Tee? Kaffee? Mord! - Die blauen Pudel des Sir Theodore - Ellen Barksdale - E-Book
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Tee? Kaffee? Mord! - Die blauen Pudel des Sir Theodore E-Book

Ellen Barksdale

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Beschreibung

Folge 3: Skandal auf der Hundeshow! Die drei Königspudel von Sir Theodore - bislang die unangefochtenen Champions - haben von einer Sekunde zur nächsten ein blaues Fell! Sir Theodore bezichtigt den Veranstalter Mason Mayfield lauthals der Mittäterschaft. Als Mayfield kurze Zeit später ermordet aufgefunden wird, ist Sir Theodore der Hauptverdächtige. Doch Nathalie ist fest von seiner Unschuld überzeugt und gemeinsam mit Louise und den Pudeln begibt sie sich auf die Suche nach dem wahren Mörder ...

Über die Serie: Davon stand nichts im Testament ...

Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel - das ist Earlsraven. Mittendrin: das "Black Feather". Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante - und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie ...

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung



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Ähnliche


Inhalt

Cover

Tee? Kaffee? Mord! – Die Serie

Über diese Folge

Über die Autorin

Titel

Impressum

Prolog

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Epilog

Tee? Kaffee? Mord! – Die Serie

Davon stand nichts im Testament …

Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel: das ist Earlsraven. Mittendrin: das »Black Feather«. Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante – und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie …

Über diese Folge

Skandal auf der Hundeshow! Die drei Königspudel von Sir Theodore – bislang die unangefochtenen Champions – haben von einer Sekunde zur nächsten ein blaues Fell! Sir Theodore bezichtigt den Veranstalter Mason Mayfield lauthals der Mittäterschaft. Als Mayfield kurze Zeit später ermordet aufgefunden wird, ist Sir Theodore der Hauptverdächtige. Doch Nathalie ist fest von seiner Unschuld überzeugt und gemeinsam mit Louise und den Pudeln begibt sie sich auf die Suche nach dem wahren Mörder …

Über die Autorin

Geboren wurde Ellen Barksdale im englischen Seebad Brighton, wo ihre Eltern eine kleine Pension betrieben. Von Kindheit an war sie eine Leseratte und begann auch schon früh, sich für Krimis zu interessieren. Ihre ersten Krimierfahrungen sammelte sie mit den Maigret-Romanen von Georges Simenon (ihre Mutter ist gebürtige Belgierin). Nach dem jahrelangen Lesen von Krimis beschloss sie vor Kurzem, selbst unter die Autorinnen zu gehen. »Tee? Kaffee? Mord!« ist ihre erste Krimireihe.

Ellen Barksdale lebt mit ihrem Lebensgefährten Ian und den drei Mischlingen Billy, Bobby und Libby in der Nähe von Swansea.

Ellen Barksdale

Tee? Kaffee?Mord!

DIE BLAUEN PUDELDES SIR THEODORE

Aus dem Englischen von Ralph Sander

beTHRILLED

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Julia Feldbaum

Lektorat/Projektmanagement: Rebecca Schaarschmidt

Covergestaltung: Kirstin Osenau unter Verwendung von Motiven © shutterstock/SJ Travel Photo and Video, © Mary Ro/Shutterstock, © Mary Ro/Shutterstock, ©Chrislofotos/Shutterstock

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-5128-6

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Prolog, in dem die Vorbereitungen für einen Anschlag getroffen werden

»Guten Abend, kommen Sie rein«, sagte die junge Frau zu ihrem Besucher, nachdem sie die Tür zu ihrem kleinen Labor im Untergeschoss geöffnet hatte. »Ich habe Sie schon früher erwartet.«

»Ich wollte auch viel früher hier sein«, erwiderte der ältere Mann. »Aber unsere lieben Ordnungshüter haben wohl die Chance gewittert und versucht, auf der Strecke, die ich nehmen musste, einen Weltrekord in Sachen Radarfallen aufzustellen. Dadurch hat die Fahrt fast doppelt so lange gedauert.«

Die Frau grinste ihn an. »Das heißt, normalerweise wären Sie doppelt so schnell gefahren? Da können Sie ja froh sein, dass Sie nicht geblitzt wurden.«

»Ja, das stimmt. Zumindest hoffe ich, dass sie bei der ersten Radarfalle diesen noch schnelleren Porsche erwischt haben, der mich in dem Moment überholt hat, als es blitzte.« Er schüttelte den Kopf. »Moderne Wegelagerei ist das. So was gehört eigentlich verboten.«

»Kommen Sie, ich habe etwas, das Sie aufmuntern wird«, sagte die Frau, obwohl es einen Moment lang so schien, als wollte sie widersprechen.

Aber einem Kunden widersprach man nicht, wenn man mit ihm später auch noch Geschäfte machen wollte. Er wusste das, und auch sie hatte das bereits verinnerlicht, obwohl sie so jung war.

Er ging vorbei an einer Reihe von Vitrinenschränken, in denen auf mehreren Etagen braune Glasflaschen dicht gedrängt aneinanderstanden. Jede war akribisch mit ihrem Inhalt und ergänzenden Hinweisen beschriftet worden. Auf manchen klebten zusätzlich kleine orangefarbene oder rote Etiketten, die vor einer tödlichen oder ätzenden Wirkung warnten.

»Hm«, machte der Mann. »Chemie war für mich immer ein Buch mit sieben Siegeln. Diese unzähligen Kürzel für tausend verschiedene Elemente waren mir von dem Tag an ein Rätsel, an dem wir das erste Mal Chemieunterricht hatten.«

»Schade, dabei ist es eine so interessante Materie, die unendlich viele Möglichkeiten bietet«, meinte die junge Frau und griff nach einer Sprühflasche. »Wie zum Beispiel dieses hier.«

»Ist es das?«

»Das ist Ihr kleines Zaubermittel, mit dem Sie die Damen, wie gewünscht, in Panik versetzen können.«

Er lächelte zufrieden. Sollte die junge Frau ruhig glauben, dass es um einen harmlosen Streich ging. Ob sie ihm andernfalls das Spray ausgehändigt hätte, war keineswegs sicher. »Und wie funktioniert das genau?«

Die Frau zog ihre Mundwinkel leicht nach unten. »Wenn Sie mit Chemie nichts zu schaffen haben, ist Ihnen nicht geholfen, wenn ich Ihnen die Bestandteile aufzähle und erkläre, welche Substanz mit welcher wie reagiert.«

»Mir reicht die Laienversion«, gab er ein wenig ungeduldig zurück. Er wollte nur wissen, wie das Mittel wirkte und worauf er zu achten hatte.

»Okay. Also, da ist zum einen der Farbstoff, der das Haar einfärbt, aber der ist zusätzlich von einem Hemmstoff umschlossen, der den Farbstoff davon abhält, seine eigentliche Aufgabe zu erledigen.« Während sie redete, betrachtete sie mit stolzer Miene die Flasche in ihrer Hand. »Dazu kommt ein Lösungsmittel, das seine Wirkung erst entfaltet, wenn es ungefähr zehn bis fünfzehn Minuten lang mit Sauerstoff in Berührung kommt. Das Lösungsmittel spaltet sozusagen den Hemmstoff, und dann kommt der Farbstoff zum Einsatz. Das ist, vereinfacht gesagt, das, was dann passiert.«

Der ältere Mann nickte zufrieden. Das war genau das, was er haben wollte. »Sehr gut, das kann sogar ich verstehen. Vielen Dank.« Er streckte die Hand nach der Flasche aus.

»Erst das Geld«, machte sie ihm klar.

»Hier sind Ihre dreißig Pfund«, erwiderte er, nachdem er die Brieftasche aus der Jacke geholt hatte.

»Fünfzig.«

»Wie?«

»Wir hatten fünfzig vereinbart«, betonte sie.

»Tatsächlich?«

»Für die Arbeit, die ich damit hatte, könnte ich sogar hundert verlangen«, sagte sie. »Und jetzt antworten Sie lieber nicht, dass Sie es für den Preis selbst machen könnten. Das könnten Sie nämlich nicht, weil Sie nicht mal wüssten, welche Grundsubstanzen Sie brauchen.«

»Schon gut, Sie haben ja recht«, gab er hastig zurück. »Heute will jeder nur noch handeln, da dachte ich … na, auch egal. Hier haben Sie die fünfzig.«

»Danke.« Die junge Frau sah ihr Gegenüber skeptisch an, schließlich händigte sie ihm die Sprühflasche aus. »Denken Sie daran, es darf keine Luft an den Inhalt gelangen, sonst verwandelt sich die Mischung innerhalb von Minuten in stinknormale Sprühfarbe.«

»Ja, schon klar. Vielen Dank für Ihre Bemühungen.« entgegnete er und wandte sich zum Gehen. Sie folgte ihm zur Tür, die sie abgeschlossen hatte, nachdem er hereingekommen war, und entriegelte sie wieder.

»Gern wieder«, sagte sie. »Vielleicht haben Sie ja beim nächsten Mal etwas richtig Kompliziertes für mich.«

Er nickte ihr zu und ging zu seinem Wagen. Als er eingestiegen war, fiel ihm auf, dass sie jetzt wusste, welchen Wagen er fuhr und welches Kennzeichen er hatte. Er stöhnte leise auf, weil er nicht daran gedacht hatte, woanders zu parken. Aber die Frau würde vermutlich ohnehin nie erfahren, wozu ihr kleines Meisterwerk in Wahrheit dienen sollte. Die Meldung würde nicht bis zu ihr vordringen, weil der Vorfall zu unbedeutend war. Und selbst wenn, würde die Frau keinen Zusammenhang zwischen ihrer Mixtur und den Folgen für die nichtsahnenden Opfer erkennen – weil sie nach ganz anderen Opfern Ausschau halten würde.

Bislang lief alles nach Plan, jetzt musste er nur noch den richtigen Moment abpassen. Dann würden die Dinge unweigerlich auf einen großen Knall hinauslaufen, mit dem alles erledigt sein sollte …

Erstes Kapitel, in dem Nathalie einen Ratschlag braucht, aber nicht bekommt

»Das nächste Mal übernehme ich aber die Rechnung«, erklärte Rob Dinkmore, als Nathalie ihn nach draußen auf den Parkplatz vor dem Black Feather begleitete, wo er seinen kleinen Transporter abgestellt hatte.

»Aber nicht in meinem eigenen Pub«, gab sie amüsiert zurück. »Wie würde das denn aussehen?«

»Hm, vielleicht würde ja ein großzügiges Trinkgeld dabei herausspringen«, sagte Rob und lachte.

»Oh, das hätten Sie früher sagen sollen.« Sie zwinkerte ihm zu. »Das nächste Mal werden wir einfach woanders essen.«

Er rieb sich über seinen Dreitagebart. »Gibt es denn hier irgendwo noch einen anderen Pub, in dem wir essen können?«

»Am Marktplatz von Earlsraven gibt es das Jim’s Old Chair, da kann man auch gut essen«, erklärte Nathalie und fuhr sich durchs Haar, das ihr nur vier Wochen seit ihrem letzten Friseurbesuch in Liverpool schon wieder viel zu lang erschien. »Der neue Wirt versucht den Leuten hier die amerikanische Burger-Küche schmackhaft zu machen, und ich muss sagen, das ist Lichtjahre von dem entfernt, was einem in den üblichen Burger-Ketten als ›Essen‹ hingestellt wird.« Sie machte eine vage Geste. »Die Idee ist nicht schlecht, weil er damit ein ganz anderes Angebot hat als mein Lokal. Aber in einem Dorf wie diesem ist es nicht so leicht, den Menschen etwas Neues vorzusetzen. In den Großstädten gibt es alle fünf Minuten einen neuen Trend, was Restaurants angeht, da kann man viel eher mit Ungewöhnlichem auf sich aufmerksam machen. Hier dagegen …«

»Ich weiß, das ist drüben in Blade’s Edge nicht anders«, stimmte Rob ihr zu. »Als Vegetarier in dieser Gegend zu überleben ist gar nicht so einfach, weil es kein Geschäft gibt, das ein entsprechendes Sortiment führt. Vor einem halben Jahr ist dann auf dem Wochenmarkt plötzlich ein Stand aufgetaucht, der alles für Vegetarier und sogar für Veganer im Angebot hatte …«

»Lassen Sie mich raten: Nach vier Wochen war der Stand wieder weg, weil Sie so ziemlich der einzige Kunde waren«, warf Nathalie ein.

»Sechs Wochen, ansonsten stimmt alles«, bestätigte er. »Das einzig Positive ist, dass mir der Händler einmal in der Woche meine Bestellung nach Hause liefert. Aber schade für ihn. Sein Angebot hat einfach so gut wie niemanden interessiert«

Er schloss die Fahrertür auf und nickte. »Also gut, dann scannen Sie die Fotos, und schicken sie mir rüber, und wenn ich mir alles genau angesehen habe, machen wir einen Termin aus, damit ich mir ein Stück Wand vornehmen kann.«

Er drückte ihr die Hand, was für Nathalies Empfinden eine Spur länger dauerte, als es eigentlich normal gewesen wäre. Nicht, dass es sie gestört hatte, schließlich war dieser Rob Dinkmore ihr sympathisch – und mit seinem Dreitagebart und den eigentlich etwas zu langen pechschwarzen Haaren, die bis weit in den Nacken reichten und ein wenig die Ohren bedeckten, sah er eigentlich verdammt gut aus.

So völlig anders als … Glenn.

»Hm«, machte sie so leise, dass Rob sie nicht hören konnte, da er bereits in seinen Wagen eingestiegen war und mit zu viel Schwung die Tür zuschlug. Sie war mit Glenn zusammen, was also brachte sie auf die Idee, diesen Mann überhaupt danach zu beurteilen, ob er attraktiv war oder nicht? Er sollte für sie einen Auftrag erledigen, bei dem es nur darauf ankam, dass er ihn ordentlich und fachmännisch anging. Ob er dabei gut aussah oder ob er eine tolle Figur machte, war völlig unwichtig. Obwohl …

»Himmel«, fluchte sie im Flüsterton, während sie Rob zuwinkte, der den Wagen aus der Lücke gesetzt hatte und nun abfuhr. »Ich werde mich gleich an den Schreibtisch setzen und hundertmal Glenn ist mein Freund! schreiben.«

Vergiss das noch nicht, merkte eine Stimme in ihrem Hinterkopf an.

»Haben sich eigentlich alle gegen mich verschworen?«, murmelte Nathalie und stöhnte auf, als sie dann auch noch ihre Köchin Louise sah, die gegen den Türrahmen gelehnt dastand und sie angrinste. Die ältere Dame war erst vor ein paar Minuten zur Arbeit erschienen und einmal durchs Lokal gehuscht, als Nathalie noch mit Rob am Tisch gesessen hatte. Da war Nathalie bereits der zweite Blick aufgefallen, den Louise ihnen zugeworfen hatte.

»Netter Kerl«, meinte sie, als Nathalie schließlich an der Eingangstür ankam. »Haben Sie sich extra heute mit einem interessanten Mann verabredet, weil Sie wussten, dass ich Mrs. Ealing im Krankenhaus besuche? Wollten Sie, dass ich davon nichts mitbekomme?«

»Wie leicht Sie mich doch durchschauen, Louise«, gab Nathalie mit unverhohlener Ironie zurück. »Das ist schon erschreckend.«

»So bin ich eben. Also?«

»Sie haben recht, dass er ein interessanter Mann ist, aber was den Rest angeht, liegen Sie grundlegend falsch. Das war Rob Dinkmore, ein Restaurator aus Blade’s Edge«, erklärte sie.

»Aus Blade’s Edge? Wo will der Mann denn hin, dass er dann ausgerechnet hier einen Zwischenstopp macht?«

»Er wollte genau hierhin«, betonte Nathalie. »Wir waren verabredet …«

»Ha! Also doch!«, rief die ältere Frau mit der grauen Kurzhaarfriseur, die schon fast etwas Militärisches hatte. Das war vermutlich aber auch kein Wunder, schließlich hatte Louise nach eigener Aussage für einen Geheimdienst gearbeitet.

»Also doch? Was ›also doch‹?«

»Sie hatten sich mit ihm verabredet.«

»Ja, aber das habe ich letzte Woche gemacht, noch bevor Mrs. Ealing in ihrer Küche gestürzt war – und damit auch bevor einer von uns wissen konnte, dass Sie sie heute Mittag im Krankenhaus besuchen würden.«

»Und? Wo haben Sie ihn kennengelernt?«

Nathalie ging an ihr vorbei nach drinnen in den Pub, wo jetzt, um kurz nach zwei, nur wenige Gäste anwesend waren. »Da, wo man heutzutage Männer eben kennenlernt – im Internet.«

Louise folgte ihr in den Gang zwischen dem Pub auf der einen und dem Café auf der anderen Seite. Er zog sich durch das gesamte Haus, verband alle Räume miteinander und führte weiter hinten ins Büro und zur Wohnung, in der bis zu ihrem Tod vor wenigen Monaten Nathalies Tante Henrietta gelebt hatte.

»Aber ganz im Ernst«, fuhr sie fort und schloss die Tür zu ihrem Büro auf. »Ich bin da auf einen Schuhkarton voll mit alten Fotos gestoßen, und auf einigen ist der Pub um 1880 zu sehen, und zwar von innen.« Nathalie griff nach einem dünnen Stapel alter Fotos und hielt sie Louise hin. »Sehen Sie sich die Wände an.«

Louise hielt die Fotos unter die Schreibtischlampe, um die blassen Motive besser erkennen zu können. »Sind das Wandmalereien?«, fragte sie schließlich.

»Die Bilder sind leider etwas düster«, antwortete Nathalie und nahm am Schreibtisch Platz. »Ich habe versuchsweise zwei von diesen Fotos eingescannt und dann mit Helligkeit und Kontrast gespielt. Dabei wurde dann etwas deutlicher, dass es sich um Landschaftsbilder und mindestens in dem einen Fall um die Darstellung von Schlachtengetümmel handelt. Wenn Sie sich alle Fotos ansehen, können Sie feststellen, dass sich an jeder Fläche zwischen den Stützbalken ein solches Gemälde befindet. Die meisten davon sind auf den Fotos leider zu klein, als dass man sagen könnte, was sie darstellen. Auf jeden Fall hat mich das neugierig gemacht und mich auf die Idee gebracht, einen Fachmann kommen zu lassen, um zu prüfen, ob diese Bilder noch da sind. Möglicherweise sind sie nur unter immer neuen Lagen Putz verschwunden, und man kann sie wieder ans Tageslicht holen. Falls das geht, könnten wir etwas wirklich Kostbares zutage fördern, was uns Publicity bringen würde. Gut hundertvierzig Jahre alte Wandgemälde wird man wohl nicht in jedem Pub finden.«

»Und Dinkmore ist dafür Experte?«

»Na ja, er ist zunächst mal der einzige Restaurator in der näheren Umgebung, der kurzfristig Zeit hatte, um einen ersten Blick auf die Wände zu werfen«, erwiderte Nathalie. »Er wird sich die Fotos genauer ansehen und dann an einer versteckten Stelle vorsichtig eine Putzschicht nach der anderen entfernen, um herauszufinden, ob diese Lage überhaupt noch existiert. Es kann ebenso gut sein, dass die Oberfläche abgeschlagen wurde und keines der Bilder mehr vorhanden ist.«

»Und wenn er fündig wird?«, fragte Louise und nahm auf dem Hocker vor dem Schreibtisch Platz.

»Dann hängt alles davon ab, mit wie viel Aufwand und Kosten eine solche Restauration verbunden ist. Es ist ja nicht so, als hätte ich einen übermalten Rembrandt in der Ecke stehen, von dem nur die oberste Farbschicht abgetragen werden müsste, um mich zur Multimillionärin zu machen.«

»Er ist an Ihnen interessiert«, sagte Louise unvermittelt, ohne auf Nathalies letzte Äußerung einzugehen.

Nathalie schaute ihre Köchin verdutzt an. »Was?«

»Dinkmore ist an Ihnen interessiert«, erklärte sie.

»Nein, er ist an dem Job interessiert, weiter nichts.«

Louise schüttelte beharrlich den Kopf. »Er ist mehr an Ihnen als an diesem Job interessiert. Haben Sie nicht gemerkt, wie er Sie angesehen hat? Wie er Ihre Hand gehalten hat?«

»Da war nichts!«, protestierte Nathalie, obwohl ihr das mit der Hand ja auch sofort aufgefallen war.

»Da war was, aber es hat Sie nicht gestört«, betonte die ältere Frau schmunzelnd. »Wäre der Mann zwar fachlich erstklassig, Ihnen aber vom Wesen her nicht sympathisch, hätten Sie ihn schon längst als so aufdringlich eingestuft, dass er den Auftrag vergessen könnte.«

Einen Moment lang saß Nathalie da und überlegte, was sie bloß sagen sollte. Gerade als sie zu einem »Ähm« ansetzen wollte, um wenigstens einen Anfang zu machen und dann immer noch improvisieren zu können, kam ihr Louise zuvor.

»Außerdem habe ich Sie noch nie in Rock und Bluse gesehen«, sagte die Köchin schmunzelnd.

»Na ja, ich wollte ihm als Geschäftsfrau gegenübertreten«, verteidigte Nathalie sich. »In T-Shirt und Jeans hätte er mich doch für eine blutige Anfängerin gehalten, der man alles weismachen kann …«

»Außerdem liegt diese Bluse viel enger an als eines von Ihren drei Nummern zu großen T-Shirts, und der Rock betont Ihre Beine viel mehr als jede Jeans. Entspricht Mr. Dinkmore denn in natura wenigstens dem Foto auf seiner Website?«

»Ja, er ist … Moment mal«, unterbrach sich Nathalie. »Woher wissen Sie, dass es ein Foto auf seiner Seite gibt?«

»Wusste ich nicht«, gab Louise triumphierend zurück. »Aber jetzt haben Sie meine Vermutung ja bestätigt.« Sie legte den Kopf schräg. »Und? Finden Sie ihn nett?«

»Ich finde, er macht einen vernünftigen Eindruck«, sagte Nathalie ausweichend. »Ich habe das Gefühl, dass er seine Arbeit gut machen dürfte.«

»Aber … ist er nett?«, beharrte Louise.

»Das tut nichts zur Sache, meine Liebe«, sagte Nathalie etwas energischer als beabsichtigt. »Solange er seine Arbeit zu meiner Zufriedenheit erledigt und das Projekt nicht Kosten verursacht, die ich nie wieder reinholen kann, ist es nicht wichtig, ob ich ihn für nett oder hinreißend oder was auch immer halte. Haben Sie vergessen, dass ich mit …«

Ihr Smartphone fiel ihr mit lautem Klingeln ins Wort.

Sie sah auf das Display und verzog den Mund zu einem ironischen Lächeln. »Gerade wenn man vom Teufel spricht …«

»Glenn?«, fragte Louise.

Nathalie nickte. »Einen Zehner, dass er wieder absagt.«

»Ich halte dagegen. Irgendwann muss meine Glücks- und Ihre Pechsträhne mal ein Ende nehmen«, meinte die Köchin und zwinkerte ihr zu. »Jetzt gehen Sie ran, bevor er auflegt.«

»Ja?«, meldete sich Nathalie und versuchte, so zu klingen, als hätte sie eben nicht gerade noch an ihn gedacht. »Oh … Glenn … ja, gut. Und dir? Mhm … mhm … so früh schon? Das ist schön, dann haben wir …« Sie unterbrach sich, weil Glenn so überschäumend auf sie einredete. »Ja, genau … und den Samstag habe ich mir für uns frei gehalten, da können wir beide mal ganz in Ruhe … Was?« Sie stutzte, als sie Louise hochschrecken und mit den Händen fuchteln sah, aber sie konnte nicht auf sie achten, wenn Glenn nicht den Eindruck bekommen sollte, dass sie ihm gar nicht zuhörte. Schließlich war es das, was sie ihm schon einige Male vorgehalten hatte. Sie drehte sich so, dass sie Louise und deren Hampeleien nicht sehen konnte. »Ich weiß nicht, das … das können wir uns ja immer noch überlegen, wenn du hier bist. … Ja, richtig … okay, dann sehen wir uns am Freitag.«

Sie legte auf und wandte sich wieder Louise zu. »Was ist denn?«

»Sie halten sich den kommenden Samstag für Glenn frei? Haben Sie vergessen, dass am Samstag die große Hundeshow stattfindet und dass Sie zur Jury gehören?«, fragte die ältere Frau kopfschüttelnd.

»Die Hundeshow?«, wiederholte Nathalie erschrocken. »Warum haben Sie denn nicht … oh, Entschuldigung. Genau das haben Sie ja. Ich hab’s nur nicht begriffen.« Sie starrte auf ihr Smartphone, das sie immer noch in der Hand hielt. »Ich werde Glenn anrufen müssen und ihn vorwarnen.« Sie zögerte und sah zu Louise. »Oder … was meinen Sie, was ich machen soll?«

Die Köchin hob abwehrend die Hände. »Da halte ich es so wie jeder gute Therapeut und frage Sie: Was wollen Sie denn machen?«

»Das ist es ja. Ich habe keine Ahnung!«

»Nathalie, jeder Ratschlag kann nach hinten losgehen«, erklärte Louise. »Ich möchte außerdem, dass Sie ehrlich zu sich sind und auf ihr Herz hören. Ich kann Ihnen empfehlen, dass Sie ihn erst einmal herkommen lassen und ihm dann eröffnen, dass Sie Samstag keine Zeit haben werden. Ihr Verhältnis ist allerdings eh schon recht angespannt – vielleicht kommt es dann endgültig zum Bruch zwischen ihnen beiden. Oder ich rate Ihnen, die Hundeshow abzusagen, und helfe Ihnen damit vielleicht, den Riss in Ihrem Verhältnis zu kitten. Vielleicht heiraten Sie beide dann sogar irgendwann und sind anschließend unglücklich in Ihrer Ehe. In beiden Fällen möchte ich mir keine Vorwürfe machen müssen. Die für Sie richtige Entscheidung können Sie nur treffen, wenn Sie ehrlich zu sich selbst sind und nicht, indem Sie auf die Ratschläge alter Frauen hören.«

»Ist das nicht ein bisschen weit vorgegriffen?«, fragte Nathalie verdutzt.

»Das ist es keineswegs, wenn man früher einmal nahezu blind Befehle ausführen musste und dann die Konsequenzen zu sehen bekommen hat«, sagte Louise leise. »Darum bin ich letztlich auch ausgestiegen. Ich fing an zu überlegen, welche Folgen es für das Umfeld einer Person haben würde, wenn diese Person eliminiert werden sollte.«

»Ich will aber doch nicht, dass Sie jemanden eliminieren«, wandte Nathalie ein und lächelte Louise ein wenig verlegen an.

»Sie wissen, wie ich das meine, Nathalie.«

Nathalie nickte verständnisvoll, musste aber grinsen. »Ich werde Sie nicht zu einem Ratschlag überreden. Ich glaube, Sie könnte ich sowieso zu gar nichts zwingen.«

»Da haben Sie wohl recht«, stimmte Louise ihr amüsiert zu. »Die Methode müsste erst noch erfunden werden.«

Nach kurzem Zögern legte Nathalie das Smartphone zur Seite. »Ich werde es Glenn nicht sagen, sondern erst, wenn er hier ist. Wir werden sehen, welche Ihrer Voraussagen dann eintrifft.«

Zweites Kapitel, in dem Nathalie mit einer unerfreulichen Neuigkeit konfrontiert wird

Zum x-ten Mal sah Nathalie auf die Uhr und verzog missmutig den Mund.

»Noch immer nichts von Glenn gehört?«, fragte Louise, die sich durch die Durchreiche beugte, um einen Blick in den gut besuchten Pub zu werfen.

»Nein, und ich dachte, er wollte früh abfahren, damit wir noch was vom Tag haben«, murmelte sie.

»Wenn etwas dazwischengekommen wäre, hätte er sich sicher längst gemeldet«, meinte die Köchin besänftigend. »Vielleicht hat er irgendeine Überraschung vorbereitet.«

»Ja, vielleicht«, sagte Nathalie, auch wenn sie das nicht so recht glauben wollte. Und wenn es wirklich eine Überraschung sein sollte, war sie sich bei ihrem Freund längst nicht mehr so sicher, dass es etwas Gutes sein würde. Dafür war in den letzten Wochen zu viel zwischen ihnen passiert. Sie seufzte und griff nach dem nächsten Glas auf dem Tresen, das poliert werden musste. Vermutlich würde er ihr freudestrahlend verkünden, dass er nächste Woche zum Hauptsitz seiner Bank nach New York versetzt werden würde. Andererseits: Womöglich wäre es gar nicht so verkehrt, wenn sie selbst keine Entscheidung treffen musste, ob und wie es mit ihnen beiden weitergehen sollte. Dann musste sie sich später wenigstens nie Vorwürfe machen, vielleicht doch den falschen Weg gegangen zu sein – weder, weil sie sich wider besseren Wissens an die Beziehung geklammert hatte, noch, weil sie sie beendet hatte, ohne sich genug um eine Rettung bemüht zu haben.

Ja, so ein Fingerzeig von höherer Ebene wäre wirklich eine hilfreiche Sache. Allerdings fürchtete sie, dass der nicht kommen würde, erst recht nicht, wenn man darauf hoffte … weil man selbst zu feige war, einen Schlussstrich zu ziehen, wenn er erforderlich war, meldete sich wieder diese Stimme irgendwo in ihrem Hinterkopf zu Wort.

Sie stellte das auf Hochglanz polierte Glas in das Regal hinter dem Tresen.

»Wie läuft das eigentlich genau mit der Hundeshow?«, fragte sie, an Louise gewandt, um sich auf andere Gedanken zu bringen.

»Sie wollen zur Hundeshow?«, warf Harold Dean ein, der Barkeeper des Black Feather, der gerade von der anderen Seite des Tresens zu ihr kam. »Für eine Anmeldung ist es jetzt aber zu spät. Das hätten Sie mindestens vor einem halben Jahr machen müssen, und … oh, Augenblick … vor einem halben Jahr waren Sie ja noch gar nicht hier, und … ähm … einen Hund haben Sie doch auch nicht, soweit ich weiß. Oder habe ich da etwas nicht mitbekommen?«

»Dann haben Sie meinen imaginären Bernhardiner wohl noch nicht gesehen«, gab Nathalie lächelnd zurück.

»Nein, daran würde ich mich erinnern«, sagte der Mann todernst. »Allerdings erklärt das, warum der Schwund beim Rum so stark zugenommen hat. Da leert wohl jemand regelmäßig das imaginäre Fässchen, das der imaginäre Hund um den Hals trägt, und füllt es hinterher an der Theke wieder auf.«

»Schuldig im Sinne der Anklage«, entgegnete Nathalie lachend und hob kapitulierend die Hände.

»Miss Ames sitzt in der Jury«, erklärte Louise dem Barkeeper. »Sie ist für ihre verstorbene Tante nachgerückt.«

»Oh, das wusste ich gar nicht. Meinen Glückwunsch.« Er nickte Nathalie zu, während er einen Drink aus dem Mixer in ein Cocktailglas umfüllte, das er dann mit Kirschen dekorierte. »Darf ich mir denn Hoffnung darauf machen, dass Sie meinem Richard Stenson III. die volle Punktzahl geben werden?«

»Richard wer?«, gab sie zurück.

»Richard Stenson III. ist ein Chihuahua«, erklärte Harold.

»Also gar kein richtiger Hund«, warf Louise mit einem Augenzwinkern ein.

»Er ist sehr wohl ein richtiger Hund!«

»Er kann kein richtiger Hund sein, wenn das Namensschild an seinem Halsband größer ist als das Tier selbst«, hielt sie dagegen.

»Louise, ich lasse mich nicht von dir ärgern«, sagte er mit gespieltem Trotz.

»Tust du doch, Herzchen.«

»Tu ich nicht.«

»Tust du …«

»Wenn wir dann mal zu meiner ursprünglichen Frage zurückkommen könnten«, ging Nathalie schmunzelnd dazwischen. »Wie läuft diese Show ab?«