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Die Kerzenflamme flackerte auf und erlosch. Das Licht der Deckenlampe zuckte und ging aus. gespenstischer Schein erfüllte das Zimmer. Vor Tommys Bett stand ein Gespenst: Don Alonso. Er hatte den Kopf abgenommen und trug ihn unter dem Arm. Der Anblick war grausig, und selbst ein mutiger Bub konnte dabei das Fürchten lernen. Tommy bereute, dass er sich gewünscht hatte, ein Gespenst persönlich kennen zu lernen. Tommy ist zu Besuch im Burghotel seines Onkels. Es gibt kaum mehr Gäste in der Burg, denn drei schreckliche Gespenster habensich dort niedergelassen. Der unerschrockene Tommy lehrt den dreien das Fürchten und möchte gern weiter seinen Spaß mit ihnen treiben.
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Seitenzahl: 40
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Käthe Recheis
Illustriert vonAngelika Kaufmann
Redaktion der ClubTaschenbuchreihe: Kai Aline Hula
Umschlaggestaltung: Carola Holland
Lektorat: Inge Auböck
Gesetzt nach den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung
© 2022 Taschenbuchausgabe by Obelisk-Verlag, Innsbruck – Wien
© 2010 Taschenbuchausgabe by Obelisk-Verlag, Innsbruck – Wien
Buchausgabe erschienen im Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra
Druck und Bindung: Finidr, s.r.o., Český Těšín, Tschechien
ISBN 978-3-99128-020-0
eISBN 978-3-99128-073-6
Kapitel I
Kapitel II
Kapitel III
Kapitel IV
Kapitel V
Kapitel VI
DIE AUTORIN
DIE ILLUSTRATORIN
Als die Bewohner von Lauterbach erfuhren, dass Tommis Mutter krank geworden war und Erholung brauchte, gab es keinen im Dorf, der Tommis Großonkel Willibald nicht bedauert hätte. „Der arme Herr Degenstein“, sagten sie, „es ist wahrhaftig Plage genug, dass er die Gespenster am Hals hat! Und jetzt noch Tommi? Wie wird er das nur überstehen?“
Derselben Meinung war auch Willibald Degenstein.
„Ich wünschte, ich wäre tot und begraben“, sagte er zu seiner Schwester Emma, als er in seiner alten, malerischen Burg beim Frühstücks- kaffee saß.
„So etwas darfst du nicht wünschen“, widersprach Emma.
„Warum soll ich es mir nicht wünschen?“, antwortete Willibald Degenstein düster, rührte den Zucker im Kaffee um und nahm einen Schluck.
Der Kaffee schmeckte nach Pfeffer, aber Willibald beschwerte sich nicht. Er hatte es nicht anders erwartet. Seit die Gespenster auf der Burg ihr Unwesen trieben, schmeckte der Kaffee jeden Morgen nach irgendetwas, das mit Kaffee wirklich nichts zu tun hatte. Nach Salz oder Essig oder Majoran oder sonst einem Gewürz, manchmal sogar nach Paprika. Die Gespenster hielten das offenbar für eine Kaffeeverfeinerung, und gemessen an ihren anderen Scherzen war es noch harmlos.
„Wäre ich tot und begraben“, fuhr Willibald fort, „dann hätte ich meine Ruhe. Auf ein bisschen Ruhe hat der Mensch ein Recht! Wie soll ich sie aber finden, wenn Tommi im Haus ist?“
Emma trank ohne eine Miene zu verziehen ihren Pfefferkaffee. „Tommi ist ein lieber Junge!“, sagte sie.
„Ha! Und wer hat unseren Gästen Bürsten unter das Leintuch gelegt? Haarbürsten und Schuhbürsten und Reisbürsten und ich weiß nicht was noch für Bürsten! Wer, ich frage dich?“
„Ich weiß, Lieber, das war Tommi. Aber denk daran, dass Bürsten unters Leintuch zu legen eine Versuchung ist, der kein normales Kind widerstehen kann. Wenn ich mich recht erinnere – das ist zwar schon lange her –, hast du selbst einmal…“
„Schon gut! Schon gut!“, unterbrach sie Willibald hastig. „Du brauchst nicht uralte Sachen aufzuwärmen. Jedenfalls habe ich niemals einen Laubfrosch in die Salatschüssel gesetzt!“
„Nein, auf diese Idee bist du nicht gekommen“, antwortete Emma versonnen. „Tommi ist eben einfallsreicher als du. Und du musst zugeben, dass der Laubfrosch im grünen Salat sehr hübsch anzusehen war.“
„Nicht für unsere Gäste! Wer will schon seinen Urlaub in einem Hotel verbringen, wo beim Mittagessen ein Frosch in der Salatschüssel sitzt? Ein Frosch, der noch dazu in die Mayonnaise hüpft, im Ketchup badet und dann der Frau Hofrat ins Gesicht springt.“
„Sie hätte nicht so laut schreien sollen! Kein Wunder, dass der Frosch nervös wurde. Das konnte Tommi nicht voraussehen. Er wollte uns und den Gästen doch nur eine kleine Freude machen.“
„Auf solche Freuden kann ich verzichten“, erklärte Willibald Degenstein, trank seinen Kaffee aus und bekam einen Hustenanfall, weil sich der Pfeffer unten in der Schale gesetzt hatte.
Emma klopfte ihrem Bruder hilfreich auf den Rücken.
„Damals hast du selber am meisten gelacht! Außerdem ist es sehr einsam bei uns geworden. Wer kommt noch als Gast auf unsere Burg? Niemand! Tommi wird uns gut tun, Willibald. Er wird dich und mich aufheitern. Und das haben wir wirklich nötig.“
Emma hatte kaum den Satz beendet, als die Burg von einem schrecklichen Getöse erzitterte, von Poltern und Krachen, dem das Klirren zerbrochener Fensterscheiben folgte.
„Dieser Poppo!“, sagte Emma ungehalten. „Wenn er schon mit Steinen um sich schleudern muss, sollte er wenigstens aufpassen, wohin er sie wirft. Jetzt müssen wir wieder den Glasermeister bestellen! Und ihm den doppelten Lohn anbieten, damit er sich überhaupt in die Burg wagt!“
Emma Degenstein blickte in ihre Kaffeeschale, hütete sich aber, den letzten Schluck zu trinken. Sie seufzte.
„Don Alonso sollte sich was Neues einfallen lassen! Ich kann mir ja vorstellen, dass sie in einem südlichen Land wie Spanien gewürzte Speisen lieben, aber dass sie dort Kaffee mit Pfeffer oder Paprika trinken, glaube ich nicht. Spanischer Edelmann! Pah! Ein Strauchritter ist Don Alonso. Und Donner-Jeremias ist auch nicht besser. Gleich wird er mit seinem Revolver losballern. Im Vergleich zu den Gespenstern, Willibald, wird Tommi eine Erholung für uns sein!“
Die Burg Degenstein stand oben auf einem Hügel – wie es sich für eine Burg gehört –, hatte Wachtturm, Zinnen, Erker und tief unten in den Kellern sogar ein richtiges Verlies.