Unterwegs mit Arminius - Petra Ritschel - E-Book

Unterwegs mit Arminius E-Book

Petra Ritschel

4,6

Beschreibung

Der Hund, den Melina im Keller findet, behauptet Arminius, ein römischer Feldherr mit germanischen Wurzeln, zu sein. Er bittet sie, mit ihm einen Weg zurück ins Jahr 9 nach Christus zu suchen. Gleichzeitig müssen sie auch seine menschliche Gestalt finden, die er unfreiwillig mit dem Hund getauscht hat. Auf ihrer aufregenden Reise in die Vergangenheit treffen sie auch einige historische Persönlichkeiten. Doch nicht nur Arminius ist aus der Vergangenheit gekommen. Der römische Schreiber Lucius wurde beauftragt, den Germanen zu suchen und erlebt dabei eine abenteuerliche Zeit. Als sie endlich aufeinander treffen, kommt alles ganz anders.

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Seitenzahl: 105

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Für meine Mutter.

Danke für alles.

Inhaltsverzeichnis

In den Zeittunneln

Anno 9 nach Christus

Im Jahr 1625 nach Christus

Anno 79 nach Christus

Im Jahre 1521 nach Christus

Anno 1123 nach Christus

In den Tunneln der Zeit

Anno 1603 nach Christus

Im Jahre 1431 nach Christus

Anno 1521 nach Christus

Im Jahr 1114 nach Christus

Anno 1431 nach Christus

In den Tunneln der Zeit

„Mein Name ist Arminius, von fürstlichem germanischem Geblüt und siegreicher römischer Feldherr. Berühmt durch viele erfolgreiche Schlachten des römischen Imperiums!“

So hatte sich der merkwürdige Hund vor einer halben Stunde vorgestellt, als Melina ihn hinter ihrer Kellertür sitzend fand.

Sie hatte sich spontan gefragt, ob sie das nächstgelegene Tierheim anrufen sollte, um den Hund abholen zu lassen. Oder war es vielleicht dringender, einen Termin bei einem Psychiater für sich selbst zu machen?

Wo war ihr rationaler Verstand geblieben? Seit wann gab es sprechende Hunde und wie konnte dieses Tier in ihren Keller gelangen?

Nur zufällig hatte sie den fremden Hund dort gefunden. Als sie die Kellertür öffnete, um sich eine Flasche Wein für den Freitagabend zu holen, stand ihr plötzlich dieses zottelige Tier gegenüber. Nachdem er sich vorgestellt hatte, erhob er sich, stolzierte wie selbstverständlich in ihr Wohnzimmer und machte es sich auf dem Sofa bequem.

Nun sitzt er dort und versucht ihr diese unglaubliche Geschichte zu erzählen.

Melina ist sich sicher, dass ihr Verstand ausgesetzt hat oder es sich um einen Traum handeln muss. Doch die vielen Hundehaare auf ihrem hellen Sofa sprechen für sich.

Eigentlich ist die junge Frau durch und durch Realistin. Auch wenn sie mit ihren blonden Locken und den großen veilchenblauen Augen absolut dem Bild einer naiven Blondine entspricht, hat sie für Spinnereien und durchgeknallte Fantasy-Geschichten nichts übrig.

Doch nun sitzt ihr ein rotblonder Mischlingshund mit ungepflegtem, struppigem Fell gegenüber und will ihr erzählen, er sei ein germanischer Held. Sie sieht ihn missbilligend an und wartet auf eine gute Erklärung für seine unerwartete Anwesenheit in ihrem Haus.

Jetzt schaut sich ihr eigentümlicher Gast unsicher im Wohnzimmer um. Sein Blick fällt auf den aufgeräumten Schreibtisch. Neben ihrem neuen Computer befindet sich ein Stapel mit Klassenarbeiten, die sie dieses Wochenende dringend korrigieren muss. Auch den Flachbildfernseher in der Ecke mustert er mit skeptischen Blicken. Dann schaut er Melina erneut mit seinen dunklen Hundeaugen an.

Hörbar holt er Luft, um dann in einem auffällig hochmütigen Ton noch einmal anzufangen: „Mein Name ist Arminius, Feldherr der römischen Legionen in Germanien. Sicher habt Ihr bereits von mir gehört.“

„Meinst du >Arminius< oder auch >Hermann der Cherusker<, den germanischen Fürsten, der im Auftrag der Römer die Germanen unterwerfen sollte? Er ging in die deutsche Geschichte ein, weil er den römischen Truppen während der Varus-Schlacht im Jahre 9 nach Christus ihre schwerste Niederlage beibrachte. Ihm wurde 1875 in Detmold sogar ein Denkmal gesetzt. Natürlich habe ich von ihm gehört, schließlich habe ich Geschichte studiert.“

„Ah, wie gut, Ihr kennt also meinen legendären Ruf“, stellt der Hund sichtlich zufrieden fest. „Und mit welch‘ edler Dame habe ich das Vergnügen?“

„Mein Name ist Melina Lorenz und du bist hier in meinem Haus. Ich bin Lehrerin für Deutsch und Geschichte am städtischen Gymnasium. Daher bin ich auch sicher, dass Arminius definitiv ein Mensch war!“

„Na ja, es ist mir unangenehm zuzugeben, dass es einen bedauerlichen Zwischenfall während meiner Reise durch Raum und Zeit gegeben hat. Aus diesem betrüblichen Grund bin ich gezwungen, um Eure wohlwollende Unterstützung zu ersuchen.“

Zerknirscht und bittend schaut der Hund die junge Frau an.

Melina bleibt skeptisch und mustert den Hund misstrauisch. Sie fragt sich gerade, welcher ihrer Schüler ihr wohl einen üblen Streich spielt. Möglichst unauffällig sieht sie aus dem Wohnzimmerfenster, um herauszufinden, wer dort mit einer Kamera im Garten steht. Ein kurzer Blick zeigt jedoch, dass dort niemand ist.

Schon oft hat sie sich gefragt, ob ihre Schüler sie wohl mögen. Doch ihr ist klar, dass sie mit ihrer Fächerkombination nicht „cool“ genug ist.

Nun sieht sie leicht verärgert zu dem Hund hinüber.

„Vielleicht erklärst du erst einmal, wie du hierhergekommen bist.“

Sie muss total überarbeitet sein, jetzt unterhält sie sich sogar schon mit einem Hund. Soll sie wirklich glauben, dass ein römischer Feldherr aus dem ersten Jahrhundert der Zeitrechnung vor ihr sitzt?

„In den unterirdischen Gewölben dieses Hauses endet einer der Tunnel durch Zeit und Raum, durch den ich zu Euch gelangte. Ein göttlicher Zauber verwandelte meine Gestalt in die eines edlen Wolfes, als ich durch die ewigen Zeiten wanderte. Ihr müsst mir helfen, meine menschliche Gestalt zurück zu erlangen.“

„Du irrst dich, denn du bist keineswegs ein edler Wolf, sondern ein gewöhnlicher Hund. Aber wie konntest du durch die Zeit reisen?“, fragt Melina noch einmal. Sie weigert sich, seine völlig verrückte Geschichte zu glauben.

„Wie soll ich dir helfen, wenn ich nicht mal weiß, wie du hierhergekommen bist?“, fragt sie erneut nach, um nicht über Zauberei und Zeittunnel nachdenken zu müssen.

„Das zu erklären, fällt mir nicht leicht. Die Römer halten unser Heimatland besetzt. Es gelang mir, heimlich einen Aufstand der germanischen Fürsten zu organisieren. Vereint werden die germanischen Stämme den römischen Feind vertreiben können. Doch vor der entscheidenden Schlacht gegen die römischen Truppen, die unter dem Befehl des Feldherrn Publius Quinctilius Varus stehen, suchte ich die Hilfe der alten germanischen Götter. Zu dem Zweck reiste ich zu den heiligen Felsen. Dort befindet sich eine Grotte, in der eine germanische Seherin lebt.“

„Sprichst du von den Externsteinen, die schon seit Urzeiten für rituelle Handlungen genutzt werden?“, unterbricht ihn Melina.

„Selbstverständlich, sie sind uns heilig. Wollt Ihr nun meine Geschichte hören?“

„Natürlich, ich bin ja schon still“, entschuldigt sie sich bei dem Hund, der sie ungehalten ansieht.

„Die Seherin, die dort lebt, sollte Wotan mit Geschenken gnädig stimmen und um seine Unterstützung während der Schlacht bitten, auf dass wir Germanien endgültig von den tyrannischen Römern befreien. Nachdem die Seherin die allwissenden Runen befragt hatte, übergab sie mir diese magische Kette, die die Tore zu den Tunneln durch Zeit und Raum öffnet. Dadurch sollte es mir möglich sein, die Schlacht siegreich zu beenden.“

Erst jetzt fällt Melina das Halsband in seinem struppigen Fell auf. Es handelt sich um ein Lederband mit roten und grünen Steinen, die in geometrischen Figuren auf dem Leder angeordnet sind. So eine ausgefallene Arbeit hat sie nie zuvor gesehen.

„Natürlich ist die Erde hier im Ruhrgebiet von Tunneln durchzogen,“ unterbricht Melina seine Erzählung erneut, „aber diese dienten zum Abbau von Kohle und Erzen und führen ganz sicher nicht durch die Zeit. Es erklärt also noch immer nicht, warum du in meinem Keller gelandet bist.“

Das alles kann nur ein schlechter Traum sein, denkt Melina erneut.

„So wartet doch ab, Ihr werdet es noch verstehen. Mit dem magischen Halsband öffnete ich in der Grotte der Seherin ein verstecktes Tor zu den Tunneln der Zeit. Genau wie es die Seherin beschrieben hatte, betrat ich daraufhin einen dahinter liegenden dunklen Gang. Durch den Zauber der Kette schloss sich das Tor und ich musste einen anderen Ausgang aus der Dunkelheit finden. Doch dann verirrte ich mich in den endlosen Gängen der Vergangenheit und öffnete schließlich eines der Tore. Dahinter lag ein römisches Dampfbad, in welchem einige zweifelhafte römische Senatoren die Ermordung des Julius Cäsar planten.“

„Das müssen die Verschwörer um Brutus gewesen sein“, überlegt Melina. „Das ist ein Teil der römischen Geschichte, war aber noch vor deiner Zeit. Doch wie bist du denen entkommen?“

Langsam macht ihr seine ungewöhnliche Geschichte richtig Spaß und sie ermuntert ihn, mehr über seine angebliche Zeitreise zu erzählen. Arminius lässt sich nicht lange bitten und schon geht seine fantastische Erzählung weiter.

„Ich versteckte mich hinter einer der vielen Säulen, um am Abend nach dem Zugang zu den Zeittunneln zu suchen. Flucht war die einzige Möglichkeit, mein Leben zu retten. Des Weiteren war meine Anwesenheit dringend in der Schlacht gegen das römische Imperium erforderlich.“

„Aber das Dampfbad befand sich in Rom und die Varus-Schlacht fand im Teutoburger Wald des alten Germaniens statt. Wie konntest du von Italien nach Deutschland gelangen? Das ist doch eigentlich unmöglich. Zu der Zeit muss eine solche Reise sicher Wochen gedauert haben.“

„In den Tunneln verändern sich Zeit und Raum. Es war meine besondere Herausforderung, den entsprechenden Ausgang zu finden.“

Das wird immer unwahrscheinlicher, es muss ganz sicher ein Traum oder ein plötzlicher Fieberwahn sein, denkt Melina.

„Wie ging es dann weiter?“, fragt sie mittlerweile fasziniert von der Erzählung ihres merkwürdigen Gastes.

„Um Mitternacht öffnete sich das Tor, durch welches ich das Dampfbad am Tage betreten hatte und ich befand mich erneut in den dunklen Gängen, um nach dem richtigen Ausgang bei den heiligen Felsen zu suchen. Doch hinter jeder Tür, die ich danach öffnete, fand eine andere blutige Schlacht statt.“

„Ja, unsere Geschichtsbücher sind voll von Schlachten und Kriegen. Du musst aber sehr weit in die falsche Richtung gereist sein, denn wir sind jetzt im einundzwanzigsten Jahrhundert, zweitausend Jahre nach der Schlacht im Teutoburger Wald“, stellt Melina klar, als Arminius einmal kurz Luft holt.

„Das ist völlig unmöglich. Ihr müsst Euch irren! Niemals bin ich so weit vom Weg abgekommen.“ Arminius sieht sie schockiert an.

„Aber so ist es! Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wieso du in der Gestalt eines Hundes vor mir sitzt“ Melina will auch dieses letzte Rätsel gelöst wissen.

„Während meiner Reise durch die Zeittunnel öffnete ich eine kleine Holztür und stand unerwartet dem Tier gegenüber, welches mich ansprang, als ich das Tor schließen wollte. Durch einen bösen Zauber wurden unsere Körper in diesem Augenblick vertauscht. Im Verlauf unserer Suche nach einem Ausgang aus der Dunkelheit der Tunnel wurden wir unglücklicherweise getrennt. Mein vordringliches Anliegen ist es nun, die mir eigene Gestalt wiederzufinden.“

Arminius seufzt traurig auf, auch seine anfängliche Überheblichkeit hat er während seiner langen Erzählung völlig verloren.

Melina ist von seinen anschaulichen Schilderungen so sehr berührt, dass sie ihm gern helfen möchte. Die Geschichte klingt zwar noch immer unglaublich, doch sie ist nun bereit, sich darauf einzulassen.

„Wie soll ich dir denn überhaupt helfen?“, fragt sie. „Ich kenne mich in den Zeittunneln gar nicht aus. Bisher wusste ich nicht einmal, dass in meinem Keller ein solcher Tunnel endet.“

„Um die Tore zu den Tunneln der Zeit öffnen zu können, benötigt man ein solches magisches Band der Götter. Es ist ein besonderer Zauber, welcher allein die Türen öffnen kann. Die heiligen Steine darauf bestimmen, ob man in die Vergangenheit oder die Zukunft reist. Doch mit diesen dicken Hundepfoten war es mir nicht möglich, die richtigen Steine zu berühren. Meine Reise führte mich immer weiter in die Zukunft. Ihr müsst mir unbedingt helfen, in meine eigene Zeit zu gelangen.“

„Moment, wie soll ich dann später in meine Zeit zurückkommen?“

Auf keinen Fall will Melina im alten Germanien bleiben, ohne tägliche Dusche und Badewanne, elektrisches Licht, Handy oder Computer. Auch wenn sie die Geschichte der Menschheit faszinierend findet, will sie doch den Luxus der heutigen Zeit nicht missen.

„Darüber werden die Götter zu gegebener Zeit entscheiden. Ich könnte Euch, zum Beweis meiner großen Dankbarkeit, mein magisches Band übergeben, sobald wir in meiner Zeit angekommen sind. Dann könnt auch Ihr zurückkehren. Um Mitternacht werden wir Eure Zeit durch das Tor in den unterirdischen Gewölben dieses Hauses verlassen.“

Melina erkennt, dass sich ihr die einmalige Möglichkeit bietet, durch die Zeit zu reisen und Teile der Vergangenheit selbst zu erleben. Eine Gelegenheit wie diese wird sie nie wieder bekommen. Nach einem kurzen Abwägen ist sie bereit, Arminius auf seiner Reise zu begleiten.

„Halt, nicht so schnell. So eine Zeitreise muss gut geplant werden. Wir werden einiges mitnehmen müssen“, fällt ihr ein.

Melina denkt nach, was sie benötigen. Das Gepäck darf nicht zu schwer werden oder auf der Reise hinderlich sein. Darum packt sie einen Rucksack mit dem Wichtigsten und etwas Proviant für sich und den Hund. Als letztes legt sie noch ein dickes Geschichtsbuch dazu, denn ihren Computer wird sie in der Vergangenheit natürlich nicht nutzen können. Arminius beobachtet sie kritisch und Melina erklärt ihm, wozu sie die Sachen einpackt.

„Du hast gesagt, in den Tunneln ist es finster, also brauchen wir Licht. Deshalb nehmen wir diese Taschenlampe mit. Um nicht plötzlich doch im Dunklen zu stehen, packe ich noch Ersatzbatterien ein. Vielleicht müssen wir jemandem eine Botschaft schicken, dafür brauchen wir Papier. Mit dem dicken Filzstift können wir die Türen markieren, damit wir wissen, wo wir schon waren. Und das Geschichtsbuch gibt uns Auskunft, in welcher Zeit wir gelandet sind. So sollten wir den Weg zurück in deine Zeit finden.“