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Ein Buch über Fluchten, die Großen und die Kleinen und über's Ankommen, Bleiben und Weiterziehen
Das E-Book Uferläufe wird angeboten von BoD - Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Liebe, Natur, Spiritualität, Stadt, Neuanfang
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Seitenzahl: 200
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Allen Fluchtbeladenen
1. Unverdautes Glück - Prosa
2. Wolkenflößler
3. Staffellauf
4. Im Frühling
5. Wenn ein Wind
6. Fahrradschieben
7. Wilde Bienen
8. Torlauf
9. Lichtreife
10. Ebenherzig
11. Schwere Vögel - Prosa
12. Der Träume Anfang
13. Erklär‘s mir nicht
14. Golden
15. Wenn da Wind...
16. Abschied werden
17. Insel werden
18. Beobachter
19. Anteilnahme
20. Rehgefühle - Prosa
21. Wärmer als Schnee
22. Rückseiten unerlöst
23. Streunen
24. Morgenaugen
25. Liturgie
26. Vermählung
27. Scherbenernte
28. Death-Metal statt Disco - Prosa
29. Fürchten lehren
30. Unten
31. Gewitterschwimmen
32. Rückwärts tanzen
33. Geisterstunden
34. Ebbezeit
35. Wundschaukeln
36. Vorabendwunder
37. Möglichkeiten
38. Scherben ordnen
39. Er liebt Rot
40. Zuweilen engmaschig
41. Zimmerpflanzen
42. Schlafwandeln
43. Nachtaugen
44. Stege
45. Fremdes Auge
46. Geheimnis
47. Das alte Kleid - Prosa
48. Im September
49. Quellen
50. Sterne steigern
51. Schwäne im Regen
52. Hunger
53. Mitten
54. Reihenfolgen
55. Erste Sterne
56. Ablöse
57. Reste - Prosa
58. Schlüssel frei
59. Weiterfahrt
60. In den Feldern noch Wind
61. Brücken
62. Begegnung
63. Enden
64. Raum
65. Ins Leise
66. Farben
67. Endlichkeit
68. Ernst und Gabe
69. Riemengang
70. Das Kreisen um den Zylinder
71. Verstehen
72. Ein einzig‘ Feuer
73. Meisterlich
74. Kein Winter
75. Birnen und Eselsohren
76. In zwei Stunden Rom
77. Erstes
78. Herbstsonne
79. Golden
80. Neben mir, Frühling
81. Wiedersehen
82. Wanderabschied
83. Bruchstelle
84. Schacht und Anker
85. Kopie
86. Datteln und Bier
87. Den Wanderstab schälen
88. Rote Ameisen
89. Schlagseite
90. Verzeihende Sommer
91. Ewigkeiten
92. Herbstwaisen
93. Verwundete Stille
94. Mit leeren Taschen
95. Frischwäsche
96. Nachgewittervögel
97. Laufen lernen
98. An Sonnentagen
99. Dunkles Papier
100. Wunder
101. Grüne Paprika
102. Mauersteinehen
103. Sonnen in Zellophan
104. Alle Welt
105. Ränder
106. Herzschnitzen
107. Feuerstellen
108. Rückkehr
109. In 20 Minuten
110. Warten
111. Ein Abend
112. Schwalben kreisen unruhig
113. Papierflieger
114. Rohbau
115. Windmühlenflügel
116. Morgen
117. Nochmals Schwäne
118. Bruchstellen
119. Stubengesänge
120. Winter im Juli
121. Glas
122. Bunt
123. Ankunft
124. Momente
125. Gipfelwelten
126. Nachtgeburten
127. Fessel
128. Schneckenpfade
129. An anderen Sommern
130. Schleier - Prosa
131. Friedhof
132. Ungeteilte Himmel
133. Strandgeflüster
134. Weitergehen
135. Auf den Bäumen stets dasselbe Lied
136. Anders
137. Zerbrechliche Saaten
138. Nicht mehr dort
139. Mit dem Schnee fallen
140. Traumes Licht
141. Nachtbeichte
142. Schokoladenmünder
143. Weißes Porzellan
144. Uferläufe
145. Ernte
146. Landgang
147. Unsichtbares
148. Im Baume
149. Stundenglasklänge
150. Wagnis
151. Versal
152. Herbsteinsamkeit
153. Höhenangst
154. Mondgezogen
155. Wehrlos
156. Am Vortag
157. Unter Gläsern
158. Kummerschläge
159. Anvertrautes
160. Ich kühle meine Stiche
161. Lange Winter
162. Faser
163. Passage Übergang
164. Vor den Türen, Neugier
165. Erste Tage, schwer
166. Eden, später
167. Asphaltnadel
168. Schwalbenfeier
169. Hölzerne Kerzen
170. Nachtlied
171. Junge Katzen
172. Weidengruß
173. Begraben
174. Sommerrost
175. Steine wenden
176. Nächtliches
177. Brücke
178. Nachtbeichte
179. Wunde Stellen
180. Frühstück im Dunkeln
181. Türme
182. Nachtgeboren
183. Druckstellen
184. Zeit
185. Angelehntes
186. Schwäne sind‘s nicht
187. Kleines Schlösschen
188. Stürme haben sich heut‘ verirrt
189. Degentage
190. Spiegeltauchen
191. Herzwölben
192. Ähnlich, anders
193. Schwimmen
194. Stühle
195. Herbstschaun
196. Malkasten
197. Mögliche Höhen
198. Pferd im Schatten
199. Morgengewitter
200. Bevorzugt Rosensträucher
201. Am Rande des Vergessens
202. Das erschöpfte Ich
203. Geflochten zu einem Kranze
204. Waldgeister
205. Schmetterlinge im Winter
206. Zwischenwelten
207. Gelehnt an meinem Atem
Ein loser Pflasterstein lässt mich stolpern,
die Mauer die mich fängt, haltlos, bartlos,
zu jung, für etwas Haltung,
und doch, eine Mauer, die hält, mich hält.
Ich stürze, nicht schwer, sanft,
doch es reicht für etwas Blut.
Die Kälte und einige Kiesel drücken es sofort zurück
in seine Wunde, ein Kratzer nur,
aber er genügt, um mich zu spüren.
Ich wasche ihn im Schnee,
der noch andere Wunden bedeckt.
Der Winter ist noch nicht auskuriert,
er gräbt sich nicht nur in das,
was an seiner Brust liegt, sondern auch in das,
was sich verhüllt in seine Mitte wagt.
Die Fenster sind beschlagen, ein weiterer Vorhang
vor all den anderen Blumen mit
gesenkten Köpfen, die hinaus in die Kälte starren;
Kitsch, der – verbannt an die Fensterkante – keinen
Schritt mehr wagt, ausser man entdeckt ihn,
dann entlockt er den Betrachtenden ein Lächeln.
Mein Buch, das ich gerade noch in den Händen hielt,
liegt jetzt geöffnet auf dem Boden,
die Seiten in die Höh’ gestreckt, wie ein Käfer,
der umgedreht mit dem Himmel ringt.
Das Lesezeichen ist aus seiner warmen Welt geglitten,
es dauert wohl, bis es seinen vertrauten Platz erneut
findet, vielleicht leg ich es dann auch beiseite.
Die Sätze, die mir Freude bereiteten,
wirken beim zweiten Male oftmals kraftlos und leer.
Und während ich die Seiten meines Buches inspiziere,
mich orientiere an Eselsohren,
stolpere ich erneut.
Zwei Füße abgelegt auf einem Stück Karton.
Ein wollener Mantel bis über die Knie gezogen,
ein Gebirge aus abgetragenem Stoff.
An die Mauer gelehnt,
ein in einen Schal gewickelten Kopf.
Der Schal, ein Verband für eine grosse Wunde.
Keine Augen, kein Mund, aber ein Rasseln,
das sich durch die Luft schlängelt
und hinter dem Gebirge hervorwinkt.
Ich entschuldige mich. Vielleicht zu leise,
vielleicht zu..., ich wühle in meinen Taschen,
ein paar Münzen gegen mein schlechtes Gewissen.
Ich werfe sie in den leeren Kaffeebecher,
der zwischen den Beinen klemmt,
die Münzen klingen dumpf,
als fielen sie in einen leeren Brunnen.
Ich gehe schnell weiter, ohne mich umzudrehen,
will keine Reaktion, kein Gespräch,
schon gar keinen Dank.
Als ich das Tempo wieder zügle,
berührt jemand meine Schulter.
„Ihr Buch?“ Der Verband, von dem Gesicht gerutscht.
Eine Frau, vielleicht jünger, vielleicht älter als ich.
Ihr fehlen ein paar Zähne doch ihre Augen leuchten,
sind wach wie die einer Katze. „Ihr Buch?“
„Äh, ja. Aber Sie können es gerne behalten,
ich bin damit durch.“
„Sie sollten es zu Ende lesen, es ist wirklich gut,
vor allem das Ende.“
„Ich weiss...“ Sie hält es mir entgegen,
unser beider Blicke sind auf das Lesezeichen gerichtet,
das nicht lügt.
Sie merkt, wie ich mich winde, um Ausflüchte ringe,
ich möchte es eigentlich nicht nehmen.
Ihre Hände – und meine?
Blutig, mit Kiesgesichtern,
die nicht lächeln sondern grimmig verzogen sind.
„Vielleicht wollen Sie es mir erzählen,
das Ende,
bei einer Tasse Kaffee und etwas Gebäck?“
Noch ist‘s nicht Abend
und der Frühling unter Schnee begraben,
alle Farb‘ noch Knospenleise,
mir ist‘s als lebt‘ ich auf selbe Weise,
in meine Flügel eingebunden.
Ein Strick am Herze vorbeigeführt,
ganz nah,
es schlagen lässt nur halb,
nur der Blick in den Himmel,
wo alles sein könnt‘,
lässt mich steigen auf ein Floß,
das alle Berg‘ überwindt‘.
An Zweigen schon die Dringlichkeit,
es dem Sommer aufzutun,
Federkleider wölben sich,
um durch die Still‘ zu brechen,
lauter noch als an silberfarbenen Nächten,
der Morgen,
der mit dem selben Floße fährt,
alle Hoffnung mit hinaufgenommen,
ein Ruder, das sich gegen Fluten wehrt,
die den Traum erkranken,
der mich in meinem eng geschnürten Flügelmieder,
erhält.
Noch ist‘s Frühe,
Schwindel, Traumgegärtnert,
Tänze, die nicht zu End‘ gepflückt,
werten mir den Tag,
der heiser ist,
kaum Worte spricht,
leidet nur im Jetzt.
Wir stehen bei den Schwänen,
die uns schon Verwandte sind
und doch,
zeigen sie sich stets
außerhalb unseres Willens,
das ist‘s was Schönheit birgt:
das Nichtgewollte,
das uns doch beschenkt.
Das Osterfeste naht in abgezählten Tagen,
der Mond schon liegend,
in seinem Grabe,
ehe er ersteht aus überwundener Schwere.
Dies‘ volle Auge dann,
blickt zurück in Fülle,
das Erinnerte,
lebt weiter nur im Gefühle
und doch reicht‘s mich und mein Herze,
wie einen Staffelstab,
weiter an das Neue.
wo Fluchten mich erhielten,
nie dem Winter dienten,
Vögel sandten,
ans Fenster mir,
um Erlerntes zu beschwören,
um mich in der Still‘ zu bewähren,
aufzubegehren,
wenn Schatten nur mit Flucht belohnen,
mich verorten in Versuch Nummer Eins.
Im Frühling,
spür‘ ich meine Seel‘,
die mich beerbt,
die vieles von mir überlebt,
wenn Gedanken an ein Ende ziehen
und ein Körper als Antwort bleibt,
auf die Frag‘ ob ich einst war auf Erden,
beschriftet mit Zahlen,
auf einem wiederbeschreibbaren Stein,
ach wie viele mögen noch folgen,
ehe er wieder Berg.
Im Frühling, wo man erwartet,
Nächte mehr sind als Tage,
den Uhren ist‘s anvertraut,
ehe erste Seen tauen,
Wälder wieder Schatten werfen,
Farben sich ermutigen,
sich zu setzen,
auf Knospenbänke.
Wo das Licht der Sterne näher rückt,
auch die Hand des Mondes,
um im Dunkeln zu jener Gest‘ zu werden,
die Rückkehr spricht und
eine weitere Nacht auf Erden,
die Tag ist, anderswo.
Auf dem Boden Narben,
Dinge die man zog,
ohne anzuheben,
Schwere die tiefer sank,
ungehalten,
dem Holze Augen malte,
die stetig darauf blicken,
was in ihren Höhlen stand,
schwarze Linien,
verweigern ein Porträt
und doch sind darin Gesichter,
die die Feder führen,
ein Kiesel, genügt,
um mit stumpfer Mine,
Landschaften zu zeichnen,
die nur hier sind,
so nah, als malten sie sich selbst,
ohne abzusetzen,
Einlinienpoesie,
die Teppiche verdecken.
Ein Haar an einem End‘ gezogen,
dorthin wo schon viele...,
sich zu einem Tier verdichten,
das dort lebt wo Ecken...,
unter meine Füße flüchtet,
wenn ein Wind...
Wenn ein Wind, noch nicht Sturm,
ehrlich ist im Leisen,
hör‘ ich hin.
Und wenn er Wellen nicht aus dem Meere bricht,
weil sie einer Heimkehr sicheres Geleit,
stehe ich dabei und denke,
welche Aufgab‘ ist die Meine,
sprich Ruder, bis mein Herze voll.
Auf dem Boden,
ein Körper, der sich nicht bewegt,
vernarbt, belebt und unbewegt,
ausgestreckt wie auf einem Kreuze,
das Anfang war und nicht End‘.
Auf dem Boden,
noch nicht aufgestellt,
wo Narben sich erhalten,
Kronen abgenommen,
auf die Seit‘ gelegt,
damit sich ihre Form erhält.
Wenn ein Wind spricht: „atme“,
wenn alle Schwere auf mich drückt,
Knie auf allen Gliedern,
es ist kein Spiel, es ist kein Spiel,
dann werde ich gehorchen,
dem Winde Fänger sein und Anfang,
Selbstversorger mit Fremdkapital,
niemals seh‘ ich‘s in Münzen,
welch‘ Wert mir wurd‘ ausgelegt,
nur das Herze sucht‘s zu fassen,
auf seinem Boden Heldenkratzer
und jene Schwer‘ die sank,
hab Dank, es ist dieselbe,
die von anderer Seit‘ sich entgegenstemmt,
mich erhält auf meinem Bodenkreuze,
das mir Anfang ist, nicht End‘.
Wenn ein Wind,
es gut mit mir meinet,
niemals flüsternd,
die Dinge um mich,
beschreibend.
Nicht mehr aufsetzen,
weil kein Weg mehr ausgefüllt,
Anstieg auf gerader Strecke,
Kegellicht, ziehst nur Schatten,
ich hoffe auf den Morgen,
der echtes Licht zu mir spricht.
Nebeltaub, beide Seiten,
spränge von irgendwoher ein Tier,
ich säh‘s erst, vor mir,
zu spät, um zu reagieren,
zu spät, um nicht in Grabenkämpfe
hinein zu navigieren.
Bachplätschern,
Szeneapplaus,
noch steh‘ ich auf der Bühne,
liegend eher,
weil‘s die Szene von mir will,
mein Herz zählt zu viel,
es verzählt sich nie,
ein Münzwurf lädt zum Spiel,
weiter oder...
ganz nüchtern spricht‘s,
die Zwillingsseiten meinen‘s gut mit mir,
weiter...
nur eine ausgekühlte Stirn,
auch die Gedanken dahinter,
schieben ihre Räder wieder,
ungeölte Stille,
ich hoffe Meer
und es leidet sich zurück zu Pantoffeltierchen,
einzeln, in getrennten Zimmern,
wackelig,
der Versuch auf zu wenig Rädern,
aber es reicht,
um mich von erstarrter Stell‘,
wegzubewegen,
Lichterkegel vorne,
ewiges Licht hinten,
ein Flattern wohl für jene,
die es sehen,
unsteter Kampf,
doch es reicht für Gegenverkehr.
Sanft nur sanft,
sprichst du in Bildern,
doch mein Herze bebt,
denn du bist zugegen.
Taumelnd mein Gang,
als wär ich trunken,
die Blicke derer,
die uns nicht mit Liebe sahen,
nüchtern,
einem Lächeln nicht verbunden.
Entlass‘ mich nicht zurück ins Alte,
es gäbe dem Erinnern Recht,
ernenn‘ die Unsicherheit mir zum Pfade,
lass schüchtern sein nur das erste Tasten,
als erlernt‘ ich neu das Gehen.
Unsere Wärm‘ noch prüfen,
ob sie noch dem Feuer nah,
ehe ich die Kält‘ der Fremde wage,
wir umhorchen uns,
wir umfühlen uns,
die Bienen werden zahm,
sehen uns als Blüte,
mit ausreichender Süße,
nun.
An den Zäunen Grenze,
rostig ihre Hände, still ihr Gebot,
dahinter Berge,
gelehnt an erstarkte Felder,
Nebel gießt‘s in Gläser,
sie sind schon übervoll.
Der Himmel trägt noch Nacht,
etwas Licht ist schon hineingelegt,
mich treibt‘s zum Sprunge,
mich treibt‘s darunter,
in den Bächen rauscht‘s bekannt,
anders, als ich sie ließ, gestern,
als der Abend noch ins Rote brannte,
Asche von sich stieß,
Sternenglut blieb bis in die Stunde,
als sich Herzen schieden,
als trat ein Prophet in ihre Mitte,
mit erhobener Stimme,
mit erhobenem Stabe nur um sie,
geheilt zusammenzufügen.
Die Grenze, die ich fühlte,
vor der ich stand,
rostig ihre Hände,
still ihr Gebot,
lädt mich heut‘ zum Weiter,
entlang an aufgereihten Pfählen,
Freiheit ist‘s, wenn sich findt‘,
ein Sprung noch vor dem Tor.
Auf Tellern, Leere,
Brot wandert durch Hände,
die Größ‘ bestimmt die erste Hand,
die dann, stets gleich gewandet,
Geteiltes weiterreicht,
ehe es am Tellerrande wartet,
bis sich Segensdank legt auf‘s Mahle.
Hölzern jene Schalen,
die zum Munde führen,
was von Sonn‘ und Haut umhüllt,
in den Schatten großer Fässer hineingeführt,
was dort gärte, gäret jetzt,
in meinem Herzen, Wärme.
Ein Treten vielbefußter Stunden,
bis am End‘ dort Reiches ist,
Herausgeführtes,
das im Dunkeln überwunden wurde,
auch die Sonn‘,
die sich spiegelt nun im Blute,
um von dort neue Felder zu bestellen.
Und das Brot in meinem Munde,
so lang gekaut,
bis es nur mehr Süße,
das bittere Korn herausgeführt,
aus meiner Mühle,
die auch Worte dünnt,
damit sie in anbestimmter Größe,
in dein Ohre dringen.
Dein Wort nur,
nimmt alle dem die Mühe,
ein Leichtes ist‘s,
wenn alle Dinge einander dienen,
nachts, noch auf dem Berge,
mit dem Blick auf dem See,
wo der Mond nicht mehr alleine,
dienet dir die Still‘,
selbst die Wachen dienen ihr,
neigen sich hinein in den Schlafe,
damit nur Welt ist und du
und das Gebet das gesprochen und gedacht,
das Lauteste wurd‘,
was je zur Welt gebracht.
Deine Türe,
offen, stets,
in Höhlennähe,
wo Lieder vielstimmig erklingen,
Löcher tiefer, wenn man etwas in sie wirft.
Früh morgens noch zwei Schatten,
einer, der durch die Felsen glitt,
um von drin zu öffnen,
wenn dort wieder Leben ist.
Ein Atem,
der nicht mehr durch die Lungen rinnt,
das Leben an einem anderen Ort bestimmt,
wurd‘ ausgesprochen, Ebenherzig,
um jedes Herz mit einem Wort zu erklimmen,
es wurd‘ nie ausgesprochen,
nur erinnert.
Die Felsen noch Morgenfeucht,
verwandt mit jener Quelle,
die unter ihren Füßen fließt.
Der Körper, der noch wankte und sich stützte,
glitt von dort in neues Leben,
als wären‘s Steine am Meeresgrund,
ein neues Wasser führet ihn,
nicht hinweg, auf den Grunde unseres Selbst.
Alles Oben nun genommen,
ein Hinein in ungefüllte Stunden,
die ihren Vorangegangenen gleichen,
im anberaumten Jetzt.
Die Luft ist anders.
Du sagtest: „Besuch mich, wenn die Sonne goldener ist.
Du wirst sehen, die Stadt wird blühen,
der späte Sommer ist ihr Frühling.
Dort, wo du in den Bergen mit den Vögeln
und den Blumen Lieder singst,
die so sehr nach Gebet klingen,
weil sie randvoll mit Wundern sind,
singen hier die Menschen,
auch in ihnen ist die Freude eingesenkt.
Vergiss die Menschen nicht!“
Nein, tu ich nicht, sie wundern mich am meisten.
„Nimm deine Gitarre mit
und lass uns neue Lieder schreiben,
die alten sind schon abgetragen, ausgelebt.“
Die Bahnfahrt war immer nah am Traume.
Je länger die Fahrt dauerte,
desto niedriger wurden die Berge. Hügel. Felder.
Doch die Vögel, sie kamen näher.
Gaben den Zäunen ein Lächeln.
Mit einem Flügelschlag malten sie Gesichter auf
die grellgelben Rapsfelder, die meine Augen blendeten.
In mein Buch tauchte ich nur selten.
Die Bilder, die ratternd an mir vorbeirauschten
und sich unverzüglich zu Erinnerungen wandelten,
waren stärker.
Jene Reisende, die mit mir einstiegen,
fanden längst ihre Haltestelle und jene,
die neu zustiegen, brachten neue Worte,
neue Dialekte,
mit ihnen kam die Fremde
und die Freude auf ein Abenteuer.
Am Bahnsteig: du.
Etwas Heimat in ungewohnter Kleidung.
Du trugst meine Tasche, die Gitarre trug ich selbst.
Vielleicht hatte ich Angst, die Melodien würden verloren
gehen, wenn ein neuer Ton an den hölzernen Korpus
klopft und mich dann aussperrt.
Die Tasche war viel schwerer und ich kein Gentleman.
Zu viel Ich hing noch an meinen Absätzen.
Meine Haltestelle war nicht Endstation,
doch Endstation vieler,
die dort auf den Bänken vor Müdigkeit und Hunger
nach vorne kippten, vielleicht so alt wie ich oder jünger,
die Gesichter zerknüllt vom Leben.
Weggeworfen, wieder aufgehoben, glattgestrichten,
neu beschrieben, abgebrochen, verworfen,
wieder aufgehoben...bei manchen war das Papier schon
ganz dünn und dicht beschrieben.
Deine Wohnung: ein Palast. Ich wunderte mich nicht
über die Spinnweben, die hoch oben in den Ecken wie
Flaggen wehten. Stuhl auf Tisch und ein Besen,
dann vielleicht.
Dann hättest du den Webern die Hände geschüttelt.
So war’s gesünder, für euch beide. Es war kalt.
Die Wände hoch. Die Zimmer groß,
doch die Wärme des Ölofens reichte nur für einen Raum.
Ein kleiner Fernseher kritzelte ein zittriges Bild,
aber der Ton, ja, der Ton war gut.
Doch das Gesagte unwichtig und im Hintergrund.
Schön, deine Wohnung zu sehen.
Schön, dich zu sehen. Schön,
dich in deiner Wohnung zu sehen.
Die so viel Du hatte und auch manche gemeinsame
Erinnerung.
„Morgen gehen wir in die Stadt. Zieh dich warm an.“
Wo ist der Frühling? Du hast ihn mir versprochen!
Golden ist hier nichts.
„Warte ab, bis du die Mitte siehst.
Sie glänzt vor allem im Dunkeln.“
Der nächste Tag war trüb und neblig.
Zuerst dachte ich, es wären meine Augen.
Oder die abgelegte Nacht, die sich an die Fenster
schmiegte, die Tränen weinte,
weil innen so wenig Wärme war.
Vielleicht half ja die Dusche.
Sie stand in der Küche gegenüber vom Herd und gerade,
als ich in die Kabine steigen wollte: „Warte! Der Strom!
Geh nicht duschen, wenn der Herd an ist,
irgendwas stimmt mit den Leitungen nicht.“
Ich hörte ein leichtes Schnalzen aus der Dusche,
gerade so, wie ich es von den Weidezäunen kenne.
Das anziehende Fingerschnippen eines Musikers: tanze!
Berlin Alexander Platz – oder was von ihm übrig blieb.
Ich lese ihn lieber, als dass ich über ihn gehe. Diese Stadt
hatte keine Mitte, sie hat viele. Dies kam mir aber
entgegen. Zu viel Haut, zu viele verschiedene Takte,
zu viele Blicke, zu viel Nähe...
Der Stachus ist mir eine Mutprobe, zu viel Mitte.
Die Straßen weitläufig. Viel zu sehen und doch war ich
zu müde, um das Gesehene zu behalten. Die Nacht lag
noch auf mir. „Komm schon, ein Kaffee, ´tschuldige,
ein Tee tut dir jetzt gut. Vielleicht wäre die Dusche doch
ganz belebend gewesen.“
Nächster Halt Brandenburger Tor.
Aber nicht zu Fuß, bitte.
Die U-Bahn-Station wie ausgestorben.
Ein Mann schälte eine Orange mit einem
großen Messer. Die große Klinge degradierte sie zur
Mandarine. Eine Frau mit einem dicken,
braunen Mantel eilte an die Oberfläche.
Ihren kleinen Hund auf dem Arm, sein Winseln übertönt
von den Absätzen ihrer roten Stiefel.
Die U-Bahn verspätet. Wir gingen nach oben.
Eine Menschentraube um das Schaufenster einer Bank
versammelt. In einem Fernseher,
wo sonst nur der Wellengang der Börse über einen
Balken floss, flimmerten undeutliche Bilder, wir sahen
fast nichts, die Menschen standen zu dicht.
Doch sie schüttelten die Köpfe. Murmelnd.
Fast schweigend.
Die Frau mit dem Hund ging als Erstes.
Ließ ihn zu Boden, jetzt führte er sie.
Polizeiwägen und Militärfahrzeuge fuhren an uns
vorbei. Nur mit Blaulicht, keine Sirenen.
Als wären auch sie verstummt.
Für einen Moment fühlte ich mich dieser Stadt ganz
nahe. Als wäre dort etwas Altes erwacht.
Eine alte Angst, wie ein Gespenst, für jeden spürbar.
Es rüttelte am Tisch
und das Besteck fiel uns auf den Schoß.
Wir gingen zu Fuß nach Hause.
Kaum Menschen auf den Straßen.
Und die, die wir sahen, hatten es eilig oder waren jung.
Im Warum, immer der Verweis auf früher,
nicht auf das Jetzt. Viele Bilder sind wohl vergessen,
nicht aber dieser Moment.
Dein Mitbewohner öffnete uns die Tür. Kam schnell.
Der Fernseher lief. Das Bild war noch immer mit
zittriger Hand gezeichnet. Zurecht. Ein anderes wäre zu
schön für das Gesehene. Die Stimme war klar.
Das Geschehene über Jahre nicht, vielleicht auch heute
noch nicht. Schwere Vögel, die nicht in ihr Nest flogen,
sondern den Wald in Asche lachten.
Ich kam, um mit dir Lieder zu singen.
Wir sangen kein einziges.
Für mich blieb die Stadt im endlosen Herbst.
Heimfahrt: Ich umarmte die Berge.
Ich umarmte sie aus der Ferne,
denn da reichten meine dünnen Arme für ihre
ausladenden Hüften.
Dieses Jahr fahren wir wieder nach Berlin.
Und irgendwie habe ich Angst,
dass dieser Herbst über eine neue Asche waltet,
die noch ganz Wald,
doch deren erste Flamm’ längst losgetreten.
Unter mir das Knirschen von Kies,
das Totenlied abgetragener Berge.
Vorangestellt, nur Lichtblindheit,
Sperriges auf Leitern,
das nicht ermüdet,
dort zu sein wohin man geht,
schon vorher,
sich über die Sprossen spannet,
damit man darüber greifet
oder sich mit Umkehr kleidet.
Es erhält sich in jener Höh‘,
wo schon Tiefe,
doch nicht bereit ist,
sich um mich zu kümmern,
wenn noch keine Flügel sind
und ich in Anfänge stürze.
Vollendt‘ nur was Wurzel hatte,
die Leiter gründt‘ in meinem Garten,
der stets grünet.
Wolkenmeister zeichnen zwischen Sprossen,
Stilleben ihrer Selbst.
Ich staune bei jedem meiner Schritte,
die an manchem Punkte zittern,
wenn ein Porträt überstiegen wird.
Das End‘ dieser Leiter,
bereit‘ mir Schwindel,
zugeknöpft noch,
woran sie lehnt.
Es reicht durch Monde, Sonnen, Nebel,
ein Weiter ist stets vorangestellt.
Die Tode, die mich befeuern,
die Händ‘ zu lösen,
damit‘s ein End‘ hat mit der Schwer‘,
ersterben in ihrem Willen,
wenn er unerhört.
Am Holze stets abgelegt:
Frücht‘ und Küss‘ und ein gespanntes Tuch,
in dem es sich gut ruhen lässt, Jahre,
manchmal Stunden nur,
dann zieht‘s mich weiter,
als zöge jemand an meiner Lebensschnur,
manchmal wankt‘s ganz arg,
als stünde unten jemand
und rüttele an meiner Leiter,
eine Hand, vielleicht ein Sturm,
niemand der sie zu brechen wagt,
wohl aber mit Genuss,
um zu sehen,
was nach unten fällt,
eine reife oder welke Frucht.
Ließe sich das End‘ auch erahnen,
es ist meiner Träume Anfang.
Die Welt, sie ging voraus,
doch sie ist niemals auf Reise,
im Jetzt verharrt sie,
während sich ihr Wesen teilet.
Die Bäum‘, gebunden an ihre Wurzel,
doch ihr Ausdruck, so frei, so frei,
wie es mein Herze weitet,
an jener Stell‘,
wo auch die Enge waltet.
Heute sogen Himmel graue Farbe,
mir war‘s als streiften sie die Berg‘,
die von ihrer Nähe gaben,
als sie über ihre Scheitel wanderten.
Die Wasser sprechen viele Sprachen,
meinem Durste ist‘s die Eine.
In der Frühe Felsenkummer,
der erst vom Tage abgetragen,
am Abend dann zum Sande wird,
im besten Falle
und als welker Berg verstummt.
Die Lieb‘, sie spricht in Zeichen,
ihr Schönstes ist die Natur.