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Die verhängnisvolle Neigung der Menschen über etwas, was nicht mehr zweifelhaft ist, nicht länger nachzudenken, ist die Ursache der Hälfte aller Irrtümer." JOHN STUART MILL Spätestens seit dem Arabischen Frühling wird dem durchaus komplexen Freiheitsbegriff wieder intensive Beachtung geschenkt. John Stuart Mill differenziert und erläutert bereits im 19. Jahrhundert überraschend zeitgemäß die unzähligen Ebenen, die den Terminus der Freiheit ausmachen. Er konfrontiert den Mikrokosmos des Einzelnen mit dem Makrokosmos eines Volkes. Mill erläutert in "Über die Freiheit" unter anderem wie sehr Pressefreiheit, Bildung einer öffentlichen Meinung, die Freiheit des Einzelnen und eines Volkes sowie Rechte und Pflichten eines Herrschers zusammenhängen. So stellt er sich der Frage, inwiefern von einem Herrscher oder Lehrer fraglos übernommene (öffentliche) Meinungen noch freie und vor allem wahre Meinungen sind. Ausführlich widmet Mill sich auch der Freiheitseinschränkung innerhalb einer Gesellschaft, sei es der Festlegung von Warenpreisen, staatliches Erschweren der Drogenein- und ausfuhr sowie der Giftherstellung oder der Besteuerung alkoholischer Getränke. Gleichermaßen setzt er sich mit religiöser und kultureller Verfolgung auseinander. Auch seine Überlegungen und Reformansätze zu ethisch-moralischen Problematiken wie der Verhinderung eines Verbrechens, der Prävention von Gewaltexzessen aus Trunkenheit, dem Einschreiten des Staates in die Kindererziehung und -bildung oder die Frage nach sozialer Ungerechtigkeit sind von bissiger Aktualität.
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Seitenzahl: 227
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JOHN STUART MILL (1806–1873) war einer der bedeutendsten politischen Philosophen und der vielleicht bedeutendste angelsächsische Philosoph des 19. Jahrhunderts. Als Hauptvertreter des Utilitarismus widmete er sich in seinem Werk vor allem Fragen der politischen Freiheit, des Allgemeinwohls und den Grenzen des Staates. Er verfasste darüber hinaus eine Frühschrift des Feminismus sowie eine Erörterung der Grundfragen der politischen Ökonomie. Er war vertrat seine liberale Position auch politisch aktiv und war Parlamentsmitglied für die Whigs.
»Die verhängnisvolle Neigung der Menschen über etwas, was nicht mehr zweifelhaft ist, nicht länger nachzudenken, ist die Ursache der Hälfte aller Irrtümer.«JOHN STUART MILL
Spätestens seit dem Arabischen Frühling wird dem durchaus komplexen Freiheitsbegriff wieder intensive Beachtung geschenkt. John Stuart Mill differenziert und erläutert bereits im 19. Jahrhundert überraschend zeitgemäß die unzähligen Ebenen, die den Terminus der Freiheit ausmachen. Er konfrontiert den Mikrokosmos des Einzelnen mit dem Makrokosmos eines Volkes und erläutert die Pflichten und Freiheiten eines Herrschenden. Religionskritische Äußerungen in die Richtung naiver und bedingungsloser Gutgläubigkeit gegenüber Traditionen und allgemein anerkannten Meinungen beanstandet er ebenso wie die bereits zu seinen Zeiten fehlende und noch heute unterschwellig vorherrschende Intoleranz gegenüber anderen Denk- und Glaubensweisen, die auch den westlichen Freiheitsbegriff immer wieder untergraben.
Wie sehr Pressefreiheit, Bildung einer öffentlichen Meinung, die Freiheit des Einzelnen und eines Volkes sowie Rechte und Pflichten eines Herrschers zusammenhängen, erläutert John Stuart Mill in Über Freiheit. So stellt er sich der Frage, inwiefern von einem Herrscher oder Lehrer fraglos übernommene (öffentliche) Meinungen noch freie und vor allem wahre Meinungen sind. Ausführlich widmet Mill sich der Freiheitseinschränkung innerhalb einer Gesellschaft, sei es der Festlegung von Warenpreisen, staatliches Erschweren der Drogenein- und -ausfuhr sowie der Giftherstellung oder der Besteuerung alkoholischer Getränke. Gleichermaßen setzt er sich mit religiöser und kultureller Verfolgung auseinander. Auch seine Überlegungen und Reformansätze zu ethischmoralischen Problematiken wie der Verhinderung eines Verbrechens, der Prävention von Gewaltexzessen aus Trunkenheit, dem Einschreiten des Staates in die Kindererziehung und -bildung oder die Frage nach sozialer Ungerechtigkeit sind von bissiger Aktualität.
John Stuart Mill
Über die Freiheit
John Stuart Mill
Aus dem Englischen übersetztvonDavid Haek
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2014Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2014Der Text wurde behutsam revidiert nach der Ausgabe Leipzig 1896.Covergestaltung: Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbHHamburg BerlineBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0439-4
www.marixverlag.de
VORWORT DES ÜBERSETZERS
WIDMUNG
ERSTES KAPITEL
Einleitung
ZWEITES KAPITEL
Über Gedanken- und Redefreiheit
DRITTES KAPITEL
Über die Individualität als eines der Elemente der Wohlfahrt
VIERTES KAPITEL
Über die Grenzen der Autorität der Gesellschaft über das Individuum
FÜNFTES KAPITEL
Anwendungen
John Stuart Mill, einer der erleuchtetsten Geister, die England der Welt schenkte, wurde am 20. Mai 1806 in London als Sohn des Historikers und Nationalökonomen James Mill geboren. Er erhielt eine sehr freisinnige Erziehung, war eine Zeitlang Beamter der Ostindischen Kompanie, später auch Mitglied des Unterhauses, und starb am 8. Mai 1873. Seine Ehe mit Miss Tayloy, einer feinsinnigen und hochgebildeten Dame, war sehr glücklich, was auch die dem Beginn dieses Werkes vorgesetzte Widmung erkennen lässt. Dieser Umstand mochte auch beigetragen haben, dass Mill zum eifrigen Vorkämpfer der sogenannten Frauenemanzipation wurde, ein Gegenstand, den er im vorliegenden Buche nur flüchtig berührt, ausführlich jedoch in seinem bekannten Werk: »Subjection of woman« (»Die Hörigkeit des Weibes«) behandelt.
Als sein Hauptwerk ist »System of Logic« zu betrachten, wo er als Philosoph auf dem von Bacon angebahnten Pfad rüstig weiter schreitet, ferner seine »Principles of Political Economy«, wo er sich auch als Meister eines der praktischen Gebiete der Philosophie – wofür die Nationalökonomie wohl gelten kann – bewährt.
Sein Essay »On Liberty«, das hier in deutscher Übersetzung dem Leser vorliegt, ist eines der interessantesten und merkwürdigsten Bücher, das von jedermann aufmerksam gelesen zu werden verdient. Obgleich Jahrzehnte seit dem ersten Erscheinen dieses Werkchens vergangen sind, steht sein Inhalt so frisch und neu vor uns, als wäre es gestern geschrieben worden. Alle Fragen, die hier berührt werden, pochen heute noch kräftiger als damals an die Pforte der Zeit; sie sind indessen allgemeiner, ihre Lösung dringlicher geworden. Was damals in präziser Form kaum mehr als Gegenstand wissenschaftlicher Erörterungen war, ist nunmehr zur Tagesfrage ausgewachsen, die die Menge bewegt und erregt, in der Gesetzgebung, in der Presse, kurz überall in der Öffentlichkeit laut ihr Dasein äußert. Diesem Werke kann daher neben seinem hohen wissenschaftlichen Wert ein bedeutendes aktuelles Interesse nicht abgesprochen werden.
Dem teuren und schmerzlichen Angedenken derjenigen, die Anregerin und zum Teil Verfasserin des Besten, was in meinen Schriften enthalten ist, war; der Freundin und Gattin, deren hoher Sinn für Wahrheit und Recht für mich die kräftigste Aufmunterung, deren Zustimmung mein höchster Lohn war – widme ich dieses Werk. Wie alles, was ich Jahre hindurch geschrieben habe, gehört auch dieses Buch ihr nicht minder an als mir; in seiner vorliegenden Gestalt hat es aber nur in einem sehr ungenügenden Grade den unschätzbaren Vorzug gehabt, von ihr durchgesehen werden zu können. Einige der wichtigsten Teile waren einer sorgsameren Prüfung bestimmt, die sie nunmehr nicht erhalten sollen. Wäre ich imstande, der Welt auch nur die Hälfte der hohen Gedanken und edlen Gefühle darzulegen, die mit ihr ins Grab gebettet wurden, so wäre ich der Mittler eines größeren Verdienstes, als jemals aus dem entstehen kann, was ich ohne Rat und Tat ihrer unvergleichlichen Weisheit zu schreiben vermag.
John Stuart Mill
Der Gegenstand dieses Essays ist nicht die sogenannte Freiheit des Willens, welche so unpassend der irrig benannten Lehre von der philosophischen Notwendigkeit gegenüber gestellt wird, sondern die bürgerliche oder soziale Freiheit: die Natur und Grenzen der Macht, welche berechtigterweise von der Gesellschaft auf das Einzelwesen ausgeübt wird. Es ist dies eine Frage, die nur selten aufgeworfen und im Allgemeinen kaum erörtert wurde, die aber die praktischen Kontroversen der Zeit durch ihre verborgene Anwesenheit stark beeinflusst hat und sich für die Zukunft gleichsam als Lebensfrage zu erkennen gibt. Sie ist insofern nicht neu, als sie, in einem gewissen Sinne, die Menschheit seit den frühesten Tagen in Parteien gespalten hat; aber in dem Zustand des Fortschritts, in welchem sich die zivilisierteren Teile der Menschheit nun befinden, äußert sie sich unter neuen Bedingungen und heischt eine unterschiedliche und gründlichere Behandlung.
Der Kampf zwischen Freiheit und Autorität ist der auffälligste Zug in denjenigen Teilen der Geschichte, mit welchen wir am frühesten vertraut sind, besonders in denen von Griechenland, Rom und England. Aber in alter Zeit bestand diese Gegnerschaft zwischen Untertanen oder einigen Klassen von Untertanen und der Regierung. Freiheit bedeutete Schutz gegen die Tyrannei der politischen Herrscher. Die Herrscher wurden (ausgenommen bei einigen der volkstümlichen Regierungen Griechenlands) als notwendigerweise gegnerisch dem von ihnen beherrschten Volke betrachtet. Sie waren Einzelherrscher oder ein herrschender Stamm, eine herrschende Kaste, die ihre Autorität von Erblichkeit oder Eroberung ableiteten, sie unter allen Umständen nicht zum Vergnügen der Beherrschten gegeben erachteten, und deren Übergewicht man nicht anzutasten wagte, vielleicht auch nicht wollte, welche Vorsichtsmaßregeln auch immer gegen ihre bedrückende Ausübung getroffen werden mochten. Ihre Macht galt als nötig, aber auch als höchst gefährlich, als eine Waffe, die sie geneigt sein könnten gegen ihre Untertanen nicht minder zu – gebrauchen als gegen äußere Feinde. Um die schwächeren Mitglieder der Gemeinschaft davor zu schützen, dass sie nicht die Beute zahlreicher Geier werden, war es nötig, dass ein Raubtier vorhanden sei, das stärker als die andern ist, berechtigt, diese niederzuhalten. Da aber der König der Raubvögel nicht minder als einer der Geringeren geneigt sein mochte, beutegierig auf die Herde zu stoßen, so war es unerlässlich, gegen seinen Schnabel und feine Krallen in stetem Verteidigungszustand zu sein. Das Ziel der Patrioten war daher Schranken zu setzen der Macht, welche der Herrscher über die Gemeinschaft ausübte, und diese Einschränkung war es, was sie unter Freiheit verstanden. Sie wurde auf zweierlei Wegen versucht. Erstens, indem die Anerkennung gewisser unverletzlicher Bestimmungen herbeigeführt wurde, die politische Freiheiten oder Rechte genannt wurden, deren Missachtung als Pflichtbruch des Herrschers betrachtet wurde, so dass in diesem Falle ein besonderer Widerstand oder eine allgemeine Rebellion für gerechtfertigt galt. Ein zweites, allgemein späteres Mittel war die Herstellung konstitutioneller Schranken, wodurch die Zustimmung der Gemeinschaft oder irgendeiner Körperschaft, von der angenommen wurde, dass sie die allgemeinen Interessen vertrete, als notwendige Bedingung für einige der wichtigeren Handlungen der regierenden Macht festgesetzt wurde. Jener ersten Art und Weise der Einschränkung mussten sich die Herrscher der meisten europäischen Länder mehr oder minder unterwerfen. Anders war es mit der zweiten, und diese herzustellen oder sie zu vervollständigen, wo sie bereits einigermaßen vorhanden war, wurde überall der Hauptgegenstand der Freiheitsfreunde. Und solange die Menschheit damit zufrieden war, einen Feind mit dem andern zu bekämpfen und von einem Herrn regiert zu werden, unter der Bedingung, gegen seine Tyrannei mehr oder minder geschützt zu sein, ging sie mit ihren Bestrebungen über dieses Ziel nicht hinaus.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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