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Catherine hatte sich schon früh ihr Leben an der Seite ihres Traumprinzen ausgemalt. Und wer bot sich besser als Traumprinz an, als ihre Sandkastenliebe Michael Carrington? Ihr Leben lang darauf versteift, war sie todunglücklich, dass er es nicht auch so sah. Jede Zuwendung von ihm sah sie als Hoffnungsschimmer, jede Frau an seiner Seite als Loch, dass sie tiefer und tiefer drohte zu verschlingen. Und Michael war wahrlich kein Verächter des weiblichen Geschöpfes so dass sie mehr und mehr abrutschte, bis es kein halten mehr gab. Sie betäubte ihren Schmerz durch Drogen und durch Prostitution, um die Drogen zu finanzieren baute sie neuen Schmerz auf, der sie durch und durch auffraß. Ihr Leben schien verdammt, bis ihre Mutter entführt wurde und der Traumprinz nach ihr suchte. Und plötzlich war ihr Leid nicht mehr nur ihr Leid, sondern das Schicksal auch von Carolin.
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Seitenzahl: 799
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Simone Stöhr
Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft
Folgeroman von Blick der Veränderung
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Samstag, 16.02.2008, Wellington, 10:04 Uhr
Sonntag, 17.02.2008, Wellington, 08:22 Uhr
Sonntag, 17.02.2008, Quincy, 14:39 Uhr
Freitag, 29.02.2008, Boston, 21:13 Uhr
Samstag, 01.03.2008, Quincy, 16:26 Uhr
Freitag, 04.04.2008, Boston, 20:58 Uhr
Samstag, 05.04.2008, Boston, 09:24 Uhr
Freitag, 08.08.2008 Boston, 22:20 Uhr
Freitag, 08.08.2008 Wellington, 23:52 Uhr
Samstag, 09.08.2008 Wellington, 08:03 Uhr
Sonntag, 10.08.2008 Wellington, 11:23 Uhr
Dienstag, 12.08.2008 Medical Klinik Boston, 09:28 Uhr
Dienstag, 12.08.2008 New York, 14:40 Uhr
Mittwoch, 13.08.2008 Boston, 10:20 Uhr
Donnerstag, 14.08.2008 New York, 09:56 Uhr
Donnerstag, 14.08.2008 Boston, 12:05 Uhr
Donnerstag, 14.08.2008 New York, 16:28 Uhr
Freitag 15.08.2008 New York, 8:42 Uhr
Freitag 15.08.2008 New York, 10:03 Uhr
Freitag 15.08.2008 New York, 12:26 Uhr
Montag, 18.08.2008 New York, 15:03 Uhr
Freitag, 23.08.2008 New York, 11:00 Uhr
Dienstag, 26.08.2008, New York 14:49 Uhr
Freitag, 29.08.2008 New York, 17:26 Uhr
Montag, 01.09.2008 New York, 10:00 Uhr
Donnerstag, 04.09.2008 New York, 8:40 Uhr
Samstag, 06.09.2008 New York, 14:08 Uhr
Samstag, 06.09.2008 Cambridge, 16:53 Uhr
Sonntag, 07.09.2008 New York, 17:53 Uhr
Montag, 08.09.2008 New York, 10:05 Uhr
Donnerstag, 11.09.2008 New York, 16:34 Uhr
Freitag, 12.09.2008 New York, 09:11 Uhr
Montag, 15.09.2008 Cambridge, 10:08 Uhr
Donnerstag, 18.09.2008 Cambridge, 19:11 Uhr
Freitag, 19.09.2008 Cambridge, 11:26 Uhr
Freitag, 19.09.2008 Cambridge, 13:11 Uhr
Samstag, 04.10.2008 New York, 15:52 Uhr
Sonntag, 05.10.2008 Cambridge, 12:26 Uhr
Samstag, 18.10.2008 Boston, 09:26 Uhr
Sonntag, 19.10.2008 New York, 13:49 Uhr
Montag, 20.10.2008 New York, 07:25 Uhr
Sonntag, 23.11.2008 New York, 10:05 Uhr
Mittwoch, 26.11.2008 New York, 18:24 Uhr
Samstag, 29.11.2008 New York, 18:03 Uhr
Donnerstag, 18.12.2008 New York, 14:03 Uhr
Mittwoch, 31.12.2008 Wellington, 18:56 Uhr
Donnerstag, 01.01.2009 Wellington, 10:23 Uhr
Donnerstag, 01.01.2009 Wellington, 14:11 Uhr
Donnerstag, 01.01.2009 Cambridge, 20:59 Uhr
Dienstag, 13.01.2009 New York, 09:42 Uhr
Samstag, 14.02.2009 New York, 08:00 Uhr
Samstag, 14.02.2009 New York, 11:21 Uhr
Montag, 16.02.2009 Cambridge, 13:42 Uhr
Mittwoch, 15.04.2009 Cambridge, 09:52 Uhr
Sonntag, 31.05.2009 Cambridge, 19:31 Uhr
Mittwoch, 16.03.2011, Boston 12:42 Uhr
Freitag, 18.03.2011, Cambridge 11:04 Uhr
Freitag, 18.03.2011, Cambridge 12:26 Uhr
Freitag, 18.03.2011, Cambridge 18:26 Uhr
Samstag, 19.03.2011, Wellington 08:06 Uhr
Samstag, 19.03.2011, Wellington 10:34 Uhr
Samstag, 19.03.2011, Medical Klinik Boston, 11:42 Uhr
Samstag, 19.03.2011, Beachmont, 13:29 Uhr
Samstag, 19.03.2011, Medical Klinik Boston, 19:53 Uhr
Sonntag, 20.03.2011, Wellington, 06:24 Uhr
Sonntag, 20.03.2011, Medical Klinik Boston, 08:53 Uhr
Sonntag, 20.03.2011, Beachmont, 09:04 Uhr
Sonntag, 20.03.2011, Wellington, 17:43 Uhr
Montag, 21.03.2011, Wellington, 09:07 Uhr
Montag, 21.03.2011, Beachmont, 16:26 Uhr
Dienstag, 22.03.2011, New York, 10:41 Uhr
Dienstag, 22.03.2011, New York, 12:19 Uhr
Mittwoch, 23.03.2011, New York, 09:46 Uhr
Mittwoch, 23.03.2011, New York, 10:03 Uhr
Mittwoch, 23.03.2011, New York, 12:41 Uhr
Mittwoch, 23.03.2011, Boston Medical-Klinik, 20:09 Uhr
Donnerstag, 24.03.2011, Boston Medical-Klinik, 14:23 Uhr
Donnerstag, 24.03.2011, Cambridge, 19:51 Uhr
Impressum neobooks
Martha bereitete mit Laura in der Küche das Essen für Williams Geburtstagsfeier vor. Seine Eltern, ein paar Freunde, sowie teils auch Geschäftsfreunde hatten sich für den Abend angemeldet und Laura, der das Ganze aus den Fugen zu geraten schien, war um jede Unterstützung, die sie kriegen konnte dankbar. Natürlich hätte sie sich das Essen auch liefern lassen können, aber das war definitiv nicht ihr Stil. Martha und sie waren ohnehin ein eingespieltes Team und jeder wusste was er zu tun hatte ohne große Reden zu schwingen. Laura war dankbar und froh in ihr einen so flexiblen und auch gutmütigen Menschen gefunden zu haben. Dennoch sah Martha heute bedrückt aus. Der einzige Grund, der dafür verantwortlich sein könnte, war Catherine. Alles was mit ihr in Zusammenhang stand, waren bisher nur Hiobsbotschaften und kein Grund zur Freude. Je mehr sie über die Frau hörte, die sie bislang nur einmal gesehen hatte, umso tiefer rutschte sie ab, ohne sich helfen zu lassen. Laura konnte einfach nicht verstehen, wie ein Mensch nach so einer liebevollen Erziehung, wie Catherine sie ohne Frage bei Martha gehabt haben musste, sich so fallen lassen konnte und nichts Besseres wusste, als ihr Leben regelrecht wegzuwerfen. Gegen Martha war Lauras Mutter ein Projekt für das Jugendamt und trotzdem war aus ihr etwas geworden! Das zeigte Laura, dass man mit einem Willen und etwas Selbstdisziplin immer etwas aus seinem Leben machen konnte, wenn man nur wirklich wollte. Sie beschloss Martha nach dem Grund ihrer bedrückten Stimmung zu fragen, auch wenn sie sich den schon denken konnte.
„Martha, hast du Neues von deiner Tochter gehört oder ist genau das Nichtshören der Grund für deine Stimmung?“
„Du bist sehr aufmerksam. Es belastet mich, dass ich so lange nichts von ihr gehört habe. Auch wenn es nie gute Nachrichten sind, die wir von ihr hören. Aber keine Nachrichten sind auch nicht gerade beruhigend. Vor drei Wochen hatte sie Geburtstag und ich konnte sie noch nicht einmal anrufen, da ich keinerlei Adresse oder Telefonnummer von ihr habe. Das hat mich ganz schön mitgenommen. Und Peter geht es glaube ich ähnlich. Er ist ein gebrochener Mann, seit er von ihrem Absturz in die völlige Drogenabhängigkeit erfahren hatte. Ich befürchte fast, dass er die nächste Hiobsbotschaft von ihr nicht mehr so leicht wegsteckt. Sein Herz ist schwach vor Kummer geworden und er regt sich viel zu sehr auf. Aber du kennst ihn ja, zum Arzt kann man ihn einfach nicht bewegen. Wenn ich ihn auch noch verlieren sollte, weiß ich nicht mehr, was ich noch auf dieser Welt soll.“
„Mal den Teufel nicht an die Wand. Soweit wird es sicherlich nicht kommen“, versuchte Laura sie von den Gedanken abzulenken.
„Ich habe trotzdem so ein dummes Gefühl, dass uns noch etwas bevorsteht. Und meist trügt mich mein Gefühl nicht!“
„Wann hast du sie überhaupt das letzte Mal gesehen?“, fragte Laura nach.
„Es ist etwas mehr als 6 Monate her. Sie hatte Geldprobleme und hatte mich gefragt, ob ich ihr etwas leihen könnte. Ich wusste genau, dass es erstens nicht leihen und zweitens für Drogen gewesen wäre. Daher habe ich mich geweigert. Ehe ich es gemerkt hatte, hatte sie mir das restliche Bargeld aus der Geldbörse geklaut und war damit verschwunden. Mir geht es doch wirklich nicht um das Geld. Von mir aus kann sie alles haben, was ich besitze, aber sie soll es doch um Himmels Willen nicht für Drogen ausgeben!“, klagte Martha ihr Leid.
„Es ist ein frustrierendes Gefühl daneben zu stehen und nicht helfen zu können. Es müssen nicht unbedingt die Drogen sein, es reicht auch ein wahnsinniger Dickschädel, wie bei meiner Cousine. Sie wollte auch einfach nicht auf mich hören und hat einen Mann geheiratet, der weder zu ihr passt, noch das zu schätzen weiß, wen er geheiratet hat. Egal, wie viele Warnungen ich ihr ausgesprochen habe, es hat sie scheinbar noch mehr angespornt ihm verfallen zu sein. Das ist so frustrierend, wenn man es besser weiß, aber niemand auf dich hört. Vielleicht sollten wir es einfach nur umgedreht probieren.“
„Laura, sei mir nicht böse, aber es ist schon noch ein gewaltiger Unterschied zwischen drogenabhängig und nur den falschen Mann geheiratet zu haben. Sie kann sich von dem Mann trennen, aber Catherine kommt von den Drogen so schnell nicht los.“
„Du kennst Isabella nicht! Bei ihren Wertvorstellungen sitzt sie mit ihrem Mann genauso in einem Gefängnis, wie Catherine in ihrem Gefängnis aus Drogen. Alleine werden beide nicht herauskommen. Die Frage ist nur, von wem sie sich helfen lassen, denn alleine schaffen sie es beide nicht. Machst du dir Vorwürfe deswegen? Verstehe mich jetzt nicht falsch, ich will dir nichts unterstellen, aber meistens macht man sich als Mutter selbst dafür verantwortlich, dass die Kinder so geworden sind.“
„Das stimmt schon und irgendwie denke ich das auch. Ich zerbreche mir ständig den Kopf darüber, warum ich nicht früher eingegriffen habe. Ich hatte es immer geahnt und trotzdem nicht reagiert, da ich es nicht so ernstgenommen habe. Und jetzt ist es einfach viel zu spät, um zu reagieren“, sinnierte Martha vor sich hin.
„Wovon redest du?“, fragte Laura neugierig.
„Von Catherine und Michael“
„Was? Er hatte mit ihr auch etwas gehabt?“, unterbrach Laura sie aufgeregt. Ihre Meinung von Mike, dem Bruder ihres Freundes William, war schon mehr als schlecht genug. Ein ewiger Weiberheld, der sich auf Kosten des Familienerbes ausruhte und das Leben nur nach Partys und den nächsten Betthäschen ausrichtete. Aber am meisten störte Laura die Tatsache, dass er jede Gelegenheit nutzte, sie zu provozieren, zu denunzieren und zu schikanieren. Und zu ihrem Leid war er darin wirklich gut, das musste sie ihm zugestehen. Dennoch war er ein rotes Tuch für sie und sie traute ihm mittlerweile jede Schandtat zu. Jemanden in die Drogenabhängigkeit zu stürzen, wäre da, Lauras Meinung zur Folge, gar nicht so abwegig.
„Nein, hatte er nicht“, widersprach Martha damit Lauras Gedanken. „Aber Catherine hatte ihn schon von klein auf bewundert und für ihn geschwärmt. Immer wenn ich sie mit nach Wellington gebracht hatte, saßen sie draußen zusammen auf der Hollywoodschaukel und er hatte ihr von seinen Streichen oder Geschichten seiner Reisen erzählt. Irgendwann ist aus dieser Bewunderung wohl mehr geworden, aber eben nur von Catherines Seite. Für Michael war und ist sie nach wie vor, so etwas wie eine kleine Schwester.“
„Und du meinst seine unerwiderte Liebe hat sie in die Drogen gestürzt?“, folgerte Laura.
„Vielleicht nicht nur alleine, aber es hängt damit zusammen. Ich kann es dir nicht mit Sicherheit sagen, weil sie nie mit mir darüber gesprochen hat, aber als Mutter spürt man es doch. Du hättest sie jedes Mal sehen müssen, wie sie reagierte, wenn Michael eine neue Freundin mit nach Hause brachte. Und wie du weißt, war und ist er in dieser Beziehung kein Kind von Traurigkeit. Egal, wie oft er sie damit enttäuscht hatte, sie hatte dennoch nie die Hoffnung aufgegeben, dass er doch noch zu ihr kommen würde. Jedes Mal, wenn er eine Neue hatte, weinte sie sich tagelang die Augen aus und dann, wenn Mike sich wieder von den Frauen getrennt hatte, stieg bei ihr wieder die Hoffnung. Dieser Kreislauf schien einfach kein Ende zu nehmen und je häufiger es vorkam, umso mehr zog sie sich zurück und versank in sich, schon fast wie Depressionen.“
„Normal wissen die Leute nicht, woran es lag. Aber du hast den schleichenden Verlauf sehr genau mitbekommen. Warum hast du nicht damals versucht einzugreifen?“, fragte Laura fassungslos.
„Ich habe alles Mögliche versucht, um den Kreislauf zu unterbrechen und ihr Mike auszureden. Doch alles was ich gesagt oder getan hatte, hatte sie nur noch mehr in ihren Wahn bestärkt und von mir entfernt. Sie wollte weder mit mir darüber reden, noch dass ich ihr meine Sicht zeigte. Die übliche Abkapselung in der Pubertät vollzog ihr übriges und sie gab, glaube ich, mir letztlich die Schuld, dass Mike nichts von ihr wissen wollte.“
Martha fiel es schwer weiterzusprechen. Ein Kloß saß tief und fest in ihrer Kehle und raubte ihr den Atem, sowie die Stimme. Sie war froh mit jemanden darüber sprechen zu können, aber gleichzeitig überkam sie auch eine Traurigkeit, weil es ihr wieder einmal bewusst wurde, dass ihr einziges Kind ihr Leben einfach so wegwarf. Einzelne Tränen kullerten ihr anfangs noch langsam die Wangen hinunter. Doch schon bald würden sie sich sammeln und wie ein Bach hinunterschießen. Martha war es peinlich vor Laura, obwohl es Laura nicht zu stören schien und sie in ihr schon längst eine Freundin sah. Dennoch kannte Laura bislang auch nur die starke Martha, die ihr Leben und das der Carringtons fest im Griff hatte. Bevor es zu den fließenden Bächen überhaupt kam, bombardierte Laura sie weiter mit ihren neugierigen Fragen und Martha war ihr mehr als nur dankbar dafür.
„Wie hat Mike sich dazu verhalten? Ich meine, hat er nicht gemerkt, dass sie mehr von ihm will?“
„Natürlich hatte auch er es irgendwann bemerkt, dass sie mehr von ihm erwartete, als nur Freundschaft. Er ist feinfühliger, als du von ihm denkst und er macht sich viele Gedanken um alles und jeden. Aber er geht auch jeder Entscheidung, die ihm nicht gefällt, am liebsten aus dem Weg. So kam es, dass er sich mehr und mehr von Catherine distanziert hatte und hoffte, das Problem würde sich damit von alleine lösen.“
„So wie ich Mike kennengelernt habe, ist das seine übliche Art mit Frauen oder Situationen umzugehen, die ihm lästig werden“, kommentierte Laura.
„Ich kann es ihm nicht einmal übelnehmen. Letztlich glaube ich, war er selbst überfordert. Sein Ausweg hieß das Ausland und er ging für ein Jahr nach Deutschland und anschließend nach Italien, wie du weißt. Für Catherine dagegen war es der Untergang. Sie zog nur noch nachts um die Häuser, traf sich mit komischen Kerlen und war meist nur noch betrunken anzutreffen. Von da ab ging es weiter bergab. Sie wurde schlechter in der Schule und drohte die Highschool nicht zu schaffen. Doch darauf ließ sie es gar nicht mehr ankommen und brach kurz vor den Prüfungen die Schule einfach ab. Nachdem sie die Schulpflicht bereits erfüllt hatte, konnte ich nicht einmal das mehr verhindern. Es war das Schlimmste, das ihr mir damals noch vorstellen konnte. Ich hatte immer hart gearbeitet, um ihre eine gute Ausbildung ermöglichen zu können und sie warf einfach alles so weg.“
Martha konnte gegen die Tränen, die sie so lange Zeit schon zurückgehalten hatte, nicht mehr ankämpfen und ließ ihnen freien Lauf. Laura unterbrach das Gemüse schnippeln und nahm sie freundschaftlich in den Arm, um die alte Frau, die sich ihr gerade offenbarte, zu trösten.
„Du kannst immer versuchen, den Kindern ein Vorbild zu sein und ihnen deinen Weg aufzeigen. Doch ob sie sich danach richten werden, bleibt dennoch fraglich. Ich bin überzeugt, dass du alles Mögliche getan hast, um das Leben, das sie jetzt führt zu verhindern und dennoch war es ihre Entscheidung es dennoch zu tun. Und solange sie es selbst nicht möchte, wirst du auch nichts tun können, um das zu ändern. So hart es auch klingen mag, aber es liegt an ihr!“
„Ich weiß es hier“ und Martha tippte sich mit dem Finger an die Schläfe „aber da“ und sie legte ihre Hand auf ihre rechte Brust als Symbol für ihr Herz, „da kann ich es nicht verstehen. Es kommt mir so vor als würde ich neben ihr am Abgrund stehen und müsste gefesselt zusehen, wie sie springt.“
„Das kann ich mir gut vorstellen. Wenn es etwas gibt, womit ich dir helfen kann, musst du es mir nur sagen. Ich bin jederzeit für dich und auch deine Familie da. Du warst für mich auch von Anfang an da und dafür bin ich dir sehr dankbar. Durch dich und William habe ich meine Entscheidung hierher zu ziehen niemals bereut.“
„Das war doch selbstverständlich Kindchen. Ich bin froh, dass du in Williams Leben getreten bist. Er blüht richtig auf, seit er dich kennt und auch mir bist du ans Herz gewachsen, wie meine eigene Tochter. Du passt sehr gut hier rein und William hätte keine bessere Wahl treffen können. Bei ihm hatte ich mir auch nie Gedanken gemacht. Er ist zwar zurückhaltend, aber wenn er sieht, was er will, dann setzt auch er alles daran, dass er das bekommt.“
„Das kann man wohl sagen. Nach dem Urlaub war er wie ein Märchenprinz bei mir in Deutschland erschienen und hat mich einfach überwältigt mit seiner entschlossenen Art. Das war aber auch das einzige Mal, dass ich ihn so schnell eine Entscheidung treffen gesehen habe! Sonst entspricht das ganz und gar nicht seinem Wesen.“
Martha lächelte wieder. Sie wusste genau, wovon Laura sprach. Dafür kannte sie die beiden Carrington Brüder schon von klein auf, schon viel zu gut. William war immer der kleinere und verunsicherte Typ der beiden Brüder gewesen. Michael dagegen, war der ältere und einfallsreiche Draufgänger der Familie. Die beiden waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht und trotzdem hatte jeder etwas für sich, das Martha beeindruckte und schätzte. Bei Mike war es seine charmante und ideenreiche Persönlichkeit, die Martha immer wieder zum Lachen brachte und nie langweilig werden ließ. Und bei William dagegen war es seine mitfühlende und sensible Natur, die in Martha immer den Beschützer-Instinkt hervorrief. Als wenn er es geahnt hätte, dass über ihn gesprochen wurde, kam William in die Küche geschlendert und gab automatisch Laura ein Küsschen auf die Wange.
„Guten Morgen mein Liebling. Heute schon so fleißig? Hättest du nicht noch etwas im Bett bleiben können?“
„Wenn wir deinen Gästen heute kalte Küche servieren sollen, komme ich sofort wieder ins Bett zurück!“, scherzte Laura und umarmte ihn. „Ich wünsche dir alles Liebe und Gute zum Geburtstag, mein Schatz.“
„Kalte Küche klingt sehr verführerisch!“, lachte William und umarmte auch Martha, die noch abseits am Backofen den Kuchen hineinschob.
„Danke, dass du Laura hilfst. Ich weiß das sehr zu schätzen.“
„Gern geschehen. Auch von mir alles Gute zum Geburtstag, viel Gesundheit und Gottes Segen, mein Junge. Jetzt bist du schon 32 Jahre alt. Mein Gott, wo ist die Zeit hingekommen!“, sinnierte Martha.
„Das kann ich dir auch nicht sagen“, lachte William. „Die Zeit sieht man dir jedenfalls nicht an. Ich hoffe, ich kann das auch mal von mir sagen, wenn ich so alt bin, wie du.“
„Lieb gemeint, aber ich weiß selbst, wie alt ich geworden bin, William. Das können auch die charmanten Schmeicheleien der Carringtons nicht ändern!“
Catherine und Susann stiegen in Wellington aus der T und machten sich auf den Weg zur Carrington Villa. Eine bedrückende Stimmung herrschte zwischen den Frauen und Catherine war es absolut nicht wohl in ihrer Haut. Sie war gerade dabei, genau das zu tun, das sie nie im Leben vorgehabt hatte – ihre Mutter um Geld anflehen. Und anflehen war dieses Mal mehr als nur wörtlich gemeint. Das Wasser stand ihr bis zum Hals und in ihrer jetzigen Situation würde sie ihrer Mutter auch die Füße küssen, wenn sie sich dadurch nur erweichen lassen würde. Nicht zuletzt spürte sie, dass sich die fehlenden Drogen in ihrem Körper, wie Gift durch ihre Adern schlichen. Eine bleierne Schwere kroch durch ihre Extremitäten und sorgte für kalten Schweiß, der ihr aus allen Poren ihres Körpers herausströmte. Den Hunger, den sie vorhin noch verspürt hatte, trat dabei vergessen in den Hintergrund. Sie wusste genau, was sich die nächsten Stunden abspielen würde, wenn sie bei ihrer Mutter nicht erfolgreich sein sollte. Es würde ihr zusehends schlechter gehen und aus der bleiernen Schwere würde brennendes Feuer werden, das ihren Körper stark zum glühen brachte und sie schmerzlich innerlich verbrennen ließ. Schmerzen angefangen von ihrem Arm, der sich nach der Injektionsnadel sehnte, zu starken Bauchkrämpfen bis hin zu Schüttelfrost, der den ganzen Körper neben dem verbrennen auch noch frierend erzittern ließ. Cathy wusste, was ihr blühte. Erst Wochen zuvor hatte sie selbst versucht von dem Scheißzeug loszukommen und hatte es einfach nicht geschafft! Die Schmerzen, die täglich schlimmer wurden, waren ihr noch deutlich im Gedächtnis geblieben und machten ihr entsetzliche Angst. Sie musste nur 10 Tage durchhalten, dann sagte man, wäre das meiste geschafft. Doch jeder Tag hatte in der Phase des Entzuges nicht 24 Stunden, sondern kam einem wie ein ganzer Monat vor. Es war eine schier endlose Situation aus der sie keinen Ausweg mehr sah. Anfangs sah sie die Drogen als Flucht aus der Realität und vieles schien einfacher dadurch. Doch mittlerweile brauchte sie die Drogen nicht mehr nur um sich vor der grausamen Realität zu verstecken, sondern als Erleichterung gegen die Schmerzen, die sie hatte, wenn sie nicht mit Drogen berauscht war. Sie konnte mittlerweile auf einige Jahre Drogenerfahrung zurückblicken. Anfangs war es nur der Alkohol, der mit der Zeit von Party zu Party kombiniert wurde mit einem Joint, aber auch Ectasy, Speed oder wenn es gut herging mit ein paar Lines Koks. Es war nicht schwer an die Drogen zu kommen, denn meist brachten Typen, die an ihr interessiert waren die Drogen mit und so hatte sie weder Geldprobleme, noch Probleme an die Drogen heranzukommen. Das war auch die Zeit, in der sie glaubte, sie könne jederzeit wieder damit aufhören. Doch eine Party ohne Drogen war irgendwie keine Party, wenn alle anderen stoned waren und man selbst nicht. Doch durch die Wirkung der Aufputschmittel brauchte sie auch regelmäßig Beruhigungsmittel, wie Valium, um überhaupt wieder herunterzukommen. Mit wechselnden Jobs hielt sie sich dabei noch wacker als ungelernte Kraft ohne Abschluss über Wasser. Kellnerinnen, aber auch attraktive Empfangsdamen wurden immer irgendwie gesucht, weshalb es ihr so leicht fiel immer einen neuen Job zu finden, wenn ihr alter Boss schließlich ihr Zuspätkommen oder ihren betrunkenen Zustand satt hatte und sie hinauswarf. Doch schließlich verlor auch Speed seine berauschende Wirkung, wenn man ständig oben war und nie herunterkam. Daher probierte sie Heroin, auch H genannt, aus. Jedoch, wenn sie voll drauf war, war es ihr einfach zu viel zu arbeiten. Sie wollte nicht mehr angeschrien und beleidigt werden, wenn man dann auch noch mit Blasen an den Füßen nach Hause kam. Und nachdem ihr vor 8 Monaten die Möglichkeit geboten wurde bei Susann, die sich lieber Jasmin nannte, und Matthew einzuziehen, war es auch nicht mehr zwingend notwendig arbeiten zu gehen. Matthew war bislang großzügig gewesen, auch im Spendieren von Drogen, weshalb es für sie keinen Grund gab einer geregelten Arbeit nachzugehen. Wenn das Geld dennoch knapp wurde, weil sie den beiden nicht ständig auf der Tasche liegen wollte, ging sie ein Wochenende im Stripclub tanzen und dank ihres guten Aussehens und der Beliebtheit bei den Männern, hatte sie schnell das nötige Kleingeld wieder beisammen, um sich die nächsten Drogen zu finanzieren und sich so noch ein paar Kleinigkeiten zu gönnen. Nur hatte genau diese Arbeit den Nachteil, dass sie danach, um die ganzen Blicke und das Betatsche zu verarbeiten, eine extra Ration H brauchte, um es vergessen zu können. Die Abstände wurden kürzer und schließlich steigerte sich das letzte halbe Jahr auch ihr Konsum so wesentlich, dass es schon mehrere Wochen dauern würde, bis sie die Schulden abarbeiten könnte und diese Zeit hatte sie wahrlich nicht mehr, nachdem Matthew ihr eine letzte Frist bis zum Ende der Woche eingeräumt hatte. Aus dem lieben Matthew wurde plötzlich der unangenehme Dealer und er gab ihr mehr als nur deutlich zu verstehen, dass er zu seinem Geld kommen würde, ob ihr das Spaß machte oder nicht. Und die Alternative, die er vorschlug, sie mit Jasmin auf den Strich zu schicken, war eine Lösung, die sie um alles in der Welt vermeiden wollte. Es war eine Sache sich vor schmierigen Kerlen auszuziehen, aber eine deutlich andere mit ihnen Sex haben zu müssen. Davor graute ihr am meisten. Natürlich hatte sie schon mit Männern geschlafen, die ihr nichts bedeuteten und bekam Geld, Drogen und anderes geschenkt, aber bisher konnte sie sich die Männer immer aussuchen und konnte es sich leisten auch nein zu sagen. Doch das war jetzt mit dem Ultimatum nicht mehr möglich und Catherine schauderte vor den perversen Neigungen, die manche Freier an den Tag legten, wie Jasmin ihr schon des Öfteren berichtet hatte. Langsam setzte sie einen Schritt nach dem anderen vor sich.
„Komm trödel nicht so! Ich habe heute auch noch etwas anderes vor!“, warf Jasmin ihr vor.
„Du musst ja nicht mitkommen. Ich kann das auch alleine machen!“, verteidigte sich Catherine.
„Kannst du eben nicht! Du hast Matt doch gehört! Ich soll dich begleiten und auf dich aufpassen. Dein Ultimatum läuft in ein paar Stunden ab und er hat Angst du könntest dich vom Acker machen und er bleibt auf deinen Schulden sitzen.“
Auch daran hatte Catherine schon gedacht, aber genauso schnell verworfen. Matthew war kein Unbekannter in der Drogen- und Prostitutionsszene. Vor ihm zu flüchten war ohne genügend Geld und Kontakte, wo sie sich verstecken konnte unmöglich. Bei einem Scheitern der Flucht war dies gleich einem Selbstmordkommando zu setzen. Und das war mit 90%iger Sicherheit der Fall. Die ganze Woche über hatte sie sämtliche Freunde abgeklappert und versucht so zumindest etwas Geld zusammen zu bekommen. Doch letztlich waren es bis gestern Abend nur lächerliche 273 Dollar und 40 Cents. Viel zu wenig für Matthew! So blieb ihr nur noch ihre letzte Chance, die schlimmste von allen – ihre Mutter um Geld zu bitten. Sie war die einzige, die ihr noch helfen konnte. Natürlich verdiente sie bei den Carringtons als Haushälterin kein Vermögen, insbesondere, da sie in Rente war und nur noch bei Festen aushalf, so wie heute, wie sie von der Nachbarin erfahren hatte. Trotzdem war sie sparsam und hatte immer Geld auf der Seite, das sie für Notfälle aufhob und ein Notfall war das jetzt auf jeden Fall. Auch wenn sie sich die Antwort schon denken konnte, versuchte sie es trotzdem. Vielleicht war mit ihrer Mutter auch zu reden, selbst wenn sie sich schämte ihr die Situation, in der sie sich gerade befand, zu erklären. Noch 100 Meter, dann würden sie an der Carrington Villa angekommen sein. Schon von weitem war die buschige Hofeinfahrt sichtbar, die das große, eiserne Tor umgab und den Seiteneingang zuwucherte, dass niemand ihn bemerkte. Auch Jasmin sah ihn nicht und ging weiter ohne zu merken, dass Cathy bereits stehen geblieben war. Erst nach einigen Metern fiel es ihr auf und sie drehte sich ärgerlich um.
„Ich hab dir doch schon gesagt, dass ich nicht den ganzen Tag Zeit habe. Also leg endlich einen Schritt zu. Wir können uns auch den ganzen Unsinn sparen und wir ruhen uns noch etwas aus, bevor die Arbeit heute Abend losgeht. Da hast du mit ein bisschen Geschick und bei deinem Aussehen das Geld im Handumdrehen zusammen.“
„Wir sind schon da!“
Catherine zeigte mit dem Kopf hinüber zur Villa, die völlig versteckt hinter den Hecken und dem Blattwerk lag, das sich um die Gartenmauer schlängelte.
„Dahinter ist es schon“, erklärte sie Jasmin ihre Kopfbewegung.
„Und du bist dir sicher, dass hier die Carringtons wohnen?“, fragte Jasmin skeptisch. „Sieht eher sehr verlassen aus, wenn du mich fragst.“
„Natürlich bin ich mir sicher. Ich bin hier schließlich früher ein- und ausgegangen. Die Carringtons leben lieber zurückgezogen und wollen nicht unbedingt in der Öffentlichkeit und für allermann sichtbar sein.“
Catherine ging auf die versteckte Seitentür zu. Sie wurde schon lange nicht mehr benutzt. Warum sollte sie auch? Das große Eisentor öffnete sich auf Knopfdruck, wenn der Besuch sich anmeldete und jeder der Familie hatte am Schlüsselbund einen Chip der das Tor automatisch öffnete. Die Seitentür wurde daher so gut, wie nie benutzt. Catherine drückte die alte, verrostete Klinke hinunter und zuckte bei dem quietschenden Lärm, den das Tor beim Öffnen verursachte, unwillkürlich zusammen. Geduckt zwängte sie sich durch das dichte Blattwerk und war kurz darauf im Vorgarten der Carringtons angekommen. Von hier aus waren es noch knapp 50 Meter bis zur Haustüre des weitläufigen Anwesens. Mit jedem Schritt, den Catherine näher kam, wurde ihr mulmiger zumute. Was war wenn Mike hier war? Er würde ihr das Geld geben, keine Frage! Aber was würde er dann von ihr denken? Dass sie der letzte Abschaum wäre? Vielleicht hatte sie auch Glück und er war unterwegs, wie so oft und er würde nichts von alldem hier mitbekommen. Jasmin dagegen kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Bislang hatte Cathy ihr und auch den anderen die Verbindung zu den Carringtons verschwiegen und hätte es auch jetzt noch getan, wenn sie nicht den letzten Strohhalm gerade greifen wollte, den es noch gab – ihre Mutter. Schon die Erklärung, dass ihre Mutter in Wellington war, hatte ihr Jasmin nicht abgenommen und erst recht nicht, dass sie die Carringtons kannte. Es war ihr auch nicht zu verdenken. Immerhin hatte Jasmin in den letzten Jahren viel Zeit mit Cathy verbracht und sie hatte ihr bisher kein einziges Wort von den Carringtons erzählt. Deshalb war es schwer gewesen, sie überhaupt zu überreden, nach Wellington zu fahren. Nicht zuletzt, da Jasmin von Matthew abends wieder zum anschaffen geschickt wurde und sie verständlicherweise jetzt lieber zu Hause im Bett bleiben wollte, als mit Catherine umsonst durch die halbe Stadt zu laufen. Wahrscheinlich hätte Jasmin auch mit dem Namen nichts anfangen können, wenn nicht hin und wieder ein Freier sie ins Nobelhotel Carrington verschleppte, vermutete Catherine. Sie kamen näher und aus dem Seitenwinkel konnte Catherine beobachten, wie Jasmin immer beeindruckter und ehrfürchtiger sich dem Eingang der Villa näherte. Wenn der Ernst der Lage nicht so dramatisch gewesen wäre, hätte sie über Jasmins Verhalten ausgiebig gelacht, doch momentan war ihr eher nicht danach und sie setzte alle Hoffnung in das bevorstehende Gespräch mit ihrer Mutter. Catherine klingelte und der melodische, an die Kindheit erinnernde Klingelton, war durch die Eingangshalle bis nach draußen zu hören. Sie warteten und es dauerte nicht lange, als eine schlanke, schwarzhaarige Frau mit durchdringenden blauen Augen ihnen die Tür öffnete. Catherine vermutete, dass es sich um Laura handeln musste. Sie war Laura bisher nur ein- oder zweimal begegnet und da war Cathy nicht gerade nüchtern oder ohne Drogen gewesen, um sich das Gesicht zu merken. Die Frau dagegen, schien sie sofort erkannt zu haben und bot sie freundlich herein. Es war komisch, aber diese Laura hatte kein bisschen den herrischen und dominierenden Gang und die Haltung, die Elizabeth Carrington immer hatte. Außerdem wäre auch Elizabeth Carrington nie selbst an die Türe gekommen. Dafür hatte sie ihr Personal! Laura dagegen war freundlich, zuvorkommend und passte eher als angestelltes Personal in dieses Haus, denn als Hausherrin. Laura führte die beiden vergnügt in die Küche und bot ihnen ohne Umschweife einen Kaffee an.
„Du möchtest sicherlich zu deiner Mutter, Catherine. Ich darf doch Catherine sagen, oder?“
Cathy nickte und setzte sich an die Theke in der Küche.
„Martha ist noch im Salon und hilft mir beim Aufräumen. William hatte gestern seinen Geburtstag und ich bin froh, dass sie mir bei den Festlichkeiten geholfen hat. Ich hole sie gleich. Setzt euch schon mal.“
Laura tänzelte leichtfüßig zum Kaffeeautomaten und machte völlig selbstverständlich zwei Kaffee. Catherine beobachtete sie und staunte ein weiteres Mal über diese Frau. Für Williams Mutter wäre es nie in Frage gekommen, dass sie den Kaffee selbst gemacht hätte, geschweige denn, hätte sie ihr überhaupt einen Kaffee angeboten. Laura servierte ihnen den Kaffee und ging zur Tür hinaus, um Martha zu holen. Jasmin kam aus der Verwunderung nicht mehr heraus. Wenn Catherine diese Kontakte hatte und auch noch von der Hausherrin bedient wurde, warum war sie dann drogenabhängig auf der Straße gelandet? Und warum hatte sie nicht sofort hier angeklopft, während sie die ganze Woche sämtliche Versager ihres Bekanntenkreises abklapperte, die ihr sowieso nichts geben konnten? Für Jasmin passte das alles nicht zusammen! Sie genoss ihren Kaffee und wartete gespannt auf die weiteren Geschehnisse.
Marthas Hände zitterten und wurden feucht, als Laura ihr von dem überraschenden Besuch erzählte. Anfangs konnte sie den Worten nicht glauben, bis die Nachricht bei ihr etwas gesickert war und schließlich die Aufregung sich in ihr breit machte. Vielleicht würde sich doch endlich alles zum Guten wenden und sie würde sich endlich von ihr helfen lassen. Die Hoffnung wuchs und eiligen Schrittes ging sie in die Küche, in der sie geschockt über den Anblick ihrer Tochter im Türrahmen stehen blieb. Tiefe Augenringe und eingefallene Wangen ließen ihr schönes Gesicht um Jahre älter aussehen. Ihr Körper war extrem abgemagert, seit sie Catherine das letzte Mal gesehen hatte. Aber am meisten irritierte Martha die leicht bekleidete und stark geschminkte Begleitung ihrer Tochter. Wenn ihre Tochter so einen Umgang pflegte, bedeutete das sicherlich nichts Gutes. Die eben noch gehegten Hoffnungen schwanden dahin und sie setzte sich leicht enttäuscht an die Theke zu ihrer Tochter.
„Hello Mum“, begrüßte ihre Tochter sie. „Wie geht es dir?“
„Mir würde es bedeutend besser gehen, wenn ich dich nicht so sehen würde!“, machte Martha ihrem Kummer Luft.
„Fang bitte nicht wieder davon an. Ich will nicht mit dir streiten“, ging Catherine in die Offensive. Sie hatte keine Lust auf Streit und außerdem war genau das, das Letzte was sie erreichen wollte. Doch auch Martha war so schnell nicht zu täuschen.
„Warum bist du überhaupt gekommen? Willst du Geld? Ich werde dir kein Geld geben, damit du es wieder für Drogen ausgeben kannst!“
„Aber Mama, es ist wirklich wichtig! Kannst du mir bitte etwas geben? Ich bin da in so eine Sache geraten, bei der nicht zu spaßen ist.“
„Du kannst Essen und Kleidung von mir haben und jederzeit wieder zu Hause einziehen, wenn du ein Dach über dem Kopf brauchst, aber ich werde dir kein Geld geben.“
„Mama, ich verstehe dich auch, aber ich habe Schulden und muss diese dringend bis heute begleichen. Kannst du mir bitte dabei helfen?“, flehte sie ihre Mutter an und die Tränen rannen ihr übers Gesicht.
Martha war gewillt nachzugeben und ihr zu helfen, aber sie hatte schon lange genug den Versprechen von Catherine geglaubt und wurde immer wieder enttäuscht, da diese sie doch nicht gehalten hatte. Genau vor diesem Flehen und dem entstehenden Mitleid warnten sämtliche Ratgeber, die Martha in Bezug auf die Drogenabhängigkeit bereits schon in Unmengen gelesen hatte. Sie durfte jetzt nicht nachgeben, sonst würde der Kreislauf nur wieder von vorne beginnen, wie ihr die vielen Ratgeber mit anschaulichen Beispielen erläuterten. Auch wenn ihr Catherine unheimlich leid tat in diesem Moment und Martha sich gar nicht ausmalen wollte, in welchen Problemen sie wirklich steckte, so musste sie dennoch hart bleiben, damit Cathy selbst so weit war einen Entzug zu wollen und auch durchzustehen. Zu diesem Entschluss sind einstimmig sämtliche Ratgeber und Experten gekommen und auch Martha glaubte nur so Catherine helfen zu können.
„Nein, ich werde dir nicht helfen“, blieb Martha entschlossen und eisern ohne jeden Zweifel bei ihrer Entscheidung.
Laura war wie vor den Kopf gestoßen, als sie die Szene miterlebte. Diese Härte und Unnachgiebigkeit war überhaupt nicht Marthas Art. Überhaupt hat sie Martha noch nie so erlebt! Hatte sie ihr nicht gestern erst noch gesagt, wie sehr sie ihre Tochter vermisste und nun blockte sie ihre Tochter so ab. Laura wusste nicht, was sie davon halten sollte. Hatte sie sich so in Martha getäuscht? So war sie nicht ein einziges Mal in mehr als 2 Jahren zu ihr oder zu den Carringtons gewesen, aber es waren auch ihre Arbeitgeber. War sie vielleicht privat komplett anders? Sie wusste es nicht, aber sie hatte unheimlich Mitleid mit Catherine, der anzusehen war, dass ihr die Bitte sehr schwer gefallen war.
Nachdem Cathy merkte, dass es keinen Sinn machte, weiter danach zu fragen und zu betteln stand sie auf und machte sich auf den Weg nach draußen. Jasmin ging ihr hinterher und auch Laura eilte aus der Küche hinaus. Cathy war mit ihren langen Beinen schnell in der Eingangshalle und Laura musste sich beeilen, damit sie sie noch einholen konnte.
„Catherine, warte doch mal, bitte“, rief Laura ihr nach.
Sie war bereits dabei die Türe aufzureißen und hielt mitten inne, um sich Laura zuzuwenden.
„Ich weiß nicht, was zwischen euch vorgefallen ist, aber so kenne ich deine Mutter nicht. Aber vielleicht kann ich dir helfen. Wie viel Geld brauchst du?“
„Willst du mir das Geld geben?“, fragte Catherine unsicher und überrascht nach.
„Ich habe nicht viel hier, aber William hat sicherlich auch noch etwas und es wäre sicherlich ein Anfang. Also wie viel brauchst du?“
„Knapp 10.000 $“, sagte sie kleinlaut.
„Gut, warte einen Moment, ich werde sehen, was wir hier haben.“
Jasmin sah Catherine völlig verdutzt an. So etwas hatte sie noch nie erlebt und auch Catherine schien nicht zu wissen, was das zu bedeuten hatte. Jasmin hatte hin und wieder mit Reichen zu tun, auch wenn sie das immer gerne vermied. Selbst wenn diese viel Geld hatten, erwarteten sie dafür auch viel. Sie waren im Gegensatz zu den „normalen“ Menschen völlig versessen auf ihr Geld und fühlten sich ohne ihr Geld, wie ein Garnichts. Daher gaben sie ihr Geld lieber für unsinnige, meist fragwürdige Dinge aus, bevor sie einen Cent davon verschenkten, außer es gab eine Spendenquittung, die wieder von der Steuer absetzbar war. Und genau für dieses egoistische, kleinkarierte Verhalten hasste Jasmin alle Reichen oder zumindest die, die so taten, als wären sie es. Ihre Füße drückten in den hochhackigen Schuhen, aber sie hatte auch nicht damit gerechnet, dass sie heute noch durch halb Wellington laufen würde. Kurzerhand entschloss sie sich auf die Treppe zu setzen, bis Laura wieder zurückkam. Schon alleine der Heimweg würde sie noch genug fordern, da konnte eine kleine Verschnaufpause ihren Füßen nur guttun. Catherine tat es ihr nach und war in Gedanken versunken. Immer wieder stellte sie Gegensätze zwischen Elizabeth Carrington, der früheren Besitzerin der Villa und Laura fest, die so völlig anders war. Schon alleine die Umgestaltung, die Laura im Eingangsbereich vorgenommen hatte, war freundlich und einladend. Die ganze Steifigkeit und Herrschermentalität, die Catherine früher immer eingeschüchtert hatte und ehrfürchtig werden ließ, war wie weggeblasen. Während sie noch warteten, begann Jasmin das Gespräch.
„Glaubst du, sie wird dir das Geld geben?“, fragte Jasmin sie.
„Ich weiß es nicht. Es scheint so, aber verstehen kann ich es jedenfalls nicht“, gestand Cathy.
„Kann ich verstehen. Wo kommt sie eigentlich her? Sie hat so einen eigenartigen Akzent, finde ich.“
„Ich glaube Mike hatte einmal erwähnt, dass sie aus Deutschland stammt. Ich bin mir aber nicht sicher.“
„Wer ist Mike?“, fragte Jasmin neugierig nach.
„Der ältere der beiden Carrington Brüder. Laura ist mit William zusammen, der die Hotelgruppe übernommen hat und Mike ist meist auf Reisen, um sich dem Ganzen zu entziehen. Die beiden verstehen sich nicht besonders.“
Ehe Jasmin weiterfragen konnte, hörten sie Laura die Treppe herunter gekommen. In ihrer Begleitung kam William verschlafen die Treppe hinunter und machte im Gegensatz zu Laura, die wie aus dem Ei gepellt wirkte, trotz Leggins und T-Shirt, eine nicht sehr beeindruckende Figur, wie Cathy empfand. Aber er war eben auch nicht Mike und könnte ihm nie das Wasser reichen, was Statur, Aussehen und Auftreten betraf. Er sah ziemlich verkatert aus und Catherine dämmerte, dass Laura vorhin noch erwähnt hatte, dass er gestern Geburtstag hatte.
„Hallo Cathy, schön dich zu sehen. Entschuldige bitte mein Auftreten, aber es war gestern sehr spät und ich wollte dich nicht unnötig warten lassen.“
Sein Lächeln gefror, als er Jasmin entdeckte, die durch ihre Sitzhaltung auf der Treppe ihre Oberschenkel komplett freilegte.
„Schon in Ordnung, ich wollte dich nicht stören. Alles Gute nachträglich zum Geburtstag. Ich hoffe du hattest eine schöne Feier.“
„Ja, danke. Laura hatte sich reichlich Mühe gegeben, dass alles perfekt wurde. Sie hat mir auch erzählt, dass du Geld brauchst. Wir haben nur leider nicht alles hier. Knapp die Hälfte etwa. Wie du sicherlich noch weißt, war das immer ein Anliegen meines Vaters zu Hause so wenig Geld, wie möglich zu haben. Wir können jedoch morgen früh gleich auf die Bank gehen, wenn du möchtest.“
„Morgen ist es leider zu spät. Mein Ultimatum läuft heute aus. Aber vielleicht kann ich mit der Hälfte ein wenig mehr Zeit bekommen“, spekulierte sie laut und schaute zu Jasmin, deren Miene undurchsichtig war.
„Hier hast du schon mal 4900 $, den Rest kannst du morgen abholen, wenn du es noch brauchst“, bot William ihr an und streckte ihr das Geld entgegen. „Außerdem haben wir hier noch jede Menge Zimmer frei. Wir würden uns freuen, wenn du bei uns wohnen würdest. Aber mit den Drogen muss dann Schluss sein! Was in unserer Macht steht, werden wir dich hierbei unterstützen, aber der Wille muss schon von dir kommen. Zwingen kann dich niemand!“
Die Verlockung war groß, das Angebot anzunehmen. Sie könnte wieder in dem schönen Haus ihrer Träume wohnen und die Annehmlichkeiten, die es bot, genießen. Sie wäre weg von der Straße und könnte mit der Hilfe der Carringtons wirklich von den Drogen loskommen. Und wenn sie ihre Schulden erst einmal beglichen hatte, stand auch nichts mehr im Weg, dem ganzen den Rücken zuzukehren. Ein Blick auf Jasmin verriet, dass ihr das Angebot überhaupt nicht gefiel. Das würde sie später noch zu spüren bekommen, wie es immer ihre Art war, wenn Cathy einen Vorteil hatte, den sie nicht bekam. Sie konnte einem einfach nichts gönnen. Daher blieb sie in ihrer Gegenwart eher zurückhaltend, auch wenn sie am liebsten laut gejubelt hätte.
„Ich muss erst die Sache mit den Schulden klären. Wenn das erledigt ist, melde ich mich wieder. Danke für eure Hilfe.“
Jasmin war es nun endgültig zu viel. Sie stand auf und stampfte wütend davon.
„Los Candy, lass uns endlich gehen!“, rief sie ihr von der Tür entgegen.
„Ich komme gleich, du kannst schon mal vorgehen!“
Ehe Catherine zu Ende reden konnte, war Jasmin bereits aus der Tür ins Freie getreten.
„Tut mir leid“, entschuldigte sich Catherine. „Jasmin hat noch Termine und kann nicht länger warten. Danke für alles, ich werde mich melden.“
Sie ließ William und Laura an der Treppe zurück und lief Jasmin über den Hof hinterher. Sie konnte sich an fünf Fingern abzählen, dass Jasmin verärgert und neidisch war. Die Optionen und vor allem die Möglichkeit, wie Cathy sie bislang besessen hatte, der Prostitution aus dem Weg zu gehen, hatte Jasmin nicht. Cathy war hautnah dabei, als Matthew Jasmin dazu gezwungen hatte mit Freiern zu schlafen. Und dennoch schien es so, als würde sie ihn weiterhin lieben. Eine Vorstellung, die Cathy nicht nachvollziehen konnte und das freundschaftliche Verhältnis nicht gerade verbesserte. Cathy war richtig erleichtert, auch wenn sie Jasmins Frust verstehen konnte, die dieses Glück nie gehabt hatte. Im Laufschritt versuchte sie Jasmin einzuholen, die mit ihren hohen Schuhen erstaunlich schnell war, wie Catherine bemerkte. Am verrosteten Seitentor hatte sie es endlich geschafft, doch der verärgerten Mimik Jasmins hatte sie schon entnommen, dass es keinen Sinn machte, jetzt mit ihr darüber zu reden. Stillschweigend gingen sie nebeneinander zur T-Station und wechselten mehrere Male die Linien, bis sie in Quincy endlich ankamen. Cathy war frohen Mutes, da sie nun mehr als die Hälfte des Geldes bereits hatte und den Rest, wie Jasmin ihr bezeugen konnte, morgen bekam. Matthew würde sicherlich einlenken und sie hatte es wieder einmal geschafft, auch wenn ihr klar war, dass sie dieses Glück nicht ewig haben würde. Schon morgen, wenn sie Matthew ausbezahlt hatte, würde sie Lauras Angebot annehmen und dort einen neuen Versuch des Entzugs wagen.
Sie stiegen bei der T-Station aus und machten sich auf den Weg zu Matthews Haus. Catherine rechnete nicht mehr mit einer Konversation seitens Jasmins und malte sich bereits in Gedanken aus, welches Leben sie in Wellington erwartete, als Jasmin sie schließlich konfrontierte.
„Wenn diese Laura dir aus heiterem Himmel, ohne dich zu kennen einfach so 10.000 $ geben will. Was glaubst du, ist sie dann bereit für deine Mutter zu zahlen?“
„Was erzählst du da für einen Scheiß?“, erwiderte Cathy verwundert.
„Na überleg doch mal, wie liebevoll sie von deiner Mutter gesprochen hatte. Als wäre es ihre eigene Mutter oder so. Was glaubst du würde sie für sie locker machen, sagen wir mal, wenn sie entführt werden würde?“, präzisierte Jasmin ihre Gedanken.
„Spinnst du jetzt völlig? Warum sollten wir meine Mutter entführen?“
„Weil wir mit einem Schlag mehr Geld haben würden, als wir je erarbeiten könnten. Stell dir doch mal vor, nie mehr irgendwelche Freier, nie mehr hungern, immer genug Geld und sogar die Möglichkeit auszuwandern, an einen viel schöneren Ort, wie die Karibik beispielsweise oder auch Brasilien, da wollte ich immer schon mal hin.“
„Ich werde sicherlich nicht meine Mutter und die Carringtons da mit reinziehen, nur damit du dich am Strand wälzen kannst. Morgen habe ich das Geld und dann ist die Sache für mich erledigt.“
„Was heißt das, die Sache ist dann für dich erledigt?“, hakte Jasmin irritiert nach.
„Ich werde Lauras Angebot annehmen und versuchen von den Drogen loszukommen. Ich denke mit deren Hilfe könnte ich es wirklich schaffen.“
„Und was soll aus mir werden? Hast du dir darüber auch schon Gedanken gemacht?“, fragte Jasmin anklagend.
Darauf wusste auch Cathy keine Antwort. Natürlich konnte sie Jasmin nicht mit nach Wellington nehmen, das war ausgeschlossen und auch sonst sah Catherine keine Möglichkeit, wie sie Jasmin helfen konnte. Es tat ihr zwar um Jasmin leid, aber immerhin musste sie auch selbst sehen, wo sie blieb. An diesem Punkt würde sich ihr beider Schicksal wohl trennen.
„Wenn du diese Chance bekommen würdest, würdest du sie doch auch ergreifen? Oder würdest du mir zuliebe, es bleiben lassen?“
„Das ist nicht das Gleiche!“, widersprach sie bockig.
„Warum ist es nicht das Gleiche? Warum soll ich darauf verzichten, nur dass ich so ende, wie du?“
„Ach so siehst du mich jetzt? Die letzten Jahre war ich dir gut genug, aber schon schnippt so eine verwöhnte Tussi und du bist sofort auf ihrer Seite, weil sie mit ein paar Geldscheinen winkt. Du bist so erbärmlich, Candy.“
„Hör auf mich dauernd so zu nennen! Ich heiße Catherine und daran wird sich auch nichts ändern. Diese blöden Nuttennamen kannst du dir abhaken. Ab morgen bin ich den Scheiß endgültig los.“
„Das werden wir ja noch sehen!“
Cathy war es zu blöd, weiter mit Jasmin darüber zu diskutieren, da sie sowieso nicht objektiv dabei blieb. Auch wenn ihr die Drohung von Jasmin unbedenklich nach dem heutigen Tage vorkam, war da doch eine gewisse Unruhe, die sich in ihrer Bauchgegend breit machte. Mit schnellen Schritten hängte sie Jasmin ab und rannte die letzten hundert Meter zum Haus. Matthew lag auf der Couch und zog sich eine Sitcom und sein Bier rein, was höchstwahrscheinlich gerade sein Frühstück darstellen sollte, wie Cathy dachte. Anfangs bemerkte er sie nicht, doch als sie sich vor den Fernseher stellte, konnte auch er sie nicht übersehen.
„Geh vom Fernseher weg! Mann, ich verpasse doch noch alles!“, regte er sich auf und rülpste im gleichen Moment, als Cathy einen Schritt beiseite ging.
„Ich habe das Geld“, erklärte Cathy freudestrahlend.
„Wo zum Teufel hast du 10.000 $ so schnell herbekommen? Ich schätze mal nicht, dass dir die Bank Geld gibt, außer du hättest sie überfallen!“, lachte er ordinär in die Runde, die nicht zum spaßen aufgelegt war.
„Nun ja, ich habe etwas mehr als 5000, den Rest bekomme ich gleich morgen früh. Du kannst Jasmin fragen, sie war dabei.“
„Und das soll ich dir jetzt glauben?“
„Du kannst sie fragen. Sie war dabei und kann dir alles bezeugen. Schau hier“, sie hielt ihm die neuen 100 $ Noten unter die Nase, die sie von Laura bekommen hatte. „Den Rest bekomme ich morgen früh, wenn Laura bei der Bank war.“
„Und wer zum Teufel ist diese Laura schon wieder?“
„Die Freundin eines früheren Bekannten.“
Mitten in die Diskussion mischte sich nun auch Jasmin ein, die gerade eingetroffen war.
„Bekannten ist ein wenig untertrieben, meinst du nicht? Es handelt sich dabei um einen der Carringtons, der regelrecht in Geld schwimmt. Und unsere Candy ist doch tatsächlich mit ihm aufgewachsen, da ihre Mutter die Haushälterin der Carringtons war.“
„Du willst mich verscheißern, oder?“
Matthew robbte sich vom Sofa auf und traute seinen Ohren nicht. „Du willst mir jetzt nicht ernsthaft sagen, dass Cathy die Hotel-Carringtons kennt?“
„Doch genau das! Und mir nichts, dir nichts, zahlt die Tussi einfach so 5.000 $ und will morgen nochmal das gleiche zahlen.“
„Du hast uns vorgespielt, dass du arm bist und nicht weißt, wo du hinsollst und wir haben dich hier kostenlos wohnen lassen, dir Drogen gegeben und du hast kein einziges Wort gesagt, dass du diese Bonzen kennst? Wann hattest du denn vor das zu erwähnen? Nach 5 Jahren oder erst nach 10 Jahren?“, warf Matt ihr entsetzt vor.
„Das ist noch lange nicht alles!“ schüttete Jasmin weiter Öl ins Feuer. „Nach allem, was wir für sie getan haben, will sie ab morgen einfach in die schicki-micki Villa einziehen und dort ein neues Leben beginnen.“
„Cathy, stimmt das was Jasmin sagt?“, fragte er ruhig und sachlich an sie gerichtet.
„Sie haben mir das Geld gegeben und mir das Angebot unterbreitet bei ihnen wohnen zu dürfen. Warum sollte ich das ablehnen?“
„Weil wir deine Freunde sind und du uns etwas schuldig bist und das hast du erst einmal abzuarbeiten!“, sagte er in ruhigen und harten Worten.
„Das ist jetzt nicht dein Ernst! Ich habe doch gesagt, dass ich das Geld besorgen werde und morgen kannst du es haben. Willst du jetzt mehr oder was soll das Ganze?“, regte sich Cathy auf.
„Ich hätte da eine viel bessere Idee!“, schaltete sich Jasmin dazwischen. „Dem Vermögen der Carringtons tut es sicherlich keinen Abbruch, wenn sie ein wenig an uns abgeben. So einfach, wie sie Candy heute das Geld gegeben haben, würden sie sicherlich noch viel mehr für ihre Mutter geben. Wir hätten ausgesorgt und der Strich wäre Vergangenheit.“
„Das klingt durchaus einleuchtend, Süße. Soviel Cleverness hätte ich dir gar nicht zugetraut und mit Cathys Hilfe ist das ein Kinderspiel!“, spann Matthew den Faden bereits weiter.
„Nein, auf keinen Fall. Ich werde das nicht zulassen und sicher auch nicht dabei mithelfen“, stellte sich Catherine stur.
„Ich glaube da gibt es überhaupt keinen Zweifel daran. Du bist uns etwas schuldig und es ist das Mindeste, was du tun kannst, um deine Schulden wieder abzuarbeiten. Deiner Mutter wird dabei sicherlich nichts passieren, falls das deine Bedenken sind!“
Catherine war der Ohnmacht nahe. Als Jasmin davon angefangen hatte, hatte sie es noch als Blödsinn abgetan, doch jetzt war das Thema wieder aktuell und akuter denn je. Was würde Mike von ihr halten, wenn sie ihre Mutter entführen ließe, geschweige denn, wenn sie ihn, nach allem was die Carringtons für sie getan hatten, um sein Vermögen erleichtern würde? Er würde ihr das nie verzeihen! Sie musste genau das um jeden Preis verhindern. Sie flehte Matthew an und ging auf ihn zu.
„Bitte Matthew, ich mache alles, aber bitte lass die Carringtons und meine Mutter da raus!“
„Ich finde es eine geniale Idee von Jasmin ohne große Anstrengung das schnelle Geld zu machen. Jaz, was meinst du? Wie viel würden wir bei einer Entführung bekommen?“
„Da sind locker ein oder zwei Millionen drin, wenn nicht noch mehr!“, meldete sich Jasmin zu Wort, die schon den Strand von Rio de Janeiro im Kopf hatte.
„Du hast es gehört! Wie stellst du dir vor mir das Geld zu ersetzen, wenn ich deine Mutter nicht entführe?“
„Du spinnst doch! Ich habe mich auch an den Haushaltskosten beteiligt und geholfen, wo ich konnte. Das ist einfach nicht fair!“
„Tja meine Süße, aber das ist jetzt der Preis, den du bringen würdest, wenn du dich nicht so anstellen würdest! Aber du kannst ja gerne mit Jaz die Männer beglücken, wenn dir das lieber liegt.“
„Versprichst du mir dann meine Mutter und die Carringtons in Ruhe zu lassen?“
„Du gehst lieber anschaffen, als eine saubere Entführung ohne Risiko durchzuziehen? Das ist aber nicht die Cathy, die ich kenne! Aber wie du willst. Wenn du dafür bis zu deinem Verfallsdatum anschaffen gehst, soll mir das recht sein. Jaz wird dir alles erklären und vor allem was dein tägliches Pensum an Freiern betrifft. Dafür kannst du mein Wort haben, dass ich deine Mutter nicht anfassen werde.“
Cathys Zuversicht vom Vormittag war jetzt endgültig dahin. Alles was sie erreicht hatte, war mit einem Schlag vernichtet und das, was sie am meisten vermeiden wollte, dem hatte sie nun bereitwillig zugestimmt, um Schlimmeres zu vermeiden. Es gab keinen schlimmeren Moment in ihrem Leben, als jetzt vor einem Trümmerhaufen zu stehen, der kein Ende zu nehmen schien. Ihr Schicksal war besiegelt und sie hatte keinen Einfluss mehr darauf, es ändern zu können. Matthew hatte sie in der Hand und er hatte einen Trumpf, den er jeder Zeit gegen sie ausspielen könnte.
„Geh dich ausruhen, die Nacht wird für dich sicher noch lange genug dauern. Und jetzt lasst mich in Ruhe fernsehen.“
Selbst wenn Matthew das nicht gesagt hätte, wäre sie dennoch gegangen. Die Tränen standen ihr schon in den Augen, aber die Blöße vor Matthew zu weinen, wollte sie sich wirklich nicht geben. Es reichte schon, dass er sie gerade gedemütigt und zur Prostitution auf Lebzeiten verdonnert hatte. Da wollte sie sich noch einen letzten Rest an Stolz behalten. Aber wofür denn? Seit ein paar Minuten war ihr Leben sowieso nichts mehr wert.
Knapp zwei Wochen ertrug Cathy bereits fette oder schüchterne oder hässliche Kerle oder auch Männer, auf die alle drei Eigenschaften passten. Nicht ein Kerl war dabei, bei dem es nur annähernd erregend oder annehmlich gewesen wäre. Wenn sie die Wahl gehabt hätte, wäre sie lieber ohnmächtig dabei gewesen, als das alles auch noch mitzuerleben. Catherine wusste gar nicht, wie ekelhaft Sex sein konnte, seit sie es tun musste, anstatt zu wollen. Sie schämte sich vor sich selbst und ekelte sich, wenn sie daran dachte, wie und wo sie von diesen Kerlen überall an ihrem Körper angefasst und berührt wurde. Regelmäßig musste sie sich danach übergeben, weshalb sie noch weiter abmagerte die letzten zwei Wochen und fast nur noch aus Haut und Knochen bestand. Zu allem Übel versuchte Jasmin ihr noch einzureden, dass sie noch die beste Sorte der Freier bisher abbekommen hatte. Doch Cathy konnte schon jetzt nichts Positives daran erkennen, geschweige denn sich vorstellen, was noch schlimmer werden konnte. Anfangs hatte sie nicht auf Jasmin hören wollen, als sie ihr eine Tube Gleitgel in die Hand drückte, doch auch das hatte seinen Sinn und sie verstand es zu nutzen, wenn sie den stechenden Schmerz entgehen wollte, der durch mangelnde Eigenfeuchte entstand. Der nächste Freier schien anders zu werden. Sie wurde nicht in ein Stundenhotel oder zu einer der üblichen Appartements bestellt, sondern ins Liberty Hotel, das normal völlig abseits dieses Klientel ist, dachte Catherine jedenfalls bislang immer. Mit dem Aufzug fuhr sie in den 3. Stock und suchte die Zimmertüre, auf der in großen, goldenen Zahlen die Ziffern „3 4 2“ zu sehen waren. Energisch klopfte sie an und wartete, dass die Türe von innen geöffnet wurde. Mit Kribbeln im Bauch wartete sie gespannt, auf den Mann, der ihr jeden Moment öffnen würde. Wie würde er sein? Alt oder jung? Fett oder gut gebaut? Hässlich oder gutaussehend? Wo würde er sie berühren und würde sie es dieses Mal ohne Ekel überstehen? Die Tür ging auf und die erste Enttäuschung machte sich in ihr breit. Auch wenn er gepflegter aussah, wie all die Kerle die sie seit 2 Wochen befriedigen musste. Er war schätzungsweise zwischen 50 und 60 Jahre alt, mit grauen Strähnen die vorne länger wurden, um die Geheimratsecken zu verstecken. Seine Statur und Auftreten verrieten Macht und Reichtum, den er gewusst einzusetzen wusste, um die Situation zu beherrschen.
„Carolin, was soll dieser Aufzug? Willst du mich ärgern?“, harschte er sie zur Begrüßung an.
Catherine war von allen Sinnen. Was wollte dieser Mann von ihr und mit wem verwechselte er sie? Sie hatte nie etwas von Carolin gesagt, geschweige denn, kannte sie ihn.
„Aber ich bin nicht Carolin. Ich heiße Candy.“
„Das ist mir egal, geh dich umziehen! Dort hinten auf dem Bett findest du deine Sachen!“, gab er im Befehlston von sich.
Catherine ging eingeschüchtert ins Schlafzimmer und sah aufs Bett, auf dem eine fein säuberliche Schulmädchenuniform aufgebahrt lag. War das einer dieser Psychopathen, der auf Schulmädchen oder Rollenspiele stand? Er kam nicht nach und dennoch fühlte Catherine sich unwohl. Sie folgte seiner Anweisung und zog ihren Mini Rock und ihre Corsage aus, um die Schuluniform der Bostoner Privatschule anzuziehen. Ohne Eile knöpfte sie die Bluse zu und zögerte den Moment hinaus, um sich das Kommende, Unausweichliche noch etwas zu ersparen. Beim letzten Knopf überraschte sie ihr Freier und starrte sie wütend an.
„Warum bist du noch nicht fertig? Glaubst du, ich bezahle dich für deine Trödelei?“
„Nein, ich bin gleich soweit“, rechtfertigte sie sich und schnappte sich den Blazer. Sie schlüpfte schnell hinein und wand sich dem älteren, aber umso energischeren und bestimmenden Mann zu.
„Das ist jetzt nicht dein Ernst, Carolin! Du willst doch nicht so schlampig zum Unterricht erscheinen? Herr Gott nochmal, was lernt ihr heutzutage überhaupt noch? Anstand, Pünktlichkeit und Ordentlichkeit sind Werte, die euch völlig fremd geworden sind. Zieh deinen Blazer ordentlich an und dann komm rüber!“
Ehe sie etwas antworten konnte, verschwand er aus dem Schlafzimmer und ging hinüber ins Wohnzimmer der Suite. Sie schloss die Knöpfe und strich automatisch über die Uniform, um eventuelle Falten zu glätten. Wo war sie hier nur hin geraden? Der Typ sah unscheinbar aus, aber schien absolut verrückt zu sein und was wollte er immer mit dieser Carolin? Catherine überlegte einen Moment die Flucht zu ergreifen und ihn stehen zu lassen. Keine Drogen und kein Geld der Welt waren es wert, sich von Psychopathen herumkommandieren zu lassen. Sie war schon dabei, sich ihre Klamotten vom Bett zu schnappen und im Dauerlauf die Suite zu verlassen, als er wieder zurückkam.
„Es tut mir leid, wegen eben. Ich wollte nicht so unbeherrscht sein. Wie viel macht es noch einmal?“
Er hielt einen Packen Geldscheine in der Hand und zählte die Scheine ab.
„Sind 500 $ ausreichend?“, fragte er sie und sah sie prüfend dabei an.
Catherine war sprachlos. Kein Freier hatte ihr bisher nur annähernd 500 $ gegeben. Mit dem Geld hätte sie die heutige Nacht bereits abgearbeitet, um Matthew zu bezahlen und sogar ein Schuss Heroin würde noch dabei herausschauen. In dieser Stunde konnte gar nicht so viel passieren, was mit 500 $ in der Tasche nicht leicht wegzustecken wäre. Sie warf ihre Bedenken über Board, steckte das Geld ein, das er ihr reichte und wunderte sich, dass er das Schlafzimmer verließ und ins Wohnzimmer ging. Was wollte er dort? Catherine sah sich um und ihr Blick hing beim fein säuberlich drapierten Schreibtisch hängen. Bücher und Blätter lagen verteilt auf dem Tisch und ein Sortiment an Stiften war akribisch aufgereiht. Der massive Eichenstuhl war einladend positioniert und Catherine vermutete, dass sie das Vorspiel war und er sich danach seiner Arbeit wieder widmen wollte. Das kam ihr sehr gelegen, da dadurch die 500 $ in weniger als einer Stunde verdient waren. Etwas unschlüssig stand sie herum und wusste nicht, was sie tun sollte. Erwartete er jetzt einen Striptease oder wie sollte das Ganze jetzt weitergehen? Catherine verstand langsam was Jasmin mit ihrer Kategorisierung der Männer meinte. Am einfachsten waren wirklich die schüchternen und hässlichen. Sie waren zwar nicht erregend, aber immerhin waren sie anspruchslos und waren mit schlichtem Sex, meist in Missionarsstellung, zufrieden. Dagegen war dieser Mann nicht einschätzbar und launisch dazu. Catherine war schlichtweg überfordert mit ihm und hoffte, dass die Zeit schnell verstrich. Insgeheim beschloss sie diesen Kunden das erste und letzte Mal besucht zu haben. Sie fühlte sich absolut nicht wohl und das war auch das ganze Geld nicht wert, das er ihr anbot. Sie versuchte es mit ihrem ersten Gedanken – einem Striptease und bewegte sich langsam uns lasziv zu einer imaginären Musik. Sie entledigte sich des Blazers und ging auf ihren Freier zu.
„Was soll der Blödsinn? Damit kommst du auch nicht um deine Nachhilfe herum! Setz dich endlich, damit wir anfangen können!“, herrschte er sie an.
„Nachhilfe? Welche Nachhilfe denn?“, fragte sie verwundert.
„Physik, wenn du es genau wissen willst. Und ich hoffe für dich, dass du heute vorbereitet bist!“
„Was soll der Blödsinn? Sie haben mich für Sex gebucht, was soll ich mit Physik jetzt anfangen?“
„Den Sex wirst du schon noch bekommen! Aber jetzt bekommst du erst noch etwas Bildung. Also setz dich und fang mit den Aufgaben an. Du hast 30 Minuten Zeit und danach werden wir ja sehen, wie deine Benotung aussehen wird!“, gab er in dominantem Ton von sich.