Unser Kind kommt in die Krippe - Antje Bostelmann - E-Book

Unser Kind kommt in die Krippe E-Book

Antje Bostelmann

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Beschreibung

Ein gelungener Praxisratgeber für Eltern mit Kindern im Krippenalter Mit Einfühlungsvermögen und Sachverstand zeigen die Autoren typische Alltagssituationen auf, mit denen Eltern rechnen sollten und geben praktische Tipps wie sie am besten darauf reagieren. Wie finde ich die passende Krippe für mein Kind? Wie gestaltet sich ein gelungener Krippentag? Auf welchen Wegen kann ich mein Kind bestmöglich im Krippenalltag begleiten? Und kann ich der Arbeit von Erziehern und Pädagogen vollends vertrauen? "Kleine Kinder leben von geglückten Beziehungen. Denn ihre "Bildung" schöpfen sie zunächst aus einem reichen Alltag mit verlässlichen Menschen. Dieses Buch zeigt, worauf es ankommt." - Dr. Herbert Renz-Polster, Kinderarzt und Sachbuchautor

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Seitenzahl: 212

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IMPRESSUM

AUTOREN

Antje Bostelmann & Michael Fink

FOTOS

Barbara Dietl – www.dietlb.de

GESTALTUNG

Armin Friedel – www.friedeldesign.de

VERLAG

Bananenblau – Der Praxisverlag für Pädagogen

E-Mail: [email protected]

www.bananenblau.de

© Bananenblau 2017

ISBN 978-3-946829-03-4

eISBN 978-3-946829-07-2

Die Fotos wurden in der Klax Krippe Sonnenhaus in Berlin aufgenommen.

WAS ELTERN JETZT WISSEN MÜSSEN

UNSER KIND KOMMT IN DIE

KRIPPE

Antje Bostelmann & Michael Fink

• Vorwort

AUF DER SUCHE: WIE SIE EINE GUTE KRIPPE FINDEN

AUSWAHL

• Welche Krippe passt zu meinem Kind?

• Konzepte der Frühbetreuung

• „Ich will mich nicht rechtfertigen müssen, dass Leo in die Krippe geht!“

ANMELDUNG

• So viel Papierkram

• Das Aufnahmegespräch

EINGEWÖHNUNG

• Schnupperstunden zum Kennenlernen

• „Auf einmal mag ich mein Kind nicht loslassen“

• Wie viel Zeit muss für die Eingewöhnung eingeplant werden?

• Brücken zwischen den Welten bauen

• Wenn die Erzieherin ein Er ist

DIE KRIPPE VERSTEHEN: WIE IHR KIND DEN TAG VERBRINGT

TAGESABLAUF

• Ein typischer Tagesablauf

• Rituale und Routinen

• Im Morgenkreis den Tag begrüßen

• Mahlzeit! Vom Essen in der Gruppe

• „Isst mein Kind überhaupt was in der Krippe?“

• Mittagszeit ist Schlafenszeit

• Wickeln und Zähne putzen

• Frische Luft – was gibt’s Wichtigeres?

• Abholzeit

BESCHÄFTIGUNGEN

• Spielen oder Lernen?

• Kreative Angebote

IHR KIND FÖRDERN: WIE KRIPPENKINDER LERNEN

SPIELERISCHES ENTDECKEN

• Entwicklung des Spiels

• Wichtige Spielschemen

• Gute Materialien für Krippenkinder

• Spielzeug einfach selber machen

ENTWICKLUNGSSTUFEN

• Die ersten drei Lebensjahre

• Warum ein starker Wille wichtig ist

• Vom Nebeneinander zum Miteinander

• „Moritz kratzt und beißt andere Kinder!“

• Jedem Kind sein eigenes Tempo

• Wie Kleinkinder sprechen lernen

• Tablet-Computer in der Krippe?

VERÄNDERUNGEN IN DER KRIPPENZEIT

• Fotoalben, Portfolios und Dokumentationen

• Reif für den Kindergarten?

GUTE TAGE, SCHLECHTE TAGE: TIPPS FÜR DEN KRIPPENALLTAG

VOR DEM BRINGEN

• Jeder Tag ist anders

• Ein Morgen ohne Stress

• „Was ziehe ich Robert an?“

DAS BRINGEN

• Zehn wichtige Minuten

• Wenn beim Bringen Tränen fließen

• Wenn die Lieblingserzieherin Urlaub hat

• Was tun, wenn das Kind krank ist?

DAS ABHOLEN

• „Da freut man sich auf das Abholen – und dann so was …“

• „Mein Kind erzählt nichts!“

• Und nach der Krippe zum Englischkurs?

RICHTIG SCHÜTZEN

• Sicherheit im Krippenalltag

• Hygiene – nicht zu viel, nicht zu wenig

GUTE ZUSAMMENARBEIT: ELTERN UND ERZIEHERINNEN ALS TEAM

FORMEN DER ZUSAMMENARBEIT

• Sichtweisen verbinden

• Elterngespräche und Fragebögen

• Wozu ist der Elternabend da?

• „Hilfe, ich bin Elternvertreter! Was tun?“

KRITIK ANBRINGEN

• Kritik an der Krippe

• Konflikte besprechen

• „Sollen wir die Krippe wechseln?“

GEGENSEITIGE UNTERSTÜTZUNG

• Was kann ich für die Krippe tun?

• Elternfreundschaften

• Ein Wort zum Schluss

• Die Autoren

• Zum Weiterlesen

Vorwort

Liebe Eltern,

Seit Ihr Baby auf der Welt ist, hat sich vieles in Ihrem Leben verändert. Das kleine Wesen ist mit seinem Lachen, seinen Bedürfnissen und manchmal auch mit Geschrei und Sorgen in den Mittelpunkt Ihres Lebens gerückt. Ein alter Spruch, den man gerne auf Glückwunschkarten zur Geburt schreibt, lautet: „Ein kleiner Mensch bringt neues Licht in das Leben einer Familie.“ Wahrscheinlich werden Sie genau diese Erfahrung gemacht haben, etwa wenn Ihr Kind Sie zum Lachen gebracht oder Sie mit einer neu erworbenen Fähigkeit überrascht hat. Die rasche Entwicklung der kleinen Kinder erfüllt uns Erwachsene mit Staunen und mit Glück. Die großen fragenden Augen, das neugierige Erkunden der Welt, die ersten Versuche, die Dinge allein zu meistern, zu krabbeln, zu laufen, zu essen, werden zu unseren persönlichen Wundern, die die Bande zwischen uns Eltern und unserem Baby enger und enger knüpfen.

Neben aller Freude und Rührung, die in unser Leben kommt, haben diese ersten Jahre unter unserer Obhut einen evolutionären Zweck. Der kleine Mensch ist uns quasi mit dem Auftrag gegeben worden, ihn zur Selbstständigkeit zu führen, bis er uns verlassen kann, um auf eigenen Beinen zu stehen. Wir Eltern werden, gemessen an der Lebenszeit des Menschen, nur kurz gebraucht. Nur am Anfang ist das Behüten, das Um- und Versorgen unsere Aufgabe. Schon bald wandelt sich unsere Rolle in die des Begleiters und „In-die-Welt-hinaus-Helfers“. Wie Vogeleltern, deren wichtigste Aufgabe es am Ende ist, den Jungen das Fliegen beizubringen, lehren wir unsere Kinder, sich alleine in der Welt zurechtzufinden.

Einen ersten, wichtigen Schritt in Richtung Unabhängigkeit haben Sie als Eltern vollzogen, wenn Sie sich entschieden haben, Ihr Kind in einer Krippe anzumelden. Mit den ersten Tagen in der Krippe steht Ihnen wie Ihrem Kind ein neuer Lebensabschnitt bevor, der das Familienleben erheblich verändert. Wir vermuten, dass Ihnen die Entscheidung, ob Ihr Kind jetzt – oder vielleicht sogar überhaupt – in die Krippe soll, nicht leicht gefallen ist. Es gibt schließlich viele Aspekte zu bedenken: Ist unser Kind nicht noch zu klein, um es irgendwo abzugeben? Braucht es uns Eltern nicht noch viel zu sehr, als dass wir es den ganzen Tag in einer Krippe lassen können? Solche Zweifel werden verstärkt durch die heftige Mediendiskussion zum Für und Wider von Krippen. Dieses Hickhack der Politiker um die Bildung und Betreuung der ganz Kleinen in unserem Land verwirrt Eltern wie Pädagogen gleichermaßen – und nicht wenige Eltern, die verzweifelt nach einem Krippenplatz für ihr Kind suchen, fühlen sich durch die immer gleiche Fragestellung, ob denn das alles nötig und richtig ist, angegriffen oder zumindest verunsichert.

Dabei ist die Frage „Geht es meinem Kind in der Krippe gut?“ zentral. Aber die Antwort darauf kann eben nicht die Grundsatzfrage sein, ob man es besser daheim ließe. Stattdessen sollten wir uns mehr damit beschäftigen, wie denn eine Krippe sein muss, damit es unseren Kindern gut geht. Hier besteht eine Menge Diskussionsbedarf: Wie sehen gute Krippen aus? Was gehört zum Berufsbild einer modernen Krippenerzieherin? Welche Räume und Materialien brauchen Krippenkinder? Oft genug erleben wir, dass gerade ambitionierte Eltern etwas ratlos vor solchen Fragen stehen. Unser Buch soll gerade hier einen Beitrag liefern und Sie als Eltern befähigen, die Krippe Ihres Kindes zu verstehen und deren Arbeit kritisch begleiten zu können. Oft genug fehlt im hektischen Alltag die Gelegenheit, über Grundsatzfragen der Arbeit in der Krippe mit den Erzieherinnen oder der Krippenleitung zu sprechen. Und natürlich geht in diesem Lebensabschnitt – wie auch später im Kindergarten, in der Schule usw. – nicht alles glatt, aber in den allermeisten Fällen sind die Probleme lösbar. Wir möchten mit diesem Buch dazu beitragen, dass Ihr Krippenalltag gelingt.

In den folgenden Kapiteln wird es darum gehen, wie Sie die richtige Krippe finden, worauf es bei der Eingewöhnung ankommt und welche Entwicklungsstufen Krippenkinder durchlaufen. Ausgangspunkt sind jeweils Elternfragen, wie wir sie im Rahmen unserer Tätigkeit vielfach beantwortet haben. Die Zusammenarbeit mit den Erzieherinnen ist uns dabei mehr als nur eine Erwähnung wert, ist doch das gute Einvernehmen aller Menschen, die dem Kind nahestehen, das Ringen um seine bestmögliche Betreuung, ein wichtiger Baustein für eine gelungene Entwicklung. Die Frage danach, was ein Kind den ganzen Tag in der Krippe tut, wird genauso beantwortet wie die nach dem Übergang in den Kindergarten. Am Ende vieler Kapitel geben wir Hinweise darüber, was Sie als Eltern tun können, um Ihr Krippenkind zu unterstützen, damit es gern in die Krippe geht und so auch Ihren Alltag froher macht.

Wenn Sie gemeinsam als Familie gut in der Krippe angekommen sind, genießen Sie diese spannende Zeit, in der Kinder wie Eltern Neues lernen, neue Menschen kennenlernen und viele Erfahrungen machen, an denen beide wachsen und durch die die Familie gestärkt wird. Bedenken Sie: Fröhliche Krippenkinder haben gute Chancen, starke Kindergartenkinder und zufriedene, schlaue Grundschüler zu werden.

Wir wünschen Ihnen

viel Spaß beim Lesen

Antje Bostelmann

und

Michael Fink

Auf der Suche: Wie Sie eine gute Krippe finden

Welche Krippe passt zu meinem Kind?

Dass wir für Sara eine Betreuung haben wollen, bei der sie mit anderen Kindern zusammenkommt, ist uns sonnenklar – aber das war´s dann auch schon mit der Klarheit bei all den unterschiedlichen Krippenformen und -konzepten. Woher soll ich wissen, welche Art Einrichtung gut für mein Kind ist?

Welche Krippe ist richtig für mein Kind? Für Eltern mit dem ersten Kind ist es nicht einfach, die passende Krippe zu suchen, denn meistens fehlen ihnen Kriterien, um deren Qualität zu beurteilen. Also ist man zunächst auf Hörensagen angewiesen – und auf die eigene Intuition. Auf die ist aber gerade in dieser Lebensphase manchmal kein Verlass. Die starke Bindung zwischen Eltern und Kind führt oft dazu, dass es schwerfällt, das kleine Kind loszulassen. Nicht selten weinen Eltern in der Eingewöhnungszeit in der Krippe, während das Kind im besten Fall schon auf dem Weg ist, den Krippenalltag zu genießen. Oder sie zweifeln in unruhigen Nächten, ob sie ihr Kind nicht besser doch zu Hause lassen sollten. Die starke emotionale Bindung zwischen Eltern und Kindern erschwert oftmals den unvoreingenommenen Blick auf die Krippe.

Dass viele Eltern die Institution Krippe erst einmal kennenlernen müssen, werden Sie in der Zeit nach der Entscheidung merken. Es kann Ihnen passieren, dass Sie schon am ersten Tag alles in der Krippe ganz furchtbar finden. Überprüfen Sie diesen Eindruck intensiv an der Realität. Handeln Sie in dieser Situation nicht voreilig und warten Sie ein wenig, bevor Sie Ihre Entscheidung zu bereuen beginnen. In der Krippe brauchen Eltern oft mehr Zeit als Kinder, um sich an die neue Situation zu gewöhnen.

Was hilft? Sich schlaumachen. Ein paar Fakten und Entscheidungshilfen haben wir in diesem Kapitel zusammengetragen. Den Rest müssen Sie erledigen, indem Sie sich in Gesprächen mit der Leitung und den Erzieherinnen einen genauen Eindruck von der Krippe machen. Lassen Sie sich sowohl bei der Auswahl der Krippe als auch im Zusammenhang mit der Eingewöhnung alles so genau erklären, bis Sie es verstanden haben: Wie muss ich mir das in der Konzeption Benannte praktisch vorstellen? Wie sind alltägliche Abläufe geregelt? Riskieren Sie ruhig, dass die Pädagogen Sie vielleicht als detailversessene Nervensäge wahrnehmen: Es ist Ihr Recht, sich ein gutes Gefühl für die Krippe Ihres Kindes zu verschaffen, indem Sie alle Ihre Fragen einmal gestellt haben. Je mehr Sie jetzt schon geklärt haben, desto gelassener können Sie danach die Betreuung Ihres Kindes begleiten!

Es ist ein wenig so, als ob man zum ersten Mal einen richtig guten Wein kaufen will, aber einfach nicht weiß, was für ein Geschmack sich hinter den wohlklingenden Trauben- und Lagenbezeichnungen verbirgt: Die Vielfalt an Betreuungsformen und -konzepten für Kleinkinder, die vor allem in Städten existiert, macht es jungen Eltern oft schwer, sich für die passende Einrichtung zu entscheiden. Vor allem, weil man ja kaum weiß, wie sich das eigene Kind in Bezug auf außerhäusige Betreuung verhält: Kommt Sara gut mit einer großen Gruppe von Kindern klar, braucht sie Tage daheim und in der Einrichtung im Wechsel, ist sie empfänglich für Montessori-Elemente oder läge ihr eher eine bewegungsorientierte Einrichtung?

Wie bekommen Sie heraus, welche Einrichtung zu Ihrem Kind passt? Bevor Sie das Angebot an infrage kommenden Einrichtungen sichten, ist es gut, erst einmal Ihr Kind genauer als sonst zu beobachten, um sich ein Bild von seiner Entwicklung und seiner Persönlichkeit zu machen: Was kann es schon? Wie reagiert es in neuen Situationen, gegenüber Fremden? Ist es eher ängstlich oder forsch? Spielt es aufgeschlossen mit anderen Kindern? Geht es Risiken ein? Kann es schon ein wenig allein sein? Diese und ähnliche Fragestellungen helfen Ihnen, die Bedürfnisse Ihres Kindes einzuschätzen, um nun aus den möglichen Betreuungseinrichtungen die für Ihr Kind passende herauszufiltern. Grundsätzlich empfehlen wir Ihnen, neben dem vermutlich obligatorischen Studieren von Homepages und Hauskonzepten, auf jeden Fall kurze Besuche in allen infrage kommenden Einrichtungen: „Ich möchte mir gerne einmal einen kleinen Eindruck bei Ihnen verschaffen!“ Intuitiv bekommt man besser mit als beim Konzeptlesen, ob das, was die Erzieherinnen da tun, der eigenen Vorstellung von einem guten Miteinander von Klein und Groß entspricht. Besuchen Sie ruhig so viele Einrichtungen wie möglich, denn das erhöht Ihre Urteilsfähigkeit, wo es Ihnen besser gefällt als anderswo – so, als ob Sie dem verunsichernden Weinkauf eine kleine Verkostung voranstellen.

Wahrscheinlich kann Ihnen das in den meisten Einrichtungen ausgehändigte Hauskonzept zunächst keinen plastischen Eindruck von der praktischen Arbeit geben. Lassen Sie sich ruhig Kernsätze aus dem Konzept an Beispielen erklären: „Woran sehe ich, dass bei Ihnen ‚mit allen Sinnen‘ gelernt wird?“. Gut klingende Konzepte hat fast jede Einrichtung – aber es gibt neben Beispielen für eine hervorragende Umsetzung eben auch Lippenbekenntnisse, hinter denen sich eine fragwürdige Praxis verbirgt.

Ein aus unserer Sicht wichtiger, oft unterschätzter Faktor ist die Sache mit der Zeit: Wähle ich eine Einrichtung mit langer oder kurzer Betreuungszeit? Zu Anfang finden Sie es wahrscheinlich sympathischer, Ihr Kind nur so kurz wie nötig zu bringen, sodass Ihnen eine Einrichtung mit kurzen Betreuungszeiten ausreicht. Doch diese Entscheidung trägt in vielen Fällen nicht, wenn das Kind erst einmal erfolgreich eingewöhnt ist und länger bleiben möchte, als Sie anfangs dachten: In Ganztagseinrichtungen kann man sein Kind jederzeit früher holen, wenn man die Zeit hat, aber in Halbtagskrippen kann man es nicht länger dalassen, wenn man die Zeit anderweitig braucht. Für Kleinkindeltern, die in der Regel mit Zeitmangel zu kämpfen haben, kann eine zu knapp ausgewählte Betreuungszeit eine dauerhafte Belastung sein, gerade auch in Bezug auf die eigene Berufstätigkeit und auf Absprachen mit dem Partner.

Auch die Frage der Entfernung der Einrichtung sollte gut überlegt sein. Zunächst mag es ganz selbstverständlich für Sie klingen, dass Sie Ihr Kind der besten Betreuung zuliebe jeden Tag eine Stunde durch die Gegend kutschieren – auf lange Sicht kann das eine starke Beeinträchtigung werden. Und diese Zeit könnten Sie auch besser für Ihr Kind nutzen.

TIPP: AUF WAS MUSS ICH ACHTEN?

•  Macht die Einrichtung auf mich einen sympathischen Eindruck?

•  Lassen die angebotenen Betreuungszeiten sich gut mit meinem/unserem Zeitbedarf vereinbaren?

•  Sind die Wege zur Krippe zu schaffen?

•  Wirken die in der Institution angetroffenen Eltern auf mich grundsätzlich sympathisch?

•  Entspricht das Konzept grundsätzlich meiner Vorstellung von Erziehung?

•  Habe ich das Gefühl, als Vater oder Mutter mit meinen individuellen Sorgen, Bedürfnissen und Vorschlägen ernst genommen zu werden?

•  Gefällt mir grundsätzlich, wie die Erzieher mit den Kindern reden und umgehen?

•  Spürt man, dass die Kinder eine enge Beziehung zu den Erzieherinnen und Erziehern haben?

•  Habe ich das Gefühl, dass der Tagesablauf den individuellen Bedürfnissen meines Kindes gerecht wird?

•  Haben die Kinder verschiedenste Möglichkeiten zum Spielen?

•  Finde ich, dass die pädagogischen Ziele dem Alter der Kinder entsprechen?

•  Empfinde ich die Gestaltung der Räume als kindgerecht und pädagogisch durchdacht?

IM ÜBERBLICK: KRIPPENFORMEN

Krippe oder Kita mit Nestraum, Altersmischung oder nicht, offene Arbeit oder Gruppen? Es gibt unterschiedliche Formen der Kleinkindbetreuung, gerade hinsichtlich der Frage, mit welchen anderen Kindern ein Kind den Tag verbringt. Jede dieser Betreuungsformen hat besondere Vorzüge und Nachteile – entscheiden Sie aufgrund seiner Eigenschaften, was zu Ihrem Kind passt! Die wichtigsten Formen sind:

Krippen mit altershomogenen Gruppen

In einer reinen Kinderkrippe sind nur Kinder unter drei Jahren. Die Kinder gehören je nach ihrem Alter Gruppen an, es gibt also Gruppen mit ausschließlich kleinen, mittleren und großen Kindern.

Vorteile:

    Die Erzieherinnen haben eine enge Bindung zu den Kindern ihrer Gruppe. Sie können Angebote machen und Materialien bereitstellen, die optimal zu den Bedürfnissen der Altersgruppe passen.

    Weil die verschiedenen Gruppen innerhalb der Krippe nicht oder nur selten aufeinandertreffen, ist der Alltag im Gruppenraum vergleichsweise überschaubar und ruhig.

Nachteile:

    Die Kinder erleben ältere oder jüngere Krippenkinder nur, wenn es offene Phasen gibt, in denen die Kinder im Haus zusammentreffen. Ältere Kinder ab drei Jahren erleben sie nicht.

    Die Kinder erleben nur diese eine (oder zwei) Erzieherinnen, und wenn die Beziehung zueinander nicht passt, ist es schwierig für das Kind.

    Wenn die Gruppenerzieherin nicht da ist, entsteht für die Kinder eine ungewohnte Situation.

Kindertagesstätten mit Nesträumen

In der Einrichtung werden Kinder von null Jahren bis zum Schuleintritt betreut. Für die Betreuung der Kinder unter zwei (oder unter drei) Jahren steht ein gesonderter Nestraum zur Verfügung.

Vorteile:

    Die Kinder erleben Vertrautheit und Sicherheit in der Gruppe.

    Die Kinder erleben während offener Phasen im Haus ältere Kinder.

Nachteile:

    Außerhalb des Nestraums, zum Beispiel im Garten oder in den Gemeinschaftsräumen, sind Raumverhältnisse und Material nur bedingt an die Bedürfnisse von Kleinkindern angepasst.

    Die Kleinkindgruppe führt ein ziemlich isoliertes Dasein innerhalb eines Hauses, das sich in vielerlei Hinsicht eher auf die Bedürfnisse von größeren Kindern einstellt.

Kindertagesstätten mit Altersmischung

In der Einrichtung werden Kinder von null Jahren bis zum Schuleintritt in einer offenen Gruppe betreut.

Vorteile:

    Von Anfang an erleben die Kleinen Kinder aller Altersstufen und können sich von ihnen inspirieren lassen.

    Die Kinder genießen von Anfang an Freiraum im Haus.

Nachteile:

    Raum und Material sind oft nur bedingt an die Bedürfnisse von Kleinkindern angepasst.

    In vielen Fällen dominieren die älteren Kinder das Geschehen, während die Kleinen sich einfügen müssen.

    Bei schlechter Personalausstattung oder überforderten Erziehern entsteht schnell eine unruhige Atmosphäre.

Zusammengefasst

1. Beobachten Sie Ihr Kind genauer als sonst: Was kann es schon? Wie reagiert es in neuen Situationen? Spielt es mit anderen Kindern? Daran erkennen Sie, ob es mit einer großen Gruppe klarkommt, ob es empfänglich für Montessori-Elemente ist oder eher eine bewegungsorientierte Einrichtung braucht.

2. Machen Sie kurze Besuche in den Einrichtungen. Lassen Sie sich Kernsätze aus dem Konzept an Beispielen erklären: „Woran sehe ich, dass bei Ihnen ‚mit allen Sinnen‘ gelernt wird?“

3. Wählen Sie die vereinbarte Betreuungszeit nicht zu knapp aus, das kann zu Stress führen.

4. Die Krippe sollte nicht zu weit entfernt sein. Im Alltag wird das auf lange Sicht zu einer starken Beeinträchtigung.

Konzepte der Frühbetreuung

Mir ist es wichtiger, dass die Krippe gut arbeitet, als irgendeinem Superansatz zu folgen, der mir nichts sagt. Außerdem kommen mir manche Ansätze irgendwie zu einseitig vor. Ist es nicht viel wichtiger, dass Erzieher auf ihr Gefühl hören, wie man die Kinder erzieht, als irgendeinem Pädagogikidol nachzueifern?

Menschen erziehen seit Urzeiten Kinder. Wir verfügen über ein unglaubliches Erfahrungswissen, wie man Kinder erfolgreich großziehen kann, außerdem über eine angeborene Fähigkeit, sich auf deren Bedürfnisse einzustellen. Da erscheint die Frage, ob es denn unbedingt pädagogische Vordenker und wohlklingende Konzeptnamen braucht, berechtigt.

Klare Antwort: Es ist unendlich wichtig, dass Erzieherinnen viel über pädagogische Ideen erfahren haben und immer wieder nachdenken, ob ihr Handeln einem pädagogischen Ansatz entspricht, dem sie sich verpflichtet fühlen. Ihr Wissen und die ständige Reflexion über pädagogische Methoden verhindert vor allem, dass Erzieherinnen einfach nur die selbst erfahrene Erziehung an den zu betreuenden Kindern wiederholen. Tatsächlich kann man so etwas in (schlechten!) Einrichtungen beobachten, und Sie erkennen es gut daran, wenn Ihnen auf die Frage, warum denn eine Sache auf eine bestimmte Weise geregelt ist, geantwortet wird: „Das macht man eben so.“ Gut, dass bekannte und unbekannte Pädagogen diesem unreflektierten Handeln klare Grundsätze entgegengesetzt haben, wie man nach ihrer Auffassung ein Kind behandeln und unterstützen soll, damit es sich gut und glücklich entwickelt. Oft sind es einfache Grundsätze, die das Denken der Menschen Kindern gegenüber in eine neue Richtung lenken konnten – zum Beispiel Maria Montessoris Satz „Hilf mir, es selbst zu tun!“, mit dem sie vielen Menschen klargemacht hat, dass Kinder von früh an nach Selbstständigkeit streben.

Dennoch ist es nicht verkehrt, ein wenig kritische Distanz zu wahren, wenn Einrichtungen sich allzu salbungsvoll auf einen großen Ansatz oder Vordenker beziehen: Schaut man genau hin, wird schnell klar, dass sich die meisten der aktuellen Ansätze und Konzepte in wesentlichen Grundgedanken ähneln. Sie alle wurzeln in einem Verständnis von Erziehung, das sich schon im frühen 19. Jahrhundert entwickelte und bei dem das Kind im Mittelpunkt pädagogischen Denkens steht. Dessen Potenziale gilt es zu erkennen, und um sich gut zu entwickeln, braucht das Kind bestimmte anregende Materialien, einen kindgerechten Rahmen und eine gute und stabile Beziehung zu einem Erwachsenen. Diese schon von Friedrich Fröbel propagierten Grundsätze prägen bis heute alle ernst zu nehmenden Konzepte.

Im Grunde ergänzen all diese Konzepte und Ideen sich hervorragend. Sie sind Ausdruck der pädagogischen Grundhaltung unserer Zeit, in deren Mittelpunkt die Förderung der individuellen Kompetenz steht. Wir können Sie also beruhigen, dass es eigentlich gar nicht die entscheidende Frage ist, für welchen Ansatz Sie sich entscheiden. Viel entscheidender ist es, wie gut die Krippe die hinter einem dieser Konzepte stehenden Grundsätze im Alltag umsetzt. Ein Ausrufezeichen möchten wir an dieser Stelle aber doch noch setzen. Der zunehmende Bildungserfolgsdruck, der schon Eltern ganz kleiner Kinder erfasst, bereitet einer florierenden Bildungsindustrie fruchtbaren Boden. Also werden die Spielzeuggeschäfte mit Lernspielen für Babys überschwemmt: Musik für das Ungeborene, hirnstimulierende DVDs für Neugeborene und ganze Serien von Bildungssendungen für Kleinkinder. Fast alles ist pädagogisch gesehen barer Unfug.

Dieser Trend macht auch vor den Krippen nicht halt. Kindergarten- oder Krippenketten mit angeblich intelligenzfördernden Betreuungskonzepten verändern die Betreuungslandschaft. Namen wie „Fast Track Kids“ oder „Little Giants“ versprechen eine schnelle und außergewöhnliche Entwicklung für Ihr Baby. Doch Vorsicht: Lernen auf der Überholspur funktioniert nicht. Das Gehirn des Kleinkindes muss seinen ihm eigenen, von der Natur angelegten Entwicklungsweg gehen. Dieser verläuft bei jedem Kind anders und ist durch nichts zu beschleunigen.

IM ÜBERBLICK: PÄDAGOGIK-KONZEPTE

Auf der Suche nach einem Betreuungsplatz für Ihr Kind werden Sie mit den unterschiedlichsten Konzepten und Ansätzen konfrontiert. Damit Sie sich in diesem Dschungel der Ideen und Überzeugungen besser zurechtfinden können, geben wir Ihnen hier einen kurzen Überblick über die bekanntesten pädagogischen Ansätze, die insbesondere in der Kleinkindbetreuung Anwendung finden – als komplettes Konzept einer Einrichtung oder als ein pädagogischer Schwerpunkt, dem sich die Einrichtung besonders verpflichtet fühlt.

Waldorfpädagogik

Die Waldorfpädagogik ist eine durch Rudolf Steiner (1861–1925) begründete Pädagogik auf der Grundlage des von ihm entwickelten Konzeptes der Anthroposophie. In ihren Grundannahmen unterscheidet sich die Waldorfpädagogik deutlich von anderen Konzepten – etwa in der Vorstellung, der Mensch entwickle sich in Siebenjahreszyklen. Weniger ungewöhnlich sind die Folgerungen aus diesen Annahmen: Auch in der Waldorfpädagogik kommt der Rolle der Erzieherinnen als Vorbild eine große Bedeutung zu, genauso wie dem freien Spiel, dem sinnlichen Erleben sowie Rhythmus und Wiederholung im Tagesablauf.

Maria Montessori

Die italienische Kinderärztin (1870–1952) entwickelte die nach ihr benannte pädagogische Methode, deren bekanntestes Grundprinzip die Aufforderung „Hilf mir, es selbst zu tun!“ ist. Ganz im Sinne der Reformpädagogik steht hier das Kind im Mittelpunkt. Erwachsene sorgen dafür, dass Material und Umgebung eine Art Aufforderungscharakter für die Auseinandersetzung des Kindes mit der Welt haben. An den Gedanken der Montessori-Pädagogik orientieren sich viele Krippen, Kindergärten und Schulen – in Deutschland, aber auch vielen anderen Teilen der Welt.

Emmi Pikler

Die ungarische Kinderärztin Emmi Pikler (1902–1984) war überzeugt davon, dass die Persönlichkeit eines Kindes sich dann am besten entfalten kann, wenn es sich in seinem eigenen Tempo entwickeln darf. Erwachsene sollen dem Kleinkind Geborgenheit vermitteln und seine Umgebung so gestalten, dass es entsprechend seinem individuellen Entwicklungsstand selbstständig aktiv werden kann.

In der Pikler-Pädagogik geht es um:

•  den Respekt für die selbstständige Tätigkeit des Kindes,

•  die stabile persönliche Beziehung des Kindes zu relativ wenigen, aber vertrauten Bezugspersonen,

•  die Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden des Kindes.

Auf den Grundsätzen der Pikler-Pädagogik baut die Arbeit vieler Krippen und Krabbelgruppen auf.

Elinor Goldschmied

Die 1910 in England geborene und bis zu ihrem Tod 2009 in England und Italien wirkende Kleinkindpädagogin vertrat die Ansicht, dass Babys und Kleinkinder die Auseinandersetzung mit Alltagsmaterialien brauchen. Auf Elinor Goldschmied geht die Methode des Heuristischen Lernens, die Entwicklung des Schatzkorbes für die Kleinkindpädagogik sowie das Bezugserziehersystem zurück. Vor allem in Italien und England arbeiten viele Krippen nach ihrem Ansatz.

Situationsansatz

Das Konzept des Situationsansatzes wurde in den 1970er Jahren als sozialpädagogisches Konzept zur Begleitung von Bildungs- und Lebensbewältigungsprozessen von Kindern in Kindertagesstätten entwickelt. Im Zentrum stehen dabei die Begriffe Autonomie, Solidarität und Kompetenz. Die Kindereinrichtungen sollen das Lernen in möglichst realen Situationen ermöglichen. Die Pädagogen sind angehalten, die Lernmotivation der Kinder zu unterstützen und ihre Fragen bzw. Lernthemen gemeinsam mit ihnen zu entwickeln. In allen Bundesländern gibt es Kindergärten, die nach dem Situationsansatz arbeiten.

Reggio-Pädagogik

Diese offene pädagogische Methode entstand gleich nach dem Krieg in der norditalienischen Stadt Reggio Emilia. Nach den traumatischen Erfahrungen der Nazizeit und des Krieges wollten die Menschen in dieser Stadt die Erziehung und Bildung ihrer Kinder auf neue Füße stellen, indem sie die Themen Solidarität, Demokratie und soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt der Kindererziehung stellten. Die Reggio-Pädagogik verbindet sich mit dem Namen Loris Malaguzzi (1920–1994). Das Zitat „100 Welten hat das Kind“ aus einem seiner Gedichte ist weltberühmt. In den Reggio-Kindereinrichtungen geht es um das Lernen in Projekten, die individuelle Förderung der Kinder und darum, ihre Lernwege ausführlich zu dokumentieren. Die Wertschätzung des Erwachsenen für jeden Lernschritt des Kindes ist wegweisend.

Early Excellence Centres

Diese Einrichtungen, die Angebote für Kinder und Familien bereithalten, entstanden ab 1997 in Großbritannien. Early Excellence Centres sind Kindertagesstätten, die Elternschulungen, Gesundheitsvorsorge und Aufgaben der sozialen Integration miteinander verbinden. Ursprünglich ging es vor allem darum, die Schulleistung von Kindern aus sozial schwachen Familien zu steigern. Die Grundannahme dieser Organisationsform von Kinderbetreuungseinrichtungen besteht darin, dass in jedem Kind das Potenzial zur exzellenten Leistung schlummert. Es muss deshalb von Anfang an gefördert werden. In Deutschland sind inzwischen viele Early Excellence Centres entstanden.

Klax

In der Klax-Pädagogik steht das Kind im Mittelpunkt. „Wir denken bei allem, was wir tun, über die Bedürfnisse von Kindern nach“ ist der Leitsatz der Pädagogen, die nach diesem Ansatz arbeiten. Es werden Handlungsanleitungen, pädagogische Materialien und Raumgestaltungskonzepte für die Pädagogen zur Verfügung gestellt, damit diese sich optimal der individuellen Förderung jedes einzelnen Kindes widmen können. Die Klax-Pädagogik wurde vor allem durch das Portfoliokonzept und die vielen Handreichungen für Krippeneinrichtungen bekannt. Die Methode entstand Anfang der 1990er Jahre in Berlin. Besonders in vielen deutschen Krippen ist die Klax-Pädagogik verbreitet.

Zusammengefasst