Tino - Christof Hein - E-Book

Tino E-Book

Christof Hein

4,7

Beschreibung

Eine Hommage an die Rasse Dobermann. Tino, mein wunderbarer großer Dobermannrüde, hat mich ein Stück meines Weges begleitet und beschützt. Er hat mir Einblicke in sein Herz gestattet, so konnte ich Einiges über die Ebene seiner Wahrnehmungen lernen und über meine eigenen Unzulänglichkeiten. Tino war erhaben, selbstbewusst und sehr stark. Gern hat er nützliche Dinge erledigt, sich aber niemals untergeordnet. Das machte seine Ausbildung nicht leicht. Glücklicher Weise hatte ich die besten Lehrmeister, die mich davor bewahrten, meinen lieben Hund falsch zu behandeln. Dieses Buch ist eine Hommage an die Rasse Dobermann und eine Bitte an alle Menschen, die in der Nähe eines so großartigen Wesens sein dürfen, auf ihr eigenes Herz zu lauschen, sensibel und feinfühlig, in Gedanken, oder nur leisen Worten, mit ihm zu kommunizieren. Dafür danke ich Euch. Hunde haben immer mein Leben begleitet, Menschen auch und andere Tiere. Geschichten, die durch solche Begegnungen entstanden, werden hier ebenfalls erzählt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 168

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,7 (18 Bewertungen)
13
5
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Bonnie und Snow

Zwei Westies, mit einzigartigem Charakter

Molly

Nicht einfach Hund – Neufundländer

Rafael und Trixi

Eine besondere Verbindung

Pit und Julia

Wunderbare Geschichten um die Beiden

Paul und Jacob

Der Wächter über die Kinder und Freund des Raben Jacob

Roland

Familienhund und Energie pur

Julia

Ihre besondere Art mit den Wesen dieser Welt

Tino

Die Geschichte von Tino ist das Hauptstück dieses Werkes. Es ist sein Buch.

– Vorwort –

Kaum machen wir uns der Ehre bewusst, Tiere in unserer Nähe haben zu dürfen. Lauschen wir sensibel und achten auf unsere Herzensbotschaften, werden wir Geschenke erhalten.

Ich habe einen Meister sagen hören: „Hunde inkarnieren auf diesem Planeten, um uns die Liebe zu lehren!“

Lassen wir den Klang dieser Worte auf uns wirken und schauen mit den Augen kleiner Kinder, werden wir Nähe zu unseren Gefährten erfahren und großes Glück darin finden.

Ich habe meine Aufgabe darin gefunden, alles mir mögliche, für Tiere zu tun. So möchte ich dazu beitragen, Menschen zu helfen, ihre Wahrnehmung der Tiere in ein gutes Licht zu rücken.

Ein großes Thema ist die tiereiweißfreie Ernährung, vegan, die ich seit fünf Jahren konsequent praktiziere. Mehr dazu, unter Provegan.info.

Diese Geschichten handeln von Hunden die Mein Leben begleitet haben, doch kommen auch noch andere Wesen darin vor. Wegen Tino ist die Idee entstanden alles aufzuschreiben, dreißig Jahre hat es gedauert, bis ich endlich damit angefangen hatte.

Tino war ein außergewöhnlicher Hund, ein großer Dobermannrüde. Obwohl jeder Hund seine liebenswerten Eigenschaften mitbringt, ist dies gleichermaßen eine homage an die Rasse Dobermann.

Meine Leser mögen mir bitte verzeihen, dass ich persönliche Erlebnisse mit einfließen ließ.

Der Ursprung dieser Geschichten war im Jahr 1966, in USA, Kalifornien.

In diesem Jahr bin ich sechzehn Jahre alt geworden. Mein Vater hatte seine Idee verwirtklicht, mit uns dort hin zu ziehen. Dort erzählte mir ein Schulkamerad Wundersames von einem Hund, dessen Rasse man Dobermann nennt. Ich habe diesen Hund nie gesehen und wusste auch nichts von dieser Rasse, konnte aber diese geheimnisvollen Erzählungen nicht vergessen, bis dann schließlich, zehn Jahre später, Tino zu mir kam.

Die Hauptfigur dieser Geschichten ist Tino.

Da ich dessen „Herrchen“ war, komme ich auch darin vor und Personen und Ereignisse die mich betroffen haben. Natürlich werde ich die anderen Hunde die mein Leben begleitet haben, in diesen Geschichten nicht einfach missachtet lassen, denn sie alle haben ihrer jeweiligen Eigenschaft entsprechend, mein Leben liebevoll und wertvoll bereichert.

– Bonnie und Snow –

Gerade hat mich im vergangenen Sommer meine geliebte Bonnie verlassen. Sie war eine Westihündin, oder ordentlich ausgedrückt, Westhighland – white – Terrier. Vierzehneinhalb Jahre begleitete sie mich. Ihre Charakterstärke, Weisheit und Liebe lehrte mich viel und ich werde ihr ewig für alles dankbar bleiben was sie mir geschenkt hat.

Ich vermisse sie sehr und immer wieder ist mir, als sei sie anwesend. Dazu kommen Schlüsselmomente, wie bestimmte Geräusche, oder Aktivitäten, von denen ich ihre Reaktion erwarte. Die bleibt dann meinen Gedanken überlassen und die gestalte ich wie ich gerne möchte. Bonnie hatte vor vielen Jahren vier Babies, deren Vater Snow war, ebenfalls ein Westierüde, oder eher gesagt – Rabauke. Der ist keiner „Klopperei“ aus dem Weg gegangen.

So hatte ihn ein stattlicher Howawartrüde arg zugerichtet, weil Snow dachte, dass er den wohl ganz leicht schaffen würde. Das war ein bedauerlicher Irrtum. Snow wurde kunstvoll wieder zusammen genäht.

Nach seiner Genesung ging doch dieser unverschämte Howawardrüde erneut an unserem Haus vorbei. Snow wollte ihn wieder bestrafen. Er hat die Belehrung nicht akzeptiert. Auf alle Fälle hatte Snowi ein goldenes Herz und wie wohl alle Hunde, und auch andere Tierarten eine Wahrnehmungsfähigkeit, über die wir Menschen uns nur wundern können.

Meine Mutter hat die letzten Jahre ihres Lebens im Hause meines Bruders verbringen dürfen. Dafür werde ich Georg immer dankbar bleiben. Während einer Urlaubszeit meines Bruders und seiner Familie, war unsere Mutter in einem schönen Heim untergebracht. Nun war ich gefragt, sie möglichst oft zu besuchen. Weil ich es dorthin nicht so weit hatte wie meine anderen Geschwister, war das selbstverständlich. Damals konnten wir uns noch gut austauschen und Humor genießen. Einmal bat mich Mutti, ob ich nicht einen Hund mitbringen könnte. „Sie dät halt so gern a mal wieder oanen ganz fescht drucka“. Beim nächsten Besuch brachte ich Snowi mit. Wie verabredet wartete Mutti im Garten. Sie saß in einem bequemen Stuhl im Schatten eines Baumes.

Ich konnte es kaum glauben, Snowi ist sofort zu ihr gelaufen und auf ihren Schoß gesprungen. Er machte dabei ein etwas unsicheres Gesicht und schien zu fragen, ob das lang dauern soll. Mutti war überglücklich und hat ihn fest an sich gedrückt. Zwischen Mutti und Snow gab es zuvor keine Beziehung. Vielleicht waren sie sich einmal auf einem Familientreffen begegnet. Üblicher Weise wäre es Snow niemals eingefallen jemanden auf den Schoß zu springen. Fremden gegenüber war er eher zurückhaltend. Allerdings hatte Mutti besondere Fähigkeiten, so war sie sicherlich auf einer Ebene mit ihm in Kontakt gekommen, die ich nicht wahrgenommen habe. Es gab Zeiten in denen ich meinem ursprünglichen Beruf, der Gastronomie, entflohen bin. Ich war dann mit vierzig Tonnen auf Europas Straßen unterwegs.

Einmal hatte mich Snow auf einer kürzeren Reise begleitet. Es war schon auf dem Weg nach Hause, Richtung Hamburg, kurz hinter Bremen, als plötzlich Glatteis herrschte, was mir noch rechtzeitig klar geworden ist. Es ging im Kriechtempo weiter. Die Parkplätze waren voll, so blieb keine andere Wahl. Meine Stimmung war nicht mehr so gut. Snowi saß hinter mir auf meinem Bett. Er hat mir eine Pfote auf die Schulter gelegt. Dieser kleine Kerl hat mich zu tiefst gerührt.

Ich habe damals meine Lebensgemeinschaft und so auch Bonnie und Snow verlassen. Sie waren nicht meine Hunde. Kurze Zeit darauf wurde ich gebeten Bonnie zu übernehmen. Sie hatte aufgehört Futter zu sich zu nehmen nachdem ich gegangen war. So kam sie dann zu mir und hat mich weitere elf Jahre begleitet. Öfter habe ich sie eine eigenwillige Schrulle genannt, denn sie konnte stur sein und manchmal auch gemein. Ist ihr ein kleineres Wildtier begegnet, hat sie blitzschnell getötet. Westies sind Jagdhunde und die müssen mutig sein. Snowi hat vor Ratten das Weite gesucht. Bonnie hat sie nicht geduldet.

Wenn ich Bonnie in der Obhut Anderer lassen musste, sie wusste das schon bevor ich richtig entschlossen war, hat sie mich bestraft, ging zu den „Ersatzeltern“, setzte sich auf deren Füße und sah mich an als wollte sie sagen: „Geh du nur, du wirst schon sehen was du davon hast“. Als ich dann zurück war, geschah es anders herum. Ich war kaum wichtig. Und sie gab sich Mühe mich kaum eines Blickes zu würdigen, bevor sie dann doch ihr Freudengebell ganz vorwurfsvoll begann. Ich werde Bonnie dankbar bleiben. Sie hat zu mir gehalten, auch wenn die Zeiten nicht immer rosig waren. Ich vermisse sie. Während ich das hier schreibe, bin ich bei Marina. Sie lebt in Moskau, sie ist meine wunderbare Frau. Marina konnte Bonnie noch zwei Jahre erleben und von ihr die Liebe zu Tieren erlernen, denn in Marinas Elternhaus gab es keine Tiere und Marina hatte nie ein Haustier. Als Bonnie zu Marina auf das Bett sprang, war das für sie ein arger Schock, doch bald wurde ihr klar dass die Liebe zu einem Hund und vom ihm zu uns ein großes Geschenk ist. So haben die beiden bald von Herzen miteinander gekuschelt. Bonnie fühlte sich sehr zu Marina hingezogen.

– Molly –

Ich wusste noch nicht zu wem Molly gehörte, als ich sie das erste Mal gesehen habe.

Man hatte sie an einer Stelle rasiert die kurz zuvor genäht worden war. Ich wollte sie sofort mit Zeolith behandeln. Der Nachbar gab berechtigter Weise zu bedenken, dass doch die Genehmigung der Besitzerin einzuholen sei. Es war wohl ein Jahr später, als ich in dieses Haus gezogen bin und mit Mollys Frauchen zusammen war. Anfangs hat Molly mich abgelehnt. Allein durfte ich sie nicht die Treppe hinauf tragen. Natürlich wusste sie, dass ich sie trug, doch ihr Frauchen musste ihren Kopf tragen. Molly war nicht einfach nur ein Hund. Sie war „Neufundländerin“, diese Eigenschaft ist nicht mit wenigen Worten zu beschreiben. Neufundländer ist gleich Energie, Sturm, Mut, Schutzbedürfnis und Liebe. Versuch doch mal in der Gegenwart eines Neufundländers ins Wasser zu gehen, das wird kaum gelingen. Er wird versuchen Dich daran zu hindern, oder Dich sofort wieder heraus zu ziehen und das könnte weh tun. Molly hatte zuvor einen Schlaganfall erlitten und war seitdem in ihrer Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt, daher bestand die Notwendigkeit sie Treppen hoch zutragen. Wobei sie gerne dabei half und mit der Vorderhand mitlief. Es dauerte lange, bis sie es duldete, dass ich sie allein tragen durfte. Wenn irgend möglich, bin ich mit Bonnie und Molly zur Elbe gefahren, weil mich dieser Fluß magisch anzieht. Die Elbe ist von einer reichen Artenvielfalt umgeben, es gibt Biber und deren Burgen zu sehen und was mich immer voller Ehrfurcht ergreift, ist der Anblick der Seeadler. Die Vielfalt der Fische hat sich seit der Grenzöffnung auch wieder eingestellt, man spricht von dem Vorhandensein von Lachsen. Entsprechend wird hier „Angelsport“ betrieben. In meinem Inneren vergleiche ich das mit Stierkampf. Letztendlich bleibt ein totgequältes Tier zurück, das gerne noch in Frieden gelebt hätte.

Seit nun drei Jahren arbeite ich als Koch, ohne irgendwelche Produkte von Tieren. Im Verlauf der folgenden Geschichten könnte ich immer wieder in dieses Thema abgleiten, weil es für mich inzwischen von aller größter Bedeutung geworden ist. Ich habe mein Verhältnis zu Tieren völlig verändert und eine Wahrnehmung von ihnen entwickelt, die mir eine neue Welt eröffnet hat.

Wenn ich zuvor Bonnie als stur bezeichnet hatte, trifft dieser Begriff für Molly nicht zu, denn er kann diesbezügliches Verhalten nicht beschreiben. Um es deutlich zu sagen: Ihr war so ziemlich alles egal, was Andere von ihr wollten. Auf Spaziergängen blieb sie hunderte von Metern zurück, weil Gerüche sie in Traumwelten gleiten ließen die sie genießen wollte. Zum Glück war sie groß und schwarz und dadurch noch aus weiterer Entfernung zu sehen. Einmal ist es vorgekommen, dass sie plötzlich nicht mehr da war. Zum Glück konnte ich die Stelle finden an der sie verschwunden ist. Dort ist sie in einen tiefen Graben gerutscht. Das lange Schilfgras verschloss danach die Stelle wieder und Molly war nicht mehr zu sehen. Irgendwie habe ich sie doch entdeckt und wieder nach oben befördert. Natürlich musste ihr geholfen werden, das hat sie auch erwartet. Wozu wäre ich denn sonst da.

Molly und Bonnie sind Freunde geworden. In der folgenden Zeit verlor Molly zunehmend ihre körperlichen Fähigkeiten. Geistig blieb sie im Besitz ihrer Kräfte.

Ich habe dann den „Fliegenden Teppich“ gebaut, eine große Holzplatte mit Rollen und einer Schnur daran. Molly liebte die Fahrten darauf sehr und Bonnie durfte mitfahren. Immer öfter hat Bonnie sich zwischen die großen Pfoten von Molly gekuschelt. Darauf folgte dann der Handwagen. Damit sind wir an den Elbstrand gefahren. Ich musste ganz schön schieben, denn der war ziemlich stabil und entsprechend schwer. Bonnie durfte mitfahren. Stolz haben beide auf die Welt herabgeblickt. Welcher Hund hatte schon das Vergnügen in einer Riksha gefahren zu werden. Bald erfolgte die Zeit als nichts mehr ging, doch Mollys Geist war wach und interessiert wie immer. Gut dass wir den fliegenden Teppich und den Handwagen hatten. Auch Ausflüge mit dem Auto hat Molly weiterhin geliebt. Wir sind jeweils an die gewünschten Ziele gefahren. Natürlich war es immer wieder die Elbe. Beide Hunde haben sie geliebt. Ich werde sie immer lieben. Gemeinsam haben wir die großartige Energie genießen können, wobei Zeit keine Rolle spielte. Es gab Menschen in unserer Umgebung die für Mollys Glück Tränen vergossen haben. Andere haben ihren Tod beim Tierarzt empfohlen. Ich habe die Aufgabe Molly in den letzten Monaten nur noch zu tragen als eine Übung der Demut angenommen die ich heute auf keinen Fall missen möchte. Ich kann meine Empfindungen für diese Zeit nicht mit Worten beschreiben, auch weiß ich, dass viele Menschen mich für „bescheuert“ gehalten haben und vielleicht auch heute noch tun, aber das war mir immer schon ziemlich egal. In dieser Phase hat mir Molly ihre Liebe erklärt. Sie konnte oft nicht mehr alles kontrollieren, so kam es vor, dass Ihr Fellkleid nass und verschmiert war. Hunde sind Ordnungsliebhaber und in ihrer Art Geruchsästhetiker, so hat Molly sehr unter diesem Zustand gelitten. Ich habe sie dann in die Dusche getragen und gereinigt. Molly hat dann ihren Kopf nach mir gestreckt und mir den Hals geleckt – damals als ich mir erlaubt hatte sie die Treppe hoch zu tragen, wäre das nicht denkbar gewesen. Ich habe einen Lehrer der behauptet Hunde seien hier auf diesem Planeten um uns Liebe zu lehren.

Molly ist dann in den Armen ihres Frauchens, Kirsten, friedlich von uns gegangen. Natürlich bin ich überzeugt, dass ihr Geist sich ab und zu blicken lässt. Vier Monate später wäre sie achtzehn Jahre alt geworden.

Seit Bonnie von mir gegangen ist, habe ich keinen Hund mehr zu mir genommen. Bald bin ich drei Jahre mit Marisha verheiratet und bewahre mir die Freiheit zu reisen wann immer möglich. Es ist mir klar geworden, welch große Aufgabe ein Hund erfordert. Natürlich vermisse ich die Liebevolle Zuneigung eines Hundes und die regelmäßigen Spaziergänge, ja, ich bin diesbezüglich ziemlich faul geworden. Aber auch das genieße ich. In meiner nachbarschaftlichen Umgebung gibt es einige Hunde. Einer davon ist Balu, eine stattliche Wucht. Er soll ein Hütehund sein und aus den östlichen Teilen Europas stammen. Noch mit Bonnie zusammen bin ich fast täglich an seinem Grundstück vorbei gegangen. Er kam dann immer angerannt und schien den Zaun überspringen zu wollen, wobei er förmlich brüllte und aggressiv aussah. Das war wirklich ziemlich furchteinflößend. Ich hatte gehört, dass er noch jung sei, und stellte mir vor, wie schlimm es werden könnte, sollte er jemals den Zaun überspringen. So habe ich mich um seine Freundschaft bemüht, damit er lernt, dass es so etwas auch gibt und für ihn nicht nur Trauer und Zorn existiert. Leider gibt es noch viele Hundehalter denen ihr Hund eigentlich nichts bedeutet und die nichts um sein Wesen zu wissen scheinen oder dies einfach ignorieren. Wissen wir doch dass Hunde vom Ursprung her zu der Familie der Wölfe gehören und um deren Bedürfnis nach einem starken sozialen Zusammenhalt, durch das was wir Familie nennen. Niemals würde es bei den Wölfen vorkommen, das eines ihrer Familienmitglieder aus dem Rudel ausgeschlossen leben müsste. Alles hat dort eine Ordnung. Balu lebt draußen, er hat eine Hütte und Auslauf um einen großen Teil des Hauses herum. Vorne kann er das Geschehen auf der Straße verfolgen und nach hinten heraus hat er einen schönen Ausblick auf Wiesen, auf denen im Sommer Rinder grasen. Das ist soweit sehr schön. Allerdings habe ich nie erlebt, dass er jemals das Grundstück verlassen durfte. Ich habe mir ein Herz gefasst und bin auf ihn zugegangen. Heute sind wir freunde. Er hat noch eine Gefährtin, Lizzy, eine ältere Labradorhündin, die sich über nichts aufregt und auch öfter in seiner Hütte sein darf. Ich möchte nicht behaupten, dass es diesen Hunden schlecht geht, aber weil ich weiß wie sehr sie sich nach der Nähe ihrer Familie, das sind nun mal die Menschen die sie angeschafft haben, sehnen, kann ich mir vorstellen, wie sehr sie darunter leiden, wenn ihnen dieser Wunsch unerfüllt bleibt.

Passiert nun jemand das Grundstück an der Straßenseite, ertönte das donnergleiche Gebell von Balu und jeder denkt nur, hoffentlich kommt dieser Hund nicht über den Zaun herüber. Meine Befürchtungen waren, dass seine Wut immer größer werden könnte. Um nun Schlimmstes zu verhindern, habe ich ihn auf Spaziergänge mitgenommen. Bonnie war Anfangs noch dabei. Fairer Weise möchte ich berichten, dass sein Herrchen ein absolut herzliches verhältnis zu seinen Hunden hat, nur dass er nicht mit ihnen spazieren geht. Ich besuche Balu nicht regelmäßig, denn ich möchte nicht, dass er traurig ist wenn ich nicht kommen kann. Er soll sich einfach nur freuen können wenn ich für ihn da bin. Lizzy freut sich dann mit ihm.

Es kam wie es kommen musste. Eine Nachbarin mit ihrem Schäferhund, kommt wie jeden Tag an Balus Zaun vorbei und, oh Schreck, das Tor stand offen. Als wäre es nichts Besonderes, kam Balu heraus, hat den Schäferhund freundlich begrüßt, sein Frauchen auch und alles war gut. Immer mehr glaube ich, dass die verschiedenen Rassen nicht nur verschiedene Körpereigenschaften hervorbringen, sondern auch Charaktereigenschaften zeigen. Hütehunde behüten. Müssen Kampfhunde kämpfen? Ich kann sie nicht einschätzen.

– Rafael und Trixie –

Da ist noch ein Hund aus meiner nahen Vergangenheit, den ich nicht unerwähnt lassen möchte. Trixie, eine alte schäferhundähnliche Hündin, die noch eine schöne Aufgabe übernehmen konnte.

Mein lieber Sohn Rafael war in diesem Jahr bei mir, wir hatten das Glück ein kleines Haus auf einem sehr großen, ländlichen Grundstück bewohnen zu dürfen. Rafael hatte den Wunsch geäußert bei mir sein zu wollen und auf seine Psychopharmaka zu verzichten. Die Runde der Ärzte aus seiner bisherigen Betreuungseinrichtung, mit ihren versteinerten Gesichtern, hätten mir wirklich Furcht einflößen können. Deutlich warnten sie mich vor unserem Vorhaben. Doch begann ich mich auf die gemeinsame Zeit mit Rafael zu freuen und folgte seinem Wunsch. Rafael liebte endlose Spaziergänge, kam irgendwann heim und wir haben zusammen gegessen, meistens aber wenig gesprochen. Natürlich gingen wir auch gemeinsam und und badeten manchmal in der Elbe. Es war an einem Abend als ich mit Trixie nach Hause gekommen bin. Mein Herz für Hunde hatte mich Trixie zu uns nehmen lassen, nachdem ihr Frauchen kurz zuvor gestorben war. Bonnie war damals noch ein wichtiger Freund in meiner Nähe. Trixie war Rafael in ihrem Verhalten ähnlich. Kurz ließ sie das Haus auf sich wirken und legte sich dann in die Nähe der Haustür. Von mir schien sie kaum Kenntnis zu nehmen. Es war mir, als wartete sie auf Rafael. Und so war es. Als er nach Hause kam, begrüßte sie ihn wie einen alten Freund und begleitete ihn fortan auf seinen stundenlangen Wanderungen. Es war keine Leine nötig und auch nicht viel Worte zwischen den beiden. Sie waren eine selbstverständliche Einheit. Auch gab es mir ein Glücksgefühl zu sehen wie sie miteinander umgingen. Rafael hat eine wunderbare Gabe mit Tieren zu kommunizieren, in Ruhe und Sanftheit begegnet er ihnen. Mit leisen Worten spricht er sie an und es besteht der Eindruck von Vertrautheit und Frieden.

Ich konnte nicht immer in Rafaels Nähe sein. Im darauf folgenden Frühjahr ist Rafael dem Drängen eines Besuchers gefolgt und rauchte zusammen mit ihm Canabis. Leider konnte er nicht nein sagen, denn bereits zuvor löste das bei ihm eine Katastrophe aus. THC, so hatte der Besuch erklärt, sei gut für die Gesundheit. Das mag wohl sein, jedenfalls reiten sich sich Ereignisse aneinander, die Rafael erneut in die Psychiatrie und später wieder in eine Betreuungseinrichtung brachten. Es ist fürchterlich zu erleben wie das funktioniert. Auf mich machte das den Eindruck, als hätte man ihn zuerst seiner sämtlichen Fähigkeiten beraubt um ihn dann wieder so aufzubauen wie es gewünscht war. Medikamente vermögen vieles zu bewirken, doch heilende Fortschritte kann ich nicht erkennen, dabei wünsche ich mir das für meinen Rafael von Herzen. Ich bin mir sicher, dass es möglich sein muss und ich das Glück haben werde, mich irgendwann darüber freuen zu dürfen.

Trixie schenkte Rafael noch eine wunderschöne Zeit, bevor ich die schlimme Aufgabe übernehmen musste, sie in ihr körperliches Ableben zu begleiten. Die Tierärztin sagte, dass es gut sei, dass ich gekommen bin. Sie sei voller Tumore und leide Schmerzen. Man konnte das an ihrer verkrümmten Körperhaltung sehen. Lange danach haben mich Schuldgefühle geplagt, doch inzwischen konnte ich mir vergeben. Einige Jahre zuvor ist mir Gleiches passiert, mit Sina, einer ähnlichen, alten Hündin. Auch sie konnte noch einige, schöne Monate bei uns genießen, dann wuchs ihr der Krebs aus dem Körper.

– Pit und Julia –