerufen hat, weil ich das war«, unterbrach der Kaleu ihn.

»Hast du nix Besseres zu tun, als oolt Lüüd zu erschrecken?«, fuhr Jepsen den Kaleu an.

»Ich wollte dich nur mal auf die Probe stellen, ob du wirklich so leichtgläubig bist. Aber wenn du schon rausgerannt kommst, nur weil jemand ,Polizei' ruft, dann wundert's mich kaum, dass sie dir so viel Geld abgeknöpft haben.« Er deutete hinter sich. »Das sind übrigens Sarah Teufel und ihr Mann James Todd, die beiden besten Spürnasen in Palinghuus und rundherum. Wenn jemand dein Geld wiederbeschaffen kann, dann sind die zwei deine beste Chance.«

»Moin, Frau Teufel, wir kennen uns doch«, sagte Jepsen und nickte ihr zu. »Moin, Herr Tod. Sie kenn ik nich, glöv ik.«

James lächelte unweigerlich, als er hörte, wie Jepsen seinen Nachnamen aussprach. Er hatte sich längst daran gewöhnt, dass niemand in der ganzen Gegend in der Lage war, seinen Namen mit einem kurzen ,o' zu sprechen, sondern jeder den Vokal so in die Länge zog, dass es sich immer anhörte, als wäre er der Tod persönlich. Vielleicht sollte er sich spaßeshalber eine Sense zulegen.

»Ja, diverse Fahrten zum Arzt und so weiter«, bestätigte Sarah. »Meinen Mann haben Sie höchstwahrscheinlich noch nie gesehen, es sei denn, Sie fahren einen Oldtimer, den Sie in seiner Werkstatt warten lassen.«

Jepsen grinste schief. »Was soll ik mit 'nem Oldtimer? Ik bün sülvs en.«

»Und ein ziemlicher dösiger dazu, wenn du dir so viel Geld abnehmen lässt«, knurrte der Kaleu.

»Du kannst reden«, konterte der andere Mann. »Dich hat ja auch noch keiner hereinzulegen versucht. Du würdest alles genauso machen wie ik.«

»Was ich sehr bezweifeln möchte«, widersprach der Kaleu.

»Vielleicht sollten wir erst mal nach innen gehen«, schlug Sarah vor, indem sie die kurze Pause nutzte, die der Kaleu seinen Worten folgen ließ. »Wir sind zwar nur noch ein paar Tage vom Frühlingsanfang entfernt, aber es is noch ein büschen kühl, oder nicht?«

»Allerdings«, bestätigte Jepsen und kehrte ohne ein weiteres Wort ins Haus zurück.