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Unterrichtsentwurf aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Didaktik - Geschichte, Note: 1,3, Seminar für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen Bonn, Sprache: Deutsch, Abstract: Es handelt sich um einen Unterrichtsbesuch im Fach Geschichte zum Thema Nationalhymne. Die Schülerinnen und Schüler erfassen die methodischen Arbeitsschritte der Liedinterpretation als Beispiel für die Erschließung eines Liedes als historische Quelle, indem sie in Gruppenarbeit das Lied der Deutschen interpretieren und abschließend grundlegende Arbeitsschritte zur Informationsentnahme und Erkenntnisgewinnung aus Liedquellen reflektieren.
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INHALT
Einordnung der Stunde in die Unterrichtsreihe
Bemerkungen zur Lerngruppe
Legitimation des Gegenstandes
Didaktische Reduktion
Begründung der didaktisch-methodischen Entscheidungen
Anhang:
Literaturverzeichnis:
Thema der Unterrichtsreihe:
Auf dem Weg zu Einheit und Freiheit – Deutschland im 19. Jahrhundert
Thema der Unterrichtsstunde:
(6. Std. in der Reihe)
Historisches Lied als Medium gesellschaftlicher Stimmungen – Das Lied der Deutschen als Zeugnis eines nationalen Bewusstseins?
Thema der vorhergehenden Stunde:
Das Hambacher Fest – eine staatsfeindliche Demonstration?
Thema der nächsten Stunde:
Ist die Revolution noch aufzuhalten? Die Opposition im Vormärz meldet sich zu Wort.
Zentrales Stundenziel:
Die Schülerinnen und Schüler erfassen die methodischen Arbeitsschritte der Liedinterpretation als Beispiel für die Erschließung eines Liedes als historische Quelle, indem sie in Gruppenarbeit das Lied der Deutschen interpretieren und abschließend grundlegende Arbeitsschritte zur Informationsentnahme und Erkenntnisgewinnung aus Liedquellen reflektieren.
Teillernziele:
- Die Schülerinnen und Schüler verbessern ihre Sachkompetenz, indem sie in der Nationalhymne Spuren der Vergangenheit in der Gegenwart identifizieren. TZ-1
- Die Schülerinnen und Schüler verbessern ihre Sachkompetenz, indem sie die nationalen Forderungen aus dem Lied der Deutschen herausarbeiten und das Lied in den historischen Kontext einordnen. TZ-2
- Die Schülerinnen und Schüler entwickeln ihre Methodenkompetenz, indem sie das „Lied der Deutschen“ analysieren und seine Bedeutung damals und heute herausarbeiten. TZ-3
Kursiv
Die Klasse 7c besteht aus 28 Schülerinnen und Schülern. Ich unterrichte seit diesem Schuljahr eigenständig in der Lerngruppe.
Die Lerngruppe stellt sich in großen Teilen als sehr interessiert am Geschichtsunterricht dar. Der Kurs verhält sich mir gegenüber mehr als aufgeschlossen, akzeptierte mich sofort als Lehrperson und ist in offenen Gesprächsphasen sehr diskussionsfreudig. Es herrscht ein sehr gutes Klima zwischen mir und der Lerngruppe, was daran liegt, dass ich bereits mehrfach auch außerhalb des Unterrichts Aktivitäten dieser Klasse begleitet habe (Skifahrt, Suchtpräventionstage, Projektwoche…). Hierin sehe ich teilweise dahingehend ein Problem, dass die Lerngruppe nur schwer zwischen dem „Betreuer“ und dem Lehrer unterscheiden kann. Zusätzlich wird die Klasse in nahezu allen Fächern sehr oft unruhig und lenkt sich teilweise gegenseitig vom Unterricht ab. Die Lehrkräfte der Klasse versuchen nun dem gemeinsam entgegenzuwirken, indem mit der Lerngruppe ein „Vertrag“ geschlossen wurde, der gewisse Handlungsanweisungen für beide Seiten vorgibt. Es soll den Lernenden öfter die Chance zu einer Murmelphase gegeben werden, um einen kurzen Austausch zu ermöglichen. Dies soll zwei Murmelphasen nicht überschreiten und diese werden über vorher ausgemachte Zeichen auch gemeinsam wieder beendet.
Die Heterogenität der Lerngruppe reicht von sehr schwachen Schülerinnen und Schülern (Ja., Mr. – beide im „Komm-Mit“-Programm - Annika und Nik) über ein breites Mittelfeld, welches sich wenig aber regelmäßig meldet, hin zu den Lernenden, welche den Unterricht tragen (Hg., Jn., La., Al., Bn).
Die Klasse beschäftigt sich seit einigen Stunden mit dem Reihenthema „Auf dem Weg zu Einheit und Freiheit – Deutschland im 19. Jahrhundert“. Sie besitzt Kenntnisse über die Französische Revolution und die anschließenden Entwicklungen bis hin zur Ausbreitung durch die Person Napoleons über Mitteleuropa. Die Restauration mit dem Höhepunkt des Wiener Kongresses, das Wartburgfest und die Karlsbader Beschlüsse sind ihr ebenso bekannt, wie das Hambacher Fest. Zusätzlich beschäftigte sich die Klasse mit nationalen Entwicklungen und kennt zumindest in Ansätzen die liberalen Forderungen der Zeit (Gleichheit, Freiheit, Gewaltenteilung, Pressefreiheit) und die nationalen Bestrebungen nach Einheit in einem Nationalstaat.
Der methodische Schwerpunkt der Reihe, das Interpretieren von Liedern als historische Quelle, wurde bisher nur gestreift, indem die Lerngruppe bereits einmal ein Polaritätsprofil bearbeiten sollte. Ihr ist bekannt, dass man dadurch das Zusammenspiel von Text und Melodie thematisieren und zusätzlich deutlich gemacht werden kann, dass verschiedene Menschen dieselben Stücke ganz unterschiedlich wahrnehmen.[*]
An der Stelle des Lernprozesses hole ich die Lernenden ab und möchte in dieser Unterrichtsstunde das methodische Arbeiten mit historischen Liedern gezielt schulen.
Die Methode der Gruppenarbeit kennen die Schülerinnen und Schüler aus einigen vorhergehenden Stunden und sind mit den Durchführungsphasen durchaus vertraut.[†]
Das zu behandelnde Reihenthema Auf dem Weg zu Einheit und Freiheit – Deutschland im 19. Jahrhundert wird durch den „Kernlehrplan für das Gymnasium – Sekundarstufe I (G8) in Nordrhein-Westfalen“ für das Fach Geschichte legitimiert. Unter dem Inhaltsfeld 7 „Europa wandelt sich“[‡] bildet die Revolution in Deutschland 1848/1849 und die deutsche Einigung 1871 einen möglichen Schwerpunkt. Speziell bei diesem Thema ist eine Verknüpfung mit einer der zentralen Anforderungen am Ende der Sekundarstufe I, der Überlegung eine Selbstvergewisserung über die historischen Grundlagen des eigenen Gemeinwesens zu ermöglichen und hier die Nationalgeschichte hinreichend zu betrachten, angemessen.[§] Zusätzlich wird ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein gefördert, wenn die Lernenden erfahren, dass eine Kenntnis der Vergangenheit über die Interpretation von Quellen gewonnen werden kann.[**] Die Schülerinnen und Schüler sollen elementare Schritte der Interpretation von (Text-) Quellen kennenlernen und sach- und themengerecht anwenden.[††]
Das schulinterne Curriculum Sek. I im Fach Geschichte[‡‡] sieht die Behandlung des deutschen Wegs zum Nationalstaat und hier besonders die Begriffe Nationalismus, Nationalstaat und Liberalismus als Schwerpunkt vor.
Im Bezug darauf bietet das Stundenthema eine grundlegende Basis zum Verständnis der darauf folgenden Revolution in Deutschland 1848/49. Die Forderungen nach einem Nationalstaat eignen sich sehr gut, um sich exemplarisch mit den damaligen nationalen Bestrebungen auseinanderzusetzen. Anhand dieses Themas können die Schülerinnen und Schüler die methodischen Arbeitsschritte der Analyse eines Liedes als historische Quelle erfassen und diese auf einer Metaebene für den weiteren Verlauf der Reihe und die Anwendung auf andere historische Lieder reflektieren.
Durch die Nebeneinandererstellung der nationalen und liberalen Forderungen auf der einen und der restaurativen Tendenzen auf der anderen Seite in dieser Reihe, wird den Schülerinnen und Schülern deutlich, wie sich Europa wandelt und zu welchen explosiven Entwicklungen solche aufeinanderprallenden Vorstellungen führen können. Auch der Lebensweltbezug durch den Vergleich mit aktuellen Revolutionen führt zu vertiefenden Einsichten. Des Weiteren ist die Beschäftigung mit dem Streben der europäischen Bürger nach Einheit und Freiheit in dieser Zeit die Grundlage für das lange 19. Jahrhundert, welches mit dem Ersten Weltkrieg sein Ende finden sollte.
So entwickeln die Schülerinnen und Schüler in Ansätzen relevante Kategorien zum Verständnis späterer historischer Entwicklungen (z.B. Reichseinigung 1871, Einigungsgedanken in der Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts und auch aktuelle europäische Einheitsbestrebungen).
Am Beispiel der Entwicklung von Einheit und Freiheit in Deutschland im 19. Jahrhundert lassen sich somit prinzipielle Einsichten über vorstellbare Formen sozialer Bestrebungen vermitteln.
Das Hambacher Fest im Mai 1832 bietet insofern einen ergiebigen Anknüpfungspunkt, da es als Höhepunkt frühliberaler bürgerlicher Opposition in der Zeit der Restauration und des Vormärz gesehen werden kann. Die Forderungen der Festteilnehmer nach deutscher Einheit, Freiheit und Demokratie hatten ihre Wurzeln in der Unzufriedenheit der Bevölkerung der Pfalz mit der Verwaltung der Region durch das Königreich Bayern.Diese regionalen Bestrebungen werden zugunsten der nationalen reduziert.
Aus der Fülle historischer Lieder zum Thema der Entstehung des deutschen Nationalstaates wurde die Nationalhymne ausgewählt, weil sie einen Lebensweltbezug für die Lernenden herstellt und nahezu allen zumindest in Teilen bekannt sein sollte. Durchaus vorstellbar wäre im Reihenkontext auch die Behandlung des Liedes „Die Wacht am Rhein“, weil es dem dominierenden kriegerischen, stets gegen den französischen „Erbfeind“ ausgerichteten nationalen Selbstverständnis im „Deutschland“ des 19. Jahrhunderts den passenden Ausdruck verleiht. Ebenso denkbar wäre auch die Behandlung des Liedes „Was ist des Deutschen Vaterland?“, um anhand des Themas der deutschen Nationalbewegung den Begriff des Nationalismus genauer zu beleuchten. Zahlreiche Gedichte und andere politische Schriften könnten ebenso zur Sachkompetenz der Stunde führen, würden aber dem methodischen Schwerpunkt nicht gerecht werden.