Venus und Adonis - William Shakespeare - E-Book

Venus und Adonis E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

Romantische Gefühle können großen Schmerz hervorrufen. Das muss selbst Venus, die Göttin der Liebe, in diesem Gedicht von William Shakespeare einsehen: sie verliebt sich auf den ersten Blick unsterblich in den gutaussehenden Adonis und würde alles tun, um sein Interesse zu wecken. Doch Adonis erwidert Venus' Gefühle nicht – anstatt Zeit mit ihr zu verbringen, will er lieber im Wald auf die Jagd gehen. Die Warnung der Göttin über die Gefährlichkeit seines Vorhabens schlägt er in den Wind – und führt damit eine Tragödie herbei...-

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William Shakespeare

Venus und Adonis

Übersezt von Ferdinand Freiligrath

1849 (Aus: Ferdinand Freiligrath, Gesamtwerk, Band 9)

Saga

Venus und Adonis

 

Übersezt von Ferdinand Freiligrath

 

Titel der Originalausgabe: Venus and Adonis

 

Originalsprache: dem Englischen

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1849, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726886108

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Als von dem weinenden Morgen schied die Sonne

Mit Purpurantlitz, eilt' Adonis schon,

Der rosenwangige, zu des Jagens Wonne;

Jagd liebt' er, doch der Liebe lacht' er Hohn.

Von Liebe siech, tritt Venus ihm entgegen

Und wirbt um ihn, wie kecke Werber pflegen.

»Du, dreimal schöner, als ich selbst,« begann

Die Liebliche mit buhlerischem Kosen,

»Süß über alles, holder als ein Mann,

Mehr weiß und rot, als Tauben sind und Rosen;

Sich selbst besiegend, da sie dich vollendet,

Sagt die Natur, daß mit dir alles endet.

»Geruh', du Wunder, dich vom Roß zu schwingen,

Und an den Sattelbogen festzuzäumen

Sein stolzes Haupt; zum Lohn von tausend Dingen

Erfährst du auch, so süßen als geheimen.

O, komm – dies Moos birgt keiner Schlange Tücke! –

Daß ich mit meinen Küssen dich ersticke.

»Und fürchte nicht, verhaßte Sattheit müsse

Den Mund dir schließen; nein, im Überfluß

Soll er noch hungern, wundgeküßt: zehn Küsse

Wie einer kurz, wie zwanzig lang ein Kuß.

Ein Sommertag muß einer Stunde gleichen,

Läßt unter solchem Spiel man ihn verstreichen.«

Mit dem ergreift sie seine schweiß'ge Hand,

Die Botin seiner Kraft und Männlichkeit.

»'s ist edler Balsam,« zittert sie, »gesandt,

Daß eine Göttin seiner sich erfreut.«

So rasend gibt ihr Stärke die Begier,

Ihn sich herabzuziehn von seinem Tier.

Des Renners Zügel über einem Arm,

Schlägt sie den andern um des Knaben Leib,

Der dämisch schmollt, und rot wird, doch nicht warm,

Und abhold ist dem süßen Zeitvertreib.

Sie rot und heiß, wie Kohlen recht im Feuer;

Er rot vor Scham, allein ein frost'ger Freier.

O, Lieb' ist schnell! – um einen knorr'gen Ast

Weiß sie behend den bunten Zaum zu winden;

Das Roß ist aufgestallt, und jetzt in Hast

Versucht sie auch den Reiter festzubinden.

Ihn rückwärts stoßend, wie er sie es müßte,

Lenkt seinen Leib sie, doch nicht seine Lüste.

Kaum sinkt er hin, so fällt auch sie zur Erde,

Gleich ihm auf Hüft' und Ellenbogen lehnend;

Sie streichelt ihn, doch er mit Zorngebärde

Verweist es ihr; – ihn zu beschwicht'gen wähnend,

Vor Wollust stammelnd, sagt sie unter Küssen:

»Ja, wenn du schmälst, muß ich den Mund dir schließen.«

Er brennt vor Scham; sein mädchenhaft Erglühn

Löscht sie mit Tränen; drauf mit ihren Locken

Und ihren Seufzern wieder kühlt sie ihn,

Und fächelt seine Wangen wieder trocken.

Er nennt sie frech und schilt ihr zuchtlos Werben;

Was folgen soll, läßt sie durch Küsse sterben.

Und wie ein Aar, der lange Zeit gefastet,

Den Schnabel senkt in Federn, Fleisch und Bein,

Die Schwingen schüttelt und nicht eher rastet,

Als bis er voll ist, und der Raub herein:

So küßt sie Stirn ihm, Kinn und Mund und Wangen,

Um, wo sie endet, wieder anzufangen.

Er muß es schmollend wohl zufrieden sein;

Er liegt und keucht, und atmet ihr entgegen.

Sie saugt begierig seinen Odem ein,

Und nennt ihn Wonnedüften, Himmelsregen;

Und wünscht, ihr Antlitz trüge Blumenbeete,

Daß ewig sie ein solcher Tau umwehte.

Sieh, wie ein Netz den Vogel, so umstricken

Der Göttin Arme den Gefangnen; – Wut

Und finstres Zürnen sprüht aus seinen Blicken,

Und läßt sie glühn mit doppelt schöner Glut.

Wird Regen sich in volle Ström' ergießen,

Dann müssen wohl die Ufer überfließen.

Noch bittet sie, und artig bittet sie;

Denn art'gen Ohren ja tönt ihre Stimme.

Noch brütet er, noch lohnt er ihre Müh'

Mit roter Scham und aschefarbnem Grimme.

Rot zieht sie vor, doch blaß auch läßt sie gelten,

Der Neuheit wegen, denn blaß ist er selten.

Gleichviel, ob er sie liebt; sie muß ihn lieben,

Und schwört es laut bei ihrer Hand, der schönen,

Unsterblichen: »Durch nichts werd' ich vertrieben

Von deiner Brust, als bis mit meinen Tränen

Du Frieden machst; für dich rinnt diese Flut;

Ein süßer Kuß macht alles, alles gut.«

Als dies Versprechen ihrer Lipp' entflieht.

Hebt er das Kinn, wie Taucher sich erheben,

Und schnell versinken, wenn man sie ansieht: –

So will er ihr, was sie begehrte, geben;

Doch plötzlich blinzelt er, und kehrt zur Seite

Die Lippe, die zum Kusse schon bereite.

Nie lechzt' ein Wandrer in der Hitze so

Nach einem Trunk, wie sie nach diesem Kusse;

Dem Heile nah, wird sie des Heils nicht froh,

In Flammen steh'nd trotz ihrer Tränen Gusse.

»O, Mitleid,« ruft sie, »kieselherz'ger Knabe!

Ein Kuß nur ist's, drum ich gebeten habe!«

»Wie ich um dich, so hat um mich gefreit

Der fürchterliche, rauhe Gott des Krieges,

Der seinen Nacken bog in keinem Streit,

Der, wo er wandelt, sich erfreut des Sieges;

Doch hab' ich ihn zu Füßen mir gesehn,

Erflehend das, was dir wird ohne Flehn.

»An meinen Altar hängt' er seine Lanze,

Sein beulig Schlachtschild und sein Helmgefieder,

Ließ sich herab zu Tändelspiel und Tanze,

Und lernte Lächeln, Schmeichelworte, Lieder,

Verschwörend Fahn' und Trommel; – sieh, sein Feld

Ward diese Brust, mein Bett ward sein Gezelt.

»So den Besiegenden hab' ich besiegt;

An Rosenketten hielt ich ihn gefangen.