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Eine heruntergekommene Bar, in einer unscheinbaren Seitenstraße, am Rande der Gesellschaft. Barney hält seinen Traum allein durch seine Stammgäste am Leben. Gäste wie Jake, der irgendwann beschließt seine Erlebnisse dort niederzuschreiben.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Ich saß wie üblich auf meinem Hocker am Tresen. Barney schien heute besonders mies gelaunt zu sein.
„Was ist los, Barney? Siehst aus als hättest du seit Tagen nicht ordentlich geschissen. Wo drückt's?“, grinste ich ihn an.
„Ach, das Ordnungsamt war hier vorhin als ich aufschloss....“, entgegnete er mürrisch. Mürrisch war er eigentlich ständig, aber diesmal klang er echt besorgt.
„Und? Was wollten die denn? Die Kakerlaken in der Küche nummerieren?“ Barney war kein Grinsen zu entlocken heute.
„Anwohner haben sich wegen Ratten beschwert. Angeblich hausen die in meinem Hinterhof also, ich gehe sogar davon aus, dass sie dort herkommen. Scheiße, wenn ich das nicht in den Griff bekomme, nageln die mir hier die Tür zu. Hab 'ne Woche Zeit, dann kommen sie kontrollieren.“
Ich blickte Braney an und lächelte.
„Leute, hört mal her“, rief ich in den Saal hinein. „Wir haben ein beschissenes Problem ... also, wenn man es genau nimmt, hat Barney das Problem aber damit betrifft es ja auch eigentlich uns ... weil ...“
„Herrgott, komm auf den scheiß Punkt!“, schrie Greg aus der vernebelten Ecke.
„Ja, Jake, komm auf den verfickten Punkt“, lachte Tim.
„Ok, Jungs. Das Ordnungsamt will den Laden hier dichtmachen.“ Ich ließ das wirken. Stille im Saal.
„Und warum das?“, fragte Tim schließlich unsicher.
„Wegen der Ratten auf dem Hinterhof.“ Auch das ließ ich wirken.
„Scheiße, wegen so ein paar Viechern macht man doch unsere Bar nicht zu! Kommt gar nicht in die Tüte, Mann. Wir killen die Viecher und gut ist!“, schrie Greg.
Ed, Tim und Mickey stimmten dem lauthals zu. Ich hatte sie da, wo ich sie wollte. Ich lächelte Barney an und kniff ihm ein Auge zu.
„Du verdammter Mistkerl“, meinte Barney grinsend.
Als wir kampfbereit die Hintertür zum Hof öffneten, erblickten wir einen ansehnlichen Berg Müllsäcke. Kein Wunder, warum die Biester hier lebten, fraßen und fickten. Es gab ja reichlich Nahrung. Alle starrten wir auf den Müllberg.
„Nehmen wir ihnen als Erstes die Nahrung. Die Säcke bringen wir nach vorne. Die Müllabfuhr macht dann den Rest.“ Ich griff mir den ersten stinkenden Sack und schleppte ihn durch die Bar nach vorne an die Straße. Die anderen taten es mir gleich. Sack für Sack, schleppten wir durch die Bar und häuften sie auf den Gehsteig.
Barney griff sich auch einen sehr vollen Müllsack. Als er ihn halb durch den Saal geschleppt hatte, riss er auf. Der stinkende Müll viel auf den Boden und mit ihm eine verdammt große Ratte. Sie knallte auf den Boden, hockte dort und starrte Barney an. Barney starrte zurück. Beim Herrn, ich hatte noch niemals so eine fette Ratte gesehen. Die beiden Hübschen hielten gebannt den Augenkontakt.
„Scheiße “, krächzte Barney.
Ich schlich zur Hintertür und schloss sie. Tim schlug die Eingangstür zu.
„Lass sie nicht entkommen, Barney. Sieht aus, als hätten wir die Mutter erwischt.“
Barney wich langsam zum Tresen zurück, öffnete einen an der Wand hängenden Schaukasten und nahm seinen signierten Baseballschläger heraus. Er griff ihn mit beiden Händen und ging auf das schwangere Muttertier zu. Ich würde gerne Barneys Blick in diesem Moment beschreiben, aber dazu fehlt mir das Talent. Es war eine Mischung aus Hass und Angst, würde ich sagen. Die Ratte krabbelte träge unter einen Tisch. Sie fühlte die Bedrohung. Barney hockte sich nieder und holte mit dem Prügel weit aus.
„Dich krieg’ ich, du verdammtes Miststück.“
Der Kampf war eröffnet.
Das Tier wich gekonnt aus und Braneys Hieb knallte lautstark auf das Parkett. Er holte seitlich aus, um sie zu erwischen, zertrümmerte die Beine des ersten Hockers. Das Vieh entkam und rannte unter den nächsten Tisch. Barney schreiend auf Knien hinterher. Holz splitterte. Wir wichen etwas aus der Kampfbahn, des aufgebrachten Barkeepers und beobachteten begeistert den Fight. Noch mehr Holz brach und flog durch die Gegend. Barneys Kampfschrei wurde lauter. Ich weiß beim besten Willen nicht, wie er verdammt nochmal auf die Idee kam zu versuchen, die Ratte mit den Händen zu packen, aber er tat es in seinem Wahn dann. Er heulte plötzlich auf, schrie wie ein Baby und sprang wild hin und her. An seiner Hand baumelte die fette Ratte, die er hilflos umherschleuderte. Das Vieh ließ nicht los und quiekte.
Wir wurden alle blass bei dem Geschrei und Anblick. Barney blickte uns an und schrie. Wir schrien auch. Schließlich schlug Barney seine Hand mit dem Vieh daran mehrmals vor die Wand. Er jammerte immer noch laut. Das Tier hing schließlich leblos und blutend an seiner Hand herab.
„Verfickte Scheiße!“, heulte Barney. „Ich krieg’ das Vieh nicht ab!“
Wir glotzen sprachlos auf die baumelnde Ratte. Tim biss sich auf die Lippen, um nicht laut loslachen zu müssen.
„Gafft nicht so dämlich! Tut was!" , jammerte Barney.
Ich griff vorsichtig das tote Vieh und versuchte es zu lösen. Barney heulte auf. Die Zähne des Tiers hatten den Handballen durchschlagen.
„Ganz ruhig, Kumpel. Ich rufe den Notarzt, ok? Das bekommen die wieder hin.“ , beruhigte ich ihn.
Als die Nothelfer ankamen, saß Barney auf einem Hocker und hielt die Hand mit dem baumelnden Kadaver vor sich in die Höhe.
Ungläubig blickten die jungen Kerle auf Barney und die tote Ratte an seinem Handballen.
Die Typen blickten sich an. Sie schienen mit der Situation völlig überfordert zu sein.
„Scheiße“, meinte der eine, „kann ich ein Foto davon machen? So was hab ich noch nie gesehen.“
Sie nahmen Barney mit in die chirurgische Ambulanz. Ich fuhr mit.
Als der junge Chirurg in den Behandlungsraum trat, blickte er uns an und reichte uns die Hand hin. Ich nahm seine und schüttelte sie. Barney hielt ihm seine Hand mit der toten, blutigen und schon etwas steifen Ratte dran hin. Er sprang erschrocken zurück.
„Herrgott! Was um Himmels willen ist das denn?“, schrie der junge Bursche angewidert.
„Sieht wohl aus wie ’ne tote Ratte, oder?“, erwiderte ich genervt.
„Sie hat sich beim Versuch sie zu fangen festgebissen. Würden sie das Vieh wohl freundlicherweise entfernen?“
Der unerfahrene Arzt griff sich eine sehr lange Pinzette und stocherte an dem Kadaver herum. Gary schrie wieder auf.
„Wie denn?“ Er fummelte weiter unbeholfen mit der Zange an dem toten Tier herum.
„Scheiße! Bin ich hier der Doc oder du?“, schrie ich. Barney schrie auch.
„Und gib meinem Kumpel mal ein Schmerzmittel, verdammt. Der verreckt hier nämlich gleich vor Schmerzen, du dämlicher Lappen!“